Titel:
TDDDG – internationale Zuständigkeit – Arbeitgeberbewertung – Auskunftsanspruch – Nutzungsdaten – Bestandsdaten.
Normenketten:
TDDDG § 21 Abs. 2 S. 1
TDDDG § 21 Abs. 2 S. 2
Leitsatz:
Zu den Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs nach § 21 Abs. 2 Satz 2 TDDDG (hier: Auskunft über Daten von Nutzern einer Arbeitgeberbewertungsplattform).
Schlagworte:
TDDDG, internationale Zuständigkeit, Arbeitgeberbewertung, Auskunftsanspruch, Nutzungsdaten, Bestandsdaten
Vorinstanz:
LG Aschaffenburg, Beschluss vom 06.03.2025 – 31 O 43/25
Fundstelle:
GRUR-RS 2025, 14833
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragstellerin vom 20.03.2025 gegen den Beschluss des Landgerichts Aschaffenburg vom 06.03.2025 in Verbindung mit dem Nichtabhilfebeschluss vom 09.05.2025 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragstellerin macht einen Auskunftsanspruch nach § 21 TDDDG geltend.
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Die Antragstellerin ist ein Unternehmen, welches sich als Teil einer Unternehmensgruppe auf die Bereitstellung von …-Service spezialisiert hat und in diesem Zusammenhang technische Dienstleistungen und Lösungen im Bereich der …- und …-technologie anbietet.
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Die Beteiligte zu 1) betreibt unter anderem die Arbeitgeberbewertungsplattform www…..de. Aktuelle und ehemalige Mitarbeiter, Auszubildende sowie Bewerber können dort einen Arbeitgeber in verschiedenen vorgegebenen Kategorien bewerten. Die Bewertung erfolgt jeweils in Form einer „Sternebewertung“ von einem Stern bis zu fünf Sternen, wobei ein Stern die schlechteste Bewertung ist. Zu den Bewertungskategorien gehören beispielsweise „Arbeitsatmosphäre“, „Kollegenzusammenhalt“, „Work-Life-Balance“, „Vorgesetztenverhalten“, „Gleichberechtigung“, „Arbeitsbedingungen“, „Karriere/Weiterbildung“. Es besteht auch die Möglichkeit, die Bewertung des Arbeitgebers in Freitexten weiter auszuführen. Im Dezember 2024 veröffentlichte ein ehemaliger Angestellter der Antragstellerin auf der Plattform der Beteiligten zu 1) eine Bewertung mit der Überschrift „Der einzig fähige Leiter dieser Firma: ein Kupferkabel“ und der Gesamtbewertung ein Stern (Anlage AS 2). In der Kategorie „Vorgesetztenverhalten“ lautet diese:
„Gehört an die Kasse bei … oder eine Tankstelle, taugt für sonst aber rein gar nichts und jeder weiß es bis auf ihren Chef, der ist genauso unfähig. Die Zahlen sehen aber immer monatsfein aus, wenn man künstlich den Umsatz bremst, um immer gut und „leistungsfähig“ dazustehen während man den Vorstand an der Nase herumführt und Umsatz vertuscht.“
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Die in Irland ansässige Beteiligte zu 2) bietet für Nutzer in Deutschland verschiedene Online-Dienste an. Dabei ermöglicht die Beteiligte zu 2) auch Bewertungen von Nutzern von Orten, Unternehmen, Geschäften, Praxen und dergleichen, die dann etwa über den Dienst „Google Maps“ oder unter www.google.de, optisch getrennt von den Suchergebnissen der Google Websuche, auffindbar sind, wenn Nutzer nach der bewerteten Einrichtung suchen. Ebenfalls im Dezember 2024 veröffentlichte ein unbekannter Nutzer unter dem Pseudonym „X.“ eine negative Bewertung über die Antragstellerin auf der Plattform der Beteiligten zu 2 (Anlage AS 3).
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Die Antragstellerin verlangt mit ihrem Antrag vom 26.02.2025 von den Beteiligten zu 1) und zu 2) die Herausgabe verschiedener Daten (Name, Anschrift, E-Mail-Adresse, IP-Adresse des Nutzers, Upload-Zeitpunkt) betreffend die Verfasser der vorgenannten Bewertungen. Sie hat zur Begründung ihres Antrags in erster Instanz vorgetragen, durch den Inhalt der Bewertungen würden – insbesondere in der Gesamtschau – absolut geschützte Rechtsgüter der Antragsstellerin und ihrer Angestellten rechtswidrig verletzt. Beide Rezensionen auf den Plattformen der Beteiligten bezweckten einzig die Herabsetzung der Antragstellerin und ihrer Angestellten. Eine inhaltliche Auseinandersetzung in einer legitimen Sache sei offenkundig nicht beabsichtigt. Hierbei handelt es sich um rechtswidrige Schmähkritik. Zudem sei die Grenze zur strafbaren Beleidigung nach § 185 StGB überschritten, da die Äußerungen ehrverletzend seien. Die Äußerungen erfüllten zudem auch den Tatbestand der Verleumdung nach § 187 StGB, etwa da sie eine Manipulation von Geschäftszahlen unterstellten. Die Grenze einer sachlich berechtigten Kritik sei ganz offensichtlich überschritten. Neben den persönlichen Beleidigungen sei auch das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Antragstellerin betroffen.
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Die Antragstellerin hat in erster Instanz zuletzt beantragt,
- 1.
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Der Beteiligten zu 1 wird gestattet und diese verpflichtet, dem Antragssteller Auskunft zu erteilen über die bei ihr vorhandenen Bestandsdaten, insbesondere über den vollständigen Namen, die Anschrift, die E-Mail-Adresse und die IP-Adresse des Nutzers, der im Dezember 2024 die Bewertung mit der Überschrift „Der einzig fähige Leiter dieser Firma: ein Kupferkabel“ abgegeben hat, nebst genauem Upload-Zeitpunkt.
- 2.
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Der Beteiligten zu 2 wird gestattet und diese verpflichtet, dem Antragssteller Auskunft zu erteilen über die bei ihr vorhandenen Bestandsdaten, insbesondere über den vollständigen Namen, die Anschrift, die E-Mail-Adresse und die IP-Adresse des Nutzers, der im Dezember 2024 unter dem Pseudonym „X.“ die Bewertung abgegeben hat, nebst genauem Upload-Zeitpunkt.
- 3.
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Die Beteiligten werden im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Löschung der unter Antrag Nr. 1 und 2 bezeichneten Daten bis zum Abschluss dieses Verfahrens zu unterlassen.
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Das Landgericht hat den Antrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 06.03.2025 zurückgewiesen. Der hiergegen erhobenen Beschwerde der Antragstellerin vom 20.03.2025 hat es mit Beschluss vom 21.03.2025 nicht abgeholfen. Mit Senatsbeschluss vom 03.04. 2025 (6 W 5/25 e) hat der Senat die Nichtabhilfeentscheidung vom 21.03.2025 aufgehoben und die Sache zur erneuten Durchführung des Abhilfeverfahrens an das Landgericht zurückgegeben. Nach nunmehr erfolgter Beteiligung der Beteiligten zu 1) und zu 2) am Verfahren hat das Landgericht der Beschwerde mit Nichtabhilfebeschluss vom 09.05.2025 erneut nicht abgeholfen.
Die Zurückweisung des Antrags hat das Landgericht wie folgt begründet:
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Es könne dahinstehen, ob der Antrag auf gerichtliche Anordnung über die Zulässigkeit der Auskunftserteilung gegenüber der Beteiligten zu 2) in der Sache begründet wäre, weil das Landgericht für die Entscheidung über diesen Antrag nicht zuständig ist. Die internationale Zuständigkeit richte sich nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012, in deren sachlichen Anwendungsbereich das Verfahren nach § 21 Absatz 3 TDDDG falle. Nach der allgemeinen Vorschrift des Art. 4 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1215/2012 seien die irischen Gerichte zuständig, da die Beteiligte zu 2) ihren Sitz in Irland habe. Eine davon abweichende besondere oder ausschließliche Zuständigkeit sei nicht ersichtlich, insbesondere sei der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, Art. 7 Nr. 2 VO (EU) Nr. 1215/2012, nicht eröffnet.
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Die Anträge zu 1. und 2. seien von vornherein unbegründet, soweit die Antragstellerin die Herausgabe der IP-Adressen verlange, denn die Beteiligten schuldeten allenfalls Auskunft über Bestandsdaten, nicht aber über Nutzungsdaten wie eine IP-Adresse. Der Antrag zu 1. erweise sich im Übrigen als unbegründet, weil die Antragstellerin jedenfalls nicht Verletzte im Sinne des Art. 21 Absatz 2 Satz 2 TDDDG ist. Die Äußerungen in der auf der Online-Plattform „….de“ veröffentlichten Rezension richteten sich nicht gegen die Antragstellerin als Unternehmen, sondern gegen die Vorgesetzte des Bewerters, deren Vorgesetzte und die Arbeitskollegen des Bewerters. Ausdrücklich ausgenommen von seiner Kritik habe der Bewerter das gesellschaftsrechtliche Organ der Antragstellerin („Vorstand“), das angeblich „an der Nase herumgeführt “ und vor dem „Umsatz vertuscht“ werden soll. Das zeige, dass es dem Verfasser in erster Linie um die Kritik an den Mitarbeitern und nicht an der Antragstellerin gehe. Eine üble Nachrede (§ 187 StGB), liege nicht vor, weil die Bewertung keine Behauptung von Tatsachen enthalte, sondern lediglich Meinungsäußerungen.
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Soweit die Antragstellerin einen Auskunftsanspruch auf § 2 Absatz 2 Nummer 2, 21 Absatz 2, 1. Var. TDDDG stütze, sei hierfür nicht nur eine Verletzung absolut geschützter Rechte erforderlich. Vielmehr müsse diese Verletzung aufgrund rechtswidriger audiovisueller Inhalte erfolgt sein, also solchen, die sowohl Ton- als auch Bildinformationen vermitteln. Äußerungen auf einem Bewertungsportal wie die beanstandeten Äußerungen stellten somit keine audiovisuellen Inhalte dar.
Hiergegen bringt die Beschwerde vor:
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Der Entscheidung des Landgerichts sei rechtsfehlerhaft. Das Landgericht sei auch gegenüber der Beteiligten zu 2) zuständig, denn diese könne nach deutschem Recht als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Diese Störerhaftung führe dazu, dass der Auskunftsanspruch vorliegend aus § 21 TDDDG als „Nebenanspruch“ von Art. 7 Nr. 2 VO (EU) Nr. 1215/2012 erfasst gewesen sei.
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In der Sache mangele es der Antragstellerin weder an der „Verletzteneigenschaft“ noch seien die Äußerungen von der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gedeckt. Sie erfüllten vielmehr den Straftatbestand des § 185 StGB und des § 187 StGB.
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Die Antragstellerin sei „Verletzte“ im Sinne des TDDDG. Für Unternehmen wie die Antragstellerin sei anerkannt, dass diese beleidigungsfähig seien. Die Mitarbeiter der Antragstellerin seien hingegen nicht namentlich benannt worden auch nicht anhand der umschriebenen unpräzisen Tätigkeitsbeschreibungen individualisierbar. Eine Einzelperson könne den Auskunftsanspruch deshalb überhaupt nicht geltend machen, da sie ihre Verletzteneigenschaft nicht begründen könne. Vor diesem Hintergrund sei die Antragstellerin bei der Bewertung auf der Plattform der Beteiligten zu 1) – jedenfalls auch – als Verletzte anzusehen. Die Bewertung suggeriere, dass bei der Antragstellerin Personen tätig seien, die nicht hinreichend fähig sind, die erforderlichen Aufgaben fachgerecht erfüllen zu können. Daher liege ein hinreichender Unternehmensbezug oder „Kollektivbezug“ vor.
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Die Rezension auf der Plattform der Beteiligten zu 1) verfolge einzig und allein den Zweck, die Antragstellerin und ihre Angestellten herabzusetzen. Anhand der Bewertung sei nicht erkennbar, dass sich der Verfasser ernsthaft darum bemühe, sich auch nur ansatzweise inhaltlich mit der Sache auseinanderzusetzen. Es handele sich um rechtswidrige Schmähkritik und zugleich um eine Beleidigung im Sinne des § 185 StGB.
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Unabhängig von den vorstehend dargelegten Umständen seien die Beteiligten darüber hinaus auch nach §§ 2 Abs. 2 Nr. 2, 21 Abs. 2 Alt. 1 TDDDG dazu verpflichtet, der Antragstellerin Auskunft über die begehrten Bestandsdaten zu erteilen, denn die Antragstellerin sei in ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG verletzt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Beschwerdeschrift vom 20.03.2025 und den Schriftsatz vom 06.06.2025 ergänzend Bezug genommen.
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Die Antragstellerin beantragt im Beschwerdeverfahren:
1. Unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts Aschaffenburg vom 6. März 2025 (Az.: 31 O 43/25), der Beteiligten zu 1 zu gestatten und diese zu verpflichten, der Antragstellerin und gleichzeitig Beschwerdeführerin Auskunft zu erteilen über die vorhandenen Bestandsdaten, insbesondere über den vollständigen Namen, die Anschrift, die E-Mail-Adresse des Nutzers, der im Dezember 2024 die Bewertung mit der Überschrift „Der einzig fähige Leiter dieser Firma: ein Kupferkabel“ abgegeben hat, nebst genauem Upload-Zeitpunkt.
2. Unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts Aschaffenburg vom 6. März 2025 (Az.: 31 O 43/25), der Beteiligten zu 2 zu gestatten und diese zu verpflichten, der Antragstellerin und gleichzeitig Beschwerdeführerin Auskunft zu erteilen über die vorhandenen Bestandsdaten, insbesondere über den vollständigen Namen, die Anschrift, die E-Mail-Adresse des Nutzers, der im Dezember 2024 unter dem Pseudonym „X.“ die Bewertung abgegeben hat, nebst genauem Upload-Zeitpunkt.
3. Unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts Aschaffenburg vom 6. März 2025 (Az.: 31 O 43/25), die Beteiligten im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Löschung der unter Antrag Nr. 1 und 2 bezeichneten Daten bis zum Abschluss dieses Verfahrens zu unterlassen.
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Die Beteiligte zu 1) hat erklärt, sich den Ausführungen des Landgerichts vollumfänglich anzuschließen und beantragt,
die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Nichtabhilfebeschluss des LG Aschaffenburg (Az.: 31 O 43/25) vom 09. 05. 2025 zurückzuweisen.
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Die gemäß § 21 Abs. 3 Satz 8 TDDDG, §§ 58 ff. FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Entscheidung des Landgerichts ist frei von Rechtsfehlern. Der von der Antragstellerin geltend gemachte Auskunftsanspruch nach § 21 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei digitalen Diensten (TDDDG) besteht nicht.
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1. Richtigerweise hat das Landgericht seine internationale Zuständigkeit für die gegen die Beteiligte zu 2) gerichteten Ansprüche verneint und insbesondere mit Recht angenommen, der besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (Art. 7 Nr. 2 VO (EU) Nr. 1215/2012) sei vorliegend nicht eröffnet. Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Deliktsgerichtsstand für das Gestattungsverfahren auch dann eröffnet ist, wenn ein Antragsteller sich zur Begründung seines Auskunftsverlangens auf eine unerlaubte Handlung (auch) des Anbieters beruft, denn es liegt ein solcher Fall nicht vor. Zwar weist die Antragstellerin in ihrer Stellungnahme vom 06.06.2025 in allgemeiner Form darauf hin, dass die Beteiligte zu 2) nach deutschem Recht unter den Voraussetzungen der Störerhaftung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann. Dass die Voraussetzungen einer Störerhaftung im vorliegenden Fall erfüllt sind, macht sie jedoch schon nicht geltend (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 17. Dezember 2024 – 15 W 107/24, MMR 2025, 287 Rn. 5). Jeglicher konkreter Sachvortrag hierzu fehlt, auch in der vorgenannten Stellungnahme. Die Antragstellerin hat sich vielmehr zur Begründung ihres Auskunftsverlangens sowohl in ihrer Antragsschrift als auch in der Beschwerde nicht auf eine Störerhaftung der Beteiligten zu 2) berufen, sondern auf eine deliktische Haftung eines Dritten, die jedoch nicht zur Begründung der Zuständigkeit ausreichend ist (BGH, Beschluss vom 28. September 2023 – III ZB 25/21, NJW 2024, 514 Rn. 18 f.).
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Der Senat sieht daher keinen Anlass, inhaltlich auf die von dem Nutzer „X.“ abgegebene Bewertung einzugehen.
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2. Die Beschwerde muss ferner, wie das Landgericht richtigerweise erkannt hat, von vornherein erfolglos bleiben, soweit sich der Antrag auf die Herausgabe der IP-Adresse bezieht. Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 TDDDG schuldet die Beteiligte allenfalls Auskunft über die bei ihr vorhandenen Bestandsdaten, nicht aber über Nutzungsdaten. Bestandsdaten sind nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 2 Nr. 2 TDDDG die personenbezogenen Daten, deren Verarbeitung zum Zweck der Begründung, inhaltlichen Ausgestaltung oder Änderung eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Anbieter von Telemedien und dem Nutzer über die Nutzung von Telemedien erforderlich ist. Dazu gehören Name, E-Mail-Adresse und Telefonnummer des Nutzers, nicht aber die IP-Adresse, von der aus Inhalte hochgeladen wurden. IP-Adressen sind Nutzungsdaten im Sinne der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Nr. 3 TDDDG, wonach Nutzungsdaten die personenbezogenen Daten eines Nutzers von Telemedien [sind], deren Verarbeitung erforderlich ist, um die Inanspruchnahme von Telemedien zu ermöglichen und abzurechnen. Der Anspruch der Antragstellerin umfasst daher jedenfalls nicht die von ihr verlangte Auskunft über die beim Zugriff auf den Account genutzten IP-Adressen (Senatsbeschluss vom 17.12.2024 – 6 W 12/24 e, NJW-RR 2025, 614 Rn. 12 m.w.N.). Die Beschwerde erhebt insoweit auch keine ausdrücklichen Einwände.
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3. Die Antragstellerin kann jedoch auch nicht die Herausgabe von Bestandsdaten verlangen, da die Voraussetzungen für den Auskunftsanspruch nach § 21 Abs. 2 Satz 2 TDDDG nicht erfüllt sind.
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a) Nach dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung setzen die Gestattung der Auskunftserteilung und die korrespondierende Auskunftsverpflichtung – sofern nicht audiovisuelle Inhalte betroffen sind – voraus, dass der beanstandete Inhalt den Tatbestand einer der in der Bestimmung genannten Strafvorschriften erfüllt (BGH, Beschluss vom 11. März 2025 – VI ZB 79/23, WM 2025, 863 Rn. 18). Das Landgericht hat daher zutreffend die angebliche Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts der Antragstellerin als nicht anspruchsbegründend angesehen, da jedenfalls keine audiovisuellen Inhalte betroffen sind.
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b) Ohne Abwägung widerstreitender Grundrechtspositionen ist eine Äußerung nur rechtswidrig oder gar strafbar, wenn sie sich als Schmähung oder Schmähkritik, als Formalbeleidigung oder als Angriff auf die Menschenwürde darstellt. Eine Schmähung im verfassungsrechtlichen Sinn ist gegeben, wenn eine Äußerung keinen irgendwie nachvollziehbaren Bezug mehr zu einer sachlichen Auseinandersetzung hat und es bei ihr im Grunde nur um das grundlose Verächtlichmachen der betroffenen Person als solcher geht. Es sind dies Fälle, in denen eine vorherige Auseinandersetzung erkennbar nur äußerlich zum Anlass genommen wird, um über andere Personen herzuziehen oder sie niederzumachen (BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 2021 – 1 BvR 1073/20, NJW 2022, 680 Rn. 29; Senatsbeschluss vom 17.12.2024 – 6 W 12/24 e, NJW-RR 2025, 614 Rn. 14.). Die Voraussetzungen einer Schmähung oder Schmähkritik liegen im Streitfall ersichtlich nicht vor. Der Bewerter beschränkt sich schon in der Rubrik „Vorgesetztenverhalten“ nicht auf eine Verächtlichmachung seiner Vorgesetzten. Vielmehr äußert er anhand eines konkreten Beispiels, dem „künstlichen Bremsen des Umsatzes“, weshalb er diese für „unfähig“ hält. Damit findet aber eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Verhalten der Vorgesetzten jedenfalls in Ansätzen statt. Darüber hinaus finden sich in der Bewertung in anderen Rubriken weitere Äußerungen, die fern jeglicher Schmähung sind.
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c) Folglich ist für die beanstandete Äußerung eine abwägende Gewichtung der Beeinträchtigungen, die den betroffenen Rechtsgütern und Interessen drohen, vorzunehmen. Im Streitfall ist zwischen der Meinungsfreiheit und der „Geschäftsehre“ abzuwägen, wobei letztere den sozialen Geltungsanspruch von Kapitalgesellschaften als Wirtschaftsunternehmen und die wirtschaftliche Wertschätzung von Unternehmen vor unmittelbaren Beeinträchtigungen, die durch Verbreitung unwahrer Behauptungen über sie herbeigeführt werden, schützt (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 2020 – VI ZR 495/18, MDR 2020, 349 Rn. 34; Urteil vom 10. April 2018 – VI ZR 396/16, NJW 2018, 2877 Rn. 15; Urteil vom 4. April 2017 – VI ZR 123/16, NJW 2017, 2029 Rn. 16; Urteil vom 19. Januar 2016 – VI ZR 302/15, NJW 2016, 1584 Rn. 11 jeweils m.w.N.; Senatsbeschluss vom 17.12.2024 – 6 W 12/24 e, NJW-RR 2025, 614 Rn. 19.). Die Belange der Meinungsfreiheit finden dabei vor allem in § 193 StGB Ausdruck, der bei der Wahrnehmung berechtigter Interessen eine Verurteilung wegen ehrverletzender Äußerungen ausschließt. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass das Unternehmenspersönlichkeitsrecht nicht vorbehaltlos gewährleistet ist. Nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG wird es durch die verfassungsmäßige Ordnung einschließlich der Rechte anderer beschränkt. Zu diesen Rechten gehört auch die Freiheit der Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Auch diese ist nicht vorbehaltlos garantiert. Sie findet nach Art. 5 Abs. 2 GG ihre Schranken unter anderem in den allgemeinen Gesetzen und in dem Recht der persönlichen Ehre. Bei der Auslegung und Anwendung der datenschutzrechtlichen Vorschriften ist dies interpretationsleitend zu berücksichtigen, damit der wertsetzende Gehalt der vorgenannten Grundrechte auch auf der Rechtsanwendungsebene gewahrt bleibt. Dies zugrunde gelegt, ergibt sich für die im Streit stehenden Äußerung das Folgende:
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aa) Nach der Rechtsprechung des Senats stellt eine Bewertung, wie sie hier in Rede steht, beginnend mit der symbolischen Sternebewertung bis zum Anschluss des Textteils eine einheitliche, grundsätzlich nicht in Einzelteile aufspaltbare Meinungsäußerung dar (Senatsbeschlüsse vom 17.12.2024 – 6 W 12/24 e, NJW-RR 2025, 614 Rn. 22.; vom 14. Juni 2024 – 6 U 17/24 e, MDR 2024, 1517 Rn. 28 m.w.N.). Eine Verwirklichung des Tatbestands des § 187 StGB scheidet daher schon aus diesem Grund aus (BGH, Beschluss vom 11. März 2025 – VI ZB 79/23, WM 2025, 863 Rn. 19).
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bb) Die beanstandete Äußerung verwirklicht auch nicht den Straftatbestand des § 185 StGB.
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(1) Der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des Landgerichts an, dass jedenfalls nicht die Antragstellerin Verletzte einer Beleidigung ist, denn ehrenrührige Teile der beanstandeten Bewertung beziehen sich auf den oder die Vorgesetzte des Bewerters und dessen Vorgesetzten, die „nichts taugen“ oder „unfähig“ sind. Insoweit fehlt es an einem Angriff gerade auf die „Geschäftsehre“ der Antragstellerin.
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(2) Überdies erfordert die Annahme einer Beleidigung nach § 185 StGB auf der zutreffenden Sinnermittlung einer Äußerung aufbauend grundsätzlich eine abwägende Gewichtung der Beeinträchtigungen, die den betroffenen Rechtsgütern und Interessen, hier also der Meinungsfreiheit des Nutzers und dem sozialen Geltungsanspruch der Antragstellerin, drohen (BGH, Beschluss vom 11. März 2025 – VI ZB 79/23, WM 2025, 863 Rn. 27). Im Rahmen der Abwägung hat das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Antragstellerin im Streitfall allerdings hinter dem Recht auf Meinungsfreiheit des bewertenden Nutzers zurückzutreten. Die Äußerung ist Teil einer auf einem Arbeitgeberbewertungsportal abgegebenen Bewertung, bei der der unbefangene Durchschnittsrezipient typischerweise eine Wiedergabe der subjektiven Einschätzungen des Bewertenden erwartet (BGH, Beschluss vom 11. März 2025 – VI ZB 79/23, WM 2025, 863 Rn. 25; Urteil vom 4. April 2017 – VI ZR 123/16, NJW 2017, 2029 Rn. 33). Daher kann der Bewertung nicht der Sinngehalt beigemessen werden, der Bewerter lege der Antragstellerin Straftaten wie Bilanzmanipulation o.Ä. zur Last. Der Gesamtzusammenhang mit der offenkundig deutlich überspitzen, satirischen Überschrift der Bewertung macht auch deutlich, dass es dem Bewerter nicht darum geht, anhand objektiver Maßstäbe „dem Opfer“ ganz oder in erheblichem Umfang die Fähigkeit abzusprechen, den ausgeübten und erlernten Beruf auszufüllen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 21 Abs. 3 Satz 7 TDDDG. Diese Vorschrift geht der allgemeinen Kostenregelung in § 81 FamFG vor, sodass eine abweichende Kostenentscheidung nicht möglich ist (Senatsbeschluss vom 17.12.2024 – 6 W 12/24 e, juris Rn. 82, insoweit nicht abgedruckt in NJW-RR 2025, 614).
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Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG (Senatsbeschluss vom 17.12.2024 – 6 W 12/24 e, juris Rn. 83, insoweit nicht abgedruckt in NJW-RR 2025, 614; vgl. auch BGH, Beschluss vom 11. März 2025 – VI ZB 79/23, juris, Tenor nicht abgedruckt in WM 2025, 863).
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Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.