Titel:
Dreijährige Speicherfrist nach Forderungsausgleich als DSGVO-konformer Interessenausgleich
Normenketten:
DSGVO Art. 6 Abs. 1 lit. f, Art. 17 Abs. 1 lit. a, lit. d, Art. 21 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2, § 1004 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die Speicherung und Weiterverarbeitung personenbezogener Daten durch eine Auskunftei für drei Jahre nach Ausgleich einer Forderung ist auf Grundlage von Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO rechtmäßig, weil dies zur Wahrung berechtigter Interessen der Auskunftei und ihrer Vertragspartner an der Auskunftserteilung über die Kreditwürdigkeit der betroffenen Person dient, ohne dass überwiegende Interessen des Betroffenen dem entgegenstehen. (Rn. 15 – 19, 23 und 28 – 32) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Löschungsanspruch gem. Art. 17 Abs. 1 lit. a oder lit. d DSGVO besteht nicht, wenn die Datenverarbeitung rechtmäßig erfolgte und weiterhin erforderlich ist. Die bloße Tilgung der Forderung beseitigt das berechtigte Interesse an der Speicherung nicht. (Rn. 22 – 24, 35 – 37 und 40 – 41) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die dreijährige Speicherfrist nach Ausgleich einer Forderung ist mit der DSGVO vereinbar, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für eine abweichende Bewertung im Einzelfall vorgetragenen wurden oder sonst ersichtlich sind. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die DSGVO selbst hierzu keine Regelung trifft, sich diese Frist an dem genehmigten Verhaltenskodex eines Fachverbands orientiert, zudem Auskünfte nur gegenüber den Vertragspartnern erteilt werden und dies erst bei Darstellung eines berechtigten Interesses erfolgen kann. Es handelt sich damit dem Grunde nach einem sachgerechten Ausgleich zwischen den betroffenen widerstreitenden Interessen. (Rn. 42 – 46) (redaktioneller Leitsatz)
4. Allein der Umstand, dass der Betroffene durch den Eintrag Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche oder Kreditaufnahme erfährt, stellt keine atypische besondere Schutzwürdigkeit i.S.d. Art. 21 Abs. 1 DSGVO dar und begründet kein Widerspruchsrecht mit Löschungsfolgen. (Rn. 48 – 49) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Datenverarbeitung, Kreditwürdigkeit, Bonitätsauskunft, Speicherfristen, Löschungsanspruch, Berechtigtes Interesse, Zahlungsfähigkeit
Rechtsmittelinstanz:
OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 11.06.2025 – 3 U 383/25
Fundstelle:
GRUR-RS 2025, 13550
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500,00 € abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Klägerin macht der Beklagten gegenüber einen Anspruch auf Löschung eines Eintrages in ihrem Register geltend.
2
In der Datenbank der Beklagten finden sich 2 Einträge der über Zahlungsschwierigkeiten der Klägerin aus den Jahren 2019 und 2021. Es handele sich dabei um Beträge in Höhe von 201,30 € sowie letztlich knapp 100,00 €. Diese wurden am 03.08.2023 sowie 07.05.2024 erledigt.
3
Die Klägerin hat am 09.07. und 09.08.2024 die Löschung sowie die Berichtigung des Scorewertes der Beklagten verlangt. Die Beklagte hat dies am 11.07. sowie 14.08.2024 abgelehnt.
4
Die entsprechenden Dateneinträge wurden an weitere Kunden der Beklagten weitergegeben.
5
Die Klägerin behauptet, sie habe einen Anspruch auf Löschung, Unterlassung und Berichtigung der entsprechenden Daten.
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Es bestehe nur ein geringes Gewicht der Beklagten an der Verarbeitung der Daten, zumal die entsprechenden Forderungen bereits erledigt seien.
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Dagegen bestünde seitens der Klägerin ein hohes Gewicht an der Löschung dieser Daten. Die Klägerin nämlich habe aufgrund der Eintragungen Probleme bei der Kreditvergabe sowie der Wohnungssuche. Schließlich sei hierdurch auch ihr Persönlichkeitsrecht verletzt.
8
Daneben müsse man hinsichtlich der Datenspeicherung auch eine Vergleichbarkeit mit Einträgen aus dem Schuldnerverzeichnis heranziehen.
9
Die Klägerin beantragt deshalb:
- Die Beklagte wird verurteilt, den Eintrag über die Erledigung der früheren Forderung oder der bei der Beklagten geführten Kto.-Nr. gegen die Klägerseite vom 02.08.2023 und alle damit zusammenhängenden Einträge aus der über die Klägerseite geführten Kartei zu löschen.
- Die Beklagte wird verurteilt, den Eintrag über die Erledigung der früheren Forderung unter der bei der Beklagten geführten Kontonummer gegen die Klägerseite vom 07.05.2024 alle damit zusammenhängenden Einträge aus ihrer über die Klägerseite geführten Kartei zu löschen.
- Die Beklagte wird verurteilt, die bei ihr geführten Score-Werte, mit denen sie die Kreditwürdigkeit der Klägerseite bewertet, nach erfolgter Löschung zu berichtigen.
- Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise an ihrem gesetzlichen Vertreter (Vorstand) zu vollstreckender der Ordnungshaft, oder einer an ihrem gesetzlichen Vertreter (Vorstand) zu vollstreckende Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zwei Jahren, zu unterlassen, jegliche Einträge bezüglich der früheren Forderung unter der bei der Beklagten geführten Kontonummer gegen die Klägerseite, die am 02.08.2023 als erledigt gekennzeichnet wurde, erneut zu speichern oder anderweitig zu verarbeiten sei.
- Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000,00 €, ersatzweise an den gesetzlichen Vertreter (Vorstand) zu vollstreckende Ordnungshaft, oder einer an ihren gesetzlichen Vertreter (Vorstand) zu vollstreckende Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, jegliche Einträge bezüglich der früheren Forderung unter der bei der Beklagten geführten Kto.-Nr. gegen die Klägerseite, die am 08.05.2024 als erledigt gekennzeichnet wurde, erneut zu speichern oder anderweitig zu verarbeiten.
- Die Beklagte wird verurteilt, die außergerichtlichen Kosten der Klägerseite in Höhe von 973,66 € an diese zu zahlen.
Klageabweisung und bringt vor, dass die Informationen aus dem Datenbereich immer relevant seien, da eine Zahlungsstörung bei der Klägerin vorgelegen habe.
Es seien keine besonders zu berücksichtigenden Auswirkungen für die Klägerin konkret dargetan worden.
Die Klage sei zum Teil unzulässig wegen fehlendem Rechtsschutzbedürfnisses.
Es bestünde kein Löschungsanspruch wegen vermeintlich fehlender Rechtmäßigkeit der Eintragung.
Auch gebe es kein Löschungsanspruch wegen fehlender künftiger Notwendigkeit.
Auch sei kein Löschungsanspruch gegeben wegen einer besonderen Situation seitens der Klägerin.
Daneben bestehe kein Anspruch auf Unterlassung und Wiederherstellung des Score-Wertes.
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Auf den weitergehenden Vortrag der Parteien in den gewechselten Schriftsätzen vom 22.08.2024, 13.12.2024, 20.01.2025, 22.01.2025, 02.12.2024 und 20.01.2025 wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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Der Klägerin steht weder ein Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Einträge nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO noch ein Anspruch auf Berichtigung gemäß Art. 16 DSGVO zu.
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Daneben besteht auch kein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 2 BGB .
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1. Die Daten sind durch die Beklagte nicht unrechtmäßig verarbeitet worden, da das Interesse der Beklagten im Sinne von Art. 6 Abs. 1 f DSGVO das heutige Interesse der Klägerin überwiegt.
16
Es handelt sich damit nicht um unrechtmäßig verarbeitete personenbezogene Daten. Die sich auf die Klägerin beziehenden Daten wurden nicht unrechtmäßig, sondern zur Wahrung der berechtigten Interesse jedenfalls von Dritten verarbeitet, ohne dass die schutzwürdigen Interessen der Klägerin überwiegen. Die Beklagte verarbeitete die Daten, indem Sie diese nach Art. 4 Nummer 2 DSGVO erhob, erfasste, darstellte, ordnete und speicherte. Die Verarbeitung erfolgte und erfolgt weiterhin rechtmäßig.
17
Die Verarbeitung durch die Beklagte erfolgte aus dem zwischen den Parteien anwendbaren Art. 6 Absatz 1 f DSGVO zur Wahrung ihrer eigenen sowie die berechtigten Interessen zumindest ihrer Vertragspartner als Dritte, ohne dass überwiegende Interessen der Klägerin dem entgegenstehen würden.
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Die Datenverarbeitung durch die Beklagte in Form der Speicherung erfolgte zunächst im Interesse der Beklagten selbst als allgemeine Grundlage für ihr Geschäftsmodell. Darüber hinaus diente die Speicherung auch und insbesondere den Interessen von Vertragspartnern der Beklagten als potentielle Kreditgeber der Klägerin. Diese und die darauf beruhende Übermittlung der angefragten Daten, ebenfalls Verarbeitung iSv Art. 4 Nummer 2 DSGVO, sind zur Wahrung dieser berechtigten Interessen erforderlich, da die anfragenden Kunden das Vertragsverhalten auch für die eigene, potentiell beabsichtigte Geschäftsbeziehung zur Klägerin offensichtlich für vertragsrelevant halten. Im weitesten Sinne dienen die Speicherung und die darauf basierende Möglichkeit zur Ermittlung der von der Beklagten gespeicherten Daten, darüber hinaus sogar dem Interesse der Allgemeinheit (OLG Stuttgart, ZVI 2022, 386).
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Bei der Beklagten handelt es sich um eine Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung, ein Warnsystem der Kreditwirtschaft, dessen gerichtsbekannte Aufgabe es nach dem unstreitig gebliebenen Vortrag der Beklagten ist, den Vertragspartnern Informationen zur Verfügung zu stellen und sie vor Verlusten im Kreditgeschäft natürlicher Personen zu schützen. Die Beklagte speichert die übermittelten Daten im sogenannten SCHUFA-Eintrag, um daraus den Vertragspartnern wiederum Informationen zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Kunden geben zu können. Das berechtigte Interesse ergibt sich damit schon aus der Beteiligung an einem solchen Warnsystem. Es ist aber nicht ersichtlich, dass vorliegend ein solches Interesse an der Ermittlung der konkreten Daten ausnahmsweise nicht gegeben sein könnte. Das gerade die Mitteilung der Daten zu einem nichterfüllten Titel von erheblicher Bedeutung für das Kreditsystem ist, liegt auf der Hand, da diesen Zustand unabhängig von der Höhe der titulierten Forderung Rückschlüsse auf die Zahlungsunfähigkeit oder auf die Zahlungsunwilligkeit des Schuldners zulässt (OLG Düsseldorf, ZD 2015, 336).
20
Zwar ist vorliegend ein Vollstreckungstitel der Klägerin gegenüber nicht gegeben. Dies aber ist ohne Bedeutung. Das berechtigte Interesse im Sinne des BDSG ist nämlich nicht vom Vorliegen eines Vollstreckungstitels des Forderunginhabers abhängig (Kammergericht ZD 2020, 474).
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2. Ein Löschungsanspruch der Klägerin gemäß Art. 17 DSGVO besteht nicht, als die Voraussetzungen des 17 Abs. 1 DSGVO durchwegs nicht gegeben sind.
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Ein Löschungsanspruch wegen fehlender Rechtsmäßigkeit gem. Art. 17 Abs. 1 Nummer d DSGVO ist nicht gegeben.
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Die Übermittlung der Daten war zunächst nach Art. 6 Abs. 1 f DSGVO rechtmäßig. Es ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die Beklagte solche Einträge nach dem Ausgleich der Forderung noch für drei Jahre speichern darf, um ihren Vertragspartnern Auskunft darüber geben zu können, ob aus den vergangenen drei Jahren noch Einträge vorliegen (OLG Stuttgart, a.a.O.).
24
Die Datenverarbeitung erfolgte zunächst im Interesse der Beklagten als allgemeine Grundlage für ihr Geschäftsmodell.
25
Unter dem Begriff der berechtigten Interessen sind grundsätzlich die auf ihre Beziehungen zu den Verantwortlichen beruhenden vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person zu verstehen, wobei es sich grundsätzlich um jedes rechtliche, wirtschaftliche oder ideelle Interesse handeln kann (OLG München, GRUR-RR 2019, 137).
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Die Beklagte ist eine Gemeinschaftseinrichtung der kreditgebenden Wirtschaft, zu deren Aufgaben es gehört, die Vertragspartner mit Auskünften über die Beurteilung der Kreditwürdigkeit von potentiellen oder bestehenden Kunden kreditrelevanter Geschäfte zu unterstützen. Damit besteht immer ein Interesse der Beklagten an der Speicherung der Daten.
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Ihre Speicherung ist auch erforderlich, weil die Beklagte ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden in Form von Anfragen zur Bonität des Klägers mangels vollständiger Datengrundlage sonst nicht erfüllen könnte (OLG Frankfurt, BeckRS 2023, 563).
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Darüber hinaus dient die Speicherung auch und insbesondere den Interessen von Vertragspartnern der Beklagten als potentielle Kreditgeber der Klägerin.
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Die Speicherung der Daten bildet die Datengrundlage für erbetene Auskünfte dieses umgrenzten Personenkreises und der Darlegung eines berechtigten Interesses, was bei einer konkret beabsichtigten Geschäftsbeziehung zur Klägerin regelmäßig gegeben ist.
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Die darauf beruhende Übermittlung der angefragten Daten ist zur Wahrung dieser berechtigten Interessen erforderlich, da die anfragenden Kunden das frühere Zahlungsverhalten auch für die eigene, potentiell beabsichtigte Geschäftsbeziehung zur Klägerin offensichtlich benötigen. Andererseits würden sie eine Auskunft über derartige, von der Beklagten typischerweise gespeicherten Daten nicht einholen.
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Diese Auskünfte sind erforderlich, um die Informationsdisparität zwischen Kreditgebern und Kreditnehmern auszugleichen. Andernfalls wären die Kreditgeber ausschließlich auf die eigenen Angaben potentieller Kreditnehmer angewiesen. Die Ermittlung der Kreditwürdigkeit, zu der die Kreditinstitute nicht nur aus allgemeinem Interesse verpflichtet sind und die Erteilung von Kreditauskünften bilden das Fundament des deutschen Binnenwesens und dienen auch der Funktionsfähigkeit der Wirtschaft sowie dem Schutz der Verbraucher vor Verschuldung (OLG Frankfurt, a.a.O.).
32
Unter Beachtung dieser Umstände ist ein Überwiegen der Interessen der Klägerin nicht ersichtlich.
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Der Umstand, dass bezüglich der Klägerin zwei Einträge der wegen Zahlungsschwierigkeiten bestehen, deren endgültige Erledigung erst am 07.05.2024 erfolgte, hat einen unmittelbaren Bezug zu ihrer Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit. Die Informationen über die Zahlungsstörung der Klägerin, welche den streitgegenständlichen Eintrag verdeutlichen, ist für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Klägerin von erheblicher Bedeutung. Er zeigt nämlich auf, dass die Klägerin eine nicht bedeutende Forderung zunächst über eine erhebliche Dauer von mehr als vier Jahren nicht begleichen konnte oder wollte.
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Das Vorliegen einer zunächst nicht erfüllten Forderung lässt unabhängig von ihrer Höhe Rückschlüsse auf die Zahlungsfähigkeit, aber auch Zahlungswilligkeit des Schuldners zu und ist damit von erheblicher Bedeutung für das Kreditsicherungssystem (OLG Frankfurt, a.a.O.).
35
Auch ein Löschungsanspruch gem. Art. 17 Absatz 1 a DSGVO ist nicht gegeben.
36
Die weitere Speicherung der Beklagten für den Zeitraum von mehr als sechs Monaten nach Tilgung der Forderung hinaus ist nicht unverhältnismäßig und erfüllt weiterhin eine zulässige Warnfunktion. Eine vollständige Löschung wegen fehlender Notwendigkeit kann die Klägerin nicht verlangen.
37
Die Notwendigkeit der Speicherung ist nicht deshalb entfallen, weil die Forderung mittlerweile getilgt wurde. Die Vorschriften zu den Löschungsfristen des Schuldnerverzeichnis gemäß §§ 882 b ff ZPO sind nicht entsprechend anwendbar (OLG Frankfurt, a.a.O.). Es liegt keine ungerechtfertigte oder sinnwidrige Ungleichbehandlung von Einträgen, die aus dem Schuldnerverzeichnis übernommen werden und anderen Einträgen vor. Denn es handelt sich um unterschiedlich gelagerte Sachverhalte. Im Schuldnerverzeichnis wird nicht bereits das bloße Vorliegen eines Vollstreckungstitels eingetragen, sondern nach § 882 b Abs. 1 Nummer 1 bis 3 ZPO werden Eintragungen nur in den dort bestehenden Fällen vorgenommen. Die Eintragung nach § 882 c ZPO ist Teil des Vollstreckungsverfahrens und setzt eine besondere Eintragungsanordnung des Gerichtsvollziehers voraus. Im Gegensatz dazu beruht die Eintragung in anderen Fällen in der Regel auf der Meldung eines Gläubigers. Die Löschung des Eintrages im Schuldnerverzeichnis erfolgt entweder taggenau nach drei Jahren oder vorzeitig, wenn die Löschung des Eintrags in das Schuldnerverzeichnis durch das Zentrale Vollstreckungsgericht mitgeteilt wird. Dies setzt eine besondere Löschungsanordnung des Zentralen Vollstreckungsgerichts voraus, den Erlass der Eintragung der Schuldner mit Wegfall des Eintragungsgrundes gegenüber dem Zentralen Vollstreckungsgericht nachzuweisen hat.
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Einem Schuldnerverzeichnis vergleichbare Situation ist bei der Speicherung und Verarbeitung von Daten durch die Beklagte nicht gegeben. Diese erteilt nur den Vertragspartnern und auch diesen erst bei berechtigtem Interesse Auskünfte, wobei ein solches „berichtigtes Interesse“ unter anderem vorliegt, wenn Unternehmen gegenüber den betreffenden Schuldnern wegen Dienstleistungen und Lieferung in Vorleistung geht und damit ein wirtschaftliches Risiko trägt. Damit ist zum einen der Kreis an potentiellen Auskunftsberechtigten gegenüber demjenigen des Schuldnerverzeichnisses deutlich geringer und zum anderen wird eine Auskunft von der Beklagten als privatrechtliche juristische Person an diesen übersehbaren Kreis bestimmten Konstellationen, nämlich bei einer finanziellen Vorleistung gegenüber dem Schuldner aufgrund eines erkennbaren Interesses erteilt. Für eine entsprechende Anwendung der Vorgaben für Einträge aus dem Schuldnerverzeichnis besteht angesichts dessen kein Raum.
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Die Vorschriften zur Löschung von Eintragungen im Schuldnerverzeichnis können von daher nicht auf Eintragung und Speichern bei der Beklagten übertragen und angewendet werden, da die Situation bei Speicherung und Verarbeitung von Daten durch die Beklagte anders gelagert ist.
40
Die späte Erledigung der zugrundeliegenden Forderung ändert nichts an den berechtigten Interessen an der Speicherung der streitgegenständlichen Information oder der Notwendigkeit der Speicherung und damit auch nicht an der Rechtmäßigkeit der Speicherung. Der Erledigungsvermerk zeigt den Vertragspartnern der Beklagten, dass sich die zugrundeliegende Forderung zum entsprechenden Zeitpunkt zugunsten der Klägerin erledigt hatte. Auch dieser Umstand aber kann von potentiellen Vertragspartnern der Klägerin bei der Prüfung zur Bonität berücksichtigt werden.
41
Die bloße Erledigung einer Forderung kann danach aber keine Löschung des entsprechenden Eintrages rechtfertigen.
42
Auch eine Speicherdauer von drei Jahren begegnet keinen Bedenken. Die Dauer der Speicherung von drei Jahren, die durch den Verband der Wirtschaftsauskunft e.V. herausgegebenen Verhaltensregeln festgesetzt wurde, ist rechtmäßig und begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken.
43
Die DSGVO enthält für Dauer einer Speicherung von personenbezogenen Daten keine konkreten Regelungen, weshalb die Rechtmäßigkeit der weiteren Verarbeitung allein an das Kriterium der Notwendigkeit und damit an eine Abwägung im Einzelfall anknüpft. Das für die Beklagte durch den vom Verband der Wirtschaftsauskunft e.V. herausgegebenen Code of Conduct stellt sich als Selbstverpflichtung der Mitglieder dar und wurde von der zuständigen Datenschutzbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen genehmigt.
44
Die enthaltenen Regelungen bieten dabei keine eigene weitere materielle Rechtsgrundlage für die Dauer der Datenspeicherung, werden aber grundsätzlich als im Regelfall beachtlicher und sachgerechter Interessenausgleich zwischen den Beteiligten für den Datenschutz angenommen, weil eine an grundsätzlicher Erforderlichkeit orientierte Speicherung von Informationen herangezogen und anerkannt ist, keine konkreten Anhaltspunkte für eine abweichende Bewertung im Einzelfall vorgetragenen oder sonst ersichtlich sind (OLG Brandenburg, BeckRS 2023, 1639; OLG Köln, ZD 2022, 233).
45
Die Klägerin hat vorliegend keine Gründe vorgetragen, die erheblich von den typischerweise bei dem Schuldner nach Tilgung seiner Verbindlichkeiten vorliegende Situation abweichen würden. Die 3-Jahres-Frist begegnet damit keine grundsätzlichen Bedenken, zumal weiter zu berücksichtigen ist, dass Auskünfte nur gegenüber den Vertragspartnern erteilt werden und dies erst bei Darstellung eines berechtigten Interesses erfolgen kann.
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Darüber hinaus ist die Frist durch den Code of Concut verbindlich abgestimmt und festgelegt und von der zuständigen Aufsichtsbehörde genehmigt.
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Auch ein Löschungsanspruch gemäß Art. 17 Absatz 1 c DSGVO besteht nicht.
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Dabei wäre erforderlich, dass die betroffene Person nach Art. 21 Abs. 1 DSGVO Widerspruch gegen die Verarbeitung eingelegt hätte und keine vorrangingen berechtigten Gründe für die Verarbeitung vorliegen. Um die Wertung des Art. 6 Absatz 1 f DSGVO nicht zu umgehen, muss eine atypische Situation rechtlicher, wirtschaftlicher, ethischer, sozialer, gesellschaftlicher und politischer Natur vorliegen. Es müssen konkrete Umstände des Einzelfalls eine besondere Schutzwürdigkeit des Betroffenen begründen.
49
Solche Gründe hat die Klägerin nicht vorgetragen. Der von ihr dargelegte Umstand, dass Schwierigkeiten bei einer Kreditaufnahme und der Wohnungssuche bestünden, ist nicht Folge einer besonderen atypischen Situation, sondern typische Folge einer Bonitätsauskunft.
50
Auch die Abwägung des klägerischen Interesses an der Teilnahme am Wirtschaftsverkehr und der Löschung des Eintrages an einer getilgten Zahlungsforderung beseitigt nicht das berechtigte Interesse der Beklagten an der Speicherung der Daten über einen Zeitraum von drei Jahren.
51
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich um eine Forderung handelte, die vergleichsweise gering war und die die Klägerin zunächst nicht bedienen konnte und erst in der Folge nach längerer Zeit bedient werden konnte.
52
Gerade dies kann für potentielle Vertragspartner der Klägerin ein erheblicher Umstand für die Frage der Kreditwürdigkeit sein. Es wird auch weiterhin für die Beurteilung der Bonität der Klägerin erforderlich bleiben, denn ein nachlässiges Zahlungsverhalten in der Vergangenheit kann die Annahme rechtfertigen, dass auch in Zukunft Schwierigkeiten in der Vertragserfüllung auftreten (OLG Stuttgart, a.a.O.).
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Die weitere Speicherung ist auch nicht unzweckmäßig und erfüllt eine zulässige Warnfunktion (OLG Köln, a.a.O.).
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Im Übrigen hatte die Klägerin vermeintliche Schwierigkeiten nur pauschal behauptet, ohne diese näher zu belegen, obwohl die Klägerin hierfür darlegungs- und beweispflichtig gewesen wäre.
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3. Ein Anspruch auf Berichtigung gemäß Art. 16 DSGVO ist ebenfalls nicht gegeben.
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Mangels Unrichtigkeit einer gespeicherte Information hat die Klägerin jedoch keinen Anspruch auf Berichtigung. Die angegriffenen Daten wurden und werden rechtmäßig durch die Beklagte gespeichert und dürfen damit auch für die Ermittlung des Score-Wertes weiterhin berücksichtigt werden.
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4. Es besteht auch kein Anspruch auf Unterlassung gemäß §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB. Es gilt vorliegend der Anwendungsvorrang des Art. 17 Abs. 1 DSGVO, im Übrigen war die Verarbeitung durch die Beklagte rechtmäßig (Brandenburgisches OLG, a.a.O.).
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Darüber hinaus wird es auch einer Wiederholungsgefahr für eine neue Speicherung der streitgegenständlichen Eintragung fehlen. Wenn eine Löschung nach der angemessenen Frist von drei Jahren vollzogen ist, würde nur dann eine erneute Speicherung der streitgegenständlichen Information drohen, wenn der Vertragspartner die Forderung erneut an die Beklagte meldet und die Beklagte Informationen in den Tatenbestand aufnehmen würde. Dies ist aber weder vorgetragen noch in irgendeiner Weise ersichtlich.
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Die dem streitgegenständlichen Eintrag zugrundeliegende Forderung hat sich unstreitig zwischenzeitlich erledigt, da die Klägerin diese ersichtlich beglichen hat. Für eine erneute Anmeldung über einen Vertragspartner ist deshalb kein Anlass mehr gegeben.
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5. Aufgrund der Klageabweisung sind auch die geltemd gemachten Rechtsanwaltskosten nicht zu ersetzen.
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6. Die Kostenentscheidung ergibt das § 91 Abs. 1 ZPO, die hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.