Titel:
Klagepartei, Dsgvo, Datenschutzgrundverordnung, Feststellungsantrag, Automatisierte Verarbeitung, Bonitätsauskunft, Unterlassungsanspruch, Feststellungsinteresse, Berechtigtes Interesse, Vertragspartner, Wahrscheinlichkeitswert, Scoring-Verfahren, Erweiterte Auskunftspflicht, Feststellung der Rechtswidrigkeit, Personenbezogene Daten, Datenverarbeitung, Verletzung rechtlichen Gehörs, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, Rechtsschutzinteresse, Grundpfandrechte
Schlagworte:
Bonitätsscore, Datenschutzverstöße, Automatisierte Verarbeitung, Feststellungsinteresse, Schadensersatzanspruch, Unterlassungsanspruch, Auskunftsanspruch
Vorinstanz:
LG Augsburg, Urteil vom 26.09.2024 – 114 O 3781/23
Fundstelle:
GRUR-RS 2025, 15977
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 26.09.2024, Az. 114 O 3781/23, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf € 10.000 festzusetzen.
3. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 20.3.2025
Entscheidungsgründe
A. Offensichtliche Aussichtslosigkeit der Berufung, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO
1
Die Berufung hat nach Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die angefochtene Entscheidung des Erstgerichts ist richtig. Das Ersturteil beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO). Vielmehr rechtfertigen die Tatsachen, die der Senat im Rahmen des durch § 529 ZPO festgelegten Prüfungsumfangs der Beurteilung des Streitstoffes zugrunde zu legen hat, keine andere Entscheidung. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die sorgfältigen und in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts Bezug. Die Berufungsbegründung vom 16.12.2024 vermag dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen, aus folgenden Gründen:
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I. Die Parteien streiten um Ansprüche auf Feststellung, Leistung, Schadensersatz, Unterlassung und Auskunft der Klagepartei wegen von der Klagepartei angeführter datenschutzrechtlicher Verstöße der Beklagten.
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Die Beklagte ist eine Wirtschaftsauskunftei, die ihre Vertragspartner bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit potentieller oder bereits vorhandener Kunden durch Bonitätsauskünfte unterstützt. Die Vertragspartner der Beklagten übermitteln dieser regelmäßig relevante Daten aus Geschäftsverbindungen mit ihren Kunden, wie beispielsweise Informationen über Kreditanfragen, zuverlässig oder unzuverlässig erfüllte Kredite, Höhe des Kreditvolumens und Länge der Kredithistorie. Die Beklagte speichert diese Daten, um ihren Kunden Auskünfte bei Bonitätsprüfungen erteilen zu können, z.B. bei der Entscheidung über einen Kreditantrag oder bei der Frage, ob ein Kunde im Onlinehandel auf Rechnung bestellen kann oder Vorkasse leisten muss. Die Beklagte erstellt auf Grundlage der über eine Person gespeicherten Daten einen sog. Scorewert, den sie ihren Vertragspartnern mit den Auskünften zur Verfügung stellt, der die Wahrscheinlichkeit wiedergibt, dass die Person kreditrelevante Verträge erfüllen wird.
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Der Klagepartei sieht sich durch das Scoringverfahren der Beklagten in ihren Rechten verletzt.
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Das Landgericht Augsburg hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt die Klagepartei ihre erstinstanzlichen Anträge weiter.
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II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Landgericht hat die Klage jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
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Der Klagepartei stehen Ansprüche im Zusammenhang mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nicht zu. Verfahrensfehler, die sich auf die Entscheidung des Landgerichts ausgewirkt haben könnten, sind ebenfalls nicht ersichtlich (vgl. auch 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München, Beschluss vom 05.02.2025, Az. 24 U 2336/24).
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Einen entscheidungserheblichen Verfahrensfehler im Sinne von § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO zeigt die Berufung nicht auf. Soweit die Klagepartei in ihrer Berufungsbegründung moniert, es liege eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) vor, da das Erstgericht die Ausführungen der Klagepartei zu einer marktbeherrschenden Stellung der Beklagten und der wirtschaftlichen Bedeutung des Scorewertes übergangen habe, sowie aufgeführte Beispiele nicht als Nachweise anerkannt habe, so verhilft dies der Berufung nicht zum Erfolg.
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Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht nur dazu, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Er begründet aber keine Pflicht des Gerichts, bei der Würdigung des Sachverhalts und der Rechtslage der Auffassung eines Beteiligten zu folgen. Ebenso wenig folgt aus Art. 103 Abs. 1 GG die Pflicht der Gerichte zu ausdrücklicher Befassung mit jedem Vorbringen (vgl. nur BVerfG, BeckRS 2013, 55213 Rn. 67 m.w.N.). Nur die wesentlichen, der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienenden Tatsachenbehauptungen müssen in den Gründen verarbeitet werden (vgl. BVerfGE 47, 182 [189]; BGH vom 31.5.2016, VI ZR 305/15, und vom 26.11.2020, III ZR 136/18).
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Soweit die Klagepartei anführt, die wirtschaftliche Bedeutung des Scorewerts und die von der Klagepartei behauptete marktbeherrschende Stellung der Beklagtenpartei seien unzureichend beachtet worden, so fehlt bereits jeder Vortrag dazu, inwiefern und unter welchem Gesichtspunkt dies aus Sicht der Klagepartei hätte stärker berücksichtigt werden müssen und warum dies zu einer anderen Entscheidung des Landgerichts hätte führen können.
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Aber auch sonst fehlt jeglicher Vortrag dazu, welche Hinweise die Klagepartei vermisst, was sie ergänzend bei Erteilung dieser Hinweise vorgetragen hätte und wieso ein ergänzender Vortrag zu einer anderen Entscheidung des Landgerichts hätte führen können. Auch im Rahmen der Berufungsbegründung wurde hierzu nichts vorgetragen.
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Das Landgericht führt zu Recht aus, dass die Klagepartei keine einzige konkrete Entscheidung eines potentiellen Vertragspartners substantiiert anführt, bei der ein von der Beklagten berechneter Scorewert maßgeblich berücksichtigt wurde, sowie weiter, dass die Ausführungen der Klagepartei eine konkrete Darstellung von gescheiterten Verträgen vermissen lasse.
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Die Rüge einer Verletzung rechtlichen Gehörs ist daher nicht in ausreichender Weise erhoben.
2. Feststellungsantrag Ziff. I – Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bonitätsscore-Erstellung
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Der Feststellungsantrag mit dem Inhalt, dass die beklagtenseits vorgenommene, auf einer automatisierten Verarbeitung beruhende, Erstellung des Bonitätscores der Klagepartei rechtswidrig sei, ist bereits unzulässig.
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Nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten findet ein Scoring nicht anlasslos statt, sondern ein Scorewert wird tagesaktuell auf eine entsprechende Anfrage eines Vertragspartners hin erstellt, wobei sich die Scorewerte je nach Branche des Anfragenden und Vertragspartner auch unterscheiden können. Dem Antrag der Klagepartei fehlt es bereits an der erforderlichen Bestimmtheit im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, da unklar ist, ob der Antrag der Klagepartei sich auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit in der Vergangenheit konkret vorgenommenen Scorings und Mitteilung der jeweiligen Ergebnisse betreffend die Klagepartei bezieht, oder abstrakt und losgelöst von einem konkreten Ermittlungs- und Übermittlungsvorgang festgestellt werden soll, dass die automatisierte Ermittlung des Scorewerts in Bezug auf die Klagepartei per se unzulässig ist.
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Außerdem kann nach § 256 ZPO – von der Besonderheit der Urkundenfeststellungsklage abgesehen – nur auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines (gegenwärtigen) Rechtsverhältnisses geklagt werden und dies auch nur unter der Voraussetzung, dass die Klagepartei ein Feststellungsinteresse darlegt. Nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein können demgegenüber bloße Vorfragen und Elemente eines Rechtsverhältnisses, reine Tatsachen oder etwa die Wirksamkeit einer Willenserklärung oder – wie vorliegend – die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens (BGH, 17.06.2016, V ZR 272/15 Rn. 9). Auch wenn man den Antrag dahingehend auslegen wollte, dass das Bestehen von Schadenersatzansprüchen wegen in der Vergangenheit durchgeführter Scorings dem Grunde nach festgestellt werden solle, so verhilft dies dem Feststellungsantrag, entgegen der Ansicht des Landgerichts, mangels Feststellungsinteresse, nicht zur Zulässigkeit.
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Zulässig ist ein Feststellungsantrag nämlich nur dann, wenn ein anspruchsbegründender Vorgang sich noch in Entwicklung befindet, d.h., wenn einerseits feststeht, dass bereits ein Schaden entstanden ist, aber die Klagepartei den Schaden noch nicht vollständig beziffern kann, weil die Entstehung weiterer Schäden noch zu erwarten ist (BGH, 06.03.2012, VI ZR 167/11 Rn. 3). Eine solche Konstellation liegt hier nicht vor. Die Klagepartei hat vielmehr nicht einmal konkret zu einer oder mehreren schädigenden, rechtswidrigen Handlungen der Beklagten vorgetragen. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Klagepartei, wenn ihr in der Vergangenheit aufgrund einer Bonitätsauskunft der Beklagten etwa der Abschluss von Verträgen versagt worden sein sollte, nicht in der Lage wäre, ihren Schaden konkret zu beziffern. Das Vorliegen eines noch in der Entwicklung befindlichen materiellen Schadens hat die Klagepartei somit nicht konkret behauptet.
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Sollte der Antrag der Klagepartei dagegen dahingehend auszulegen sein, dass die Klagepartei die Rechtswidrigkeit sie betreffender künftiger Bonitätsauskünfte der Beklagten festgestellt haben möchte, so fehlt es nicht nur an einem Rechtsverhältnis, sondern zusätzlich an der Gegenwärtigkeit desselben. Es fehlt aber auch insoweit das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Mit einer Feststellung der Rechtswidrigkeit könnte die Klagepartei nicht mehr erreichen als mit einem Antrag auf Unterlassung künftigen Scorings bzw. künftiger Mitteilung von Scorewerten, die auf einer automatisierten Verarbeitung beruhen, an potentielle Vertragspartner.
3. Die übrigen Anträge sind zulässig, jedoch nicht begründet.
a) Antrag Ziff. II. auf Unterlassung der Erstellung automatisiert verarbeiteter Scores/Antrag Ziff. III. auf Unterlassung der Mitteilung von Scorewerten, die ausschließlich auf automatisierter Verarbeitung beruhen
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Soweit die Klagepartei begehrt, die Beklagte dazu zu verurteilen, die Erstellung des Bonitätsscores der Klagepartei nicht ausschließlich auf einer automatischen Verarbeitung beruhend vorzunehmen (Ziff. II), bzw. bei jeder Abfrage der SCHUFA-Scorewerte betreffend die Klagepartei ausschließlich Werte mitzuteilen, die nicht ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung beruhen (Ziff. III), so handelt es sich richtigerweise um Unterlassungsanträge.
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Die Klagepartei will erreichen, dass die Beklagte in Bezug auf ihre Person die Ermittlung von Scorewerten nicht mehr im automatisierten Verfahren durchführt und keine im automatisierten Verfahren ermittelten Werte an ihre Vertragspartner mitteilt. Es geht ihr also darum, dass es die Beklagte unterlässt, das sie betreffende Scoring in einer bestimmten Art und Weise durchzuführen. Die Beklagte weigert sich auch nicht, betreffend die Klagepartei überhaupt ein Scoringverfahren durchzuführen, sondern lediglich, auf die automatisierte Bearbeitung zu verzichten. Dass es sich richtigerweise um Unterlassungsanträge handelt, erkennt im Grunde auch die Klagepartei selbst an, wie sich auch aus den eigenen Ausführungen der Klagepartei auf Seite 29 oben (= Bl. 34 d.eA.) der Berufungsbegründung ergibt.
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aa) Ein solcher Anspruch ist nicht aus Art. 22 Abs. 1 DSGVO ableitbar. Nach Art. 22 Abs. 1 DSGVO hat die betroffene Person das Recht, nicht einer ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung – einschließlich Profiling – beruhenden Entscheidung unterworfen zu werden, die ihr gegenüber rechtliche Wirkung entfaltet oder sie in ähnlicher Weise erheblich beeinträchtigt.
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(1) Art. 22 Abs. 1 DSGVO gebietet nicht, wie von der Klagepartei begehrt, die automatisierte Verarbeitung bzw. die automatisierte Erstellung eines Scorewertes überhaupt zu unterlassen bzw. einen so ermittelten Wert nicht an einen Dritten weiterzugeben. Die Vorschrift gebietet lediglich, eine Person nicht einer Entscheidung zu unterwerfen, die zum einen ausschließlich auf einer automatisierten Entscheidung beruht und zum anderen der Person gegenüber rechtliche Wirkung entfaltet oder sie in ähnlicher Weise erheblich beeinträchtigt. Und diese Verpflichtung gilt auch nur dann, wenn kein Ausnahmetatbestand nach Art. 22 Abs. 2 DSGVO erfüllt ist.
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Auf Art. 22 Abs. 1 DSGVO kann damit denknotwendig kein Anspruch auf Unterlassung einer Erstellung eines Scorewertes auf Grundlage automatisierter Bearbeitung gestützt werden, wie es die Klagepartei in ihrem Antrag Ziff. II fordert. Allein die Erstellung eines Scores kann isoliert – ohne dass das Ergebnis dieser Erstellung von der Beklagten einem Verwender zur Kenntnis gebracht wird – gegenüber der Klagepartei keine rechtliche oder sonst geartete beeinträchtigende Wirkung entfalten. Es handelt sich um ein bloßes Internum ohne Außenwirkung.
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Nichts anderes kann für die Übermittlung derjenigen Scorewerte gelten, nämlich den Basisscorewert (der im Rahmen von Datenauskünften an den Betroffenen nach Art. 15 DSGVO erstellt wird) und den Orientierungswert (als ergänzende Information bei sogenannten zur Vorlage für Dritte gedachte Bonitätsauskünften), den die Beklagte nach ihren unwidersprochenen Angaben ausschließlich gegenüber dem Betroffenen selbst aus Transparenzgründen beauskunftet. Diese beiden Werte können Vertragspartner mangels Kenntnis schon nicht als maßgeblich bei einer Entscheidung zu Grunde legen.
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Sollte dagegen der Betroffene diese Werte selbst dem Vertragspartner zur Kenntnis bringen, wäre Art. 22 Abs. 1 DSGVO ohnehin nicht anwendbar, weil dann der Ausnahmetatbestand der Einwilligung nach Art. 22 Abs. 2 lit c DSGVO erfüllt wäre.
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(2) Auch soweit ein Scorewert an Dritte beauskunftet wird, knüpft das Unterlassungsgebot des Art. 22 Abs. 1 DSGVO nicht am Scoring als solchem an, sondern an den sich daran anschließenden Wirkungen in Form einer Entscheidung auf Grundlage des Scorewertes. Nichts anderes ergibt sich aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 07.12.2023, C – 634/21). Zwar lässt der EuGH unter Verweis auf eine nach ihrer Einschätzung drohende Rechtsschutzlücke beim externem Scoring (EuGH, Urteil vom 07.12.2023 – 6 C 634/21, NJW 2014, 413, Rn. 61) unter bestimmten Voraussetzungen bereits die Scoreberechnung unter Art. 22 Abs. 1 DSGVO fallen, so dass auch die Beklagte als Ersteller des Scorewertes Adressat dieser Norm sein kann. Es wird also gewissermaßen die Normadressatenstellung vom Entscheider zum Ersteller des Scores verschoben. Dies gilt aber eben nicht generell, sondern nur dann, wenn die Entscheidung des Vertragspartners, der den Scorewert anfordert, von dem Scorewert maßgeblich abhängt. Es kommt also darauf an, ob diejenige Person, die die Entscheidung trifft, noch eine Wahl bzw. ein eigenes Ermessen ausübt, bzw. weitere Gesichtspunkte außer dem Scorewert die Entscheidung beeinflussen.
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Der Gerichtshof führt weiter aus, dass die Anwendbarkeit der Vorschrift des Art. 22 Abs. 1 DSGVO von drei kumulativen Voraussetzungen abhänge.
- 1.
-
eine Entscheidung vorliegen müsse,
- 2.
-
diese Entscheidung ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung – einschließlich Profiling – beruhen müsse und
- 3.
-
sie „gegenüber (der betroffenen Person) rechtliche Wirkung“ entfalten oder sie „in ähnlicher Weise erheblich“ beeinträchtigen müsse.
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Zum Begriff der „Entscheidung“ führt der Gerichtshof unter Bezugnahme auf die Schlussanträge des Generalanwalts aus, dass dieser Begriff weit genug sei, um das Ergebnis der Berechnung der Fähigkeit einer Person zur Erfüllung künftiger Zahlungsverpflichtungen in Form eines Wahrscheinlichkeitswertes mit einzuschließen (EuGH, Urteil vom 07.12.2023 – 6 C 634/21, NJW 2014, 413 Rn. 43 ff.). Dies besagt, dass die automatisierte Scorewertberechnung durch die Beklagte grundsätzlich eine Entscheidung im Sinne von Art. 22 Abs. 1 DSGVO sein kann. Was die dritte Voraussetzung anbelangt, führt der Gerichtshof aus, ergebe sich bereits aus dem Inhalt der Vorlagefrage, dass das Handeln des Dritten, dem der Wahrscheinlichkeitswert übermittelt wird, „maßgeblich“ von diesem Wert geleitet werde. So liegt eine „automatisierte Entscheidung im Einzelfall“ im Sinne dieser Bestimmung vor, wenn ein auf personenbezogene Daten gestützter Wahrscheinlichkeitswert in Bezug auf deren Fähigkeit zur Erfüllung künftiger Zahlungsverpflichtungen durch eine Wirtschaftsauskunftsdatei automatisiert erstellt wird, sofern von diesem Wahrscheinlichkeitswert maßgeblich abhängt, ob ein Dritter, dem dieser Wahrscheinlichkeitswert übermittelt wird, ein Vertragsverhältnis mit dieser Person begründet, durchführt oder beendet.
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(3) Ob dies aber tatsächlich in allen oder auch nur in der Mehrzahl der Fälle von Kreditentscheidungen zutrifft, erscheint bereits wegen der besonderen Anforderungen an die Kreditwürdigkeitsprüfung, die z.B. §§ 505 a, 505 b BGB, § 18 a KWG aufstellen, sehr zweifelhaft (so auch Ziegenhorn, CR 2024, 586 (587). Denn diese Vorschriften geben vor, dass bei der Kreditvergabe eben nicht nur auf den Scorewert abzustellen ist, sondern auch andere Umstände einzubeziehen sind, wie etwa die Sicherung durch Grundpfandrechte, Einkommen oder Vermögen (in diesem Sinne auch Nink, WM 2024, 2222, 2227).
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Jedenfalls aber ist die maßgebliche Abhängigkeit der jeweiligen konkreten Entscheidung von dem übermittelten Wahrscheinlichkeitswert in jedem Einzelfall von den nationalen Gerichten zu prüfen und gerade nicht durch die Entscheidung des EuGH als erfüllt vorgegeben (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 50; so auch: Marsch/Kratz, NJW 2024, 392 ff. Rn. 18). Der EuGH hat zudem keine konkreten Vorgaben gemacht, wann von einer Maßgeblichkeit des Scorewerts für die spätere Kreditvergabe auszugehen ist (Kremer, CR 2024, 50, 54). Aufgrund der in jedem Einzelfall notwendigen Prüfung ist Art. 22 Abs. 1 DSGVO jedenfalls nicht geeignet, einen Anspruch auf generelle Unterlassung der Übermittlung von Scoringwerten, die auf automatisierter Datenverarbeitung beruhen, zu begründen.
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(4) Die Klagepartei hätte also darzulegen und zu beweisen, dass in allen Fällen eine sie betreffende Kreditentscheidung diese „maßgeblich“ bzw. allein von dem Scorewert geleitet wird bzw. geleitet werden wird. Zu bedenken ist hier bereits, dass wie die Beklagte unbestritten anführt, die Grundlagen der Berechnung mit beauskunftet werden, also im Falle der Klagepartei der Umstand, dass Zahlungsstörungen in der Vergangenheit aufgetreten sind. Die Richtigkeit dieser Daten bestreitet die Klagepartei nicht. Es erscheint aber naheliegend, dass ein Scorewert vor allem dann eine Rolle spielt, wenn gerade keine konkreten Erkenntnisse zum Zahlungsverhalten des potentiellen Kunden vorliegen. Liegen aber Erkenntnisse über (erhebliche) Zahlungsstörungen in der Vergangenheit vor, dürfte oft allein diese Information ausreichen, um einen Kredit abzulehnen, ohne dass es auf den Scorewert noch maßgeblich ankommt. Auf der anderen Seite wird ein negativer Scorewert nicht zwingend ins Gewicht fallen, wenn der Kunde entsprechende Sicherheiten, z.B. Grundpfandrechte, Bürgen etc. stellen kann bzw. ihm belegt ein regelmäßiges, gesichertes Einkommen zur Verfügung steht und erkennbar ist, dass der negative Scorewert auf dünner Datengrundlage beruht, also etwa keine Auskünfte über bisherige Darlehensverpflichtungen oder Zahlungsausfälle vorliegen. Ferner wird oft auch eine Rolle spielen, ob eine längere, ungestörte Geschäftsbeziehung vorliegt oder ob es um den Abschluss eines Neuvertrages mit einem völlig unbekannten Kunden geht. Auch das von der Klagepartei herausgestellte Risiko, dass die Beklagte ohne aussagekräftige Informationen zu Grunde legen zu können, einen Scorewert erstellt, ergibt sich beim Kläger wegen der vorliegenden Informationen nicht. Aus all diesen Gründen kann ein genereller Unterlassungsanspruch der Klagepartei nach Art. 22 Abs. 1 DSGVO, losgelöst von einer zugrundeliegenden, konkreten Entscheidung, nicht angenommen werden.
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(5) Außerdem werden Bonitätsauskünfte der Beklagten nicht nur im Falle der Beantragung von Krediten abgefragt. Im Falle einer Bonitätsprüfung im Versandhandel wird eine negative Bonitätsauskunft kaum jemals zur Vertragsablehnung führen, sondern allenfalls dazu, dass eben nur gegen Vorkasse und nicht auf Rechnung bestellt werden kann. Mithin wird lediglich eine Vorzugsbehandlung – wie die Ratenzahlungsmöglichkeit –, auf die es keinen Anspruch gibt, nicht gewährt.
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(6) Zu bedenken ist auch, dass der Gerichtshof die Ausdehnung des Begriffs der Entscheidung mit einer Verstärkung des wirksamen Schutzes der Vorschrift und zudem damit begründet, dass eine Auslagerung des Scorings und eine Personenverschiedenheit zwischen externem Dienstleister und Entscheider nicht zu einer Umgehung des Art. 22 Abs. 1 DSGVO führen dürfe, etwa weil die Auskunftspflichten nach Art. 15 DSGVO nur gegenüber dem Entscheider und nicht gegenüber dem Dritten bestünden oder die besonderen Anforderungen der Art. 22 Abs. 1-4 DSVGO ohne Ausweitung des Entscheidungsbegriffs nicht erfüllt werden müssten (EuGH, a.a.O. Rn. 59 ff.). Auch dies zeigt, dass Art. 22 Abs. 1 DSGVO unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Gerichtshofs keine taugliche Anspruchsgrundlage ist, um externes automatisiertes Scoring generell für unzulässig erklären wollte. Die Beklagte könnte stattdessen dafür Sorge tragen, dass die Entscheidung ihrer Vertragspartner künftig nicht mehr maßgeblich vom Scoringwert abhängt, indem sie sich von ihren Vertragspartnern vertraglich zusichern lässt, dass diese ihre Entscheidung nicht ausschließlich auf einen negativen Scorewert stützen, sondern jeweils zusätzliche Parameter berücksichtigen müssen (so Marsch/Kratz, NJW 2024, 392 Rn. 7; Nink, WM 2024, 2222, 2227).
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(7) Auch der Einwand, es würde an einer konkreten Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung fehlen, greift nicht. Als Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung durch die Beklagte kommen Art. 6 Abs. 1 lit a (Einwilligung) oder lit f (Wahrung berechtigter Interessen) DSGVO in Betracht. Insbesondere ist nach lit f eine Datenverarbeitung, die zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, rechtmäßig, sofern nicht die Interessen der Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann ein breites Spektrum von Interessen grundsätzlich als berechtigt gelten. Insbesondere diene die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die SCHUFA nicht nur ihrem eigenen wirtschaftlichen Interesse, sondern auch dem berechtigten Interesse der Vertragspartner der SCHUFA, die kreditrelevante Verträge abschließen wollen, an der Bewertung der Kreditwürdigkeit dieser Personen und damit den sozioökonomischen Interessen des Kreditsektors. Eine Verpflichtung zur Überprüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers ergebe sich aus mehreren Richtlinien. Hierdurch solle sowohl der Kreditantragsteller selbst geschützt, als auch das reibungslose Funktionieren des gesamten Kreditsystems gewährleistet werden. Hierzu seien die Abfrage von Datenbanken, wie von der Beklagten unterhalten, ein nützliches Element (EuGH, 07.1.2023, C 26/22 Rn. 83 ff). D.h. die Beauskunftung durch die Beklagte dient dem Schutz des Kreditgebers und des Finanzsystems, aber auch dem Schutz der Kunden. Zum einen dient sie dem Schutz des jeweiligen Antragstellers davor, dass er Zahlungsverpflichtungen eingeht, die er nicht erfüllen kann, also dem Schutz vor Überschuldung, zum anderen auch dem Interesse der Gesamtheit der Kunden, die Zahl der Zahlungsausfälle gering zu halten, weil dies wiederum eine Auswirkung auf Kreditkonditionen und Zinshöhe hat.
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Die Tätigkeit von Auskunftsdateien, wie sie die Beklagte betreibt, ist daher grds. aufgrund der hohen volkswirtschaftlichen Relevanz des Auskunftswesens gerechtfertigt (Plath/Struck in: Plath, DSGVO/BDSG/TTDSG, 4. Aufl., 2024, Art. 6 EUV 2016/679 Rn. 104). Zwar darf die Verarbeitung der Daten nicht über das zur Wahrnehmung der berechtigten Interessen Erforderliche hinausgehen und es hat eine Abwägung der jeweiligen einander gegenüber stehenden Rechte und Interessen, d.h. des Verantwortlichen und der beteiligten Dritten einerseits sowie die Auswirkung auf die Interessen der betroffenen Person andererseits, stattzufinden. Als betroffene Interessen der Person kommen hier insbesondere Art. 7 und 8 der Charta der Grundrechte, Achtung des Privat- und Familienlebens und Schutz personenbezogener Daten, in Betracht. Wie diese Abwägung ausfällt, ist aber grundsätzlich von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles abhängig, erfordert also immer eine Prüfung anhand der konkreten Daten, die in einem konkreten Fall verarbeitet wurden (EuGH, a.a.O. Rn. 79 ff.). Dies bedeutet, grundsätzlich kann die von der Beklagten durchgeführte Datenverarbeitung in Form von Speicherung und Scoring nach Art. 6 Abs. 1 f DSGVO gerechtfertigt und damit von einer Rechtsgrundlage gedeckt sein. Raum für den – klägerseits geltend gemachten – generellen Anspruch auf Unterlassung der Datenverarbeitung bzw. des automatisierten Scorings durch die Beklagte wegen grundsätzlicher Unzulässigkeit derselben besteht daher nicht.
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bb) Auch wenn unzulässige und nach Art. 22 Abs. 1 DSGVO zu unterlassene Übermittlungsvorgänge im Einzelfall denkbar sind, kann den Anträgen auch nicht teilweise stattgegeben werden, da die Klagepartei weder konkrete, auf jeden Fall unzulässige Verarbeitungs- bzw. Übermittlungsvorgänge benannt, noch die Ausnahmen in ihren Antrag aufgenommen, in denen die Übermittlung von automatisierten Scorewerten zulässig ist.
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Aus den genannten Gründen wäre auch der Feststellungsantrag (Ziff. I) hinsichtlich der Rechtswidrigkeit des automatisierten den Kläger betreffenden Scorings – selbst wenn man ihn nicht bereits als unzulässig ansehen wollte – nicht begründet. Das automatisierte Scoring ist – wie gesagt – nicht per se rechtswidrig.
c) Antrag Ziff. IV – Schadenersatz
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Die Klagepartei hat gegen die Beklagte ferner keinen Anspruch auf Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld gem. Art. 82 Abs. 1 DSGVO (Antrag Ziff. IV). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erfordert ein Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO einen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung, das Vorliegen eines materiellen oder immateriellen Schadens sowie einen Kausalzusammenhang zwischen Schaden und dem Verstoß, wobei diese Voraussetzungen kumulativ sind. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen trifft die Person, die auf Grundlage des Art. 82 DSGVO einen Schadensersatzanspruch geltend macht (BGH, Urteil vom 18.11.2024, VI ZR 10/24 Rn. 21).
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aa) Ein Verstoß gegen Art. 22 Abs. 1 DSGVO durch eine angebliche Ablehnung der Klarna Card und die Nichtgewährung eines Ratenkaufs bei einer Bestellung von Kleidern bei … und eine angebliche automatisierte Scoreabrage scheitert bereits an substantiiertem Sachvortrag. Ohne nähere Bezeichnung von Zeit, Ort, konkretem Vertragspartner und Inhalt des abzuschließenden Vertrags kann nicht beurteilt werden, ob überhaupt eine Entscheidung i.S. der EuGH-Rechtsprechung erfolgt ist. Es fehlt, wie auch im Übrigen, jeglicher Vortrag und Beweisantritt zu einem konkreten klägerseits angestrebten Vertragsschluss, der abgelehnt wurde und dessen Ablehnung maßgeblich auf einem von der Beklagten übermittelten Scorewert beruht bzw. Vortrag zu einer anderen Entscheidung, durch die die Klagepartei maßgeblich beeinträchtigt wurde und die auf einem ermittelten Scorewert beruht. Da im Wissen der Klagepartei steht, welche Verträge wann und mit wem geschlossen werden sollten und ob die jeweiligen Vertragsschlüsse und wenn ja unter welchen Konditionen zustande kamen, hätte diese unschwer vortragen und Beweis (z.B. durch Benennung des angestrebten Vertragspartners bzw. dessen sachbearbeitenden Mitarbeiters als Zeugen) stellen können.
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bb) Soweit sich die Klagepartei auf einen angeblichen Verstoß gegen die Auskunftspflichten nach Art. 15 DSGVO beruft, so erschließt sich bereits nicht, inwiefern ein Verstoß gegen die Auskunftspflichten ursächlich zu einem Schaden geführt haben soll. Hierzu trägt die Klagepartei auch nichts vor.
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cc) Auch ein Verstoß gegen Berichtigungsverpflichtungen aus Art. 16 DSGVO oder die Löschungsverpflichtung aus Art. 17 DSGVO kommt nicht in Betracht. Die Klagepartei trägt nicht vor, dass ihre Person betreffende unrichtige Daten, etwa eine Zahlungsstörung, die es gar nicht gab, bei der Beklagten gespeichert seien.
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dd) Keinen Verstoß gegen die DSGVO begründet schließlich die Tatsache, dass die Beklagte für die Klagepartei eine Scoringsperre eingerichtet hat, d.h. während des laufenden Verfahrens keine Scorewerte mitteilt, sondern lediglich die bei ihr gespeicherten Daten. Denn aus der DSGVO kann sich zwar (unter bestimmten Umständen) ein Recht auf Einschränkung der Verarbeitung ergeben (Art. 18 DSGVO), bzw. kann gestützt auf Art. 21 DSGVO einer Verarbeitung widersprochen werden. Ein Recht auf Verarbeitung von personenbezogenen Daten bzw. auf Verarbeitung von Daten in einer bestimmten vom Betroffenen gewünschten Art und Weise, ergibt sich aus der DSGVO jedoch nicht.
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ee) Auch dass die Beklagte bei der Verarbeitung betreffender Daten gegen Art. 5 oder Art. 6 DSGVO verstoßen hätte, ist von der für einen Verstoß darlegungs- und beweispflichtigen Klagepartei nicht dargetan. Wenn geltend macht werden soll, dass die Datenverarbeitung betreffend die Klagepartei und betreffend eine bestimmte Information in einem Einzelfall nicht durch Art. 5, 6 DSGVO gedeckt gewesen sei – etwa mangels Erforderlichkeit oder wegen ihrer die berechtigten Interessen der SCHUFA bzw. sonstiger Vertragspartner im konkreten Fall überwiegenden Rechte aus Art. 7 oder 8 der GRCh (siehe hierzu oben) – so muss hierfür ein konkreter Sachverhalt vortragen werden. Dies ist, wie oben angeführt, nicht geschehen. Die Klagepartei schildert keinen konkreten Sachverhalt, in dem das Scoring bzw. die Mitteilung von Scoring-Ergebnissen durch die Beklagte ihre Rechte verletzt haben soll bzw. ihre Interessen die Interessen der SCHUFA oder ihrer Vertragspartner überwogen hätten. Das Interesse der Klagepartei, einen guten SCHUFA-Wert zu haben und möglichst reibungslos kreditrelevante Verträge abschließen zu können, stellt kein Interesse dar, das in jedem Fall die Interessen Dritter überwiegt.
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ff) Ein Anspruch auf Schadensersatz ergibt sich auch nicht aus Art. 21 Abs. 2 Nr. 1 AGG. Wie oben ausgeführt, hat die Klagepartei keine Benachteiligung durch einen Verstoß gegen Art. 19 AGG substantiiert dargelegt, also etwa eine Benachteiligung aufgrund Alters und Geschlechts.
d) Antrag Ziff. V – Auskunft
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Der vom Kläger gestellte Anspruch auf Auskunftserteilung (Ziff. V) ist ebenfalls nicht begründet. Der grundsätzlich bestehende Auskunftsanspruch aus Art. 15 Abs. 1, 4 Abs. 1 Nr. 1 DSGVO ist durch Erfüllung, § 362 BGB, erloschen. Die erteilte Auskunft enthielt alle im elektronischen Datenbestand gespeicherten Daten und die in den letzten zwölf Monaten vor Erteilung der Auskunft mitgeteilten Scorewerte. Sie informierte auch über die das jeweilige Risiko in den einzelnen Datenarten. Weitergehende Auskünfte stehen der Klagepartei auch im Hinblick auf Art. 15 Abs. 1 lit. h DSGVO nicht zu. Die Klagepartei hat keinen Anspruch darauf, dass die Informationen dergestalt sind, dass er den Scorewert nachrechnen kann. Die Bekanntgabe der involvierten Logik nach Art. 15 Abs. 1 lit h DSGVO verlangt weder, den konkreten Algorithmus zu beauskunften, noch einzelne Datenfelder noch ihre genaue Gewichtung bei Berechnung des Scorewerts anzugeben (in diesem Sinne auch der Generalanwalt in ihren Schlussanträgen im Verfahren C 634/21, siehe hierzu: Klein, BB 2024, 266 ff.). Der Bekanntgabe des genauen Rechenwegs steht der Schutz des Geschäftsgeheimnisses und des geistigen Eigentums der Beklagten entgegen. Das geistige Eigentum und die unternehmerische Freiheit gehören ebenfalls zu den von der europäischen Grundrechtscharta geschützten Rechtsgütern (Art. 17 Abs. 2 GRCh, Art. 16 GRCh). Die Beklagte hat auf dieser Grundlage ein berechtigtes Interesse daran, den genauen Algorithmus nicht abzubilden, da die Ermittlung des Scorewertes dann ohne weiteres auch von Mitbewerbern oder Kunden kopiert werden könnte.
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Hinzu kommt, dass die beschriebenen erweiterten Auskunftspflichten nach Art. 15 Abs. 1 lit h DSGVO nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift ohnehin nur gelten, wenn überhaupt ein Fall einer automatisierten Entscheidungsfindung im Sinne von Art. 22 Abs. 1 und 4 DSGVO stattgefunden hat. Dass aber in Bezug auf ihre Person eine automatisierte Entscheidungsfindung in diesem Sinne stattgefunden hat, hat die Klagepartei gerade nicht dargelegt. Dies ergibt sich, wie bereits dargelegt, allein daraus, dass die Beklagte über die Klagepartei in der Vergangenheit Auskünfte und im automatisierten Verfahren erstellte Scoringwerte mitgeteilt hat, nicht. Einen konkreten Fall, in dem die Entscheidungsfindung eines Vertragspartners der Beklagten maßgeblich auf dem übermittelten Scorewert beruhte, hat die Klagepartei nicht dargelegt.
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Sofern es schließlich (nationale) Gesetzesvorhaben in Form einer beabsichtigten Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes dahingehend gibt, die Informationspflichten der Beklagten in der Zukunft zu erweitern, so spielt das für das vorliegende Verfahren keine Rolle. Dieses ist auf Grundlage der aktuell geltenden Gesetzeslage zu entscheiden.
e) Antrag VI – Unterlassung bestimmter Merkmale bei Erstellung der Scorewerte einzustellen
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Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Unterlassungsanspruch dahingehend, dass bei Erstellung und Übermittlung der SCHUFA-Scorewerte die im Antrag Ziff. VI genannten Merkmale, wie z.B. Alter und Geschlecht nicht einzubeziehen sind. Unbeschadet der Frage, ob §§ 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog als Vorschrift des nationalen Rechts überhaupt neben der DSGVO anwendbar ist (siehe hierzu Grüneberg, 85, Aufl., § 1004 Rn. 4), fehlt es bereits an der in § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB vorausgesetzten Wiederholungsgefahr. Die pauschale Behauptung, die Beklagte habe derartige Kriterien in Bezug auf die Klagepartei herangezogen, genügt nicht, da die Beklagte dies in Bezug auf den Kläger substantiiert bestritten hat.
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Sie hat dargelegt, unter welchen Umständen etwa der Wohnort überhaupt herangezogen wird (nämlich in Fällen, in denen keine anderen Informationen vorliegen), was bei der Klagepartei, wie sich bereits aus der erteilten Auskunft (Anlage K1) ergibt, gerade nicht der Fall ist. Dass sie Anschriften der Klagepartei in den letzten zwölf Monaten vor der ihm erteilten Datenauskunft (Anlage K 1) nicht verwendet habe, ergebe sich, so die Beklagte, auch bereits daraus, dass in der erteilten Auskunft in der Tabelle das Kürzel „n/v“ stehe (vgl. Klageerwiderung vom 26.02.2024 Rz. 62). Die Beklagte gibt weiter an, sie habe kein Scoreverfahren für das Bonitätsscoring verwendet, welches Alter oder Geschlecht wertend berücksichtigte. Auch die Klagepartei selbst lässt vortragen, dass etwa das Merkmal Anschrift zum einen nur im Versandhandel und zum anderen nur dann verwendet wird, wenn der Kunde, der bestellen möchte, bei der SCHUFA noch gar nicht bekannt ist. Gerade letzteres trifft auf die Klagepartei unstreitig nicht zu. Soweit diese weiter vorträgt, dass die Beklagte ihrer Scorewertberechnung regelmäßig veraltete Anschriftendaten zugrundelegen, so ist ein Bezug zum vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Insbesondere trägt die Klagepartei nicht vor, dass die Beklagte veraltete Anschriftendaten gespeichert oder verwendet hätte. Es wäre aber Sache der Klagepartei gewesen, vorzutragen und Beweis anzubieten, in welchem konkreten Fall solche ihn betreffenden Daten verwendet wurden. Der pauschale Vortrag, die Beklagte habe für den Kläger unter Berücksichtigung diskriminierender Merkmale Scorewerte erstellt, die negative Auswirkungen auf sein Geschäftsleben entfaltet hätten, reicht hierzu ebenso wenig, wie die Behauptung, die Erstellung sämtlicher Bonitätsscorewerte erfolge unter Zugrundelegung diskriminierender Faktoren. Deshalb hilft auch der Verweis auf Schaubilder und allgemeine Informationen der Beklagten über die Scorebildung nicht weiter.
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Zwar kann auch eine erstmals drohende Beeinträchtigung für einen Unterlassungsanspruch ausreichen. Voraussetzung wäre aber zumindest die Darlegung einer konkreten Gefährdung, dass die Beeinträchtigung tatsächlich eintreten wird (Grüneberg, a.a.O. Rn. 32). Auch diesbezüglich ist nichts vorgetragen. Die Voraussetzungen, unter denen die Beklagte die beanstandeten Merkmale nach ihren Angaben heranzieht, liegen bei der Klagepartei, wie bereits dargelegt, nicht vor. Das die Beklagte falsche Merkmale heranzieht oder die Voraussetzungen für die Heranziehung solcher Merkmale eintreten könnten, ist klägerseits nicht dargelegt. Aus denselben Gründen kommt auch kein Unterlassungsanspruch gestützt auf Art. 21 Abs. 1 S. 1 AGG in Betracht, da auch dieser voraussetzt, dass weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind.
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f) Soweit die Berufungsbegründung anführt, die Einrichtung einer Scoresperre stelle ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten dar, erschließt sich dies dem Senat nicht. Zur Begründung der Berufungsanträge ist dies jedenfalls nicht geeignet. Einen Antrag auf Aufhebung der Scoresperre und Wiederaufnahme des Scorings hat die Klagepartei jedenfalls in der Berufungsinstanz nicht gestellt. Ein solcher Antrag wäre, angesichts der Behauptung der Klagepartei, das Scoringverfahren der Beklagten sei rechtswidrig, auch widersprüchlich.
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g) Da die Klage in der Hauptsache erfolglos ist und war, besteht auch kein Anspruch auf Ersatz außergerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten.
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Es ist beabsichtigt, den Streitwert auf 10.000 € festzusetzen (Ziff. I, II, III: jeweils 1.000 €, Ziff. IV: 5.000 €, Ziff. V: 500 €, Ziff. VI: 1.500 €).
B. Weitere Voraussetzungen von § 522 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO
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Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, § 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil, § 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist nicht geboten, § 522 Abs. 2 Nr. 4 ZPO.
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Aufgrund obiger Ausführungen regt der Senat aus Kostengründen – eine Rücknahme der Berufung würde zu einer Kostenersparnis in Höhe von zwei Gerichtsgebühren führen, Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses – an, die Berufung zurückzunehmen.