Inhalt

OLG Nürnberg, Endurteil v. 18.03.2025 – 3 U 1924/24
Titel:

Rezension über einen Anwalt nach dessen Fernbleiben bei Gericht

Normenkette:
BGB § 823
Leitsätze:
1. Die Formulierung in einer Anwaltsrezension, das Familiengericht habe eine Geschwistertrennung „beschlossen“, impliziert zwar eine gerichtliche Entscheidung, wie sie bei einer Umgangsvereinbarung nicht gegeben ist, kann aber gleichwohl nicht verboten werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Schilderung erfolgt, der Verfahrensausgang sei auf ein Ausbleiben des mandatierten Rechtsanwalts zurückzuführen.
2. Behauptet die Verfasserin, ein bei Gericht eingereichter Schriftsatz sei vor lauter Rechtschreibfehlern kaum zu lesen gewesen, und trifft dies lediglich auf den Entwurf des Schriftsatzes zu, kann sie sich zur Rechtfertigung ihrer Bewertung nicht darauf berufen, dass auch der endgültig eingereichte Schriftsatz einzelne Rechtschreibfehler enthalten hat.
Schlagworte:
Persönlichkeitsrecht, Meinungsfreiheit, Tatsachenbehauptung, Unterlassungsanspruch, Widerrufsanspruch, Rechtsanwaltshaftung, Bewertungsportal
Vorinstanz:
LG Ansbach, Urteil vom 30.08.2024 – 3 O 1133/23
Fundstellen:
GRUR-RS 2025, 12700
FDRVG 2025, 012700

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Ansbach vom 30. August 2024, Az. 3 O 1133/23, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß zu behaupten:
„Den ersten Brief von Herrn ans Gericht konnte man kaum lesen vor lauter Rechtschreibfehler […]. Ich dachte erst das wäre nur ein Entwurf, aber nein, es war schon das Schreiben ans Gericht. Das fand ich schon sehr unprofessionell. Wenn ich ein Schreiben ans Gericht schicke, muss ich zumindest kurz Korrekturlesen. Ich verstehe das man als Anwalt viel zu tun hat aber man bekommt auch nicht wenig Geld vom Mandanten. Da erwarte ich eine gewisse Professionalität.“.
2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger nicht anrechenbare außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 120,37 € brutto nebst Zinsen in Höhe vom 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 25. Oktober 2023 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das unter I.1 ausgesprochene Verbot ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 €, bei Uneinbringlichkeit Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.
II. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 80,8% und die Beklagte 19,2%.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.210,00 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

I.
1
Der klagende Rechtsanwalt begehrt von der Beklagten, einer früheren Mandantin, Löschung, Unterlassung und Widerruf von Äußerungen, die sie in einer Rezension auf einem Bewertungsportal getätigt hat.
2
Die Beklagte beauftragte den Kläger im Juni 2023, sie in einem auf den 15. Juni 2023, 13.45 Uhr, beim Amtsgericht Weißenburg i. Bay. bestimmten Termin in einer Sorgerechtssache (AG Weißenburg i. Bay., Az. 003 F 118/23) zu vertreten. Der Kläger erschien zu diesem Termin nicht. Auf telefonische Nachfrage in der Kanzlei des Klägers wurde der Beklagten gegen 14.00 Uhr mitgeteilt, der Kläger müsse bereits zum Gericht unterwegs sein. Gegen 14.15 Uhr ließ die Kanzlei des Klägers der Geschäftsstelle des Gerichts ausrichten, der Kläger könne nicht erscheinen. In dem durchgeführten Termin vor dem Familiengericht erklärte sich die Beklagte, die das Verfahren am 11. April 2023 mit dem Ziel eingeleitet hatte, das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihren Sohn zu erhalten, zu der Vereinbarung bereit, dass das Kind seinen ständigen Wohnsitz bei seinem Vater hat, die Wochenenden bei der Beklagten verbringt und die Schulferien zwischen den Eltern hälftig aufgeteilt werden. Mit Beschluss vom 17. Juli 2023 wurde diese Vereinbarung gerichtlich gebilligt. In einem weiteren Telefonat am 15. Juni 2023 wurde der Beklagten als Grund für das Ausbleiben des Klägers genannt, der Kläger habe seine Tochter nach Unterrichtsende gegen 13.00 Uhr von der Schule abholen müssen, weil deren Mutter kurzfristig ins Krankenhaus verbracht worden sei. Am oder nach dem 15. Juni 2023 verfasste die Beklagte die verfahrensgegenständliche, im Berufungsantrag II. wiedergegebene Rezension der Kanzlei des Klägers auf G. .
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Der Kläger sieht in dieser Rezension eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb hinsichtlich seiner Rechtsanwaltskanzlei. Er begehrt deswegen Löschung der Rezension, Unterlassung der vier zentralen Behauptungen, Rücknahme und Widerruf dieser Behauptungen, ordnungsmittelbewehrte Unterlassung der vier Behauptungen sowie Schadensersatz wegen eines entgangenen Mandats und Erstattung vorgeschichtlicher Rechtsanwaltskosten. Der Kläger hat vorgebracht, er habe sich am 15. Juni 2023 zunächst bei einem bis 12.45 Uhr dauernden Gerichtstermin in Fürth aufgehalten und erst danach sichere Information erhalten, dass die Mutter der gemeinsamen Tochter ins Krankenhaus verbracht wurde. Er sei dann sogleich zur Schule des Kindes gefahren und habe wegen der Mittagspause der Kanzleimitarbeiter seine Kanzleikräfte zunächst nicht verständigen können. Die Beklagte hat in Zweifel gezogen, dass der Kläger keine Zeit und Gelegenheit gehabt habe, während der Mittagspause den Kollegen oder eine Kanzleimitarbeiterin zu erreichen. Im Übrigen stellten ihre Äußerungen Werturteile dar; die angegriffenen Vorwürfe würden so nicht aufgestellt.
4
Das Landgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen, da eine rechtswidrige Beeinträchtigung von Rechten des Klägers nicht gegeben sei. Die Äußerungen stellten jeweils eine Vermengung von Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen dar, sodass die Maßstäbe für die Zulässigkeit von Meinungsäußerungen heranzuziehen sein; nach diesen seien die Äußerungen von der Meinungsfreiheit gedeckt. Diese überwiege das Schutzinteresse des Klägers deutlich. Eine Schmähkritik sei nicht gegeben, Straftatbestände würden nicht verletzt. Die tatsächlichen Vorgänge, auf die sich die Beklagte beziehe, seien weder unwahr noch werde suggeriert, dass sich diese anders abgespielt hätten als der Kläger behauptet. Dies gelte insbesondere auch im Hinblick darauf, ob es den familiären Notfall gab, wie das familiengerichtliche Verfahren ausgegangen ist und das Vorhandensein von Rechtschreibfehlern in dem an das Gericht übersandten Schriftsatz. Zwar sei tatsächlich nicht die von der Beklagten als Anlage B 1 vorgelegte Fassung des Schriftsatzes, sondern die als Anlage K 8 vorgelegte Version bei Gericht eingegangen, doch weise auch diese eine erhebliche Zahl von Rechtschreibfehlern auf (jeweils 9 auf den Seiten 2 und 3), sodass die Aussage der Beklagten, der eingereichte Schriftsatz habe lauter Rechtschreibfehler enthalten, richtig sei. Der Hinweis auf „komische Satzzusammenhänge“ stelle ein reines Werturteil dar. Schließlich sei der Kläger durch die Äußerungen lediglich in seiner Sozialsphäre betroffen.
5
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Das Gericht hätte nach dem Richterwechsel darauf hinweisen müssen, dass an der bisherigen rechtlichen Bewertung nicht festgehalten werde. Die Äußerungen beeinflussten die unternehmensbezogenen Interessen des Klägers nachhaltig negativ. Das Landgericht verkenne, dass das Grundrecht der Meinungsfreiheit regelmäßig hinter die Schutzinteressen des von der Äußerung Betroffenen zurücktritt, wenn die Meinungsäußerung einen erwiesenermaßen falschen oder bewusst unwahren Tatsachenkern enthält. Zudem offenbare die Beklagte höchstpersönliche familiäre gesundheitliche Belange in einer breiten, unbekannten Öffentlichkeit. Zu bedenken sei ferner, dass in Konstellationen der vorliegenden Art der Rechtsanwalt aufgrund seiner Verschwiegenheitspflicht nicht in der Lage sei, auf unberechtigte Vorwürfe von Mandanten zu erwidern, oftmals Bewertungen durch „Nicht-Mandanten“ erfolgen und Betreiber von Rezensionsplattformen wie G. gegen Entgelt negative Bewertungen entfernen würden.
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Der Kläger beantragt im Berufungsrechtszug:
I.  Das Urteil des Landgerichts Ansbach vom 30.08.2024 Aktenzeichen 3 O 1133/23 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, die von ihr im Bewertungsprofil des Klägers unter Anwaltskanzlei erstellte Rezension
„Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit möchte ich mich über meinen Anwalt Herrn beschweren. Ich hatte ihn beauftragt aufgrund eines Aufenthaltsbestimmungsrechtsstreit mit meinem Exfreund. Am 15. Juni war dann die Verhandlung um 13:45 Uhr. Dies wusste Herr, und er wusste auch, dass mir der Termin sehr wichtig ist da es ja um mein Kind ging! Jedenfalls saß ich pünktlich im Gericht. Um 13:45 Uhr öffneten sich die Türen zum Gerichtssaal und Herr war immer noch nicht da. Die Gegenseite allerdings schon. Der Richter und die Gegenseite wartete und wartete genauso wie ich auch. Ich fragte den Richter, ob ich kurz versuchen könne, Herrn zu erreichen. Ich hatte bis dahin keinerlei Mitteilung wo Herr ist. Erst erreichte ich keinen, da bis 14:00 Uhr Mittagspause war. Punkt 14:00 Uhr rief ich also dann in der Kanzlei an. Dort ging dann die Dame vom Büro dran. Ich fragte sie, wo Herr sei da um 13:45 Uhr die Verhandlung losgegangen ist. Sie teilte mir mit, dass Herr unterwegs sei. Ich fragte wo unterwegs?! Er sollte um 13:45 Uhr in Weissenburg im Amtsgericht sein! Ja, sie ruft ihn kurz an und fragt wo er ist und meldet sich dann wieder bei mir. Ich musste dann allerdings in den Gerichtssaal und der Richter wollte anfangen. Da war es 14:05 Uhr. Also saß ich ganz alleine ohne Rechtsbeistand bei meiner Sorgerechtsverhandlung. Um circa 14:15 Uhr kam eine Sekretärin des Gerichts in den Saal und meinte, dass sich Herr entschuldigen lässt, er könne heute nicht kommen. Unverständnis herrschte dann beim Richter und der Gegenseite. Und natürlich bei mir. Ich fühlte mich sehr verloren. Den Prozess habe ich verloren und mein Kind lebt ab August dann beim Papa. Sogar eine Geschwister Trennung wurde beschlossen. Danach rief ich in der Kanzlei an, wo mir seine Assistentin mitteilte, dass Herr in der Früh einen familiären Notfall hatte. Die Mutter seiner Tochter musste ins Krankenhaus und er somit zu seiner Tochter. Angeblich. Denn wo ich um 14:00 Uhr in der Kanzlei anrief, wusste seine Sekretärin davon noch gar nix. Wenn so etwas am Vormittag oder in der Früh war, wa_rum hat mandann nicht dem Gericht bescheid gegeben oder mir und um Vertagung gebeten?! Ich saß ganz alleine im Gerichtssaal! Wusste von nichts! Das kann es echt nicht sein. Wenn man die Rezensionen auf der G. Seite von Herrn liest, bin ich wohl nicht die einzige, die sich von Herrn nicht gut vertreten fühlte. Wenn ich nicht zu einem Termin erscheinen kann, dann muss ich entweder für Ersatz sorgen oder zumindest in der Lage sein, dem Mandanten und / oder dem Gericht Bescheid zu sagen und um Vertagung zu bitten. Das alles hat Herr wohl für nicht nötig gehalten. Nein, man lässt lieber seine Mandantin, wo es um ihr Kind geht, alleine im Gerichtssaal sitzen ohne jegliche Information! Den ersten Brief von Herrn ans Gericht konnte man kaum lesen vor lauter Rechtschreibfehler und komischen Satzzusammenhängen. Ich dachte erst das wäre nur ein Entwurf, aber nein, es war schon das Schreiben ans Gericht. Das fand ich schon sehr unprofessionell. Wenn ich ein Schreiben ans Gericht schicke, muss ich zumindest kurz Korrekturlesen. Ich verstehe das man als Anwalt viel zu tun hat aber man bekommt auch nicht wenig Geld vom Mandanten. Da erwarte ich eine gewisse Professionalität. Ich persönlich möchte nie wieder von Herrn vertreten werden. Weil bei so einem Verhalten habe ich keinerlei Vertrauen in meinen Anwalt!“
zu löschen.
III. Die Beklagte wird weiters verurteilt, es künftig zu unterlassen, zu behaupten (auch sinngemäß), dass der Kläger angeblich gelogen habe mit seiner Information an das Gericht am 15.06.2023, es hätte einen familiären Notfall in der Früh gegeben, die Mutter seines Kindes hätte in`s Krankenhaus gemusst und Herr sich um seine Tochter kümmern müssen, insb. wie folgt: „Die Mutter seiner Tochter musste ins Krankenhaus und er somit zu seiner Tochter. Angeblich. Denn wo ich um 14:00 Uhr in der Kanzlei anrief, wusste seine Sekretärin davon noch gar nix. Wenn so etwas am Vormittag oder in der Früh war, warum hat man dann nicht dem Gericht bescheid gegeben oder mir und um Vertagung gebeten?! Ich saß ganz alleine im Gerichtssaal! Wusste von nichts! Das kann es echt nicht sein. Wenn man die Rezensionen auf der G. Seite von Herrn liest, bin ich wohl nicht die einzige, die sich von Herrn nicht gut vertreten fühlte. Wenn ich nicht zu einem Termin erscheinen kann, dann muss ich entweder für Ersatz sorgen oder zumindest in der Lage sein, dem Mandanten und / oder dem Gericht Bescheid zu sagen und um Vertagung zu bitten. Das alles hat Herr wohl für nicht nötig gehalten. Nein, man lässt lieber seine Mandantin, wo es um ihr Kind geht, alleine im Gerichtssaal sitzen ohne jegliche Information“.
IV.  Die Beklagte wird weiters verurteilt, es künftig zu unterlassen, zu behaupten (auch sinngemäß), dass Ihr Kind aufgrund des Verhaltens des Klägers ab August dann beim Papa lebt.
V. Die Beklagte wird weiters verurteilt, es künftig zu unterlassen, zu behaupten (auch sinngemäß), dass aufgrund des Verhaltens des Klägers Geschwistertrennung beschlossen wurde.
VI.  Die Beklagte wird weiters verurteilt, es künftig zu unterlassen, zu behaupten (auch sinngemäß), „Den ersten Brief von Herrn ans Gericht konnte man kaum lesen vor lauter Rechtschreibfehler und komischen Satzzusammenhängen. Ich dachte erst das wäre nur ein Entwurf, aber nein, es war schon das Schreiben ans Gericht. Das fand ich schon sehr unprofessionell. Wenn ich ein Schreiben ans Gericht schicke, muss ich zumindest kurz Korrekturlesen. Ich verstehe das man als Anwalt viel zu tun hat aber man bekommt auch nicht wenig Geld vom Mandanten. Da erwarte ich eine gewisse Professionalität. Ich persönlich möchte nie wieder von Herrn vertreten werden. Weil bei so einem Verhalten habe ich keinerlei Vertrauen in meinen Anwalt!“.
VII.  Die Beklagte wird weiters verurteilt, die Aussage zurückzunehmen und zu widerrufen, dass der Kläger angeblich gelogen habe mit seiner Information an das Gericht am 15.06.2023, es hätte einen familiären Notfall in der Früh gegeben, die Mutter seines Kindes hätte in`s Krankenhaus gemusst und der Kläger sich um seine Tochter kümmern müssen, insb. wie folgt: „Die Mutter seiner Tochter musste ins Krankenhaus und er somit zu seiner Tochter. Angeblich. Denn wo ich um 14:00 Uhr in der Kanzlei anrief, wusste seine Sekretärin davon noch gar nix. Wenn so etwas am Vormittag oder in der Früh war, warum hat man dann nicht dem Gericht bescheid gegeben oder mir und um Vertagung gebeten?! Ich saß ganz alleine im Gerichtssaal! Wusste von nichts! Das kann es echt nicht sein. Wenn man die Rezensionen auf der G. Seite von Herrn liest, bin ich wohl nicht die einzige, die sich von Herrn nicht gut vertreten fühlte. Wenn ich nicht zu einem Termin erscheinen kann, dann muss ich entweder für Ersatz sorgen oder zumindest in der Lage sein, dem Mandanten und / oder dem Gericht Bescheid zu sagen und um Vertagung zu bitten. Das alles hat Herr wohl für nicht nötig gehalten. Nein, man lässt lieber seine Mandantin, wo es um ihr Kind geht, alleine im Gerichtssaal sitzen ohne jegliche Information“.
VIII. Die Beklagte wird weiters verurteilt, die Aussage zurückzunehmen und zu widerrufen, dass Ihr Kind aufgrund des Verhaltens des Klägers ab August dann beim Papa lebt.
IX. Die Beklagte wird weiters verurteilt, die Aussage zurückzunehmen und zu widerrufen, dass aufgrund des Verhaltens des Klägers Geschwistertrennung beschlossen wurde.
X. Die Beklagte wird weiters verurteilt, die Aussage zurückzunehmen und zu widerrufen, „Den ersten Brief von Herrn ans Gericht konnte man kaum lesen vor lauter Rechtschreibfehler und komischen Satzzusammenhängen. Ich dachte erst das wäre nur ein Entwurf, aber nein, es war schon das Schreiben ans Gericht. Das fand ich schon sehr unprofessionell. Wenn ich ein Schreiben ans Gericht schicke, muss ich zumindest kurz Korrekturlesen. Ich verstehe das man als Anwalt viel zu tun hat aber man bekommt auch nicht wenig Geld vom Mandanten. Da erwarte ich eine gewisse Professionalität. Ich persönlich möchte nie wieder von Herrn vertreten werden. Weil bei so einem Verhalten habe ich keinerlei Vertrauen in meinen Anwalt!“.
XI. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von Euro 5.001.-, oder bei Uneinbringlichkeit, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten je Einzelfall, es künftig zu unterlassen, eine der in Ziffern II. bis VI. aufgeführten Aussagen zu treffen.
XII. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Schadensersatz i.H.v. € 210,00 netto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 27.10.2023.
XIII. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger nicht anrechenbare außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von € 1.212,61 brutto nebst Zinsen in Höhe vom 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 25.10.2023 zu bezahlen.
7
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
8
Das Landgericht habe die maßgeblichen rechtlichen Grundsätze und Kriterien zutreffend angewandt.
9
Im Übrigen haben die Parteien ihr Vorbringen wiederholt und vertieft; insoweit wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen. Im Übrigen wird zur Darstellung des Sachverhalts auf den Tatbestand der angegriffenen Entscheidung sowie die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat zur Sache mündlich verhandelt.
II.
10
Die zulässige Berufung hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.
11
1. Gegen die Zulässigkeit der Klageanträge bestehen beim gebotenen Verständnis keine grundlegenden Bedenken.
12
Der Kläger und Berufungskläger hat klargestellt, worauf die erstinstanzlichen Anträge I. bis IX. bzw. Berufungsanträge II. bis X. im einzelnen abzielen sollen. Auch nach objektivem Verständnis haben die auf Unterlassung Berufungsanträge III. bis VI. zum Ziel, künftige Äußerungen des jeweiligen Inhalts zu verhindern, was materiellrechtlch Inhalt des Unterlassungsanspruchs gem. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB ist. Mit den Berufungsanträgen VII. bis X. will der Kläger demgegenüber eine Verurteilung erreichen, dass die Beklagte die Behauptungen zurücknimmt und widerruft, d.h. durch eine entsprechende ausdrückliche Erklärung deren Unrichtigkeit verlautbart, was inhaltlich dem Beseitigungsanspruch gem. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB entspricht. Die Verpflichtung zur Unterlassung beinhaltet zwar auch, bestehende Störungsquellen, aus denen sich auch ohne weiteres Handeln aktuell und künftig Beeinträchtigungen ergeben, durch erforderliche aktive Handlungen zu beseitigen, sodass das mit Berufungsantrag II. Geforderte bereits in den Anträgen III. bis VI. enthalten ist, soweit es um die davon erfassten Passagen geht. Der Berufungsantrag II. hat aber eigenständige Bedeutung, soweit dieses Begehren auf das Entfernen der gesamten Rezension gerichtet ist, er also die nicht von den einzelnen Unterlassungsanträge erfassten Passagen betrifft. Berufungsantrag XI. ist, was das geschuldete Verhalten angeht, mit den Berufungsanträgen III. bis VI. identisch; der Senat versteht den Antrag dahin, dass der Kläger damit die Ordnungsmittelandrohung gem. § 890 Abs. 2 ZPO wegen der Unterlassungspflichten gem. III. bis VI. beantragt.
13
Bei diesem Verständnis erweisen sich sämtliche Anträge als zulässig.
14
2. Der Umstand, dass das Landgericht seine Auffassung im Laufe des Verfahrens geändert hat, ohne dies anzukündigen, verhilft der Berufung für sich genommen nicht zum Erfolg. Es ist nicht aufgezeigt, dass die Entscheidung darauf beruhen würde, dass der Kläger von einem Prozesserfolg ausgehen durfte, insbesondere, weil er davon abgehalten wurde, weitere Angriffsmittel vorzubringen.
15
3. Das Landgericht hat zutreffend erkannt, dass die Äußerungen der Beklagten in der von ihr verfassten G. -Rezension negative Aussagen über das Verhalten des Klägers bei der Wahrnehmung des familienrechtlichen Mandats und (mittelbar) den Kläger selbst enthalten, so dass sie in dessen Persönlichkeitsrecht sowie dessen Recht am eingerichteten ausgeübten Gewerbebetrieb eingreifen. Für die Frage, ob sich deshalb Ansprüche auf Unterlassung und Widerruf ergeben, kommt es aber darauf an, ob dieser Eingriff auch rechtswidrig ist. Dies ist wegen des Charakters des Persönlichkeitsrechts und des Rechts am eingerichteten ausgeübten Gewerbebetrieb als Rahmenrechte, deren Reichweite nicht absolut festliegt, gesondert festzustellen (siehe nur BGH, Urteil vom 15. September 2016, NJW 2016, 789 Rn. 20 – Schulfähigkeiten eines Grundschulkindes).
16
Für die Rechtswidrigkeit von Äußerungen kommt es maßgeblich darauf an, ob diese als Tatsachenbehauptungen oder als Meinungsäußerungen zu bewerten sind. Im Einzelnen gilt dabei:
17
a) Das Aufstellen und die Verbreitung von Tatsachenbehauptungen, die das Ansehen einer Person in der Öffentlichkeit herabsetzen, ist regelmäßig dann unzulässig, wenn die behauptete Tatsache nicht wahr ist (siehe nur BVerfG, Beschluss vom 9. November 2022 – 1 BvR 523/21, NJW 2023, 510 Rn. 17).
18
Auch dann, wenn die Unwahrheit einer behaupteten Tatsache feststeht, kommt es daher weiter darauf an, ob der Betroffene hierdurch beeinträchtigt wurde. Grund ist, dass nicht jede unwahre Äußerung per se das Persönlichkeitsrecht verletzt; stets muss eine nachteilhafte Auswirkung auf das Persönlichkeitsbild des Betroffenen vorliegen (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2005, VI ZR 274/04; AfP 2006, 60 (61); BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2007, 1 BvR 150/06, AfP 2008, 55 (57 f.); Weberling, in: Ricker/Weberling PresseR-HdB, 7. Aufl. 2021, 42. Kap. Rn. 29a).
19
b) Dagegen kann die Unterlassung von Meinungsäußerungen grundsätzlich nicht begehrt werden, da sie von Art. 5 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützt sind. Dies gilt auch dann, wenn die eigene Bewertung in besonders scharfer oder drastischer Form erfolgt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. November 2022 – 1 BvR 523/21, NJW 2023, 510 Rn. 25).
20
Konstitutiv für die Bestimmung dessen, was als Äußerung einer „Meinung“ vom Schutz des Grundrechts umfasst wird, ist das Element der Stellungnahme, des Dafürhaltens, des Meinens im Rahmen einer geistigen Auseinandersetzung. Auf den Wert, die Richtigkeit, die Vernünftigkeit der Äußerung kommt es nicht an (BeckOK InfoMedienR/Söder, 46. Ed. 1.11.2024, BGB § 823 Rn. 40 m.w.N.). Die Grenze der Zulässigkeit von Meinungsäußerungen ist regelmäßig erst dann erreicht, wenn die Schwelle zur Schmähkritik überschritten ist. Bei der Annahme einer Schmähkritik ist aber äußerste Zurückhaltung geboten. Sie kann erst dann attestiert werden, wenn es dem Äußernden nicht mehr um eine Auseinandersetzung in der Sache, sondern um die bloße Herabwürdigung des anderen geht. Erforderlich ist mithin, dass jeglicher Sachbezug fehlt, also die Äußerung keinen irgendwie nachvollziehbaren Bezug mehr zu einer sachlichen Auseinandersetzung aufweist, und stattdessen die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht (BVerfG, Beschluss vom 9. November 2022 – 1 BvR 523/21, NJW 2023, 510 Rn. 25; BVerfG, Beschluss vom 21. März 2022 – 1 BvR 2650/19, NVwZ-RR 2022, 561, Rn. 15; BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 2021 – 1 BvR 1073/20, NJW 2022, 680, Rn. 29). Dies ist regelmäßig der Fall, wenn eine vorherige Auseinandersetzung erkennbar nur äußerlich zum Anlass genommen wird, um über andere Personen herzuziehen oder sie niederzumachen, etwa in Fällen der Privatfehde (BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 2021 – 1 BvR 1073/20, NJW 2022, 680, Rn. 29).
21
c) Bei Äußerungen, in denen Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung miteinander verbunden werden und erst beide gemeinsam den Sinn einer Äußerung ausmachen, ist eine Trennung der tatsächlichen und der wertenden Bestandteile unzulässig, wenn dadurch der Sinn der Äußerung verfälscht wird (so etwa BGH, Urteil vom 28. Juli 2015 – VI ZR 340/14, NJW 2016, 56 Rn. 24); im Interesse einer möglichst weitgehenden Verwirklichung der Meinungsfreiheit sind dann insgesamt die Kriterien für Meinungsäußerungen heranzuziehen (BVerfG, Beschluss vom 9. November 2022 – 1 BvR 523/21, NJW 2023, 510 Rn. 16). Der Grundrechtsschutz darf nicht dadurch verkürzt werden, dass ein tatsächliches Element aus dem Zusammenhang gerissen und isoliert betrachtet wird, wenn die Äußerung nach ihrem Gesamtzusammenhang in den Schutzbereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung fallen kann (Weberling, in: Ricker/Weberling PresseR-HdB, 7. Aufl. 2021, 42. Kap. Rn. 23c m.w.N.). Als Werturteile kommen auch solche Äußerungen in Betracht, bei denen subjektiv gefärbte Annahmen über tatsächliche Gegebenheiten mitgeteilt werden (BeckOK InfoMedienR/Söder, 46. Ed. 1.11.2024, BGB § 823 Rn. 43). Unzulässig ist damit, aus einer komplexen Äußerung Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem Gehalt herauszugreifen und als unrichtige Tatsachenbehauptung zu untersagen, wenn die Äußerung nach ihrem zu würdigenden Gesamtzusammenhang in den Schutzbereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung fallen kann. Als Meinungsäußerung zu qualifizieren ist danach zwar auch eine Äußerung, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen, wenn sie durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, sofern diese Elemente nicht aus der Sicht des Durchschnittsempfängers gegenüber den zugrundeliegenden Tatsachen in den Hintergrund treten. Die Frage der Wahrheit oder Unwahrheit des tatsächlichen Gehaltes, der einem Werturteil zugrunde liegt, fällt dann nur noch bei der vorzunehmenden Rechtsgüterabwägung ins Gewicht (siehe zum Ganzen Korte, Praxis des Presserechts, 2. Auflage 2019, § 2 Rn. 173; Stollwerck/Wegner, in: Götting/Schertz/Seitz, Handbuch Persönlichkeitsrecht, 2. Auflage 2019, § 26 Rn. 19; BeckOK InfoMedienR/Söder, 43. Ed. 1.2.2024, BGB § 823 Rn. 46; BeckOK InfoMedienR/Brose/Grau, 43. Ed. 1.2.2024, BGB § 1004 Rn. 11).
22
Ein Indiz für eine derartige Verbindung von Meinungsäußerungen und bedeutendem Tatsachen bildet, dass der Tatsachengehalt der gemischten Äußerung so substanzarm ist, dass er gegenüber dem Wertungscharakter in den Hintergrund tritt (Stollwerck/Wegner, in: Götting/Schertz/Seitz, Handbuch Persönlichkeitsrecht, 2. Auflage 2019, § 26 Rn. 19). Ist eine Meinungsäußerung zu bejahen, bleibt ein substanzarmes tatsächliches Element unbeachtlich (vgl. Weberling, in: Ricker/Weberling PresseR-HdB, 7. Aufl. 2021, 42. Kap. Rn. 23c).
23
Selbst pauschale Aussagen sind allerdings Tatsachenbehauptungen, wenn sich die Frage ihre Berechtigung vor dem Hintergrund unstreitiger Tatsachen eher als Schlussfolgerung darstellt, der Tatsachenhintergrund aber dem Empfänger verschwiegen wird (BeckOK InfoMedienR/Brose/Grau, 43. Ed. 1.2.2024, BGB § 1004 Rn. 13). Bleibt somit die Wertung im Hintergrund, während bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind, kann sich eine Äußerung als Tatsachenbehauptung erweisen (BGH, Urteil vom 28. Juli 2015 – VI ZR 340/14, NJW 2016, 56 Rn. 24; BeckOK InfoMedienR/Söder, 43. Ed. 1.2.2024, BGB § 823 Rn. 46).
24
d) Tatsachenbehauptungen können auch dann vorliegen, wenn sie nicht ausdrücklich aufgestellt werden. Auch eine Kundgabe „zwischen den Zeilen“ kann in die Rechte Dritter eingreifen. Solche verdeckten Behauptungen dürfen jedoch nur zurückhaltend angenommen werden. Der Autor ist für sein Werk, nicht für dessen eigenwillige Aufnahme durch Hörer, Leser oder Betrachter verantwortlich (MüKoBGB/Rixecker, 9. Aufl. 2021, BGB Anh. § 12 Rn. 223). Verdeckte Tatsachenbehauptungen können nur dann als aufgestellt bzw. verbreitet angesehen werden, wenn sich eine im Zusammenspiel der offenen Aussagen enthaltene zusätzliche Aussage dem Leser als unabweisbare Schlussfolgerung aufdrängen muss, sie ihm also so nahe gelegt wird, dass er nur die berichtete Schlussfolgerung für möglich hält (vgl. Weberling, in: Ricker/Weberling PresseR-HdB, 7. Aufl. 2021, 42. Kap. Rn. 23d; MüKoBGB/Rixecker, 9. Aufl. 2021, BGB Anh. § 12 Rn. 223; Mann, in: Himmelsbach/Mann PresseR, 1. Aufl. 2022, § 12 Rn. 175). Wenn dem Leser Tatsachen mitgeteilt werden, aus denen er erkennbar eigene Schlussfolgerungen ziehen soll, dürfen hierbei keine wesentlichen Tatsachen verschwiegen werden. Werden solche Fakten verschwiegen, ist die Mitteilung wahrer Tatsachen insgesamt wie eine unwahre zu behandeln; dies gilt vor allem dann, wenn sie dem Vorgang ein anderes Gewicht geben könnten (vgl. Weberling, in: Ricker/Weberling PresseR-HdB, 7. Aufl. 2021, 42. Kap. Rn. 23d; MüKoBGB/Rixecker, 9. Aufl. 2021, BGB Anh. § 12 Rn. 223).
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Äußerungen eines Verdachts oder einer Möglichkeit sind grundsätzlich Tatsachenbehauptungen, nicht Meinungsäußerungen. Dagegen ist die Mitteilung unstreitiger Tatsachen und daraus gezogener Schlussfolgerungen ein Werturteil (Weberling, in: Ricker/Weberling PresseR-HdB, 7. Aufl. 2021, 42. Kap. Rn. 25).
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e) Bei Äußerungen, die sich nach diesen Kriterien als rechtswidrig erweisen, steht dem Betroffenen ein Anspruch auf Unterlassung zu (§ 1004 Abs. 1 S. 2 BGB).
27
In Betracht kommt zudem ein Widerruf einer Tatsachenbehauptung (analog § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB), der eine rechtswidrige falsche Tatsachenbehauptung, eine andauernde erhebliche Rechtsbeeinträchtigung sowie eine Abwägung im Einzelfall voraussetzt; ein Verschulden des Verletzers ist nicht erforderlich (Weberling, in: Ricker/Weberling PresseR-HdB, 7. Aufl. 2021, 44. Kap. Rn. 17; BeckOGK/Spohnheimer, 1.2.2025, BGB § 1004 Rn. 333). Der Widerruf muss notwendig und geeignet sein, die fortwirkende Beeinträchtigung der geschützten Rechtsgüter zu beseitigen bzw. den Ruf wiederherzustellen; die Notwendigkeit eines Widerrufs ist auf Grund einer Güterabwägung zwischen dem Interesse des Betroffenen an der Beseitigung der Rufbeeinträchtigung durch die falsche Äußerung und dem Interesse des Mitteilenden, seine einmal geäußerte Behauptung nicht zurücknehmen zu müssen, zu beurteilen. Es kommt also maßgeblich auf die Schwere des zu Unrecht erhobenen Vorwurfs und dessen Folgen an. Die Notwendigkeit entfällt, wenn der Tatsachenkern der Äußerung stimmt oder die Äußerung eine Ansehensminderung von bloß geringem Gewicht hervorruft (Weberling, in: Ricker/Weberling PresseR-HdB, 7. Aufl. 2021, 44. Kap. Rn. 21 m.w.N.). Insoweit muss ein Widerruf verhältnismäßig und insbesondere dem Störer zumutbar sein (BeckOGK/Spohnheimer, 1.2.2025, BGB § 1004 Rn. 335; BeckOK BGB/Förster, 72. Ed. 1.11.2024, BGB § 12 Rn. 357).
28
4. Der Kläger kann nicht verlangen, dass die Beklagte es unterlässt zu behaupten, der Kläger habe angeblich mit seiner Erklärung, weshalb er nicht zum Termin erschienen sei, gelogen, und diese Aussage zurücknehme und widerrufe (Berufungsanträge III. und VII.).
29
a) Festzuhalten ist zunächst mit dem Landgericht, dass die Beklagte den Sachverhalt so, wie er sich für sie unmittelbar präsentierte, vollständig und richtig wiedergegeben hat. Sie hat sowohl den ersten, aufgrund der Mittagspause vergeblichen Anruf, die Auskunft der Kanzleimitarbeiterin auf ihren Anruf gegen 14.00 Uhr, die Mitteilung der Kanzlei gegenüber dem Gericht gegen 14.15 Uhr und die ihr im Laufe des Nachmittags mitgeteilte Erklärung des Klägers, es habe sich ein familiärer Notfall ereignet, zutreffend geschildert.
30
b) Die Beklagte lässt zwar – was nicht zuletzt durch das Wort „angeblich“ – zum Ausdruck kommt, gewisse Zweifel erkennen, ob der Kläger tatsächlich wegen der kurzfristig aufgetretenen Notwendigkeit, seine Tochter betreuen zu müssen, nicht zu dem Verhandlungstermin erschienen ist, und dies nicht etwa eine andere Ursache hatte. Sie behauptet aber auch nicht mit Bestimmtheit, dass die Erklärung des Klägers unrichtig sei und er daher gelogen habe, und stellt die Sachlage auch nicht so dar, dass sich dies dem Leser als die einzige plausible Version aufdrängt. Die Beklagte macht dabei umgekehrt nachvollziehbar, weshalb sie Zweifel an der Richtigkeit der Erklärung des Klägers hegt, und ermöglicht so dem Leser, nachzuvollziehen, ob er diesen Standpunkt teilen will oder nicht. Ob eine Person Umstände, die sich außerhalb ihrer unmittelbaren Wahrnehmungssphäre ereignet haben, glaubt oder nicht, stellt eine subjektive Angelegenheit dar und ist daher eine Meinungsäußerung. Der Kläger hat auch nicht bestritten, dass seine Kanzleimitarbeiterin der Beklagten bei dem Telefonat am Nachmittag erklärt habe, dass sich „in der Früh“ ein Notfall ergeben habe; der Gedankengang der Beklagten, die Kanzleikraft hätte dann bereits beim ersten Anruf gegen 14:00 Uhr davon wissen müssen, liegt dann nahe.
31
c) Dass die Beklagte nicht fest behaupten will, der Kläger habe zu Unrecht einen familiäreren Notfall als Erklärung angeführt, wird schließlich dadurch deutlich, dass sie anschließend die negative Bewertung der Kanzlei zumindest stützt, das auf eine kurzfristig aufgetretene Verhinderung des Rechtsanwalts reagiert hätte werden müssen, indem das Gericht informiert und um Vertagung gebeten oder einem Vertreter organisiert wird. Die Beklagte rückt damit in den Vordergrund, dass auch dann, wenn der Sachverhalt in vollem Umfang so zutrifft, wie es der Kläger behauptet, das Verhalten des Klägers nicht dem entspricht, was sie von einem Rechtsanwalt erwartet. Damit liegt eine subjektive Bewertung und somit eine Meinungsäußerung vor, die ihr nicht verboten werden kann.
32
d) Aus dem letztgenannten Grund ist auch unerheblich, dass der Kläger im Laufe des Rechtsstreits detailliert vorgebracht und unter Beweis gestellt hat, wie sich die Ereignisse am 15. Juni 2023 zugetragen haben. Wenn der Kläger erst nach dem vorangegangenen Gerichtstermin gegen 12.45 Uhr erfahren hat, dass die Mutter des gemeinsamen Kindes ins Krankenhaus eingeliefert wurde und er anschließend sofort zur Schule des Kindes geeilt ist, um dieses abzuholen und zu betreuen, und zugleich die Kanzleikräfte zwischen 12.00 Uhr und 14.00 Uhr ihre Mittagspause haben, kann dies zwar bedeuten, dass es dem Kläger nicht ohne Weiteres möglich war, dort Bescheid zu sagen.
33
Die Darstellung der Beklagten schließt aber nicht aus, dass sich aufgrund kurzfristiger und unglücklicher Verkettung solcher Umstände erhebliche praktische Schwierigkeiten für den Kläger ergeben hatten. Es ist der Beklagten im Rahmen einer solchen Rezension nicht zuzumuten, zunächst umfassend zu recherchieren oder ihr nachträglich bekannt gewordene Erkenntnisse nachzutragen. Vielmehr rechnet auch der Leser einer solchen Rezension damit, dass lediglich eine Schilderung der Geschehnisse aus der Perspektive des Rezensenten erfolgt und durchaus weite Umstände gegeben sein können, die das Verhalten des betroffenen Rechtsanwalts in einem für ihn günstigeren Licht erscheinen lassen können.
34
Ob der Beklagten die Äußerung untersagt werden könnte, wenn die Umstände es ausgeschlossen hätten, dass der klagende Rechtsanwalt das Gericht und/oder die zu Mandantin rechtzeitig kontaktiert, kann dahinstehen. Ein solcher Fall ist auch auf Grundlage der Ausführungen des Klägers nicht gegeben. Die Zeit zwischen dem Abholen des Kindes (13.00 Uhr Schulende) und dem Terminsbeginn (13.45 Uhr) ließ es zu, ein entsprechendes Telefonat abzusetzen und dazu zunächst über das Internet die Telefonnummer des Gerichts zu recherchieren. Hierzu muss jedenfalls nach Abholen des Kindes bei der Schule Zeit und Gelegenheit bestanden haben. Es ist auch bei Berücksichtigung der Schilderung des Klägers jedenfalls keine Situation gegeben, bei der es dem Kläger praktisch unmöglich war, zumindest dem Gericht eine entsprechende Nachricht zukommen zu lassen. Die Beklagte darf ihre persönliche Haltung zum Ausdruck bringen, dass einem Rechtsanwalt auch in einer familiären Notsituation abverlangt werden kann, von sich aus die Mandantin und/oder das Gericht zu informieren, oder irgendwie sicherzustellen, dass dies geschieht.
35
Darauf, dass das Vorbringen des Klägers, er habe erst im Anschluss an die vorausgegangene Verhandlung „sichere Information“ erhalten, dass die Mutter seiner Tochter mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus eingeliefert worden sei, dafür spricht, dass es bereits im Laufe des Vormittags Anzeichen für eine solche Entwicklung gegeben hat, kommt es damit nicht mehr entscheidend an.
36
Umgekehrt gilt, dass der Leser einer solchen Rezension realisiert, dass hier ein einmaliges Ereignis und die Erfahrungen eines einzelnen Mandanten beschrieben werden. Es besteht das allgemeine Bewusstsein, dass sich auch bei gut organisierten und kompetenten Unternehmen, Kanzleien etc. durch Verkettung unglücklicher Umstände Fehler ereignen können und daher ein Rückschluss auf die generelle Handhabung nur bedingt möglich ist. Die Beklagte behauptet an keiner Stelle ausdrücklich oder sinngemäß, dass sich derartige Versäumnisse bereits öfters zugetragen hätten.
37
e) Entsprechendes gilt für den Umstand, der einzige weitere kanzleiangehörige Rechtsanwalt sei zur Wahrnehmung des Termins und Vertretung der Interessen der Beklagten nicht in der Lage gewesen, da es sich mit familienrechtlichen Verfahren nicht befasst. Die Beklagte nennt in der Rezension die Betrauung eines Vertreters nur als eine Möglichkeit, auf die Situation in irgend einer geeigneten Weise zu reagieren.
38
f) Auch unter dem Gesichtspunkt, mit den Ausführungen der Beklagten würden sensible Informationen aus dem persönlichen Umfeld des Klägers in die Öffentlichkeit getragen, kann die Rezension nicht verboten werden.
39
Die Informationen darüber, dass der Kläger ein Kind und eine Lebensgefährtin hat und dass Letztere am 15. Juni 2023 ins Krankenhaus eingeliefert werden musste, sind denkbar allgemein gehalten. Jegliche Details zu den Personen und der Erkrankung fehlen. Irgendwelche konkreteren Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand oder andere persönliche Verhältnisse sind daher nicht möglich, sodass irgendwelche negativen Auswirkungen ausgeschlossen erscheinen. Zudem muss der Kläger grundsätzlich hinnehmen, dass seine Erklärungen zu einem Vorgang, der zumindest objektiv eine Verletzung seiner anwaltlichen Pflichten darstellte, vom betroffenen Mandanten wiedergegeben werden, wenn er sich mit dem Verhalten des Rechtsanwalts auseinandersetzt.
40
g) Mangels rechtswidrigen Eingriffs in Rechte des Klägers bestehen daher Ansprüche auf Unterlassung insoweit nicht. Im Hinblick auf die weiter abrufbare Rezension gilt dies schon deshalb, weil der Leser einer von einem Laien verfassten Beurteilung weder eine umfassende Nachprüfung des Sachverhalts noch eine Anpassung an später vom Betroffenen vorgebrachte oder sonst zutage getretene Umstände erwartet, sondern diese als Momentaufnahme anhand der dem Rezensenten damals zugänglichen Eindrücke versteht.
41
5. Als unbegründet erweisen sich ferner die Anträge, mit denen sich der Kläger gegen die (aus seiner Sicht von der Beklagten getätigte) Äußerungen wendet, aufgrund des Verhaltens des Klägers müsse das Kind der Beklagten ab August bei seinem Papa leben und insoweit sei eine Geschwistertrennung „beschlossen“ worden (Berufungsanträge IV. und VIII. bzw. V. und IX.).
42
a) Die Regelung, die am Ende des Verfahrens über das Aufenthaltsbestimmungsrecht stand, ist von der Beklagten nicht unzutreffend wiedergegeben, sodass insoweit bereits keine falsche Tatsachenbehauptung vorliegt.
43
Nach dem unstreitigen Vorbringen und dem Inhalt der beigezogenen Akte 003 F 118/23 kam es zu einer Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem Vater des gemeinsamen Kindes, die zum Inhalt hatte, dass der Sohn ab 1. August 2023 seinen ständigen Wohnsitz beim Vater hat und sich das Umgangsrecht der Beklagten auf die Wochenenden und einen Teil der Schulferien beschränkt. Diese Situation kann ohne weiteres damit umschrieben werden, dass das Kind künftig bei seinem Vater lebe. Hieran ändert auch nichts, dass der Sohn während bestimmter Zeiten sich bei der Mutter aufhält, weil es seinen Alltag beim Vater verbringt. Die schlagwortartige Umschreibung „lebt beim Vater“ schließt nach allgemeinem Verständnis nicht aus, dass auch die Mutter als das andere Elternteil eingebunden ist und regelmäßigen Umgang hat; insoweit muss bei der Sinndeutung zugrunde gelegt werden, dass allgemein geläufig ist, da solche Umgangsrechte auch dem Elternteil zugesprochen werden, bei dem ein Kind nicht primär lebt.
44
b) Soweit die Beklagte die Formulierung verwendet, die Geschwistertrennung sei „beschlossen“ worden, bildet dies die Wirklichkeit zwar nicht zutreffend ab. Hieraus ergeben sich aber keine Nachteile für das Persönlichkeitsrecht des Klägers.
45
aa) Bei der gebotenen Sinndeutung der Äußerung, wie sich für den unbefangenen Leser ergibt, liegt in ihr die Aussage, dass das Gericht eine entsprechende Entscheidung getroffen habe. Wenn im Kontext mit einem gerichtlichen Verfahren ein Begriff wie „Beschluss“ gebraucht wird, versteht der Leser dies dahin, dass das Gericht in Ausübung der ihm übertragenen Aufgabe zur Streitentscheidung unabhängig vom Willen der Beteiligten eine solche Anordnung erlassen hat.
46
Objektiv war demgegenüber maßgebliche Grundlage der ab dem 1. August 2023 geltenden Regelung die im Termin zwischen den Eltern des Kindes getroffene Vereinbarung. Bei der gebotenen wertenden Betrachtung hat der Beschluss des Familiengerichts vom 17. Juli 2023, der die Vereinbarung billigte und ihr so zur Gültigkeit verhalf, nicht die zentrale Bedeutung. Die Beklagte liefert damit insoweit ein verzerrtes Bild, als sie nicht mitteilt, dass sie der Regelung zugestimmt hatte, und vielmehr den gegenteiligen Eindruck einer „streitigen“ gerichtlichen Entscheidung erweckt.
47
An dieser Bewertung hält der Senat auch vor dem Hintergrund der Argumentation des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung fest, wonach der rechtliche Laie den Begriff „Beschluss“ nicht immer im Sinn einer hoheitlichen Entscheidung verwende und auch die gemeinsam in einer Vereinbarung getroffene Lösung als „beschlossen“ charakterisieren könne. Aus Sicht des Senats kommt eine solche Deutung bei der unpersönlichen Passiv-Formulierung „wurde […] beschlossen“ ohne gleichzeitige Klarstellung, wer an diesem Beschluss mitgewirkt habe, fern. Entscheidend ist aber, dass das beschriebene Verständnis mindestens ebenso naheliegt. Es gilt dann, dass ein Unterlassungsantrag (anders als ein Begehr nach Schadenersatz, Entschädigung, Berichtigung oder Gegendarstellung) nicht bereits wegen einer Mehrdeutigkeit der Äußerung abgelehnt werden kann und daher schon dann begründet ist, wenn eine von mehreren ernsthaft in Betracht kommenden Deutungsvarianten eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts bewirkt. Vom Äußerenden kann verlangt werden, sich künftig klar und deutlich auszudrücken (sog. Stolpe-Doktrin, siehe nur BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 2005 – 1 BvR 1696/98, NJW 2006, 207; Söder, in; BeckOK InfoMedienR, 46. Ed. 1.11.2024, BGB § 823 Rn. 61 f.; Kröner, in: Paschke/Berlit/Meyer/Kröner, Hamburger Kommentar Gesamtes Medienrecht, 4. Auflage 2021. EMRK Art. 8 Rn. 85 ff.).
48
bb) Diese Abweichung des behaupteten Sachverhalts vom tatsächlichen Sachverhalt ist jedoch im Hinblick auf die Persönlichkeitsrechte des Klägers irrelevant.
49
(1) Damit unzutreffende Tatsachenbehauptungen Abwehransprüche auslösen, muss zur objektiven Unrichtigkeit der Aussagen hinzukommen, dass der Betroffene hierdurch beeinträchtigt wurde. Nicht jede unwahre Äußerung verletzt per se das Persönlichkeitsrecht. Der Schutz des Betroffenen reicht nicht so weit, dass er Anspruch darauf hätte, in der Öffentlichkeit nur so dargestellt zu werden, wie er sich selbst sieht oder von anderen gesehen werden möchte (BGH, Urteil vom 15. November 2005, VI ZR 274/04; AfP 2006, 60 (61); BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2007, 1 BvR 150/06, AfP 2008, 55 (56)). Erforderlich ist eine nachteilige Auswirkung auf das Persönlichkeitsbild des Betroffenen (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2005, VI ZR 274/04; AfP 2006, 60 (61); BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2007, 1 BvR 150/06, AfP 2008, 55 (57); Weberling, in: Ricker/Weberling PresseR-HdB, 7. Aufl. 2021, 42. Kap. Rn. 29a; Vendt, in: Paschke/Berlit/Meyer/Kröner, Hamburger Kommentar Gesamtes Medienrecht, 4. Auflage 2021, § 823 Rn. 19; für den Gegendarstellungsanspruch ebenso Burkhardt in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, 11. Kapitel Gegendarstellungsanspruch, Rn. 32). Entscheidend ist damit, ob gerade die Abweichung von der Wahrheit dem Betroffenen in seinem sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigt (BGH, Urteil vom 15. November 2005, VI ZR 274/04; AfP 2006, 60 (61)). Die damit zu fordernde Erheblichkeitsgrenze (Wanckel, in: Götting/Schertz/Seitz PersönlichkeitsR-HdB, 2. Aufl. 2019, § 20. Rn. 29; OLG Köln, Urteil vom 28. April 2005 – 15 U 9/05, NJW-RR 2006, 126 (126)) muss im Einzelfall überschritten sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2007, 1 BvR 150/06, AfP 2008, 55 (578)). Für dieses Erfordernis spricht ferner, dass andernfalls die Beanstandung unwahre Berichterstattung in einem unbedeutenden Nebenaspekt als Vehikel genutzt werden könnte, zulässige Kritik zum Verstummen zu bringen (OLG Köln, Urteil vom 28. April 2005 – 15 U 9/05, NJW-RR 2006, 126 (127); Söder, in; BeckOK InfoMedienR/Söder, 46. Ed. 1.11.2024, BGB § 823 Rn. 133). Sofern die Erheblichkeit nicht aufgrund allgemein anerkannter Kriterien (z.B. in Fällen einer Verächtlichmachung oder einer Herabwürdigung in der öffentlichen Meinung) zu bejahen ist, obliegt es dem Betroffenen, darzulegen, weshalb sein Persönlichkeitsrecht durch die fragliche, wahrheitswidrige Äußerung verletzt worden sei (BGH, Urteil vom 15. November 2005, VI ZR 274/04; AfP 2006, 60 (61); BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2007, 1 BvR 150/06, AfP 2008, 55 (58); Weberling, in: Ricker/Weberling PresseR-HdB, 7. Aufl. 2021, 42. Kap. Rn. 29a).
50
(2) Als Beispiele für Unrichtigkeiten, die im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht unerheblich sind, wurde angeführt, dass fälschlich berichtet wurde, der Betroffene habe ein Interview gegenüber dem „Stern“ statt gegenüber der dpa gegeben (BGH, Urteil vom 15. November 2005, VI ZR 274/04; AfP 2006, 60), eine Werbung habe bei einer Vernissage „bei“ Jil Sander stattgefunden, obwohl diese Vernissage „für“ Jil Sander abgehalten wurde (OLG Köln, Urteil vom 28. April 2005 – 15 U 9/05, NJW-RR 2006, 126), oder der Betroffene sei Aktionär eines Unternehmens, obwohl zum Aktionärskreis lediglich eine GmbH gehört, deren Geschäftsführer er ist, und er für diese in der Hauptverhandlung aufgetreten ist (siehe jeweils Weberling, in: Ricker/Weberling PresseR-HdB, 7. Aufl. 2021, 42. Kap. Rn. 29a m. Nw.). Ferner wurde ein Interesse verneint, der Behauptung entgegenzutreten, die Staatsanwaltschaft habe etwas beschlagnahmt, auch wenn dies vom Amtsgericht angeordnet wurde, weil die Unterscheidung zwischen dem Antragsrecht der Staatsanwaltschaft und dem Entscheidungsrecht des Amtsgerichts zwar rechtsstaatlich von Bedeutung, für umgangssprachliche Darstellungen aber belanglos ist (OLG Köln, Urteil vom 10. Januar 1989, 15 U 198/88, NJW-RR 1990, 1119; Burkhardt in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, 11. Kapitel Gegendarstellungsanspruch, Rn. 32).
51
(3) Eine solche Situation ist auch vorliegend gegeben. Für ein etwaiges Werturteil des Lesers – und, sollte man in der Rezension eine entsprechende Äußerung des Beklagten sehen, der Beklagten selbst – dahingehend, ob die getroffene Regelung bei Anwesenheit des Klägers im Termin anders ausgefallen wäre, ist es ohne Relevanz, wie genau es zu dem Ergebnis „Geschwistertrennung“ kam. Die Beklagte macht einen Anwaltsfehler i.e.S. nicht geltend, sondern führt den Verfahrensausgang allenfalls auf den Umstand zurück, im Termin nicht anwaltlich vertreten gewesen zu sein. Es ist dann ein unerhebliches Detail, ob die erzielte Regelung auf einer Vereinbarung beruhte, der die Beklagte im Termin zugestimmt hat, oder einer originär vom Gericht getroffenen Entscheidung. Entscheidend ist, dass in beiden Fällen gleichermaßen die greifbare Möglichkeit im Raum steht, bei Mitwirkung eines Rechtsanwalts wäre für die Beklagte eine günstigere Regelung zu erwirken bzw. zu erzielen gewesen
52
(4) Der Senat merkt insoweit an, dass für eine nennenswerte Zahl von Lesern durch die Formulierung „beschlossen“ sogar ein dem Kläger günstigeres Bild erzeugt worden sein dürfte, was die Bedeutung seines Ausbleibens angeht:
53
Trifft ein Gericht eine Entscheidung, muss es sich an der Sach- und Rechtslage orientieren und ggf. Umstände von Amts wegen ermitteln und berücksichtigen; wesentliche Aspekte können vor oder nach der Verhandlung schriftlich vorgebracht werden. Das Verhalten im Termin ist daher zwar bedeutsam, aber nicht entscheidend. Anders liegt der Fall, wenn der Beteiligte im Termin die Zustimmung zu einer zuvor nicht vorbesprochenen Vereinbarung erklärt; hier besteht sowohl objektiv als auch aus Sicht eines Lesers stets die greifbare Möglichkeit, dass der Beteiligte mangels anwaltlichen Beistands und Möglichkeit zur juristischen Beratung eine für sie ungünstige Entscheidung getroffen hat, die bei Anwesenheit eines Rechtsanwalts so nicht ausgefallen wäre. Dem durchschnittlichen Leser ist durchaus bewusst, dass vom Gericht oder Gegner vorgeschlagene Vereinbarungen nicht immer die günstigste Regelung darstellen und es daher an der Verhandlungserfahrung und der rechtlichen Kenntnis liegt, entweder günstigere Bestimmungen heraus zu handeln oder auf einer Entscheidung zu bestehen, anstelle vorschnell eine präsentierte Regelung hinzunehmen, weil man sich der Situation nicht gewachsen erscheint.
54
(5) An diesen Überlegungen ändert auch der Aspekt nichts Entscheidendes, dass die Beklagte ihr Einverständnis bis zur Billigung der Vereinbarung i.S.v. § 156 Abs. 2 FamFG (das Zitat von § 166 Abs. 2 FamFG im Schriftsatz vom 28. Februar 2025 stellt einen Schreib-/ Diktatfehler dar) widerrufen hätte können.
55
Der Kläger zeigt nicht auf, dass die Beklagte gewusst hätte oder von ihm informiert worden wäre, dass diese Möglichkeit bestanden hat, sondern teilt im Gegenteil mit, die Beklagte habe seine Entschuldigung nicht angenommen und am selben Tag das Mandat gekündigt, so dass er keine Gelegenheit gehabt habe, sie über die Rechtslage zu informieren. Auch nach seinen Ausführungen bleibt daher greifbar im Raum, dass sich die Beklagte an die Vereinbarung gebunden fühlte und mangels Rechtsrats nicht über einen Widerruf frei und sachlich informiert entscheiden konnte.
56
c) Ohne Erfolg wendet sich der Kläger gegen die Passagen auch insoweit, als ein Zusammenhang zwischen dem Prozessausgang und dem Verhalten des Klägers im Raum steht.
57
aa) Die Beklagte behauptet in der Rezension nicht ausdrücklich, dass der für sie ungünstige Ausgang des familiengerichtlichen Verfahrens auf das Verhalten des Klägers, insbesondere dessen Ausbleiben im Termin, zurückzuführen ist.
58
bb) Selbst wenn man einen solchen Aussagegehalt in die Schilderung der Beklagten hineinlesen würde – wofür spricht könnte, dass sie diesen Umstand überhaupt anführt – würde es daran fehlen, dass sich die Folgerung eines Kausalzusammenhangs dem Leser als unausweichlich aufdrängt. Über die Sach- und Rechtslage in dem familiengerichtlichen Verfahren und die Erfolgsaussichten für den Antrag der Beklagten wird nichts mitgeteilt. Es bleibt daher völlig offen, ob der von der Beklagten als ungünstig empfundene Ausgang nicht bereits aus anderen Gründen vorgezeichnet war, also unabhängig von einer anwaltlichen Vertretung und deren Agieren im Termin so ergangen wäre. Die Beklagte wirft dem Kläger insoweit kein konkretes Fehlverhalten vor und behauptet auch nicht, dass sie an konkreten Prozesshandlungen gehindert war oder von solchen abgesehen hat, weil sie nicht im Termin anwaltlich begleitet wurde.
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cc) Der Beklagten könnte im Übrigen nicht untersagt werden, das Gefühl zu äußern, der Verfahrensausgang sei möglicherweise auch auf das Ausbleiben des Klägers zurückzuführen. Eine derartige Meinungsäußerung ist nach den genannten Kriterien nicht unzulässig. Dies gilt auch, wenn man den von der Beklagten mitgeteilten Grundbestand an Tatsachen einbezieht, weil auch insoweit keine falsche Darstellung erfolgt ist.
60
(1) Eine unterstellte Äußerung, das Verfahren hätte bei Anwesenheit eines Rechtsanwalts im Termin einen anderen, günstigeren Ausgang genommen, bringt allenfalls die persönliche Einschätzung zum Ausdruck. Wie ein Verfahren hypothetisch ausgegangen wäre, lässt sich wegen der Notwendigkeit zahlreicher Einschätzungen und Annahmen kaum vorhersehen; dies ist dem Leser geläufig. Eine entsprechende Äußerung wäre daher als Wiedergabe eines subjektiven Empfindens und damit als Meinungskundgabe einzuordnen.
61
(2) Wiederum macht zudem die Beklagte nachvollziehbar, weshalb sie meint, dass das Ergebnis bei Anwesenheit des Klägers oder eines anderen anwaltlichen Beistands im Termin nicht so eingetreten wäre. Der Leser erfährt somit, worauf die Beklagte ihren Eindruck stützt, und damit zugleich, dass es keine objektiven Belege hierfür gibt, die Beklagte also keine Behauptung als unumstößliche Ware aufstellt.
62
Die Rezension lässt an mehreren Stellen durchblicken, dass die Beklagte ein erhebliches Handlungsdefizit und sogar Ungleichgewicht verspürte, weil sie – anders als die Gegenseite – in dem Verhandlungstermin nicht anwaltlich vertreten war. Dies entspricht im allgemeinen Erfahrungssatz, dass ein Verfahrensbeteiligter, der in einem Verfahren ohne Anwaltszwang einen Rechtsanwalt mit seiner Interessenwahrnehmung und insbesondere der gemeinsamen Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins beauftragt, sich selbst der Situation einer Verhandlung nicht vollständig gewachsen sieht und daher Hilfe benötigt, um keine ungünstigen Entscheidungen zu treffen. Ob dies in jedem Fall so zutrifft, zusammen mit einem Rechtsanwalt also tatsächlich eine günstigere Entscheidung oder eine günstigere Vereinbarung zu erzielen gewesen wäre, ist damit aber nicht gesagt.
63
d) Damit bleiben auch die Berufungsanträge IV. und VIII. ohne Erfolg, weil eine Behauptung, wie sie verboten und widerrufen werden soll, nicht aufgestellt wurde und die geäußerten Passagen nicht zu beanstanden sind. Die Meinungsäußerungen sind nicht aufgrund der Form oder der verwendeten Begriffe herabwürdigend oder sonst ausnahmsweise unzulässig; sie halten sich im Rahmen dessen, was bei Rezensionen naturgemäß zu äußern ist. Dasselbe gilt für die Berufungsanträge V. und IX.
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6. Teilweise Erfolg hat die Klage und damit das Rechtsmittel des Klägers im Hinblick auf die Aussage zu den Rechtschreibfehlern im übersandten Schriftsatz (Berufungsanträge VI. und X.).
65
a) Das Schriftstück, der der von der Beklagten geäußerten Kritik im Hinblick auf zahlreiche Rechtschreibfehler und „komische“ Satzzusammenhänge zugrunde lag, was nach nunmehr unstreitigem Vortrag ein auf den 15. Mai 2023 datierter Entwurf (Anlage B2) des später bei Gericht eingereichten Schriftsatzes vom 16. Mai 2023 (Anlage K8). Der bei Gericht eingereichte Schriftsatz enthält jedenfalls nicht in dem Umfang wie der vorherige Entwurf offensichtliche Schreibohne Diktatfehler, wie etwa „per Bier“ statt „per beA“.
66
Die Rezension der Beklagten spricht demgegenüber gerade davon, dass der eingereichte Schriftsatz und nicht lediglich ein Entwurf für einen solchen vor lauter Rechtschreibfehlern kaum zu lesen gewesen sei. Insoweit erklärt die Beklagte ausdrücklich, dass sie zunächst gedacht habe, es sei lediglich der Entwurf, es aber bereits das Schreiben an das Gericht gewesen sei.
67
Für den Adressaten macht es einen erheblichen Unterschied, ob ein bloßer, ihm zur sachlichen Durchsicht übersandte Entwurf eine Vielzahl von Rechtschreibfehlern aufweist, oder dies auch bei dem endgültigen Schriftsatz der Fall ist. Zwar mag ein (potentieller) Mandant möglicherweise auch erwarten, dass bereits im übersandte Entwürfe in orthographischer und sonstiger Hinsicht korrekt sind; ein unzweifelhaft negatives Bild stellt sich aber dann ein, wenn die bei Gericht eingereichten Schriftsätze zahlreiche Rechtschreibfehler enthalten, die dessen Lesbarkeit beeinträchtigen. Gerade auf letzteren Umstand stützt die Beklagte ihr Werturteil mangelnder Professionalität der Kanzlei des Klägers.
68
b) Damit ist eine Sachlage gegeben, in der ein Werturteil – sehr unprofessionelles Agieren – auf einer Tatsachenbehauptung – Einreichen eines von Rechtschreibfehlern durchsetzten Schriftsatzes an das Gericht – aufbaut, diese Tatsachenbehauptung aber falsch ist.
69
Der Tatsachengehalt lässt sich dabei hinreichend klar umschreiben, auch wenn die Beklagte hinsichtlich Art und Zahl der Rechtschreibfehler nichts mitteilt. Ihre Ausführungen präsentieren jedenfalls die Sachinformationen, es habe sich um eine erhebliche Zahl gehandelt und die Lesbarkeit des Schriftsatzes sei erheblich beeinträchtigt worden (“ konnte man kaum lesen vor lauter Rechtschreibfehler“). Auch pauschale Aussagen können Tatsachenbehauptungen sein, wenn aufgrund der Einbindung kein Zweifel daran gelassen wird, dass ein objektiv überprüfbare Sachverhalt gegeben sei (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juli 2015 – VI ZR 340/14, NJW 2016, 56 Rn. 24; BeckOK InfoMedienR/Söder, 43. Ed. 1.2.2024, BGB § 823 Rn. 46). Das Vorhandensein zahlreicher gravierender Rechtschreibfehler wird vorliegend nicht als bloß subjektives Empfinden dargestellt. Für den Adressaten stellt sich die Passage daher insoweit als Mitteilung eines feststehenden, objektiven Umstands dar, dass der Schriftsatz eine Vielzahl von auch deutlich auffallenden Fehler enthielt und deshalb seine Lesbarkeit/Verständlichkeit beeinträchtigt war.
70
c) Unerheblich ist entgegen der Auffassung des Landgerichts, dass auch der am 16. Mai 2024 eingereichte Schriftsatz Rechtschreibfehler (nach Zählung des Gerichts je 9 auf den Seiten 2 und 3) enthält.
71
Zum einen fallen die darin enthaltenen Fehler jedenfalls nicht ins Auge und erschweren nicht das Lesen und das Verständnis des Schriftsatzes. Sie erwecken auch nicht den Eindruck, der Verfasser habe von jeglicher Durchsicht und Korrektur abgesehen, bevor er den Schriftsatz in Auslauf gebracht hat, wie es bei der Entwurfsversion noch der Fall war. Insoweit hat eine Korrektur zwischen Entwurf und Versenden stattgefunden. Der Vorwurf mangelnder Professionalität ließe sich damit mit diesem Schriftsatz nicht begründen.
72
Zum anderen muss sich die Beklagte daran festhalten lassen, dass sie ihre Ausführungen und das darauf aufbauende Urteil ausdrücklich auf den bei Gericht eingereichten Schriftsatz und nicht einen Entwurf bezogen hat. Sie kann eine unzutreffende Behauptung grundsätzlich nicht damit verteidigen, sie hätte eine andere zutreffende Behauptung aufstellen dürfen. Anderes gilt nur im zuvor beschriebenen Fall der Belanglosigkeit für das Persönlichkeitsrecht; hieran fehlt es aber, weil es durchaus ein Unterschied macht, ob man einen für den Mandanten zur Durchsicht bestimmten Entwurf „schlampig abliefert“ oder dies für den Final eingereichten Schriftsatz gilt.
73
d) Der Kläger kann daher verlangen, dass die Beklagte eine entsprechende Äußerung nicht mehr tätigt (Berufungsantrag VI; Unterlassung gem. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB). Dies schließt nach den obigen Ausführungen mit ein, dass die Beklagte die notwendigen Schritte unternimmt und dazu erforderlichenfalls Auftritte einwirkt, damit die entsprechenden Passagen der Rezension nicht weiter lesbar sind.
74
aa) Dies gilt sowohl für die Tatsachenbehauptung, der eingereichte Schriftsatz habe „lauter Rechtschreibfehler“ enthalten und sei deshalb kaum lesbar gewesen, als auch das darauf aufbauende Werturteil mangelnder Professionalität. Die Einordnung der Sachbehandlung als professionell oder unprofessionell stellt zwar grundsätzlich eine Wertung dar. Der Vorwurf, die legitimerweise zu erwartende gewisse Professionalität fehle dem Kläger, ist vorliegend untrennbar mit der Argumentation, der Anwalt werde für seine Tätigkeit bezahlt und müsse daher Schreiben vor dem Versenden an das Gericht korrekturlesen, verbunden, und damit mit der Tatsachenbehauptung, eine Durchsicht habe offensichtlich nicht stattgefunden. Dies wird noch verstärkt durch den Hinweis einer Vergütung für die anwaltliche Tätigkeit, die den Vorwurfscharakter verstärkt. Eine derartige Meinungsäußerung der Beklagten, die ersichtlich auf Grundlage einer objektiv unzutreffenden Tatsachengrundlage gefallen ist und damit gerechtfertigt werden soll, ist nach Abwägung mit den Interessen des Klägers nicht schutzwürdig.
75
Der Senat stellt insoweit klar, dass dies nicht bedeutet, die Beklagte dürfe eine derartige Bewertung als unprofessionell etc. überhaupt nicht mehr vornehmen (und z.B. auf den Entwurf stützen), sondern nur, dass der Vorwurf mangelnder Professionalität nicht auf ein (angeblich) fehlendes Korrekturlesen im konkreten Anlassvorgang gestützt werden darf.
76
bb) Nicht verboten werden kann der Beklagten die abschließende Bewertung, sie wolle persönlich nicht wieder vom Kläger vertreten werden, weil sie bei einem solchen Verhalten keinerlei Vertrauen in ihn habe. Diese Würdigung beruht ersichtlich auf dem gesamten Geschehen und allen von der Klägerin erhobenen Vorwürfen. Ob Vertrauen zu einem Anwalt zerstört ist oder nicht, ist primär ein Aspekt der subjektiven Einstellung. Ob Vorfälle, wie sie sich zugetragen haben, einer Person Anlass geben, eine anderen weiter zu vertrauen und sie mit Verantwortung von Aufgaben zu betrauen, ist eine in allererster Linie persönliche Entscheidung.
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cc) Ebenso kann der Beklagten die Behauptung, ein von ihm verfasster Schriftsatz weise „komische Satzzusammenhänge“ auf, nicht verboten werden. Es entzieht sich einer objektiven Bewertung, wann Satzzusammenhänge als ungewöhnlich und damit „komisch“ empfunden werden. Die Ausführungen sind insoweit nahezu vollständig substanzlos. Der Leser versteht daher dieses Element der Äußerung in dem Sinn, dass der Beklagten die Satzzusammenhänge negativ aufgefallen sind, kommt aber nicht dazu, dass tatsächlich grammatikalische Fehler gegeben sein müssen. Dies gilt nicht zuletzt in Anbetracht des gerichtsbekannten Umstands, dass juristische Laien häufig Ausdrucksweisen in juristischen Texten als ungewöhnlich empfinden, obwohl sie so durchaus verbreitet sind. Insoweit liegt allenfalls eine substanzlose Tatsachenbehauptung vor, die hinter das Element des Dafürhaltens vollständig zurücktritt.
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e) Dagegen kann der Kläger nicht verlangen, dass die Beklagte diese Äußerungen in dem beschriebenen Umfang widerruft oder zurücknimmt.
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aa) Die eingangs beschriebenen, für einen Widerrufsanspruch notwendigen Voraussetzungen liegen nicht vor. Es ist nicht erkennbar, dass die Äußerung, soweit sie bislang getätigt wurde, über die bloße Abrufbarkeit hinaus in einem Sinn fortwirkt, dass das Ansehen des Klägers und seiner Kanzlei beeinträchtigt würde.
80
Insbesondere liegen weder konkrete Umstände dafür vor noch spricht Lebenserfahrung dafür, dass eine größte Vielzahl von Personen die Äußerung wahrgenommen hat, sich noch an sie erinnert und Folgerungen daraus zieht. Derartige Rezensionen zu einzelnen Kanzleien haben nur eine geringe Reichweite und werden fast ausschließlich von Personen wahrgenommen, die sich für die Kanzlei interessieren. Nur bei einer Fortwirkung wäre aber eine positive Berichtigung erforderlich, um die Ehre des Klägers wiederherzustellen, und dies auch der Beklagten zumutbar. Hinzu kommt, dass – wie das Landgericht, wenn auch in anderem Zusammenhang, ausgeführt hat – die Äußerung auch nur die Sozialsphäre des Klägers betraf und sich nicht durch eine besondere Intensität auszeichnete. Jedenfalls bei der gebotenen Abwägung der Interessen überwiegen daher die Interessen des Klägers an einer denkbaren Rehabilitation nicht die Interessen der Beklagten, sich nicht öffentlich distanzieren zu müssen.
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bb) Darauf, dass der Klageantrag den begehrten Widerruf dem Wortlaut nach nebst konkreter Platzierungsanordnung enthalten muss, woran es vorliegend fehlt, kommt es damit nicht mehr entscheidend an. Der Senat hatte deshalb auch kein Anlass, nach § 139 ZPO auf geeignete Formulierungen hinzuwirken (vgl. Weberling, in: Ricker/Weberling PresseR-HdB, 7. Aufl. 2021, 44. Kap. Rn. 25a).
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7. Eine vollständige Entfernung der Rezension, wie sie der Kläger beantragt hat (Berufungsantrag II.) kann nicht begehrt werden. Der Unterlassung- und der Beseitigungsanspruch gehen nur so weit, wie sich die Äußerungen der Beklagten als rechtswidrig erwiesen haben. Daher schuldet die Beklagte lediglich, die Rezension insoweit abzuändern, dass sich die genannten Passagen nicht mehr darin finden (vgl. BeckOK InfoMedienR/Söder, 46. Ed. 1.11.2024, BGB § 823 Rn. 292 f.). Ihr kann aber nicht untersagt werden, sich überhaupt negativ über den Kläger zu äußern und dies durch die übrigen, nicht zu beanstandenden Passagen zu tun.
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8. Der Senat hat keinen Anlass, auf die übrigen grundsätzlichen Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 10. März 2025 einzugehen.
84
Ein Fall, in dem eine Rezension ohne vorangegangenen Kontakt als Mandant erfolgt ist (“Fake-Bewertung“), steht vorliegend nicht im Raum. Die bloße Möglichkeit, dass es zu solchen kommt, kann kein Verbot zutreffender und zulässiger Bewertungen bewirken.
85
Da der Kläger sich an die beklagte Verfasserin der Rezension unmittelbar wendet, wirkt sich auch nicht aus, dass sich eine Rechtsverfolgung gegen das in Irland ansässige Unternehmen des G. -Konzerns mit dem Ziel, dass dieses Einträge Dritter entfernt – trotz Zugehörigkeit Irlands zur EU – oftmals als aufwendig und langwierig darstellt.
86
Der Umstand, dass nur ein geringer Teil der Kunden, Mandanten, Patienten etc. eine Bewertung veröffentlicht und dies vor allem dann geschieht, wenn das Unternehmen, der Anwalt, der Arzt etc. besonders positive oder negative Eindrücke hinterlassen hat, ist dem Senat bekannt. Er wurde von ihm insoweit berücksichtigt, als der Senat annimmt, dass auch der typische Leser dies weiß und daher eine Rezension als Wiedergabe der Wahrnehmungen eines Mandanten im Einzelfall bewertet.
87
Soweit der Kläger geltend macht, er könne wegen der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht nicht auf unberechtigte Vorwürfe eines Mandanten in gleicher Weise reagieren, wiegt dieser Gesichtspunkt keinesfalls so schwer, dass der Beklagten verboten werden müsste, solche Rezensionen zu verfassen. Wie der vorliegende Rechtsstreit zeigt, ist es ihm grundsätzlich möglich, gegen den Verfasser vorzugehen und dabei, gerechtfertigt durch die Befugnis zur Wahrnehmung berechtigter Interessen, den Sachverhalt vollständig darzustellen. Wenn sich daraus eine relevante Unrichtigkeit ergibt, kann er die Verpflichtung erreichen, die Rezension zur Löschung zu bringen.
88
Der behauptete Umstand, dass Betreiber von Rezensionsplattformen gegen Entgelt der betroffenen Personen bereit seien, Einträge zu entfernen, hat ebenfalls keine unmittelbaren rechtlichen Auswirkungen auf den vorliegenden Sachverhalt. Selbst wenn ein Betreiber ein solches Portal in der Absicht zur Verfügung stellen würde, die Betroffenen zu Zahlungen für ein Entfernen zu veranlassen, würde sich daraus kein Verbot der Rezensenten ableiten lassen, nach allgemeinen Kriterien zulässige Äußerungen zu tätigen. Ferner lässt sich aus der jüngeren BGH-Rechtsprechung ableiten, dass Portalbetreiber nicht unbegrenzt zahlende und nicht zahlende Kunden ungleich behandeln dürfen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2021, VI ZR 489/19, BGHZ 231, 264 = GRUR 2022, 258 „jameda V“).
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9. Den begehrten Schadensersatz i.H.v. 210,00 € wegen entgangene Einnahmen kann der Kläger nicht beanspruchen.
90
Der Kläger stützt diesen Anspruch darauf, dass Herr P. im Anschluss an die Rezension der Beklagten auf dem Bewertungsforum geäußert hat, er habe erwogen, den Kläger zu mandatieren, hiervon aber Abstand genommen, nachdem er die Schilderung der Beklagten gelesen hat, da bei einem Rechtsbeistand die Zuverlässigkeit das A und O sei.
91
Inwieweit sich aus einer Verletzung eines absolut geschützten Rechts oder Rechtsguts wie dem Persönlichkeitsrecht oder dem Recht am eingerichteten ausgeübten Gewerbebetrieb ein Vermögensschaden ergibt, ist nach dem Maßstab des § 287 Abs. 1 ZPO zur beurteilen, der eine Schätzung erlaubt. Erforderlich ist damit nicht der Vollbeweis, sondern lediglich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit. Eine solche ist aber auch erforderlich, um eine Verpflichtung zum Schadenersatz auszusprechen. Der beschriebene Maßstab gilt auch für Aspekte der Kausalität zwischen der Rechtsgutverletzung und dem Vermögensnachteil.
92
Vorliegend spricht nicht einmal eine ausreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass Herr P. von der Mandatierung nicht abgesehen hätte, wenn die unzutreffende Äußerung der Beklagten unterblieben wäre. Der unbegründete Vorwurf mangelnder Sorgfalt beim Abfassen von Schriftsätzen stellt nur einen von mehreren Aspekten in der Rezension dar, und auch nicht in den gewichtigsten. Es liegt daher schon bei abstrakter Betrachtung nahe, dass sich die Einschätzung und Entschließung eines potentiellen Mandanten nicht geändert hätte, wenn der Sachverhalt von der Beklagten auch in diesem Punkt zutreffend geschildert worden wäre. Erst recht gilt dies im konkreten Fall, weil Herr P. in seinem Beitrag ausdrücklich auf den Aspekt der Zuverlässigkeit, die er als zentrale Anforderung an einen Rechtsanwalt bezeichnet, abgestellt hat. Der Vorwurf mangelnder Zuverlässigkeit beruht aber entscheidend auf dem Umstand, dass der Kläger den Termin nicht wahrgenommen und auch weder um eine Verlegung gebeten noch für eine Vertretung gesorgt hat, nicht den angeblichen Rechtschreibfehlern.
93
Die Kausalität zwischen der Handlung der Beklagten und dem Vermögensnachteil in Gestalt entgangener Umsätze ist daher nicht als wahrscheinlich anzusehen.
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10. Erstattung vorgeschichtlicher Kosten kann der Kläger nur in dem Umfang begehren, wie die Rechtsverfolgung berechtigt war.
95
a) Der Senat geht, da die Klageschrift keine näheren Angaben zur Berechnung und Zusammensetzung der Forderung i.H.v. 1.212,61 € enthält und auch das vorgerichtliche Schreiben vom 20. Oktober 2023 nicht vorgelegt wurde, davon aus, dass der Kläger einen Gegenstandswert von bis zu 13.000,00 € und einen Gebührensatz von 1,5 zugrunde gelegt hat.
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b) Der Senat wendet auf Fälle der vorliegenden Art die vom BGH in der Entscheidung „Sondernewsletter“ (Urteil vom 10. Dezember 2009, I ZR 149/07, GRUR 2010,744, Rn. 52) für den Bereich des Lauterkeitsrechts entwickelten Grundsätze an. Danach ist in Fällen, in denen sich die Höhe der Abmahnkosten nach dem Gegenstandswert der Abmahnung bemisst und die Abmahnung nur teilweise berechtigt war, die Höhe des Ersatzanspruchs nach dem Verhältnis des Gegenstandswerts des berechtigten Teils der Abmahnung zum Gegenstandswert der gesamten Abmahnung zu bestimmen. Relevante Unterschiede zwischen dem Lauterkeitsrecht und dem Äußerungsrecht sind insoweit nicht zu erkennen.
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c) Der Gegenstandswert für die vorgerichtliche Tätigkeit des Klägers für seine Interessenwahrnehmung ist vorliegend mit 5.210,00 € anzusetzen. Entsprechend hat das Landgericht den Streitwert festgesetzt, ohne dass die Parteien hiergegen etwas erinnert hätten. Auch der Senat hält diese Bemessung für sachgerecht. Bei Äußerungen, die Bezug zur unternehmerischen oder freiberuflichen Tätigkeit des Betroffenen besitzen, kommen zwar oftmals höhere Ansätze in Betracht. Es ist aber im Streitfall nicht aufgezeigt oder sonst erkennbar, dass ein größerer Adressatenkreis Kenntnis genommen hat, ebenso wenig weist die Bewertung aufgrund von Formulierung und Inhalt eine besonders tief greifende Eingriffsintensität auf.
98
Gründe, weshalb eine gegenüber der Regelgebühr von 1,3 erhöhte Geschäftsgebühr gerechtfertigt wäre, erkennt der Senat nicht. Die Sache ist in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht als durchschnittlich zu qualifizieren. Bei einem Gegenstandswert von 5.210,00 € und der 1,3-Regelgebühr errechnen sich unter Berücksichtigung der Auslagenpauschale und der Umsatzsteuer 627,13 €.
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d) Auf die Unterlassungs- und Wiederholungsanträge entfällt damit ein Gegenstandswert von 5.000,00 €. Der Senat bewertet die Anträge, die die Vorwürfe „Versäumen des Termins“ und „Rechtschreibfehler“ betreffen, höher als die Anträge zu den (inhaltlich nahestehenden) Vorwürfen „Kind lebt bei Papa“ und „Geschwistertrennung beschlossen“. Er setzt für die beiden erstgenannten Komplexe je 1.500,00 €, die beiden letztgenannten je 1.000,00 € an. Das Obsiegen des Klägers entspricht dann 1.000,00 €, weil er nur mit einem der Anträge durchgedrungen ist und auch insoweit nur mit dem Unterlassungsbegehren (einschließlich Entfernung der betroffenen Passage), nicht aber dem weitergehenden Widerrufsbegehren.
100
Das im vorgerichtlichen Schreiben geäußerte Begehren war daher nur im Umfang von 19,2% erfolgreich.
101
e) Dies führt zu einem Anspruch des Klägers in Höhe von 120,37 €. Die Zinsen sind infolge der Fristsetzung unter dem Gesichtspunkt des Verzugs gerechtfertigt.
102
11. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO.
103
Die Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel erfolgte im Umfang des maximal zulässigen Ordnungsgeldes; der Senat war hier an die Antragsfassung des Klägers nicht gebunden.
104
Wegen des Streitwerts und der Quote verweist der Senat auf die obigen Ausführungen.
105
Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, weil die Entscheidung auf den Umständen des Einzelfalls betrifft und die bereits höchst- und verfassungsgerichtlich geklärten Grundsätze auf diesen ohne Abweichung abwendet.
106
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht dementsprechend auf § 708 Nr. 10 i.V.m. § 713 ZPO.