Titel:
Kein Datenschutzrechtsverstoß bei Einwilligung des Betroffenen in die Übermittlung seiner Positivdaten an Auskunfteien
Normenkette:
DSGVO Art. 82 Abs. 1
Leitsatz:
Willigt der Betroffene im Rahmen eines Vertragsschlusses in die Übermittlung seiner Positivdaten an Auskunfteien ein, steht ihm im Falle der tatsächlich erfolgten Übermittlung dieser Daten durch seinen Vertragspartner kein Schadensersatz zu. (Rn. 18 – 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Einwilligung, Datenverarbeitung, SCHUFA-Auskunft, Datenschutzmerkblatt, Bonitätsprüfung, immaterieller Schadensersatz, Nebenansprüche
Fundstelle:
GRUR-RS 2024, 16756
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf bis zu 16.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Klagepartei begehrt von der Beklagten in der Hauptsache Schadensersatz, Unterlassung und Feststellung wegen angeblicher Verletzungen der DSGVO, der Persönlichkeitsrechte, der Grundrechte und Grundfreiheiten, insbesondere dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
2
Zwischen den Parteien wurde ein Vertrag über Telekommunikationsdienstleistungen geschlossen.
3
Am 06.09.2023 erhielt die Klägerseite eine Auskunft und eine Kopie der bei der SCHUFA Holding AG gespeicherten Daten (K 1). Die Beklagte hatte Daten im Zusammenhang mit dem Mobilfunkvertrag mit der Klägerseite an die SCHUFA Holding AG weitergegeben.
4
Mit Schreiben vom 08.09.2023 forderten die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Beklagte zum Ersatz des entstandenen Schadens und zur Unterlassung auf (K 23.
5
Die Beklagte wies die Ansprüche zurück (K 2).
6
Die Klagepartei trägt im Wesentlichen vor, bei ihr habe sich unmittelbar ein Gefühl des Kontrollverlustes und der großen Sorge eingestellt, insbesondere im Hinblick auf die eigene Bonität.
7
Sie hält die Weitergabe der Daten für unrechtmäßig.
8
Der Kläger beantragt letztlich:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite immateriellen Schadensersatz in angemessener Höhe zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch EUR 5.000,00 nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
2. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 EUR, ersatzweise an ihrem gesetzlichen Vertreter zu vollstreckender Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, Positivdaten des Klägers, also personenbezogene Daten, die keine Zahlungserfahrungen oder sonstiges nicht vertragsgemäßes Verhalten zum Inhalt haben, sondern Informationen über die Beauftragung, Durchführung und Beendigung eines Vertrags, an Kreditauskunfteien, namentlich Schufa Holding AG, ..., zu übermitteln, ohne dass eine Einwilligung des Klägers vorliegt, also insbesondere nicht auf der Basis von Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO zur Verbesserung der Qualität der Bonitätsbewertungen oder zum Schutz der beteiligten Wirtschaftsakteure vor kreditorischen Risiken.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerseite alle künftigen Schäden zu ersetzen, die der Klägerseite durch die unbefugte Verarbeitung personenbezogener Daten entstanden sind und/oder noch entstehen werden.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 579,17 Euro zuzahlen.
10
Die Beklagte hält Ziff. 2 und 3 der Klageanträge für unzulässig.
11
Die Beklagte trägt vor, die Weitergabe von Daten im Zusammenhang mit dem Mobilfunkvertrag mit der Klägerseite an die SCHUFA Holding AG sei nicht unrechtmäßig erfolgt. Die Einmeldung von Vertragsdaten an die SCHUFA sei von Art. 6 Abs. 1 f DSGVO gedeckt.
12
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen verwiesen.
13
Der Kläger wurde angehört.
Entscheidungsgründe
14
Die Klage war abzuweisen. Die vom Kläger gegen die Beklagte geltend gemachten Ansprüche stehen diesem aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
15
I. Die Klagepartei hat nicht bewiesen, dass die Verarbeitung der Daten unrechtmäßig war.
16
Die Klagepartei stützt ihre Klagebegründung darauf, dass es in einer SCHUFAAuskunft vom 06.09.2020 (K 1) u.a. heiße:
„Am 11.02.2022 hat ... den Abschluss eines Telekommunikationsvertrages gemeldet und hierzu das Servicekonto unter der Nummer ... übermittelt. Diese Information wird gespeichert, solange die Geschäftsbeziehung besteht. “
17
Zwar hat die Klagepartei vorgetragen, eine Einwilligung zur Übermittlung der Daten an die SCHUFA Holding AG habe sie nicht erteilt (vgl. Klageschrift S. 3 und 7).
18
Demgegenüber hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 15.05.2024, der Klagepartei zugestellt am 16.05.2024, allerdings vorgetragen, die Beklagte habe schon bei Vertragsschluss alle ihre Kunden über die Weitergabe der Vertragsdaten an Auskunfteien informiert und hat dazu als Anlage B 24 das Datenschutzmerkblatt vorgelegt. Daraus ergibt sich unter Ziffer 7. u.a.:
„Soweit dies für die Erfüllung der oben genannten Zwecke erforderlich ist, haben folgende Empfänger im erforderlichen Umfang Zugriff auf Ihre personenbezogenen Daten: …
19
Bei seiner Anhörung hat der Kläger zunächst angegeben, bei Vertragsschluss vom Datenschutzmerkblatt der Beklagten nicht Kenntnis genommen zu haben, zumindest nicht von ... Er hat dann allerdings auch angegeben, es sei schon korrekt, dass er aus dem Datenschutzmerkblatt der Anlage B 24 Kenntnis davon erlangt habe, dass ein Eintrag bei der SCHUFA erfolge, aber hier sei nicht über die Positivdaten gesprochen worden, welche für den Vertragsabschluss nicht nötig seien.
20
Aus Ziffer 9. des Datenschutzmerkblatts ergibt sich aber u.a.:
„Hierzu übermitteln wir die bei Vertragsabschluss angegebenen personenbezogenen Daten (Name, Anschrift, Geburtsdatum und -ort, E-Mail-Adresse, Bankverbindung) zur Bonitätsprüfung und zur Identitätsprüfung (Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO) grundsätzlich an eine oder auch mehrere der oben genannten Auskunfteien.“
„Erstellung eines Servicekontos (SCHUFA)
Wir übermitteln zum Schutz der Marktteilnehmer vor Forderungsausfällen und Risiken personenbezogene Daten über die Beantragung, Aufnahme und Beendigung des Telekommunikationsvertrages (Name, Anschrift, Geburtsdatum, Information über den Abschluss dieses Telekommunikationsvertrags, Referenz zum Vertrag) an die SCHUFA, wenn sich dahingehend aus den Verträgen eine hinreichende Relevanz ergibt (Art. 6 Abs. 1 f) DS- GVO).“
„Für eine zuverlässige Einschätzung der Kreditwürdigkeit ist ein möglichst umfassendes Bild über bestehende finanzielle Verpflichtungen wichtig. Hierzu trägt die Speicherung von Vertragsbeziehungen aus dem Telekommunikationsbereich bei der SCHUFA bei. Sollten Sie die Übermittlung an die SCHUFA nicht wünschen, schreiben Sie bitte an ...“
21
Damit hat die Klagepartei aber gerade bei Abschluss des Vertrages mit der Beklagten eingewilligt, dass Daten über den Abschluss eines Telekommunikationsvertrages und das Servicekonto an die SCHUFA gemeldet werden. Denn gemäß § 4 Nr. 11 DSGVO bezeichnet der Ausdruck „Einwilligung“ der betroffenen Person jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist. Gerade dies ist vorliegend erfolgt.
22
Damit scheiden sämtliche vom Kläger geltend gemachten Hauptansprüche aus.
23
II. Abgesehen davon steht dem Kläger ein Anspruch gegen die Beklagte auf immateriellen Schadensersatz aber auch aus anderen Gründen nicht zu. Der Kläger hat bei seiner mündlichen Anhörung angegeben:
24
Er habe sich im Internet schlau gemacht und mitbekommen, dass die Beklagte mit der SCHUFA zusammen gearbeitet habe. Das habe dazu geführt, dass er sich in seinen Rechten diesbezüglich gestört fühle. Er fühle sich beeinträchtigt, durch die Positivdaten könne man sein Kaufverhalten und sein Vertragsverhalten im Internet und im Leben ablesen und dadurch vielleicht zukünftige Verträge ablehnen. Firmen, die bei der SCHUFA Auskünfte verlangen, könnten Daten über ihn erlangen, obwohl es dafür nicht bestimmt sei.
25
Zu einer eventuellen körperlichen oder seelischen Belastung gab der Kläger erst auf Nachfrage an, sich seelisch belastet zu fühlen. Und zwar in der Sorge, dass seine Bonität gefährdet sein könnte aufgrund der Datensammlung.
26
Abgesehen davon, dass die erst auf Nachfrage genannten Umstände ohnehin nicht überzeugen können, weil der Kläger diese noch nicht einmal von sich aus erwähnt hat, beschreibt selbst die Gesamtheit der vom Kläger genannten Umstände keinen immateriellen Schaden, der zu ersetzen wäre.
27
III. Mangels Hauptanspruch scheiden auch Nebenansprüche aus.
28
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
29
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.