Titel:
Unzulässige Gestaltung einer Kündigungsmöglichkeit im Internet
Normenketten:
UKlag § 2 Abs. 1
BGB § 312k
Leitsatz:
Führt ein Link „... Abo kündigen“ auf einer Website, auf der kostenpflichtige Abonnements abgeschlossen werden können, nicht unmittelbar zu einer Bestätigungsseite, sondern erst zu einer Aufforderung, sich in ein Kundenkonto einzuloggen, genügt dies nicht den Anforderung des § 312k BGB. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Unterlassungsanspruch, Aktivlegitimation, Verbraucherschutzgesetz, Kündigungsschaltfläche, Bestätigungsseite, Abmahnkosten, Prozesszinsen
Fundstellen:
MMR 2024, 813
GRUR-RS 2023, 36681
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 ersatzweise, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, letztere zu vollziehen an den Geschäftsführern der Komplementär GmbH, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern zu unterlassen, auf der Internetseite https://www....de, die den Abschluss von entgeltlichen Abonnements in Form von Dauerschuldverhältnissen auf elektronischem Weg ermöglicht, im Footer der Startseite einen Link „... Abo kündigen“ bereit zu stellen, der nach Betätigung nicht unmittelbar zu einer Bestätigungsseite führt, wenn dies geschieht wie in Anlage K 1.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 260,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.12.2022 zu bezahlen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
IV. Das Urteil ist in Ziffer I vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 Euro und in Ziffer II und III jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags.
Tatbestand
1
Der Kläger – ein eingetragener Verein zur Wahrnehmung von Verbraucherinteressen - macht gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch im Zusammenhang mit der Kündigungsmöglichkeit nach § 312k Abs. 2 BGB auf der Internetseite der Beklagten geltend.
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Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. und Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen und 27 weiterer Verbraucher- und sozial orientierter Organisationen in Deutschland. Gemäß § 2 seiner Satzung bezweckt der Kläger, Verbraucherinteressen wahrzunehmen, den Verbraucherschutz zu fördern, die Stellung des Verbrauchers in der sozialen Marktwirtschaft zu stärken und zur Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Der Kläger ist in der vom Bundesamt für Justiz in Bonn geführten Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen.
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Die Beklagte bietet über ihre Internetseite den Abschluss von kostenpflichtigen Abonnements über das Streamen von Filmen, Serien und Sportübertragungen an. Am unteren Rand der Startseite unter der URL https://www....de hält die Beklagte einen Link mit der Beschriftung „... Abo kündigen“ bereit. Durch Betätigung dieses Links gelangt man zu einer Unterseite, auf der E-Mail-Adresse und PIN/Passwort abgefragt werden. Zu dieser Anmeldemaske gelangen Webseiten-Besucher auch dann, wenn sie ausgehend von der Startseite den unter der Überschrift „Häufig gestellte Fragen“ befindlichen Link „Wie kann ich kündigen“ wählen und in dem dann erscheinenden Informationstext den Link „Meine Abos“ anklicken (vgl. Ablichtung der Internetseite in Anlage K 1).
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Mit Schreiben vom 12.08.2022 forderte der Kläger die Beklagte wegen eines behaupteten Verstoßes gegen § 312k Abs. 2 BGB auf, eine Unterlassungserklärung abzugeben (Anlage K 2). Die Beklagte lehnte dies ab (Anlage K 3).
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Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe ein Anspruch auf Unterlassung aus § 2 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. b UKlaG i.V.m. § 312k Abs. 2 BGB zu, da die Darstellung der Kündigungsmöglichkeit gegen § 312k Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB verstoße. Nachdem die Beklagte kostenpflichtige Abonnements auf ihrer Internetseite – und damit im elektronischen Geschäftsverkehr – anbiete, sei sie gemäß § 312k Abs. 2 BGB verpflichtet, auf ihrer Internetseite auch eine Kündigungsmöglichkeit anzubieten. § 312k Abs. 2. S. 2 BGB normiere, dass die Kündigungsschaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „Verträge hier kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein müsse. Weiter müsse der Verbraucher unmittelbar zu einer Bestätigungsseite geführt werden, die den Verbraucher auffordere und ihm ermögliche, Angaben zu machen. Die Beklagte müsse als Webseiten-Betreiberin einen Kündigungsprozess in die Webseite integrieren, die sich wie folgt zusammensetze:
- dem eigentlichen Kündigungsbutton,
- einer sogenannten Bestätigungsseite,
- einer Bestätigungsschaltfläche
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Der Kündigungsbutton müsse gut lesbar und mit nichts anderem als den Wörtern „Verträge hier kündigen“ oder einer vergleichbaren, ebenso eindeutigen Formulierung überschrieben sein. Durch die Betätigung des Kündigungsbuttons müssten Verbraucher unmittelbar auf eine sogenannte Bestätigungsseite weitergeleitet werden.
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Zuletzt müsse die Bestätigungsseite einen Bestätigungsbutton enthalten, mit dem die Kündigung abgegeben werden könne. Beide Buttons und die Bestätigungsseite müssten auf der Webseite ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich sein. Es müsse danach möglich sein, jederzeit – und ohne sich hierfür zunächst auf der Webseite anmelden zu müssen – auf die beiden Buttons und die Bestätigungsseite zugreifen zu können. Diesen Anforderungen werde die Beklagte jedoch nicht gerecht, da der Nutzer nach Anklicken des Links auf eine Anmeldeseite gelange, auf der er neben der E-Mail-Adresse auch die PIN beziehungsweise das Passwort eingeben solle – nicht aber, wie in § 312k Abs. 2 Satz 3 BGB normiert sei, unmittelbar zur Bestätigungsseite.
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Der Klageanspruch auf Zahlung eines Aufwendungsersatzes in Höhe von 260,00 Euro (inkl. 7% MwSt.) für die Abmahnung ergebe sich aus § 13 Abs. 3 UWG.
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Der Kläger beantragt zuletzt,
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 und, falls dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Komplementär GmbH, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbraucher:innen zu unterlassen, auf der Internetseite https.\\www....de, die den Abschluss von entgeltlichen Abonnements in Form von Dauerschuldverhältnissen auf elektronischem Weg ermöglicht, im Footer der Startseite einen Link „... Abo kündigen“ bereit zu stellen, der nach Betätigung nicht unmittelbar zu einer Bestätigungsseite führt, wenn dies geschieht wie in Anlage K 1.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 260,00 nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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Die Beklagte trägt vor, es fehle am gesetzlichen Tatbestandsmerkmal einer „Webseite“ im Sinne des § 312k Abs. 1 BGB. Die Beklagte ermögliche es Verbrauchern über die hier streitgegenständliche Homepage des Internetauftritts unter ...de nicht, einen solchen Vertrag abzuschließen. Denn so weit ein potentieller Neukunde der Beklagten ein kostenpflichtiges Streaming-Abonnement abschließen wolle, könne er dies unbestritten nicht auf der Homepage unter ...de, sondern werde nach Anklicken eines ihn interessierenden Programmpakets auf eine andere Webseite und damit unter einer anderen URL, nämlich die Webseite https://www....de/bestellung/warenkorb geführt. Als Neukunde werde er dann unbestritten nach Anklicken des Buttons „Zur Kasse“ auf die Webseite unter der URL https://www....de/bestellung weitergeleitet, wo Kunden zwingend Vorname, Name, Geburtsdatum, eine E-MailAdresse sowie ein selbst gewähltes Passwort eingeben, sowie unter „Anschrift“ Straße, Nr., Postleitzahl und Ort sowie unter „Zahlungsdetails“ ein entsprechendes Zahlungsmittel auswählen müssten. Sodann erhielten Kunden unbestritten eine Bestätigungs-E-Mail an die von ihnen angegebene E-Mail-Adresse, die durch Anklicken des Bestätigungs-Buttons zu bestätigen sei. Nach entsprechender Bestätigung gelange der Neukunde dann unbestritten in den entsprechend Passwort geschützten Bereich des Streaming-Angebots der Beklagten, z.B. unter der URL https://www....de/konto/uebersicht und könne dort sein Abonnement verwalten. Unstreitig werde es dann diesem Neukunden, der im Rahmen eines Registrierungsprozesses zu einem Bestandskunden werde, durch Anklicken der Kündigungs-Schaltfläche am Ende der Webseite ermöglicht, sein Abonnement unter https://www....de/konto/kuendigung/schnell-kuendigung durch einfaches Anklicken des Buttons zu kündigen. Neben der Kündigungsmöglichkeit mit dieser Kündigungs-Schaltfläche hätten die Bestandskunden in dem Passwort geschützten Bereich unstreitig auch die Möglichkeit, andere Streaming-Abonnements abzuschließen.
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Diese beiden Varianten zum Abschluss eines Streaming-Abonnements bei der Beklagten zeigten, dass ein Vertragsschluss über die Homepage des Angebots unter ...de nicht möglich sei, sondern ausschließlich für Neukunden im Rahmen eines – Passwort geschützten – Registrierungsprozesses oder für Bestandskunden in einem Passwort geschützten Kundenbereich.
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Die Beklagte ist daher der Auffassung,
unter https://www....de sei eine Kündigungsmöglichkeit nicht notwendig, da unter der Homepage des Angebots unter der URL https://www....de kein Dauerschuldverhältnis im Sinne des § 312k BGB geschlossen werden könne. Dies stehe auch im Einklang mit der Gesetzesbegründung (Anlage B 1). Die mit § 312k BGB in der Entwurfsfassung vorgeschlagenen Verpflichtungen des Unternehmers sollten Verbraucher in Bezug auf Dauerschuldverhältnisse in die Lage versetzen, Kündigungserklärungen im elektronischen Geschäftsverkehr – unter Berücksichtigung der Besonderheiten von Kündigungserklärungen – in vergleichbar einfacher Weise abzugeben wie Erklärungen zum Abschluss entsprechender Verträge. Insoweit solle durch § 312k BGB eine technische „Waffengleichheit“ von Abschluss und Kündigung von Dauerschuldverhältnissen geschaffen werden, die vorliegend durch die Beklagte eingehalten werde. Bei dem streitgegenständlichen Dienst der Beklagten, den die Nutzer ausschließlich eingeloggt nutzen könnten (und dabei üblicherweise ihre Nutzerdaten zur Hand oder sogar in ihrem Browser gespeichert hätten), müsse es vor dem Aufruf der Bestätigungsseite zulässig sein, einen Login verpflichtend verlangen zu können. Letztlich diene ein Passwort auch der nach § 312k Abs. 2 S. 3 Ziff. 1 lit. b) BGB geforderten Identifizierbarkeit. Es sei absurd, wenn man annehmen würde, dass zur Online-Kündigung die Eingabe der eigenen E-Mail-Adresse und eines selbst gewählten Passworts (das möglicherweise im Browser des Verbrauchers gespeichert sei) für einen Verbraucher eine höhere Hürde darstelle, als eine vom Unternehmer vergebene – aus Verbrauchersicht beliebige – Kunden-, Bestell- oder Vertragsnummer. Für das hier streitgegenständliche Angebot im Haus der Beklagten werde auch gar keine Kunden-, Bestell- oder Vertragsnummer vergeben. Würde man vorliegend § 312k Abs. 2 S. 4 BGB im Sinne des Klägers auslegen, sei die Beklagte gezwungen, zusätzliche Kunden-, Bestell- oder Vertragsnummern zu verwenden, was einen unverhältnismäßigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Beklagten darstellen würde.
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Der Kläger erwidert, der Begriff der Webseite sei nicht eng im Sinne einer (nur) über Browser erreichbaren URL zu verstehen, sondern funktional. Nach der Formulierung des Gesetzes gehe es um „einen auf der Webseite abschließbaren Vertrag“. Der Begriff sei weit formuliert und umfasse auch sämtliche Unterseiten eines Internetauftritts, auf denen der Vertrag dann tatsächlich abgeschlossen werde. Dies sei streitgegenständlich https://www....de als Ausgangspunkt für alle Unterseiten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze samt Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 19.09.2023 (Bl.35/36 d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist begründet.
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Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung im tenorierten Umfang aus § 2 Abs. 1 UKlaG i.V.m. § 312k Abs. 2 BGB zu.
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I. Als in die Liste der qualifizierten Einrichtungen gemäß § 4 UKlaG aufgenommener Verbraucherschutzverein ist der Kläger gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG i.V. m. § 4 UKlaG aktivlegitimiert.
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II. Die Vorschrift des § 312k Abs. 2 BGB betrifft ausdrücklich den elektronischen Geschäftsverkehr mit Verbrauchern und stellt bereits deshalb ein Verbraucherschutzgesetz i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 1 UKlaG dar (vgl. MüKoBGB/Wendehorst, 9. Aufl. 2022, BGB § 312k Rn. 1, OLG München MMR 2019, 532).
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III. Vorliegend verstößt die Beklagte gegen § 312k Abs. 2 BGB, weil die von ihr vorgesehene, streitgegenständliche Kündigungsmöglichkeit nur nach Anmeldung mittels E-Mail-Adresse und Passwort bzw. PIN besteht.
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Gem. § 312k Abs. 2 BGB hat der Unternehmer sicherzustellen, dass der Verbraucher auf der Webseite eine Erklärung zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung eines auf der Webseite abschließbaren Vertrags über eine Kündigungsschaltfläche abgeben kann. Weiter muss die Kündigungsschaltfläche den Verbraucher unmittelbar zu einer Bestätigungsseite führen, die den Verbraucher auffordert und ihm ermöglicht die erforderlichen Angaben zu machen (§ 312k Abs. 2 Nr. 1 BGB) und eine Bestätigungsschaltfläche enthält (Nr. 2), über deren Betätigung der Verbraucher die Kündigungserklärung abgeben kann und die gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „jetzt kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist. Die Schaltflächen und die Bestätigungsseite müssen dabei ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich sein. Diesen Vorgaben genügt die angegriffene Gestaltung der Beklagten nicht:
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1. Voraussetzung von § 312k ist, dass Verbrauchern über eine Webseite ermöglicht wird, einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zu schließen. Der Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr ist in § 312i Abs. 1 legaldefiniert. Ein solcher liegt vor, wenn sich ein Unternehmer zum Zwecke des Abschlusses eines Vertrags über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen der Telemedien bedient.
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Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt:
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Die Beklagte ermöglicht den Abschluss von kostenpflichtigen Abonnements über eine Webseite im Sinne der Vorschrift. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es dabei nicht darauf an, ob der Vertragsschluss über die Startseite https://www....de oder erst über eine Unterseite https://www....de/bestellung/warenkorb erfolgt. Maßgeblich ist, dass der Vertragsschluss über eine Webseite ermöglicht wird. Hierfür spricht bereits die allgemein gehaltene Formulierung („eine Webseite“) sowie Sinn und Zweck des Gesetzes. Der Begriff der Webseite ist daher nicht eng im Sinne einer bestimmten URL zu verstehen, sondern funktional. Umfasst sind daher auch Apps auf Smartphones oder anderen Endgeräten wie modernen Fernsehern. Entscheidend ist danach, dass über ein Benutzerinterface online auf Daten zugegriffen wird (BeckOK BGB/Maume, 67. Ed. 1.8.2023, BGB § 312j Rn. 3). Auch Sinn und Zweck des § 312k BGB sprechen gegen das Verständnis der Beklagten. Die Vorschrift soll Verbraucher in Bezug auf Dauerschuldverhältnisse in die Lage versetzen, Kündigungserklärungen im elektronischen Geschäftsverkehr in vergleichbar einfacher Weise abzugeben wie Erklärungen zum Abschluss entsprechender Verträge. Hierbei ist allein entscheidend, dass der Unternehmer den Abschluss über eine Webseite ermöglicht. Der vom Unternehmer vorgenommenen und allein in seiner Hand liegenden Aufteilung in Haupt- und Unterseiten kann daneben keine Bedeutung zukommen. Folge der abzulehnenden Sichtweise der Beklagten wäre auch, dass die Kündigungsmöglichkeit immer auf der konkreten Seite gegeben sein muss, auf der auch der Vertragsschluss erfolgt. Typischerweise wird der an einer Kündigung interessierte Kunde eine Kündigungsmöglichkeit aber nicht zugleich auf der Bestellseite erwarten. Eine Verortung der Kündigungsschaltfläche auf der konkreten Bestellseite liefe daher auch dem Gesetzeszweck, die Schaltflächen leicht zugänglich zu gestalten, zu wieder (vgl. § 312k Abs. 2 S. 3 BGB). Schließlich kommt es nach der Gesetzesbegründung auch gar nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern vielmehr ausschließlich auf den Zeitpunkt des potenziellen Kündigungsverlangens des Verbrauchers an (BT-Drs. 19/30840, 17; BeckOK BGB/Maume, 67. Ed. 1.8.2023, BGB § 312k Rn. 11). Auch dies spricht gegen eine Verknüpfung mit der „Bestellseite“.
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2. Indem Verbraucher nach Betätigung des Links „... Abo kündigen“ auf eine Unterseite weitergeleitet werden, auf der sie aufgefordert werden sich mittels Eingabe von E-Mail-Adresse und Passwort bzw. PIN in einem bestehenden Kundenkonto anzumelden, werden die Vorgaben des § 312k BGB nicht eingehalten. Weder führt die Kündigungsschaltfläche unmittelbar zu einer Bestätigungsseite im Sinne der Vorschrift (§ 312k Abs. 2 S. 3 BGB) noch ist diese unmittelbar und leicht zugänglich (§ 312k Abs. 2 S. 4 BGB).
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a) Nach Betätigung der Kündigungsschaltfläche muss der Verbraucher gem. § 312k Abs. 2 S. 3 unmittelbar auf eine Bestätigungsseite weitergeleitet werden. Diese muss es dem Verbraucher ermöglichen, die in Abs. 2 S. 3 Nr. 1 aufgeführten Angaben zu Person, Vertrag und Kündigungsumständen zu machen (BeckOK BGB/Maume, 67. Ed. 1.8.2023, BGB § 312k Rn. 23). Diese Angaben sind zugleich als Minimalvorgabe und als Maximalvorgabe zu verstehen. Die Beschränkung der zu verlangenden Angaben soll Ausgestaltungen verhindern, bei denen der Unternehmer weitere, für den Verbraucher nicht ohne Weiteres verfügbare Daten abfragt und so eine einfache und unkomplizierte Kündigung erschwert (MüKoBGB/Wendehorst, 9. Aufl. 2022, BGB § 312k Rn. 16, vgl. auch die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 19/30840, 18).
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Im Streitfall ermöglicht es die Bestätigungsseite nicht unmittelbar, Angaben im Sinne des § 312k Abs. 2 S. 3 Nr. 1 BGB zu machen. Vielmehr werden in der streitgegenständlichen Gestaltung lediglich die Anmeldedaten zu einem bestehenden Kundenkonto abgefragt. Zwar muss der Verbraucher die zu seiner eindeutigen Identifizierbarkeit erforderlichen Angaben machen können (§ 312k Abs. 2 S. 3 lit. b). Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift dürfen jedoch keine über die in § 312k Abs. 2 S. 3 Nr. 1 BGB erwähnten Angaben hausgehenden unnötigen Hürden für den Verbraucher aufgebaut werden. Eine Kündigung muss daher stets auch allein durch die Angabe von Namen und weiteren gängigen Identifizierungsmerkmalen wie Anschrift und/oder Geburtsdatum, möglich sein. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Denn eine Kündigungsmöglichkeit, die erst nach Anmeldung mittels Log-In-Daten in einem Kundenkonto eröffnet wird, stellt unnötige Hürden auf und ist daher – jedenfalls wenn nicht zugleich auch eine Kündigung mittels der Angaben nach § 312k Abs. 2 S. 3 Nr. 1 BGB angeboten wird – unzulässig (MüKoBGB/Wendehorst, 9. Aufl. 2022, BGB § 312k; LG Köln GRUR-RS 2022, 29690 Rn. 29, besprochen von Smirra, GRUR-Prax 2023, 30; ebenso LG Koblenz GRUR-RS 2023, 9803 Rn. 21-23 und Stiegler, Der Kündigungsbutton, VuR 2021, 443).
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b) Verlangt ein Unternehmen – wie hier – die vorherige Anmeldung mittels eines Passworts, ist die Bestätigungsseite zudem nicht leicht zugänglich im Sinne der Vorschrift. Denn die Abfrage eines, von dem Verbraucher ggf. vor langer Zeit erstellten und diesem daher möglicherweise nicht mehr erinnerlichen Passworts, schränkt die Kündigungsmöglichkeit des Verbrauchers unnötig ein, zumal kein Grund ersichtlich ist, eine solche Kündigungsmöglichkeit nicht zusätzlich zu der gesetzlich vorgesehenen Identifizierung mittels Angaben nach § 312k Abs. 2 S. 3 Nr. 1 BGB anzubieten. Eine unzumutbare Beeinträchtigung der unternehmerischen Freiheit der Beklagten ist damit jedenfalls nicht verbunden.
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Es kann im Ergebnis auch dahinstehen, ob die Anmeldung in einem zuvor ohnehin eingerichteten Kundenkonto im Einzelfall eine kundenfreundlichere Lösung darstellen kann (so Sümmermann/Ewald, Das Gesetz für faire Verbraucherverträge, MMR 2022, 71; sympathisierend: BeckOK BGB/Maume, 67. Ed. 1.8.2023, BGB § 312k Rn 38). Denn eine solche Abweichung von der Gesetzesbegründung verstieße gegen den Wortlaut und den klar zu Tage getretenen gesetzgeberischen Willen. So ist bereits in der Gesetzesbegründung unmissverständlich formuliert, dass Verbraucher jederzeit und ohne sich hierfür zunächst auf der Webseite anmelden zu müssen auf die beiden Schaltflächen und die Bestätigungsseite zugreifen können müssen (BTDrs. 19/30840, 18).
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Der Kläger kann von der Beklagten daneben auch Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von insgesamt 260,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus §§ 5 UKlaG, 13 Abs. 3 UWG verlangen, da die Abmahnung berechtigt und begründet war (siehe oben).
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I. Die Höhe der geltend gemachten Kostenpauschale von 260,00 Euro entspricht dem angemessenen Anteil der erforderlichen Aufwendungen des Klägers, was die Beklagte zu Recht nicht in Zweifel gezogen hat.
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II. Der zuerkannte Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen ist gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 S. 2 begründet
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
34
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.