Titel:
Berechtigtes Interesse der Telekommunikationsunternehmen an der Übermittlung von Positivdaten an Auskunfteien
Normenkette:
Art. 6 Abs. 1 lit. f, Art. 82 Abs. 1
Leitsätze:
1. Der Rechtfertigungstatbestand der Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO erfordert kumulativ drei Voraussetzungen: Erstens muss von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von einem Dritten ein berechtigtes Interesse wahrgenommen werden, zweitens muss die Verarbeitung der personenbezogenen Daten zur Verwirklichung des berechtigten Interesses erforderlich sein, und drittens dürfen die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Person, deren Daten geschützt werden sollen, nicht überwiegen. (Rn. 42 – 43) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die von den Mobilfunkanbietern eingemeldeten Positivdaten können durch die Auskunftei miteinander abgeglichen werden, so dass die Identität der betroffenen Personen geprüft und einem Identitätsdiebstahl entgegengewirkt werden kann. Außerdem können Rückschlüsse gezogen werden, ob die Umstände eines Vertragsschlusses ungewöhnlich sind, etwa weil die Person einen vergleichbaren Vertrag noch nie abgeschlossen hat oder ungewöhnlich viele Verträge in kurzer Zeit abschließt. Hierdurch können Betrugsversuche entdeckt und unterbunden werden, etwa betreffend das Erschleichen von Rufnummern oder der zu einem Vertrag gehörenden Hardware (Betrugsprävention). Dies stellt ein berechtigtes Interesse der Telekommunikationsanbieter dar, welches im Verhältnis zu dem Interesse des Betroffenen überwiegt. (Rn. 45 – 49) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Einbeziehung von Positivdaten kann die Einschätzung des Kredit- und Ausfallrisikos, eine frühzeitige Kundenbindung sowie eine höhere Abschlussquote (wegen gesteigerter Annahmequoten) begünstigen. Hinzu treten general- und spezialpräventive Interessen bezüglich Vorbeugung und Eindämmung von Betrug sowie an der Steigerung von Inklusion finanziell schwächer gestellter Personen durch höhere Chancen zu einem Vertragsabschluss. Vor allem ist die Erteilung zutreffender Bonitätsauskünfte für das Funktionieren der Wirtschaft von erheblicher Bedeutung, so dass auch ein Interesse der Allgemeinheit an der Funktionalität des Auskunfteiwesens besteht. (Rn. 45 – 49) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagwort:
Datenverarbeitung
Fundstellen:
CR 2025, 235
GRUR-RS 2024, 23031
LSK 2024, 23031
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche geltend auf Schadensersatz, Unterlassung, Feststellung weiterer Schadensersatzpflicht der Beklagten und Erstattung von Kosten der Rechtsverfolgung.
2
Er beruft sich dabei auf Verletzungen der DSGVO, der Persönlichkeitsrechte, der Grundrechten und Grundfreiheiten, insbesondere dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, durch die Beklagte.
3
Die Beklagte erbringt Telekommunikationsdienstleistungen.
4
Die Parteien verbindet seit 2017 in der Sparte „…-...“ der Beklagten ein Vertrag über Telekommunikationsdienstleistungen (im Folgenden Mobilfunkvertrag). Der Vertrag wurde 2017 als Business-Vertrag abgeschlossen. Der Vertrag wurde am 23.11.2020 auf einen Privatkundenvertrag umgestellt. Bei und während des Vertragsabschlusses wurde der Kläger über die geltenden Datenschutzhinweise der Beklagten informiert.
5
Am 24.10.2023 erhielt der Kläger eine Auskunft vom 13.10.2023 und eine Kopie der bei der S. H. AG (S./S.) gespeicherten Daten (S.-Auskunft, Anlage K3). Laut S.-Auskunft verfügte der Kläger am 06.10.2023 über einen Basisscore von 99,56% von möglichen 100%.
6
Die Beklagte hatte am 23.11.2020 „Positivdaten“, d.h. Daten über den Abschluss eines Telekommunikationsvertrags des Klägers mit der Beklagten an die S. H. AG weitergegeben.
7
Am 19.10.2023 veröffentlichte die S. H. AG in einer Pressemitteilung, dass sie sich entschieden habe, die Telekommunikationsdaten aus den Konten zu löschen. In diesem Zusammenhang teilte die S. H. AG ebenfalls mit, dass die Positivdaten in den Bonitätsscore eingeflossen sind, da diese sich auf das Zahlungsausfallrisiko auswirken könnten.
8
Mit Schreiben vom 25.10.2023 forderten die Prozessbevollmächtigten die Beklagte zum Ersatz von immateriellen Schaden i.H.v 5.000 € und zur Unterlassung auf (Anlage K1). Die Beklagte lehnte Ansprüche des Klägers mit Schreiben vom 27.10.2023 ab und verwies auf die aus ihrer Sicht Rechtmäßigkeit der Übermittlung von Positivdaten an die S.
9
Die Klage ist am 29.12.2023 eingereicht und am 24.01.2024 zugestellt worden.
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Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
11
Der Kläger behauptet, bei ihm habe sich unmittelbar nach Erhalt der Bonitätsauskunft ein Gefühl des Kontrollverlustes und der großen Sorge, insbesondere auch in Bezug auf die eigene Bonität, eingestellt.
12
Er behauptet, seitdem lebe er mit der ständigen Angst vor – mindestens – unangenehmen Rückfragen in Bezug auf die eigene Bonität, das allgemeine Verhalten im Wirtschaftsverkehr oder einer Verfälschung des S.-Scores.
13
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat er erstmals vorgetragen, bereits um 2010/2011 von einem „Datenklau“ beim Ordnungsamt in Wiesbaden betroffen gewesen zu sein. Daher sei ihm grundsätzlich ein sorgfältiger Umgang mit seinen Daten wichtig.
14
Der Kläger ist der Ansicht, das Verhalten der Beklagten begründe Verletzungen der DSGVO, seiner Persönlichkeitsrechte, seiner Grundrechte und Grundfreiheiten, insbesondere seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung.
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Mit Schriftsatz vom 09.04.2024 hat der Kläger die in der Klageschrift vom 29.12.2023 angekündigten Klageanträge zu 2) und zu 3) (Unterlassungsantrag und Feststellungsantrag künftiger Schadensersatz) konkretisiert.
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Der Kläger beantragt nunmehr:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Schadensersatz für einen immateriellen Schaden in angemessener Höhe zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch EUR 4.000,00 nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
2. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 EUR, ersatzweise an ihrem gesetzlichen Vertreter zu Vollstreckender Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, Positivdaten des Klägers, also personenbezogene Daten, die keine Zahlungserfahrungen oder sonstiges nicht vertragsgemäßes Verhalten zum Inhalt haben, sondern Informationen über die Beauftragung, Durchführung und Beendigung eines Vertrags, an Kreditauskunfteien, namentlich S. H. AG, K.weg ..., … W., zu übermitteln, ohne dass eine Einwilligung des Klägers vorliegt, also insbesondere nicht auf der Basis von Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO zur Verbesserung der Qualität der Bonitätsbewertungen oder zum Schutz der beteiligten Wirtschaftsakteure vor kreditorischen Risiken.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle künftigen materiellen Schäden und künftigen, derzeit noch nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden zu ersetzen, die dem Kläger durch die unbefugte Verarbeitung personenbezogener Daten entstehen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 627,13 Euro zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt
18
Die Beklagte zieht bereits das Geschäftsmodell der Klägervertreter in Zweifel.
19
Die Beklagte meint, die sehr abstrakten Ausführungen der Klagepartei würden einem hinreichenden Vortrag an erlittenen Beeinträchtigungen nicht genügen. Sie hält den Klagevortrag bereits aufgrund zahlreicher anderer geführter Verfahren für gleichartig, in Anbetracht des sonstigen Verhaltens des Klägers nicht glaubhaft und insgesamt unzureichend bzw. unschlüssig. Die – bestrittenen – Äußerungen des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung würden zeigen, dass der Inhalt der Schriftsätze keinen Bezug zum konkreten Mandanten aufweise.
20
Sie trägt vor, dass auf die Datenweitergabe an die S. in ihren Datenschutzhinweisen stets hingewiesen worden sei.
21
Die Beklagte hält die Datenweitergabe für rechtmäßig, insbesondere von Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO gedeckt.
Entscheidungsgründe
22
Die Klage ist hinsichtlich des Antrags zu 3) bereits unzulässig, im Übrigen in der Sache umfänglich unbegründet.
23
Die Klage ist indes auch hinsichtlich des Antrags zu 3) als unbegründet abzuweisen. Zwar ist eine Feststellungsklage grundsätzlich als unzulässig abzuweisen, wenn das erforderliche Feststellungsinteresse fehlt. Die Feststellungsklage kann dann aber als unbegründet abgewiesen werden, wenn die sachlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen (vgl. BGHZ 12, 308, 316 = NJW 1954, 1159; 1160; BGH NJW 2020, 683, 687 Rn. 44, beck-online)
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1. Die Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor.
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a) Das angerufene Gericht ist zuständig.
26
Anders als die Klagepartei meint, richtet sich die internationale – und örtliche (Gebauer/Wiedmann EurZivilR/Gebauer/Berner, 3. Aufl. 2021, Brüssel Ia-VO Art. 18 Rn. 1) – Zuständigkeit nicht nach Art. 18 Abs. 1 Alt. 2 Brüssel Ia VO. Ein grenzüberschreitender Sachverhalt ist weder vorgetragen noch ersichtlich, vgl. ErwG 3 Satz 2 Brüssel Ia-VO. Damit ist der Anwendungsbereich der Verordnung bereits nicht eröffnet (BayObLG BeckRS 2021, 22229 Rn. 26 ff., beck-online; Thomas/Putzo-ZPO/Nordmeier, 45. Auflage 2024, EuGVVO Art. 18 Rn. 1; Gebauer/Wiedmann-EurZivilR/Gebauer/Berner, 3. Aufl. 2021, Brüssel Ia-VO Art. 1 Rn. 12).
27
Die internationale Zuständigkeit und örtliche Zuständigkeit ergibt sich aber aus Art. 79 Abs. 2 Satz 2 DSGVO (i.V.m.) § 44 Abs. 1 Satz 2 BDSG (Gola/Heckmann/Werkmeister, 3. Aufl. 2022, DS-GVO Art. 79 Rn. 10).
28
Die sachliche Zuständigkeit folgt aus §§ 1ff. ZPO, § 23 Nr. 1, § 71 GVG. b)
29
Der Klageantrag zu 2) ist nicht bereits wegen mangelnder Bestimmtheit im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig. Die Frage, ob der Antrag zu weitreichend gefasst ist, betrifft die Ebene der Begründetheit des Klageantrags (vgl. OLG Köln GRUR-RS 2023, 36757 Rn. 17, beck-online; vgl. LG Frankfurt a.M. BeckRS 2024, 5840, Rn. 15, beck-online; LG Konstanz GRUR-RS 2024, 14360 Rn. 25, beck-online).
30
c) Der Antrag Ziffer 3 ist zu unbestimmt und erfüllt nicht die Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Denn das festzustellende Rechtsverhältnis ist nicht derart genau bezeichnet worden, dass über dessen Identität und damit über den Umfang der Rechtskraft der Feststellung keinerlei Ungewissheit besteht. Die Formulierung „unbefugte Verwendung personenbezogener Daten“ bleibt vage und verlagert die Prüfung der datenschutzrechtlichen Rechtsgrundlage, deren Interpretation und rechtliche Bewertung unzulässigerweise ins Vollstreckungsverfahren (vgl. LG Wiesbaden GRUR-RS 2024, 8264 Rn. 19f., beck-online; LG Konstanz GRUR-RS 2024, 14360 Rn. 26, beck-online).
31
Darüber hinaus fehlt hinsichtlich des Klageantrags Ziffer 3 das gem. § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Zwar folgt das fehlende Feststellungsinteresse hinsichtlich des immateriellen Schadens nicht bereits daraus, dass der Kläger zunächst angekündigt hatte, Ersatz künftigen immateriellen Schadens zu beantragen, ohne die grundsätzliche Einheitlichkeit des Schmerzensgeldsanspruchs und den Leistungsantrag zu 1) hinreichend zu berücksichtigen. Indes wurde insoweit der Antrag durch Schriftsatz vom 09.04.2024 entsprechend konkretisiert und gestellt.
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Indes fehlt das Feststellungsinteresse, weil grundsätzlich für die Feststellung der Ersatzpflicht künftiger Schäden eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehen muss, dass entsprechende Schäden eintreten werden. Diesbezüglich fehlt es aber an einem entsprechenden Vortrag des Klägers, der weder vorträgt, welche materiellen Schäden ihm konkret aus dem behaupteten Datenverstoß entstehen könnten, noch warum er einen Schadenseintritt für wahrscheinlich hält (vgl. i. E. LG Wiesbaden GRUR-RS 2024, 8264 Rn. 19f., beck-online; LG Konstanz GRUR-RS 2024, 14360 Rn. 27, beck-online).
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Stattdessen erscheint es vorliegend völlig ungewiss und auch sehr unwahrscheinlich, dass es aufgrund der Übermittlung der Positivdaten durch die Beklagte an die S. zu einem materiellen Schaden – nur auf einen solchen kann es vorliegend ankommen, nachdem der Kläger seinen immateriellen Schaden bereits mit dem Antrag Ziffer 1 verfolgt – kommen wird, zumal die Einträge bei der S. zwischenzeitlich – nach unwiderlegtem Beklagtenvorbringen – gelöscht sind (vgl. i.E. LG Wiesbaden GRUR-RS 2024, 8264 Rn. 19f., beck-online; LG Konstanz GRUR-RS 2024, 14360 Rn. 27, beck-online).
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2. Die Klage ist umfänglich unbegründet.
35
a) Die Klage ist zunächst im Klageantrag zu 1) unbegründet.
36
aa) Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes i.H.v. 4.000,00 € aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO.
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(1) Ausgangspunkt einer etwaigen Haftung und des zu bildenden Maßstabs ist Art. 82 Abs. 1 DSGVO Nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter.
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Das Gericht kann bereits nicht feststellen, dass der Kläger einen kausal auf die behaupteten Verstöße zurückzuführenden Schaden erlitten hat; die Verarbeitung selbst stellt zudem bereits keinen Verstoß gegen die DSGVO dar, sondern ist von Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO gedeckte zulässige Datenverarbeitung.
39
(2) Der Anwendungsbereich der DSGVO ist zeitlich, räumlich und sachlich eröffnet, Art. 99 Abs. 2, Art. 2 – 4, Art. 4 DSGVO. Insbesondere erfolgte die streitgegenständliche Weiterleitung als Verarbeitung i.S.d. DSGVO am 22.11.2020 und damit nach dem 25.05.2018.
40
(3) Vorliegend fehlt es bereits an einem Verstoß gegen die Bestimmungen der DSGVO, aus welchem sich ein Schadensersatzanspruch des Klägers ergeben könnte. Insbesondere ist das Verhalten der Beklagten jedenfalls von Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DSGVO gedeckt.
41
Gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DSGVO ist die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig, wenn sie zur Wahrnehmung der berechtigten Interessen der Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.
42
Der Rechtfertigungstatbestand der Interessenabwägung erfordert nach der Gesetzessystematik und der Rechtsprechung des EuGH kumulativ drei Voraussetzungen:
43
Erstens muss von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von einem Dritten ein berechtigtes Interesse wahrgenommen werden, zweitens muss die Verarbeitung der personenbezogenen Daten zur Verwirklichung des berechtigten Interesses erforderlich sein, und drittens dürfen die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Person, deren Daten geschützt werden sollen, nicht überwiegen (EuGH Urt. v. 7.12.2023 – C-26/22, GRUR-RS 2023, 34945 Rn. 75, beck-online m.w.N.; Paal NJW 2024, 1689, 1691 Rn. 12, beck-online).
44
Insoweit ist in Rechtsprechung und Literatur streitig, ob die von der Beklagten vorgetragenen berechtigten Interessen, namentlich die Betrugsprävention, Überschuldungsprävention, Präzision der Ausfallrisikoprognosen und Validierung der bei der S. vorhandenen Daten, berechtigt und die Weitergabe erforderlich ist und sie schließlich das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung überwiegen (dafür insb. LG Gießen GRUR-RS 2024, 7986 m.w.N.; ausführlich LG Konstanz GRUR-RS 2024, 14360 Rn. 31-36, beck-online; Paal NJW 2024, 1689, 1691ff., Rn. 12 ff.; a.A. LG München I, GRUR-RS 2023, 10317, Rn 94 ff., beck-online).
45
So führt etwa Paal zu den berechtigten Interessen der Mobilfunkunternehmen aus:
„Als berechtigtes Interesse der Mobilfunkanbieter ist vorliegend zunächst die Betrugsprävention zu nennen: Die von den Mobilfunkanbietern eingemeldeten Positivdaten können durch die Auskunftei miteinander abgeglichen werden, so dass die Identität der betroffenen Personen geprüft und einem Identitätsdiebstahl entgegengewirkt werden kann. Außerdem können Rückschlüsse gezogen werden, ob die Umstände eines Vertragsschlusses ungewöhnlich sind, etwa weil die Person einen vergleichbaren Vertrag noch nie abgeschlossen hat oder ungewöhnlich viele Verträge in kurzer Zeit abschließt. Hierdurch können Betrugsversuche entdeckt und unterbunden werden, etwa betreffend das Erschleichen von Rufnummern oder der zu einem Vertrag gehörenden Hardware. Zudem kann die Einbeziehung von Positivdaten die Einschätzung des Kredit- und Ausfallrisikos, eine frühzeitige Kundenbindung sowie eine höhere Abschlussquote (wegen gesteigerter Annahmequoten) begünstigen. Hinzu treten general- und spezialpräventive Interessen bezüglich Vorbeugung und Eindämmung von Betrug sowie an der Steigerung von Inklusion finanziell schwächer gestellter Personen durch höhere Chancen zu einem Vertragsabschluss. Vor allem ist die Erteilung zutreffender Bonitätsauskünfte für das Funktionieren der Wirtschaft von erheblicher Bedeutung, so dass auch ein Interesse der Allgemeinheit an der Funktionalität des Auskunfteiwesens besteht. Schließlich ist zu verweisen auf Individualinteressen der betroffenen Personen selbst in Form einer höheren Genauigkeit des Scorings, einer verbesserten, weil abgewogen(er) en Beurteilung von Negativdaten und eines Schutzes vor Überschuldung. Dass die Kreditwürdigkeitsprüfung nicht nur im Interesse des Mobilfunkanbieters erfolgt, zeigt sich gerade auch in der Pflicht aus Art. 8 Verbraucherkredit-RL iVm § 505a BGB.“ (Paal NJW 2024, 1689, 1691, Rn. 13, beck-online)
46
Die Kammer schließt sich der in der Instanzrechtsprechung und Literatur bereits zunehmend vertretenen und überzeugend begründeten Ansicht an, wonach die Interessen der Beklagten vorrangig sind (LG Gießen GRUR-RS 2024, 7986; LG Konstanz GRUR-RS 2024, 14360; Paal NJW 2024, 1689, 1691ff., Rn. 12 ff). Dafür spricht insbesondere, dass die vom Landgericht München I aufgeführten milderen Maßnahmen dem hochautomatisierten Massengeschäft der Telekommunikationsdienstleister nicht gerecht werden und in Folge dessen vielleicht ein milderes, aber kein geeignetes Mittel zur Erreichung der legitimen Interessen der Beklagten sind (LG Konstanz GRUR-RS 2024, 14360; Paal NJW 2024, 1689, 1691f., Rn. 16 ff). Die Analyse einer Wirtschaftsauskunftei insoweit, als sie eine objektive und zuverlässige Bewertung der Kreditwürdigkeit der potenziellen Kunden der Vertragspartner der Wirtschaftsauskunftei ermöglicht, kann Informationsunterschiede ausgleichen und damit Betrugsrisiken und andere Unsicherheiten verringern (ausdrücklich EuGH Urt. v. 7.12.2023 – C-26/22, GRUR-RS 2023, 34945 Rn. 93, beck-online).
47
Als maßgebliches Interesse des Klägers sind zwar vorliegend das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG und auf Schutz der personenbezogenen Daten aus Art. 8 GRCh anzuführen. Nach Maßgabe des EuGH ist unter Rekurs auf ErwG 47 S. 4 DSGVO im Rahmen der Beurteilung der potenziell überwiegenden Interessen der betroffenen Personen vor allem auch darauf abzustellen, ob personenbezogene Daten in Situationen verarbeitet werden, in denen eine betroffene Person vernünftigerweise nicht mit einer solchen Datenverarbeitung rechnet (EuGH Urt. v. 4.7.2023 – C-252/21, GRUR-RS 2023, 15772 Rn. 112, beck-online; EuGH Urt. v. 7.12.2023 – C-26/22, GRUR-RS 2023, 34945 Rn. 80, beck-online). Insofern ist zu berücksichtigen, dass die Übermittlung von Positivdaten an Auskunfteien ebenso bekannte wie bewährte Praxis ist und die Mobilfunkanbieter darüber hinaus in ihren Datenschutzerklärungen regelmäßig darauf aufmerksam machen (Paal NJW 2024, 1689, 1691 Rn. 15, beck-online).
48
Eine betroffene Person kann und muss damit rechnen, dass im Rahmen des berechtigten Interesses der Prävention und Eindämmung von Straftaten (auch) Positivdaten an Dritte übermittelt werden; dies gilt auch und gerade in Ansehung von Erwgr. 47 S. 4 DSGVO, wonach „die Verarbeitung personenbezogener Daten im für die Verhinderung von Betrug unbedingt erforderlichen Umfang ein berechtigtes Interesse des jeweiligen Verantwortlichen“ darstellt (ausdrücklich Paal NJW 2024, 1689, 1692 Rn. 18, 19, beck-online).
49
Dies gilt erst Recht, wenn die Beklagte, wie hier, den Kläger in ihren Datenschutzhinweisen hinreichend auf die Datenweitergabe hingewiesen hat. Für die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO kommt es dabei nicht darauf an, dass die Beklagte (zeitweise) die Verarbeitung auf mehrere Gründe nach Art. 6 DSGVO stützte bzw. auch auf eine Einwilligung des Betroffenen.
50
Weiter ist im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, dass die von Klägerseite rudimentär behaupteten negativen Auswirkungen für den Kläger im vorliegenden Fall nicht hinreichend nachvollziehbar geworden sind. Selbst wenn es theoretisch denkbar ist, dass auch Positiveinträge zu einer negativen Veränderung des Scores führen können, erscheint die Darlegung der Beklagten absolut plausibel, dass dies lediglich dann der Fall sein kann, wenn viele Abschlüsse ähnlicher Verträge (z.B. Kreditkarten- oder Mobilfunkverträge) innerhalb eines kurzen Zeitraums erfolgen, da dies – verständlicherweise – auf eine kurzfristig hohe finanzielle Belastung des Betroffenen schließen lässt. Hingegen ist kein logischer Grund denkbar, warum Positivdaten über einzelne Vertragsschlüsse ohne nachfolgende Negativeintragungen nachteilige Auswirkungen haben sollten. Vielmehr dürften diese – wie die Beklagte ebenfalls absolut nachvollziehbar darlegt – wenn überhaupt nur positive Auswirkungen dahingehend haben, dass ein zukünftiger Vertragspartner Anhaltspunkte dafür erlangt, dass eingegangene Verbindlichkeiten durch den potentiellen Vertragspartner regelmäßig bedient werden. Gerade auch vor dem Hintergrund dieser rein theoretischen und insbesondere im vorliegenden konkreten Fall völlig abwegig erscheinenden Beeinträchtigungen des Klägers kann die Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zu dessen Gunsten ausfallen (wie hier LG Konstanz GRUR-RS 2024, 14360 Rn. 31-36). Die Übermittlung von Positivdaten ist vielmehr im Vergleich zu Negativdaten regelmäßig als vergleichsweise geringer und damit nicht als ein die Interessen der Mobilfunkanbieter überwiegender Eingriff in die Rechte der betroffenen Personen einzuordnen ist. Dies gilt auch und gerade, da das Fehlen von Positivdaten als den Score-Wert begünstigende Faktoren zu einem „negative bias“ zu führen droht (Paal NJW 2024, 1689, 1692 Rn. 18, 19, beck-online).
51
In Abwägung der maßgeblichen Interessen ist somit die Datenweitergabe der Beklagten von Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO gedeckt.
52
(4) Eine – hier nicht – unzulässige Datenverarbeitung unterstellt, fehlt es darüber hinaus auch an einem durch die Datenweitergabe verursachten, ersatzfähigen Schaden des Klägers.
53
(a) Der Schadensersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO erfüllt, insbesondere im Fall eines immateriellen Schadens, ausschließlich eine Ausgleichsfunktion. Eine auf diese Bestimmung gestützte finanzielle Entschädigung soll es ermöglichen, den konkret aufgrund des Verstoßes gegen die DSGVO erlittenen Schaden in vollem Umfang auszugleichen; eine Abschreckungs- oder Straffunktion kommt dem Anspruch nicht zu (vgl. EuGH Urt. v. 04.05.2023 – C-300/21, GRUR-RS 2023, 8972 Rn. 57, 58, beck-online; vgl. EuGH Urt. v. 11.4.2024 – C-741/21, GRUR-RS 2024, 6727 Rn. 61, beck-online; EuGH Urt. v. 20.6.2024 – C-182/22, C-189/22, GRUR-RS 2024, 13981 Rn. 23, beck-online). Das Ausmaß des Verschuldens spielt für die Höhe des Schadens keine Rolle (EuGH Urt. v. 20.6.2024 – C-182/22, C-189/22, GRUR-RS 2024, 13981 Rn. 30, beck-online).
54
Die Darlegungslast für den Eintritt des konkreten immateriellen Schadens liegt beim Betroffenen und kann bei behaupteten persönlichen/psychologischen Beeinträchtigungen nur durch die Darlegung konkret-individueller – und nicht wie hier in einer Vielzahl von Fällen gleichartiger – dem Beweis zugänglicher Indizien erfüllt werden (OLG Hamm GRUR-RS 2023, 22505, amtl. Ls. 7, Rn., beck-online; LG Frankfurt a.M. BeckRS 2024, 5840, Rn. 23, beck-online). Mit Blick auf die subjektiven Folgen eines Datenschutzverstoßes im Einzelfall ist es deshalb ausreichend, aber auch erforderlich, dass der Betroffene Umstände darlegt, in denen sich seine erlebten Empfindungen widerspiegeln, und dass nach der Lebenserfahrung der Datenschutzverstoß mit seinen Folgen Einfluss auf das subjektive Empfinden hat (vgl. hierzu BGH Urt. v. 12.5.1995 – V ZR 34/94, NJW 1995, 2361 = juris Rn. 17; siehe auch zur Notwendigkeit konkreten Vortrags zum Beleg für innere Unruhe und Unbehagen EuG Urt. v. 1.2.2017 – T-479/14, BeckRS 2017, 102499, Rn. 119, beck-online; EuGH Urt. v. 13.12.2018 – C-150/17 P, BeckRS 2018, 31923 Rn. 111; beck-online; OLG Hamm GRUR-RS 2023, 22505 Rn. 149, 150, beck-online).
55
Dass bloße negative Gefühle wie Unmut, Unzufriedenheit, Sorge und Angst, die an sich Teil des allgemeinen Lebensrisikos und oft des täglichen Erlebens sind, Grundlage für einen Schadensersatzanspruch sein können, hält das Gericht jedenfalls dann für nicht gerechtfertigt, wenn – wie hier – kein Einfluss auf die Lebensführung ersichtlich und damit ein konkreter Rückschluss von äußeren Umständen auf diese inneren Tatsachen nicht möglich ist (vgl. auch OLG Dresden GRUR-RS 2023, 36707 Rn. 35, beck-online; LG Frankfurt a.M. BeckRS 2024, 3580).
56
Ein abstrakter „Kontrollverlust“ reicht allein für einen immateriellen Schaden im Sinne des Art. 82 DSGVO nicht aus, für eine darüberhinausgehende Beeinträchtigung trägt der Anspruchsteller die Beweislast (OLG Dresden, Endurteil v. 05.12.2023 – 4 U 709/23, GRUR-RS 2023, 36707, beck-online).
57
Nach allgemeinen Grundsätzen obliegt es zudem dem Kläger, die Mitursächlichkeit darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Der EuGH hat am 04.05.2023 entschieden, dass Art. 82 DSGVO dahin auszulegen ist, dass der bloße Verstoß gegen die Bestimmungen der DSGVO nicht ausreicht, um einen Schadenersatzanspruch zu begründen (EuGH, Urteil v. 04.05.2023 – C-300/21 NZA 2023, 621, beck-online). Es geht aus dem Wortlaut von Art. 82 Abs. 1 DSGVO klar hervor, dass das Vorliegen eines „Schadens“ eine der Voraussetzungen für den in dieser Bestimmung vorgesehenen Schadenersatzanspruch darstellt, ebenso wie das Vorliegen eines Verstoßes gegen die DSGVO und eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Schaden und dem Verstoß, wobei diese drei Voraussetzungen kumulativ sind. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Verstoß gegen die Bestimmungen der DSGVO für sich genommen den Schadenersatzanspruch der betroffenen Person im Sinne von Art. 4 Nr. 1 dieser Verordnung eröffnet. Eine solche Auslegung liefe dem Wortlaut von Art. 82 Abs. 1 DSGVO zuwider (EuGH, Urteil v. 04.05.2023 – C-300/21 NZA 2023, 621 Rn. 32, 33, beck-online).
58
Obwohl bereits die Gegenseite mehrfach und schon seit der Klageerwiderung die fehlende Individualisierung gerügt und darauf hingewiesen hat, dass der Klagevortrag in allen von den klägerischen Prozessbevollmächtigten geführten Rechtsstreiten nahezu wortgleich sei, wurde der Vortrag des Klägers nicht maßgeblich substantiiert (OLG Hamm GRUR-RS 2023, 22505 Rn. 149, 150, beck-online). Der Kläger hat erstmals im Rahmen seiner persönlichen Anhörung ausgeführt, er sei ca. Anfang 2010/2011 Betroffener eines Datendiebstahls beim Ordnungsamt Wiesbaden gewesen. Die Prozessbevollmächtigten haben dies aber nicht vorgetragen, sondern sich auf ihre allgemeinen und unspezifischen Ausführungen zur behaupteten Betroffenheit beschränkt. Zudem ist auch aus diesem Vortrag weder eine – sei es auch bagatellhafte – Beeinträchtigung des Klägers ersichtlich, noch weitergehend ein sonstiger Schaden.
59
(b) Der klägerische Vortrag reicht zudem auch für die Annahme einer Mitursächlichkeit etwaiger Datenschutzverstöße für die (hier unterstellten) persönlichen/psychischen Beeinträchtigungen bereits nicht aus.
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Der Kläger hat die streitgegenständliche S.-Auskunft – zumindest auszugsweise – vorgelegt (Anlage K 3). Insoweit ist weder vorgetragen noch nachvollziehbar, woraus sich die Beeinträchtigungen des Klägers und insbesondere die nach eigenem Vortrag umgehend eingetretenen persönlichen/psychischen Folgen ergeben sollen.
61
Es kann schon nicht nachvollzogen werden, dass etwaige Sorgen des Klägers in Bezug auf seine Bonität spezifisch aufgrund der Meldung der Vertragsdaten durch die Beklagte in Bezug auf den Mobilfunkvertrag ausgelöst worden sein sollen. Das S.-Scoring des Klägers beträgt 99,56% von 100%. Dabei nimmt die streitgegenständliche Meldung gegenüber mehreren Bank- und Kreditgeschäften bereits nach der vorgelegten Anlage eine deutlich untergeordnete Stellung ein. Weshalb sich aus dem Umstand der Eintragung konkret nachteilige Beeinträchtigungen des Klägers ergeben sollen, ist durch den pauschalen Vortrag nicht hinreichend nachvollziehbar geworden. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass der Kläger nach eigenem Vortrag die S.-Auskunft am 24.10.2023 erhalten hat. Die vermeintlich eingetretenen Beeinträchtigungen wurden durch die Prozessbevollmächtigten des Klägers bereits am folgenden Tag, mit Schreiben vom 25.10.2023 im Wesentlichen gegenüber der Beklagten als eingetreten geltend gemacht.
62
Hinzu tritt, wie bereits dem Wortlaut dieses Begriffes zu entnehmen ist, dass ein Kontrollverlust voraussetzt, dass der Betroffene zunächst die Kontrolle über das konkrete personenbezogene Datum hatte und diese Kontrolle später gegen seinen Willen verloren hat. Der Kläger hat jedoch nicht dargelegt, dass er vor dem streitgegenständlichen Vertragsschluss die Kontrolle hatte und diese erst durch die streitgegenständliche Weitergabe an die S. verloren gegangen ist. Er hat vielmehr zu dem angeblich erlittenen Kontrollverlust nur pauschal unter Verwendung von Textblöcken seiner Prozessbevollmächtigten vorgetragen. Eine solche Darlegung einer zunächst ausgeübten Kontrolle ist auch nicht entbehrlich. Schließlich bestand bereits seit 2017 zwischen den Parteien ein Vertragsverhältnis und wurde offenbar bereits 2017 der Vertragsschluss an die S. übermittelt; die erneute – streitgegenständliche – Einmeldung beruhte auf der Umstellung des Vertrags des Klägers. Selbst bezogen auf den Umstand, dass es sich um die Weitergabe eines neuerlichen Datums, nämlich des entsprechenden neuen Vertrags mit der T. handelte, stellt für sich kein per se sensibles oder der Geheimhaltung unterliegendes personenbezogenes Datum dar. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass das Bestehen eines Vertrags mit der Beklagten – bereits ohne Nachschau bei der S. – ohne größere Nachprüfung erkennbar ist, wenn diese, wie es bei einer Telefonnummer offensichtlich üblich ist, Kenntnis von der Telefonnummer des Klägers erhält. Denn Telefonnummern sind Daten, die es nach ihrer Zweckbestimmung dem Betroffenen ermöglichen sollen, in Kontakt mit anderen Personen zu treten und werden daher im täglichen Leben auch solchen anderen Personen oft in großem Umfang zugänglich gemacht wird (vgl. OLG Köln Urt. v. 7.12.2023 – 15 U 33/23, GRUR-RS 2023, 36757 Rn. 29). Bereits aus der Mobilfunkvorwahl ist ohne weiteres erkennbar, mit welchem Mobilfunkanbieter ein zugrundeliegendes Vertragsverhältnis besteht. Auch deshalb ist ein Kontrollverlust des Klägers in Zweifel zu ziehen.
63
Der Kläger hat zudem im Termin im wesentlichen Bezug auf den schriftsätzlichen Vortrag genommen und lediglich seine allgemeine Besorgnis zur Datenverwendung zum Ausdruck gebracht. Diese hat er mit einem – bestrittenen – mehr als zehn Jahre zurückliegenden Ereignis begründet, das weder die Beklagte, noch Vertragsdaten, Positivdaten oder die S. betraf. Dieses Ereignis datierte insoweit auch erheblich der vertraglichen Beziehung mit der Beklagten vor. Insoweit hat der Kläger auch nicht vorgetragen, wie sich eine erhöhe Datensensibilität in Einklang bringen lässt mit dem Umstand, dass er in den ersten sechs Jahren der vertraglichen Beziehung die beklagtenseits hinreichend kommunizierte Datenweitergabe unbeanstandet gelassen hat.
64
bb) Aus den soeben dargestellten Gründen ergibt sich der Anspruch auch nicht aus anderen Anspruchsgrundlagen.
65
Bereits mangels Pflichtverletzung besteht kein Anspruch des Klägers auf Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes aus § 280 Abs. 1 BGB iV.m. dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag i.V.m. dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht bzw. Recht auf informationelle Selbstbestimmung (vgl. zur Anspruchsgrundlage BVerfGE 34, 269 – Soraya; BGHZ 25, 363, 367; BGHZ 128, 1, 15 – Caroline von Monaco I; BGH NJW 1996, 984, 985 – Caroline von Monaco II; BeckOGK-BGB/Brand, 1.3.2022, § 253 Rn. 39); ein immaterieller Schadensersatzanspruch folgt mangels Pflichtverletzung auch nicht aus § 280 Abs. 1, 3, §§ 281, 327 ff. BGB (vgl. ebenso bereits LG Gießen GRUR-RS 2024, 7986 Rn. 22f., beck-online). Ein immaterieller Schadensersatzanspruch ergibt sich ferner nicht aus §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, da weder eine Verletzung, noch ein kausal verursachter Schaden gegeben sind. Deshalb besteht auch kein entsprechender Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1004 BGB analog in Verbindung mit Art. 13, 14 DSGVO (vgl. ebenso bereits LG Gießen GRUR-RS 2024, 7986 Rn. 24, beck-online). Aus denselben Gründen scheitert ein immaterieller Schadensersatzanspruch des Klägers aus §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG. Vor diesem Hintergrund kann die Anwendbarkeit des nationalen Rechts neben der DSGVO dahingestellt bleiben. Dem Kläger steht gegen die Beklagte mangels Verletzungshandlung auch kein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1004 BGB analog in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 DSGVO zu (vgl. ebenso bereits LG Gießen GRUR-RS 2024, 7986 Rn. 27, beck-online).
66
cc) Mangels Hauptanspruch, bleibt auch der im Antrag zu 1) als Nebenforderung geltend gemachte Zinsanspruch ohne Erfolg.
67
b) Die Klage ist auch in Bezug auf den Klageantrag zu 2) unbegründet.
68
Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte, es zu unterlassen, Positivdaten des Klägers, also personenbezogene Daten, die keine Zahlungserfahrungen oder sonstiges nicht vertragsgemäßes Verhalten zum Inhalt haben, sondern Informationen über die Beauftragung, Durchführung und Beendigung eines Vertrags, an Kreditauskunfteien, namentlich S. H. AG, K.weg ..., … W., zu übermitteln, ohne dass eine Einwilligung des Klägers vorliegt, also insbesondere nicht auf der Basis von Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO zur Verbesserung der Qualität der Bonitätsbewertungen oder zum Schutz der beteiligten Wirtschaftsakteure vor kreditorischen Risiken, besteht nicht.
69
Der Unterlassungsanspruch scheitert bereits an einer fehlenden Verletzungshandlung der Beklagten (s.o.) (vgl. bereits LG Konstanz GRUR-RS 2024, 14360 Rn. 58, beck-online).
70
Zudem ist der Unterlassungsantrag zu weit gefasst ist. Denn ein solcher Unterlassungsantrag, der losgelöst von der konkreten Verletzungsform auf ein allgemeines Verbot der Übermittlung sogenannter Positivdaten von Mobilfunknutzern an Wirtschaftsauskunfteien gerichtet ist, erweist sich als zu weitgehend, da jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine Datenübermittlung aus Gründen der Betrugsprävention bei datenschutzkonformer Ausgestaltung des Prozesses im berechtigten Interesse des Verantwortlichen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 lit. f DSGVO liegen kann (vgl. OLG Köln GRUR-RS 2023, 34611, beck-online). Die Formulierung „insbesondere“ im Klageantrag lässt zudem auch offen, welche weiteren Fallgestaltungen umfasst sein sollen (LG Konstanz GRUR-RS 2024, 14360 Rn. 60, beck-online; LG Stade GRUR-RS 2024, 10218 Rn. 34f., beck-online).
71
Der Kläger erstrebt ein allgemeines Verbot der Übermittlung von Positivdaten. Insofern ist zwar auch nach Auffassung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) „eine pauschal vorgesehene Einmeldung von Informationen wie Aufnahme und Beendigung eines Telekommunikationsvertrags verbunden mit Name, Anschrift und Geburtsdatum an eine Auskunftei ohne eine Einwilligung nicht in jedem Fall […] datenschutzrechtlich zulässig“. Hiernach ist es aber weiter möglich, dass eine andere Ausgestaltung des Umgangs mit Positivdaten einem berechtigten Interesse der Beklagten zur Betrugsprävention, die in Erwägungsgrund 46 der DSVGO ausdrücklich erwähnt ist, entsprechen kann. Spräche man indes ein allgemeines Verbot der Einmeldung von Positivdaten an Auskunfteien aus, führte dies dazu, dass eine Übermittlung selbst bei datenschutzkonformer Ausgestaltung dieses Prozesses – also unter Darlegung, in welchen Szenarien und unter Vorschaltung interner Prüfprozesse etc. eine Übermittlung erfolgt – untersagt wäre, was mit dem zitierten Erwägungsgrund der DSGVO ersichtlich nicht in Übereinstimmung zu bringen wäre. Der Beklagten ist ein ihr nach der DSGVO eingeräumter Gestaltungsspielraum beim Umgang mit Positivdaten zu belassen, den sie in den bestehenden Grenzen gestalten kann. Die Möglichkeit und Notwendigkeit einer Einzelfallbetrachtung hat auch der BfDI zutreffend betont (OLG Köln GRUR-RS 2023, 34611 Rn. 22, 23, beck-online; vgl. LG Konstanz GRUR-RS 2024, 14360 Rn. 60, beck-online; vgl. LG Stade GRUR-RS 2024, 10218 Rn. 34f., beck-online).
72
c) Die Klage ist indes auch hinsichtlich des Antrags zu 3) als unbegründet abzuweisen. Zwar ist eine Feststellungsklage grundsätzlich als unzulässig abzuweisen, wenn das erforderliche Feststellungsinteresse fehlt. Die Feststellungsklage kann dann aber als unbegründet abgewiesen werden, wenn die sachlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen (vgl. BGHZ 12, 308, 316 = NJW 1954, 1159; 1160; BGH NJW 2020, 683, 687 Rn. 44, beck-online)
73
In der Sache bestehen für den Eintritt eines künftigen Schadens keine Anhaltspunkte.
74
Eine negative Auswirkung des streitgegenständlichen Eintrags entweder für den Score des Klägers oder auch in tatsächlicher Hinsicht für (potentielle) Vertragsabschlüsse oder sonstige Geschäftsbeziehungen wurde nicht dargelegt. Die Prozentzahl, welche eine Einschätzung der S. hinsichtlich der Erfüllungswahrscheinlichkeit von Verbindlichen wiedergibt, war beim Kläger offenbar ebenfalls sehr gut. Zudem hat die S. unstreitig in einer Pressemitteilung vom 19.10.2023 mitgeteilt, dass sie sich entschieden habe, die Telekommunikationsdaten aus den Konten demnächst zu löschen. Der Vortrag der Beklagten geht dahin, dass dies inzwischen erfolgt sei (Klageerwiderung v. 15.03.2024, Seite 75 Rn. 243 (Bl. 97f. d.A.)). Der Kläger hat nicht dargelegt oder nachgewiesen, dass eine solche Löschung nicht erfolgt ist, was z.B. durch die Vorlage einer weiteren Auskunft der S. ohne Weiteres möglich gewesen wäre (vgl. ebenso bereits LG Konstanz GRUR-RS 2024, 14360 Rn. 63, 64, beck-online).
75
Dem Anspruch stünde ohnehin auch entgegen, dass die gegenständliche Übermittlung der Positivdaten an die S. rechtmäßig war (vgl. LG Konstanz GRUR-RS 2024, 14360 Rn. 65, beck-online; ebenso LG Gießen GRUR-RS 2024, 7986 Rn. 28, beck-online; LG Stade GRUR-RS 2024, 10218 Rn. 36, beck-online).
76
d) Mangels Hauptanspruchs hat der Kläger gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten (Antrag zu 4)).
77
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
78
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 11 ZPO.
79
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 63 Abs. 2, § 48 GKG, § 3 ZPO.
80
1. Für die Bestimmung des Streitwertes ist in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten auf § 3 ZPO zurückzugreifen. Um eine ungleiche Berechnung von Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert zu vermeiden, sind damit dieselben Gesichtspunkte entscheidend wie bei der Wertfestsetzung nach § 48 Abs. 2, 3 GKG (vgl. OLG Nürnberg, Bes. v. 17.07.2024, Az. 15 W 1201/24, Seite 3). Danach ist der Streitwert nach „freiem Ermessen“ unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen (Musielak/Voit-ZPO/Heinrich, 21. Aufl. 2024, § 3 Rn. 13, 14; vgl. OLG Nürnberg, Bes. v. 17.07.2024, Az. 15 W 1201/24, Seite 3), wobei den Wertangaben der Parteien, insbesondere des Klägers, wenn sie nicht offensichtlich unzutreffend sind, erhebliches Gewicht zukommt, diese aber für das Gericht nicht bindend sind. Das Gericht kann bei der Ermittlung des maßgeblichen Werts im Wege der Schätzung vorgehen (BayObLG BeckRS 2021, 30792 Rn. 62; OLG Nürnberg, Bes. v. 17.07.2024, Az. 15 W 1201/24, Seite 3; BeckOK-ZPO/Wendtland, 53. Edition / 01.07.2024, § 3 Rn. 1). Maß der Bewertung ist dabei grundsätzlich allein das Interesse des Angreifers, sog. Angreiferinteresseprinzip (MüKo-ZPO/Wöstmann, 6. Aufl. 2020, § 3 Rn. 4; BeckOK-ZPO/Wendtland, 53. Edition / 01.07.2024, § 3 Rn. 1). Zugrunde zu legen ist hier das Interesse der Parteien, so dass sich die Bedeutung nicht aus der Rechtsordnung oder den Interessen der Allgemeinheit ergibt (Musielak/Voit-ZPO/Heinrich, 21. Aufl. 2024, § 3 Rn. 16; OLG Nürnberg, Bes. v. 17.07.2024, Az. 15 W 1201/24, Seite 3f.).
81
Den verfahrenseinleitenden Angaben des Klägers kommt hierbei besonderes Gewicht zu: Denn in diesem Verfahrensstadium, in dem die spätere Kostentragungspflicht noch offen ist, dürfen erfahrungsgemäß Angaben von größerer Objektivität erwartet werden, als zu einem Zeitpunkt, zu dem die Kostentragungspflicht bereits feststeht oder zumindest mit erheblicher Sicherheit vorauszusehen ist (vgl. BGH BeckRS 2012, 22164 Rn. 4, beck-online m. w. N.; BayObLG, BeckRS 2021, 30792 Rn. 62, beck-online).
82
2. a) Der Streitwert für den Klageantrag 1 ist wegen der Angabe eines Mindestbetrages auf 4.000 Euro festzusetzen (OLG Köln BeckRS 1990, 303; OLG Stuttgart Beschluss vom 6.2.2023 – 4 W 103/22, BeckRS 2023, 19106 Rn. 16, beck-online; OLG Nürnberg, Bes. v. 17.07.2024, Az. 15 W 1201/24, Seite 3; MüKo-ZPO/Wöstmann, 6. Aufl. 2020, § 3 Rn. 128). Insoweit bindet das Angreiferinteresseprinzip.
83
Zwar äußern Literaturstimmen Zweifel, ob – einen Anspruch dem Grunde nach unterstellt – eine Schadensersatzhöhe von mehr als einem ein- oder zweistelligen Betrag gerechtfertigt wäre (Paal ZfDR 2023, 325, 259; Paal NJW 2024, 1689 Rn. 37).
84
Es ist jedoch dem Gericht bei bezifferter Untergrenze verwehrt, einen (vermeintlich) objektiv angemessenen oder aus der Rechtsordnung oder den Interessen der Allgemeinheit folgenden Streitwert unterhalb von einer – wie hier – vorgegebenen Untergrenze festzusetzen. Insbesondere ist die Wertangabe, die offensichtlich unzutreffend ist und daher eine abweichende gerichtliche Bewertung nach § 3 ZPO zulässt, nicht mit dem bezifferten Klageantrag gleichzusetzen. b)
85
Der Unterlassungsantrag im Klageantrag zu 2) ist mit 1.500 Euro zu bewerten.
86
In Anlehnung an § 23 Abs. 3 S. 2 RVG ist bei einer nichtvermögensrechtlichen Streitigkeit und mangelnden genügenden Anhaltspunkten für ein höheres oder geringeres Interesse zwar von einem Wert von 5.000 Euro auszugehen (BGH, Beschluss vom 28. Januar 2021 – III ZR 162/20 –, juris Rn. 9).
87
Ausreichende Anhaltspunkte, die vorliegend eine Abweichung von diesem Ausgangspunkt rechtfertigen könnten, sind gegeben, dies unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs des – behaupteten – Datenverstoßes, der wirtschaftlichen Beeinträchtigung der Klagepartei, der Bedeutung der Sache für die Parteien und ihrer Vermögensverhältnisse, gegeben (zum diesem Maßstab in anderem datenschutzrechtlichen Kontext OLG Stuttgart BeckRS 2023, 19106 Rn. 14, beck-online; OLG Nürnberg, Bes. v. 17.07.2024, Az. 15 W 1201/24, Seite 4).
88
Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass der Kläger im Ausgangspunkt durch seinen Schmerzensgeldanspruch ein gewisses Indiz für einen Streitwert hinsichtlich des vermeintlich bereits begangenen Datenschutzverstoßes geliefert hat. Eine schlichte Extrapolation, wonach im Unterlassungsantrag zumindest die Besorgnis einer (mindestens) wiederholten Verletzung zum Ausdruck kommt, die entsprechend mindestens mit dem Zweifachen des Schmerzensgeldanspruchs zu bemessen sei, ist nicht möglich. Die – hier streitgegenständliche – Auskunftei hat bereits angekündigt, Daten wie die streitgegenständlichen nicht mehr zu speichern bzw. zu löschen. Eine entsprechende Zurückhaltung seitens der Beklagten ist ebenfalls erkennbar geworden. Die gegenständlichen Daten sind zudem ihrem Kern nach unter Würdigung der Sphären des Persönlichkeitsrechts des Beklagten nicht mit Daten etwa nach Art. 10 DSGVO vergleichbar. (Zutreffende) Positivdaten eines Mobilfunkvertrags beeinträchtigen weder erkennbar die Bonität des Betroffenen, noch ist ersichtlich, dass der Betroffene hierdurch in irgendeiner Form stigmatisiert oder sonst benachteiligt wäre. Es darf auch nicht übersehen werden, dass sich die Daten gerade nicht in einem „ungeschützten“ ggf. kriminellen Raum befanden, wie dies zumindest im Falle illegaler Datenabgriffe und Veröffentlichungen im sog. „Darknet“ im Einzelfall gegeben sein könnte.
89
Schließlich hat die Klagepartei verfahrenseinleitend durch ihre Gesamtstreitwertangabe von 6.000 Euro insgesamt ein nicht unerhebliches Indiz gesetzt. Sie hat hierbei den Antrag zu 2) mit 1.500 Euro beziffert (Klageschrift v. 29.12.2023, Seite 4, Bl. 4 d.A.).
90
Unter Abwägung dieser Aspekte erscheint ein solcher Streitwert hinsichtlich des Antrags zu 2) von – allenfalls – 1.500 Euro ermessens- und sachgerecht. c)
91
Der Streitwert für die Feststellungsanträge zur Schadensersatzpflicht nach dem Klageantrag zu 3) ist auf 500 Euro zu bemessen.
92
Soweit die Klagepartei mit diesem Klagantrag festgestellt haben möchte, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr (auch) alle künftigen materiellen bzw. nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr entstanden sind und/oder noch entstehen werden, so ist diesem Antrag ein eigener wirtschaftlicher Wert beizumessen. Dieser orientiert sich grundsätzlich an den Vorstellungen der Klägerin (OLG Stuttgart BeckRS 2023, 3092 Rn. 15 beck-online; OLG Stuttgart BeckRS 2023, 19106 Rn. 17, beck-online; OLG Nürnberg, Bes. v. 17.07.2024, Az. 15 W 1201/24, Seite 4). Der Wert kann nicht höher sein, als der einer entsprechenden Leistungsklage aus dem gesamten Rechtsverhältnis; regelmäßig ist bei positiven Feststellungsklagen – allein schon wegen der fehlenden Vollstreckbarkeit – ein Feststellungsabschlag zu berücksichtigen. Als Anhalt für den Regelfall sind 20% hierfür gängig (vgl. BGH BeckRS 1990, 3554; BGH BeckRS 2021, 2494 Rn. 6, beck-online; BGH NJW 2023, 3584 Rn. 10, beck-online; Thomas/Putzo-ZPO/Hüßtege, 45. Auflage 2024, § 3 Rn. 65). Für die Schätzung des Wertes dieses Anspruchs sind die zur Klagebegründung vorgetragenen Behauptungen auf der Grundlage des Tatsachenvortrags der Klagepartei zugrunde zu legen. Nicht nachvollziehbare Vorstellungen haben hierbei außer Ansatz zu bleiben (BGH BeckRS 2019, 31893 Rn. 3; BGH NJW 2023, 3584 Rn. 10). Geht es um die Feststellung der Pflicht zum Ersatz künftigen Schadens, dann bemisst sich das konkrete wirtschaftliche Interesse der Partei nicht allein nach der Höhe des drohenden Schadens, sondern auch danach, wie hoch oder wie gering das Risiko eines Schadenseintrittes und einer tatsächlichen Inanspruchnahme durch den Feststellungskläger ist (vgl. BGH BeckRS 1990, 3554; BGH NJW 2023, 3584 Rn. 10; Thomas/Putzo-ZPO/Hüßtege, 45. Auflage 2024, § 3 Rn. 65); insoweit kann auch ein weit über 20% hinausgehender Abschlag gerechtfertigt sein (Thomas/Putzo-ZPO/Hüßtege, 45. Auflage 2024, § 3 Rn. 65; vgl. in 50% in Datenschutzfällen: OLG Stuttgart BeckRS 2023, 3092 Rn. 15 beck-online; OLG Stuttgart BeckRS 2023, 19106 Rn. 17, beck-online; OLG Nürnberg, Bes. v. 17.07.2024, Az. 15 W 1201/24, Seite 4). Bei der Wertbemessung ist hier zunächst von den Angaben auszugehen, die die Klagepartei bereits in ihrer Klageschrift gemacht hat und gegen die sich die Beklagte nicht gewandt haben. (BGH NJW 2023, 3584 Rn. 12, beck-online).
93
Der Streitwert kann hier nicht (allein) anhand des Leistungsantrags (Klageantrag zu 1) oder mit einem Bruchteil dessen ermittelt werden (vgl. insoweit: OLG Stuttgart BeckRS 2023, 3092 Rn. 15 beck-online; OLG Stuttgart BeckRS 2023, 19106 Rn. 17, beck-online; OLG Nürnberg, Bes. v. 17.07.2024, Az. 15 W 1201/24, Seite 4). Denn der Antrag zu 1) umfasst lediglich immateriellen Schaden, der bereits vorhersehbar ist. Der Antrag zu 3) bezieht sich indes – zumal auch mit Blick auf den Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldanspruchs – auf nicht vorhersehbaren Schaden. Zudem erfasst der Antrag zu 3) auch materiellen Schadensersatz, der gerade nicht Gegenstand der übrigen Anträge ist.
94
Die Klagepartei hat den Streitwert des Antrags mit 500 Euro beziffert (Klageschrift v. 29.12.2023, Seite 4, Bl. 4 d.A.). Die Beklagte hat maßgeblich vor allem kritisiert, dass die von der Klagepartei mandatierten Bevollmächtigten zahlreiche gleichgelagerte Rechtsstreitigkeiten zum – nahezu – identischen Sachverhalt führten, indes – ohne ersichtliche Begründung – eine erhebliche Varianz des Streitwertes erfolge. Die Beklagte hat insinuiert, dass dies auf Rentabilitätserwägungen der Klägervertreter zurückzuführen sei. Hinreichende Angaben zu einer Streitwertbemessung können hieraus aber nicht abgeleitet werden.
95
Unter erneuter Abwägung der aus dem vorstehenden Maßstab folgenden Gesichtspunkte, insbesondere auch der Berücksichtigung der Streitwertangabe der Klagepartei, der (vgl. insoweit oben) ausgeführten, objektiv gering zu bemessenden materiellen wie immateriellen Folgen aus der Weitergabe von Positivdaten und eines weitergehenden Feststellungsabschlags von 50% ist der Streitwert für den Antrag zu 3 insgesamt auf – allenfalls – 500 Euro festzusetzen (i.E. LG Konstanz GRUR-RS 2024, 14360 Rn. 69, beck-online).