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LG Nürnberg-Fürth, Beschluss v. 22.11.2024 – 19 O 6333/24
Titel:

Zurückweisung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Benutzung eines Kombinationszeichens für Gastronomiedienstleistungen

Normenketten:
MarkenG § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Nr. 2, Abs. 5 S. 1
ZPO § 91 Abs. 1 S. 1, § 269 Abs. 3
GKG § 51 Abs. 1
Leitsätze:
1. Glatt beschreibende Zusätze, die hinzugefügt oder weggelassen werden, führen aus der Identität nur dann nicht heraus, wenn sie so geringfügig sind, dass sie dem Durchschnittsverbraucher entgehen könnten (ebenso BGH GRUR-RS 2019, 37304 Rn. 24 – ÖKOTEST II). (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Kennzeichenrechtliche Verwechslungsgefahr kann vorliegen, wenn den Gesamteindruck eines mehrbestandteiligen Zeichens gerade der mit der Gegenmarke übereinstimmende Bestandteil prägt und die übrigen Bestandteile demgegenüber weitgehend in den Hintergrund treten und für den Gesamteindruck des Zeichens vernachlässigt werden können (ebenso BGH BeckRS 2004, 8136 – Mustang).  (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Markenverletzung, Einstweilige Verfügung, Zeichenähnlichkeit, Verwechslungsgefahr, Kennzeichnungskraft, Wort-Bild-Marke, Verkehrskreise
Rechtsmittelinstanz:
OLG Nürnberg, Endurteil vom 28.01.2025 – 3 U 2374/24
Fundstelle:
GRUR-RS 2024, 46852

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 18.10.2024 wird zurückgewiesen
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
3. Der Streitwert wird auf 100.000,00 € festgesetzt.

Gründe

A.
1
Der Antragsteller begehrt den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin gestützt auf eine behauptete Markenverletzung.
2
Der Antragsteller ist ein in B ansässiger Gastronom und Eventveranstalter. Er ist Inhaber der nachfolgend wiedergegebenen und beim Deutschen Patent- und Markenamt registrierten Marken:
1.1.
Wortmarke: „…“
DPMA-Registernummer …
2.
Wort-/ Bildmarke wie nachfolgend dargestellt:
… DPMA-Registernummer …
3
Die vorstehenden Marken, jeweils mit Anmeldepriorität aus dem Jahr 2015, sind unter anderem in der Nizza-Klasse 41, dort insbesondere für Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen eingetragen.
4
Die Antragsgegnerin betreibt an der Anschrift … einen Gastronomiebetrieb unter der Bezeichnung „…“. Dort bietet die Antragsgegnerin Gästen Getränke und Speisen an. Die Antragsgegnerin benutzt folgendes Kennzeichen als Firmenschild sowie auf Speise- und Getränkekarten:
5
Die Antragsgegnerin bewirbt zudem ihren Betrieb auch mit den Zeichen „…“ auf den Social-Media-Plattformen F. und I..
6
Der Antragssteller begehrt im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens gestützt auf seine Wortmarke „…“ (DPMA-Registernummer …) und hilfsweise auf seine streitgegenständliche Wort-Bildmarke (DPMA-Registernummer …) der Antragsgegnerindiese Nutzungen des Zeichens und des Wort-Bild-Zeichens „ “ zu untersagen.
B.
7
Der zulässige Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung ist unbegründet, da ein Verfügungsanspruch nicht besteht.
8
I.  Dem Antragsteller steht kein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 5 S. 1 MarkenG im Hinblick auf seine Wortmarke „…“ zu.
9
Der Antragsgegner wendet sich gegen das von der Antragsgegnerin verwendete Wort-Bild-Zeichen „…“ in Kombination mit einem abgebildeten Löwen sowie gegen das Zeichen „…“. Gegen eine isolierte Verwendung des Zeichens „…“ durch die Antragsgegnerin wendet sich der Antragsgegner gerade nicht. Das geschützte Zeichen „…“ wurde in den beanstandeten Zeichen der Antragsgegnerin mit zumindest einem anderen Zeichen, nämlich „…“ und im Wort-Bild-Zeichen zusätzlich noch mit einem Löwen kombiniert, so dass eine Identität der von der Antragsgegnerin verwendeten Zeichen mit der geschützten Marke „…“ gerade nicht vorliegt.
10
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Zusatz „…“ rein beschreibend ist. Glatt beschreibende Zusätze, die hinzugefügt oder weggelassen werden, führen aus der Identität nur dann nicht heraus, wenn sie so geringfügig sind, dass sie dem Durchschnittsverbraucher entgehen könnten (BGH GRUR 2020, 405 Rn. 24 – ÖKOTEST II; BGH GRUR 2009, 502 Rn. 18 – pcb; aA → 3. Aufl. 2010, Rn. 285; Ingerl/Rohnke/Nordemann/Boddien, 4. Aufl. 2023, MarkenG § 14 Rn. 285a, beck-online). Das ist bei dem vorliegenden Zusatz von drei weiteren Worten zu dem Wort „…“ bei den Zeichen der Antragsgegnerin ersichtlich nicht der Fall und schon gar nicht bei dem Wort-Bild-Zeichen bei dem das Wort „…“ zusätzlich noch um einen Löwen ergänzt wurde.
11
Entgegen der Ansicht der Antragsteller kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die hinzugefügten beschreibenden Angaben nicht Teil des angegriffenen Zeichens sind. Das Wort-Bild-Zeichen bildet eine Einheit aus vier Worten und einem Löwen. Zwar sind die hinzugefügten beschreibenden Worte „ “ unter das Wort „…“ geschrieben und mit Ausnahme des auf dem am Gebäude angebrachten Firmenschild verwendeten Wort-Bild-Zeichens ist bei allen Wort-Bild-Zeichen das Wort „…“ auch durch einen Querstrich von dem beschreibenden Zusatz „…“ getrennt, jedoch verbindet der im Wort-Bild-Zeichen abgebildete Löwe die Worte „…“ und „ “ zu einer Einheit, in dem er sich in seiner über den gesamten zweizeiligen Schriftzug erstreckt und mit einer Pfote auf der unteren beschreibenden Zeile zu stehen scheint, während er mit einer anderen Pfote auf das Wort „…“ zu zeigen scheint. Die Einheit zwischen und „ “ im Wort-Bild-Zeichen wird zudem dadurch erzielt, das sowohl im Wort „…“ als auch im Zusatz „ “ nur Großbuchstaben verwendet wurde, so dass beide Schriftzüge auch optisch eine Zusammengehörigkeit vermitteln. Auch das beanstandete Zeichen „ “ ohne Löwen kann nach dem klanglichen und schriftbildlichen Eindruck nur als Gesamtheit gesehen werden, nachdem der beschreibende Zusatz „ “ weder durch Komma noch durch Bindestrich noch im Schriftbild noch in irgend einer anderer Weise von dem Wort „…“ abgetrennt wurde. Vielmehr sind die vier Worte in den beanstandeten Verwendungsformen in ihrer Gesamtheit jeweils schriftbildlich von den übrigen Textbestandteilen abgehoben, was den schriftbildlichen Eindruck noch erhöht.
12
II. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt auch nicht aus § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, Abs. 5 S. 1 MarkenG, da es an der erforderlichen Verwechslungsgefahr fehlt.
13
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Heranziehung aller Umstände des konkreten Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Zeichenähnlichkeit und der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit. Ein geringer Grad an Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit kann durch einen höheren Grad der Zeichenähnlichkeit ausgeglichen werden und umgekehrt (Ingerl/Rohnke, 4. Aufl. 2023, MarkenG , § 14 Rn. 371). Abzustellen ist dabei auf einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart (Ingerl/Rohnke, 4. Aufl. 2023, MarkenG, § 14 Rn. 372). Verwechslungsgefahr liegt dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die von den Vergleichszeichen erfassten Waren aus demselben Unternehmen oder ggf. aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen könnten (LG Düsseldorf, Urteil vom 10. Juni 2020 – 2a O 271/19 –, Rn. 41, juris).
14
Das ist vorliegend trotz der gegebenen Waren- und Dienstleistungsidentität nicht der Fall.
15
Zwar kann eine Verwechslungsgefahr vorliegen, wenn den Gesamteindruck eines mehrbestandteiligen Zeichens gerade der mit der Gegenmarke übereinstimmende Bestandteil prägt und die übrigen Bestandteile demgegenüber weitgehend in den Hintergrund treten und für den Gesamteindruck des Zeichens vernachlässigt werden können (BGH GRUR 2004, 598 – Kleiner Feigling; GRUR 2004, 865 – Mustang). Hiervon kann vorliegend aber aufgrund der sehr geringen Kennzeichnungskraft des Zeichens „…“ nicht ausgegangen werden, obwohl die nicht übereinstimmenden Bestandteile rein beschreibender Natur sind.
16
Das Zeichen … ist nur unterdurchschnittlich kennzeichnungskräftig.
17
Der Begriff „…“ wird in dem maßgeblichen inländischen Verkehrskreisen vor allem als Hinweis auf die Angebotsstätte und ein umfassendes Angebot verstanden (BPatG Beschl. v. 2.2.2011 – 26 W (pat) 115/09, BeckRS 2012, 11847, beck-online). In Gesamtschau mit den zusätzlichen Elementen „…“ kommt dem in erster Linie beschreibenden Begriff damit gerade kein besonders prägender Charakter. Hinzu kommt, dass das Zeichen „…“ unstreitig von einer Vielzahl, von der Antragsgegnerin auch namentlich benannten dritten Anbietern von Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen verwendet werden, was die Kennzeichnungskraft des Zeichens weiter schwächt und in den maßgeblichen Verkehrskreisen dazu führt, dass etwaigen Zusätzen zu dem Zeichen zur Unterscheidung besondere Beachtung geschenkt wird.
18
Unter Berücksichtigung der dargelegten Umstände sind nur geringe Anforderungen an den erforderlichen Markenabstand zu stellen. Die vorliegenden Abweichungen in den Zeichen reichen damit aus, um die Gefahr von Verwechslungen hinreichend sicher auszuschließen, auch wenn die von der Antragstellerin hinzugefügten Bestandteile „…“ nur beschreibender Natur sind. Dies gilt erst Recht, soweit die Antragstellerin dem Wort „…“ in den von ihr verwendeten „Wort-Bild-Zeichen“ noch einen Löwen hinzugefügt hat.
19
III. Nachdem schon zu der bloßen Wortmarke „…“, welche die Antragsgegnerin in ihre Zeichen identisch integriert hat, einen hinreichender, die Verwechslungsgefahr ausschließender Abstand gewahrt ist, gilt dies erst Recht für die Wort-Bild-Marke der Antragsgegnerin. Diese unterscheidet sich durch den Zusatz „…“ und die hinzugefügte Krone noch deutlicher von den Zeichen der Antragsgegnerin, die diese beiden Elemente gerade nicht aufweisen.
C.
20
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 269 Abs. 3 ZPO.
21
Die Streitwertfestsetzung folgt unter Berücksichtigung des Umstands, dass auch über den Hilfsantrag, mithin über zwei Marken zu entscheiden war und unter Berücksichtigung eines Abschlags in Höhe von 1/3 im einstweiligen Verfügungsverfahren aus § 51 Abs. 1 GKG.