Titel:
Automatisiertes Scoringverfahren stellt keine automatisierte Entscheidung im Einzelfall dar
Normenkette:
DSGVO Art. 6 Abs. 1 lit. f, Art. 22 Abs. 1
Leitsätze:
1. Art. 22 Abs. 1 DSGVO ist für Drei-Personen-Konstellationen dahingehend auszulegen, dass die automatisierte Erstellung eines Wahrscheinlichkeitswerts durch eine Wirtschaftsauskunftei eine automatisierte Entscheidung im Einzelfall darstellt, wenn von diesem Wahrscheinlichkeitswert maßgeblich abhängt, ob der Dritte, dem er übermittelt wird, ein Vertragsverhältnis mit der betroffenen Person begründet, durchführt oder beendet. Eine bloße Möglichkeit oder abstrakte Gefahr einer Einflussnahme genügt nicht. (Rn. 11, 14 – 18 und 28 – 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die automatisierte Ermittlung und Übermittlung eines Scorewertes durch eine Wirtschaftsauskunftei stellt keine Entscheidung i.S.d. Art. 22 Abs. 1 DSGVO dar, wenn dem Empfänger der Score lediglich als ein Kriterium unter mehreren übermittelt wird und diesem bei der Entscheidung ein tatsächlicher Beurteilungsspielraum verbleibt, sodass es ihm möglich ist, von dem automatisiert generierten Ergebnis abzuweichen. (Rn. 12 und 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Verstoß gegen Art. 22 Abs. 1 DSGVO setzt nicht nur eine ausschließlich automatisierte Verarbeitung voraus, sondern auch eine rechtliche Wirkung oder eine vergleichbar erhebliche Beeinträchtigung. Voraussetzung für die Erheblichkeit und die Vergleichbarkeit mit einer rechtlichen Wirkung ist dabei, ob der Vertragsabschluss einen für die Lebensführung des Einzelnen relevanten Bereich betrifft und ob die fragliche Leistung auf dem Markt selbst zu deutlich ungünstigeren Bedingungen nicht zu bekommen ist. (Rn. 13 und 33 – 35) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Darlegungs- und Beweislast für eine unzulässige automatisierte Einzelentscheidung nach Art. 22 DSGVO trägt der Betroffene. Eine sekundäre Darlegungslast der Auskunftei besteht nicht, weil sie – wie der Betroffene – keinen Einblick in die Entscheidungsprozesse der Auskunftsempfänger hat. (Rn. 15 – 16) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bonitätsbewertung, Automatisierte Entscheidung, Wirtschaftsauskunftei, Datenschutzrecht, Darlegungs- und Beweislast, Diskriminierungsvorwurf, Geschäftsgeheimnis
Vorinstanz:
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 14.01.2025 – 6 O 6603/23
Fundstelle:
GRUR-RS 2025, 15991
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 14. Januar 2025, Az. 6 O 6603/23, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Entscheidungsgründe
1
Die Parteien streiten darum, ob dem Kläger Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadenersatz zustehen, weil die Beklagte Bonitätsbewertungen automatisiert erstellt und dabei bestimmte Kriterien berücksichtige bzw. berücksichtigt habe.
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Die beklagte Wirtschaftsauskunftei übermittelt an ihre Vertragspartner Auskünfte zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit von in der Bundesrepublik Deutschland wirtschaftlich aktiven Personen, die mit diesen in eine vertragliche Beziehung treten wollen. Hierzu nutzt sie gesammelte und öffentlich zugängliche Informationen über in diese Personen, aus denen sie bei entsprechender Anfrage und Bedarf einen Bonitätsscore oder einen Branchenscorewert errechnet. Die Beklagte hat u.a. am 22. Juli 2022 drei Kreditinstituten (…) auf deren Anfragen hin ein „sehr kritisches Risiko“ gemeldet und die Erfüllungswahrscheinlichkeit mit 1,93 % bzw. 3,92 % beziffert. Bei Anfragen der jeweils betroffenen Person errechnet die Beklagte einen Basisscorewert und einen Orientierungswert; den Basisscore des Klägers hat sie zum 1. April 2023 mit 9,91 % von theoretisch möglichen 100 % berechnet.
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Der Kläger hält die Praxis der Beklagten wegen Art. 22 Abs. 1 DSGVO für unzulässig, da die Ermittlung der Scorewerte durch sie eine Entscheidung darstelle, die ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung beruht; es sei davon auszugehen, dass die Vertragspartner der Beklagten sich bei einem ungünstigen Score nahezu stets gegen einen Vertragsabschluss mit dem betroffenen Dritten entscheiden. Im Hinblick auf den Kläger sei dies durch die … und die … geschehen. Zudem behauptet der Kläger, die Beklagte verwende bei der Ermittlung der Scorewerte auch Daten zu Alter, Geschlecht und Wohnort (zurückliegende Wohnortwechsel; Wohnumgebung, sog. Geo-Scoring) in jeweils diskriminierender Weise. Er hat daher zuletzt begehrt, festzustellen, dass das Vorgehen der Beklagten rechtswidrig ist, die Beklagte zu verurteilen, künftig Scorewerte nicht ausschließlich aufgrund einer automatisierten Verarbeitung zu ermitteln und auf Anfrage Dritter nur solche Scorewerte mitzuteilen und sie zur Zahlung eines Schmerzensgelds von mindestens 5.000,00 € nebst Zinsen zu verurteilen. Ferner beantragt er die Verurteilung der Beklagten zur Auskunft, auf welche konkrete Weise sie die Scorewerte des Klägers errechnet hat, zur Unterlassung der Verwendung bestimmter Merkmale bei der Ermittlung der Scorewerte sowie zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 973,66 € nebst Zinsen.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und dies insbesondere damit begründet, dass die Erstellung der Scorewerte durch die Beklagte nicht gegen Art. 22 Abs. 1 DSGVO verstoße. Es hat sich der Auffassung des Landgerichts Traunstein angeschlossen, dass die Erstellung und Weitergabe von Scores durch Wirtschaftsauskunfteien nicht per se eine automatisierte Entscheidung darstelle, sondern zu bedenken sei, wie die Empfänger die erhaltene Bewertung im Einzelfall berücksichtigen. Der Kläger habe nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass entsprechende Verstöße bei Anfragen der … oder der … erfolgt seien. Die nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO geschuldeten Auskünfte habe die Beklagte spätestens im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens erteilt; weitergehende Informationen schulde die Beklagte im Hinblick auf den Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse nicht. Schließlich habe der Kläger nicht vorgetragen, dass die Beklagte den Kläger betreffende Daten herangezogen hat, die nicht berücksichtigt hätten werden dürfen.
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Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine Ansprüche in vollem Umfang weiter. Er betont, dass eine günstige …-Auskunft vielfach eine zwingend notwendige Grundvoraussetzung für die weitergehende Prüfung hinsichtlich eines begehrten Vertragsabschlusses darstellt. Das Landgericht habe den klägerischen Vortrag selektiv und willkürlich gewürdigt; seine Entscheidung werde den Vorgaben des EuGH in der Rechtssache C-634/21 nicht gerecht, da bereits die abstrakte Gefahr einer ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung beruhende Entscheidung den Tatbestand des Art. 22 DSGVO erfülle. § 31 BDSG könne, da er lediglich die Verwendung betreffe, eine entsprechende Berechnung des Scorewerts nicht rechtfertigen. Der Kläger verweist zudem auf seinen Vortrag dazu, dass die Beklagte nach eigener Angabe unzulässige Einflussfaktoren heranziehe. Jedenfalls trage die Beklagte die Darlegungslast, weil der Kläger ausreichende Anhaltspunkte für entsprechende Verstöße dargelegt habe. Die verfolgten Ansprüche ergäben sich aus Art. 22 DSGVO, jedenfalls aus § 823 Abs. 2 BGB oder den Bestimmungen zur Geschäftsführung ohne Auftrag. Wegen des Umfangs der zu erteilenden Auskünfte macht die Berufung auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-203/22 aufmerksam. Der Kläger macht schließlich geltend, dass die von der Beklagten zwischenzeitlich für den Kläger eingerichtete Scoresperre sittenwidrig sei.
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Die Beklagte ist dem Rechtsmittel entgegengetreten. Der Kläger habe nicht dargelegt und bewiesen, dass die Beklagte in der Vergangenheit ihm gegenüber datenschutzrechtliche Vorgaben verletzt habe, insbesondere nicht, dass die Scorebeauskunftung durch die Beklagte maßgeblich für die Ablehnung von Vertragsverhältnissen durch Dritte war. Auch seien notwendige Voraussetzungen der einzelnen verfolgten Ansprüche nicht gegeben oder substantiiert dargetan.
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Die zulässige Berufung erweist sich nach übereinstimmender Einschätzung der Senatsmitglieder als unbegründet.
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1. Der Senat kann nicht davon ausgehen, dass die Beklagte durch die Ermittlung und/oder Weitergabe von Scorewerten eine nach Art. 22 Abs. 1 DSGVO unzulässige automatisierte Entscheidung unternimmt.
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a) Die mit einem Scoring verbundene Datenverarbeitung ist grundsätzlich zulässig. Die Zusammenstellung von Daten und eine darauf aufbauende Prognose der Wahrscheinlichkeit, dass es zu Zahlungsstörungen kommen wird, dient den berechtigten Interessen der Unternehmer, die mit einer Person in eine vertragliche Beziehung treten wollen, sich vor den Risiken einer Zahlungsunfähigkeit und/oder Zahlungsunfähigkeit zu schützten. Diese Belange der Kreditgeber oder anderer vorleistungspflichtiger Personen sind auch als gewichtiger anzusehen als die Interessen des Betroffenen, dass ungünstige Umstände nicht offenbart und zu seinem Nachteil berücksichtigt werden. Die von der Beklagten unternommene Datenverarbeitung ist daher durch Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO grundsätzlich gerechtfertigt.
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b) Maßgeblich sind folgende rechtlichen Bestimmungen und Grundsätze:
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aa) Nach Art. 22 Abs. 1 DSGVO hat jeder das Recht, nicht einer ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung beruhenden Entscheidung unterworfen zu werden, die ihr gegenüber rechtliche Wirkung entfaltet oder sie in ähnlicher Weise erheblich beeinträchtigt. Diese Bestimmung ist nach dem Urteil des EuGH vom 7. Dezember 2023 (C-634/21, MMR 2024, 153 – Scoring) für Drei-Personen-Konstellationen wie die vorliegende dahin auszulegen, dass die automatisierte Erstellung eines Wahrscheinlichkeitswerts durch eine Wirtschaftsauskunftei eine automatisierte Entscheidung im Einzelfall darstellt, wenn von diesem Wahrscheinlichkeitswert maßgeblich abhängt, ob der Dritte, dem er übermittelt wird, ein Vertragsverhältnis mit der betroffenen Person begründet, durchführt oder beendet (Rn. 40, 50). Dieses Verständnis ist insbesondere geboten, um in Konstellationen dieser Art eine Umgehung der Vorgaben des Art. 22 DSGVO zu verhindern (Rn. 61).
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bb) Eine ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung beruhende, also quasi „maschinelle“ Entscheidung liegt dann nicht vor, wenn für die menschliche Beurteilung genügend Spielraum verbleibt (Schulz, in: Gola/Heckmann, 3. Aufl. 2022, DS-GVO Art. 22 Rn. 23). An der Ausschließlichkeit fehlt es nur, wenn einem menschlichen Bearbeiter eine wahrnehmbare und vorgenommene Letztentscheidung verbleibt, die ihm die Möglichkeit belässt, von dem automatisiert generierten Ergebnis abzuweichen (Schulz, in: Gola/Heckmann, 3. Aufl. 2022, DS-GVO Art. 22 Rn. 23; Hladjk, in: Ehmann/Selmayr, 3. Aufl. 2024, DS-GVO Art. 22 Rn. 6; Helfrich, in: Sydow/Marsch DS-GVO/BDSG, 3. Aufl. 2022, DS GVO Art. 22 Rn. 44; OLG München, Hinweisbeschluss vom 3. Februar 2025, 24 U 3326/24 e, S. 8). Die natürliche Person darf nicht nur formal involviert sein (etwa, indem sie die automatisiert erstellte Empfehlung übernimmt, vgl. Helfrich, in: Sydow/Marsch DS-GVO/BDSG, 3. Aufl. 2022, DS GVO Art. 22 Rn. 44), sondern muss die getroffene Entscheidung der Sache nach verantworten und hierzu die erforderlichen Informationen und Kompetenzen besitzen. Dazu genügt es aber, dass sich die Überprüfung (und ggf. abweichende Entscheidung) durch eine natürliche Person auf das Herausgreifen nicht plausibler Entscheidungen beschränkt (Buchner, in: Kühling/Buchner/Buchner, 4. Aufl. 2024, DS-GVO Art. 22 Rn. 15).
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cc) Neben der Voraussetzung, dass die Datenverarbeitung ausschließlich automatisiert erfolgt, setzt das Verbot des Art. 22 Abs. 1 DSGVO zusätzlich voraus, dass diese Entscheidung eine rechtliche Wirkung gegenüber der betroffenen Person entfaltet oder sie in ähnlicher Weise erheblich beeinträchtigt. Das Verweigern eines Vertragsabschlusses oder bestimmter Konditionen wie z.B. einen Kauf auf Rechnung stellt dabei keine rechtliche Wirkung dar, sondern kann lediglich eine sonstige erhebliche Beeinträchtigung sein (BeckOK DatenschutzR/von Lewinski, 52. Ed. 1.5.2025, DS-GVO Art. 22 Rn. 35, 39a; Buchner, in: Kühling/Buchner, 4. Aufl. 2024, DS-GVO Art. 22 Rn. 27; a.A. Helfrich, in: Sydow/Marsch DS-GVO/BDSG, 3. Aufl. 2022, DS GVO Art. 22 Rn. 48). Voraussetzung für die Erheblichkeit und die Vergleichbarkeit mit einer rechtlichen Wirkung ist dabei, ob der Vertragsabschluss einen für die Lebensführung des Einzelnen relevanten Bereich betrifft und ob die fragliche Leistung auf dem Markt und selbst zu deutlich ungünstigeren Bedingungen nicht zu bekommen ist; hierbei sind die alternative Verfügbarkeit des Guts und die Sozialadäquanz der Beeinträchtigung relevant (BeckOK DatenschutzR/von Lewinski, 52. Ed. 1.5.2025, DS-GVO Art. 22 Rn. 40; Schulz, in: Simitis/Hornung/Spiecker gen. Döhmann, Datenschutzrecht 2. Auflage 2025, Art. 22 GS-GVO Rn. 39; noch enger Schulz, in: Gola/Heckmann, 3. Aufl. 2022, DS-GVO Art. 22 Rn. 24, der außerhalb monopolartiger Strukturen stets der Vertragsfreiheit den Vorgang zubilligt). Die Verweigerung des Abschlusses von Verträgen, die ohne spürbare Relevanz ist (Buchner, in: Kühling/Buchner, 4. Aufl. 2024, DS-GVO Art. 22 Rn. 27) begründet danach ebenso wenig eine erhebliche Beeinträchtigung wie Preisdifferenzierungen oder die Festlegung auf ein bestimmtes Bezahlverfahren (Buchner, in: Kühling/Buchner, 4. Aufl. 2024, DS-GVO Art. 22 Rn. 28; Schulz, in: Gola/Heckmann, 3. Aufl. 2022, DS-GVO Art. 22 Rn. 25).
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c) Der Kläger hat bereits nicht aufgezeigt und zumindest nicht bewiesen, dass ein von der Beklagten ermittelter Scorewert von Personen, mit denen der Kläger eine vertragliche Beziehung begründen wollte, als maßgebliche Grundlage für ihre Entscheidung herangezogen wurde.
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aa) Zutreffend hat das Landgericht den Kläger als darlegungs- und beweisbelastet für die tatsächlichen Umstände angesehen, aus denen sich in rechtlicher Hinsicht eine Verletzung von Art. 22 DSGVO ergeben kann (ebenso OLG München, Hinweisbeschluss vom 3. Februar 2025, 24 U 3326/24 e, S. 16). Dies entspricht der allgemeinen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Zivilprozess, nach der die Prozesspartei die Umstände vortragen und erforderlichenfalls beweisen muss, aus der sich eine für sie günstige Rechtsfolge ergibt. Abweichendes ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch aufgrund des Normzwecks der maßgeblichen Einzelbestimmungen.
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Eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten besteht im Hinblick auf die im vorliegenden Kontext relevanten Umstände nicht. Die Beklagte hat ebenso wenig Einblick in die Abläufe und Entscheidungsprozesse bei ihren Kunden wie der Kläger. Die klägerseits behaupteten Umstände legen auch nicht von vornherein nahe, dass der Scorewert für die Entscheidungen der potentiellen Vertragspartner des Klägers maßgeblich sein oder gewesen sein müsse.
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bb) Abschließenden Vortrag zu den Entscheidungsprozessen, aufgrund derer die Kreditinstitute oder Dienstleister zu ihren Entschließungen gelangt sind, hat der Kläger nicht gehalten, sondern lediglich darauf verwiesen, dass nach der Lebenserfahrung Personen mit schlechtem Score keine Kredite o.Ä. erhalten.
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cc) Die aufgezeigten und teils allgemeinkundigen Umstände genügen nicht, um die Überzeugung davon zu gewinnen, dass Dritte den von der Beklagten ermittelten und übermittelten Scorewert maßgeblich zugrunde gelegt haben.
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(1) Im Hinblick auf die Ablehnung der …, das Girokonto des Klägers künftig nicht mehr lediglich auf Guthabenbasis zu führen (sondern dem Kläger Dispositionskredit einzuräumen), belegt die vorgelegte E-Mail nicht, dass ein von der Beklagten ermittelter Scorewert maßgeblich war. Selbst wenn man entgegen dem substanziierten Bestreiten der Beklagten unterstellt, sie habe der … auch einen entsprechenden Score übermittelt, bleibt jedenfalls offen, ob dieser Wert den Ausschlag gegeben oder jedenfalls erhebliche Relevanz besessen hat. Nach dem unstreitigen Sachverhalt hat die Beklagte auf die Anfrage der … hin jedenfalls auch andere Daten übermittelt, insbesondere, dass zwei Zahlungsstörungen vorliegen und der Kläger ins Schuldnerverzeichnis eingetragen ist. Derartige Umstände sind für ein Kreditinstitut schon für sich genommen regelmäßig Anlass, von einer Kreditgewährung abzusehen (und müssen dies wohl sogar wegen § 505 a BGB sein). Unter den in der E-Mail schlagwortartig mit …-Daten“ bezeichneten Faktoren können solche Informationen ohne weiteres verstanden werden.
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Mit diesen Ausführungen des Landgerichts setzt sich die Berufung nicht vertieft auseinander. Soweit sie dort ausführt, es könne nicht drauf ankommen, dass der … kein Score, sondern lediglich Daten aus öffentlichen Registern übermittelt wurden, weil der Kläger nicht beeinflussen kann, was die Beklagte übermittelt, geht dies ins Leere: Wenn die Beklagte keinen selbst durch automatisierte Datenverarbeitung ermittelten Scorewert, sondern nur allgemein verfügbare oder sonst hier bekannt gewordene „Rohdaten“ übermittelt, kann die Entscheidung des Empfängers nicht auf einem Score und damit einer automatisierten Datenverarbeitung beruhen. Art. 22 DSGVO verbietet gerade nicht die Sammlung und Weitergabe entscheidungsrelevanter Daten als solcher, sondern nur (unter den weiteren Voraussetzungen) deren automatisierte Auswertung.
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(2) Nichts anderes gilt im Hinblick darauf, dass die … nicht bereit war, dem Kläger einen Kredit für einen Immobilienerwerb zu gewähren. Auch hier wurden nach dem unwidersprochen Vorbringen der Beklagten, das sich mit dem Inhalt ihrer Auskunft deckt, kein Score, wohl aber die entsprechenden Registerinhalte mitgeteilt.
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dd) Der Senat kann sich auch nicht der Argumentation des Klägers anschließen, aus der bekanntermaßen gegebenen Relevanz des Scores folge, dass dieser für die Entscheidung der Vertragspartner der Beklagten wie insbesondere Kreditinstitute maßgeblich ist.
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(1) Der Senat folgt dabei dem Kläger noch im Ausgangspunkt darin, dass bei einem schlechten Scorewert die Wahrscheinlichkeit für den angetragenen Vertragsabschluss oftmals gering ist. Insoweit legt der Senat auch die Interviewaussage der Vorstandsvorsitzenden der Beklagten als zutreffend zugrunde, dass man ab einem Score von 85 Unternehmen finden wird, die Geschäfte abzuschließen bereit sind.
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Hieraus kann aber aus den genannten Überlegungen nicht abgeleitet werden, dass der Score in den genannten Fällen maßgeblich war oder in einer Vielzahl von Fällen maßgeblich ist. Der vom Kläger herangezogene Umkehrschluss, bei Personen mit einem Score von weniger als 85 sei der Abschluss bestimmter Geschäfte ausgeschlossen, ist nicht zwingend, weil die Aussage lediglich bedeutet, dass ein Wert von über 85 regelmäßig kein Problem darstellt.
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(2) Für die Entscheidung über die Vergabe eines Kredits oder die Erbringung einer erst im Nachhinein vergüteten Leistung sind nicht nur das Zahlungsverhalten in der Vergangenheit (welches in dem Score abgebildet wird), sondern auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse relevant (vgl. OLG München, Hinweisbeschluss vom 26. Februar 2025, 37 U 3586/24 e, S. 8 f.; OLG München, Hinweisbeschluss vom 3. Februar 2025, 24 U 3326/24 e, S. 10). Es liegt auf der Hand, dass solche Umstände sogar die primär entscheidenden sind, wenn es um die Vergabe eines Kredits in bestimmter Höhe geht, weil dieser aus dem laufenden Einkommen (abzüglich bestehender Verbindlichkeiten und Zahlungsverpflichtungen) zu bedienen ist und das Vermögen als Sicherheit dienen kann. Bei Verträgen mit eher geringen Verpflichtungen wie z.B. dem Abschluss eines Mobilfunkvertrags oder eines Beförderungsabonnements (Deutschlandticket) wird ebenfalls im Vordergrund stehen, welches verfügbare Einkommen vorhanden ist, weil bei entsprechendem Zufluss eine Erfüllung der Entgeltpflicht unabhängig davon, was sich in der Vergangenheit ereignet hat, realistisch erscheint.
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Dazu, über welche laufenden Einnahmen und Ausgaben und über welche Vermögenswerte eine Person verfügt, liegen der Beklagten aber keine Informationen vor. Jedenfalls behauptet auch der Kläger nicht, dass die Beklagte solche Umstände in die Berechnung der Scorewerte einbezieht. Die Ermittlung und Berücksichtigung dieser Aspekte muss daher durch denjenigen erfolgen, der über den Vertragsschluss entscheidet.
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(3) Zudem wird der potentielle Vertragspartner nicht ausschließlich den von der Beklagten ermittelten Score selbst, sondern auch weitere bonitätsrelevante Umstände, die ihm bei dieser Gelegenheit mitgeteilt werden, beachten. Wie die Beklagte wiederholt vorgetragen hat und auch aus der erteilten Auskunft hervorgeht, übermittelt die Beklagte jedenfalls auch vorhandene Informationen (Zahlungsstörungen, andere kreditrelevante Verträge) als solche. Solche Umstände, die konkret die individuelle Person betreffen, sind für den Informationsempfänger regelmäßig aussagekräftiger und daher wichtiger als Erwartungswerte, die auf statistischen Erfahrungen beruhen und daher nur eine allgemeine Wahrscheinlichkeitsaussage hergeben. Der Vertragspartner der Beklagten wird daher dann, wenn – wie vorliegend betreffend den Kläger – aktuelle bonitätsrelevante Erkenntnisse gegeben sind, seine Entscheidung maßgeblich auf diese stützen (ebenso OLG München, Hinweisbeschluss vom 26. Februar 2025, 37 U 3586/24 e, S. 8)
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d) Der Senat kann sich der Ansicht der Klagepartei, es genüge bereits eine abstrakte Gefahr, dass von dem automatisiert erstellten und übermittelten Scorewert die Entscheidung des Empfängers maßgeblich abhängt (in diesem Sinn LG Leipzig, Urteile vom 29. Mai 2024, 07 O 2658/23, 07 O 2599/23), nicht anschließen.
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aa) Richtig ist, dass Art. 22 DSGVO dem Schutz der Betroffenen dient und die Gefahr einer Umgehung droht, wenn das „Auslagern“ einzelner Schritte dazu führen würde, dass die Bestimmung nicht anwendbar ist. Dies hat aber bereits der EuGH in seiner Entscheidung erkannt und bei der Beantwortung der Vorlagefragen in der Rechtssache C-634/21 berücksichtigt, indem er das genannte Kriterium – Maßgeblichkeit für die Entscheidung des Dritten – aufgestellt hat. Dafür, dass diese bereits dem Schutz des Betroffenen dienende Erweiterung des Anwendungsbereichs des Art. 22 DSGVO auf Dreipersonenverhältnisse durch zusätzliche Erleichterungen in prozessualer oder materiellrechtlicher Hinsicht flankiert werden müsste, ergibt sich aus den Erwägungen des EuGH nichts.
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bb) Gegen die Sichtweise des Klägers spricht zudem, dass sie dazu führen würde, dass das vom EuGH aufgestellte Kriterium der Maßgeblichkeit für die Entscheidung des Datenempfängers weitgehend leerlaufen würde. Ein Unternehmen wie die Beklagte weiß regelmäßig nicht und kann nur bedingt beeinflussen, wie die anfragende und empfangende Stelle mit dem Score umgeht. Sicher ausschließen, sodass selbst die abstrakte Gefahr zu verneinen wäre, können sie eine entsprechende Praxis daher nicht.
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cc) Umgekehrt ist die vom Kläger vertretene Sichtweise auch nicht zum Schutz der Betroffenen erforderlich. Die Empfänger sind in jedem Fall Normadressat des Art. 22 DSGVO.
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dd) Aus dem zuletzt genannten Grund darf eine Auskunftei schließlich grundsätzlich darauf vertrauen, dass der Datenempfänger die Vorgaben einhält. Darüber hinaus stellt die Beklagte vertraglich sicher, dass die Datenempfänger bei ihren Entscheidungen nicht ausschließlich den automatisch ermittelten Score zugrunde legen. Sie darf sich auf die Richtigkeit dieser Zusicherung verlassen, solange ihr nicht Umstände bekannt werden, die Anlass zu Zweifeln geben. Derartiges wiederum ist nicht aufgezeigt. Eine vorsorgliche Verantwortlichkeit der Beklagten für ein DSGVO-widriges Verhalten ihrer Vertragspartner würde gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip verstoßen.
33
e) Soweit der Kläger darauf hinweist, dass Verkehrsbetriebe vor dem Abschluss des Abonnements eines DeutschlandTickets bei der Beklagten anfragen und er kein …-Konto bekomme, fehlt es zudem an der tatbestandlichen Voraussetzung des Art. 22 Abs. 1 DS-GVO nämlich einer rechtlichen Wirkung oder eines erheblichen Nachteils.
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aa) Die Beklagte hat wiederholt darauf hingewiesen, dass zum einen keineswegs sämtliche Verkehrsbetriebe, die ein DeutschlandTicket anbieten, zuvor eine Anfrage an die Beklagte richten, und ein solches Ticket stets auch in PrePaid-Varianten erhältlich ist. Auch wenn man daher die Möglichkeit, ein DeutschlandTicket zu erwerben, zur Deckung des Lebensbedarfs und zur Bewältigung des Alltags als essenziell ansieht, bestehen auch für Personen mit ungünstigen Score ausreichend Alternativen, ein solches zu erhalten, selbst wenn einige Verkehrsbetriebe in einem solchen Fall den Vertragsschluss ablehnen. Dafür, dass sämtliche Verkehrsunternehmen bei der Beklagten anfragen, geben die klägerseits angeführten Belege keine Stütze.
35
bb) Im Hinblick auf die Eröffnung eines …-Kontos ist nicht ersichtlich, dass ein hinreichend gewichtiger Nachteil vorliegt, weil beim Internet-Shopping regelmäßig auch alternative Bezahlmethoden einschließlich Vorkasse angeboten werden. Insoweit liegen wieder zumutbare Alternativen vor (vgl. Jeweils Schulz, in: Gola/Heckmann, 3. Aufl. 2022, DS-GVO Art. 22 Rn. 24; OLG München, Hinweisbeschluss vom 26. Februar 2025, 37 U 3586/24 e, S. 9; OLG München, Hinweisbeschluss vom 3. Februar 2025, 24 U 3326/24 e, S. 10).
36
f) Darauf, ob eine Praxis, wie sie der Kläger behauptet, von § 31 BDSG erlaubt wäre, kommt es damit nicht mehr entscheidend an. Der Senat kann daher offen lassen, ob der nationale Gesetzgeber bei der Formulierung der Norm bewusst zwischen „Berechnung“ und „Verwendung“ unterschieden hat (was auch nicht in Art. 22 DSGVO der Fall ist) und daher sich die gestattende Wirkung nur auf die „Verwendung“, nicht aber die vorausgehende „Berechnung“ bezieht (wie es das LG Leipzig in seinen Entscheidungen vom 29. Mai 2024, 07 O 2658/23, 07 O 2599/23 meint). Gegen diese Differenzierung spricht schon, dass die vorangehende Berechnung als vorbereitende Handlung keinerlei Wirkungen gegenüber dem Betroffenen zeitigt und daher eine ausschließlich diesen Vorgang betreffende Gestattung überhaupt nicht erforderlich wäre; eine ausschließlich für diese geltende Erlaubnis wäre jedenfalls nicht verständlich, weil die potenziell belastenden Wirkungen erst vom späteren Verwenden bei der eigentlich relevanten Entscheidung ausgehen.
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2. Ebenso wenig kann sich der Senat eine Überzeugung davon bilden, dass die Beklagte bei der Ermittlung von Scorewerten für den Kläger Daten in einer unzulässigen Weise berücksichtigt und so gewonnene Scorewerte übermittelt hat, die dann von den Empfängern verwendet wurden.
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a) Art. 15 Abs. 4 DSGVO enthält ein Verbot, bei automatisierten Entscheidungen bestimmte Daten zu verwenden, die als besonders sensibel und schützenswert eingestuft werden. Dazu, dass die Beklagte Merkmale der in Art. 9 Abs. 1 DSGVO genannten Art, auf die die Bestimmung Bezug nimmt, im Hinblick auf den Kläger verarbeitet hätte, erfolgt jedoch kein Vortrag.
39
b) Soweit der Kläger behauptet, die Beklagte verwende bei der Ermittlung von Scorewerten das Geburtsdatum/Alter, das Geschlecht, die Anzahl der verwendeten Anschriften und Anschriftendaten, und zwar in diskriminierender Weise, liegen keine ausreichenden Darlegungen vor, um von einem unzulässigem Verhalten ausgehen zu können.
40
aa) Zwar ist davon auszugehen, dass die Beklagte bei der Ermittlung von Scorewerten für Personen grundsätzlich das Alter/Geburtsdatum und das Geschlecht der betroffenen Person berücksichtigt und ebenso – jedenfalls in bestimmten Fällen – die Wohnadresse und die Zahl der Wohnortwechsel in der jüngeren Vergangenheit. Dies geht aus den eigenen Datenschutzhinweisen der Beklagten, der Äußerung ihre Vorstandsvorsitzenden und der Äußerung des für die Beklagte als Ombudsmann tätigen … hervor. Dies für sich genommen stützt aber nicht den Vorwurf, die Beklagte verfahre dabei in diskriminierender Weise, und bedeutet auch nicht, dass diese Daten im Hinblick auf den Kläger Verwendung gefunden haben müssen.
41
bb) Die Verwendung der in lit. b) bis g) des Klage-/Berufungsantrags VI. genannten Merkmale ist im vorliegenden Kontext nicht von vornherein verboten. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die personenbezogenen Umstände wie Alter und Geschlecht.
42
Nach der Vorstellung des Gesetzgebers bei der Schaffung des AGG stellen Rechtsgeschäfte über den Zugang zu Finanzmitteln keine Massengeschäfte oder massengeschäftsähnliche Rechtsgeschäfte i.S.v. § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG dar, weil über eine Kreditgewährung aufgrund der Relevanz der Insolvenz regelmäßig nicht losgelöst von der individuellen Person entschieden wird. Zumindest wäre ein statistisch relevanter Einfluss dieser Merkmale auf die Erfüllungs/Rückzahlungswahrscheinlichkeit ein Umstand, der die unterschiedliche Behandlung nach § 20 Abs. 1 S. 1 AGG legitimieren würde. Sind sachliche Gründe gegeben, liegt begriffsimmanent eine Diskriminierung nicht vor. Wenn aber ein Kreditinstitut, dem die Beklagte einen Score mitteilt, entsprechend differenzieren dürfte (und wegen § 18 a KWG u.U. sogar müsste), muss es auch der Beklagten als vorgelagerte Dienstleisterin eröffnet sein, diese Merkmale zu berücksichtigen.
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cc) Darüber hinaus kann sich der Senat der vom Kläger bemühten Folgerung, der sehr schlechte Score müsse auf einer unzulässigen Berücksichtigung der genannten Merkmale beruhen, nicht anschließen. Unstreitig herrschen beim Kläger derzeit zwei Zahlungsstörungen und liegt eine Eintragung in das Schuldnerverzeichnis vor, was wiederum einen offenen vollstreckbaren Zahlungstitel gegen ihn voraussetzt. Es ist keineswegs fernliegend, dass bereits diese beiden Merkmale für sich genommen dazu führen, dass aufgrund statistischer Daten die Wahrscheinlichkeit der Vertragserfüllung im Bereich von unter 2 % bzw. unter 4 % anzusetzen ist.
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c) Im Übrigen hat der Kläger im Hinblick auf ein mögliches Geoscoring, d.h. die Berücksichtigung des Wohnumfeldes, keinen schlüssigen Sachvortrag gehalten. Aus dem Interview der Vorstandsvorsitzenden der Beklagten in der … geht zwar hervor, dass sie in etwa 0,4 % der Fälle auf diese Methode zurückgreift, indem bei Anfragen aus dem Bereich des Versandhandels der Wohnort berücksichtigt wird, wenn die angefragte Person der Beklagten nicht bekannt ist. Nach der vorgelegten Historie ist der Kläger aber der Beklagten bekannt, sodass diese keinen Anlass bzw. Bedarf hat, den genannten Umstand heranzuziehen.
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d) Darauf, ob die Beklagte Daten zu Adressänderungen/Wohsitzwechseln über längere Zeit als drei Jahre speichert und insoweit die in den Datenschutzhinweisen genannte Regel nicht eingehalten hat, kommt es nach alledem nicht mehr entscheidend an.
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e) Auch insoweit traf den Kläger jeweils die Darlegungslast. Dem Kläger kommen wiederum nicht die Grundsätze zur sekundären Darlegungslast oder eine Beweiserleichterung zugute. Richtig ist zwar, dass der Kläger nur begrenzten Einblick in die Umstände hat, die sich in der Sphäre der Beklagten abspielen. Bestehen und Umfang einer sekundären Darlegungslast hängen aber, wie generell die Darlegungslast, vom vorangegangenen Vorbringen ab. Die Beklagte hat durch Erteilung der (auch materiellrechtlich geschuldeten) Auskünfte und weitere Angaben im Prozess ausgeführt, welche Daten sie verwendet und übermittelt habe, und zugleich erklärt, welche Aspekte sie nicht berücksichtigt habe. Der Kläger hat dagegen – wie ausgeführt – nicht belastbar aufgezeigt, dass die ermittelten und weitergegebenen Scorewerte bzw. Erfüllungswahrscheinlichkeiten nicht auf den Umständen beruhen können, die die Beklagte in ihrer Auskunft genannt hat. Insbesondere hat der Kläger nicht bestritten, dass zwei schwerwiegende Zahlungsstörungen bestehen und ein Eintrag in das öffentliche Schuldnerverzeichnis gegeben ist. Es liegt nicht von vornherein fern, sondern sogar nahe, dass allein diese Umstände geeignet sind, einen ungünstigen Scorewert herbeizuführen.
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3. Für die einzelnen Anträge und verfolgten Ansprüche ergibt sich daraus:
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a) Der auf Feststellung der Rechtswidrigkeit gerichtete Klage-/Berufungsantrag I. wurde aus mehreren Gründen zu Recht abgewiesen.
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aa) Der Antrag ist bereits unzulässig. Gegenstand einer Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO (einschließlich einer Zwischenfeststellungsklage i.S.v. § 256 Abs. 2 ZPO) kann nur ein „Rechtsverhältnis“ sein. Auch wenn im einzelnen umstritten ist, wann ein solches vorliegt und wie ein Rechtsverhältnis von bloßen Elementen und Vorfragen eines solchen abzugrenzen ist, besteht Einigkeit darüber, dass die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines Verhaltens oder Zustands als solches kein Rechtsverhältnis darstellt (BGH, Urteil vom 19. April 2000 – XII ZR 332/97, NJW 2000, 2280 (2281); BGH, Urteil vom 27. März 2015 – V ZR 296/13, NJW-RR 2015, 915 Rn. 7; BGH, Urteil vom 20. April 2018 – V ZR 106/17, NJW 2018, 3441 Rn. 13; MüKoZPO/Becker-Eberhard, 7. Aufl. 2025, ZPO § 256 Rn. 26; BeckOK ZPO/Bacher, 56. Ed. 1.3.2025, ZPO § 256 Rn. 3; OLG München, Hinweisbeschluss vom 26. Februar 2025, 37 U 3586/24 e, S. 4 f.; OLG München, Hinweisbeschluss vom 3. Februar 2025, 24 U 3326/24 e, S. 5).
50
bb) Zudem wird nicht aufgezeigt, welches Interesse an der Feststellung i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO besteht oder dass auch das für eine Zwischenfeststellungsklage zu fordernde allgemeine Rechtsschutzbedürfnis gegeben ist. Der Kläger leitet aus der behaupteten Rechtswidrigkeit des Vorgehens der Beklagten Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche ab und macht diese mit gesonderten Anträgen geltend. Welche weitergehenden Ansprüche bestehen und durch den begehrten Ausspruch vorbereitet werden können, ist nicht erkennbar.
51
cc) Im Übrigen könnte der Feststellungsantrag auch deshalb keinen Erfolg haben, weil das Erstellen von Scorewerten auf Grundlage automatisierter Datenverarbeitung nicht per se unzulässig ist, sondern nur dann, wenn dies auch im Einzelfall zu Nachteilen führt (Art. 22 Abs. 1 a.E. DSGVO) und in Konstellationen wie der vorliegenden (Dreipersonenverhältnis) der Wert für den Datenempfänger maßgebliche Entscheidungsgrundlage ist. Hierauf nimmt der Antrag, der seiner Formulierung nach auf die entsprechende Praxis der Beklagten generell abzielt, keine Rücksicht.
52
Ebenso wenig lässt der Feststellungsantrag erkennen, ob er sich auf entsprechende Handlungen der Beklagten in der Vergangenheit bezieht oder sich abstrakt gegen die Vorgehensweise der Beklagten richtet (vgl. OLG München, Hinweisbeschluss vom 26. Februar 2025, 37 U 3586/24 e, S. 4; OLG München, Hinweisbeschluss vom 3. Februar 2025, 24 U 3326/24 e, S. 4).
53
dd) Schließlich wäre der Feststellungsantrag – wie auch die übrigen Klageanträge – insoweit unbegründet, als er auch den Basisscorewert und den Orientierungswert betrifft (vgl. OLG München, Hinweisbeschluss vom 26. Februar 2025, 37 U 3586/24 e, S. 6). Die Beklagte hat von Anfang an darauf hingewiesen, dass sie diese beiden Kennzahlen lediglich bei Auskunftsbegehren der betroffenen Personen ermittelt und mitteilt, nicht aber den anfragenden Vertragspartnern. Der Kläger hat dies nicht bestritten und erst recht keinen Gegenbeweis angetreten. Da von Informationen, die potenziellen Vertragspartnern nicht kommuniziert werden und daher von diesen nicht bei geschäftlichen Entscheidungen zugrunde gelegt werden können, nachteilige Wirkungen i.S.v. Art. 22 DSGVO denknotwendig nicht ausgehen können, ist ausgeschlossen, dass sich darauf bezogene Ansprüche ergeben können.
54
ee) Ob zudem die in der Berufungserwiderung dargestellten Mängel hinsichtlich der Bestimmtheit des Antrags bestehen, kann der Senat daher vorläufig dahinstehen lassen.
55
b) Der Klage-/Berufungsantrag II. ist unbegründet, weil es an einer Begehungsgefahr fehlt.
56
aa) Der Antrag ist als Unterlassungsantrag zu qualifizieren (ebenso OLG München, Hinweisbeschluss vom 26. Februar 2025, 37 U 3586/24 e, S. 5 f.), weil es dem Kläger in der Sache darum geht, sicherzustellen, dass die Beklagte dann, wenn sie künftig einen ihn betreffenden Scorewert erstellt, nicht ausschließlich eine automatisierte Verarbeitung unternimmt. Eine Verpflichtung, ein bestimmtes Verhalten unbedingt vorzunehmen, erstrebt er nicht, sondern lediglich Vorgaben für den Fall, dass die Beklagte in bestimmter Weise agiert. Dies kann nur durch ein Unterlassungsbegehren erreicht werden. Auch die Berufungsbegründung geht hiervon aus.
57
bb) Unterlassungsansprüche setzen eine Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr voraus, vgl. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB. Dies muss auch dann gelten, wenn sich ein solcher Anspruch unmittelbar aus Art. 22 DSGVO ergibt, weil andernfalls jede Person, für die aktuell oder auch nur potenziell ein Scorewert ermittelt werden soll, sogleich einen einklagbaren Unterlassungsanspruch besäße, so dass die Auskunftei entweder sofort eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung eingehen müsste oder zu verurteilen wäre, unabhängig davon, ob sie überhaupt beabsichtigt, in einer den Tatbestand des Art. 22 DSGVO erfüllten Weise vorzugehen.
58
An beidem mangelt es vorliegend:
59
cc) Da der Kläger nicht belegt hat, dass es in der Vergangenheit zu einer Situation gekommen ist, in der von der Beklagten ermittelte Scorewerte für einen Dritten maßgeblich waren, liegt kein zurückliegender Verstoß vor, der eine Wiederholungsgefahr indizieren könnte.
60
dd) Eine Erstbegehungsgefahr ist ebenfalls nicht erkennbar, weil keine Umstände aufgezeigt sind, die es nahelegen würden, dass die Beklagte in naher Zukunft mit einiger Wahrscheinlichkeit in unzulässiger Weise agiert.
61
ee) Ob der unwidersprochen gebliebene Umstand, dass die Beklagte nicht Scorewerte „auf Vorrat“ ermittelt, sondern dies nur aus Anlass einer konkreten Anfrage tagesaktuell unternimmt und den Wert zugleich übermittelt, ein Interesse an einem Verbot, entsprechende Werte zu erstellen, und damit das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für diesen Antrag entfallen lässt, kann der Senat vorliegend dahinstehen lassen.
62
ff) Die Klagepartei zeigt auch nicht auf, weshalb ein Unterlassungsanspruch gegen die bloße Erstellung von Scorewerten, welcher Gegenstand des Antrags II. ist, gegeben sei. Die Ermittlung des Scores durch die Beklagte ist bloße Vorbereitungshandlung zu einer späteren Übermittlung an Vertragspartner, bei denen dann eine für den Kläger relevante Entscheidung getroffen wird. Solange weder die Beklagte den Score für eine Entscheidung heranzieht noch dieser an eine dritte Person weitergegeben wurde, fehlt es an einer für den Kläger irgendwie nachteiligen Handlung (vgl. OLG München, Hinweisbeschluss vom 26. Februar 2025, 37 U 3586/24 e, S. 6; OLG München, Hinweisbeschluss vom 3. Februar 2025, 24 U 3326/24 e, S. 7).
63
gg) Ob ein entsprechender Unterlassungsanspruch – unmittelbar aufgrund von Art. 22 DS-GVO oder vermittelt von § 1004 Abs. 1 S. 2 und § 823 Abs. 2 BGB – in rechtlicher Hinsicht gegeben ist oder das Rechtsfolgenregime der DSGVO auch insoweit eine abschließende Regelung trifft, muss daher nicht beantwortet werden.
64
c) Entsprechendes gilt für den Klage-/Berufungsantrag III. Dieser bezieht sich im Unterschied zu Antrag II. auf die Weitergabe der Scorewerte, ist aber aus denselben Erwägungen ebenfalls als Unterlassungsantrag zu verstehen.
65
Auch insoweit liegt mangels nachgewiesenem Verstoß keine Wiederholungsgefahr vor und ist auch eine Erstbegehungsgefahr nicht belegt. Ferner besteht der Anspruch in der begehrten Weise nicht, weil einer Wirtschaftsauskunftei wie der Beklagten die Übermittlung von Scorewerten aufgrund ausschließlich automatisierter Verarbeitung nicht generell untersagt ist, sondern nur unter weiteren Voraussetzungen, die aber im klägerischen Beehren keine Erwähnung finden.
66
d) Der auf Auskunft gerichtete Klage-/Berufungsantrag V. kann keinen Erfolg haben, weil dem Begehren, soweit es über die erteilten Auskünfte hinausgeht, jedenfalls Art. 15 Abs. 4 DS-GVO entgegensteht.
67
aa) Auskunft darüber, welche Daten die Beklagte über den Kläger gespeichert und bei ihrer Ermittlung von Scorewerten berücksichtigt, hat die Beklagte bereits wiederholt erteilt (vorgerichtliche Mitteilung vom 15. Juni 2023; im Laufe des Rechtsstreits übergebene Mitteilung vom 26. April 2024).
68
bb) Einem weitergehenden Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 lit. h) DSGVO steht bereits entgegen, dass nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen ist, dass es zu einer automatisierten Entscheidung durch die Beklagte oder durch einen Dritten, für welche ein von der Beklagten ermittelter Score maßgeblich war, gekommen ist (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 13. März 2025, 9 U 167/24, S. 145; OLG München, Hinweisbeschluss vom 26. Februar 2025, 37 U 3586/24 e, S. 13 f.).
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cc) Weitergehende Auskünfte, insbesondere über den von der Beklagten angewandten Algorithmus, schuldet die Beklagte aus Rechtsgründen nicht.
70
(1) Nach der Entscheidung des EuGH vom 27. Februar 2025 (C-203122 – Dun & Bradsteet Austria, NJW 2025, 1471) bezweckt das in Art. 15 Abs. 1 lit. h) DSGVO enthaltene Auskunftsrecht hauptsächlich, dem Betroffenen die wirksame Ausübung der ihm nach Art. 22 Abs. 3 DSGVO zustehenden Rechte zu ermöglichen, also das Recht auf Darlegung seines eigenen Standpunkts und auf Anfechtung der Entscheidung (Rn. 55). Hierfür kommt es aber in allererster Linie darauf an, dass der Betroffene weiß, welche Daten möglicherweise relevant sind und was der andere in dieser Hinsicht über ihn gespeichert hat. Das Auskunftsrecht dient mithin dazu, der betroffenen Person zu ermöglichen, zu überprüfen, ob die sie betreffenden Daten richtig sind und in zulässiger Weise verarbeitet worden (a.a.O. Rn. 53).
71
(2) Für die Verfolgung dieser Zwecke genügt es grundsätzlich, dass der Betroffene erfährt, welche Kategorien von Daten der andere überhaupt speichert und berücksichtigt, und was insoweit über ihn gespeichert und berücksichtigt wird. Dies versetzt ihn nämlich ausreichend in die Lage, zu prüfen, ob Fehler im Datenbestand vorliegen, die sich dann auf den errechneten Score auswirken können.
72
Dagegen ist eine genaue Kenntnis von dem Algorithmus weder erforderlich noch geeignet, um diese Zwecke zu erreichen. Selbst wenn der Kläger seinen Algorithmus, d.h. die Formel, anhand derer er den Merkmalen in Verbindung mit Wahrscheinlichkeitswerten Bedeutung beimisst und untereinander gewichtet, kennen würde, könnte der Kläger die Richtigkeit des ihn betreffenden Score nicht überprüfen, weil er immer noch nicht wüsste, was die Beklagte genau hinsichtlich seiner Personen in den Algorithmus eingestellt hat. Umgekehrt stellen der Algorithmus und die dabei verwendeten Wahrscheinlichkeitswerte Geschäftsgeheimnisse dar, deren Offenlegung der Beklagten sowohl nach allgemeinen Regeln als auch nach Art. 15 Abs. 4 DSGVO nicht zuzumuten ist vgl. EuGH vom 27. Februar 2025, C-203/22 – Dun & Bradsteet Austria, NJW 2025, 1471, Rn. 69 ff.). In der vorzunehmenden Abwägung (vgl. EuGH vom 27. Februar 2025, C-203/22 – Dun & Bradsteet Austria, NJW 2025, 1471, Rn. 72) setzen sich die Interessen der Beklagten durch, weil die Nachteile für sie wesentlich größer wären als der denkbare Zuwachs an Erkenntnisgewinn für den Kläger. Die Geheimhaltung des Algorithmus führt umgekehrt nicht dazu, dass dem Kläger als betroffene Person im Ergebnis jegliche Auskunft verweigert wird (vgl. EuGH vom 27. Februar 2025, C-203/22 – Dun & Bradsteet Austria, NJW 2025, 1471, Rn. 72; OLG München, Hinweisbeschluss vom 26. Februar 2025, 37 U 3586/24 e, S. 13).
73
Erforderlich, aber auch ausreichend, um den Vorgaben des Art. 15 Abs. 1 lit. h) DSGVO zu genügen, ist daher, das Verfahren und die Grundsätze so zu beschreiben, dass die betroffene Person nachvollziehen kann, welche ihrer personenbezogenen Daten auf welche Art verwendet wurden (EuGH vom 27. Februar 2025, C-203/22 – Dun & Bradsteet Austria, NJW 2025, 1471, Rn. 61). Dagegen ist die Offenlegung von Entscheidungsalgorithmen einschließlich des Quellcodes regelmäßig nicht gefordert und auch für die Transparenz nicht förderlich (ebenso Radtke, ZD 2025, 265 (266). Hinsichtlich der involvierten Logik ist somit lediglich das Prinzip darzustellen, auf dem die Berechnung basiert, nicht jedoch die konkrete Berechnungsformel (OLG Stuttgart, Beschluss vom 13. März 2025, 9 U 167/24, S. 146).
74
(3) Die zu fordernde Erläuterung des Verfahrens und der Grundsätze in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form (vgl. (EuGH vom 27. Februar 2025, C-203/22 – Dun & Bradsteet Austria, NJW 2025, 1471, Rn. 58) ist daher durch die erfolgten Mitteilungen geschehen. Insbesondere geht aus den Schreiben der Beklagten vom 15. Juni 2023 und 26. April 2024 hervor, welche Daten die Beklagte zur Person des Klägers gespeichert hat und wem sie welche Daten in den vergangenen Monaten übermittelt hat. Insbesondere ergibt sich aus der Tabelle der anfragenden Vertragspartner, dass in drei bzw. zwei Fällen ein bestimmter Score errechnet und übermittelt wurde und dass dabei die Anschriftendaten bei diesen Vorgängen nicht Berücksichtigung gefunden haben. Zugleich lässt sich der Auskunft vom April 2024 entnehmen, dass bisherige Zahlungsstörungen als überdurchschnittliches Risiko (zuvor noch: deutlich überdurchschnittliches Risiko), die Kreditnutzung dagegen als deutlich unterdurchschnittliches Risiko in Ansatz gebracht wurde. Im Hinblick auf die Kreditaktivität im letzten Jahr wurde bei der Anfrage im Juli 23 ein durchschnittliches Risiko, bei der späteren im Oktober 2023 ein unterdurchschnittliches Risiko in Ansatz gebracht; ebenso hat sich der Aspekt „Länge Kredithistorie“ von „deutlich überdurchschnittlich“ auf „überdurchschnittlich“ verbessert. In der anliegenden „…-Information“ wird auch darüber informiert, dass die „Logik“ der Beklagten darauf beruht, anhand der gespeicherten Daten und Erfahrungen, die sie aus den ihr bekannten Daten gewinnen konnte, Prognosen für das künftige kreditrelevante Verhalten der einzelnen Personen ableitet (die Ausführungen unter Nr. 4 „Profilbildung (Scoring)“ für ausreichend haltend auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 13. März 2025, 9 U 167/24, S. 145).
75
Dies genügt, um einen Betroffenen wie den Kläger darüber zu informieren, welche Informationen sie besitzt, ob sie diese bei einzelnen Anfragen berücksichtigt hat und in welcher Weise (neutral, positiv, stark positiv, negativ oder stark negativ) dies geschehen ist.
76
(4) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang schließlich, dass die Beklagte die erteilten Informationen teils als überobligatorisch bezeichnet hat. Die Betonung, dass sie sich zu einer entsprechenden der Auskunft rechtlich nicht gehalten sieht, schließt nicht den für die Erfüllung des Auskunftsanspruchs erforderlichen Erfüllungswillen aus. Die Beklagte macht nämlich trotz des genannten Hinweises deutlich, dass die Auskünfte vollständig und richtig sind und sie damit, sollte sie hierzu rechtlich verpflichtet sein, ihrer Verpflichtung nachkommen will.
77
e) Dem gegen die Berücksichtigung bestimmter Umstände gerichtete Klage-/Berufungsantrag VI. kann wiederum nicht entsprochen werden, weil mangels Belegs für einen Verstoß gegen ein Berücksichtigungsverbot und eine Maßgeblichkeit des Scores für die Entscheidung Dritter in der Vergangenheit die erforderliche Begehungsgefahr nicht besteht.
78
f) Aus all dem folgt schließlich, dass ein Verhalten der Beklagten, welches gegen datenschutzrechtliche Vorgaben verstieß und damit rechtswidrig war, nicht erwiesen ist, sodass dem Kläger auch keine Schadensersatzansprüche, wie er sie mit Klageantrag/Berufungsantrag IV. verfolgt, zustehen.
79
aa) Ein Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens durch die Weitergabe von Scores, bei deren Erstellung datenschutzrechtliche Vorgaben verletzt wurden, besteht damit bereits aus tatsächlichen Gründen nicht. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass die Auskünfte der Beklagten jeweils nur 12 Monate zurückreichen und die abstrakte Möglichkeit besteht, dass es in der weiter zurückliegenden Vergangenheit zu entsprechenden Verstößen gekommen ist. Die Darlegungs- und Beweislast für solche Vorgänge hätte der Kläger; er ist ihr nicht nachgekommen.
80
Ob die Darlegungen des Klägers, die weitgehend durch entsprechende Fragebögen seiner Prozessvertreter initiiert worden sein dürften, genügen, um sich die erforderliche Gewissheit von einem Schaden zu verschaffen, kann daher dahinstehen.
81
bb) Auch unter dem Aspekt, dass die Beklagte ihrer datenschutzrechtlichen Auskunftspflicht nicht in gehöriger Weise nachgekommen ist, ergibt sich ein solcher Anspruch nicht. Es ist nicht aufgezeigt oder sonst erkennbar, wie sich gerade hieraus ein Schaden ergeben haben soll (vgl. OLG München, Hinweisbeschluss vom 26. Februar 2025, 37 U 3586/24 e, S. 12).
82
cc) Diese Überlegungen betreffen sowohl die spezielle datenschutzrechtliche Anspruchsgrundlage des Art. 82 DSGVO als auch die allgemeinen deliktsrechtlichen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts (§ 823 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB).
83
g) Auch unter dem Aspekt der Geschäftsführung ohne Auftrag ergeben sich keine weitergehenden Ansprüche, insbesondere auf Auskunft §§ 677 i.V.m. § 666 BGB).
84
Die Bestimmungen der §§ 677 BGB sind nicht anwendbar, weil die Beklagte bereits nicht im Interesse des Klägers tätig wird. Die Beklagte hat zwar im vorliegenden Rechtsstreit mehrfach damit argumentiert, die Ermittlung von Scorewerten diene auch den betroffenen Personen und damit potentiell auch dem Kläger, weil sie ermöglicht, Kredite zu erlangen oder Waren oder Dienstleistungen ohne vorherige Bezahlung zu erhalten. Dies ändert aber nichts daran, dass die Beklagte in allererster Linie gegenüber ihren Vertragspartnern, also der Kreditwirtschaft, Versandhandelsunternehmen etc. auf Grundlage der mit diesen Unternehmen geschlossenen, entgeltlichen Dienstleistungsverträgen tätig wird. Die von der Beklagten zum Zwecke der Argumentation angeführten günstigen Auswirkungen auf die Verbraucher stellen sich allenfalls als Nebeneffekte dar, können aber nach den Grundsätzen zum pflichtgebundenen Geschäftsführer nicht bedeuten, dass die Beklagte zugleich ein Geschäft für den betroffenen Verbraucher führte.
85
4. Soweit die Berufungsbegründung darauf hinweist, dass die Beklagte für den Kläger eine Scoresperre verhängt hat, also Anfragen von ihren Vertragspartnern nicht mehr beantwortet, wird nicht aufgezeigt, welche Relevanz dies für die im Berufungsverfahren verfolgten Anträge besitzen könnte (vgl. OLG München, Hinweisbeschluss vom 26. Februar 2025, 37 U 3586/24 e, S. 15; OLG München, Hinweisbeschluss vom 3. Februar 2025, 24 U 3326/24 e, S. 18) Einen Anspruch auf Übermittlung von Scores, die einen bestimmten Inhalt aufweisen, macht der Kläger nicht (mehr) geltend. Auch mittelbare Auswirkungen auf die verfahrensgegenständlichen Ansprüche kann der Senat nicht erkennen.
86
Die verfolgten Ansprüche erweisen sich somit als zumindest unbegründet; die Berufung verspricht daher keine Aussicht auf Erfolg.
87
Der Senat legt deshalb aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
88
Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.