Inhalt

OLG München, Beschluss v. 03.03.2023 – 6 W 1491/22
Titel:

Werkqualität von Datenschutzerklärungen

Normenketten:
ZPO § 91a, § 511 Abs. 2 Nr. 1, § 567, § 569
UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 10 Abs. 3, § 43, § 97
DSGVO Art. 12 Abs. 1 Satz 1
Leitsätze:
1. Bei der summarischen Prüfung im Rahmen des § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO, wie der Prozess ohne die Erledigung voraussichtlich ausgegangen wäre, können und müssen schwierige Rechtsfragen nicht abschließend geklärt werden. Erweist sich der Ausgang des Rechtsstreits aus diesem Grund als offen, entspricht es regelmäßig billigem Ermessen, die Kosten gegeneinander aufzuheben bzw. hälftig zu teilen. Diese Grundsätze gelten entsprechend für ungeklärte Rechtsfragen nach ausländischem Recht, wenn das Gericht die ausländische Rechtslage mit den ihm üblicherweise zur Verfügung stehenden Recherchemöglichkeiten nicht ermitteln kann.
2. Bei Datenschutzerklärungen im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 DSGVO kann es sich nach den Umständen des Einzelfalls um ein Werk im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG handeln. Die Urheberrechtsschutzfähigkeit von Schriftwerken, die einem „Gebrauchszweck“ dienen, erfordert dabei kein deutliches Überragen des Alltäglichen, des Handwerksmäßigen, der mechanisch-technischen Aneinanderreihung des Materials (entgegen KG Berlin, Beschluss vom 11.05.2011 – 24 U 28/11, GRUR-RS 2011, 14067).
3. Wurde eine Klage teilweise zurückgenommen oder (wie hier) teilweise für erledigt erklärt, wäre es verfehlt, die Quote im Rahmen der Kostenentscheidung schlicht nach dem Verhältnis des Streitwerts für den zurückgenommenen bzw. für erledigt erklärten Teil der Klage zu dem Gesamtstreitwert zu errechnen, wenn nach der Teilklagerücknahme bzw. Teilerledigung Kosten angefallen sind, für die nur noch ein geringerer Streitwert maßgeblich ist. In einem solchen Fall ist es vielmehr vorzugswürdig, zunächst zu errechnen, welche Kosten – fiktiv – entstanden wären, wenn der Kläger von vornherein nur einen beschränkten Antrag gestellt hätte, und den sich so ergebenden Betrag mit den tatsächlich entstandenen Kosten zu vergleichen (sog. Mehrkostenmethode).
Schlagwort:
Geschützte Werke
Vorinstanz:
LG München I, Endurteil vom 07.09.2022 – 44 O 13813/21
Fundstellen:
K & R 2024, 146
LSK 2023, 24700
MMR 2023, 974
GRUR-RS 2023, 24700

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird die Kostenentscheidung in Ziffer 2 des Endurteils des Landgerichts München I vom 07.09.2022, Az. 44 O 13813/21, dahin abgeändert, dass von den Kosten des Rechtsstreits die Klägerin 41% und der Beklagte 59% zu tragen hat.
2. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe

I.
1
Die Klägerin hat den Beklagten wegen einer behaupteten Urheberrechtsverletzung auf Unterlassung sowie auf Schadensersatz in Höhe von 299,00 Euro in Anspruch genommen.
2
Hinsichtlich des Unterlassungsantrags haben die Parteien den Rechtsstreit im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens übereinstimmend für erledigt erklärt. Bezüglich des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs hat das Landgericht den Beklagten unter Klageabweisung im Übrigen mit Endurteil vom 07.09.2022 zur Zahlung von 150,00 Euro (nebst Zinsen) verurteilt. Die Kosten des Rechtsstreits hat das Landgericht gemäß § 92 Abs. 2, § 91a ZPO in vollem Umfang dem Beklagten auferlegt. Den Streitwert hat das Landgericht für die Zeit bis zur teilweisen Erledigungserklärung auf 9.000,00 Euro und für die Zeit danach auf 299,00 Euro festgesetzt.
3
Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 26.09.2022, eingegangen am selben Tag, hat der Beklagte gegen die landgerichtliche Kostenentscheidung sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, unter Abänderung der Kostenentscheidung im Endurteil des Landgerichts die Kosten des Rechtsstreits in Bezug auf den von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärten Teil der Klägerin aufzuerlegen.
4
Der Beklagte ist der Auffassung, das Landgericht habe zu Unrecht eine Urheberrechtsverletzung bejaht. Insbesondere stehe die Aktivlegitimation der Klägerin nicht fest, die streitgegenständlichen Datenschutzerklärungen wiesen keinen Werkcharakter auf und das Landgericht habe die AGB der Klägerin falsch ausgelegt.
5
Die Klägerin beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen. Mit ihrer Beschwerde versuche der Beklagte, durch die Hintertür eine Berufung zu erreichen. Die sofortige Beschwerde sei insoweit das falsche Rechtsmittel, was sich bereits daran zeige, dass ein Stattgeben der Beschwerde zu widersprüchlichen Entscheidungen hinsichtlich das für erledigt erklärten Unterlassungsanspruchs und des streitig entschiedenen Schadensersatzanspruchs führen würde. Im Übrigen sei die Beschwerde unbegründet, da die tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Bewertungen des Landgerichts zutreffend seien.
6
Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien in erster Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 06.07.2022 sowie die Beschwerdebegründung vom 26.09.2022 sowie die Beschwerdeerwiderung vom 25.10.2022 Bezug genommen.
II.
7
Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie hat in der Sache teilweise Erfolg.
8
1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig.
9
a) Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 91a Abs. 2 Satz 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Dabei ist insbesondere auch die isolierte Anfechtung der in der gemischten Kostenentscheidung des Urteils enthaltenen Teilkostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits zulässig (vgl. Jaspersen, in: BeckOK ZPO, Stand: 01.12.2022, § 91a Rn. 40, m.w.N.).
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Dem steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte dadurch vorliegend eine Berufung „durch die Hintertür“ zu erreichen versuche, wie die Klägerin meint. Dieses Argument könnte allenfalls dann greifen, wenn die materielle Rechtskraft des Urteils über den Schadensersatzanspruch auch den Unterlassungsanspruch, der im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO inzident summarisch zu prüfen ist, erfassen würde. Dies ist aber nicht der Fall, da der Schadensersatzanspruch und der Unterlassungsanspruch zwar auf dem gleichen Lebenssachverhalt beruhen, es sich wegen der unterschiedlichen Anträge aber gleichwohl um zwei Streitgegenstände und damit um verschiedene prozessuale Ansprüche im Sinne von § 322 Abs. 1 ZPO handelt.
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Die materielle Rechtskraft hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs entfaltet auch keine Bindungswirkung in Bezug auf festgestellte Tatsachen oder vom Landgericht bejahte Tatbestandsmerkmale, die sowohl für den Schadensersatzanspruch als auch für den Unterlassungsanspruch relevant sind. Eine Bindungswirkung besteht vorliegend nur insofern, als im Rahmen der Neuberechnung der Kostenquote die rechtskräftige (Teil-)Kostengrundentscheidung bezüglich des streitig entschiedenen Teils zugrunde zu legen ist und durch das Beschwerdegericht nicht mehr abgeändert werden darf (vgl. dazu unten 2 c).
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b) Auch im Übrigen ist die Beschwerde zulässig. Insbesondere wurde diese form- und fristgerecht gemäß § 569 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 ZPO eingelegt und sowohl die Beschwerdesumme nach § 91a Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO als auch nach § 567 Abs. 2 ZPO ist jeweils erreicht.
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2. Die Beschwerde ist teilweise begründet.
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a) Wird ein Rechtsstreit in der Hauptsache ganz – oder wie hier – teilweise für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten insoweit unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen, § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO. Dabei ist insbesondere zu prüfen, wie der Prozess ohne die Erledigung voraussichtlich ausgegangen wäre. Hierbei hat lediglich eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage zu erfolgen. Schwierige Rechtsfragen kann und muss das Gericht dabei nicht abschließend klären. Erweist sich der Ausgang des Rechtsstreits nach diesem Prüfungsmaßstab als offen, werden die Kosten regelmäßig gegeneinander aufzuheben bzw. hälftig zu teilen sein (st. Rspr., vgl. BGH Beschluss vom 5.12.2018 – VII ZB 17/18, BeckRS 2018, 33914 Rn. 8, BGH Beschluss vom 7.2.2018 – VII ZB 28/17, BeckRS 2018, 1997 Rn. 10; BGH Beschluss vom 19.7.2011 – IX ZB 216/10, BeckRS 2011, 20955 Rn. 6; BGH, NJW-RR 2009, 422 Rn. 5; BGH, NJW 2005, 2385; siehe zum Ganzen auch: Schulz, in: MüKo ZPO, 6. Aufl., § 91a Rn. 53, m.w.N.).
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b) So verhält es sich hier. Während alle übrigen Voraussetzungen für den Unterlassungsanspruch nach § 97 UrhG nach summarischer Prüfung zu Beginn des Verfahrens vorgelegen haben (dazu aa bis dd), kann die Frage der Aktivlegitimation der Klägerin im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO nicht abschließend beurteilt werden, da diese von Fragen des österreichischen Rechts abhängt (dazu ee).
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aa) Vom Vorliegen eines urheberrechtlich geschützten Werks nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG kann nach summarischer Prüfung ausgegangen werden.
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Hinsichtlich des rechtlichen Maßstabs hat die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren unter Verweis auf die Entscheidung des KG vom 11.05.2011 – 24 U 28/11 (GRUR-RS 2011, 14067) ausgeführt, bei Schriftwerken der infrage stehenden Art erfordere die Urheberrechtsschutzfähigkeit ein deutliches Überragen des Alltäglichen, des Handwerksmäßigen, der mechanisch-technischen Aneinanderreihung des Materials. Das KG stützt sich hierbei auf die (älteren) Entscheidungen des BGH „Bedingungsanleitung“ (GRUR 1993, 34) und „Anwaltsschriftsatz“ (BGH GRUR 1986, 739). Zwar hat der BGH diese Rechtsprechung – soweit ersichtlich – in der Folge nie ausdrücklich aufgegeben. Gleichwohl hat er in späteren Entscheidungen an diesem strengen Prüfungsmaßstab ersichtlich nicht festgehalten (vgl. etwa BGH, GRUR 2002, 958 – Technische Lieferbedingungen). Auch die Entscheidung „Geburtstagszug“ (BGH, 2014, 175) spricht dafür, dass der BGH für jegliche Arten von Werken einen einheitlichen – niederschwelligen – Prüfungsmaßstab anlegen möchte, wonach auch die „kleine Münze“ stets geschützt ist (vgl. zum Ganzen ausführlich auch: Nordemann, in: Loewenheim, UrhR-HdB, 3. Aufl., § 9 Die Werkarten Rn. 18 ff.).
18
Gemessen hieran kann das Vorliegen eines urheberrechtlich geschützten Werks vorliegend nicht verneint werden. Der Senat schließt sich insoweit nach summarischer Prüfung den Ausführungen des Landgerichts (LGU S. 2 ff. unter b) an. Soweit die Beschwerde geltend macht, das Landgericht habe keine Subsumtion vorgenommen, sondern bloße Behauptungen aufgestellt, kann dem nicht gefolgt werden. Die Ausführungen des Landgerichts sind im Zusammenhang mit dem Vortrag der Parteien, insbesondere demjenigen im Schriftsatz der Beklagtenseite vom 14.02.2022 (S. 20 ff. und 31 ff.) zu sehen. Dem Leser, der mit dem Verfahrensstoff vertraut ist, erschließt sich daher ohne Weiteres, was mit den Ausführungen des Landgerichts jeweils konkret gemeint ist.
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Die Werkqualität kann auch nicht mit dem Argument der Klägerin in der Beschwerdebegründung verneint werden, sofern die Klägerin stets betont habe, sie habe die Texte in leicht verständlicher Art verfasst, komme die Klägerin damit nur dem aus Art. 13 Abs. 1 DSGVO (sic, gemeint wohl Art. 12 Abs. 1 Satz 1 DSGVO) folgenden Gebot nach. Zum einen handelt es sich bei der verständlichen sprachlichen Umsetzung nur um ein zusätzliches Kriterium neben der Art der Sammlung, Auswahl, Einteilung und Anordnung des Stoffs (vgl. BGH, GRUR 2002, 958 – Technische Lieferbedingungen). Zum anderen schließt die Erfüllung dieser gesetzlichen Anforderungen es nicht aus, dass darin zugleich eine persönliche geistige Schöpfung im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG liegt, zumal Art. 12 Abs. 1 Satz 1 DSGVO nur eine Zielvorgabe enthält, dem datenschutzrechtlich Verantwortlichen aber nicht vorgibt, wie er dieses Ziel konkret zu erreichen hat, so dass diesem hierbei ein erheblicher Gestaltungsspielraum verbleibt.
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bb) Das Landgericht hat ferner zu Recht eine Verletzungshandlung im Inland und insoweit die Anwendbarkeit des deutschen Rechts bejaht (LGU S. 4 unter c), was von der Beschwerde auch nicht angegriffen wird.
21
cc) Auch soweit das Landgericht angenommen hat, dass dem Beklagten kein Nutzungsrecht zustand, ist dem nach summarischer Prüfung zu folgen. Auf die ausführlichen und überzeugenden Ausführungen des Landgerichts zu diesem Punkt (S. 4 f. unter d), welchen sich der Senat anschließt, wird Bezug genommen.
22
Insbesondere kann nicht angenommen werden, dass Ziff. 10 der AGB von einem objektiven Empfänger so verstanden werden konnte, dass die kostenlose Nutzung ohne Quellverweis und Link (ebenfalls) berechtigt erfolgt, die Klägerin in diesem Fall aber (nur) einen einklagbaren vertraglichen Anspruch auf Anbringung eines Quellverweises und Links erwirbt und einen vertraglichen Schadensersatzanspruch bei Nichterfüllung dieser schuldrechtlichen Verpflichtung. Vielmehr konnte ein objektiver Empfänger die entsprechende Klausel nur so verstehen, dass die Nutzung ohne Quellverweis und Link nicht erlaubt ist, eine solche Nutzung also rechtswidrig erfolgt, und deshalb (gesetzliche) Schadensersatzansprüche nach sich ziehen kann. Dass der hier inmitten stehende Unterlassungsanspruch dabei nicht ebenfalls ausdrücklich genannt wurde, ist unschädlich, da sich dieser aus dem Gesetz ergibt und sein Entstehen nicht von einem vorherigen Hinweis durch den Rechtsinhaber abhängig ist.
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dd) Zum Zeitpunkt der Einreichung bzw. Erhebung der Klage lag auch die erforderliche Wiederholungsgefahr nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG vor, da der Beklagte zu diesem Zeitpunkt noch keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hatte.
24
ee) Nicht abschließend beurteilt werden kann im Rahmen der Entscheidung nach § 91a ZPO indessen die Frage der Aktivlegitimation.
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(1) Auf die Vermutung nach § 10 Abs. 3 Satz 1 UrhG kann sich die Klägerin hierbei nach summarischer Prüfung nicht stützen. Selbst wenn man hinsichtlich der Üblichkeit der inhaltlichen Gestaltung der Angabe einen großzügigen Maßstab anlegt (vgl. Thum, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, 6. Aufl., UrhG § 10 Rn. 26), geht aus der Angabe „Quelle: Erstellt mit dem Datenschutz Generator von A in Kooperation mit …“, auf die sich der Beklagte für die Vermutungswirkung beruft, inhaltlich nicht mit der hinreichenden Klarheit die Aussage hervor, dass die Klägerin Inhaberin eines ausschließlichen Nutzungsrechts an den streitgegenständlichen Texten ist (vgl. zu den betreffenden Anforderungen im Einzelnen: Thum, in: Wandtke/Bullinger, a.a.O., § 10 Rn. 115 ff.).
26
Nachdem somit die Vermutung nach § 10 Abs. 3 UrhG nicht greift, trägt hinsichtlich der materiellen Anspruchsberechtigung grundsätzlich die Klägerin als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast.
27
(2) Die Klägerin hat vorgetragen, die Texte seien von ihrem Geschäftsführer Herrn O erstellt worden. Nach dessen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 06.07.2022 ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass zum hier maßgeblichen Zeitpunkt auch Herr G bereits inhaltlich an den Texten mitgearbeitet hatte. Herr O hat jedoch weiter ausgeführt, es gebe nur ihn und Herrn G. Nur sie beide würden an den Texten arbeiten.
28
Hierin ist ein hinreichend substanziierter Sachvortrag der Klägerin für eine Urheberschaft des Herrn O und – nicht ausschließbar – eine Miturheberschaft des Herrn G zu sehen. Insoweit unterscheidet sich der Streitfall auch von der Konstellation in der von der Beklagtenseite zitierten Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 02.06.2022 – 20 U 293/20 (GRUR-RS 2022, 17241), da dort – anders als hier – auf Grund des unstreitigen Vortrags beider Parteien weitere Personen, nämlich die ehrenamtlichen Ausschussmitglieder, konkret als Miturheber in Betracht kamen, welche der dortige Kläger nicht näher benannt hatte.
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Wird die Urheberschaft bestimmter Personen – wie hier – substanziiert behauptet, genügt es jedoch nicht, sie mit Nichtwissen (oder einfach) zu bestreiten, sondern der Verletzer muss substanziiert darlegen, wer weshalb Urheber sein soll (OLG Köln, NJW-RR 2016, 165 Rn. 23; Thum, in: Wandtke/Bullinger, a.a.O., UrhG § 7 Rn. 45, Loewenheim/Peifer, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, 6. Aufl., UrhG § 10 Rn. 1; vgl. auch OLG Hamm, Urt. v. 24.06.2008 – 4 U 25/08, BeckRS 2009, 6891). Ein solches substanziiertes Bestreiten des Beklagten ist vorliegend nicht erkennbar.
30
Für die weitere Prüfung ist daher der oben genannte Sachvortrag der Klägerin zugrunde zu legen.
31
(3) Um ein ausschließliches Nutzungsrecht der Klägerin bejahen zu können, wäre mithin erforderlich, dass sowohl von einer entsprechenden Rechtseinräumung durch Herrn O als auch durch Herrn G ausgegangen werden kann. Die Klägerin hat jedoch nur zu einer ausdrücklichen Rechtsübertragung durch Herrn O vorgetragen.
32
Allerdings handelt es sich nach den Feststellungen des Landgerichts bei Herrn G um einen Mitarbeiter der Klägerin. Dies liegt auch aufgrund der gesamten Umstände nahe. Ohne Erfolg beruft sich die Beschwerde insoweit auf die negative Beweiskraft des Protokolls, da sich diese nach § 165 ZPO nur auf Förmlichkeiten, nicht jedoch auf den Sachvortrag der Parteien bezieht.
33
Nach deutschem Recht hätte der Umstand, dass Herr G in einem Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis mit der Klägerin stand, zur Folge, dass dem Arbeitgeber ein Übertragungsanspruch zusteht, der regelmäßig durch Vorabvereinbarung oder spätestens mit Übergabe des Werks konkludent erfüllt wird (vgl. Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, 7. Aufl., § 43 Rn. 19, m.w.N.). Auf § 43 UrhG kann im Streitfall allerdings nicht zurückgegriffen werden. Denn die Frage einer vertraglichen Übertragung von Nutzungsrechten richtet sich – anders als die erstmalige Entstehung des Urheberrechts – nicht nach dem Schutzlandprinzip, sondern nach dem Vertragsstatut (vgl. BGH, GRUR 2015, 264 Rn. 41 – Hi Hotel II, m.w.N.; sowie ausführlich: Lauber-Rönsberg, in: BeckOK UrhR, 36. Ed. 15.10.2022, Sonderbereiche/Kollisionsrecht und internationale Zuständigkeit, Rn. 30 ff.). Daher ist vorliegend für die Frage der Einräumung von Nutzungsrechten nach Art. 4 Abs. 2 VO (EG) Nr. 593/2008 (Rom I-VO) österreichisches Recht anzuwenden, da sowohl Herr G dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt als auch die Klägerin dort ihren Sitz hat.
34
Dem Senat ist die diesbezügliche österreichische Rechtslage nicht bekannt und er konnte diese mit den ihm üblicherweise zur Verfügung stehenden Recherchemöglichkeiten auch nicht ermitteln. Die Klägerin hat insoweit ebenfalls nur vorgetragen, dass nach § 24c Abs. 1 Satz 3 des österreichischen Urheberrechtsgesetzes der Zweckübertragungsgrundsatz bei Werken, die im Rahmen eines arbeitsrechtlichen Verhältnisses geschaffen wurden, nicht zur Anwendung kommt (vgl. Schriftsatz vom 29.06.2022, S. 2 f., Bl. 136/137 d.A.). Das sagt aber noch nichts darüber aus, ob dem Arbeitgeber ein Anspruch auf Übertragung des Urheberrechts an „Dienstschöpfungen“ zusteht und vor allem, wie die Übertragung von Urheberrechten vom Arbeitnehmer auf den Arbeitgeber nach österreichischem Recht konkret vonstattengeht.
35
Eine weitere Aufklärung der österreichischen Rechtslage im summarischen Verfahren nach § 91a ZPO kommt nicht in Betracht. Ebenso wie in diesem Rahmen schwierige Rechtsfragen nicht zu klären sind, können und müssen dort ungeklärte nach ausländischem Recht zu beurteilende Rechtsfragen offenbleiben. Weiteren Recherchen oder gar der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur österreichischen Rechtslage steht insbesondere auch entgegen, dass die Entscheidung gemäß § 91a ZPO auf Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstands zu erfolgen hat.
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Da somit im Hinblick auf die Aktivlegitimation der Klägerin ungewiss bleibt, wie der Prozess voraussichtlich ausgegangen wäre, entspricht es billigem Ermessen, die auf den für erledigt erklärten Teil des Rechtsstreits entfallenden Kosten hälftig auf beide Parteien zu verteilen.
37
c) Dies führt unter Berücksichtigung des rechtskräftig ausgeurteilten Teils der Kostenentscheidung zu einer Kostenquote von 41% auf Seiten der Klägerin und 59% auf Seiten des Beklagten.
38
Wurde eine Klage teilweise zurückgenommen oder – wie hier – teilweise für erledigt erklärt, wäre es verfehlt, die Quote im Rahmen der Kostenentscheidung schlicht nach dem Verhältnis des Streitwerts für den zurückgenommenen bzw. für erledigt erklärten Teil der Klage zu dem Gesamtstreitwert zu errechnen, wenn nach der Teilklagerücknahme bzw. Teilerledigung Kosten angefallen sind, für die nur noch ein geringerer Streitwert maßgeblich ist. In einem solchen Fall, der hier vorliegt, ist es vorzugswürdig, zunächst zu errechnen, welche Kosten – fiktiv – entstanden wären, wenn der Kläger von vornherein nur einen beschränkten Antrag gestellt hätte, und den sich so ergebenden Betrag mit den tatsächlich entstandenen Kosten zu vergleichen (sogenannte Mehrkostenmethode, vgl. OLG Hamm, NJOZ 2014, 1076; OLG Schleswig BeckRS 2008, 02363; Jaspersen, in: BeckOK ZPO, 46. Ed. 1.9.2022, ZPO § 92 Rn. 24).
39
Hätte die Klägerin vorliegend nur den Schadensersatzanspruch eingeklagt, wären fiktiv aus einem Streitwert von 299,00 Euro Kosten in Höhe von 453,16 Euro für das Verfahren entstanden:

Anwaltskosten jeweils:

1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100, 1008 VV RVG:

63,70 Euro

1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG:

58,80 Euro

Auslagen Nr. 7001 und 7002 VV RVG:

20,00 Euro

Zzgl. 19% USt.

27,08 Euro

Zwischensumme:

169,58 Euro

Anwaltskosten gesamt (2 x 169,58 Euro):

339,16 Euro

Gerichtskosten:

3,0 Gerichtsgebühren Nr. 1210 KV GKG:

114,00 Euro

Summe fiktive Kosten:

453,16 Euro

40
Die tatsächlichen Kosten für das Verfahren betragen voraussichtlich 2.649,00 Euro:

Anwaltskosten jeweils:

1,3 Verfahrensgebühr aus Streitwert 9.000 Euro:

725,40 Euro

1,2 Terminsgebühr aus Streitwert 299 Euro:

58,80 Euro

Auslagen Nr. 7001 und 7002 VV RVG:

20,00 Euro

Zzgl. 19% USt.

152,80 Euro

Zwischensumme:

957,00 Euro

Anwaltskosten gesamt (2 x 957,00 Euro):

1.914,00 Euro

Gerichtskosten:

3,0 Gerichtsgebühren aus Streitwert 9.000 Euro:

735,00 Euro

Summe tatsächliche Kosten:

2.649,00 Euro

41
Eine Reduzierung der Gerichtsgebühr von 3,0 auf 1,0 gemäß KV GKG 1211 Nr. 4 kommt nicht in Betracht, da dies zum einen voraussetzen würde, dass das gesamte Verfahren durch übereinstimmende Erledigungserklärung beendet wurde und zum anderen, dass keine Entscheidung über die Kosten nach § 91a ZPO ergeht oder die Entscheidung einer zuvor mitgeteilten Einigung der Parteien über die Kostentragung oder der Kostenübernahmeerklärung einer Partei folgt. Beides ist vorliegend nicht der Fall.
42
Die Mehrkosten betragen damit vorliegend 2.195,84 Euro (= 2.649,00 Euro – 453,16 Euro). Davon entfällt jeweils die Hälfte auf beide Parteien, mithin ein Betrag von 1.097,92 Euro.
43
Die Kosten in Höhe von 453,16 Euro sind aufgrund der insoweit rechtskräftigen Entscheidung des Landgerichts dem Beklagten zuzurechnen. Hieran ändert auch nichts, dass das Landgericht dem Beklagten die diesbezüglichen Kosten nach § 92 Abs. 2 ZPO auferlegt hat, bei einer isolierten Schadensersatzklage wegen des hälftigen Unterliegens der Klägerin aber aller Wahrscheinlichkeit nach eine Kostenaufhebung nach § 92 Abs. 1 ZPO erfolgt wäre. Denn wegen der Rechtskraft dieses Teils der Kostenentscheidung ist insoweit eine Abänderung durch das Beschwerdegericht nicht möglich. Dieser Teil der Kostenentscheidung ist auch nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, da die Klägerin ihre Beschwerde bzw. ihren Beschwerdeantrag – richtigerweise – auf die Kosten in Bezug auf den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil des Rechtsstreits beschränkt hat.
44
Danach errechnet sich für die Klägerin ein Kostenanteil von 41% (Berechnung: 1.09,92 Euro : 2.649,00 Euro) und für den Beklagten von 59% (Berechnung: (453,16 Euro + 1.097,92 Euro) : 2.649,00 Euro).
III.
45
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
46
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 ZPO sind nicht ersichtlich, zumal die Zulassung ohnehin nur zur Klärung prozessualer Fragen zu § 91a ZPO in Betracht kommt (BGH, BeckRS 2018, 9531 Rn. 12).