Titel:
Darlegungs- und Beweislast bei datenschutzrechtlichem Löschungsanspruch
Normenkette:
DSGVO Art. 6 Abs. 1 lit. f, Art. 16, Art. 17
Leitsatz:
Der Anspruchsteller muss nach allgemeinen Regeln seine Interessen, die im Rahmen der nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO vorzunehmenden, konkreten Interessenabwägung zu berücksichtigen sind, darlegen und ggf. beweisen. Eine Beweislastumkehr wie in äußerungsrechtlichen Angelegenheiten gibt es nicht. (Rn. 18 – 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Datenverarbeitung, Löschungsanspruch, Interessenabwägung, Speicherfristen, Bonitätsauskunft, Beweislastverteilung, Unterlassungsanspruch
Vorinstanz:
LG Regensburg, Urteil vom 28.01.2025 – 61 O 1551/24
Fundstelle:
GRUR-RS 2025, 13549
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 28.01.2025, Az. 61 O 1551/24, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Entscheidungsgründe
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I. Folgender Sachverhalt ist ausweislich des Tatbestands des erstinstanzlichen Urteils zwischen den Parteien unstreitig:
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Die Klägerin macht der Beklagten gegenüber einen Anspruch auf Löschung eines Eintrages in ihrem Register geltend. In der Datenbank der Beklagten finden sich zwei Einträge der Deutschen T. über Zahlungsschwierigkeiten der Klägerin aus den Jahren 2019 und 2021. Es handele sich dabei um Beträge in Höhe von 201,30 Euro sowie letztlich knapp 100,- Euro. Diese wurden am 03.08.2023 sowie 07.05.2024 erledigt. Die Klägerin hat am 09.07. und 09.08.2024 die Löschung sowie die Berichtigung des Scorewertes der Beklagten verlangt. Die Beklagte hat dies am 11.07. sowie 14.08.2024 abgelehnt. Die entsprechenden Dateneinträge wurden an weitere Kunden der Beklagten weitergegeben.
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II. Das Landgericht Regensburg wies die auf Löschung seiner Eintragung, Berichtigung des Score-Wertes und Unterlassung erneuter Speicherung durch die Beklagte gerichtete Klage mit Endurteil vom 28.01.2025 ab. Zur Begründung führte das Landgericht insbesondere aus, dass der Klägerin weder ein Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Einträge nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO noch ein Anspruch auf Berichtigung gemäß Art. 16 DSGVO zustehe. Auch ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 2 BGB sei nicht gegeben.
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Die Daten seien durch die Beklagte nicht unrechtmäßig verarbeitet worden, da das Interesse der Beklagten im Sinne von Art. 6 Abs. 1 f DSGVO das heutige Interesse der Klägerin überwiege. Es handele sich nicht um unrechtmäßig verarbeitete personenbezogene Daten. Das berechtigte Interesse im Sinne des BDSG sei nicht vom Vorliegen eines Vollstreckungstitels des Forderungsinhabers abhängig.
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Die Voraussetzungen für einen Löschungsanspruch der Klägerin seien nicht erfüllt.
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Auch die weitere Speicherung für den Zeitraum von mehr als sechs Monaten nach Tilgung der Forderung sei nicht unverhältnismäßig und erfülle weiterhin eine zulässige Warnfunktion. Eine vollständige Löschung wegen fehlender Notwendigkeit könne die Klägerin nicht verlangen. Die Notwendigkeit der Speicherung sei auch nicht deshalb entfallen, weil die Forderung mittlerweile getilgt wurde. Die Vorschriften zu den Löschungsfristen des Schuldnerverzeichnisses gemäß §§ 882 b ff ZPO seien nicht entsprechend anwendbar. Auch für eine entsprechende Anwendung der Vorgaben für Einträge aus dem Schuldnerverzeichnis bestehe kein Raum.
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Die Dauer der Speicherung von drei Jahren, die durch den Verband der Wirtschaftsauskunft e.V. herausgegebene Verhaltensregeln festgesetzt wurde, sei rechtmäßig und begegne keinen grundsätzlichen Bedenken. Da die DSGVO betreffend die Dauer einer Speicherung von personenbezogenen Daten keine konkreten Regelungen enthalte, sei für die Rechtmäßigkeit der weiteren Verarbeitung das Kriterium der Notwendigkeit und damit eine Abwägung im Einzelfall maßgeblich. Konkrete Umstände, die eine besondere Schutzwürdigkeit des Betroffenen begründen, seien nicht gegeben. Zudem habe die Klägerin vermeintliche Schwierigkeiten bei einer Kreditaufnahme und der Wohnungssuche lediglich pauschal behauptet, ohne diese näher zu belegen.
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Mangels Unrichtigkeit der gespeicherten Information habe die Klägerin auch keinen Berichtigungsanspruch.
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Es bestehe ferner kein Anspruch auf Unterlassung; insbesondere fehle es an der Wiederholungsgefahr für eine neue Speicherung der streitgegenständlichen Eintragung.
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III. Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie beantragt,
- 1.
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Die Beklagte wird verurteilt, den Eintrag über die Erledigung der früheren Forderung unter der bei der Beklagten geführten Kontonummer gegen die Klägerseite vom 02.08.2023 und alle damit zusammenhängenden Einträge aus ihrer über die Klägerseite geführten Kartei zu löschen.
- 2.
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Die Beklagte wird verurteilt, den Eintrag über die Erledigung der früheren Forderung unter der bei der Beklagten geführten Kontonummer gegen die Klägerseite vom 08.05.2024 und alle damit zusammenhängenden Einträge aus ihrer über die Klägerseite geführten Kartei zu löschen.
- 3.
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Die Beklagte wird verurteilt, die bei ihr geführten Score-Werte, mit denen sie die Kreditwürdigkeit der Klägerseite bewertet, nach erfolgter Löschung zu berichtigen.
- 4.
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Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise an ihrem gesetzlichen Vertreter (Vorstand) zu vollstreckender Ordnungshaft, oder einer an ihrem gesetzlichen Vertreter (Vorstand) zu vollstreckender Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, jegliche Einträge bezüglich der früheren Forderung unter der bei der Beklagten geführten Kontonummer gegen die Klägerseite, die am 02.08.2023 als erledigt gekennzeichnet wurde, erneut zu speichern oder anderweitig zu verarbeiten.
- 5.
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Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise an ihrem gesetzlichen Vertreter (Vorstand) zu vollstreckender Ordnungshaft, oder einer an ihrem gesetzlichen Vertreter (Vorstand) zu vollstreckender Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, jegliche Einträge bezüglich der früheren Forderung unter der bei der Beklagten geführten Kontonummer gegen die Klägerseite, die am 08.05.2024 als erledigt gekennzeichnet wurde, erneut zu speichern oder anderweitig zu verarbeiten.
- 6.
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Die Beklagte wird verurteilt, die außergerichtlichen Kosten der Klägerseite in Höhe von 973,66 Euro an diese zu zahlen.
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Hilfsweise und höchst vorsorglich regt die Klägerin die Zulassung der Revision an (Blatt 55 der Berufungsakte).
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Zur Begründung führt die Klägerin insbesondere aus, dass das Landgericht die Beweislastverteilung verkannt habe, denn die Beweislast für das Bestehen eines berechtigten Interesses für die Datenverarbeitung liege bei der Beklagten. Die Beklagte habe nicht überzeugend zur Notwendigkeit der dreijährigen Speicherung nach Erledigung der Forderungen vorgetragen. Die erstinstanzliche Abwägungsentscheidung zur Bestimmung einer angemessenen Speicherfrist nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO genüge nicht den rechtlichen Vorgaben der zweistufigen Prüfung. Die Auslegung dieser Norm sei insbesondere im Hinblick auf das Urteil des EuGH vom 07.12.2023 in den verbundenen Verfahren Rechtssachen Az. C-26/22 und C-64/22 fehlerhaft. Zudem liege ein Wertungswiderspruch zu § 882e ZPO vor. Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht die mittelbare Drittwirkung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht hinreichend beachtet. Die – mittlerweile geänderten – Verhaltensregeln des Code of Conduct könnten eine individuelle Interessenabwägung nicht ersetzen. Auch die darin erfolgte neue Abstufung der Speicherfristen würde dem Gebot einer umfassenden Interessenabwägung nach Art.6 Abs. 1 lit. f) DSGVO nicht gerecht. Die Auswirkungen der Datenverarbeitung und des Scorings seitens der Beklagten seien für die Betroffenen besonders eingriffsintensiv. Die Klägerin habe alltägliche Probleme aufgrund des Eintrags, wobei diese von einem Gefühl, unberechtigt in einem negativen Licht dargestellt zu werden, bis hin zu konkreten wiederholten Ablehnungen von Kreditaufnahmen reichen würden. Die streitgegenständliche Datenverarbeitung verstoße gegen das Transparenzgebot aus Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO.
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IV. Die Beklagte beantragt
die kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung (Blatt 6/7 der Berufungsakte).
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Sie verweist insbesondere darauf, dass sie die streitgegenständlichen Informationen zulässigerweise aufgrund berechtigter Interessen für die Dauer von drei Jahren ab Erledigung der zugrundeliegenden Forderung speichere. Zur Begründung legt sie unter anderem eine Stellungnahme der KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vom 11.09.2023 zur Speicherung von Informationen zu Zahlungsstörungen und ausgeglichenen Forderungen für einen Zeitraum von drei Jahren vor (Anlage BB 4). Zu berücksichtigen sei auch die durch die für den Verband „Die Wirtschaftsauskunfteien e.V.“ zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde am 24.05.2024 erfolgte Genehmigung (Anlage BB 3) des neuen Code of Conduct (Anlage BB 2). Die Darlegungs- und Beweislast liege bei der Klägerin. Die klägerseits behaupteten Nachteile seien unglaubhaft und ihr Vortrag unsubstantiiert (Blatt 78 ff der Berufungsakte). Die Klägerin sei ihren Zahlungsverpflichtungen trotz fristloser Kündigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses über vier Jahre und zwei Monate hinsichtlich der Forderung 1) der T. Deutschland GmbH Sparte t-mobile und trotz zweimaliger Mahnung über drei Jahre und zwei Monate hinsichtlich der Forderung 2) der T. Deutschland GmbH nicht nachgekommen (Blatt 67/68 der Berufungsakte). In der Abwägung überwögen die Interessen der Klägerin die Interessen der Beklagten, ihrer Vertragspartner und der Allgemeinheit im konkreten Einzelfall nicht (Blatt 102 ff der Berufungsakte). Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liege nicht vor (Blatt 106 ff der Berufungsakte). Auch eine Verletzung des Art. 3 GG sei nicht gegeben (Blatt 137 ff der Berufungsakte).
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V. Ergänzend wird auf das beiderseitige schriftsätzliche Vorbringen verwiesen.
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Die Berufung der Klägerin hat zur Überzeugung der Mitglieder des Senats keine Aussicht auf Erfolg.
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I. Das landgerichtliche Urteil beruht nicht auf einer fehlerhaften Einschätzung der Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf die Berechtigung der Beklagten, Daten auch der Klägerin zu speichern. Diese liegt als materielle Anspruchsvoraussetzung nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. dazu: BGH GRUR 2020, 1338, Rn. 31) bei der Klagepartei.
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Mit dem Verweis auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache C-340/21 (NJW 2024, 1091) vermag die Klägerin eine Beweislast der Beklagten nicht zu begründen. Der EuGH entschied in diesem Urteil (C-340/21) allein zur – bejahten – Beweislast des „Verantwortlichen“ im Rahmen des in Art. 5 Abs. 2 DSGVO formulierten und in Art. 24 DSGVO konkretisierten Grundsatzes der Rechenschaftspflicht (vgl. EuGH a.a.O. Rn. 48 ff.). Bei Art. 5 Abs. 2 DSGVO handelt es sich um eine rein wirtschaftsverwaltungsrechtliche Vorschrift, nach der der datenschutzrechtlich Verantwortliche die Einhaltung der DSGVO dokumentieren und gegenüber einer Aufsichtsbehörde nachweisen können müssen. Daher kann sich in öffentlich-rechtlichen Sachverhalten hieraus eine generelle Beweislast des datenschutzrechtlich Verantwortlichen ergeben. Über die allgemeine Beweislastverteilung im deutschen Zivilprozess hat der Europäische Gerichtshof hingegen keine Entscheidung getroffen. Gleiches gilt für die klägerseits zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, NVwZ 2022, S. 1205 Rn. 49 f.).
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Für die für einzelne Ansprüche Betroffener geltende Darlegungs- und Beweislast gilt vielmehr das nationale Recht. Danach obliegt es den Betroffenen selbst, ihre Interessen, die im Rahmen der nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO vorzunehmenden, konkreten Interessenabwägung zu berücksichtigen sind, darzulegen. Aus der Formulierung der Verarbeitungsbeschränkung in Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO „[…] sofern nicht […]“ ergibt sich ein – von den Betroffenen zu widerlegendes – Regel-Ausnahme-Verhältnis für die Zulässigkeit der zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlichen Datenverarbeitung. Diese ist nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO gerade dann rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung berechtigter Interessen erfolgt und die Interessen und Rechte der betroffenen Person nicht überwiegen. Nach dieser Systematik ist die Verarbeitung demnach immer dann rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlich ist, selbst wenn Interessen des Betroffenen gegenüberstehen, solange diese nur gleichwertig sind. Die Verarbeitung wird erst dann rechtswidrig, wenn die Interessen und Rechte der betroffenen Person überwiegen, wofür folglich diese die Darlegungs- und Beweislast trägt (vgl. dazu in einem Parallelverfahren: OLG Stuttgart, Urteil vom 10.08.2022 – 9 U 24/22, BeckRS 2022, 20818, Rn. 33).
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Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin ergibt sich eine andere Beweislastverteilung auch nicht aus der Rechtsprechung zu äußerungsrechtlichen Streitigkeiten. Es ist zwar zutreffend, dass bei einer üblen Nachrede nach der über § 823 Abs. 2 BGB in das zivilrechtliche Äußerungsrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB grundsätzlich den Schädiger die Beweislast für die Wahrheit der das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigenden Tatsachenbehauptung trifft (vgl. BVerfG, NJW 2016, 3360 Rn. 17; BGH NJW 2013, 790 Rn. 15). Im streitgegenständlichen Fall geht es aber weder um eine üble Nachrede i.S.v. § 186 StGB noch um die Verbreitung einer Tat sachenbehauptung durch die Beklagte.
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In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass sich der Vortrag der Klägerin zu ihrer Interessenlage auf pauschale Ausführungen beschränkt. Auf das Bestreiten der Beklagten hat die Klägerin in der Replik insbesondere auf ihr Interesse der an wirtschaftlicher Teilhabe verwiesen (Blatt 123 ff der LG-Akte) und im Berufungsverfahren auf ihr Gefühl, unberechtigt in einem negativen Licht dargestellt zu werden, und auf wiederholte Ablehnungen von Kreditaufnahmen verwiesen, ohne diese negativen Auswirkungen hinreichend zu konkretisieren.
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II. Die Verarbeitung der streitgegenständlichen Daten durch die Beklagte erfolgte zur Wahrung ihrer eigenen sowie der berechtigten Interessen zumindest ihrer Vertragspartner als Dritte, ohne dass überwiegende Interessen der Klägerin dem entgegenstehen (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO).
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1. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist unter drei kumulativen Voraussetzungen rechtmäßig: Erstens muss von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von einem Dritten ein berechtigtes Interesse wahrgenommen werden, zweitens muss die Verarbeitung der personenbezogenen Daten zur Verwirklichung des berechtigten Interesses erforderlich sein und drittens dürfen die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Person, deren Daten geschützt werden sollen, nicht überwiegen (vgl. EuGH, GRUR 2023, 1131 Rn. 106 – Facebook Ireland; OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2024, 32757 Rn. 37).
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2. Die Datenverarbeitung durch die Beklagte in Form der Speicherung erfolgte zunächst im eigenen Interesse der Beklagten als allgemeine Grundlage für ihr Geschäftsmodell, denn sie schließt Verträge mit Unternehmen, die Leistungen anbieten, die jedenfalls auch kreditorischer Natur sein können. Sie erhält Entgelte von ihren Kunden für die Möglichkeit, von ihr für kreditrelevant gehaltene Informationen über deren potentielle Kunden zu erlangen. Da alle Interessen im Sinne des Art. 6 DSGVO berechtigt sein können, die rechtlicher, persönlicher, ideeller, aber auch rein wirtschaftlicher Natur sind, stellt auch das rein geschäftliche Interesse der Beklagten an der Speicherung grundsätzlich ein derartiges berechtigtes Interesse dar. Die Speicherung zu diesem Zweck ist auch erforderlich, weil die Beklagte ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden bzgl. die Klägerin betreffende Anfragen mangels vollständiger Datengrundlage andernfalls nicht erfüllen könnte (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 10.08.2022 – 9 U 24/22, BeckRS 2022, 20818 Rn. 25; OLG Frankfurt, Urteil vom 18.01.2023 – 7 U 100/22, BeckRS 2023, 583 Rn. 30). Im streitgegenständlichen Fall erfolgte die Speicherung in Wahrung dieser Interessen.
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Darüber hinaus diente die Speicherung auch und insbesondere den berechtigten Interessen der Vertragspartner der Beklagten als potentielle Kreditgeber der Klägerin. Diese Speicherung bildete die Datengrundlage für erbetene Auskünfte dieses umgrenzten Personenkreises, der Mitglieder der Beklagten als Gemeinschaftseinrichtung der kreditgebenden Wirtschaft in Deutschland unter Darlegung eines berechtigten Interesses, was bei einer konkret beabsichtigten Geschäftsbeziehung zur Klägerin regelmäßig vorliegen wird. Damit dient die Verarbeitung dieser personenbezogenen Daten den sozioökonomischen Interessen des Kreditsektors (vgl. EuGH NJW 2024, 417 Rn. 83 – Score). Dass das Interesse der potentiellen Kunden der Beklagten nicht nur als berechtigt, sondern auch von der – europäischen wie auch innerstaatlichen – Rechtsordnung als besonders schützenswert angesehen wird, ist insbesondere aus Art. 8 der RL 2008/48/EG vom 23.04.2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der RL 87/102/EWG ersichtlich, wonach der Kreditgeber vor Abschluss des Kreditvertrags verpflichtet ist, die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers anhand ausreichender Informationen, erforderlichenfalls auch anhand von Auskünften aus öffentlichen und privaten Datenbanken, zu bewerten (vgl. OLG Köln, Urteil vom 27.01.2022 – 15 U 153/21, BeckRS 2022, 1208, Rn. 22; EuGH a.a.O. Rn. 84 – Score). Diese Verpflichtung zur Bewertung der Kreditwürdigkeit der Verbraucher soll nicht nur den Kreditantragsteller schützen, sondern auch – wie im Erwägungsgrund 26 der RL 2008/48 hervorgehoben wird – das reibungslose Funktionieren des gesamten Kreditsystems gewährleisten (vgl. EuGH a.a.O. Rn. 86 – Score). Außerdem ist in Bezug auf Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher Art. 18 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 der RL 2014/17 i.V.m. den Erwägungsgründen 55 und 59 dieser Richtlinie zu entnehmen, dass der Kreditgeber eine eingehende Prüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers vornehmen muss und Zugang zu Kreditdatenbanken hat, wobei die Abfrage solcher Datenbanken ein nützliches Element bei dieser Prüfung ist (vgl. EuGH a.a.O. Rn. 85 – Score).
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3. Diese und die darauf beruhende Übermittlung der angefragten Daten sind zur Wahrung dieser berechtigten Interessen erforderlich, da die anfragenden Kunden das frühere Zahlungsverhalten auch für die eigene, potentiell beabsichtigte Geschäftsbeziehung zur Klägerin offensichtlich für vertragsrelevant halten. Andernfalls würden sie eine Auskunft über derartige, von der Beklagten typischerweise gespeicherte Daten nicht einholen. Ohne die Speicherung derartiger bonitätsrelevanter Informationen über Zahlungsstörungen könnte die Beklagte ihren Vertragspartnern keine zutreffende und objektive Einschätzung zur Kreditwürdigkeit der Klägerin zur Verfügung stellen.
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a) Die streitgegenständlichen Informationen sind – auch heute noch – erforderlich, um die Informationsdisparität zwischen Kreditgebern und Kreditnehmern auszugleichen. Andernfalls wären die Kreditgeber ausschließlich auf die Eigenangaben potentieller Kreditnehmer angewiesen. Die Ermittlung der Kreditwürdigkeit, zu der die Kreditinstitute nicht nur aus eigenem Interesse verpflich tet sind, und die Erteilung von Bonitätsauskünften bilden das Fundament des deutschen Kreditwesens und dienen darüber hinaus der Funktionsfähigkeit der Wirtschaft sowie dem Schutz der Verbraucher vor Überschuldung (vgl. OLG Frankfurt a.a.O. Rn. 31/33).
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Die Datenübermittlung an die Kunden der Beklagten bezweckt, ihnen Informationen über das frühere Zahlungsverhalten der Klägerin als ihrer möglichen Vertragspartnerin zur Verfügung zu stellen, damit diese ihre Entscheidung, ob sie das mit einer Vorleistung verbundene wirtschaftliche Risiko eingehen wollen, auf einer breiteren Grundlage treffen können. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass eine Vielzahl von Schuldnern ihren potentiellen, vorleistenden Vertragspartnern gerade nicht von sich aus umfängliche und wahrheitsgemäße Angaben über ihre bisherige und aktuelle finanzielle Situation machen, um ihnen eine umfassende Risikoabwägung zu ermöglichen. Die Datenübermittlung dient insbesondere dem Ausgleich dieser bestehenden Disparität der Informationsgrundlage (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 10.08.2022 – 9 U 24/22, BeckRS 2022, 20818 Rn. 39). Die Analyse einer Wirtschaftsauskunftei kann insoweit, als sie eine objektive und zuverlässige Bewertung der Kreditwürdigkeit der potentiellen Kunden der Vertragspartner der Wirtschaftsauskunftei ermöglicht, Informationsunterschiede ausgleichen und damit etwaige Betrugsrisiken und andere Unsicherheiten verringern (vgl. EuGH a.a.O. Rn. 93 – Score).
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b) Der Umstand, dass die Klägerin die streitgegenständliche Verbindlichkeit von 201,30 € erst vier Jahre und zwei Monate nach der fristlosen Kündigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses durch die Deutsche T. und die weitere Verbindlichkeit von circa 100,- € erst drei Jahre und zwei Monate nach der ersten Mahnung bezahlt hat, hat einen unmittelbaren Bezug zur Einschätzung der Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit der Klägerin.
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Vor diesem Hintergrund speichert die Beklagte zu den streitgegenständlichen Informationen zwar einen Hinweis auf das Datum des vollständigen Ausgleichs der Forderung. Dies ändert nichts an der Notwendigkeit der Verarbeitung, denn dem Ausgleich ging eine erhebliche Unzuverlässigkeit voraus. Die Kreditwirtschaft hat ein legitimes Interesse daran, zu erfahren, inwieweit die Vertragserfüllung in der Vergangenheit zuverlässig erfolgte. Ein nachlässiges Zahlungsverhalten in der Vergangenheit kann die Annahme rechtfertigen, dass auch in Zukunft Schwierigkeiten in der Vertragserfüllung auftreten können (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 31.08.2022 – 9 U 65/22, S. 10). Die bloße Erledigung einer Forderung kann vor diesem Hintergrund keinen Löschungsanspruch eines entsprechenden Eintrages rechtfertigen.
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4. Überwiegende Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Klägerin bestehen vorliegend nicht.
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a) Die vorgesehene Speicherdauer von abstrakt drei Jahren ist dem Grunde nach nicht zu beanstanden, sondern ist in Abwägung der Interessen der betroffenen Person gegenüber den Interessen der Beklagten angemessen und auf das für die Zwecke ihrer Verarbeitung notwendige Maß beschränkt.
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Die DSGVO sieht – anders als § 35 BDSG a.F. – keine Fristen für die Speicherdauer vor. Die im Code of Conduct vorgesehene Regelfrist erscheint sachlich angemessen; dies insbesondere im Hinblick auf die Interessen der kreditgebenden Mitglieder der Beklagten im Verhältnis zum Löschungsinteresse der Klägerin. Das zugrundeliegende Risiko von Forderungsausfällen bei Kreditvergaben kann jedenfalls dann zu der vorgesehenen Speicherdauer berechtigen, wenn wie hier Forderungen in relativ geringer Höhe von 201,30 Euro sowie von circa 100 Euro über einen nicht unerheblichen Zeitraum von einigen Jahren nicht beglichen wurden.
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Die Frist erscheint auch dem Senat in Ansehung der in § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BDSG a.F. zum Ausdruck gebrachten Wertungen als angemessen. Danach war im Falle eines erledigten Sachverhalts zum Ende des dritten Kalenderjahres lediglich eine Prüfung der Erforderlichkeit geschäftsmäßig verarbeiteter personenbezogener Daten vorgesehen. Hinzu kommt, dass nach der seit 24.05.2024 geltenden Neufassung des Codes of Conduct eine starre Frist von drei Jahren nicht mehr besteht, sondern in bestimmten Fällen eine Löschung bereits nach 18 Monaten stattfindet. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor.
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Diese Verhaltensregeln wurden vom Hessischen Landesdatenschutzbeauftragten geprüft und genehmigt. Aufgrund des Umstandes, dass die Klägerin die streitgegenständlichen zwei Forderungen nicht fristgerecht erfüllt hat, lässt ihre berechtigten Interessen im Einzelfall zurücktreten. Eine Speicherdauer von drei Jahren ist im konkreten Fall nach Abwägung der widerstreitenden Interessen angemessen.
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b) Dem steht auch die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Score“ nicht entgegen.
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Der EuGH hat entschieden, dass Art. 5 Abs. 1 lit. a) der Verordnung 2016/679 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 lit. f) dieser Verordnung dahin auszulegen ist, dass er einer Praxis privater Wirtschaftsauskunfteien entgegensteht, die darin besteht, in ihren eigenen Datenbanken aus einem öffentlichen Register stammende Informationen über die Erteilung einer Restschuldbefreiung zugunsten natürlicher Personen zum Zweck der Lieferung von Auskünften über die Kreditwürdigkeit dieser Personen für einen Zeitraum zu speichern, der über die Speicherdauer der Daten im öffentlichen Register hin ausgeht. Er betont, dass die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO eine umfassende Interessenabwägung erfordere. Diese falle hier zugunsten einer Höchstspeicherfrist von sechs Monaten aus. Hiervon gehe auch der Gesetzgeber in § 3 Abs. 1, Abs. 2 InsBekV aus.
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Ein damit vergleichbarer Zusammenhang besteht vorliegend aber nicht. So betreffen die streitgegenständlichen Einträge nur Zahlungsverzögerungen. Außerdem bezieht sich die Entscheidung des EuGH allein auf die vorliegend gerade nicht einschlägige Konstellation, dass die gespeicherten Daten öffentlichen Registern entnommen wurden und für einen längeren Zeitraum als in den öffentlichen Registern selbst gespeichert werden sollen.
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§ 3 InsoBekV sieht eine sechsmonatige Speicherfrist ausschließlich für Daten aus einem Insolvenzverfahren einschließlich des Eröffnungsverfahrens vor. Derartige Daten zu einem Insolvenzverfahren sind hier nicht streitgegenständlich. Vielmehr beziehen sich die Informationen auf die von der Klägerin nicht fristgerecht erfüllten Verbindlichkeiten. Eine zu § 3 InsoBekV vergleichbare gesetzliche Regelung für Informationen in einem privaten Datenbestand über fällige, nicht beglichene Forderungen als schwerwiegende Zahlungsstörungen existiert nicht (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 03.07.2023 – 1 U 8/22, BeckRS 2023, 16930 Rn. 14).
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c) Es liegt auch keine ungerechtfertigte oder sinnwidrige Ungleichbehandlung von Einträgen, die aus dem Schuldnerverzeichnis übernommen werden, und anderen Einträgen vor. Vielmehr handelt es sich insoweit um unterschiedlich gelagerte Sachverhalte:
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In das öffentliche Schuldnerverzeichnis wird nicht bereits das bloße Vorliegen eines Vollstreckungstitels eingetragen, sondern nach § 882b Abs. 1 Nr. 1 – Nr. 3 ZPO werden Eintragungen nur in den dort bestimmten Fällen vorgenommen. Die Eintragung nach § 882c ZPO ist Teil des Vollstreckungsverfahrens und setzt eine besondere Eintragungsanordnung des Gerichtsvollziehers voraus. Im Gegensatz dazu beruht die Eintragung in anderen Fällen regelmäßig auf der Meldung eines Gläubigers.
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Die Löschung eines Eintrags im Schuldnerverzeichnis erfolgt entweder taggenau nach drei Jahren oder aber vorzeitig, wenn die Löschung des Eintrags in das Schuldnerverzeichnis durch das Zentrale Vollstreckungsgericht mitgeteilt wird. Dies setzt eine besondere Löschungsanordnung des Zentralen Vollstreckungsgerichts voraus (§ 882e ZPO), zu deren Erlass der Schuldner die Befriedigung des Gläubigers oder den Wegfall des Eintragungsgrunds gegenüber dem Zentralen Vollstreckungsgericht nachzuweisen hat.
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Eine dem Schuldnerverzeichnis vergleichbare Situation ist bei der Speicherung und Verarbeitung von Daten durch die Beklagte indes nicht gegeben. Diese erteilt nur ihren Vertragspartnern (vornehmlich Banken, Sparkassen, Genossenschaftsbanken, Kreditkarten-, Factoring- und Leasingunternehmen) und auch diesen erst bei berechtigtem Interesse Auskünfte, wobei ein solches berechtigtes Interesse unter anderem vorliegt, wenn ein Unternehmen gegenüber dem betreffenden Schuldner mit einer Dienstleistung oder einer Lieferung in Vorleistung geht und damit ein wirtschaftliches Risiko trägt. Damit ist zum einen der Kreis an möglichen Auskunftsberechtigten gegenüber demjenigen des Schuldnerverzeichnisses deutlich geringer, und zum anderen wird eine Auskunft von der Beklagten als privatrechtlicher juristischer Person an diesen personell geringeren Kreis nur in bestimmten Konstellationen erteilt, mithin bei einer finanziellen Vorleistung gegenüber dem Schuldner und damit aufgrund eines erkennbaren Interesses dieses Personenkreises. Für eine entsprechende Anwendung der Vorgaben betreffend Einträge aus dem Schuldnerverzeichnis besteht angesichts dessen kein Raum (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 18.01.2023 – 7 U 100/22, BeckRS 2023, 583, Rn. 37 f. m.w.N.).
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Im Sinne einer Kontrollüberlegung deckt sich das vorstehende Ergebnis eines grundsätzlichen Informationsinteresses von drei Jahren auch mit der gesetzlichen Löschungsfrist für Einträge aus dem Schuldnerverzeichnis nach § 882e Abs. 1 ZPO. Gerade hierin kann eine Wertung des Gesetzgebers gesehen werden, für welchen Zeitraum potentiellen Kreditgebern eine Berechtigung am Informationsinteresse über früheres Zahlungsverhalten zuzugestehen ist (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 10.08.2022 – 9 U 24/22, BeckRS 2022, 20818 Rn. 49).
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d) Vor diesem Hintergrund besteht vorliegend auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, ohne dass es einer Entscheidung zu einer (mittelbaren) Anwendbarkeit im Hinblick auf die Beklagte bedarf. Denn – wie gerade dargestellt – beruht die Differenzierung der Speicherfristen durch die Beklagte auf einem sachlichen Grund. Die Eingriffsintensität, die eine Restschuldbefreiung und damit die Anmeldung einer Insolvenz mit sich bringt, ist deutlich höher als bei der Erfüllung einer bestimmten Verbindlichkeit. Dies zeigt sich etwa auch darin, dass die Beklagte nach Erfüllung der Verbindlichkeit einen Hinweis vermerkt, dass die Verbindlichkeit mittlerweile beglichen wurde. Damit werden auch potenzielle Kreditnehmer in Kenntnis gesetzt.
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e) Die Beklagte hat insbesondere durch Vorlage einer Stellungnahme der KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vom 11.09.2023 zur Speicherung von Informationen zu Zahlungsstörungen und ausgeglichenen Forderungen für einen Zeitraum von drei Jahren substantiierten Vortrag zur Erforderlichkeit einer dreijährigen Speicherdauer in Fällen der vorliegenden Art gehalten. Diese Stellungnahme kommt zu dem Ergebnis, dass für die Dauer von drei Jahren eine statistisch relevante Bedeutung von Negativmerkmalen bei ausgeglichenen Forderungen bestehe. Die Wahrscheinlichkeit einer neuen Zahlungsstörung bei Personen, bei denen es zu Zahlungsstörungen gekommen ist, sei auch drei Jahre nach Ausgleich der Forderung noch statistisch signifikant höher als bei Personen ohne Negativmerkmal. Eine Verkürzung der dreijährigen Speicherdauer für Informationen über erledigte Zahlungsstörungen sei nicht in gleichem Maße geeignet. Diese Informationen zu erledigten Zahlungsausfällen seien auch nicht ohne erheblichen Qualitätsverlust substituierbar.
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f) Dagegen erschöpfen sich die Darlegungen der darlegungsbelasteten Klägerin darin, dass sie aufgrund der Auskünfte der Beklagten relevante nachteilige Auswirkungen in Bezug auf Probleme bei der Kreditvergabe und dem Gefühl, unberechtigt in ein schlechtes Licht gerückt zu werden, erdulden müsse, in pauschalen Ausführungen. Diese sind nicht geeignet, die behaupteten, konkreten und nicht hinzunehmenden Auswirkungen im Rahmen ihrer Darlegungs- und Beweislast nachzuweisen.
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IV. Vor diesem Hintergrund stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche nicht zu.
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1. Die Klägerin hat keinen Anspruch nach Art. 17 DSGVO auf Löschung der streitgegenständlichen Eintragungen in der Datenbank der Beklagten.
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Die personenbezogenen Daten sind weder für die Zwecke, für die sie erhoben wurden, nicht mehr notwendig (Art. 17 Abs. 1 lit. a DSGVO) noch sind die personenbezogenen Daten unrechtmäßig verarbeitet (Art. 17 Abs. 1 lit. d DSGVO). Die Verarbeitung durch die Beklagte erfolgte – wie ausgeführt – sowohl zur Wahrung ihrer eigenen als auch der berechtigten Interessen ihrer Vertragspartner, ohne dass dem überwiegende Interessen der Klägerin entgegenstehen (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO).
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Eine Löschung hat auch nicht nach Art. 17 Abs. 1 lit. c DSGVO zu erfolgen. Zwar ist, soweit die Verarbeitung in Einklang steht mit Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO, ein Löschungsanspruch nach Art. 17 Abs. 1 lit. c DSGVO zu erwägen (vgl. EuGH a.a.O. Rn. 109 ff. – Score). Der Löschungsanspruch setzt jedoch einen Widerspruch der betroffenen Person nach Art. 21 DSGVO voraus, wobei der Widerspruch mit einer besonderen persönlichen Situation begründet werden muss. Es müssen konkrete Umstände des Einzelfalls bestehen, die eine besondere Schutzwürdigkeit der betroffenen Person begründen; wie beispielsweise besondere familiäre Umstände sowie sonstige sensible Informationen oder schutzwürdige geschäftliche Geheimhaltungsinteressen (vgl. Paal/Pauly/Martini, 3. Aufl. 2021, DS-GVO Art. 21 Rn. 30).
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Eine derartige besondere Situation im Sinne von Art. 21 Abs. 1 DSGVO hat die Klägerin vorliegend weder substantiiert dargelegt noch nachgewiesen. Der von ihr dargelegten Umstände, dass Schwierigkeiten bei der Kreditvergabe bestünden, ist nicht Folge einer besonderen atypischen Situation, sondern vielmehr typische Folge einer Bonitätsauskunft. Weitere Umstände, die eine atypische Situation begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Darüber hinaus überwiegen – wie bereits ausgeführt – die Interessen der Beklagten, ihrer Vertragspartner und der Allgemeinheit die schutzwürdigen Interessen der Klägerin.
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2. Daraus folgt, dass auch kein Anspruch auf Berichtigung des Scorewertes gegeben ist. Jedenfalls würde ein solcher Anspruch an der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Informationen scheitern.
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Die Frage, ob es sich bei der durch die Beklagte geführten „Score-Werte“ um Werturteile handelt und diese überhaupt der Berichtigungspflicht nach Art. 16 DSGVO unterliegen (vgl. BeckOK DatenschutzR/Worms, 51. Ed. 1.11.2024, DS-GVO Art. 16 Rn. 53 ff.), kann daher vorliegend als nicht streitgegenständlich dahinstehen.
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3. Gleichermaßen steht der Klägerin ein Anspruch auf Unterlassung künftiger Verarbeitungen des streitgegenständlichen Datensatzes bereits deshalb nicht zu, weil die Verarbeitung der Daten rechtmäßig erfolgt ist und weiterhin erfolgt.
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Darüber hinaus bestehen Zweifel dahingehend, ob eine Wiederholungsgefahr für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch in Bezug auf eine erneute Speicherung der streitgegenständlichen Eintragung gegeben ist. Denn wenn eine Löschung nach der angemessenen Drei-Jahres-Frist vollzogen wird, würde nur dann eine erneute Speicherung der streitgegenständlichen Information drohen, wenn der Vertragspartner die Forderung erneut an die Beklagte meldet und die Beklagte die entsprechende Information in ihren Datenbestand aufnehmen würde. Dies ist aber weder vorgetragen noch ersichtlich. Die den streitgegenständlichen Einträgen zugrundeliegende Forderungen haben sich unstreitig zwischenzeitlich erledigt, da sie von der Klägerin beglichen worden sind. Für eine erneute Einmeldung durch den Vertragspartner der Beklagten ist deshalb kein Anlass erkennbar.
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4. Mangels bestehender Ansprüche in der Hauptsache besteht kein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Erstattung ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. C.
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Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
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Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.