Inhalt

OLG Bamberg, Endurteil v. 27.11.2024 – 3 UKl 7/24 e
Titel:

Sonderkündigungsrecht, Telekommunikationsvertrag, Außerordentliche Kündigung, Verbraucherverband, Verbraucherinteressen, Verbraucherschutzgesetz, Abmahnungskosten, Kündigungsrecht, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Gesetzgebungsverfahren, Fehlende Leistungsfähigkeit, Wohnsitzwechsel, Geschäftsführung ohne Auftrag, Vorzeitige Beendigung, Geschuldete Leistung, Geschäftliche Handlung, Interessenausgleich, Kostenentscheidung, objektivierter Wille des Gesetzgebers, Telekommunikationsdienstleistungen

Schlagworte:
Verbraucherschutz, Kundenschutz, Unterlassungsanspruch, Vertragskontinuität, Sonderkündigungsrecht, Interessenlage, Vertragstreue
Fundstellen:
CR 2025, 760
GRUR-RS 2024, 50842

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten um eine Abmahnung wegen des Verhaltens der Beklagten anlässlich der Kündigung eines Telefonanschlusses durch einen Verbraucher.
2
Der Kläger ist eine gemeinnützige Einrichtung zur Wahrung des wirtschaftlichen Allgemeinwohls der Verbraucher in Bayern und vertritt satzungsgemäß die Wahrnehmung von Verbraucherinteressen. Er ist bei der vom Bundesamt für Justiz geführten Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4 UKlaG seit dem 10.06.2003 eingetragen. Die Beklagte ist mit über 40 Mio. Mobilfunkanschlüssen und 2,3 Mio. Breitbandanschlüssen einer der führenden Telekommunikationsanbieter in Deutschland.
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Mit Schreiben vom 23.10.2022 kündigte die Verbraucherin A. einen mit der Beklagten geschlossenen X-Vertrag unter Hinweis auf ein bestehendes Sonderkündigungsrecht. Hintergrund der Kündigung war, dass die Verbraucherin in die Wohnung ihres Freundes eingezogen war, der bereits über einen Internet und Telefonanschluss bei einem Konkurrenzunternehmen der Beklagten verfügte (vgl. Anlage K2). Die Beklagte kann jedoch auch dort ihre Leistung anbieten. Mit Reaktionsschreiben vom 07.11.2022 teilte die Beklagte daher gegenüber der betroffenen Verbraucherin mit:
„…Aufgrund der Mindestvertragslaufzeit bis zum 19.10.2023 ist eine außerordentliche Kündigung nicht möglich. Möchten Sie wirklich auf unser Produkt verzichten? Auch an Ihrer neuen Adresse können Sie es erhalten. Beauftragen Sie uns einfach bis spätestens 21.11.2022 und wir sorgen für alles weitere.
Da wir Ihnen unsere Leistung wegen des Umzuges an Ihrer bisherigen Adresse nicht mehr anbieten können, bleibt nur diese Alternative: Den Anschluss zum Umzugstermin abschalten, den Vertrag beenden und Ihnen die Restlaufzeit berechnen (…).“
4
Mit weiterem Schreiben vom 22.11.2022 führte die Beklagte gegenüber der betroffenen Verbraucherin weiter aus:
„… Wie wir Sie bereits informiert haben, können wir Ihrem Wunsch nach einer außerordentlichen Kündigung aufgrund der vereinbarten Mindestvertragslaufzeit bis zum 19.10.2023 leider nicht entsprechen.
Wir haben Ihnen die Umstellung des Vertrages auf Ihre neue Wohnadresse angeboten und Sie gebeten, sich nochmals mit uns in Verbindung zu setzen. Da Sie von unserem Angebot keinen Gebrauch gemacht haben, werden wir den Anschluss zum 31.12.2022 deaktivieren, den Vertrag beenden und Ihnen die Restlaufzeit des Vertrages berechnen. (…)“.
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Die betroffene Verbraucherin erklärte mit Schreiben vom 30.12.2022 erneut, dass sie von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch mache, da sie zum 31.12.2022 zu ihrem Freund ziehen werde, welcher bereits über einen Vertragsanschluss verfüge. Darüber hinaus übersandte die Verbraucherin den ihr überlassenen Router an die Beklagte zurück und bat um schriftliche Bestätigung der Sonderkündigung zum 31.12.2022. Dem kam die Beklagte nicht nach. Die betroffene Verbraucherin wandte sich daraufhin an den Kläger. Dieser mahnte die Beklagte am 28.04.2023 unter Hinweis auf einen Verstoß gegen § 60 Abs. 2 TKG ab und forderte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Der Kläger wies hierbei darauf hin, dass eine außerordentliche Kündigung eines Telekommunikationsvertrages nach § 60 Abs. 2 TKG dann möglich sei, wenn ein Wohnortwechsel erfolge und der Anbieter die Leistung am neuen Wohnort nicht erbringen könne. Dieser Regelung stehe gleich, wenn ein Verbraucher in eine Wohnung zu einem anderen Verbraucher ziehe, der bereits über einen Telekommunikationsvertrag verfüge. Die Beklagte stellte mit Schreiben vom 12.05.2023 das Bestehen eines Sonderkündigungsrechts nach § 60 Abs. 2 Satz 1 TKG in Abrede und gab die geforderte Unterlassungserklärung nicht ab.
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Der Kläger ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Beklagten gem. § 2 Abs. 1 S. 1 UKlaG vorliegen würden. Die Vorschrift des § 60 Abs. 2 TKG, welche Verbrauchern ein Sonderkündigungsrecht von einem Monat einräume, wenn die vertraglich geschuldete Leistung nach einem Umzug am neuen Wohnsitz nicht angeboten werde, sei als Verbraucherschutzgesetz anzusehen. Die Vorschrift solle eine Doppelbelastung des Verbrauchers im Falle eines Umzugs verhindern. Dieser solle bei einem Umzug mit seiner Kündigungserklärung nicht bis zum tatsächlichen Umzug warten müssen. Eine fehlende Leistungsfähigkeit des Anbieters liege nach dem Willen des Gesetzgebers auch dann vor, wenn ein Verbraucher in eine Wohnung zu einem anderen Verbraucher ziehe, der bereits über einen Telekommunikationsvertrag verfüge. Entscheidend sei, dass ein entsprechender Anschluss bereits bestehe, auf die konkrete Ausprägung der vorhandenen Infrastruktur des Anschlusses komme es nicht an.
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Das Verhalten der Beklagten verstoße auch gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 UWG. Eine geschäftliche Handlung sei irreführend, wenn sie unwahre oder zur Täuschung geeignete Angaben über die Rechte des Verbrauchers enthalte. Vorliegend habe die Beklagte die betroffene Verbraucherin damit in die Irre geführt, dass sie dem geäußerten Kündigungswunsch nicht nachgekommen sei und stattdessen angeraten habe, den Vertrag auf die neue Adresse umzustellen bzw. den Anschluss zum Umzugstermin abzuschalten.
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Den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten könne der Kläger nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag und gemäß § 5 UKlaG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG geltend machen, der gem. § 288 Abs. 1 BGB ab dem 27.05.2023 zu verzinsen sei.
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Der Kläger beantragt,
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für den Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollstrecken an den gesetzlichen Vertretern, es zu unterlassen,
im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern, die ihren Telekommunikationsvertrag bei der Beklagten wegen Umzugs an einen neuen Wohnort, an dem bereits Telekommunikationsdienstleistungen durch einen anderen Anbieter erbracht werden, vorzeitig kündigen, in Kenntnis des neuen Wohnortes mitzuteilen bzw. mitteilen zu lassen, dass der Vertrag nicht vorzeitig endet, weil die vertragliche Telekommunikationsleistung der Beklagten weiterhin erbracht werden kann.
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II. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Abmahnkosten in Höhe von 269,52 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.05.2023 zu bezahlen.
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Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
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Die Klage sei unbegründet, weil kein Kündigungsrecht nach § 60 Abs. 2 Satz 1 TKG bestehe. Entscheidend sei allein, ob der Anbieter die Leistung am neuen Wohnort des Kunden anbiete. Dies entspreche dem klaren Wortlaut der Vorschrift, der insoweit eine Auslegungsgrenze darstelle. Ursprünglich habe dann, wenn ein Telefonanbieter aufgrund des Wohnsitzwechsels eines Kunden wegen technischer Unmöglichkeit die Leistung nicht mehr habe erbringen können, der Kunde das Vergütungsrisiko getragen. Deswegen habe der Gesetzgeber dem Kunden in § 46 Abs. 8 S. 3 TKG a.F. für diesen Fall ein Sonderkündigungsrecht verschafft. Die nunmehr gültige Vorschrift des § 60 Abs. 2 S. 1 TKG knüpfe an dieselbe Voraussetzung an, dass der bisherige Anbieter am neuen Wohnort nicht leistungsfähig sei. Entsprechend sei auch der in der Gesetzesbegründung aufgeführte Beispielsfall einzuordnen, dass der Anbieter am neuen Wohnort dann nicht leistungsfähig sei, da „die entsprechende Infrastruktur dort bereits durch einen anderen Anbieter genutzt wird“.
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Entgegen der Auffassung des Klägers werde der betroffene Verbraucher auch nicht „doppelt belastet“, weil er die Kosten für zwei Verträge zahlen müsse. Der betroffene Verbraucher sei nicht der Vertragspartner des am neuen Wohnort bereits bestehenden Vertrages, sondern führe lediglich seinen bisherigen Vertrag ohne Änderung der vertraglichen Konditionen weiter. Der Gesetzgeber habe auch nicht angestrebt, dem Verbraucher das Nutzungsrisiko der Leistung bei einem Umzug komplett abzunehmen, sondern habe einen „angemessenen und unbürokratischen Interessenausgleich zwischen dem betroffenen Anbieter und dem Verbraucher“ angestrebt. Allein der Umstand, dass in der neuen Wohnung eines Kunden bereits ein Anschluss vorhanden sei und damit kein Interesse des Kunden bestehe, die ihm von der Beklagten am neuen Wohnsitz angebotene geschuldete Leistung gemäß bestehendem Vertrag in Anspruch zu nehmen, führe nicht zu einem Kündigungsrecht nach § 60 Abs. 2 S. 1 TKG.
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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
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Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Dem Kläger steht der aus § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 16 UKlaG i.V.m. § 60 Abs. 2 TKG hergeleitete Unterlassungsanspruch nicht zu.
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1. Als Teil des in §§ 51 – 72 TKG geregelten Kundenschutzes dient auch die Vorschrift des § 60 Abs. 1 S. 1 TKG (in der seit dem 01.12.2021 geltenden Fassung) gem. § 2 Abs. 2 Nr. 16 UKlaG dem Verbraucherschutz. Bei einem Verstoß hiergegen kann der Kläger als eingetragener qualifizierter Verbraucherverband gem. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 4 UKlaG im Wege der Unterlassungsklage vorgehen.
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2. Die Vorschrift des § 60 Abs. 1 S. 1 TKG verpflichtet den Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten zunächst dazu, die vertraglich geschuldete Leistung an dem neuen Wohnsitz des Verbrauchers unverändert wie bisher zu erbringen, soweit er diese dort anbietet. Diese Regelung entspricht § 48 Abs. 8 S. 1 TKG in der zwischen dem 03.05.2012 und 30.11.2021 geltenden Fassung. Mit dieser Vorschrift wurde die Verpflichtung zur Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nach einem Wohnsitzwechsel erstmals eingeführt. Hintergrund war, dass die bis dahin übliche Praxis, „wonach im Fall eines Wohnsitzwechsels regelmäßig nur eine Sonderkündigung des bisherigen Vertrags und der Abschluss eines neuen Vertrags mit Neubeginn der Vertragslaufzeit“ bleibe, unterbunden werden sollte (BT-Drucksache 17/5707, S. 70; BR-Drucksache 129/11 S. 120). Die Leistung sollte nunmehr am neuen Wohnsitz ohne Änderung der vereinbarten Vertragslaufzeit fortgeführt werden, soweit sie dort angeboten wurde. War dies nicht der Fall, war der Verbraucher gem. § 48 Abs. 8 S. 3 TKG a.F. zur Kündigung des Vertrages unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats berechtigt.
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a) Hieraus ist ersichtlich, dass der Gesetzgeber das Ziel verfolgte, im Fall eines Umzugs eine Vertragskontinuität zu gewährleisten. Lediglich für den Fall, dass der Telekommunikationsdienstleister aufgrund des Umzugs des Kunden nicht mehr in der Lage ist, seine Leistung zu erbringen, sollte das Verwendungsrisiko nicht mehr der Kunde tragen (anders noch BGH, Urteil vom 11.11.2010, Az. III ZR 57/10, Rn. 12 zur Rechtslage vor Einführung des § 46 TKG a.F.). Diese gesetzgeberische Intention hat die nunmehr in § 60 Abs. 2 TKG enthaltene Regelung grundsätzlich beibehalten. Auch hier knüpft das Sonderkündigungsrecht ausschließlich daran an, dass der bisheriger Anbieter am neuen Wohnort nicht leistungsfähig ist. In diesem Sinn sind nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 60 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 TKG die Voraussetzungen und Grenzen des Sonderkündigungsrechts klar definiert.
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b) Angesichts dieses Umstands kann das vom Gesetzgeber in den Materialien gebildete Fallbeispiel zu keinem anderen Ergebnis führen.
20
aa) Der Gesetzgeber sieht eine fehlende Leistungsfähigkeit am neuen Wohnort bei Nutzung der entsprechenden Infrastruktur durch einen anderen Anbieter, was „insbesondere“ dann der Fall sein soll, wenn ein Verbraucher in eine Wohnung zu einem anderen Verbraucher zieht, der bereits über einen Telekommunikationsvertrag verfügt. Angesichts dieser Formulierung ist schon sehr fraglich, ob die Auffassung des Klägers zutreffend ist, dass nach dem Willen des Gesetzgebers das Sonderkündigungsrecht schon dann bestehen soll, wenn in der neuen Wohnung ein Telekommunikationsanschluss vorhanden ist. Denn durch die Verwendung des Wortes „insbesondere“ stellt der Gesetzgeber klar, dass insoweit lediglich ein Beispiel für eine fehlende Leistungsfähigkeit beschrieben werden soll. Der Gesetzgeber geht offensichtlich davon aus, dass in diesem Fall die Infrastruktur blockiert ist und keinem weiteren Anbieter zur Verfügung steht, was jedoch nicht zwingend der Fall sein muss. Hierauf kommt es im Ergebnis jedoch nicht an.
21
bb) Maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist. „Die vorrangig am objektiven Sinn und Zweck des Gesetzes zu orientierende Auslegung kann durch Motive, die im Gesetzgebungsverfahren dargelegt wurden, im Gesetzeswortlaut aber keinen Ausdruck gefunden haben, nicht gebunden werden. Der Entstehungsgeschichte kommt bei der Auslegung nur insofern Bedeutung zu, als sie deren Richtigkeit bestätigt oder Zweifel behebt, die auf dem angegebenen Weg allein nicht ausgeräumt werden können. Nicht entscheidend ist die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder über die Bedeutung der Bestimmung, zumal sich Versuche, das Vorstellungsbild der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Personen zu ermitteln, oftmals im Spekulativen bewegen“ (BGH, Urteil vom 08.02.2024 – I ZR 91/23, Rn. 29). Die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder über die Bedeutung der Bestimmung ist also nicht entscheidend (BGH, Urteil vom 05.10.2017 – I ZR 172/16, Rn. 40).
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Dies zugrunde gelegt ist unerheblich, ob der Gesetzgeber den Einzug des Kunden in die Wohnung eines anderen Verbrauchers, der bereits über einen Telekommunikationsvertrag verfügt, unter das Sonderkündigungsrecht nach § 60 Abs. 2 TKG einordnet. Dies hat im Wortlaut der genannten Vorschrift keinen Niederschlag gefunden, vielmehr beschreibt dieser allein das fehlende Angebot des Anbieters an dem neuen Leistungsort als Kündigungsvoraussetzung. Damit kann das vom Kläger angeführte Fallbeispiel den Anwendungsbereich der Vorschrift über dessen Wortlaut hinaus nicht erweitern.
23
cc) Aus diesen Gründen stand der Kundin der Beklagten A. vorliegend kein Kündigungsrecht zu. Zwar verfügte die Wohnung, in der die betroffene Kundin gezogen ist, bereits über einen Telekommunikationsvertrag. Die Beklagte konnte ihre Leistungen an dem neuen Wohnsitz der Kundin jedoch unstreitig weiter erbringen. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 TKG lagen damit nicht vor, weshalb die Beklagte zu Recht die auf den Umzug gestützte Kündigung nicht akzeptiert hat.
24
c) Im Übrigen verbietet auch die Interessenlage, die der Gesetzgeber mit der Schaffung der Vorschrift des § 46 Abs. 8 S. 3 TKG a.F. verfolgt hat, eine andere Betrachtungsweise. Der Verbraucher hat sich mit dem Abschluss des Vertrags mit dem Telefonanbieter zur Zahlung eines Entgelts verpflichtet, wofür ihm als Gegenleistung die Nutzung von Telekommunikation eingeräumt wird. Folgerichtig trägt damit der Verbraucher auch grundsätzlich das Risiko der Verwendung der ihm vertragsgemäß angebotenen Leistungen. Setzt er die Ursache dafür, dass die Leistungen des Anbieters für ihn ohne Interesse sind, darf er sich deswegen nicht von seinen vertraglichen Pflichten lossagen. Hierfür hat der Gesetzgeber zwar eine Ausnahme für den Fall des Umzugs geschaffen, sofern dieser zur Folge hat, dass der Anbieter seine Leistungen deshalb nicht mehr erbringen kann. Eine Ausweitung etwa auf den Fall, dass dem Verbraucher aufgrund des Umzugs eine kostengünstigere Alternative zur Verfügung steht, erscheint aufgrund der weiter bestehenden Vertragstreue des Anbieters als nicht interessengerecht und kann also vom Gesetzgeber in Anbetracht des angestrebten Interessenausgleichs so nicht gewollt sein.
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Ein Anspruch des Klägers auf Unterlassung aus § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 16 UKlaG i.V.m. § 60 Abs. 2 TKG besteht daher nicht.
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3. Aus den vorstehenden Gründen war auch die Information der Beklagten an ihre Kundin, dass aufgrund ihres Umzugs keine vorzeitige Beendigung des bestehenden Vertrags in Betracht käme, rechtlich zutreffend und konnte daher keinen Anspruch des Klägers aus §§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7, 8 Abs. 1 UWG begründen.
27
4. Mangels Hauptanspruch steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Abmahnung aus § 5 UKlaG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zu.
28
Die Klage ist daher vollumfänglich abzuweisen.
II.
29
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
30
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
31
3. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO) liegen nicht vor. Der Senat weicht von der Rechtsprechung des BGH oder anderer Obergerichte nicht ab. Es liegt weder ein Fall von grundsätzlicher Bedeutung vor noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.