Inhalt

OLG München, Urteil v. 23.11.2023 – 29 U 3309/22
Titel:

Kostenentscheidung, Wegfall der Wiederholungsgefahr, Abmahnungskosten, Abmahnungsberechtigter, Unterwerfungserklärung, Dienstleistungen, Unterlassungsantrag, Verpflichtungserklärung, Wettbewerbsverhältnis, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Kosten des Rechtsstreits, Teilklagerücknahme, Vertragsstrafeanspruch, Kostentragungspflicht, Klageantrag, Sofortige Beschwerde, Gesamtschuldner, Kosten des Berufungsverfahrens, Rechtsmittelantrages, Einheitliches Rechtsmittel

Schlagwort:
Wiederholungsgefahr
Vorinstanz:
LG München I, Urteil vom 26.04.2022 – 33 O 4950/21
Fundstellen:
WRP 2024, 858
GRUR-RS 2023, 49573
LSK 2023, 49573

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 26.04.2022, Az. 33 O 4950/21, wird das Urteil im Kostenausspruch (Ziffer II.) wie folgt geändert:
Von den Kosten des ersten Rechtszugs tragen die Klägerin 3/4 und die Beklagten als Gesamtschuldner 1/4.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.
III. Dieses Urteil und das in Ziffer I. genannte Urteil des Landgerichts München I sind vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Parteien streiten um lauterkeitsrechtliche Ansprüche auf Erstattung von vorgerichtlichen Abmahnkosten und die Kostentragung hinsichtlich des erstinstanzlich zurückgenommenen Unterlassungsantrags.
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Das Landgericht hat der Klage durch Urteil vom 26.04.2022, Az. 33 O 4950/21, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, stattgegeben und hinsichtlich des zurückgenommenen Klageantrags auf Unterlassung den Beklagten die Kosten auferlegt.
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Die Beklagten greifen das Urteil mit ihrer Berufung in vollem Umfang an und begehren die Abweisung der Klage und die Verurteilung der Klägerin zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits.
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Im Übrigen wird von einem Tatbestand nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO abgesehen.
II.
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Die zulässige Berufung der Beklagten ist nur hinsichtlich der auf § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO beruhenden Kostenentscheidung begründet.
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1. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere genügt die fristgerecht eingelegte und begründete Berufung auch den Vorgaben des § 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO. Zwar geht der Berufungsantrag der Beklagten nicht dahin, dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, jedoch ist der Berufungsantrag unter Heranziehung der Berufungsbegründung (BGH NJW-RR 2005, 1659) dahingehend auszulegen, dass sich die Berufung auch gegen die Kostenentscheidung richtet. Denn die Berufungsbegründung enthält auf S. 2 die ausdrückliche Erklärung, dass sich die Beklagte sowohl gegen die Verurteilung zur Zahlung der Abmahnkosten als auch gegen die Kostenentscheidung richtet, auch soweit sie auf § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO beruht.
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Das Rechtsmittel der Berufung ist auch gegen die Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO eröffnet. Zwar findet nach § 269 Abs. 5 ZPO gegen den Beschluss nach § 269 Abs. 4 ZPO die sofortige Beschwerde statt. Ergeht nach teilweiser Klagerücknahme im Urteil eine einheitliche Kostenentscheidung, ist gegen diese aus Gründen der Prozessökonomie als einheitliches Rechtsmittel neben der sofortigen Beschwerde auch die Berufung eröffnet, wenn sich der Rechtsmittelführer – wie vorliegend – nicht nur gegen die Kostenentscheidung, sondern auch gegen den streitig entschiedenen Teil der Hauptsache wendet (vgl. BGH, NJW 2013, 2361, Rn. 20 m.w.N.).
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2. Die Berufung ist nur hinsichtlich der auf § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO beruhenden Kostenentscheidung begründet.
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a) Der Klägerin steht gegen die Beklagten der vom Landgericht zuerkannte Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Abmahnkosten für die Abmahnung von 08.03.2021 (Anlage K 11) zu, § 13 Abs. 3 UWG, §§ 421, 840 BGB.
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aa) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Abmahnung berechtigt war, weil die Beklagte auf ihrer Website mit dem Siegel „Bio nach EG-Öko-Verordnung“ warb und sich selbst als „Bio-Zertifiziert“ bzw. „Bio zertifiziert“ bezeichnete. Soweit die Beklagte der Ansicht ist, die Abmahnung sei nicht berechtigt gewesen, weil sich die Beklagte nicht, wie mit der Abmahnung vom 08.03.2021 gerügt, „unter Verwendung des Bio-Siegels (…) als bio-zertifiziert“ bezeichne (vgl. S. 1 letzter Abschnitt der Anlage K 11), missverstehen die Beklagten bewusst die Rüge der Abmahnung. Denn die Abmahnung rügt nicht, dass sich die Beklagte zu 1) „unter Verwendung des Bio-Siegels“ als „bio-zertifiziert“ bezeichne, sondern dass die Beklagte zu 1) unter Verwendung des „Bio-Siegels“ mit der Aussage werbe, „bio-zertifiziert“ zu sein. Ausweislich der Anlage K 11 hat die Beklagte das „Bio-Siegel“ auf ihrer Website in unmittelbarer Nähe zu den Aussagen, „Bio-Zertifiziert“ bzw. „Bio zertifiziert“ zu sein, verwendet, obwohl die Beklagte zu 1) zum Zeitpunkt der Abmahnung unstreitig über keine entsprechende Zertifizierung verfügte.
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bb) Entgegen der Ansicht der Berufung entspricht die Abmahnung auch den Anforderungen des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Danach hat die Abmahnung den Anspruchsberechtigten nach § 8 Abs. 3 UWG zu benennen. Soweit die Beklagten insoweit der Ansicht sind, die Abmahnung vom 08.03.2021 (Anlage K 11) enthalte nicht die erforderlichen Angaben nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG in der Fassung ab dem 01.12.2021, weil sie keine Angaben dazu mache, dass die Klägerin Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibe oder nachfrage, verkennt sie, dass die Abmahnung vom 08.03.2021 datiert. Nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG in der zwischen dem 02.12.2020 und 30.11.2021 gültigen Fassung stehen die Ansprüche nach § 8 Abs. 1 UWG Mittbewerbern zu, ohne dies zusätzlich dahingehend einzuschränken, dass diese Mittbewerber Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreiben oder nachfragen müssen. Damit bedurfte es keiner Ausführungen zum Umfang des Vertriebs oder der Nachfrage von Waren oder Dienstleistungen.
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cc) Soweit die Beklagten darüber hinaus der Meinung sind, dass der Abmahnung Darlegungen fehlten, welche Waren- oder Dienstleistungsangebote der Parteien sich gegenüberstehen, geht sie zutreffend davon aus, dass die Abmahnung nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG i.V.m. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG Angaben dazu enthalten muss, dass die abmahnende Klägerin eine Mitbewerberin der Beklagten zu 1) ist. Die Eigenschaft als Mitbewerber gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG erfordert ein konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Ein solches konkretes Wettbewerbsverhältnis ist gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen behindern oder stören kann. Diesen Anforderungen genügt die Abmahnung vom 08.03.2021, denn die Abmahnung enthält den Hinweis, dass die Klägerin Dienstleistungen eines Caterers erbringe und damit in einem direkten Wettbewerbsverhältnis zur Beklagten zu 1) stehe, da die Beklagte zu 1) Verpflegungsdienstleistungen für Kindergärten und Schulen anbiete. Hieraus ergibt sich hinreichend deutlich, dass sich die Parteien auf dem Markt des Caterings als Mitbewerber gegenüberstehen.
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dd) Soweit die Beklagten der Ansicht sind, der Klägerin stehe der Ersatz der Kosten der Abmahnung nicht zu, weil die mit der Abmahnung übersandte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung die Formulierung enthalte, dass die Vertragsstrafe „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“ fällig werde und damit den Grundsatz der Handlungseinheit nicht hinreichend berücksichtige und auch im Übrigen mehr begehre, als der Klägerin zustehe, verkennen die Beklagten, dass es grundsätzlich unschädlich ist, wenn der Gläubiger mit der von ihm vorgeschlagenen Unterwerfungserklärung mehr fordert, als ihm zusteht (OLG Köln WRP 1988, 56; OLG Hamburg WRP 1977, 808; OLG Hamburg WRP 1990, 32 (33); OLG Stuttgart WRP 1985, 53; aM OLG München WRP 1982, 600 (601) in Bezug auf die dort verlangte nicht der konkreten Verletzungsform entsprechenden Unterlassungserklärung). Denn es ist Sache des Schuldners, aufgrund der Abmahnung die zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr erforderliche Erklärung abzugeben (BGH GRUR 2007, 607 Rn. 24 – Telefonwerbung für „Individualverträge“; BGH GRUR 2019, 82 Rn. 35 – Jogginghosen). Daher ist § 13 Abs. 3 UWG auf Mängel der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung, entgegen der vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht, nicht „erst recht“ anzuwenden, denn der Gläubiger ist gerade nicht verpflichtet eine Unterwerfungserklärung vorzuformulieren.
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Soweit die Beklagten rügen, die vorgeschlagene „Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung“ enthalte die Regelung, dass die Höhe der Vertragsstrafe im Streitfall vom zuständigen Landgericht auf Angemessenheit zu überprüfen ist, ist dies nicht zu beanstanden, weil Vertragsstrafenansprüche unter § 14 Abs. 1 UWG fallen (BGH WRP 2017, 179 Rn. 22 – Zuständigkeit bei Vertragsstrafeansprüchen). Im Übrigen erschließt sich – mangels Begründung der Beklagten – bereits nicht, warum diese Formulierung dem Anspruch der Klägerin auf Ersatz der für die Abmahnung erforderlichen Aufwendungen entgegenstehen soll. Unabhängig davon gilt, dass es unschädlich ist, wenn der Gläubiger mit der von ihm vorgeschlagenen Unterwerfungserklärung mehr fordert, als ihm zusteht.
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ee) Auch soweit die Beklagte rügt, die Klägerin habe mit der Klage auf die Anlagen K 4 und K 5 verwiesen, die nicht mit derjenigen Werbung übereinstimmen, die Gegenstand der Abmahnung gewesen sei, verkennen die Beklagten, dass der Streitgegenstand durch die mit dem Klageantrag begehrte Rechtsfolge und den zugrunde liegenden Lebenssachverhalt bestimmt wird (BGH NJW 2016, 1818 Rn. 27; NJW 2010, 2210 Rn. 10). Damit kommt es auf die Anlagen K 4 und K 5 nicht an, denn diese wurden mit der Klage nur zum Nachweis der Verantwortlichkeit der Beklagten für die Domains „sch. … .de“ und „k. … .de“ vorgelegt. Der ursprünglich mit der Klage geltend gemachte Unterlassungsantrag hingegen hatte gerade die Werbung zum Gegenstand, die mit der Abmahnung gerügt wurde.
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ff) Soweit die Beklagten rügen, die Abmahnung entspreche inhaltlich nicht dem mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsantrag, kommt es hierauf nicht an, denn der Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen für eine berechtigte Abmahnung besteht unabhängig davon, ob eine identische Klage auf Unterlassung des abgemahnten Verhaltens erhoben wird.
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b) Auf die Berufung der Beklagten war die Kostenentscheidung abzuändern, soweit das Landgericht die Beklagten zur Tragung der Kosten nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO verurteilt hat.
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aa) Nach § 269 Abs. 3 ZPO ist ein Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen, wenn die Klage zurückgenommen wurde. Folge der Klagerücknahme ist, dass der Kläger verpflichtet ist, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist hingegen der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde, § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO.
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bb) Das Landgericht hat den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO auferlegt mit der Begründung, durch die Erteilung des Bio-Zertifikats am 05.04.2021 sei die ursprünglich zulässige und begründete Klage auf Unterlassung unbegründet geworden. Die Klägerin habe bei Klageeinreichung am 07.04.2021 hiervon keine Kenntnis gehabt, weil die Beklagten sie trotz Abmahnung hierüber entgegen Treu und Glauben nicht unterrichtet hätten. Daher seien den Beklagten insoweit die Kosten des Rechtsstreits nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO aufzuerlegen. Denn § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO sei auch auf Klagen anwendbar, die bei Anhängigkeit aufgrund einer Erledigung, die vor Anhängigkeit eingetreten ist, unbegründet waren, dies dem Kläger aber zum Zeitpunkt der Anhängigkeit nicht erkennbar gewesen sei, sofern die Klage zu irgendeinem früheren Zeitpunkt zulässig und begründet war.
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Soweit die Parteien darüber streiten, ob § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO auch anwendbar ist, wenn der Anlass zur Einreichung der Klage vor Anhängigkeit weggefallen ist und die Klage daraufhin zurückgenommen wurde, bedarf dies vorliegend keiner Entscheidung. Denn eine Anwendung von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO kommt jedenfalls nur dann in Betracht, wenn der Anlass zur Einreichung der Klage weggefallen ist, die Klage also zu einem früheren Zeitpunkt zulässig und begründet gewesen wäre und eine dafür erforderliche Voraussetzung später weggefallen ist (vgl. BGH NJW 2021, 941 Rn. 21 m.w.N.).
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Hieran fehlt es vorliegend, denn entgegen der Ansicht der Klägerin und des Landgerichts ist durch die Erteilung des Bio-Zertifikats an die Beklagte zu 1) am 05.04.2021 die Klage auf Unterlassung nicht unbegründet geworden, denn durch die Erteilung des Bio-Zertifikats an die Beklagte zu 1) ist die für den Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG erforderliche Wiederholungsgefahr nicht entfallen.
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Nach § 8 Abs. 1 UWG kann derjenige, der eine nach § 3 UWG oder § 7 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Ist es – wie vorliegend – bereits zu einer Verletzungshandlung gekommen, besteht aufgrund des bereits geschehenen Verstoßes grundsätzlich Wiederholungsgefahr (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, 41. Aufl. 2023, UWG § 8 Rn. 1.40). Ihre Ausräumung ist Sache des Verletzers. Regelmäßig wird die Wiederholungsgefahr durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt. Die Wiederholungsgefahr kann außerdem im Fall einer Änderung der Rechtslage oder bei Erlass eines rechtskräftigen Unterlassungsurteils entfallen (Ohly/Sosnitza/Ohly, 8. Aufl. 2023, UWG § 8 Rn. 10). Auch die Rechtsnachfolge führt zum Wegfall der Wiederholungsgefahr (BGH GRUR 2007, 995 Rn. 10 f. – Schuldnachfolge). Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse lassen hingegen die Wiederholungsgefahr nicht entfallen, solange nicht auch jede Wahrscheinlichkeit für eine Aufnahme des unzulässigen Verhaltens durch den Verletzer beseitigt ist (BGH GRUR 1988, 38 (39) – Leichenaufbewahrung; Ohly/Sosnitza/Ohly, 8. Aufl. 2023, UWG § 8 Rn. 10; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, 41. Aufl. 2023, UWG § 8 Rn. 1.49, 1.51; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Goldmann, 5. Aufl. 2021, UWG § 8 Rn. 114-116). Sie entfällt jedenfalls nicht schon dann, wenn ein Wiedereintreten völlig gleichgearteter Umstände nicht zu erwarten ist (BGH GRUR 1961, 288 (290) – Zahnbürsten; BGH GRUR 1988, 38 (39) – Leichenaufbewahrung). Auch der Wegfall der Störung genügt zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr nicht (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, 41. Aufl. 2023, UWG § 8 Rn. 1.49).
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Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend die Wiederholungsgefahr durch die Erteilung des BioZertifikats nicht entfallen (so auch OLG Frankfurt GRUR-RR 2022, 100 Rn. 25 ff.). Eine Änderung der Rechtslage ist durch die Erteilung des Bio-Zertifikats nicht eingetreten. Vielmehr haben sich nur die tatsächlichen Verhältnisse dahingehend geändert, dass die Beklagte zu 1) nunmehr über ein Bio-Zertifikat verfügt und der Internetauftritt daher nunmehr nicht mehr irreführend sein könnte und damit die beanstandete Störung weggefallen sein könnte, jedoch ist dies – wie dargestellt – für die Beseitigung der Wiederholungsgefahr nicht ausreichend, denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Beklagte zu 1) die Berechtigung, das Bio-Zertifikat zu führen, in der Zukunft wieder verliert und dennoch weiter in der beanstandeten Weise wirbt.
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Damit liegen die Voraussetzungen für die Anwendung von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO vorliegend nicht vor und die Kosten hinsichtlich des zurückgenommenen Klageantrags auf Unterlassung sind der Klägerin aufzuerlegen, die sich freiwillig in die Rolle der Unterlegenen begeben hat, § 269 Abs. 3 S. 2 Halbs. 1 ZPO. Ein Ausnahmetatbestand nach § 269 Abs. 3, S. 2 Halbs. 2 ZPO, wie eine abweichende Vereinbarung oder eine Kostentragungspflicht nach § 344 ZPO, liegt nicht vor (vgl. BGH, NJW-RR 2005, 1662 [1663] = GRUR 2005, 1072).
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3. Die Kostenentscheidung für die Kosten der ersten Instanz ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO, § 269 Abs. 3, S. 2 ZPO.
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a) Danach hat die Klägerin die Kosten zu tragen, soweit die Klage zurückgenommen wurde (vgl. oben).
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b) Soweit die Klage hinsichtlich der Abmahngebühren erfolgreich war, haben die Beklagten die Kosten zu tragen. Dabei ist der auf den zurückgenommenen Teil der Hauptsache entfallende Kostenwert nicht entsprechend § 92 ZPO so zu ermitteln, indem die gesamten Kosten im Verhältnis des zurückgenommenen Teils zum Betrag der Hauptsache vor Teilklagerücknahme gequotelt werden. Vielmehr ist eine auf den Zeitpunkt der Teilklagerücknahme bezogene Differenzrechnung anzustellen. Mit ihr ist zu ermitteln, um welchen Betrag diejenigen Kosten überschritten werden, die angefallen wären, wenn die Klägerin den Rechtsstreit von Anfang an über den Wert der nicht zurückgenommenen Hauptsache geführt hätte (OLG Hamm NJOZ 2014, 1076).
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Danach sind bis zur Teilklagerücknahme nach einem Streitwert von 25.000,00 € Kosten iHv 4.608,79 € angefallen. Wäre von Anfang an nur der nicht zurückgenommene Teil eingeklagt worden, wären nach einem Streitwert von 1.156,20 € Kosten von 765,22 € angefallen, so dass durch den zurückgenommenen Teil zusätzliche Kosten iHv 3.843,57 Euro angefallen sind.
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Im weiteren Verlauf des Rechtsstreits sind dann noch Terminsgebühren gem. Nr. 3104 I Nr. 1 KV von 1,2 je Rechtsanwalt angefallen. Diese Gebühren entstanden jedoch nur noch nach einem Streitwert von 1.156,20 €. Denn nachdem die Klägerin vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung die Klage teilweise zurückgenommen hatte, wurden die weiter geltend gemachten Abmahnkosten von der Nebenzur Hauptforderung. Daher sind zusätzliche Gebühren von 152,40 € zuzüglich 19% MwSt (= 183,50 €) je Rechtsanwalt angefallen.
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Von den danach entstandenen Gesamtkosten von 5.025,79 € sind der Klägerin die oben berechneten Zusatzkosten in Höhe von 3.843,57 € zuzurechnen. Mithin haben die Klägerin 3/4 und die Beklagten 1/4 der erstinstanzlichen Kosten zu tragen.
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4. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten nach § 97 ZPO zu tragen. Ob ein Rechtsmittel erfolglos oder erfolgreich ist, ergibt sich aus einem Vergleich zwischen dem Rechtsmittelantrag und dem Tenor der Rechtsmittelentscheidung. Maßgeblich ist allein der Antrag in der Hauptsache. Ist die Berufung, wie vorliegend, lediglich in einem Nebenpunkt erfolgreich (z.B. Zinsen, Kosten, Sicherheitsleistung), bei Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen, ändert dies nichts daran, dass das Rechtsmittel als (insgesamt) erfolglos im Sinne von § 97 Abs. 1 ZPO anzusehen ist (OLG Karlsruhe Urt. v. 7.12.1993 – 3 U 32/93, BeckRS 1993, 31127327; MüKoZPO/Schulz, 6. Aufl. 2020, ZPO § 97 Rn. 5).
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5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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6. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache aufgrund ihres Einzelfallcharakters keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO hat und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen.