Titel:
Zurechnung im Ausland vorgenommener Verfahrensschritte
Normenketten:
EPÜ Art. 64
PatG § 9 S. 2 Nr. 2, § 10, § 139 Abs. 1 S. 1, S. 3, Abs. 2, § 140a Abs. 3, § 140b
ZPO § 56, § 148
Leitsätze:
1. Geschieht die Anwendung eines Verfahrens teilweise im Inland und teilweise im Ausland, liegt eine insgesamt inländische Patentverletzung vor, wenn die im Ausland vorgenommenen Verfahrensschritte demjenigen zugerechnet werden können, der die übrigen Verfahrensschritte im Inland verwirklicht. Ausschlaggebend ist, ob sich der technische Erfolg der Erfindung in Deutschland einstellt und sich der Benutzer etwaige ausländische Verfahrensakte für diesen Zweck bewusst zunutze macht (Anschluss an LG Düsseldorf GRUR 2020, 1078 Ls. 1 - Online-Sehtest). Eine inländische Verletzungshandlung liegt weitergehend auch dann vor, wenn zwar der letzte Verfahrensschritt außerhalb Deutschlands erzielt und das Resultat des Verfahrens mithin im Ausland erstellt wird, die Vorteile des patentgemäßen Verfahrens aufgrund von im Inland ausgeführten und nicht unwesentlichen Verfahrensschritten ihre Wirkung jedoch im Inland entfalten. (Rn. 88) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auf Drittinteressen kann sich zur Begründung einer Unverhältnismäßigkeit des Unterlassungsanspruchs nicht berufen, wer keine Anstalten dargelegt hat, eine Zwangslizenz gemäß §§ 24, 85 PatG zu erhalten (Anschluss an LG Düsseldorf GRUR 2022, 1665 Rn. 53 ff. – Sofosbuvir). (Rn. 110) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der patentrechtliche Unterlassungsanspruch zeitigt nicht die gleichen Rechtsfolgen wie der spezialgesetzlich normierte Rückrufanspruch gemäß § 140a Abs. 3 PatG (Anschluss an OLG Düsseldorf GRUR 2018, 855 Rn. 45 - Rasierklingeneinheiten). (Rn. 112 – 113) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Teilpopulation, Nachweisreagenzien, Identifikation, Analyten, Nukleinsäuremarkierung, optische Signalstruktur, Verfahrensschritte, Patentverletzung, Merkmale, Auslegung, Optische Signalsignaturen, Aussetzung des Rechtsstreits, Prognoseentscheidung, Patentanspruch, Nichtigkeitsverfahren, Wiedereröffnung der Verhandlung, Aktivlegitimation, Kostenentscheidung, Klageerweiterung, Stand der Technik, Auslegung des Patents, Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung, Unterlassungsanspruch, Unverhältnismäßigkeit, Lizenzbereitschaft, Zwangslizenz, Folgenbeseitigung, Vollstreckungswege, Ausschließliche Lizenz, Parteifähigkeit, Prozessführungsbefugnis, Unverhältnismäßigkeitseinwand, Inländische Verletzungshandlung, Wesentliche Elemente der Erfindung, Angebotshandlung, Auskunftserteilung, Schadensersatzanspruch
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Beschluss vom 20.12.2023 – 6 U 2359/23 Kart e
Fundstelle:
GRUR-RS 2023, 29783
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzender Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, gegenüber den Klägerinnen jeweils
1. Vorrichtungen, welche dazu geeignet sind, ein Verfahren durchzuführen, das in der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung verwendet wird, zum Nachweis einer Vielzahl von Analyten in einer Probe, umfassend:
a. Kontaktieren der Probe mit einer Zusammensetzung, die eine Vielzahl von Nachweisreagenzien umfasst, wobei jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien auf mindestens einen unterschiedlichen Analyten zielt, wobei der Analyt auf einem festen Substrat oder Träger fixiert ist, und wobei das feste Substrat oder der feste Träger ein Chip, ein Mikroarray oder ein Objektträger für die Mikroskopie ist, und wobei jedes Nachweisreagenz umfasst:
mindestens ein Sondenreagenz, das auf einen Analyten zielt, und mindestens eine Nucleinsäuremarkierung, die eine Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen umfasst, wobei das mindestens eine Sondenreagenz und die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung miteinander konjugiert sind; und wobei mindestens ein Anteil der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen einen Identifikator des mindestens einen Sondenreagenzes bildet;
b. Entfernen jeglicher ungebundenen Nachweisreagenzien;
c. Nachweisen der Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen des Nachweisreagenzes in einer zeitlich aufeinander folgenden Weise, wobei der Nachweis der Teilsequenz umfasst:
i) Hybridisieren eines Satzes von Decodersonden mit einer Teilsequenz der Nachweisreagenzien, wobei jede Teilpopulation der Decodersonden eine optisch nachweisbare Markierung umfasst, wobei jede optisch nachweisbare Markierung eine optische Signalsignatur generiert, die jeder Teilsequenz entspricht;
ii) Nachweisen der optischen Signalsignatur, die bei der Hybridisierung des Satzes von Decodersonden produziert wurde, und Erhalten eines Bildes;
iii) Entfernen der optischen Signalsignatur, die durch die Hybridisierung des Satzes von Decodersonden produziert wurde;
iv) Wiederholen der Schritte (i) bis (iii) für andere Teilsequenzen der Nachweisreagenzien, wodurch eine zeitliche Reihenfolge von optischen Signalsignaturen produziert wird, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen entsprechen, wobei die zeitliche Reihenfolge der optischen Signalsignaturen, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen des Nachweisreagenzes entsprechen, eine Teilpopulation der Nachweisreagenzien identifiziert und für jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien eindeutig ist; und
d. Vergleichen der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen mit unterschiedlichen Identifikatoren des mindestens einen Sondenreagenzes, wobei eine Übereinstimmung zwischen der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen und einem speziellen Identifikator des mindestens einen Sondenreagenzes den Analyten in der Probe identifiziert,
wobei die Probe eine biologische Probe ist umfassend eine oder mehrere Zellen und/oder ein oder mehrere Gewebe, und wobei
die Analyten Nucleinsäuren sind, wobei die Nucleinsäuren ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus zellulärer RNA, Messenger-RNA, MikroRNA, ribosomaler RNA und jedweden Kombinationen davon, in der Bundesrepublik Deutschland zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern;
(mittelbare Verletzung des eingeschränkten Anspruchs 1 des EP 2 794 928)
2. Nachweisreagenzien für den Nachweis von RNA, welche dazu geeignet sind, ein Verfahren durchzuführen, das in dar Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung verwendet wird, zum Nachweis einer Vielzahl von Analyten in einer Probe, umfassend:
a. Kontaktieren der Probe mit einer Zusammensetzung, die eine Vielzahl von Nachweisreagenzien umfasst, wobei jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien auf mindestens einen unterschiedlichen Analyten zielt, wobei der Analyt auf einem festen Substrat oder Träger fixiert ist, und wobei das feste Substrat oder der feste Träger ein Chip, ein Mikroarray oder ein Objektträger für die Mikroskopie ist, und wobei jedes Nachweisreagenz umfasst: mindestens ein Sondenreagenz, das auf einen Analyten zielt, und mindestens eine Nucleinsäuremarkierung, die eine Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen umfasst, wobei das mindestens eine Sondenreagenz und die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung miteinander konjugiert sind; und wobei mindestens ein Anteil der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen einen Identifikator des mindestens einen Sondenreagenzes bildet;
b. Entfernen jeglicher ungebundenen Nachweisreagenzien;
c. Nachweisen der Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen des Nachweisreagenzes in einer zeitlich aufeinander folgenden Weise, wobei der Nachweis der Teilsequenz umfasst:
i) Hybridisieren eines Satzes von Decodersonden mit einer Teilsequenz der Nachweisreagenzien, wobei jede Teilpopulation der Decodersonden eine optisch nachweisbare Markierung umfasst, wobei jede optisch nachweisbare Markierung eine optische Signalsignatur generiert, die jeder Teilsequenz entspricht;
ii) Nachweisen der optischen Signalsignatur, die bei der Hybridisierung des Satzes von Decodersonden produziert wurde, und Erhalten eines Bildes;
iii) Entfernen der optischen Signalsignatur, die durch die Hybridisierung des Satzes von Decodersonden produziert wurde;
iv) Wiederholen der Schritte (i) bis (iii) für andere Teilsequenzen der Nachweisreagenzien, wodurch eine zeitliche Reihenfolge von optischen Signalsignaturen produziert wird, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen entsprechen, wobei die zeitliche Reihenfolge der optischen Signalsignaturen, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen des Nachweisreagenzes entsprechen, eine Teilpopulation der Nachweisreagenzien identifiziert und für jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien eindeutig ist; und
d. Vergleichen der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen mit unterschiedlichen Identifikatoren des mindestens einen Sondenreagenzes, wobei eine Übereinstimmung zwischen der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen und einem speziellen Identifikator des mindestens einen Sondenreagenzes den Analyten in der Probe identifiziert,
wobei die Probe eine biologische Probe ist umfassend eine oder mehrere Zellen und/oder ein oder mehrere Gewebe, und wobei
die Analyten Nucleinsäuren sind, wobei die Nucleinsäuren ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus zellulärer RNA, Messenger-RNA, MikroRNA, ribosomaler RNA und jedweden Kombinationen davon,
in der Bundesrepublik Deutschland zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder zu liefern;
(mittelbare Verletzung des eingeschränkten Anspruchs 1 des EP 2 794 928)
3. Decodersonden, welche dazu geeignet sind, ein Verfahren durchzuführen, das in der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung verwendet wird, zum Nachweis einer Vielzahl von Analyten in einer Probe, umfassend:
a. Kontaktieren der Probe mit einer Zusammensetzung, die eine Vielzahl von Nachweisreagenzien umfasst, wobei jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien auf mindestens einen unterschiedlichen Analyten zielt, wobei der Analyt auf einem festen Substrat oder Träger fixiert ist, und wobei das feste Substrat oder der feste Träger ein Chip, ein Mikroarray oder ein Objektträger für die Mikroskopie ist, und wobei jedes Nachweisreagenz umfasst: mindestens ein Sondenreagenz, das auf einen Analyten zielt, und mindestens eine Nucleinsäuremarkierung, die eine Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen umfasst, wobei das mindestens eine Sondenreagenz und die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung miteinander konjugiert sind; und wobei mindestens ein Anteil der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen einen Identifikator des mindestens einen Sondenreagenzes bildet;
b. Entfernen jeglicher ungebundenen Nachweisreagenzien;
c. Nachweisen der Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen des Nachweisreagenzes in einer zeitlich aufeinander folgenden Weise, wobei der Nachweis der Teilsequenz umfasst:
i) Hybridisieren eines Satzes von Decodersonden mit einer Teilsequenz der Nachweisreagenzien, wobei jede Teilpopulation der Decodersonden eine optisch nachweisbare Markierung umfasst, wobei jede optisch nachweisbare Markierung eine optische Signalsignatur generiert, die jeder Teilsequenz entspricht;
ii) Nachweisen der optischen Signalsignatur, die bei der Hybridisierung des Satzes von Decodersonden produziert wurde, und Erhalten eines Bildes;
iii) Entfernen der optischen Signalsignatur, die durch die Hybridisierung des Satzes von Decodersonden produziert wurde;
iv) Wiederholen der Schritte (i) bis (iii) für andere Teilsequenzen der Nachweisreagenzien, wodurch eine zeitliche Reihenfolge von optischen Signalsignaturen produziert wird, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen entsprechen, wobei die zeitliche Reihenfolge der optischen Signalsignaturen, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen des Nachweisreagenzes entsprechen, eine Teilpopulation der Nachweisreagenzien identifiziert und für jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien eindeutig ist; und
d. Vergleichen der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen mit unterschiedlichen Identifikatoren des mindestens einen Sondenreagenzes, wobei eine Übereinstimmung zwischen der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen und einem speziellen Identifikator des mindestens einen Sondenreagenzes den Analyten in der Probe identifiziert,
wobei die Probe eine biologische Probe ist umfassend eine oder mehrere Zellen und/oder ein oder mehrere Gewebe, und wobei
die Analyten Nucleinsäuren sind, wobei die Nucleinsäuren ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus zellulärer RNA, Messenger-RNA, MikroRNA, ribosomaler RNA und jedweden Kombinationen davon,
in der Bundesrepublik Deutschland zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder zu liefern, ohne
(1) auf jedem Angebot, auf der ersten Seite der Bedienungsanleitung, in den Lieferpapieren sowie auf der Verpackung mindestens in Schriftgröße 12 ausdrücklich, unübersehbar und blickfangmäßig herausgestellt darauf hinzuweisen, dass die Decodersonden nicht ohne Zustimmung der Klägerin zu 2) als Inhaberin des deutschen Teils des EP 2 794 928 B1 zum Nachweis von zellulärer RNA, Messenger-RNA, MikroRNA, ribosomaler RNA und jedweden Kombinationen davon in einem Verfahren gemäß Ziffer 3. verwendet werden dürfen und ohne Zustimmung der Klägerin zu 2) ein Verwenden zum Nachweis von zellulärer RNA, Messenger-RNA, MikroRNA, ribosomaler RNA und jedweden Kombinationen davon zu unterlassen ist,
(2) den Abnehmern unter Auferlegung einer an die Klägerin zu 2) zu zahlenden angemessenen, von der Klägerin zu 2) zu bestimmenden, notfalls vom Landgericht München I zu überprüfenden Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung die schriftliche Verpflichtung aufzuerlegen, die Vorrichtungen nicht ohne eine vorherige Zustimmung der Klägerin zu 2) für den Nachweis von zellulärer RNA, Messenger-RNA, MikroRNA, ribosomaler RNA und jedweden Kombinationen davon zu verwenden;
(mittelbare Verletzung des eingeschränkten Anspruchs 1 des EP 2 794 928)
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin zu 1) schriftlich oder in elektronischer Form darüber Auskunft zu erteilen und in einer geordneten Aufstellung unter Vorlage von Belegen, wie Rechnungen oder Lieferscheinen oder Quittungen, schriftlich oder in elektronischer Form darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1.1. bis I.3. bezeichneten Handlungen seit dem 14. Februar 2023 begangen hat, und zwar unter Angabe
1. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, einschließlich der Rechnungsnummern, und den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer, einschließlich der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
2. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften, der Angebotsempfänger,
3. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain den Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume, und bei direkter Werbung, wie Rundbriefen, den Namen und Anschriften der Empfänger, wobei
- es der Beklagten gegebenenfalls vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nichtgewerblichen Abnehmer statt der Klägerin zu 1) einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch die Einschaltung des Wirtschaftsprüfers entstehenden Kosten trägt und ihn zugleich ermächtigt, der Klägerin zu 1) auf Anfrage mitzuteilen, ob bestimmte Angebotsempfänger oder nicht-gewerbliche Abnehmer in der erteilten Rechnungslegung enthalten sind
- bezüglich der zu I.3. bezeichneten Handlungen diejenigen Lieferungen und Abnehmer besonders kenntlich zu machen sind, die die Vorrichtungen und/oder Decodersonden zum Nachweis von zellulärer RNA, Messengor-RNA, MikroRNA, ribosomaler RNA und jedweden Kombinationen in einem Verfahren gemäß der Ziffer I.3. verwendet haben.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zu 1) allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffern I.1. bis I.3. bezeichneten, seit dem 14. Februar 2023 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
V. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Rechtstreits gesamtschuldnerisch zu einem Drittel, die Beklagte zu zwei Dritteln.
VI. Das Urteil ist in Ziffer I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.500.000,00 EUR, in Ziffer II. in Höhe von 50.000,00 EUR und in Ziffer V. in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerinnen nehmen die Beklagte wegen behaupteter Gefährdung des deutschen Teils des EP 2 794 928 B1 in Anspruch.
2
Die Klägerin zu 1) ist ein amerikanisches Unternehmen, das sich im Bereich der Entwicklung und Herstellung von biotechnologischen Produkten, die weltweit vertrieben werden, betätigt.
3
Die Klägerin zu 2) ist erst mit Schriftsatz vom 22.11.2022 dem Rechtsstreit als Klägerin beigetreten und hat sich dabei auf den bisherigen Vortrag der Klägerin zu 2) bezogen.
4
Die Klägerin zu 2) ist Inhaberin des am 21.12.2012 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 22.12.2011 der US 201161579265 P angemeldeten Europäischen Patents 2 794 928 B1. Der Erteilungshinweis wurde am 20.02.2019 veröffentlicht. Das Patent ist für die Bundesrepublik Deutschland validiert und steht in Kraft (im Folgenden: Klagepatent; Anlage K 1, K 2). Das Klagepatent ist im Bereich der molekularen Biotechnologie angesiedelt und soll der Identifikation – dem Sichtbarmachen – einzelner Moleküle in vornehmlich biologischen Proben dienen.
5
Die Klägerinnen haben zur Darlegung der Aktivlegitimation unter anderem den als Anlage K 26 vorgelegten Vertrag mit einer Wirkung ab dem 14.02.2023 vorgelegt.
6
Gegen das Klagepatent hat die deutsche Tochtergesellschaft der Beklagten, die N. St. T. G. GmbH ein Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht eingeleitet, Az. 3 Ni 20/22. Im dortigen Verfahren hat der erkennende Senat am 07.02.2023 einen Hinweisbeschluss erlassen, in dem er allein den Hilfsantrag 1 für nach seiner derzeitigen Auffassung nach rechtsbeständig hält (Anlage K 11). Die Klägerinnen haben ihre Anträge diesem vorläufigen Ergebnis des Bundpatentgerichts angepasst.
7
Dieser von den Klägerinnen zuletzt geltend gemachte, eingeschränkte Verfahrensanspruch 1 lautet in der englischen Fassung wie folgt:
„A method used in fluorescence in situ hybridization for detecting a plurality of analytes in a sample, comprising:
a. contacting the sample with a composition comprising a plurality of detection reagents, wherein each subpopulation of the detection reagents targets at least one different analyte, wherein the analyte is fixed on a solid substrate or support and wherein the solid substrate or support is a chip, a microarray, or a microscopic slide, and wherein each detection reagent comprises: at least one probe reagent targeting an analyte and at least one nucleic acid label comprising a plurality of predetermined subsequences, wherein said at least one probe reagent and said at least one nucleic acid label are conjugated together; and wherein at least a portion of said plurality of pre-determined subsequences form an identifier of said ai least one probe reagent;
b. removing any unbound detection reagents;
c. detecting in a temporally-sequential manner said plurality of pre-determined subsequences of said detection reagent, wherein said detection of the subsequences comprises:
(i) hybridizing a set of decoder probes with a subsequence of the detection reagents, wherein each subpopulation of said decoder probes comprises an optical detectable label, each optical detectable label generating an optical signal signature corresponding to each subsequence;
(ii) detecting said optical signal signature produced upon the hybridization of said set of decoder probes and obtaining an image;
(iii) removing said optical signal signature produced by the hybridization of said set of decoder probes;
(iv) repeating steps i) through iii) for other subsequences of said detection reagents, thereby producing a temporal order of optical signal signatures corresponding to the plurality of pre-determined subsequences, wherein the temporal order of the optical signal signatures corresponding to said plurality of pre-determined subsequences of said detection reagent identifies a subpopulation of the detection reagents and is unique for each subpopulation of the detection reagents; and
d. comparing said temporal order of the optical signal signatures with different identifiers of said at least one probe reagent, wherein an agreement between the temporal order of the optical signal signatures and a particular identifier of said at least one probe reagent identifies the analyte in the sample; wherein said sample is a biological sample comprising one or more cells and/or one or more tissues; and
wherein seid analytes are nucleic acids, wherein said nucleic acids are selected from the group consisting of cellular RNA, messenger RNA, microRNA, ribosomal RNA, and any combinations thereof.“
8
In deutscher Übersetzung lautet der Anspruch:
„Verfahren, das in der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung verwendet wird, zum Nachweis einer Vielzahl von Analyten in einer Probe, umfassend:
a. Kontaktieren der Probe mit einer Zusammensetzung, die eine Vielzahl von Nachweisreagenzien umfasst, wobei jede Teilpopulation der Nachweis-reagenzien auf mindestens einen unterschiedlichen Analyten zielt, wobei der Analyt auf einem festen Substrat oder Träger fixiert ist, und wobei das feste Substrat oder der feste Träger ein Chip, ein Mikroarray oder ein Objektträger für die Mikroskopie ist, und wobei jedes Nachweisreagenz umfasst: mindestens ein Sondenreagenz, das auf einen Analyten zielt, und mindestens eine Nucleinsäuremarkierung, die eine Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen umfasst, wobei das mindestens eine Sondenreagenz und die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung miteinander konjugiert sind; und wobei mindestens ein Anteil der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen einen Identifikator des mindestens einen Sondenreagenzes bildet;
b. Entfernen jeglicher ungebundenen Nachweisreagenzien;
c. Nachweisen der Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen des Nachweisreagenzes in einer zeitlich aufeinander folgenden Weise, wobei der Nachweis der Teilsequenz umfasst:
i) Hybridisieren eines Satzes von Decodersonden mit einer Teilsequenz der Nachweisreagenzien, wobei jede Teilpopulation der Decodersonden eine optisch nachweisbare Markierung umfasst, wobei jede optisch nachweisbare Markierung eine optische Signalsignatur generiert, die jeder Teilsequenz entspricht;
ii) Nachweisen der optischen Signalsignatur, die bei der Hybridisierung des Satzes von Decodersonden produziert wurde, und Erhalten eines Bildes;
iii) Entfernen der optischen Signalsignatur, die durch die Hybridisierung des Satzes von Decodersonden produziert wurde;
iv) Wiederholen der Schritte (i) bis (iii) für andere Teilsequenzen der Nachweisreagenzien, wodurch eine zeitliche Reihenfolge von optischen Signalsignaturen produziert wird, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen entsprechen, wobei die zeitliche Reihenfolge der optischen Signalsignaturen, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen des Nachweisreagenzes entsprechen, eine Teilpopulation der Nachweisreagenzien identifiziert und für jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien eindeutig ist; und
d. Vergleichen der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen mit unterschiedlichen Identifikatcren des mindestens einen Sondenreagenzes, wobei eine Übereinstimmung zwischen der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen und einem speziellen Identifikator des mindestens einen Sondenreagenzes den Analyten in der Probe identifiziert, wobei
die Probe eine biologische Probe ist umfassend eine oder mehrere Zellen und/oder ein oder mehrere Gewebe, und wobei die Analyten Nucleinsäuren sind, wobei die Nucleinsäuren ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus zellulärer RNA, Messenger-RNA, MikroRNA, ribosomaler RNA und jedweden Kombinationen davon.“
9
Die Beklagte ist die deutsche Tochtergesellschaft eines amerikanischen Mutterkonzerns. Die Muttergesellschaft besteht aus einer Gruppe von Unternehmen, die unter der Bezeichnung „N.St.“ firmieren und in Wettbewerb zur Klägerin zu 1) stehen. Der amerikanische Muttergesellschaft wird von den Klägerinnen unter dem Az. 7 O 2693/22 ebenfalls aus dem hiesigen Klagepatent wegen derselben angegriffenen Ausführungsformen in Anspruch genommen.
10
Die Beklagte bietet zusammen der amerikanischen Muttergesellschaft in Deutschland das Produkt „CosMx Spatial Molecular Imager“, abgekürzt „CosMX SMI“ (nachfolgend: „Verletzungsgegenstand 1“) sowie für die Analyse der Proben vorgesehene Nachweisreagenzien (nachfolgend: „Verletzungsgegenstand 2“) und Decodersonden (nachfolgend: „Verletzungsgegcnstand 3“), die aufeinander abgestimmt sind, an. Zusammen werden sie nachfolgend als angegriffene Ausführungsform bezeichnet.
11
Es handelt sich bei dem Verletzungsgegenstand 1 um ein Gerät, mit dem Proben, insbesondere biologische Proben, wie zum Beispiel fixierte Zellen und Gewebeschnitte, automatisiert auf das Vorhandensein bestimmter Analyten, nämlich RNA und Proteine, untersucht werden können.
12
Die Klägerinnen tragen vor, sie beide seien aktivlegitimiert. Die Klägerin zu 1) sei aufgrund des zuletzt geschlossenen Lizenzvertrages mit der Klägerin zu 2) aktivlegitimiert. Die Klägerin zu 2) sei als Patentinhaberin aktivlegitimiert und darüber hinaus auch berechtigt, als Klägerin neben der Klägerin zu 1) aufzutreten, weil sie als Lizenzgeberin ein eigenes Interesse an der Rechtsverfolgung der Patentverletzung durch die Beklagte habe. Die Einwände der Beklagten hinsichtlich einer fehlenden Aktivlegitimation wegen entgegenstehender US-amerikanischer Gesetze aufgrund einer von der Klägerin zu 2) mit der US-Regierung eingegangen Forschungskooperation verfingen nicht. Der Vortrag sei insoweit rechtlich und tatsächlich unrichtig.
13
Zudem sei die Klägerin zu 2) auch partei- und prozessfähig. Bei ihr handele es sich um den rechtlichen Namen der H. University; sie vertritt als juristische Person („legal entity“) in der Rechtsform einer „corporation“ die H. University.
14
Die Klägerinnen tragen weiter vor, das mittels der Verletzungsgegenstände angewendete Verfahren verwirkliche sämtliche Merkmale von Patentanspruch 1 unmittelbar und wortsinngemäß. Insbesondere wären die Merkmale 2.1 und 4.1.1 sowie die Merkmale 5 und 5.1 erfüllt. Dies ergebe sich aus dem von der Beklagten auch im Internet zur Verfügung gestellten Manuskript für die angegriffenen Ausführungsformen mit dem Titel „High-plex Multiomic Analysis in FFPE at Subcellular Level by Spatial Molecular Imaging“ (Anlage K 5).
15
Die Verletzungsgegenstände seien objektiv zur unmittelbaren Patentbenutzung geeignet, da mit ihnen das klagepatentgemäße Verfahren verwirklicht werden könne. Sie stellten dabei jeweils ein wesentliches Element der Erfindung dar, die zur Umsetzung des erfindungsgemäßen Gedankens notwendig seien. So werde ein Nachweisreagenz mit einer in Einzelsequenzen eingeteilten Markierung durch Verletzungsgegenstand 2 verwirklicht. Die Sonden, die auf die Einzelsequenzen abgestimmt seien und eine gezielt abäncerbare optische Markierung enthielten, würden durch den Verletzungsgegenstand 3 verwirklicht werden. Die auf dem zyklischen Einsatz der Sonden und dem zyklischen Auslesen optischer Signale basierenden Visualisierungszyklen würden vom Verletzungsgegenstand 1 verwirklicht. Mit dem Verletzungsgegenstand 1 würden automatisiert sämtliche Nachweisschritte des Verfahrens gemäß Patentanspruch 1 ausgeführt. Es fänden darin sowohl ein Teil der molekularbiologischen Vorgänge, nämlich die Hybridisierung der Nukleinsäuremarkierungen der Nachweisreagenzien mit den Decoderproben statt, als auch das Auslesen der optischen Signalsignaturen mittels Lasern, LEDs und Kamera (vgl. S. 25 f.), also die Schritte i) bis iv) des (geänderten) Klagepatentanspruchs 1. Diese Schritte seien wesentlich, um den Erfolg des erfindungsgemäßen Verfahrens herbeizuführen, nämlich den Nachweis einer Vielzahl von Analyten in einer Probe. Bei dem Verletzungsgegenstand 2 handele es sich um Ausführungsformen eines Erzeugnisses (Nachweisreagenzien), das gemäß dem Klagepatentanspruch 1, Merkmal 2 zur Ausführung des anspruchsgemäßen Verfahrens verwendet und in der Merkmalsgruppe 2.4 näher charakterisiert werde. Bei dem Verletzungsgegenstand 3 handelt es sich um Ausführungsformen eines Erzeugnisses (Decodersonden), das gemäß Klagepatentanspruch 1, Merkmale 4.1.1 bis 4.1.4 zur Ausführung des anspruchsgemäßen Verfahrens verwendet und insbesondere in Merkmal 4.1.1.1 näher charakterisiert werde. Zudem seien die Verletzungsgegenstände von der Beklagten zur Verwendung in dem klagepatentgemäßen Verfahren bestimmt. Diese Verwendung sei für die Beklagte offensichtlich.
16
Aufgrund des Hinweises des Bundespatentgerichts sei vom Rechtsbestands des Klagepatents in der zuletzt geltend gemachten Fassung auszugehen. Die Beklagte vermöge es nicht, eine offensichtlich fehlerhafte Einschätzung des Bundespatentgerichts darzustellen.
17
Die weiteren Einwände der Beklagten verfingen ebenfalls nicht, insbesondere liege eine Verletzungshandlung in Deutschland vor, weil der Erfolg des anspruchsgemäßen Verfahrens – die Identifikation eines Analyten in der Probe – sich allein auf Grundlage der im Inland durchgeführten Verfahrensschritte und der im Inland erzeugten Rohdaten, insbesondere auf Grund der im Inland produzierten zeitlichen Reihenfolge optischer Signalsignaturen bewusst und zielgerichtet einstelle. Der Verfahrenserfolg trete ebenfalls im Inland ein, denn Probe und identifizierter Analyt befinden sich im Inland.
18
Eine Unverhältnismäßigkeit des Unterlassungsanspruchs sei nicht gegeben, da der Vortrag der Beklagten zu den ihr sowie Dritten angeblich entstehenden Nachteilen viel zu vage sei.
19
Eine Wiederaufnahme des Verfahrens sei auch aufgrund des nach Schluss der mündlichen Verhandlung von der Beklagten eingereichten weiteren Vortrags nicht angezeigt. Der Vortrag sei nicht substantiiert und überzeuge in der Sache nicht.
20
Die Klägerinnen beantragen zuletzt:
A. Die Beklagte wird verurteilt,
I. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, gegenüber den Klägerinnen jeweils
Vorrichtungen, welche dazu geeignet sind, ein Verfahren durchzuführen, das in der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung verwendet wird, zum Nachweis einer Vielzahl von Analyten in einer Probe, umfassend:
a. Kontaktieren der Probe mit einer Zusammensetzung, die eine Vielzahl on Nachweisreagenzien umfasst, wobei jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien auf mindestens einen unterschiedlichen Analyten zielt, wobei der Analyt auf einem festen Substrat oder Träger fixiert ist, und wobei das feste Substrat oder der feste Träger ein Chip, ein Mikroarray oder ein Objektträger für die Mikroskopie ist, und wobei jedes Nachweisreagenz umfasst:
mindestens ein Sondenreagenz, das auf einen Analyten zielt, und mindestens eine Nucleinsäuremarkierung, die eine Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen umfasst, wobei das mindestens eine Sondenreagenz und die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung miteinander konjugiert sind; und wobei mindestens ein Anteil der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen einen Identifikator des mindestens einen Sondenreagenzes bildet;
b. Entfernen jeglicher ungebundenen Nachweisreagenzien;
c. Nachweisen der Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen des Nachweisreagenzes in einer zeitlich aufeinander folgenden Weise, wobei der Nachweis der Teilsequenz umfasst:
i) Hybridisieren eines Satzes von Decodersonden mit einer Teilsequenz der Nachweisreagenzien, wobei jede Teilpopulation der Decodersonden eine optisch nachweisbare Markierung umfasst, wobei jede optisch nachweisbare Markierung eine optische Signalsignatur generiert, die jeder Teilsequenz entspricht;
ii) Nachweisen der optischen Signalsignatur, die bei der Hybridisierung des Satzes von Decodersonden produziert wurde, und Erhalten eines Bildes;
iii) Entfernen der optischen Signalsignatur, die durch die Hybridisierung des Satzes von Decodersonden produziert wurde;
iv) Wiederholen der Schritte (i) bis (iii) für andere Teilsequenzen der Nachweisreagenzien, wodurch eine zeitliche Reihenfolge von optischen Signalsignaturen produziert wird, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen entsprechen, wobei die zeitliche Reihenfolge der optischen Signalsignaturen, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen des Nachweisreagenzes entsprechen, eine Teilpopulation der Nachweisreagenzien identifiziert und für jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien eindeutig ist; und
d. Vergleichen der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen mit unterschiedlichen Identifikatoren des mindestens einen Sondenreagenzes, wobei eine Übereinstimmung zwischen der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen und einem speziellen Identifikator des mindestens einen Sondenreagenzes den Analyten in der Probe identifiziert,
wobei die Probe eine biologische Probe ist umfassend eine oder mehrere Zellen und/oder ein oder mehrere Gewebe, und wobei
die Analyten Nucleinsäuren sind, wobei die Nucleinsäuren ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus zellulärer RNA, Messenger-RNA, MikroRNA, ribosomaler RNA und jedweden Kombinationen davon, in der Bundesrepublik Deutschland zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern;
(mittelbare Verletzung des eingeschränkten Anspruchs 1 des EP 2 794 928)
insbesondere wenn bei dem Verfahren
1. (i) jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien auf einen Satz von Analyten zielt; und/oder
(ii) die Nachweisreagenzien in einer löslichen Phase vorhanden sind; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 2 des EP 2 794 928)
2. ferner das Verarbeiten der Probe vor dem Kontaktieren mit der Vielzahl der Nachweisreagenzien umfasst ist; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 3 des EP 2 794 928)
3. (i) jede Teilpopulation der Decodersonden eine unterschiedliche optisch nachweisbare Markierung umfasst, wobei jede unterschiedliche optisch nachweisbare Markierung eine unterschiedliche optische Signalsignatur produziert; und/oder
(ii) jede Teilpopulation der Decodersonden mindestens teilweise oder vollständig komplementär zu der Teilsequenz der Nachweisreagenzien ist; und/oder
(iii) mindestens zwei oder mehr Teilpopulationen der Decodersonden mindestens teilweise oder vollständig komplementär zu derselben Teilsequenz der Nachweisreagenzien sind; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 5 des EP 2 794 928)
4. das Entfernen der optischen Signalsignatur durch Waschen, Erwärmen, Photobleichen, Verdrängung, Spaltung, enzymatischen Abbau, Quenchen, chemischen Abbau, Bleichen, Oxidation oder jedwede Kombinationen davon durchgeführt wird; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 6 des EP 2 794 928)
5. (i) die optisch nachweisbare Markierung eine optische Markierung ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus einem Kleinmolekülfarbstoff, einem Fluoreszenzmolekül, einem Fluoreszenzprotein, einem Quantenpunkt, einer Raman-Markierung, einem Chromophor und jedweden Kombinationen davon umfasst oder ist; und/oder
(ii) die optisch nachweisbare Markierung ein kolorimetrisches Reagenz umfasst oder ist; und/oder (iii) die optisch nachweisbare Markierung eine Raman-Markierung umfasst oder ist; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 7 des EP 2 794 928)
6. die optischen Signalsignaturen Signaturen mit Fluoreszenzfarbe, sichtbarem Licht, Nichtfarbe, Raman-Markierung oder jedweden Kombinationen davon umfassen, oder wobei die optischen Signalsignaturen Signaturen mit einem oder mehreren Fluoreszenzfarben, einem oder mehreren sichtbaren Lichten, einer oder mehreren Nichtfarben, einer oder mehreren Raman-Markierungen oder jedweden Kombinationen davon umfassen; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 8 des EP 2 794 928)
7. das mindestens eine Sondenreagenz und die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung über mindestens einen Linker miteinander konjugiert sind, wobei vorzugsweise:
(i) der Linker eine Bindung ist; und/oder
(ii) der Linker ein Linkermolekül ist, wobei vorzugsweise das Linkermolekül ein Polymer, Zucker, eine Nucleinsäure, ein Peptid, Protein, Kohlenwasserstoff, Lipid, Polyethylenglykol, Vernetzer oder jedwede Kombinationen davon ist; und/oder
(iii) der Linker mehrwertig ist, wobei vorzugsweise, wenn der mehrwertige Linker ein avidinartiges Molekül ist, sowohl das Sondenreagenz als auch die Nucleinsäuremarkierung biotinyliert sind; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 11 des EP 2 794 928)
8. (i) das mindestens eine Sondenreagenz ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus einer Nucleinsäure, einem Antikörper oder einem Anteil davon, einem antikörperartigen Molekül, einem Enzym, einer Zelle, einem Antigen, einem Kleinmolekül, einem Protein, einem Peptid, einem Peptidomimetikum, einem Zucker, einem Kohlenhydrat, einem Lipid, einem Glykan, einem Glykoprotein, einem Aptamer und jedweden Kombinationen davon; und/oder
(ii) das mindestens eine Sondenreagenz modifiziert ist; und/oder
(iii) das mindestens eine Sondenreagenz biotinyliert ist; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 13 des EP 2 794 928)
9. (i) die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung einzelsträngig, doppelsträngig, teilweise doppelsträngig, eine Haarnadel, linear, zirkulär, verzweigt, ein Concatemer oder jedwede Kombinationen davon ist; und/oder
(ii) die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung modifiziert ist; und/oder
(iii) die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung für minimale Kreuzhybridisierung von Basen miteinander konzipiert ist; und/oder
(iv) die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung an mindestens ein nachweisbares Molekül konjugiert ist, wobei vorzugsweise mindestens ein nachweisbares Molekül ein optisches Molekül ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus einem Kleinmolekülfarbstoff, einem Fluoreszenzprotein, einem Quantenpunkt, einer Raman-Markierung, einem Chromophor und jedweden Kombinationen davon ist; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 14 des EP 2 794 928)
10. die Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen miteinander über mindestens einen Sequenzlinker konjugiert ist, wobei vorzugsweise
(a) der Sequenzlinker eine Bindung ist, und/oder
(b) der Sequenzlinker ein nucleotidischer Linker ist, wobei vorzugsweise der nucleotidische Linker einsträngig, doppelsträngig, teilweise doppelsträngig, eine Haarnadel oder jedwede Kombinationen davon ist, und/oder wobei vorzugsweise der nucleotidische Linker mindestens ein Nucleotid lang ist; und/oder (
mittelbare Verletzung von Anspruch 15 des EP 2 794 928)
11. (i) das Nachweisreagenz ein Sondenreagenz und eine Vielzahl von Nucleinsäuremarkierungen umfasst; oder
(ii) das Nachweisreagenz eine Vielzahl von Sondenreagenzien und eine Nucleinsäuremarkierung umfasst; oder
(iii) das Nachweisreagenz eine Vielzahl von Sondenreagenzien und eine Vielzahl von Nucleinsäuremarkierungen umfasst;
(mittelbare Verletzung von Anspruch 16 des EP 2 794 928)
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, gegenüber den Klägerinnen jeweils
Vorrichtungen, welche dazu geeignet sind, ein Verfahren durchzuführen, das in der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung verwendet wird, zum Nachweis einer Vielzahl von Analyten in einer Probe, umfassend:
a. Kontaktieren der Probe mit einer Zusammensetzung, die eine Vielzahl von Nachweisreagenzien umfasst, wobei jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien auf mindestens einen unterschiedlichen Analyten zielt, wobei der Analyt auf einem festen Substrat oder Träger fixiert ist, und wobei das feste Substrat oder der feste Träger ein Chip, ein Mikroarray oder ein Objektträger für die Mikroskopie ist, und wobei jedes Nachweisreagenz umfasst: mindestens ein Sondenreagenz, das auf einen Analyten zielt, und mindestens eine Nucleinsäuremarkierung, die eine Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen umfasst, wobei das mindestens eine Sondenreagenz und die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung miteinander konjugiert sind; und wobei mindestens ein Anteil der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen einen Identifikator des mindestens einen Sondenreagenzes bildet;
b. Entfernen jeglicher ungebundenen Nachweisreagenzien;
c. Nachweisen der Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen des Nachweisreagenzes in einer zeitlich aufeinander folgenden Weise, wobei der Nachweis der Teilsequenz umfasst:
i) Hybridisieren eines Satzes von Decodersonden mit einer Teilsequenz der Nachweisreagenzien, wobei jede Teilpopulation der Decodersonden eine optisch nachweisbare Markierung umfasst, wobei jede optisch nachweisbare Markierung eine optische Signalsignatur generiert, die jeder Teilsequenz entspricht;
ii) Nachweisen der optischen Signalsignatur, die bei der Hybridisierung des Satzes von Decodersonden produziert wurde, und Erhalten eines Bildes;
iii) Entfernen der optischen Signalsignatur, die durch die Hybridisierung des Satzes von Decodersonden produziert wurde;
iv) Wiederholen der Schritte (i) bis (iii) für andere Teilsequenzen der Nachweisreagenzien, wodurch eine zeitliche Reihenfolge von optischen Signalsignaturen produziert wird, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen entsprechen, wobei die zeitliche Reihenfolge der optischen Signalsignaturen, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen des Nachweisreagenzes entsprechen, eine Teilpopulation der Nachweisreagenzien identifiziert und für jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien eindeutig ist; und
d. Vergleichen der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen mit unterschiedlichen Identifikatoren des mindestens einen Sondenreagenzes, wobei eine Übereinstimmung zwischen der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen und einem speziellen Identifikator des mindestens einen Sondenreagenzes den Analyten in der Probe identifiziert, wobei die Probe eine biologische Probe ist umfassend eine oder mehrere Zellen und/oder ein oder mehrere Gewebe, und wobei die Analyten Nucleinsäuren sind, wobei die Nucleinsäuren ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus zellulärer RNA, Messenger-RNA, MikroRNA, ribosomaler RNA und jedweden Kombinationen davon,
in der Bundesrepublik Deutschland zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder zu liefern,
(1) auf jedem Angebot, auf der ersten Seite der Bedienungsanleitung, in den Lieferpapieren sowie auf der Verpackung mindestens in Schriftgröße 12 ausdrücklich, unübersehbar und blickfangmäßig herausgestellt darauf hinzuweisen, dass die Vorrichtungen nicht ohne Zustimmung der Klägerin zu 2) als Inhaberin des deutschen Teils des EP 2 794 928 B1 zum Nachweis von zellulärer RNA, Messenger-RNA, MikroRNA, ribosomaler RNA und jedweden Kombinationen davon in einem Verfahren gemäß Ziffer A.Ia. verwendet werden dürfen und ohne Zustimmung der Klägerin zu 2) ein Verwenden zum Nachweis von zellulärer RNA, Messenger-RNA, MikroRNA, ribosomaler RNA und jedweden Kombinationen davon zu unterlassen ist,
(2) den Abnehmern unter Auferlegung einer an die Klägerin zu 2) zu zahlenden angemessenen, von der Klägerin zu 2) zu bestimmenden, notfalls vom Landgericht München I zu überprüfenden Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung die schriftliche Verpflichtung aufzuerlegen, die Vorrichtungen nicht ohne eine vorherige Zustimmung der Klägerin zu 2) für den Nachweis von zellulärer RNA, Messenger-RNA, MikroRNA, ribosomaler RNA und jedweden Kombinationen davon zu verwenden;
(mittelbare Verletzung des eingeschränkten Anspruchs 1 des EP 2 794 928)
insbesondere wenn bei dem Verfahren
1. (i) jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien auf einen Satz von Analyten zielt;
(ii) die Nachweisreagenzien in einer löslichen Phase vorhanden sind; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 2 des EP 2 794 928)
2. ferner das Verarbeiten der Probe vor dem Kontaktieren mit der Vielzahl der Nachweisreagenzien umfasst ist; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 3 des EP 2 794 928)
3. (i) jede Teilpopulation der Decodersonden eine unterschiedliche optisch nachweisbare Markierung umfasst, wobei jede unterschiedliche optisch nachweisbare Markierung eine unterschiedliche optische Signalsignatur produziert; und/oder
(ii) jede Teilpopulation der Decodersonden mindestens teilweise oder vollständig komplementär zu der Teilsequenz der Nachweisreagenzien ist; und/oder
(iii) mindestens zwei oder mehr Teilpopulationen der Decodersonden mindestens teilweise oder vollständig komplementär zu derselben Teilsequenz der Nachweisreagenzien sind; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 5 des EP 2 794 928)
4. das Entfernen der optischen Signalsignatur durch Waschen, Erwärmen, Photobleichen, Verdrängung, Spaltung, enzymatischen Abbau, Quenchen, chemischen Abbau, Bleichen, Oxidation oder jedwede Kombinationen davon durchgeführt wird; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 6 des EP 2 794 928)
5. (i) die optisch nachweisbare Markierung eine optische Markierung ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus einem Kleinmolekülfarbstoff, einem Fluoreszenzmolekül, einem Fluoreszenzprotein, einem Quantenpunkt, einer Raman-Markierung, einem Chromophor und jedweden Kombinationen davon umfasst oder ist; und/oder
(ii) die optisch nachweisbare Markierung ein kolorimetrisches Reagenz umfasst oder ist; und/oder
(iii) die optisch nachweisbare Markierung eine RamanMarkierung umfasst oder ist; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 7 des EP 2 794 928)
6. die optischen Signalsignaturen Signaturen mit Fluoreszenzfarbe, sichtbarem Licht, Nichtfarbe, Raman-Markierung oder jedweden Kombinationen davon umfassen, oder wobei die optischen Signalsignaturen Signaturen mit einem oder mehreren Fluoreszenzfarben, einem oder mehreren sichtbaren Lichten, einer oder mehreren Nichtfarben, einer oder mehreren Raman-Markierungen oder jedweden Kombinationen davon umfassen; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 8 des EP 2 794 928)
7. das mindestens eine Sondenreagenz und die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung über mindestens einen Linker miteinander konjugiert sind, wobei vorzugsweise:
(i) der Linker eine Bindung ist; und/oder
(ii) der Linker ein Linkermolekül ist, wobei vorzugsweise das Linkermolekül ein Polymer, Zucker, eine Nucleinsäure, ein Peptid, Protein, Kohlenwasserstoff, Lipid, Polyethylenglykol, Vernetzer oder jedwede Kombinationen davon ist; und/oder
(iii) der Linker mehrwertig ist, wobei vorzugsweise, wenn der mehrwertige Linker ein avidinartiges Molekül ist, sowohl das Sondenreagenz als auch die Nucleinsäuremarkierung biotinyliert sind; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 11 des EP 2 794 928)
8. (i) das mindestens eine Sondenreagenz ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus einer Nucleinsäure, einem Antikörper oder einem Anteil davon, einem antikörperartigen Molekül, einem Enzym, einer Zelle, einem Antigen, einem Kleinmolekül, einem Protein, einem Peptid, einem Peptidomimetikum, einem Zucker, einem Kohlenhydrat, einem Lipid, einem Glykan, einem Glykoprotein, einem Aptamer und jedweden Kombinationen davon; und/oder
(ii) das mindestens eine Sondenreagenz modifiziert ist; und/oder
(iii) das mindestens eine Sondenreagenz biotinyliert ist; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 13 des EP 2 794 928)
9. (i) die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung einzelsträngig, doppelsträngig, teilweise doppelsträngig, eine Haarnadel, linear, zirkulär, verzweigt, ein Concatemer oder jedwede Kombinationen davon ist; und/oder
(ii) die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung modifiziert ist; und/oder
(iii) die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung für minimale Kreuzhybridisierung von Basen miteinander konzipiert ist; und/oder
(iv) die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung an mindestens ein nachweisbares Molekül konjugiert ist, wobei vorzugsweise mindestens ein nachweisbares Molekül ein optisches Molekül ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus einem Kleinmolekülfarbstoff, einem Fluoreszenzprotein, einem Quantenpunkt, einer Raman-Markierung, einem Chromophor und jedweden Kombinationen davon ist; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 14 des EP 2 794 928)
10. die Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen miteinander über mindestens einen Sequenzlinker konjugiert ist, wobei vorzugsweise (a) der Sequenzlinker eine Bindung ist, und/oder (b) der Sequenzlinker ein nucleotidischer Linker ist, wobei vorzugsweise der nucleotidische Linker einsträngig, doppelsträngig, teilweise doppelsträngig, eine Haarnadel oder jedwede Kombinationen davon ist, und/oder wobei vorzugsweise der nucleotidische Linker mindestens ein Nucleotid lang ist; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 15 des EP 2 794 928)
11. (i) das Nachweisreagenz ein Sondenreagenz und eine Vielzahl von Nucleinsäuremarkierungen umfasst; oder
(ii) das Nachweisreagenz eine Vielzahl von Sondenreagenzien und eine Nucleinsäuremarkierung umfasst; oder
(iii) das Nachweisreagenz eine Vielzahl von Sondenreagenzien und eine Vielzahl von Nucleinsäuremarkierungen umfasst;
(mittelbare Verletzung von Anspruch 16 des EP 2 794 928)
II. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, gegenüber den Klägerinnen jeweils
Nachweisreagenzien für den Nachweis von RNA, welche dazu geeignet sind, ein Verfahren durchzuführen, das in der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung verwendet wird, zum Nachweis einer Vielzahl von Analyten in einer Probe, umfassend:
a. Kontaktieren der Probe mit einer Zusammensetzung, die eine Vielzahl von Nachweisreagenzien umfasst, wobei jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien auf mindestens einen unterschiedlichen Analyten zielt, wobei der Analyt auf einem festen Substrat oder Träger fixiert ist, und wobei das feste Substrat oder der feste Träger ein Chip, ein Mikroarray oder ein Objektträger für die Mikroskopie ist, und wobei jedes Nachweisreagenz umfasst: mindestens ein Sondenreagenz, das auf einen Analyten zielt, und mindestens eine Nucleinsäuremarkierung, die eine Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen umfasst, wobei das mindestens eine Sondenreagenz und die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung miteinander konjugiert sind; und wobei mindestens ein Anteil der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen einen Identifikator des mindestens einen Sondenreagenzes bildet;
b. Entfernen jeglicher ungebundenen Nachweisreagenzien;
c. Nachweisen der Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen des Nachweisreagenzes in einer zeitlich aufeinander folgenden Weise, wobei der Nachweis der Teilsequenz umfasst:
i) Hybridisieren eines Satzes von Decodersonden mit einer Teilsequenz der Nachweisreagenzien, wobei jede Teilpopulation der Decodersonden eine optisch nachweisbare Markierung umfasst, wobei jede optisch nachweisbare Markierung eine optische Signalsignatur generiert, die jeder Teilsequenz entspricht;
ii) Nachweisen der optischen Signalsignatur, die bei der Hybridisierung des Satzes von Decodersonden produziert wurde, und Erhalten eines Bildes;
iii) Entfernen der optischen Signalsignatur, die durch die Hybridisierung des Satzes von Decodersonden produziert wurde;
iv) Wiederholen der Schritte (i) bis (iii) für andere Teilsequenzen der Nachweisreagenzien, wodurch eine zeitliche Reihenfolge von optischen Signalsignaturen produziert wird, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen entsprechen, wobei die zeitliche Reihenfolge der optischen Signalsignaturen, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen des Nachweisreagenzes entsprechen, eine Teilpopulation der Nachweisreagenzien identifiziert und für jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien eindeutig ist; und
d. Vergleichen der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen mit unterschiedlichen Identifikatoren des mindestens einen Sondenreagenzes, wobei eine Übereinstimmung zwischen der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen und einem speziellen Identifikator des mindestens einen Sondenreagenzes den Analyten in der Probe identifiziert,
wobei die Probe eine biologische Probe ist umfassend eine oder mehrere Zellen und/oder ein oder mehrere Gewebe, und wobei
die Analyten Nucleinsäuren sind, wobei die Nucleinsäuren ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus zellulärer RNA, Messenger-RNA, MikroRNA, ribosomaler RNA und jedweden Kombinationen davon,
in der Bundesrepublik Deutschland zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder zu liefern;
(mittelbare Verletzung des eingeschränkten Anspruchs 1 des EP 2 794 928)
insbesondere wenn bei dem Verfahren
1. (i) jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien auf einen Satz von Analyten zielt; und/oder
(ii) die Nachweisreagenzien in einer löslichen Phase vorhanden sind; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 2 des EP 2 794 928)
2. ferner das Verarbeiten der Probe vor dem Kontaktieren mit der Vielzahl der Nachweisreagenzien umfasst ist; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 3 des EP 2 794 928)
3. (i) jede Teilpopulation der Decodersonden eine unterschiedliche optisch nachweisbare Markierung umfasst, wobei jede unterschiedliche optisch nachweisbare Markierung eine unterschiedliche optische Signalsignatur produziert; und/oder
(ii) jede Teilpopulation der Decodersonden mindestens teilweise oder vollständig komplementär zu der Teilsequenz der Nachweisreagenzien ist; und/oder
(iii) mindestens zwei oder mehr Teilpopulationen der Decodersonden mindestens teilweise oder vollständig komplementär zu derselben Teilsequenz der Nachweisreagenzien sind; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 5 des EP 2 794 928)
4. das Entfernen der optischen Signalsignatur durch Waschen, Erwärmen, Photobleichen, Verdrängung, Spaltung, enzymatischen Abbau, Quenchen, chemischen Abbau, Bleichen, Oxidation oder jedwede Kombinationen davon durchgeführt wird; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 6 des EP 2 794 928)
5. (i) die optisch nachweisbare Markierung eine optische Markierung ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus einem Kleinmolekülfarbstoff, einem Fluoreszenzmolekül, einem Fluoreszenzprotein, einem Quantenpunkt, einer Raman-Markierung, einem Chromophor und jedweden Kombinationen davon umfasst oder ist; und/oder
(ii) die optisch nachweisbare Markierung ein kolorimetrisches Reagenz umfasst oder ist; und/oder
(iii) die optisch nachweisbare Markierung eine RamanMarkierung umfasst oder ist; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 7 des EP 2 794 928)
6. die optischen Signalsignaturen Signaturen mit Fluoreszenzfarbe, sichtbarem Licht, Nichtfarbe, Raman-Markierung oder jedweden Kombinationen davon umfassen, oder wobei die optischen Signalsignaturen Signaturen mit einem oder mehreren Fluoreszenzfarben, einem oder mehreren sichtbaren Lichten, einer oder mehreren Nichtfarben, einer oder mehreren Raman-Markierungen oder jedweden Kombinationen davon umfassen; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 8 des EP 2 794 928)
7. das mindestens eine Sondenreagenz und die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung über mindestens einen Linker miteinander konjugiert sind, wobei vorzugsweise:
(i) der Linker eine Bindung ist; und/oder
(ii) der Linker ein Linkermolekül ist, wobei vorzugsweise das Linkermolekül ein Polymer, Zucker, eine Nucleinsäure, ein Peptid, Protein, Kohlenwasserstoff, Lipid, Polyethylenglykol, Vernetzer oder jedwede Kombinationen davon ist; und/oder
(iii) der Linker mehrwertig ist, wobei vorzugsweise, wenn der mehrwertige Linker ein avidinartiges Molekül ist, sowohl das Sondenreagenz als auch die Nucleinsäuremarkierung biotinyliert sind; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 11 des EP 2 794 928)
8. (i) das mindestens eine Sondenreagenz ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus einer Nucleinsäure, einem Antikörper oder einem Anteil davon, einem antikörperartigen Molekül, einem Enzym, einer Zelle, einem Antigen, einem Kleinmolekül, einem Protein, einem Peptid, einem Peptidomimetikum, einem Zucker, einem Kohlenhydrat, einem Lipid, einem Glykan, einem Glykoprotein, einem Aptamer und jedweden Kombinationen davon; und/oder
(ii) das mindestens eine Sondenreagenz modifiziert ist; und/oder
(iii) das mindestens eine Sondenreagenz biotinyliert ist; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 13 des EP 2 794 928)
9. (i) die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung einzelsträngig, doppelsträngig, teilweise doppelsträngig, eine Haarnadel, linear, zirkulär, verzweigt, ein Concatemer oder jedwede Kombinationen davon ist; und/oder
(ii) die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung modifiziert ist; und/oder
(iii) die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung für minimale Kreuzhybridisierung von Basen miteinander konzipiert ist; und/oder (iv) die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung an mindestens ein nachweisbares Molekül konjugiert ist, wobei vorzugsweise mindestens ein nachweisbares Molekül ein optisches Molekül ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus einem Kleinmolekülfarbstoff, einem Fluoreszenzprotein, einem Quantenpunkt, einer Raman-Markierung, einem Chromophor und jedweden Kombinationen davon ist; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 14 des EP 2 794 928)
10. die Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen miteinander über mindestens einen Sequenzlinker konjugiert ist, wobei vorzugsweise (a) der Sequenzlinker eine Bindung ist, und/oder (b) der Sequenzlinker ein nucleotidischer Linker ist, wobei vorzugsweise der nucleotidische Linker einsträngig, doppelsträngig, teilweise doppelsträngig, eine Haarnadel oder jedwede Kombinationen davon ist, und/oder wobei vorzugsweise der nucleotidische Linker mindestens ein Nucleotid lang ist; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 15 des EP 2 794 928)
11. (i) das Nachweisreagenz ein Sondenreagenz und eine Vielzahl von Nucleinsäuremarkierungen umfasst; oder
(ii) das Nachweisreagenz eine Vielzahl von Sondenreagenzien und eine Nucleinsäuremarkierung umfasst; oder
(iii) das Nachweisreagenz eine Vielzahl von Sondenreagenzien und eine Vielzahl von Nucleinsäuremarkierungen umfasst;
(mittelbare Verletzung von Anspruch 16 des EP 2 794 928)
III. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, gegenüber den Klägerinnen jeweils
Decodersonden, welche dazu geeignet sind, ein Verfahren durchzuführen, das in der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung verwendet wird, zum Nachweis einer Vielzahl von Analyten in einer Probe, umfassend:
a. Kontaktieren der Probe mit einer Zusammensetzung, die eine Vielzahl von Nachweisreagenzien umfasst, wobei jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien auf mindestens einen unterschiedlichen Analyten zielt, wobei der Analyt auf einem festen Substrat oder Träger fixiert ist, und wobei das feste Substrat oder der feste Träger ein Chip, ein Mikroarray oder ein Objektträger für die Mikroskopie ist, und wobei jedes Nachweisreagenz umfasst: mindestens ein Sondenreagenz, das auf einen Analyten zielt, und mindestens eine Nucleinsäuremarkierung, die eine Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen umfasst, wobei das mindestens eine Sondenreagenz und die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung miteinander konjugiert sind; und wobei mindestens ein Anteil der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen einen Identifikator des mindestens einen Sondenreagenzes bildet;
b. Entfernen jeglicher ungebundenen Nachweisreagenzien;
c. Nachweisen der Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen des Nachweisreagenzes in einer zeitlich aufeinander folgenden Weise, wobei der Nachweis der Teilsequenz umfasst:
i) Hybridisieren eines Satzes von Decodersonden mit einer Teilsequenz der Nachweisreagenzien, wobei jede Teilpopulation der Decodersonden eine optisch nachweisbare Markierung umfasst, wobei jede optisch nachweisbare Markierung eine optische Signalsignatur generiert, die jeder Teilsequenz entspricht;
ii) Nachweisen der optischen Signalsignatur, die bei der Hybridisierung des Satzes von Decodersonden produziert wurde, und Erhalten eines Bildes;
iii) Entfernen der optischen Signalsignatur, die durch die Hybridisierung des Satzes von Decodersonden produziert wurde;
iv) Wiederholen der Schritte (i) bis (iii) für andere Teilsequenzen der Nachweisreagenzien, wodurch eine zeitliche Reihenfolge von optischen Signalsignaturen produziert wird, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen entsprechen, wobei die zeitliche Reihenfolge der optischen Signalsignaturen, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen des Nachweisreagenzes entsprechen, eine Teilpopulation der Nachweisreagenzien identifiziert und für jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien eindeutig ist; und
d. Vergleichen der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen mit unterschiedlichen Identifikatoren des mindestens einen Sondenreagenzes, wobei eine Übereinstimmung zwischen der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen und einem speziellen Identifikator des mindestens einen Sondenreagenzes den Analyten in der Probe identifiziert,
wobei die Probe eine biologische Probe ist umfassend eine oder mehrere Zellen und/oder ein oder mehrere Gewebe, und wobei
die Analyten Nucleinsäuren sind, wobei die Nucleinsäuren ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus zellulärer RNA, Messenger-RNA, MikroRNA, ribosomaler RNA und jedweden Kombinationen davon,
in der Bundesrepublik Deutschland zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder zu liefern, ohne
(1) auf jedem Angebot, auf der ersten Seite der Bedienungsanleitung, in den Lieferpapieren sowie auf der Verpackung mindestens in Schriftgröße 12 ausdrücklich, unübersehbar und blickfangmäßig herausgestellt darauf hinzuweisen, dass die Decodersonden nicht ohne Zustimmung der Klägerin zu 2) als Inhaberin des deutschen Teils des EP 2 794 928 B1 zum Nachweis von zellulärer RNA, Messenger-RNA, MikroRNA, ribosomaler RNA und jedweden Kombinationen davon in einem Verfahren gemäß Ziffer A.III. verwendet werden dürfen und ohne Zustimmung der Klägerin zu 2) ein Verwenden zum Nachweis von zellulärer RNA, Messenger-RNA, MikroRNA, ribosomaler RNA und jedweden Kombinationen davon zu unterlassen ist,
(2) den Abnehmern unter Auferlegung einer an die Klägerin zu 2) zu zahlenden angemessenen, von der Klägerin zu 2) zu bestimmenden, notfalls vom Landgericht München I zu überprüfenden Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung die schriftliche Verpflichtung aufzuerlegen, die Vorrichtungen nicht ohne eine vorherige Zustimmung der Klägerin zu 2) für den Nachweis von zellulärer RNA, Messenger-RNA, MikroRNA, ribosomaler RNA und jedweden Kombinationen davon zu verwenden;
(mittelbare Verletzung des eingeschränkten Anspruchs 1 des EP 2 794 928)
insbesondere wenn bei dem Verfahren
1. (i) jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien auf einen Satz von Analyten zielt; und/oder
(ii) die Nachweisreagenzien in einer löslichen Phase vorhanden sind; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 2 des EP 2 794 928)
2. ferner das Verarbeiten der Probe vor dem Kontaktieren mit der Vielzahl der Nachweisreagenzien umfasst ist; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 3 des EP 2 794 928)
3. (i) jede Teilpopulation der Decodersonden eine unterschiedliche optisch nachweisbare Markierung umfasst, wobei jede unterschiedliche optisch nachweisbare Markierung eine unterschiedliche optische Signalsignatur produziert; und/oder
(ii) jede Teilpopulation der Decodersonden mindestens teilweise oder vollständig komplementär zu der Teilsequenz der Nachweisreagenzien ist; und/oder
(iii) mindestens zwei oder mehr Teilpopulationen der Decodersonden mindestens teilweise oder vollständig komplementär zu derselben Teilsequenz der Nachweisreagenzien sind; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 5 des EP 2 794 928)
4. das Entfernen der optischen Signalsignatur durch Waschen, Erwärmen, Photobleichen, Verdrängung, Spaltung, enzymatischen Abbau, Quenchen, chemischen Abbau, Bleichen, Oxidation oder jedwede Kombinationen davon durchgeführt wird; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 6 des EP 2 794 928)
5. (i) die optisch nachweisbare Markierung eine optische Markierung ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus einem Kleinmolekülfarbstoff, einem Fluoreszenzmolekül, einem Fluoreszenzprotein, einem Quantenpunkt, einer Raman-Markierung, einem Chromophor und jedweden Kombinationen davon umfasst oder ist; und/oder
(ii) die optisch nachweisbare Markierung ein kolorimetrisches Reagenz umfasst oder ist; und/oder
(iii) die optisch nachweisbare Markierung eine RamanMarkierung umfasst oder ist; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 7 des EP 2 794 928)
6. die optischen Signalsignaturen Signaturen mit Fluoreszenzfarbe, sichtbarem Licht, Nichtfarbe, Raman-Markierung oder jedweden Kombinationen davon umfassen, oder wobei die optischen Signalsignaturen Signaturen mit einem oder mehreren Fluoreszenzfarben, einem oder mehreren sichtbaren Lichten, einer oder mehreren Nichtfarben, einer oder mehreren Raman-Markierungen oder jedweden Kombinationen davon umfassen; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 8 des EP 2 794 928)
7. das mindestens eine Sondenreagenz und die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung über mindestens einen Linker miteinander konjugiert sind, wobei vorzugsweise:
(i) der Linker eine Bindung ist; und/oder
(ii) der Linker ein Linkermolekül ist, wobei vorzugsweise das Linkermolekül ein Polymer, Zucker, eine Nucleinsäure, ein Peptid, Protein, Kohlenwasserstoff, Lipid, Polyethylenglykol, Vernetzer oder jedwede Kombinationen davon ist; und/oder
(iii) der Linker mehrwertig ist, wobei vorzugsweise, wenn der mehrwertige Linker ein avidinartiges Molekül ist, sowohl das Sondenreagenz als auch die Nucleinsäuremarkierung biotinyliert sind; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 11 des EP 2 794 928)
8. (i) das mindestens eine Sondenreagenz ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus einer Nucleinsäure, einem Antikörper oder einem Anteil davon, einem antikörperartigen Molekül, einem Enzym, einer Zelle, einem Antigen, einem Kleinmolekül, einem Protein, einem Peptid, einem Peptidomimetikum, einem Zucker, einem Kohlenhydrat, einem Lipid, einem Glykan, einem Glykoprotein, einem Aptamer und jedweden Kombinationen davon; und/oder
(ii) das mindestens eine Sondenreagenz modifiziert ist; und/oder
(iii) das mindestens eine Sondenreagenz biotinyliert ist; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 13 des EP 2 794 928)
9. (i) die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung einzelsträngig, doppelsträngig, teilweise doppelsträngig, eine Haarnadel, linear, zirkulär, verzweigt, ein Concatemer oder jedwede Kombinationen davon ist; und/oder
(ii) die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung modifiziert ist; und/oder
(iii) die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung für minimale Kreuzhybridisierung von Basen miteinander konzipiert ist; und/oder
(iv) die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung an mindestens ein nachweisbares Molekül konjugiert ist, wobei vorzugsweise mindestens ein nachweisbares Molekül ein optisches Molekül ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus einem Kleinmolekülfarbstoff, einem Fluoreszenzprotein, einem Quantenpunkt, einer Raman-Markierung, einem Chromophor und jedweden Kombinationen davon ist; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 14 des EP 2 794 928)
10. die Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen miteinander über mindestens einen Sequenzlinker konjugiert ist, wobei vorzugsweise (a) der Sequenzlinker eine Bindung ist, und/oder (b) der Sequenzlinker ein nucleotidischer Linker ist, wobei vorzugsweise der nucleotidische Linker einsträngig, doppelsträngig, teilweise doppelsträngig, eine Haarnadel oder jedwede Kombinationen davon ist, und/oder wobei vorzugsweise der nucleotidische Linker mindestens ein Nucleotid lang ist; und/oder
(mittelbare Verletzung von Anspruch 15 des EP 2 794 928)
11. (i) das Nachweisreagenz ein Sondenreagenz und eine Vielzahl von Nucleinsäuremarkierungen umfasst; oder
(ii) das Nachweisreagenz eine Vielzahl von Sondenreagenzien und eine Nucleinsäuremarkierung umfasst; oder (iii) das Nachweisreagenz eine Vielzahl von Sondenreagenzien und eine Vielzahl von Nucleinsäuremarkierungen umfasst;
(mittelbare Verletzung von Anspruch 16 des EP 2 794 928)
IV. nur die Klägerin zu 1):
der Klägerin zu 1) schriftlich oder in elektronischer Form darüber Auskunft zu erteilen und in einer geordneten Aufstellung unter Vorlage von Belegen, wie Rechnungen oder Lieferscheinen oder Quittungen, schriftlich oder in elektronischer Form darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu A.I. – hilfsweise A.Ia. – bis A.III. bezeichneten Handlungen seit dem 14. Februar 2023 begangen hat, und zwar unter Angabe
1. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, – zeiten und – preisen, einschließlich der Rechnungsnummern, und den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer, einschließlich der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
2. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, – zeiten und – preisen und den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
3. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain den Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume, und bei direkter Werbung, wie Rundbriefen, den Namen und Anschriften der Empfänger, wobei
- es der Beklagten gegebenenfalls vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nichtgewerblichen Abnehmer statt der Klägerin zu 1) einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch die Einschaltung des Wirtschaftsprüfers entstehenden Kosten trägt und ihn zugleich ermächtigt, der Klägerin zu 1) auf Anfrage mitzuteilen, ob bestimmte Angebotsempfänger oder nicht-gewerbliche Abnehmer in der erteilten Rechnungslegung enthalten sind
- bezüglich der zu A.Ia. und A.III. bezeichneten Handlungen diejenigen Lieferungen und Abnehmer besonders kenntlich zu machen sind, die die Vorrichtungen und/oder Decodersonden zum Nachweis von zellulärer RNA, Messenger-RNA, MikroRNA, ribosomaler RNA und jedweden Kombinationen in einem Verfahren gemäß den Ziffern A.Ia. bzw. A.III. verwendet haben.
B. Nur die Klägerin zu 1):
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zu 1) allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffern A.I. – hilfsweise A.Ia. – bis A.III. bezeichneten, seit dem 14. Februar 2023 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
21
Die Beklagte beantragt,
höchst hilfsweise Anordnung von Sicherheitsleistung.
22
Die Beklagte trägt vor, die Klägerinnen seien bereits nicht aktivlegitimiert. Da die Klägerin zu 2) ausweislich Abs. [0001] des Klagepatents der US-Regierung bereits eine umfassende, weltweite Lizenz habe einräumen müssen, könne sie der Klägerin zu 1) keine ausschließliche Lizenz mehr ausräumen. Unabhängig davon sei der als Anlage K 26 vorlegte Vertrag nicht wirksam unterzeichnet.
23
Die Klägerin zu 2) habe kein berechtigtes Interesse an der Durchsetzung des Klagepatents, da nach ihrem Vortrag eine ausschließliche Lizenz an eine Dritte vergeben worden sei. Die angebliche vertragliche Verpflichtung zur gemeinsamen Durchsetzung reiche hierfür im vorliegenden Fall nicht aus. Davon unabhängig sei fraglich, ob die Klägerin zu 2) die Rechte am Klagepatent überhaupt von der U.S.-Regierung ordnungsgemäß erworben habe. Bezüglich der Klägerin zu 2) bestünden zudem erhebliche Zweifel an ihrer Rechts- und damit Parteifähigkeit.
24
Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichten auch die Lehre des Hilfsantrags 1 in der zuletzt geltend gemachten Fassung nicht. Merkmal 2.1 verlange, dass jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien auf mindestens einen unterschiedlichen Analyten zielt. Bei den angegriffenen Ausführungsformen würden unterschiedlich Teilpopulationen einsetzt, die nicht an unterschiedlichen, sondern an den gleichen Analyten binden würden. Nicht jede Teilpopulation der angegriffenen Ausführungsform ziele somit auf einen unterschiedlichen Analyten. Die Klägerinnen könnten den Begriff „jede Teilpoputation“ nicht auf eine für sie günstig Weise einschränken, nämlich so, dass Teilpopulationen zwar den gleichen Analyten jedoch an unterschiedlichen Stellen erkennen und andere Teilpopulationen (nämlich diejenigen Teilpopulationen, die auf molekularer Ebene identisch sind) ausschließen. Jede mögliche und für den Fachmann sinnvolle Teilpopulation – also auch die von der Beklagten vertretenen Teilpopulation identischer Nachweisreagenzien – müsse Merkmal 2.1 erfüllen, d.h. an einen unterschiedlichen Analyten binden. Dios sei in der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall.
25
Ferner würden die Analyten in den angegriffenen Ausführungsformen nicht mittels eines Vergleichs der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen mit unterschiedlichen Identifikatoren identifiziert (Merkmale 5 und 5.1). Entsprechend werde auch nicht eine einzigartige zeitliche Reihenfolge von optischen Signalsignaturen gemäß Merkmal 4.1.4 und 4.1.4.1 sowie 4.1.4.2 ausgewertet und zur Identifikation verwendet. Stattdessen würden zunächst sechzehn Testrunden mit Nachweisreagenzien durchgeführt. Die Nachweisreagenzien könnten an verschiedene Sequenzen von Analyten binden. Jedes Nachweisreagenz weise vier vorbestimmte Teilsequenzen für die Nukleinsäuremarkierung auf. Diese Testrunden erfolgten allerdings in acht Zyklen ohne Zwischenauswertung. Die zeitliche Reihenfolge von etwaigen optischen Signalsignaturen in den einzelnen Testrunden werde nicht zum Vergleich mit den Identifikatoren herangezogen und ist nicht für jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien eindeutig bzw. einzigartig (vgl. Merkmal 4.1.4.2). Die Einzelmolekül-Bindungsereignisse seien unter tatsächlichen Anwendungsbedingungen so selten, dass die zeitliche Reihenfolge von optischen Signalsignaturen der einzelnen Testrunden keine hinreichend genaue Identität eines Analyten liefern würde. Das werde hingegen von Merkmal 4.1.4.2 vorausgesetzt. Stattdessen werde deshalb eine zyklusbasierte Reihenfolge berechnet und erst diese zyklusbasierte Reihenfolge mit Identifikatoren verglichen, um ein zuverlässiges und korrektes Ergebnis zu erhalten. Die „zeitliche Reihenfolge“ der einzelnen Testrunden sei für einen Analyten nicht eindeutig.
26
Eine Verletzung des hier allein streitgegenständlichen deutschen Teils des europäischen Patents scheide auch deswegen aus, weil die wesentlichen Verfahrensschritte nicht auf dem Gebiet der Bundesrepublik erfolgten, sondern auf einem computergestützten System im Ausland. Unterstelle man hypothetisch, dass Schritt c. iv) (Merkmal 4.1.4) und Schritt d. (Merkmal 5 und 5.1) von den angegriffenen Ausführungsformen verwirklicht werde, würde die mit Merkmal 4.1.4 einhergehende Datenverarbeitung, die zur Erstellung einer Reihenfolge optischer Signaturen erforderlich wäre, sowie die Merkmal 5 und 5.1 ausschließlich auf einer cloud-basierten Computerlösung im Ausland durchgeführt. Dabei handele es sich um die Cloud-Computing-Plattform der Beklagten AtoMx™ Spatial Informatics Platform, welche zwingend genutzt werden müsse, um die angegriffene Ausführungsform überhaupt einsetzen zu können. Die mit dem Cloudsystem AtoMx durchgeführten Schritte könnten auf den angegriffenen Ausführungsformen selbst nicht vorgenommen werden. Die Server, auf die das AtoMx-System zugreife, würden ausschließlich im Ausland betrieben. Entsprechend sei mit dem OLG Düsseldorf eine Verletzungshandlung im Inland zu verneinen (OLG Düsseldorf BeckRS 2017, 109826, Rn. 47 ff. – Pränatale Diagnostik).
27
Der Tenorierung eines Unterlassungsanspruchs stehe dessen Unverhältnismäßigkeit in der hier gegebenen Situation entgegen. Unterstelle man, die angegriffenen Ausführungsformen benutzen das vom Klagepatent geschützte Verfahren, würde dieses jedenfalls einen völlig untergeordneten Teil in einem größeren, komplexen Produkt darstellen Außerdem habe die Klägerin zu 2) als non practicing entity („NPE“) keine schutzwürdigen Interessen an der Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs. Schließlich ergebe sich die Unverhältnismäßigkeit des Unterlassungsanspruchs aus Driftinteressen/Interessen der Allgemeinheit.
28
Der Hinweis des Bundespatentgerichts vom 07.02.2023 (Anlage K11), wonach der dortige Hilfsantrag 1 rechtsbeständig sein könnte, sei offensichtlich unrichtig zu Lasten der Beklagten. Im Abschnitt 8 des qualifizierten Hinweises analysiere das Bundespatentgericht die Offenbarung der NK 14. Hierbei gehe es jedoch fälschlicherweise davon aus, dass das Merkmal 4.1.1 in der NK 14 nicht offenbart werde. Angeblich seien schon weder Nachweisreagenzien i.S.v. Merkmal 2.4 noch Decodersonden gemäß Merkmal 4.1.1 und 4.1.1.1 offenbart. Tatsächlich stelle das Substrat „S“ der NK 14 eine patentgemäße Decodersonde dar- und sei nicht Bestandteil des Nachweisreagenz.
29
Gleiches gelte hinsichtlich der Bewertung des Offenbarungsgehalts der NK 12. Hier gehe das Bundespatentgericht offensichtlich zu Unrecht davon aus, dass ihr Offenbarungsgehalt der Patentfähigkeit von Hilfsantrag 1 nicht entgegenstünde.
30
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte nicht nachgelassene Schriftsätze vom 27.04.2023, 02.05.2023 und 10.05.2023 eingereicht und eine Aufhebung des Verkündungstermins sowie Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragt.
31
Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.03.2023 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist weitgehend begründet. Die Klägerinnen sind aktivlegitimiert (A.). Im Lichte der Auslegung der zwischen den Parteien streitigen Merkmale des Klagepatents (B. I.) ist eine Verwirklichung der klagepatentgemäßen Lehre durch die angegriffenen Ausführungsformen zu bejahen (B. II.). Diese erfolgt zu wesentlichen Teilen in Deutschland, so dass ihr Verkauf eine Patentgefährdung gemäß Art. 64 Abs. 1, 2, § 10 PatG darstellt (B. III.). Entsprechend ergeben sich daraus die tenorierten Rechtsfolgen. Dem Unterlassungsanspruch gemäß Art. 64 Abs. 3, § 139 Abs. 1 Satz 1 PatG steht dabei der Unverhältnismäßigkeitseinwand des § 139 Abs. 1 Satz 3 PatG nicht entgegen, jedoch umfasst er nicht auf den Rückruf, so dass die Klage insoweit abzuweisen war (C.). Eine Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 140 ZPO ist im Hinblick auf den Hinweis des Bundespatentgerichts in dem anhängigen Nichtigkeitsverfahren nicht angezeigt (D.). Eine Wiedereröffnung der Verhandlung gemäß § 156 ZPO war nicht angezeigt (E.). Die Nebenentscheidungen waren entsprechend zu fassen (F.).
32
I. Die Klägerinnen sind aktivlegitimiert.
33
1. Der zwischen den Klägerinnen zuletzt geschlossene Lizenzvertrag (Anlage K 26) räumt der Klägerin zu 1) zwar dem Wortlaut nach eine ausschließliche Lizenz in Bezug auf das Klagepatent ein und ermächtigt sie weiter, im eigenen Namen Verletzungen des Klagepatents in Deutschland geltend zu machen.
34
An der Wirksamkeit des Vertrages als solchem bestehen keine vernünftigen Zweifel. Maßgeblich für die Beurteilung ist insoweit das deutsche Recht (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 15. Auflage 2023, D. Rn. 321). Der CEO der Klägerin zu 1), Herr S. S., hat den Lizenzvertrag für diese unterzeichnet. Die dort enthaltene Unterschrift ist seine Unterschrift. Dies steht fest aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vom 23.03.2023 erfolgte Inaugenscheinnahme der von Herrn S... dem Gericht und dem Beklagtenvertreter vorgezeigten Unterschrift in seinem US-amerikanischen Pass und seinem US-amerikanischen Führerschein. Ferner hat er Zeuge in Rahmen seiner ebenfalls am 23.03.2023 erfolgten informatorischen Anhörung ausgesagt, er habe das als Anlage K 26 vorgelegt Dokument unterschrieben. Das Gericht ist davon überzeugt, dass diese Angaben der Wahrheit entsprechen.
35
Die Wirksamkeit wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Vertrag nicht im Original vorgelegt wurde und die Anlage K 26 den Eindruck erweckt, als ob die letzte Seite keine Einheit dem eigentlichen Vertragsdokumant bilde. Am Ende der Seite 4 der Anlage K 26 ist angegeben:
„(signature page to follow)“.
Demnach ist im Vertrag selbst vorgesehen, die Unterschriftsseite auf einer vom restlichen Vertragstext verschiedenen Seite geleistet werden kann.
36
2. Die Klägerin zu 2) ist jedoch nicht befugt, der Klägerin zu 1) eine ausschließliche Lizenz einzuräumen. Die ausweislich des Abs. [0001] des Klagepatents von der Klägerin zu 2) der US-Regierung bereits eingeräumte umfassende und weltweite Lizenz, die sich daher auch auf Deutschland bezieht, hindert die Klägerin zu 2) daran, der Klägerin eine ausschließliche Lizenz einzuräumen (vgl. Kühnen, a.a.O., 323). Der von den Klägerinnen dagegen angeführten Entscheidung „Abstandshaltertropfen“ (GRUR 1974, 335) kann nicht gegenteiliges entnommen werden, da sie eine andere Fallkonstellation betrifft.
37
Kann ein ausschließliche Lizenzeinräumung nicht erfolgen, entspricht es jedoch regelmäßig dem Willen der Parteien, das rechtlich mögliche „weniger“ einzuräumen. Das ist vorliegend eine einfache Lizenz.
38
Als einfache Lizenznehmerin ist die Klägerin zu 1) aufgrund der im Vertrag vom 14.02.2023 zusätzlich erteilten Prozessführungsbefugnis (Ziffer 3, Absatz 2) als gewillkürte Prozessstandschafterin zur Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs berechtigt (Kühnen, a.a.O., Rn. 327 ff.).
39
Hinsichtlich des Schadensfeststellungs- und Auskunftsanspruch ergibt sich hingegen die Aktivlegitimation aus Ziffer 3, Absatz 1 der Vereinbarung vom 14.02.2023. In dem Passus
„Licensee has the right to pursue third-party infringements of any of the Licensed Patents in Germany and to assert in its own name all remedies available under German statutory patent law for such third-party infringements of any of the Licensed Patents.“
ist eine materiell-rechtliche Einziehungsermächtigung der Klägerin zu 2) ais Patentinhaberin an die Klägerin zu 1) zu sehen. Dies ist für die Aktivlegitimatin des einfachen Lizenznehmers hinsichtlich Schadensfeststellungs- und Auskunftsansprüchen ausreichend (vgl. Kühnen, a.a.O., Rn. 333).
40
II. Die Klägerin zu 2) ist ebenfalls fähig und befugt, die von ihr geltend gemachten Ansprüche gegen die Beklagte vor Gericht durchzusetzen.
41
1. Die Klägerin zu 2) ist parteifähig. Ob eine ausländische Gesellschaft oder Personenvereinigung parteifähig ist, richtet sich allgemein anerkannt nach dem Recht des Heimatstaates der ausländischen Person (vgl. Geimer, IZPR, 8. Auflage 2020, Rn. 2202). Dabei ist anerkannt, dass im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes als parteifähig anzusehen ist, wer nach seinem Heimatrecht entweder rechtsfähig oder parteifähig ist.
42
Das ist bei der Klägerin zu 2) der Fall, wie durch die Anlagen K 14 bis K 17 belegt wird. Bereits aufgrund dieser Anlagen, die zeigen, dass die Klägerin zu 2) in zahlreichen Prozessen in den Vereinigten Staaten Partei von (Zivil-)Gerichtsprozessen war, ist das Gericht von der Parteifähigkeit der Klägerin zu 2) gemäß § 56 ZPO überzeugt.
43
Für ihre Parteifähigkeit spricht zudem ihre Eintragung als Patentinhaberin. Denn auch dies setzt Rechtsfähigkeit voraus (Schäfers, in: Benkard, PatG, 11. Auflage 2015, § 34 Rn. 1). Folgte man der Auffassung der Beklagten hätte sie im Nichtigkcitsverfahren, das sie gegen die Klägerin zu 2) als eingetragene Patentinhaberin angestrengt hat, die falsche Beklagte ausgewählt. Das trägt die Beklagte und Klägerin im Nichtigkeitsverfahren dort aber gerade nicht vor. Vor diesem Hintergrund könnte dem Beklagteneinwand der fehlenden Parteifähigkeit der Klägerin zu 2) auch der Einwand des Verstoßes gegen Treu und Glauben entgegengehalten werden.
44
2. Die Klägerin zu 2) ist aktivlegitimiert. Ihre Aktivlegitimation ist aufgrund ihrer Eintragung im Patentregister zu vermuten (BGH GRUR 2013, 713 Rn. 58 – Fräsverfahren). Die von der Beklagten vorgebrachten Argumente vermögen diese Indizwirkung nicht zu erschüttern. Denn die Klägerin zu 2) ist trotz der ausdrücklichen und an prominenter Stelle in Abs. [0001] des Klagepatents genannten Erwähnung, dass die US-Regierung bestimmte Rechte an der Erfindung hat („The government has certain rights in the invention.“), als Inhaberin in das Patentregister eingetragen worden. Dies zeigt, dass der Umstand, dass die US-Regierung bestimmte Rechte an der Erfindung hat, die Rechtsstellung der Klägerin zu 2) als Inhaberin des Klagepatents gerade nicht berührt.
45
Die Indizwirkung ihrer Rechtsinhaberschaft wird durch den Abs. [0001] nicht erschüttert, sondern umgekehrt verstärkt. Das bloße Bestreiten der Beklagten im Hinblick auf das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen des Bayh-Dole-Act reicht für eine Infragestellung der Indizwirkung nicht aus.
46
3. Die Klägerin zu 2) hat als Rechteinhaberin trotz der erteilten Lizenz an die Klägerin zu 1) zudem ein rechtliches Interesse daran, den Rechtsstreit zu führen. Dieses ergibt sich aus dem Umstand, dass sie gemäß Ziffer 2 des mit der Klägerin zu 1) geschlossenen Lizenzvertrags eine Umsatzlizenz vereinbart hat, sodass durch die Verletzungshandlungen der Beklagten die Lizenzeinnahmen auch ihre Lizenzeinnahmen betroffen sind (Kühnen, a.a.O., Rn. 354 m.V.w. auf LG Düsseldorf InstGE 1, 9 – Komplexbildner).
47
Dass die Klägerin zu 2) nicht bereits zu Beginn des Rechtsstreits als solche aufgetreten ist, stellt ihr rechtliches Interesse nicht in Frage. Es ist dem betroffenen Rechteinhaber freigestellt, einem Rechtsstreit beizutreten oder nicht. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der Beitritt ersichtlich und ausschließlich aus sachfremden Erwägungen – etwa der Erhöhung der Kostenlast für die Beklagtenseite – erfolgt. Dafür sind vorliegend keine Anhaltspunkte geben, denn der Beitritt als Klägerin erfolgte erst nachdem die Beklagte die Aktivlegitimation der Klägerin zu 1) in Frage gestellt hat. Es war somit eine Reaktion auf den Vortrag der Beklagten, der es aus Sicht der Klägerin zu 2) erforderlich nachte, dem Rechtsstreit als Klägerin zu 2) beizutreten. Daher ist auch die subjektive Klageerweiterung zulässig.
48
I. 1. Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zur Detektion, Identifikation und/oder Quantifizierung von Analyten in einer Probe; Abs. [0002]. Die Klagepatentschrift schildert den Stand der Technik, wonach dieselbe Probe auf möglichst viele Analyten getestet werden solle, weil das Probenmaterial oftmals nur in begrenzter Menge zur Verfügung stehe („kostbar“, „precious“) sei; Abs. [0003]. Das hierzu verwendete sogenannte „Multiplexing“-Verfahren der optischen Signalisierung sei aufgrund der begrenzten Anzahl an Farben auf 4 bis 5 Analyten beschränkt; Abs. [0004]. Um die Zahl der zu untersuchenden Analyten in einer Probe zu erhöhen, würden im Stand der Technik verschiedene Methoden angewendet werden, welche die Klagepatentschrift in Abs. [0005] und [0006] schildert. Das Klagepatent geht dabei näher auf die Methode ein, dieselbe Probe wiederholt zum Nachweis verschiedener Analyten einzusetzen. Dabei erweise es sich als nachteilig, dass die Probe während der wiederholten Testungen degradieren könne; Abs. [0006].
49
2. Laut Klagepatent bestehe daher ein Bedarf an genauen und sensitiven Verfahren für eine Hochdurchsatz-Detektion, – Identifikation, und/oder – Quantifizierung von Zielmolekülen in eine: Probe; Abs. [0006].
50
3. Als Lösung stellt das Klagepatent unter anderem den Verfahrensanspruch 1 vor, der sich in der zuletzt eingeschränkt geltend gemachten Fassung entsprechend dem Vorschlag der Klägerin wie folgt gliedern lässt:
„1. Verfahren, das in der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung verwendet wird, zum Nachweis einer Vielzahl von Analyten in einer Probe, umfassend:
2 a. Kontaktieren der Probe mit einer Zusammensetzung, die eine Vielzahl von Nachweisreagenzien umfasst, wobei
2.1 jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien auf mindestens einen unterschiedlichen Analyten zielt, wobei
2.2 der Analyt auf einem festen Substrat oder Träger fixiert ist, und wobei
2.3 das feste Substrat oder der feste Träger ein Chip, ein Mikroarray, ein Objektträger für die Mikroskopie ist, und wobei
2.4 jedes Nachweisreagenz umfasst:
2.4.1 mindestens ein Sondenreagenz, das auf einen Analyten zielt, und
2.4.2 mindestens eine Nucleinsäuremarkierung, die eine Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen umfasst, wobei
2.4.3 das mindestens eine Sondenreagenz und die mindestens eine Nucleinsäuremarkierung miteinander konjugiert sind; und wobei
2.4.4 mindestens ein Anteil der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen einen Identifikator des mindestens einen Sondenreagenzes bildet;
3 b. Entfernen jeglicher ungebundenen Nachweisreagenzien;
4 c. Nachweisen der Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen des Nachweisreagenzes in einer zeitlich aufeinander folgenden Weise, wobei
4.1 der Nachweis der Teilsequenz umfasst:
4.1.1 i) Hybridisieren eines Satzes von Decodersonden mit einer Teilsequenz der Nachweisreagenzien, wobei
jede Teilpopulation der Decodersonden eine optisch nachweisbare Markierung umfasst, wobei jede optisch nachweisbare Markierung eine optische Signalsignatur generiert, die jeder Teilsequenz entspricht;
4.1.2 ii) Nachweisen der optischen Signalsignatur, die bei der Hybridisierung des Satzes von Decodersonden produziert wurde, und Erhalten eines Bildes;
4.1.3 iii) Entfernen der optischen Signalsignatur, die durch die Hybridisierung des Satzes von Decodersonden produziert wurde;
4.1.4 iv) Wiederholen der Schritte (i) bis (iii) für andere Teilsequenzen der Nachweisreagenzien, wodurch eine zeitliche Reihenfolge von optischen Signalsignaturen produziert wird, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen entsprechen, wobei
4.1.4.1 die zeitliche Reihenfolge der optischen Signalsignaturen, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen des Nachweisreagenzes entsprechen, eine Teilpopulation der Nachweisreagenzien identifiziert und
4.1.4.2 für jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien eindeutig ist; und
5 d. Vergleichen der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen mit unterschiedlichen Identifikatoren des mindestens einen Sondenreagenzes, wobei
5.1 eine Übereinstimmung zwischen der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen und einem speziellen Identifikator des mindestens einen Sondenreagenzes den Analyten in der Probe identifiziert, wobei
6 die Probe eine biologische Probe ist umfassend eine oder mehrere Zellen und/oder ein oder mehrere Gewebe, und wobei
7 wobei die Analyten aus Nucleinsäuren sind und ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus zellulärer RNA, Messenger-RNA, MikroRNA, ribosomaler RNA und jedweden Kombinationen davon.“
51
4. Im Hinblick auf die zwischen den Parteien geführte Diskussion zur Auslegung des Klagepatents sind folgende Ausführungen veranlasst.
52
a) Die gestellte Aufgabe, eine Vielzahl von Aralyten in derselben Probe nachzuweisen, löst die klagepatentgemäße Erfindung durch die Verwendung einer Vielzahl von Nachweisreagenzien, bestehend aus einem Sondenreagenz, das an einen Analyten bindet und einer Nukleinsäuremarkierung. Die Nukleinsäuremarkierung besteht ihrerseits aus vorbestimmten Teilsequenzen, die mit Decodersonden hybridisiert und dadurch sichtbar gemacht werden. Durch Wiederholen der Schritte für verschiedene Teilsequenzen wird eine zeitliche Reihenfolge von optischen Signalsignaturen produziert, die eine Teilpopulation der Nachweisreagenzien identifiziert und anhand derer über einen Abgleicht mit einem Identifikator das Sondenreagenz und dadurch mittelbar, aber dennoch eindeutig, der Analyt bestimmt wird.
53
b) Gemäß Merkmal 2.1 wird die von der Zusammensetzung gemäß Merkmal 2 umfasste Vielzahl von Nachweisreagenzien in spezifische Gruppen von Nachweisreagenzien, nämlich Teilpopulationen, unterteilt. Was unter einer Teilpopulation zu verstehen ist, offenbart das Klagepatent nicht ausdrücklich.
54
aa) Die Beklagte trägt hinsichtlich des Merkmals 2.1 vor, dass die Teilpopulationen auf molekularer Ebene identisch sein müssten, d.h. die gleiche Nukleinsäuremarkierung und das gleiche Sondenreagenz aufweisen müsster. Jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien müsse auf mindestens einen unterschiedlichen Analyten abzielen. Es müsse jede einzelne Teilpopulation von Nachweisreagenzien an (mindestens) einen unterschiedlichen Analyten binden können.
55
Die Klägerinnen verstehen den Begriff Teilpopulation dahingehend, dass sie Gruppen von Nachweisreagenzien umfasst, die die gleiche Nukleinsäuremarkierung aufweisen. Hinsichtlich des Sondenreagenzes könnten sie sich hingegen unterscheiden.
56
bb) Der Fachmann, bei dem es sich um einen Chemiker oder Biologe mit einem Hochschulabschluss auf dem Gebiet der Biochemie befasst, der über eine mehrjährige berufliche bzw. wissenschaftliche Erfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung von Nachweisstrategien für Biomoleküle verfügt, entnimmt dem Wortlaut Teilpopulation der Nachweisreagenzien zunächst, dass es sich um eine Gruppe von Nachweisereagenzien handelt, die in einem wesentlichen Merkmal oder Eigenschaft miteinander identisch ist. Welche identische Eigenschaft oder Merkmal mehrere Nachweisereagenzien klagepatentgemäß zu einer Teilpopulation machen, erschließt sich ihm aus dem Wortlaut nicht. Der Fachmann wird daher die Aufgabe des Klagepatents, die anspruchsgemäße Lösung und die Beschreibung zur Aufklärung heranziehen. Gemäß der Aufgabenstellung soll eine Vielzahl von Analyten in derselben Probe analysiert werden können (vgl. Merkmal 1). Dazu wird die Probe mit einer Zusammensetzung bestehend aus einer Vielzahl von Nachweisreagenzien kontaktiert (Merkmal 2), wobei gemäß dem Merkmal 2.1 jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien auf mindestens einen unterschiedlichen Analyten zielt. Der Analyt wird identifiziert, indem eine Teilpopulation von Nachweisreagenzien identifiziert wird (Merkmal 4.1.4) und über deren Abgleich mit einem Identifikator das Sondenreagenz (Merkmal 5) und damit der daran anbindende Analyt bestimmt wird (Merkmal 5.1). Was unter einem klagepatentgemäßen Identifikator zu verstehen ist, entnimmt der Fachmann Abs. [0284]. Die Identifizierung der Teilpopulation der Nachweisreagenzien erfolgt über die Teilsequenzen der Nukleinsäuremarkierung (Merkmal 4), die zusammen mit dem Sondenreagenz Teil des Nachweisreagenzes ist (Merkmal 2.4).
57
Daraus ergibt sich für den Fachmann, dass sich die Vielzahl der Nachweisreagenzien gemäß Merkmal 2 aus mindestens zwei unterschiedlichen Gruppen von Nachweisreagenzien zusammensetzt; vgl. Merkmal 2.1. Demnach ist das Gemeinsame einer Teilpopulation der Nachweisreagenzien nicht das Sondenreagenz, das auf den Analyten zielt; Merkmal 2.4.1. Stattdessen wird die optische Signalstruktur über die Hybridisierung der Teilsequenzen des Nukleinsäuremarkierung erreicht (Merkmal 4.1.2), die sich bei Wiederholen mit anderen Teilsequenzen zur einer optischen Signalstruktur zusammenfügt; Merkmal 4.1.4. Diese identifiziert gemäß Merkmal 4.1.4.1 eine Teilpopulation der Nachweisreagenzien.
58
Der Fachmann erkennt weiter, dass das Merkmal 2.1 dazu dient auszuschließen, dass sämtliche Teilpopulationen dasselbe Ergebnis liefern, was einen Nachweis der Analyten erschwerte.
59
Aus der technisch-funktionalen Analyse des Klagepatentanspruchs entnimmt der Fachmann somit, dass die Teilsequenzen der Nukleinsäuremarkierung dasjenige Merkmal der Nachweisreagerzien sind, die sie bei Identität zu einer Teilpopulation im Sinne von Merkmal 2.1 machen.
60
Hierin sieht sich der Fachmann durch die Beschreibung des Klagepatents bestärkt. Ausweislich Abs. [0048] und [0087] kann ein Nachweisreagenz aus einer beliebigen Anzahl von (verschiedenen) Sondenreagenzien bestehen. Dementsprechend können sie nicht dasjenige darstellen, was eine Teilpopulation von Nachweisreagenzien im Sinne des Klagepatents definiert. Da jedoch anspruchsgemäß eine Teilpopulation von Nachweisreagenzien gefordert ist, muss diese durch eine Übereinstimmung ihres anderen Teils, nämlich der Nukleinsäuremarkierung gebildet werden.
61
c) Die streitigen Merkmale 4.1.4 und 5 sind zusammen in den Blick zu nehmen.
62
aa) Die Beklagte trägt hinsichtlich der Merkmalsgruppen 4.1.4 und 5 vor, diese behandelten eine Wiederholung der Schritte (i) bis (iii) des Anspruchs 1 des Klagepatents und die daraus folgende Identifikation der Analyten. Die Merkmalsgruppe 4.1.4 beschreibe den Prozess der Wiederholung der Schritte (i) bis (iii) für andere vorbestimmte Teilsequenzen der Nachweisreagenzien. So solle eine zeitliche Reihenfolge von optischen Signalen erlangt werden, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen entspreche. Die zeitliche Reihenfolge der optischen Signalsignaturen identifiziere wiederum eine Teilpopulation der Nachweisreagenzien. Diese zeitliche Reihenfolge sei nach dem klagepatentgemäßen Verfahren immer eindeutig bzw. einzigartig („unique“) für jede Teilpopulation der Kachweisreagenz.
63
Das Merkmal 4.1.4 enthalte eindeutige und ausdrückliche Beschränkungen hinsichtlich der klagepatentgemäß durchzuführenden Schritte. Zum einen werde ausdrücklich vorgegeben, dass die Schritte (i) bis (iii) für andere Teilsequenzen der Nachweisreagenzien durchzuführen seien. Hierdurch sei bereits ausgeschlossen, dass für die gleichen Teilsequenzer die Schritte (i) bis (iii) wiederholt werden sollen und erst anhand aller Ergebnisse eine Reihenfolge der optischen Signalsignaturen erstellt werde. Ferner werde durch die Formulierung „wodurch“ in Merkmal 4.1.4 klargestellt, dass ausschließlich durch die Wiederholung der Schritte (i) bis (iii) für andere Teilsequenzen die zeitliche Reihenfolge von optischen Signalsignaturen produziert werde.
64
Das Merkmal 5 beziehe sich ausdrücklich auf „said temporal order of the optical signal signatures“, also auf die in Merkmal 4.1.4 genannte zeitliche Reihenfolge.
65
Die Klägerinnen vertreten die Ansicht, Merkmal 4.1.4 enthalte keinerlei Festlegungen, dass die Verfahrensschritte (i) bis (iii) für jede vorbestimmte Teilsequenz nur ein einziges Mal durchzuführen sei. Ob und wie häufig die Verfahrensschritte (i) bis (iii) zu einem späteren Zeitpunkt für die vorbestimmte Teilsequenz 1 wiederholt würden, würde vom Klagepatent nicht vorgegeben. Zusätzliche Maßnahmen führten daher nicht aus der Verwirklichung des Anspruchs hinaus. Die Merkmalsgruppe 5 lege die zeitliche Reihenfolge der optischen Signalsignaturen nicht fest.
66
bb) Ausgehend vom Wortlaut des Merkmals 4.1.4 erkennt der Fachmann zunächst, dass lediglich das Wiederholen der Schritte (i) bis (iii) für andere Teilsequenzen der Nachweisreagenzien beansprucht ist. Das beanspruchte Vorfahren erfordert mithin das Wiederholen der Schritte (i) bis (iii) für mehrere Teilsequenzen. Der Zweck dieser Angabe ergibt sich unmittelbar aus Merkmal 4.1.4, nämlich die Produktion einer optischen Signalsignatur, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen entspricht und – gemäß Merkmal 4.1.4.1 – eine Teilpopulation der Nachweisreagenzien identifiziert.
67
Ohne das Wiederholen der Schritte (i) bis (iii) für mehrere Teilsequenzen ist Anspruch 1 des Klagepatents nicht erfüllt. Weder der Wortlaut, noch die übrigen Merkmale offenbaren dem Fachmann jedoch, dass darüberhinausgehende Schritte, wie etwa die Schritte (i) bis (iii) für dieselbe Teilsequenz von Anspruch ausgeschlossen ist. Der Anspruch verhält sich dazu nicht.
68
Der Beschreibung entnimmt Fachmann ebenfalls kein Verbot, die Schritte (i) bis (iii) für dieselbe Teilsequenz durchzuführen. Technisch-funktional ergibt sich für den Fachmann kein Grund, warum der das Merkmal 4.1.4 einschränkend dahingehend auslegen müsste, dass ausschließlich das Wiederholen der Schritte (i) bis (iii) für mehrere Teilsequenzen patentgemäß ist. Das Erreichen der optischen Signalsignatur erfolgt unzweifelhaft durch das Hybridisieren mehrerer unterschiedlicher Teilsequenzen. Es wird aber durch das wiederholte Hybridisieren derselben Teilsequenzen nicht unmöglich gemacht oder nur eingeschränkt erreicht.
69
Die Merkmale 5 und 5.1 beziehen sich unmittelbar auf die vorherigen Verfahrensschritte der Merkmalsgruppe 4. Sie geben an, wie mit den gemäß der Merkmalsgruppe 4 erhaltenen Ergebnissen, nämlich der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen weiter zu verfahren ist. Diese sollen nach Merkmal 5 mit unterschiedlichen Identifikatoren des mindestens einen Sondenreagenzes verglichen werden. Ergibt sich eine Übereinstimmung mit einem speziellen Identifikatoren des mindestens einen Sondenreagenzes, ist ein Analyt identifiziert und das gesamte klagepatentgemäße Verfahren erfolgreich durchgeführt.
70
Die Merkmalsgruppe 5 trifft demnach keine eigene Bestimmung hinsichtlich der Erzielung der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen. Insoweit ist allein die Merkmalsgruppe 4 relevant. Die Markmalsgruppe 5 ist auf die Angabe weiterer Verfahrensschritte nach Erhalt der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen gemäß der Merkmalsgruppe 4 beschränkt.
71
II. Die angegriffenen Ausführungsformen machen von der klagepatentgemäßen Lehre in der Form des zuletzt gestellten Antrags wortsinngemäß Gebrauch, da insbesondere auch die zuletzt noch in Streit stehenden Merkmal 2.1, 4.1.4 und 5.1 verwirklicht sind.
72
1. Die Beklagte stellt die Verwirklichung von Merkmal 2.1 im Hinblick auf die von ihr getroffene Auslegung des Merkmals in Abrede.
73
a) Bei der angegriffenen Ausführungsform würde eine Vielzahl sogenannter ISH-Probes („in-situ hybridization“) verwendet, die aus einer zielbindenden Domäne und einer Auslese-Domäne bestünden:
74
Zur Erhöhung der Sensibilität und Effektivität zielten bei der angegriffenen Ausführung eine Mehrzahl von unterschiedlichen Teilpopulationen von ISH-Probes auf den gleichen AnaCyten. Üblicherweise seien dies fünf Teilpopulationen von ISH-Probes. In Einzelfallen könnten nach derzeitigem Entwicklungsstand der angegriffenen Ausführungsform auch nur vier Teilpopulationen von ISK-Probes für einen Analyten vorgesehen sein. Nur eine Teilpopulation von ISH-Probes pro Ziel vorzusehen, sei weder in dem bereits bestehenden Beta-Testgerät angelegt noch derzeit für die Zukunft geplant. Die Nachweisreagenzien der angegriffenen Ausführungsform würden z.B. an unterschiedliche Regionen der RNA des Analyten anbinden. Die unterschiedlichen ISH-Probes wiesen zwar die gleiche Auslesedomäne („Readout domain“) auf, zielten dabei aber auf unterschiedliche Zielbindungsdomänen (target binding domains) eines Analyten. In der Sprache des Klagepatents verfügten sie demnach über unterschiedliche Sondenreagenzien, hätten aber dieselbe Nukleinsäurernarkierung. Sie gehörten damit unterschiedlichen Teilpopulationen an. Mehrere Teilpopulationen von Nachweisreagenzien seien in der angegriffenen Ausführungsfcrm daher spezifisch für den gleichen Analyten. Mit anderen Worten: Nicht jede Teilpopulation der angegriffenen Ausführungsform ziele auf einen unterschiedlichen Analyten ab, da unterschiedliche Teilpopulationen mit derselben Nukleinsäuremarkierung an ein und denselben Analyten binden würden.
75
b) Wie ausgeführt, ist eine klagepatentgemäße Teilpopulation von Nachweisreagenzien als Gruppe von Nachweisreagenzien zu verstehen, die hinsichtlich der Nukleinsäuremarkierung identisch und hinsichtlich der Sondenreagenz unterschiedlich ist.
76
Das ist nach dem eigenen Vortrag der Beklagten bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall, so dass das Merkmal erfüllt ist.
77
2. a) Die Beklagte stellt eine Verwirklichung der Merkmale 4.1.4 und 5.1 in Abrede, weil die Analyten der angegriffenen Ausführungsform nicht mittels eines Vergleichs der zeitlichen Reihenfolge der optischen Signalsignaturen mit unterschiedlichen Identifikatoren identifiziert (Merkmale 5 und 5.1) würden. Entsprechend werde auch nicht eine einzigartige zeitliche Reihenfolge von optischen Signalsignaturen gemäß Merkmal 4.1.4 und 4.1.4.1 sowie 4.1.4.2 ausgewertet und zur Identifikation verwendet.
78
Stattdessen würden sechzehn Testrunden mit Nachweisreagenzien durchgeführt. Die Nachweisreagenzien könnten an verschiedene Sequenzen von Analyten binden. Jedes Nachweisreagenz weise vier vorbestimmte Teilsequenzen für die Nukleinsäuremarkierung auf. Diese sechzehn Testrunden erfolgten in acht Zyklen. Eine Zwischenauswertung finde dabei nicht statt. Die zeitliche Reihenfolge von etwaigen optischen Signalsignaturen in den einzelnen Testrunden werde nicht zum Vergleich mit den Identifikatoren herangezogen und sei nicht für jede Teilpopulation der Nachweisreagenzien eindeutig bzw. einzigartig (vgl. Merkmal 4.1.4.2). Die Einzelmolekül-Bindungsereignisse seien unter tatsächlichen Anwendungsbedingungen so selten, dass die zeitliche Reihenfolge von optischen Signalsignaturen der einzelnen Testrunden keine hinreichend genaue Identität eines Analyten liefern würde (was jedoch von Merkmal 4.1.4.2 vorausgesetzt werde). Deshalb werde eine zyklusbasierte Reihenfolge berechnet und erst diese zyklusbasierte Reihenfolge werde mit Identifikatoren verglichen, um ein zuverlässiges und korrektes Ergebnis zu erhalten:
79
Die „zeitliche Reihenfolge“ der einzelnen Testrunden sei für einen Analyten nicht eindeutig. In den einzelnen Zyklen komme es zu unterschiedlichen Bindungsereignissen/optischen Signalen, die zunächst nach den acht Zyklen „addiert“ würden, um die Sensibilität zu erhöhen. Erst dieses Endergebnis sei hinreichend zuverlässig, um es mit Referenzsignalen zu vergleichen und den Analyten zweifelsfrei zu identifizieren. Ein wie von Merkmal 5 bzw. 5.1 geforderter Vergleich einer optischen Signalsignatur aus Merkmal 4.1.4.1 mit unterschiedlichen Identifikatoren finde demnach nicht statt.
80
Würde man gemäß den Merkmalen 4.1.4 und Merkmal 5 verfahren und jeden Zyklus einzeln mit den Identifikatoren vergleichen, würden die angegriffenen Ausführungsformen nicht mehr funktionieren und fälschlich im Ergebnis keinen Analyten detektieren.
81
b) Der Beklagtenvortrag führt bei zutreffender Auslegung zu der Verwirklichung der streitigen Merkmal 4.1.4 und 5.1.
82
Die Beklagte räumt ein, dass bei der angegriffenen Ausführungsform sechzehn Testrunden mit Nachweisreagenzien durchgeführt werden. Die stellt die Verwirklichung der Merkmale 4.1.1 bis 4.1.4 dar. Dass die Schritte i) bis iii) achtmal wiederholt werden führt aus der Verletzung nicht heraus, weil weder der Patentanspruch noch die Patentbeschreibung solche Wiederholungen ausschließen.
83
Die während der acht Zyklen erhaltenen optischen Signale werden – ebenfalls nach Angaben der Beklagten – zu einem „Endergebnis addiert“, welches mit Referenzsignalen verglichen wird. Das „addierte Endergebnis“ ist bei zutreffendem Verständnis eine zeitliche Reihenfolge von optischen Signalsignaturen, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen entspricht. Da die sechzehn Testrunden nacheinander erfolgen ist auch eine zeitliche Reihenfolge gegeben. Hieran ändert das achtmalige Wiederholen der sechzehn Testrunden nichts.
84
Durch den Vergleich des aufaddierten Endergebnisses mit den Referenzsignalen werden die Merkmale 5. und 5.1 verwirklicht.
85
Im Übrigen hat die Beklagte nicht dargestellt, warum sich eine richtige Auslesung ausgerechnet bei 8 Zyklen und nicht auch schon bei 6 oder 7 Zyklen ergeben kann. Dass die Genauigkeit statistisch umso größer wird, je mehr Zyklen durchgeführt werden, ist naheliegend. Dass sie ausgerechnet bei 8 Zyklen (und nicht etwa genau 12) einen solcher Grad eine Genauigkeit erreicht haben soll, der für den vorgesehenen Zweck ausreichend zuverlässige Ergebnisse liefert, hat sie nicht dargelegt.
86
III. Die Verwirklichung der klagepalentgemäßen Lehre in der Fassung des zuletzt gestellten Antrags durch die angegriffenen Ausführungsformen erfolgt zu wesentlichen Teilen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (1.). Die angegriffenen Ausführungsformen stellen ferner wesentliche Teile der klagepatentgemäßen Erfindung dar, die dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden, was der Beklagten bewusst ist (2.).
87
1. Der Umstand, dass nach dem Vortrag der Beklagten bei der angegriffenen Ausführungsform in Form von Verletzungsgegenstand 1 einzelne Verfahrensschritte, nämlich die mit Merkmal 4.1.4 einhergehende Datenverarbeitung sowie der Vergleich gemäß den Merkmalen 5 und 5.1 ausschließlich auf einer cloud-basierten Computerlösung im Ausland außerhalb von Deutschland durchgeführt werden, führen aus der Verletzung nicht heraus.
88
Geschieht die Anwendung eines Verfahrens teilweise im Inland und teilweise im Ausland, liegt eine insgesamt inländische Patentverletzung vor, wenn die im Ausland vorgenommenen Verfahrensschritte demjenigen zugerechnet werden können, der die übrigen Verfahrensschritte im Inland verwirklicht (BGH, GRUR 2007, 773 – Rohrschweißverfahren). Wie bereits das Landgericht Düsseldorf zutreffender Weise konkretisiert hat, ist für die Haftung wegen inländischer Patentverletzung ausschlaggebend, ob sich der technische Erfolg der Erfindung in Deutschland einstellt und sich der Benutzer etwaige ausländische Verfahrensakte für diesen Zweck bewusst zunutze macht (LG Düsseldorf GRUR 2020, 1078 Ls. 1). Dieser Auffassung schließt sich die Kammer an. Zur Überzeugung der Kammer liegt eine inländische Verletzungshandlung weitergehend auch dann vor, wenn zwar der letzte Verfahrensschritt außerhalb Deutschlands erzielt und das Resultat des Verfahrens mithin im Ausland erstellt wird, die Vorteile des patentgemäßen Verfahrens aufgrund von im Inland ausgeführten und nicht unwesentlichen Verfahrensschritten ihre Wirkung im Inland entfalten (a.A. OLG Düsseldorf BeckRS 2017, 109826 Rn. 47 – Pränatale Diagnostik). Das ist vorliegend der Fall.
89
Die Erstellung einer zeitlichen Reihenfolge von optischen Signalsignaturen erfolgt – den Vortrag der Beklagten als zutreffend unterstellt – ebenso wie die Identifikation des Analyten, die das Ziel des klagepatentgemäßen Verfahrens ist, auf der Cloud-Computing-Plattform der Beklagten AtoMx™ Spatial Informatics Platform. Die Server, auf die das AtoMx-System zugreift, werden ausschließlich im Ausland betrieben. Die hierzu erforderlichen Vorbereitungsschritte gemäß den Merkmalen 2 (Kontaktieren), 3 (Entfernen), und 4 (Hybridisieren) erfolgen hingegen im Inland. Ohne sie kann der klagopatentgemäße Erfolg nicht erreicht werden. Das auf diesen Verfahrensschritten aufbauende und im Ausland ermittelte Ergebnis wird wiederum im Inland verwendet. Die gesamte Verfahrensdurchführung ist darauf gerichtet, im Inland vorliegende Proben auf Analyten zu untersuchen und am Ort der Proben, mithin im Inland, das Ergebnis der Identifikation zu verwenden. Die bestimmungsgemäße Verwendung des patentgeschützten Verfahrens ist somit auf den Gebrauch im Inland ausgerichtet.
90
Aufgrund dieser Umstände ist es unter wirtschaftlich-normativen Gesichtspunkten geboten, die ausländischen Verfahrensakte dem Inland zuzurechnen (vgl. LG Düsseldorf, a.a.O.).
91
2. Die sämtlichen Verletzungsformen sind wesentliche Elemente der Erfindung im Sinne von § 10 PatG. Denn sie sind dazu geeignet, mit einem oder mehreren Merkmalen des Patentanspruchs bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken.
92
Der Beklagten ist darüber hinaus bekannt, dass die von ihr angebotenen Verletzungsforrren wesentliche Elemente der patentgemäßen Erfindung sind und dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden. Es handelt sich dabei insbesondere nicht um allgemein im Handel erhältliche Erzeugnisse.
93
Die Beklagte bietet zusammen mit ihrer amerikanischen Muttergesellschaft in Deutschland die Verletzungsgegenstände 1, 2 und 3, mithin den „CosMx Spatial Molecular Imager“, für die Analyse der Proben vorgesehene Nachweisreagenzien und Decodersonden an, die aufeinander abgestimmt sind. Selbst wenn die Beklagte beim Anbieten auf eine derzeitige Lieferunfähigkeit hinweisen sollte, schließt die Angebotshandlung nicht aus. Der angebotene Gegenstand muss noch nicht vorhanden sein (BGH GRUR 1969, 35 – Europareise). Es genügt auch, wenn das Erzeugnis durch den Anbietenden mit den erfindungsgemäßen Merkmalen alsbald geliefert und hergestellt werden kann (BGH GRUR 1970, 358 (360) – Heißläuferdetektor). Eine Verletzungshandlung gemäß § 10 Abs. 1 PatG ist damit gegeben.
94
Infolge der dargestellten Patentgefährdung ergeben sich die tenorierten Rechtsfolgen:
95
1. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch findet seine Grundlage in §§ 139 Abs. 1 i.V.m. §§ 9 S. 2 Nr. 2, 10, PatG, Art. 64 EPÜ. Dabei ist mangels entsprechend anderweitiger Angaben der Beklagten davon auszugehen, dass die angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 ausschließlich patentgemäß benutzt werden kann, weswegen insoweit ein Absolutverbot gerechtfertigt ist.
96
Die Beklagte ist gemäß § 140 b PatG, §§ 242, 259 BGB i.V.m. Art. 64 EPÜ zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung verpflichtet, damit die Klägerin zu 1) in die Lage versetzt wird, die ihr zustehenden Ansprüche auf Schadensersatz beziffern zu können. Die Klägerin zu 1) ist auf solche Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt.
97
Der Schadensersatzanspruch ist dem Grunde nach gemäß § 139 Abs. 2 PatG, Art. 64 EPÜ gerechtfertigt. Die Beklagte war als unmittelbare Wettbewerberin gehalten, sich über die einschlägigen Schutzrechte zu informieren und diese zu beachten. Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätten die Beklagte erkennen können, dass sie mit den beanstandeten Handlungen die Rechte aus dem Klagepatent verletzt. Die Verletzungshandlungen erfolgten in Kenntnis der Rechtslage, jedenfalls aber in grob fahrlässiger Unkenntnis. Da der entstandene Schaden gegenwärtig noch nicht beziffert werden kann, besteht gemäß § 254 ZPO ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten.
98
Soweit die Klägerin bei der Auskunft im letzten Spiegelstrich ihres Antrags die Ziffer A.Ia aufgenommen hat, ist der Antrag aufgrund der Antragsbindung insoweit abzuweisen.
99
2. Dem Unterlassungsanspruch steht dabei der Untervcrhältnismäßigkeitseinwand nicht entgegen.
100
a) Die Beklagte beruft sich auf die Komplexität ihres Produkts.
101
aa) Sie trägt vor, die patentierte Methode sei ein nur untergeordneter Teil in ihrem komplexen Produkt, weswegen ein auf das Klagepatent gestützter Unterlassungsanspruch unverhältnismäßig wäre. Eine Trennung der vermeintlich patentverletzenden Funktionalitäten vom Rest des komplexen Produkts sei technisch und wirtschaftlich unmöglich. Zu letzterem hat sie wie folgt vorgetragen:
„Der vermeintlich genutzte Patentgegenstand lässt sich insbesondere technisch und wirtschaftlich nicht von dem oben beschriebenen patentfreien Rest separieren, so-dass ein Unterlassungsgebot für die Beklagte Folgen hätte, die über den Schutzgegenstand des Klagepatents hinausgehen. Es käme zu Schäden erheblichen Ausmaßes bei der Beklagten, die durch das Monopolrecht der Klägerinnen nicht gerechtfertigt sein können. Wie bereits herausgestellt, wurden die RNA- und Protein-Assays für die Verwendung spezifischer chemischer, fluidischer und optischer Systeme der an-gegriffenen Ausführungsform optimiert, um ihre einzigartigen Datensätze zu erzeugen und auszuwerten. Darüber hinaus wurde das Datenanalysesystem in der AtoMx-Plattform für räumliche Datenverarbeitung erheblich weiterentwickelt, um diese spezifischen Datensätze zu analysieren. Änderungen an den chemischen Verfahren würden eine nicht ohne Weiteres mögliche und wirtschaftlich unvertretbare Überarbeitung mehrerer Systeme innerhalb der angegriffenen Ausführungsform sowie der räumlichen AtoMx-Informatikplattform erfordern.“
102
Zum Beweis für die Richtigkeit dieser Angaben hat sie den Leiter ihrer Entwicklungsabteilung als Zeugen angeboten.
103
bb) Dieser Vortrag ist nicht geeignet, Umstände darzustellen, die eine Unverhältnismäßigkeit möglicherweise rechtfertigen könnten. Ihr Vortrag erschöpft sich an den entscheidenden Stellen in pauschalen Angaben, die eine konkrete Darstellung der Situation vermissen lassen. Es wird nicht erläutert, warum genau es zu „Schäden erheblichen Ausmaßes bei der Beklagten (komme), die durch das Monopolrecht der Klägerinnen nicht gerechtfertigt sein können.“ Das konkrete Ausmaß der von der Beklagten befürchteten Schäden bleibt unklar. Dasselbe gilt für die Ausführungen, wonach „Änderungen an den chemischen Verfahren würden eine nicht ohne Weiteres mögliche und wirtschaftlich unvertretbare Überarbeitung mehrerer Systeme innerhalb der angegriffenen Ausführungsform sowie der räumlichen AtoMx-Informatikplattform erfordern.“ Was die Beklagte unter „nicht ohne Weiteres“ versteht und was sie für eine „wirtschaftlich unvertretbare Überarbeitung“ ansieht, legt sie dem Gericht gegenüber nicht offen.
104
Ferner hat sie nicht dargelegt, wie sich ihr Vortrag zur eingeschränkten Anspruchsfassung verhält, wonach die Analyse von Proteinen nicht mehr vom Unterlassungsgebot umfasst ist.
105
Hinsichtlich der Beklagtenangaben zur kosten- und zeitintensiven Entwicklung der angegriffenen Ausführungsform kann dies eine Unverhältnismäßigkeit ebenfalls nicht rechtfertigen. Denn die Beklagte hat ihre Entwicklungsausgaben nicht ins Verhältnis zur Bedeutung der hier allein maßgeblichen Unterlassung für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland gestellt. Die von ihr investierten F&E-Ausgaben für die angegriffenen Ausführungsformen sind nur hinsichtlich des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland frustriert. Eine Nutzung außerhalb der Bundesrepublik ist weiterhin möglich, zumal die Beklagte nicht in Deutschland produziert. Dass ihre F&E-Ausgaben deswegen insgesamt frustriert sind, hat sie nicht vorgetragen. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die Angaben wohl auf die Muttergesellschaft beziehen und nicht die Beklagte als deren deutsche Tochtergesellschaft.
106
Mangels substantiierten Vortrags war daher auch eine Einvernahme des angebotenen Zeugen nicht angezeigt.
107
b) Die Beklagte führt weiter an, ein der Klägerin zu 2) zugesprochener Unterlassungsanspruch sei unverhältnismäßig, dass sie als Forschungseinrichtung kein schutzwürdiges Interesse an einer Unterlassung habe.
108
Dem kann nicht gefolgt werden. Da die Klägerin zu 2) ihre Erfindungen bzw. Patente an Dritte – etwa die Klägerin zu 1) – lizenziert, hat sie ein berechtigtes Interesse an der wirksamen Durchsetzung ihrer auslizenzierten Patente. Die Klägerin zu 2) ist bereits keine NPE („non practising enitity“) in herkömmlichen Sinne. Ihr Geschäftsmodell besteht nicht darin, Patente zu halten und Lizenzeinnahmen durch das Herantreten an potenzielle Verletzer zu generieren. Das ist zulässig und steht in aller Regel der Durchsetzung eines patentrechtlichen Unterlassungsanspruch nicht entgegen. Die Klägerin zu 2) erzielt als renommierte Forschungseinrichtung Lizenzeinnahmen dadurch, dass die Dritten von vornherein die Erlaubnis zur Nutzung ihrer Patente einräumt, damit diese entsprechende Produkte verkaufen können und aus dem Erlös Lizenzgebühren an sie bezahlen können, und mit den so generierten Einnahmen weitere Forschungsprojekte zu finanzieren.
109
Ferner kann eine Lizenzbereitschaftserklärung der Beklagten bislang nicht erkannt werden. Die Beklagte hat bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung an keiner Stelle erklärt, eine Lizenz an dem Klagepatent erhalten zu wollen.
110
c) Auf Drittinteressen kann sich die Beklagte zur Begründung einer Unverhältnismäßigkeit des Unterlassungsanspruchs nicht berufen, weil sie keine Anstalten dargelegt hat, eine Zwangslizenz gemäß §§ 24, 85 PatG zu erhalten. Die Kammer schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des Landgerichts Düsseldorf an (GRUR 2022, 1665 Rn. 53 ff. – Sofosbuvir).
111
3. Die Klage ist abzuweisen, soweit sie darauf gerichtet ist, mit dem Jnterlassungsanspruch auch eine Folgenbeseitigung im Sinne der Rechtsprechung des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs von der Beklagten verlangen zu können.
112
Die auf nicht unerhebliche Kritik (Dissmann MarkenR 2017, 293; GRUR 2017, 986; Goldmann GRUR 2016, 724; GRUR-Fachausschuss für Wettbewerbs- und Markenrecht, „Zwischenruf“ zum Verhältnis von Unterlassung und Beseitigung im Gewerblichen Rechtsschutz und insbesondere im Wettbewerbsrecht, GRUR 2017, 885; Hermanns GRUR 2017, 977; Lubberger, GRUR 2018, 378 – zustimmend hingegen Mcinhardt WRP 2018, 527) gestoßene Rechtsprechung des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGH GRUR 2018, 292 – Produkte zur Wundversorgung; 2017, 823 – Luftentfeuchter; 208 – Rückruf von RESCUE-Produkten; 2016, 720 – Hot Sox), wonach bei einer Handlung, die einen fortdauernden Störungszustand geschaffen hat, der die Handlung verbietende Unterlassungstitel mangels abweichender Anhaltspunkte regelmäßig dahin auszulegen, dass er nicht nur die Unterlassung derartiger Handlungen, sondern auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands umfasst, kann jedenfalls für das Patentrecht nicht gefolgt werden.
113
Richtigerweise ist mit dem Oberlandesgericht Düsseldorf davon auszugehen, dass der patentrechtliche Unterlassungsanspruch nicht auch diejenigen Rechtsfolgen zeitigt wie der spezialgesetzlich normierte Rückrufanspruch gemäß § 140 a Abs. 3 PatG (OLG Düsseldorf GRUR 2018, 855 Rn. 45 – Rasierklingen). Zwar kann dem Oberlandesgericht Düsseldorf nicht darin gefolgt werden, dass der Rückrufanspruch nach § 140 a PatG dem Verhältnismäßigkeitseinwand unterliegt, während der Unterlassungsanspruch dies nicht tut (OLG Düsseldorf, a.a.O. Rn. 46). Auch der Unterlassungsanspruch nach § 139 Abs. 1 PatG unterliegt als Ausfluss des Grundsatzes von Treu und Glauben dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (BGH GRUR 2016, 1031 Rn. 41 ff. – Wärmetauscher; Schacht WRP 2017, 1055, 1055 m.w.N.). Er ist mittlerweile auch ausdrücklich in § 139 Abs. 1 Satz 3 PatG niedergelegt.
114
Mit dem Oberlandesgericht Düsseldorf ist jedoch anzuerkennen, dass das Unterlassungsgebot und der Rückruf in der Zwangsvollstreckung unterschiedlichen Regelungen unterliegen. Während ersteres nach § 890 ZPO zu vollstrecken ist, richtet sich die Vollstreckung des Rückrufs nach §§ 887 ff. ZPO. Der Gesetzgeber hat mithin für die nebeneinanderstehenden Ansprüche voreinander unterschiedliche Vollstreckungswege vorgesehen (vgl. hierzu eingehend Schacht, a.a.O.). Zudem ist kein Grund ersichtlich, welcher Anwendungsbereich für § 140 a Abs. 3 PatG überhaupt verbliebe, wenn bereits aus § 139 Abs. 1 PatG eine Pflicht zum Rückruf folgte (OLG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 47). Da es dem Patentinhaber frei steht, welche Ansprüche er aus einer Verletzung eines Patents geltend macht und sowohl für den Unterlassungs- als auch den Rückrufanspruch eine eigene Anspruchsgrundlage besteht, ist kein sachlicher Grund und/oder rechtliche Notwendigkeit erkennbar, einen Rückrufanspruch aus § 139 Abs. 1 S. 1 herzuleiten.
115
Für eine Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 148 ZPO über die von der Boklagten gegen das Klagepatent erhobene Nichtigkeitsklage besteht keine Veranlassung.
116
I. Für den Patentverletzungsprozess ist anerkannt, dass eine Aussetzung in erster Instanz nur dann gerechtfertigt ist, wenn mit erheblicher Wahrscheinlichkeit von einem Widerruf oder einer Nichtigerklärung des Klagepatents ausgegangen werden kann (BGH GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug; BGH GRUR 2014, 1237 Rn. 4 – Kurznachrichten).
117
Gegenstand der Prognoseentscheidung ist der im Verletzungsverfahren geltend gemachte Patentanspruch. Wird im Verletzungsverfahren nicht die eingetragene bzw. ursprüngliche Fassung eines Anspruchs geltend gemacht, sondern eine Kombination von Ansprüchen bzw. eine eingeschränkte Anspruchsfassung, ist allein diese bei der Ermessensentscheidung über die Aussetzung zugrunde zu legen (BGH GRUR 2010, 904 Ls. 1 – Maschinensatz; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2021, 69 Ls. 1 – Decodieranordnung). Die beschränkte Geltendmechung im Verletzungsprozess führt nicht zu einer Herabsetzung des Aussetzungsmaßstabs (OLG Düsseldorf, a.a.O., Ls. 2).
118
II. Eine Aussetzung scheidet vorliegend aus, weil das Bundespatentgericht in seinem Hinweis vom 07.02.2023 (Anlage K 11) gemäß § 83 Abs. 1 PatG den im Nichtigkeitsverfahren gestellten Hilfsantrag 1 und identisch hier im Hauptantrag zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Patentanspruch für patentfähig erachtet. Für eine Aussetzung bedarf es nicht nur der Diagnose einer offensichtlichen Fehlbeurteilung, sondern auch der Prognose, dass Rechtsvernichtung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgen wird.
119
1. Die Entgegenhaltung NK 14 beschreibt am Ende der linken und zu Beginn der rechten Spalte auf der ersten Seite (S. 2327) ihren Ansatz wie folgt:
„Derived from „entropically driven“ circuits developed by Zhang et al. (12), these probes operate using principles distinct from those of fluorescence in situ hybridization (FISH) probes and molecular beacons. Whereas these latter technologies rely on more classical, sequence-dependent hybridization reaction mechanisms for target recognition, the different complexes that make up the entropically driven circuits are designed to react with one another via a process called strand-displacement: the selective exchange of individual oligonucleotides between different complexes of DNA (13–16).“
(Hervorhebungen durch das Gericht)
120
Demnach möchte sich die in der NK 14 offenbarte technische Lehre gerade von der sogenannten FISH-Methode abgrenzen und hierzu neue Wege beschreiten, nämlich „strand-displacement“ („Strang-Austausch“ gem. Beklagter – „Strang-Verdrängungsreaktion“ gem. BPatG). Die Entgegenhaltung lehrt somit von der Verwendung von FISH weg.
121
Der streitgegenständliche Patentanspruch betrifft in seiner eingeschränkten Fassung nur noch Vorrichtungen und Nachweisreagenzien für den Nachweis von RNA in Verfahren mittels Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung, mithin FISH-Verfahren. Die Beklagte hat nicht dargelegt, warum der Fachmann trotz der eindeutigen Aussage in der NK 14 diese als Ausgangspunkt für eine Fortentwicklung der dortigen Offenbarung hin zur streitgegenständlichen Erfindung gemacht hätte.
122
Eine Prognose, dass das Bundespatentgericht den streitgegenständlichen Patentanspruch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vernichten wird, kann daher nicht getroffen werden.
123
2. Gleiches gilt in Bezug auf die vorläufige Einschätzung des Bundespatentgerichts, die Entgegenhaltung NK 12 sei nicht neuheitsschädlich und lege den dortigen Hilfsantrag 1 nicht nahe.
124
Die Beklagte zeigt nicht nachvollziehbar auf, warum die Begründung des Bundespatentgerichts falsch ist – sie stellt lediglich ihre Ansicht der des Bundespatentgerichts gegenüber und behauptet, ihre sei richtig. Sie trägt selbst vor, sie habe ausführlich im Nichtigkeitsverfahren ihre Ansicht vorgetragen. Dass das Bundespatentgericht sie übersehen hätte, schildert sie nicht. Das Bundespatantgericht teilt die Auffassung der Beklagten in seiner vorläufigen Einschätzung nicht. Ein offensichtlicher Fehler wird dadurch nicht aufgezeigt.
125
Eine Wiedereröffnung der Verhandlung gemäß § 156 ZPO aufgrund der von der Beklagten nach Schluss der Verhandlung nicht nachgelassen eingereichten Schriftsätzen vom 27.04.2023, 02.05.2023 und 10.05.2023 ist nicht angezeigt. Soweit die Beklagte vorträgt, sie hätte erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung Kenntnis von Tatsachen erlangt, die eine Wiedereröffnung rechtfertigen, ist dem nicht zu folgen.
126
I. Die Beklagte führt an, aus ihr erst am 22.04.2023 zugänglich gewordenen Dokumenten hätte sie erfahren, dass die Klägerin zu 2) verpflichtet sei, das Klagepatent zu fairen und nicht-diskriminierenden Bedingungen auszulizenzieren. Aufgrund dieser Verpflichtung könne die Klägerin zu 2) weder einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte durchsetzen und ferner keine ausschließliche Lizenz an die Klägerin zu 1) erteilen.
127
II. Aus den von der Beklagten bzw. ihrer Muttergesellschaft vorgelegten Auszügen der ihr zugegangenen Unterlagen ist kein Anspruch Dritter gegen die Klägerin zu 2) auf Erteilung einer Lizenz ersichtlich. Die Auszüge enthalten lediglich Absichtserklärungen („will pursue“, „encourage“, we will try to“), aber keine Verpflichtungserklärungen („commitment“).
128
Selbst wenn man zugunsten der Beklagten eine Pflicht der Klägerin zu 2) Lizenzen am Klagepatent zu FRAND-Bedingungen zu vergeben unterstellte, stünde dies dem Unterlassungsanspruch nicht entgegen. Denn es mangelt bereits an einer unbedingten Lizenzbereitschaftserklärung der Beklagten (vgl. oben Rn. 109). Soweit die Beklagte vorträgt, sie hätte nach der mündlichen Verhandlung, nämlich am 24.04.2023 um eine Lizenz gebeten, was ihre von der Klägerin zu 2) verwehrt worden sei, ist der Vortrag hierzu nicht ausreichend, um erkennen zu können, dass es sich dabei um ein FRAND-gemäße Lizenzbereitschaftserklärung gehandelt hat. Das konkrete Lizenzersuchen hat die Beklagte dem Gericht nicht mitgeteilt. Unabhängig davon hatte die Beklagte spätestens seit Beginn des Rechtsstreits die Möglichkeit, um eine Lizenz nachzusuchen. Da sie das offensichtlich unterlassen hat, kann ein Lizenzersuchen nach der mündlichen Verhandlung sich nicht mehr zu ihren Gunsten auswirken.
129
Die zu unterstellende Lizenzerteilungspflicht der Klägerin zu 2) wirkt sich nicht auf die Aktivlegitimation der Klägerin zu 1) aus, da das Gericht insoweit davon ausgeht, dass diese nicht aufgrund einer ausschließlichen Lizenz besteht.
130
Ein Grund für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist daher nicht gegeben.
131
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 93 ZPO. Die in der zuletzt geltend gemachten Antragsfassung zu sehende teilweise Klagerücknahme, die keine Analyten aus Proteinen und Peptiden mehr umfasst (vgl. Schriftsatz vom 09.03.2023), rechtfertigt es, den Klägerinnen ein Drittel der Kosten aufzuerlegen. Der Klageabweisung in Bezug auf den Folgenbeseitigungsanspruch kommt hingegen ein sehr geringer Anteil zu.
132
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO. Bei der Festsetzung der Vollstreckungssicherheitshöhe für den Unterlassungsanspruch waren die von den Klägerinnen mit Schriftsatz vom 22.11.2022, Seite 9, vorgeschlagen 3,5 Mio. EUR anzusetzen, die auch die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 16.02.2023, Rn. 233, für angemessen hält.