Inhalt

LG Ingolstadt, Endurteil v. 02.06.2023 – 1 HK O 1994/22
Titel:

Pflichtangaben zum Energieverbrauch in einer Immobilienanzeige

Normenketten:
UWG § 3a, § 5a Abs. 2 u. 4
GEG § 87 Abs. 1
Leitsätze:
1. Bei § 87 Abs. 1 GEG handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Immobilienmakler genügt der Verpflichtung aus § 87 Abs. 1 GEG nicht, wenn die Pflichtangaben bei einer Immobilienanzeige in einer Zeitung allein über einen Link im Internet, auf den ausdrücklich hingewiesen wird, aufgerufen werden können. (Rn. 29 – 33) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Verstoß gegen die Angaben zum Energieverbrauch gemäß § 87 Abs. 1 GEG führt zu einer spürbaren Beeinträchtigung der Verbraucher. (Rn. 34 – 39) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Werbung, Abmahnkosten, Unterlassungsanspruch, Heizung, Pflichtangaben, Streitwert, domain, Werbeanzeige, Immobilie, Internet, Leasing, Internetauftritt, Anzeige, Zahlung, Kosten des Rechtsstreits, nicht ausreichend, Rechtsprechung des BGH
Fundstelle:
GRUR-RS 2023, 20734

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihren geschäftsführenden Gesellschaftern, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in kommerziellen Medien eine Immobilienanzeige für eine Wohnimmobilie, für die zum Zeitpunkt der Anzeigenaufgabe ein Energieausweis vorliegt, vor deren Verkauf zu veröffentlichen, ohne sicherzustellen, dass diese Anzeige Angaben zu der Art des Energieausweises (Energiebedarfsausweis im Sinne von § 81 oder Energieverbrauchsausweis im Sinne von § 82 GEG), zu dem im Energieausweis genannten Wert des Endenergiebedarfs oder Endenergieverbrauchs für das Gebäude und zu den im Energieausweis genannten wesentlichen Energieträgern für die Heizung des Gebäudes enthält, wenn dies geschieht wie in einer Immobilienanzeige der Beklagten in der Süddeutschen Zeitung, Ausgabe vom 09./10.07.2022, für die Wohnimmobilie „Einfamilienhaus in Geisenfeld, ca. 180 m² Wohnfläche“ zum Kaufpreis von 1,295 Mio. EUR, wiedergegeben wie folgt:
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 228,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. hieraus seit 19.01.2023 zu bezahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 30.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Der Kläger macht gegen die Beklagte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche und Ansprüche auf Ersatz von Abmahnkosten geltend.
2
Der Kläger ist ein rechtsfähiger, als qualifizierte Einrichtung i. S. d. § 4 UKlaG eingetragener Verein, dessen satzungsmäßige Zwecke und Aufgaben u. a. in der Bekämpfung unlauterer geschäftlicher Handlungen einschließlich Durchführung gerichtlicher Maßnahmen bestehen.
3
Die Beklagte betreibt ein Immobilienmaklerunternehmen und bewirbt im Rahmen ihrer Geschäftsfähigkeit u.a. unter der zu ihrem Unternehmen gehörenden Domain  Immobilien.
4
Zur Bewerbung der sich aus der streitgegenständlichen Anzeige ergebenden Immobilie hatte die Beklagte eine kombinierte online-/Print-Anzeige im Immobilien Markt der SZ gebucht. Diese umfasste die einmalige Veröffentlichung der Anzeige im Immobilienteil der Printausgabe der SZ, Wochenendausgabe vom 9./10.07.2022 neben der Veröffentlichung eines Exposé so wie einer Anzeige, die bei den Übersichten oder im Rahmen einer Suche angezeigt wird (Anlage K2) im online Immobilienmarkt der SZ. Die Anzeige war mit dem Exposé dahingehend verlinkt, dass dieses beim Anklicken der Anzeige angezeigt wurde. In der Print-Anzeige war der Link an gegeben, unter dem das Exposé online abgerufen werden konnte.
5
Die Beklagte hat die streitgegenständliche Immobilie zusätzlich auf der von ihr betriebenen Internetseite in der aus der Anlage K3 ersichtlichen Art und Weise beworben.
6
Für die streitgegenständliche Immobilie lag zum Zeitpunkt der Anzeigenschaltung ein Energieausweis vor. Die nach § 87 Abs. 1 Ziffern 1, 2 und 3 Gebäudeenergiegesetz (GEG) vorgeschriebenen Pflichtangaben zu der Art des Energieausweises (Energiebedarfsausweis im Sinne von § 81 oder Energieverbrauchsausweis im Sinne von § 82 GEG), zu dem im Energieausweis genannten Wert des Endenergiebedarfs oder Endenergieverbrauchs und zu den im Energieausweis genannten wesentlichen Energieträgern für die Heizung des Gebäudes die streitgegenständliche Immobilie betreffend waren lediglich in dem Exposé, nicht aber in der Anzeige auf der eigenen Internetseite, in der (Übersichts-)Anzeige oder der print-Anzeige enthalten.
7
Der Kläger hat die Beklagte mit Schreiben vom 21.07.2022 auf die aus seiner Sicht bestehenden Wettbewerbsverstöße aufmerksam gemacht und die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie Zahlung der für die Abmahnung angefallenen pauschalen Abmahnkosten gefordert.
8
Die Beklagte hat eine auf den Wettbewerbsverstoß auf ihrem Internetauftritt am 14.07.2022 beschränkte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben und die Abgabe weiterer Unterlassungserklärungen sowie die Zahlung der geltend gemachten Abmahnkostenpauschale abgelehnt.
9
Der Kläger hat die eingeschränkte Unterlassungserklärung mit Klageschrift vom 25.12.2022, dort Seite 9 (Blatt 9 der Akte) angenommen.
10
Der Kläger vertritt die Auffassung, dass ihm gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch wegen der print-Anzeige unter dem Gesichtspunkt der Irreführung durch Vorenthalten wesentlicher Informationen gegen die Beklagte zustehe. Die durch § 87 Abs. 1 GEG vorgeschriebenen Pflichtangaben müssten in der Anzeige selbst enthalten sein. Der in der Anzeige enthaltene Link sei für die Erfüllung der sich aus der Vorschrift ergebenden Verpflichtungen nicht ausreichend. Es ergebe sich bereits nicht, dass über den Link die Pflichtangaben aufrufbar seien. Selbst wenn dies der Fall wäre könne der Werbende nicht davon ausgehen, dass der von der Werbung Angesprochene über die Möglichkeit verfüge, um die Pflichtangaben im Internet zu suchen.
11
Die Wiederholungsgefahr sei durch die abgegebene eingeschränkte Unterlassungserklärung nicht entfallen, da diese sich nur auf den Wettbewerbsverstoß auf der Internetseite der Beklagten beziehe und die Wettbewerbswidrigkeit übrigen ausdrücklich bestritten worden sei.
12
Der Kläger habe darüber hinaus ein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten aus § 13 Abs. 3 UWG.
13
Der Kläger beantragt zuletzt,
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihren geschäftsführenden Gesellschaftern, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in kommerziellen Medien eine Immobilienanzeige für eine Wohnimmobilie, für die zum Zeitpunkt der Anzeigenaufgabe ein Energieausweis vorliegt, vor deren Verkauf zu veröffentlichen, ohne sicherzustellen, dass diese Anzeige Angaben zu der Art des Energieausweises (Energiebedarfsausweis im Sinne von § 81 oder Energieverbrauchsausweis im Sinne von § 82 GEG), zu dem im Energieausweis genannten Wert des Endenergiebedarfs oder Endenergieverbrauchs für das Gebäude und zu den im Energieausweis genannten wesentlichen Energieträgern für die Heizung des Gebäudes enthält, wenn dies geschieht wie in einer Immobilienanzeige der Beklagten in der Süddeutschen Zeitung, Ausgabe vom 09./10.07.2022, für die Wohnimmobilie „Einfamilienhaus in Geisenfeld, ca. 180 m² Wohnfläche“ zum Kaufpreis von 1,295 Mio. EUR, wiedergegeben wie folgt:
„Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 228,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. hieraus seit 19.01.2023 zu bezahlen.“
14
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
15
Sie wendet sich gegen den ihr gegenüber geltend gemachten Unterlassungsanspruch mit dem Hinweis darauf, dass nicht isoliert auf die Anzeige in der Printausgabe abgestellt werden könne, sondern diese vielmehr als Bestandteil des gesamten Anzeigenpakets gesehen werden müsse. Für die Erfüllung der sich aus § 87 Abs. 1 GEG ergebenden Verpflichtung sei es ausreichend wenn die geforderten Angaben bei einer Anzeige, die wie im vorliegenden Fall aus mehreren Teilen bestehe, in einem davon enthalten seien.
16
Ein Vorenthalten wesentlicher Angaben im Sinne des § 5 Abs. 2 UWG sei nicht gegeben. Der Erhalt der maßgeblichen Angaben sei durch den in der Printausgabe enthaltenen Link sichergestellt. Ein ernsthafter Interessent werde daher den in der Anzeige genannten Link aufrufen, um sich über die in der Anzeige selbst nicht enthaltenen Angaben zu informieren.
17
Eine Unlauterkeit sei aber auch deswegen zu verneinen, weil nicht ansatzweise ersichtlich sei, dass ein Interessent allein auf Grundlage der in der Printanzeige enthaltenen Informationen eine geschäftliche Entscheidung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nummer 1 UWG treffen könne. Die Anzeige könne daher allenfalls das Interesse an der Immobilie wecken und ihn dazu veranlassen, sich näher zu informieren.
18
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
19
Das Gericht hat mündlich zur Sache verhandelt. Auf das Protokoll der mündliche Verhandlung vom 02.05.2023 (Blatt 55/57 der Akte) wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

20
Die zulässige Klage erweist sich vollumfänglich als begründet. Dem Kläger stehen gegen die Beklagte sowohl der von ihm geltend gemachte Unterlassungsanspruch, als auch der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten zu.
21
1. Die Aktivlegitimation des Klägers nach § 8 Abs. 3 Nummer 2 UWG steht zwischen den Parteien außer Streit.
22
Die Passivlegitimation der Beklagten ergibt sich aus ihrer Eigenschaft als Verantwortliche für die beanstandete Werbeanzeige in der Wochenendausgabe der SZ.
23
2. Der Klägerin steht der von ihr geltend gemachte Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs nach §§ 8 Abs. 1, 3a, 5a Abs. 2, Abs. 4 UWG in Verbindung mit § 87 Abs. 1 GEG zu.
24
2.1. Bei der am 01.11.2020 in Kraft getretenen Regelung des § 87 Abs. 1 GEG, die an die Stelle des bis dahin geltenden § 16a EnEV getreten ist (BT-Drs. 19/16716 Seite 152; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 40. Aufl. 2022, UWG § 3a Rn. 1.213d), handelt es sich wie bei der Vorgängervorschrift um eine Marktverhaltensregel (für § 16a EnEV: BGH, Urteil vom 5. Oktober 2017 – I ZR 232/16 –, Rn. 12 m.w.N., juris; OLG Frankfurt GRUR-RR 2021, 324). Die dort getroffene Regelung soll ebenso wie ihre Vorgängervorschrift gewährleisten, dass die Verbraucher über die Energieeffizienz der beworbenen Immobilie informiert werden und ihre Entscheidung, ob sie diese erwerben oder mieten, in voller Sachkenntnis treffen können.
25
Entgegen der Vorgängerregelung sind im Rahmen von § 87 GEG auch Immobilienmakler und damit die Beklagte Adressaten der Bestimmung.
2.2. Die Beklagte verstieß mit ihrer Werbung vom 15.11.2021 auf der von ihr betriebenen Domain gegen die sie als Immobilienmaklerin treffenden Verpflichtungen aus § 87 Abs. 1 GEG.
26
Nach dieser Vorschrift hat der Immobilienmakler, der vor dem Verkauf, der Vermietung, der Verpachtung oder dem Leasing eines Gebäudes, einer Wohnung oder einer sonstigen selbstständigen Nutzungseinheit die Veröffentlichung einer Immobilienanzeige in kommerziellen Medien verantwortet, bei Vorliegen eines Energieausweises sicherzustellen, dass diese die in der Vorschrift kumulativ und gleichwertig genannten 5 Pflichtangaben zum (vorhandenen) Energieausweis enthält. Hiergegen hat die Beklagte verstoßen, indem sie in der auf ihrer domain geschalteten und damit von ihr zu verantwortenden Immobilienanzeige, weder Angaben zur Art des Energieausweises (§ 87 Abs. 1 Nummer 1 GEG), noch zum Wert des Endenergiebedarfs oder Endenergieverbrauchs für das Gebäude (§ 87 Abs. 1 Nummer 2 GEG), noch zu der im Energieausweis genannten Energieeffizienzklasse (§ 87 Abs. 1 Nummer 5 GEG) gemacht hat.
27
Zwischen den Parteien unstreitig lag zum Zeitpunkt der Schaltung der Anzeige für die beworbene Immobilie auch ein Energieausweis vor.
28
Die von dem Kläger beanstandete Anzeige in der Wochenendprintausgabe der SZ enthaltene Werbung enthielt keine der in § 87 Abs. 1 GEG genannten Angaben.
29
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist diese der sie treffenden Verpflichtung aus § 87 Abs. 1 GEG nicht dadurch nachgekommen, dass sie die dort genannten Angaben in das Exposé aufgenommen und auf dieses über den in der Anzeige enthaltenen link hingewiesen hat.
30
Mit der Klägerseite geht das Gericht davon aus, dass die Beklagte die Verpflichtungen aus § 87 Abs. 1 GEG bezüglich jeder einzelnen von ihr geschalteten Anzeige treffen und sie damit verpflichtet war, die entsprechenden Angaben auch und gesondert in der Printanzeige niederzulegen.
31
Die von der Beklagten angenommene Sichtweise, dass es einer Aufnahme der Angaben in die Anzeige nicht bedurfte, weil diese bereits in dem Exposé enthalten waren, findet bereits im Wortlaut des § 87 Abs. 1 GEG keinen Niederschlag. Sie ist auch unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm nicht nachvollziehbar. Die von der Beklagten an den Tag gelegte Sichtweise lässt die Verbraucher, die alleine von der Anzeige Kenntnis nehmen, die die entsprechenden Angaben nicht enthält, ungeschützt. Sie stellt mit ihrer Sichtweise auf ein von ihr veranlasstes Gesamtpaket auf eine Information ab, die dem Adressaten der jeweiligen Werbung, dessen Schutz § 87 Abs. 1 GEG bezweckt, nicht zur Verfügung steht.
32
Nach Auffassung des Gerichts konnte die Beklagte der sie treffenden Verpflichtung auch nicht mit dem von ihr angegebenen Link, der zu dem Exposé mit den entsprechenden Angaben führte, nachkommen. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des BGH vom Gesetz geforderte und für den Verbraucher wesentliche Angaben nicht notwendigerweise in der die Produktwerbung enthaltenden Internetseite enthalten sein müssen, sondern es ausreichend sein kann, wenn sich diese auf einer gesonderten Internetseite befinden, auf die durch einen link verwiesen wird (BGH, Urteil vom 4. Februar 2016 – I ZR 181/14 –, Rn. 24, juris) oder die notwendigerweise aufgerufen werden muss (BGH, Urteil vom 4. Oktober 2007 – I ZR 143/04 –, Rn. 31, juris). Die Gewährleistung der vom Gesetzgeber beabsichtigten Information des Werbeempfängers über die in § 87 Abs. 1 GEG enthaltenen Informationen erfordert es allerdings, dass die Wahrnehmung der Pflichtangaben dem Adressaten keinen zusätzlichen Aufwand oder besonderen Einsatz abfordert (BGH, Urteil vom 6. Juni 2013 – I ZR 2/12 –, Rn. 15, juris). Es gilt das Erfordernis, dass die Pflichtangaben ohne besondere Konzentration und Anstrengung wahrgenommen werden können (BGH, Beschluss vom 18. April 1996 – I ZR 108/93- Rn. 15, juris). Bei der Bestimmung dessen, was ohne besondere Konzentration und Anstrengung wahrgenommen werden kann, sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalls maßgebend, namentlich die Besonderheiten des Werbemediums (BGH, Urteil vom 6. Juni 2013 – I ZR 2/12 –, Rn. 17, juris).
33
Diesen Erfordernissen wird in der vorliegenden Gestaltung einer kombinierten Print-/Internetwerbung mit dem Link zum Exposé keine ausreichende Rechnung getragen. Nach Auffassung des Gerichts fehlt es in der Printausgabe bereits an einem klar erkennbaren Verweis, der unzweideutig darauf hinweist, dass der Nutzer über ihn zu den Pflichtangaben nach § 87 Abs. 1 GEG gelangen kann. Der Verweis in der Printausgabe führt darüber hinaus nur durch Einschaltung eines weiteren Mediums zu den notwendigen Pflichtangaben und ist bereits deshalb nicht geeignet, dem Verbraucher die Wahrnehmung der Pflichtaufgaben ohne besonderen Aufwand zu ermöglichen.
34
2.3. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt auch eine spürbare Beeinträchtigung vor (so für die alte Rechtslage auch OLG München 6 U 4725/15 – Rn. 74; OLG Hamm I-4 U 137/15 – Rn.107, juris).
35
Von einer spürbaren Beeinträchtigung der Interessen der Verbraucher ist dann auszugehen, wenn der Verstoß geeignet ist, den durchschnittlichen Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 40. Aufl. 2022, UWG § 3a Rn. 1.103).
36
„Geschäftliche Entscheidung“ ist jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden (§ 2 Abs. 1 Nr. 9 UWG).
37
Die in Rede stehenden Informationen benötigt der Verbraucher, um beurteilen zu können, ob das angebotene Objekt seinen Erwartungen in energetischer Hinsicht entspricht. Das Vorenthalten der betreffenden Informationen ist geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
38
Der Begriff „geschäftliche Entscheidung“ erfasst außer der Entscheidung über den Erwerb oder Nichterwerb auch damit unmittelbar zusammenhängende Entscheidungen wie insbesondere das Betreten eines Geschäfts oder die Kontaktaufnahme zum Immobilienmakler zu dem Zweck, die Immobilie zu erwerben oder zu mieten.
39
Die unzureichende Information kann den Verbraucher zu falschen Vorstellungen über den Energieverbrauch der beworbenen Immobilie veranlassen und deshalb zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlassen, die er bei richtiger Information über den Verbrauch nicht getroffen hätte. Im Fall frühzeitiger vollständiger Information über den Energieverbrauch hätte er gegebenenfalls davon abgelassen, diesem Angebot näherzutreten. Die unzureichenden energiebezogenen Informationen können den Verbraucher dazu veranlassen, aufgrund der Immobilienanzeige Kontakt zu der Beklagten im Hinblick auf den Erwerb der angebotenen Immobilie aufzunehmen. Diese Entscheidung hätte der Verbraucher gegebenenfalls nicht getroffen, wenn er sich anhand der in § 87 GEG vorgesehenen, antragsgegenständlichen Angaben näher über die energiebezogenen Eigenschaften der Immobilie hätte informieren können (so auch für § 16 EnEV BGH Urteil vom 05.10.2017- I ZR 4/17 Rz. 37).
40
3. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Abmahnkosten gemäß § 13 Abs. 3 UWG.
41
Die Abmahnung des Klägers war berechtigt und begründet. Die angesetzten Abmahnkosten sind weder im Hinblick auf die Form der Geltendmachung noch die Höhe zu beanstanden.
42
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
43
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO