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OLG München, Endurteil v. 03.03.2023 – 38 Sch 61/21 WG
Titel:

Festsetzung eines Gesamtvertrages über die Kabelweitersendung von Fernseh- und/oder Hörfunkprogrammen

Normenketten:
VGG § 92 Abs. 2, § 129 Abs. 1
UrhG § 20b Abs. 2
Leitsatz:
Zur Festsetzung eines Gesamtvertrages über die Kabelweitersendung von Fernseh- und/oder Hörfunkprogrammen in der Netzebene 4 (Rn. 46 – 194) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagwort:
Verwertungsgesellschaft
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Urteil vom 25.07.2024 – I ZR 27/23
Fundstellen:
GRUR-RS 2023, 10903
ZUM 2023, 841
LSK 2023, 10903

Tenor

I. Zwischen den Parteien wird folgender Gesamtvertrag zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht der Weitersendung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen gemäß §§ 87 Abs. 1 Nr. 1, 20b UrhG für die Zeit ab dem 1. Januar 2018 festgesetzt:
Gesamtvertrag
zwischen
C. M. GmbH, ...
– nachstehend „C. M.“ genannt –
und
A. Der Breitbandverband e.V., ...
– nachstehend „A.“ genannt –
§ 1 Vertragsparteien
1. Die C. M. ist eine Verwertungsgesellschaft mit dem Zweck, die Urheber- und Leistungsschutzrechte, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben, für Medienunternehmen, insbesondere Hörfunk- und Fernsehsendeunternehmen, wahrzunehmen. Sie nimmt gegenwärtig die vertragsgegenständlichen Rechte der in Anlage 2 genannten Hörfunk- und Fernsehsendeunternehmen mit ihren dort verzeichneten Programmen wahr.
2. Der A... ist ein Verband von Betreibern von Breitbandnetzen. Zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben zählt der Abschluss urheberrechtlicher Gesamtverträge.
3. Netzbetreiber sind die Mitgliedsunternehmen des A.. Sie betreiben in Deutschland leitungsgebundene Breitbandnetze, in die sie drahtlos oder leitungsgebunden empfangene Fernseh- und/oder Hörfunkprogramme einspeisen und weitersenden. Die Programme werden entweder unmittelbar an die angeschlossenen Haushalte übertragen oder aber an andere Netzbetreiber weitergegeben.
§ 2 Einräumung von Nutzungsrechten
Die C. M. räumt den Netzbetreibern durch Abschluss von Einzelverträgen gemäß dem in Anlage 1 beigefügten Einzelvertragsmuster alle von ihr während der Vertragslaufzeit wahrgenommenen Rechte ein, um die Fernseh- und Hörfunkprogramme ihrer Wahrnehmungsberechtigten leitungsgebunden innerhalb der Bundesrepublik Deutschland weiterzusenden. Das Vertragsmuster nach Anlage 1 ist Bestandteil dieses Gesamtvertrages. Die Rechteeinräumung erfolgt rückwirkend zum 01.01.2018.
§ 3 Vertragshilfe
Der A. gewährt der C. M. Vertragshilfe. Diese umfasst folgende Maßnahmen:
1. Der A. wird der C. M. bei Abschluss des Vertrags ein aktuelles Verzeichnis mit den Anschriften seiner Mitgliedsunternehmen mit Angabe der ihm benannten Ansprechpartner aushändigen und jede spätere Veränderung laufend schriftlich mitteilen.
2. Der A. empfiehlt seinen Mitgliedsunternehmen, einen Einzelvertrag abzuschließen und den vertraglichen Verpflichtungen fristgemäß nachzukommen, insbesondere vollständige Abrechnungen anhand des jeweils anzuwendenden Lizenzsatzes vorzulegen und die vereinbarte Vergütung zu zahlen.
3. Der A. wird die Erfüllung des Gesamtvertrags und der Einzelverträge durch geeignete Aufklärungsarbeiten erleichtern.
4. Der A. mahnt Mitgliedsunternehmen, die ihre Vertragspflichten nicht fristgemäß einhalten, innerhalb von 14 Tagen nach einem entsprechenden schriftlichen Hinweis der C. M. schriftlich zur sofortigen Erfüllung unter Schilderung der möglichen Folgen für das Mitgliedsunternehmen an.
§ 4 Meinungsverschiedenheiten
1. Im Fall von Meinungsverschiedenheiten zwischen der C. M. und einem Mitgliedsunternehmen des A. über den Vollzug der Verträge wirkt der A. zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten auf eine gütliche Einigung hin. Wird diese Einigung nicht innerhalb eines Monats nach der schriftlichen Anrufung des A. durch die C. M. bzw. eines Mitgliedsunternehmens des A. erreicht, kann der ordentliche Rechtsweg beschritten werden.
2. Will die C. M. von ihren Einsichtsrechten nach § 6 Ziffer 5 des Einzelvertrags Gebrauch machen, so wird sie vorher den A. über den zugrundeliegenden Sachverhalt informieren.
§ 5 Gleichbehandlung; Meistbegünstigung
Räumt die C. M. einem anderen Netzbetreiber oder einer anderen Vereinigung von Netzbetreibern während der Laufzeit dieses Vertrags für die vertragsgegenständlichen Rechteeinräumungen und -abgeltungen günstigere Vergütungssätze oder sonstige günstigere Bedingungen ein als in diesem Vertrag oder im Einzelvertrag vereinbart, gelten die günstigeren Bedingungen auch für den A. und seine Mitglieder.
§ 6 Vertragsdauer
1. Der Vertrag wird für die Zeit vom 01.01.2018 bis 31.12.2028 geschlossen. Er verlängert sich um jeweils ein Jahr, wenn er nicht drei Monate vor Ablauf von einer der beiden Parteien schriftlich gekündigt wird.
2. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt unberührt. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn eine Partei eine wesentliche Pflicht aus diesem Vertrag verletzt hat und eine zur Abhilfe bestimmte Frist von mindestens 15 Werktagen erfolglos abgelaufen ist. Die Frist beginnt mit Zugang eines entsprechenden Mahnschreibens bei der jeweils anderen Partei, welches mittels eingeschriebenen Briefs zuzustellen ist.
§ 7 Schlussbestimmungen
1. Mündliche Nebenabreden sind nicht getroffen.
2. Änderungen, Ergänzungen oder die Aufhebung dieses Vertrags, einschließlich der Aufhebung des Schriftformerfordernisses, bedürfen für ihre Rechtswirksamkeit der Schriftform.
3. Sollte eine oder mehrere Klauseln dieses Vertrags unwirksam sein, so wird die Wirksamkeit des Vertrags im Übrigen dadurch nicht berührt. An die Stelle der unwirksamen Klausel tritt eine Klausel, die dem Sinn der zu ersetzenden Klausel am nächsten kommt.
Anlage 1 zum Gesamtvertrag
Einzelvertrag
zwischen
der C. M. GmbH, ...
– nachstehend „C. M.“ genannt –
und
[Firma A.-Mitglied]
– nachstehend „Netzbetreiber“ genannt –
§ 1 Vertragsparteien
1. Die C. M. ist eine Verwertungsgesellschaft mit dem Zweck, die Urheber- und Leistungsschutzrechte, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben, für Medienunternehmen, insbesondere Hörfunk- und Fernsehsendeunternehmen, wahrzunehmen. Sie nimmt gegenwärtig die vertragsgegenständlichen Rechte der in Anlage 2 genannten Hörfunk- und Fernsehsendeunternehmen mit ihren dort verzeichneten Programmen wahr.
2. Der A. ist ein Verband von Betreibern von Breitbandnetzen. Zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben zählt der Abschluss urheberrechtlicher Gesamtverträge.
3. Der Netzbetreiber ist Mitgliedsunternehmen des A.. Er betreibt in Deutschland leitungsgebundene Breitbandnetze, in die er drahtlos oder leitungsgebunden empfangene Fernseh- und/oder Hörfunkprogramme einspeist und weitersendet. Die Programme werden entweder unmittelbar an die angeschlossenen Haushalte übertragen oder aber an andere Netzbetreiber weitergegeben.
§ 2 Einräumung von Nutzungsrechten
1. Die C. M. räumt dem Netzbetreiber alle von ihr während der Vertragslaufzeit wahrgenommenen Rechte ein, um die Fernseh- und Hörfunkprogramme ihrer Wahrnehmungsberechtigten leitungsgebunden innerhalb der Bundesrepublik Deutschland weiterzusenden.
2. Die Einspeisung und Weitersendung der Programme nach diesem Vertrag muss zeitgleich, vollständig und unverändert erfolgen. Dies steht in Einzelfällen einer technisch notwendigen Frequenzumsetzung und -aufbereitung nicht entgegen.
3. Die Rechteeinräumung ist nicht auf einen bestimmten Übertragungsstandard (z.B. analog, digital. PAL, DVB, IP) eine bestimmte Übertragungsqualität (z.B. SD, HD) oder bestimmte Netztechniken (Kupfer, Koaxial. Glasfaser) beschränkt. Sie umfasst im Hinblick auf die Weitersendung die den Urhebern und Leistungsschutzberechtigten aufgrund des Urheberrechtsgesetzes oder aufgrund internationaler Verträge in Bezug auf Hörfunk- und Fernsehprogramme zustehenden oder von ihnen wahrgenommenen Urheberrechte oder verwandten Schutzrechte.
4. Die C. M. stellt den Netzbetreiber in dem in Absätzen 1 und 3 genannten Umfang von allen urheber- und leistungsschutzrechtlichen Ansprüchen der von ihr vertretenen Sendeunternehmen für die Laufzeit des Vertrags frei.
§ 3 Vorbehaltene Rechte
1. Die dem Netzbetreiber durch diesen Vertrag eingeräumten Nutzungsrechte sind nicht übertragbar. Der Netzbetreiber ist jedoch befugt, die Programmsignale „rechtefrei“ an andere an sein Netz angeschlossene Kabelnetzbetreiber („Netzebene-4-Betreiber“) weiterzugeben.
2. Ein Recht zur Aufzeichnung der weiterübertragenen Sendungen und ein Recht zur öffentlichen Wiedergabe im Sinne von § 22 des Urheberrechtsgesetzes (d.h. zur öffentlichen Wahrnehmbarmachung der weitergesendeten Sendungen durch Bildschirm, Lautsprecher oder ähnliche technische Einrichtungen) werden durch diesen Vertrag nicht eingeräumt.
§ 4 Vergütung
1. Die Vergütung für die Rechteeinräumung gemäß § 2 beträgt 0,90 Prozent der Bemessungsgrundlage (§ 5) bei der Erhebung von Einspeiseentgelten und 0,81 Prozent, wenn der Netzbetreiber von den in Anlage 2 genannten privaten Sendeunternehmen nachweislich keine Einspeiseentgelte oder sonstige Zahlungen erhebt.
Zusätzlich zu der Vergütung wird die gesetzliche Umsatzsteuer geschuldet.
2. Auf die Vergütung nach Absatz 1 wird ein Gesamtvertragsrabatt in Höhe von 20 Prozent gewährt, solange der Netzbetreiber Mitglied des A... ist.
3. Der Vergütungssatz beruht auf dem tariflich ausgewiesenen Rechtebestand der C. M. zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Bei erheblichen Veränderungen dieses Rechtebestands (über ± 10 Prozent bezogen auf den bei Vertragsschluss geltenden Verteilungsplan der C. M.) wird der Vergütungssatz entsprechend angepasst. Die C. M. wird die A... über entsprechende Änderungen im Rechtebestand unverzüglich informieren. Ergeben sich Erhöhungen von mehr als 15 Prozent, steht dem Netzbetreiber ein fristloses Sonderkündigungsrecht zu, von dem er bis zum Ablauf des dritten Monats nach der Mitteilung der C. M. durch Erklärung der Kündigung gegenüber der A... Gebrauch machen kann.
§ 5 Bemessungsgrundlage
1. Die Bemessungsgrundlage besteht aus den um die gesetzliche Umsatzsteuer bereinigten Umsätzen des Netzbetreibers, die er und die im Sinne von § 15 AktG mit ihm konzernverbundenen Netzebene 3- und Netzebene 4-Betreiber („Verbundene Unternehmen“) durch die Weitersendung erwirtschaften („Entgelte“). Dies sind insbesondere die Umsätze, die entstehen, indem die Endkunden an den Netzbetreiber eine Vergütung entrichten. Weitere Umsätze in Zusammenhang mit der Nutzung sind mit einzubeziehen.
Mit einzubeziehen sind des Weiteren die Umsätze, die der Netzbetreiber aus der rechtefreien Zurverfügungstellung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen an fremde Netzebene-4-Betreiber erwirtschaftet („Signallieferungsentgelte“). Ähnliche geldwerte Vorteile stehen den Signallieferungsentgelten gleich.
Der Umsatz ist vom Netzbetreiber schriftlich nachzuweisen. Signallieferungsentgelte rechnet der Netzbetreiber auf Basis von mindestens EUR 5,00 pro Netzebene-4-Kunde und Monat ab.
In die Bemessungsgrundlage fallen auch die Umsätze aus der Verbreitung von HD-FreeTV-Programmen, die wiederkehrend oder anderweitig für die gesonderte Freischaltung oder den monatlichen oder jährlichen Bezug eines digitalen HD-Free-TV Pakets oder aus anderen Gründen von Endkunden erwirtschaftet werden, es sei denn, es handelt sich um Pay-TV-Angebote.
Keine Vergütung beansprucht die C. M. aus Entgelten, die der Netzbetreiber über Anlagen erwirtschaftet, die über keine eigene Kopfstelle verfügen, sondern für die er die Programmsignale allein von einem anderen Netzbetreiber bezieht.
2. Nicht in die Bemessungsgrundlage fallen folgende Umsätze:
a) Einnahmen, die nachweislich nicht im Zusammenhang mit der Weitersendung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen erzielt werden, insbesondere Umsätze aus der Vermarktung und dem Vertrieb von Internetzugang, Telefonie, der Weitersendung von Pay-TV-Angeboten sowie der Weitersendung von Teleshoppingangeboten;
b) Umsätze aus der Vermarktung von ausländischen Programmen, welche der Netzbetreiber gegen programmbezogenes Entgelt vermarktet, auch wenn sie in ihrem Ursprungsland als Free-TV vermarktet werden.
3. Werden Endkunden vom Netzbetreiber mit Fernseh- und Hörfunkprogrammen zu einem einheitlichen Preis mit Internetzugangsdienstleistungen und/oder Telefondiensten versorgt (Produktbündel), entspricht der für diese Endkunden des Netzbetreibers in die Bemessungsgrundlage einzustellende Betrag dem nach den für den jeweiligen Netzbetreiber und seine Organisationsform (GmbH, Verein, etc.) anwendbaren anerkannten Rechnungslegungsstandards auf die Kabelweitersendung entfallenden Anteil am Gesamtentgelt der so versorgten Endkunden. Soweit die vom Netzbetreiber abgerechnete, auf Fernseh- und Hörfunkprogramme entfallende Bemessungsgrundlage nicht mindestens EUR 8,75 pro Einzelnutzer-Endkunde und pro Monat beträgt, ist der Netzbetreiber verpflichtet, einem gemeinsam von den Parteien innerhalb eines Monats zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer die Herleitung und Aufstellung sämtlicher geldwerter Vorteile aus der Verwertung der Fernseh- und Hörfunkprogramme innerhalb dieser UmsatzGruppe nachzuweisen. Sollten sich die Parteien nicht innerhalb eines Monats auf einen Wirtschaftsprüfer verständigen, wird der Wirtschaftsprüfer von der Wirtschaftsprüferkammer festgelegt. Die Kosten des Wirtschaftsprüfers trägt der Netzbetreiber, falls die Abrechnung um mehr als 5 Prozent zu seinen Lasten korrigiert werden muss, andernfalls trägt die C. M. die Kosten.
Die vorgenannten Regelungen gelten entsprechend, wenn das Produktbündel neben Fernseh- und/oder Hörfunkprogrammen auch andere Zusatzleistungen zu einem einheitlichen Preis umfasst, z.B. Mobilfunk, Pay-TV, HD-Free-TV-Programme oder Video on Demand.
4. Für den Fall, dass der Netzbetreiber die Höhe der Entgelte nicht oder nicht schlüssig und objektiv nachvollziehbar schriftlich nachweist, ist eine pauschale Bemessungsgrundlage in Höhe von EUR 8,75 pro Endkunde und Monat als Entgelt zugrunde zu legen.
5. Ob einer der vorstehend vereinbarten Beträge unterschritten wird, ist anhand einer Gesamtbetrachtung aller Vertragsbeziehungen vorzunehmen, auf die der jeweilige Betrag Anwendung findet. Dafür wird der Gesamtumsatz der betroffenen Vertragsbeziehungen durch die Anzahl der über diese Vertragsbeziehungen versorgten Haushalte geteilt. Die Anzahl der Haushalte wird dadurch berechnet, dass die Anzahl der Haushalte zu Beginn des Abrechnungszeitraums mit der Anzahl zum Beginn des folgenden Abrechnungszeitraums addiert und sodann durch zwei geteilt wird.
§ 6 Zahlungsweise
1. Der Netzbetreiber zahlt an die C. M. quartalsweise aufgrund der Umsätze des jeweils vorangegangenen Kalenderquartals. Die Abrechnung (Gutschrift) und Zahlung erfolgt – ohne gesonderte Rechnungsstellung – innerhalb von 30 Tagen nach Ablauf des jeweiligen Kalenderquartals auf das Geschäftskonto der C. M. bei der D. B. AG B., Konto-Nr.: ..., BLZ: ..., BIC/SWIFT-Code): ..., IBAN: DE: ....
2. Der Netzbetreiber übersendet bis zum 31. März des jeweils folgenden Geschäftsjahres eine Aufstellung der Umsätze gemäß § 5 Abs. 1 unter Angabe der jeweiligen Haushaltszahlen unaufgefordert an die C. M.. Die C. M. verpflichtet sich, die Aufstellungen nur zu internen Zwecken zu verwenden und Dritten, soweit sie nicht gesetzlich dazu verpflichtet sind (z.B. Wirtschaftsprüfern gegenüber), keinerlei Kenntnis von dem Inhalt zu geben. Sich danach ergebende Über- bzw. Unterzahlungen werden mit der Zahlung für das nächste Kalenderquartal verrechnet.
3. Für den Fall, dass es sich bei dem Netzbetreiber um ein nach § 316 Abs. 1 HGB prüfungspflichtiges Unternehmen handelt, ist die Übereinstimmung der Aufstellung mit den Büchern durch einen Wirtschaftsprüfer bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Geschäftsjahres zu bestätigen. Soweit ein Netzbetreiber nicht prüfungspflichtig ist, genügt die Bestätigung eines Steuerberaters.
4. In der Aufstellung werden keine Angaben zu nicht vertragsgegenständlichen Umsätzen (z.B. Telefonie, Internet) gemacht.
5. Auf Wunsch der C. M. wird der Netzbetreiber zu Einzelpositionen der für die Vergütung und Abrechnung relevanten Faktoren nähere Angaben machen. Bei berechtigten Zweifeln hat die C. M. ein Einsichtsrecht in die relevanten Unterlagen des Netzbetreibers. Die C. M. ist zur Verschwiegenheit über die hierbei bekanntwerdenden Tatsachen verpflichtet. Die tatsächlichen Anhaltspunkte für die Zweifel sind konkret zu benennen. Das Einsichtsrecht ist ausschließlich durch einen gemeinsam von den Parteien innerhalb eines Monats zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer auszuüben. Sollten sich die Parteien nicht innerhalb eines Monats auf einen Wirtschaftsprüfer verständigen, wird der Wirtschaftsprüfer von der Wirtschaftsprüferkammer festgelegt. Der Netzbetreiber kann die Kontrolle abwenden, wenn er innerhalb eines Monats die Bestätigung eines Wirtschaftsprüfers oder eines von beiden Parteien anerkannten anderen Sachverständigen vorlegt, welche die betreffenden Zweifel beseitigt. Die hierdurch entstehenden Kosten trägt der Netzbetreiber, falls die Abrechnung um mehr als 5 Prozent zu seinen Lasten korrigiert werden muss, andernfalls die C. M..
§ 7 Gleichbehandlung; Meistbegünstigung
Räumt die C. M. einem anderen Netzbetreiber oder einer anderen Vereinigung von Netzbetreibern während der Laufzeit dieses Vertrags für die vertragsgegenständlichen Rechteeinräumungen und -abgeltungen günstigere Vergütungssätze oder sonstige günstigere Bedingungen ein als in diesem Vertrag oder im Einzelvertrag vereinbart, gelten die günstigeren Bedingungen auch für den Netzbetreiber.
§ 8 Vertragsdauer
1. Der Vertrag wird für die Zeit vom 01.01.2018 bis 31.12.2028 geschlossen. Er verlängert sich um jeweils ein Jahr, wenn er nicht drei Monate vor Ablauf von einer der beiden Parteien schriftlich gekündigt wird.
2. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt unberührt. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn eine Partei eine wesentliche Pflicht aus diesem Vertrag verletzt hat und eine zur Abhilfe bestimmte Frist von mindestens 15 Werktagen erfolglos abgelaufen ist. Die Frist beginnt mit Zugang eines entsprechenden Mahnschreibens bei der jeweils anderen Partei, welches mittels eingeschriebenen Briefs zuzustellen ist.
§ 9 Abwicklungsregelung
Für die Klärung der vom Netzbetreiber für die Zeit ab dem 01.01.2018 geschuldeten Lizenzbeträge vereinbaren die Parteien folgendes Vorgehen:
1. Es wird zunächst der Gesamtleistungsbetrag ermittelt. Der Gesamtleistungsbetrag besteht aus
- mit oder ohne Vorbehalt an C. M. geleistete Zahlungen (geleistete Zahlungen) sowie
- zugunsten von C. M. hinterlegten Beträgen.
2. Es wird der Schuldbetrag errechnet. Der Schuldbetrag ist der Betrag, den der Netzbetreiber nach Maßgabe dieses Einzelvertrages an C. M. zu zahlen hat.
3. Sodann wird die Differenz von Gesamtbetrag und Schuldbetrag (Differenzbetrag) ermittelt. Soweit sich ein Differenzbetrag zugunsten des Netzbetreibers ergibt (Gesamtbetrag > Schuldbetrag), ist der Differenzbetrag von C. M. dem Netzbetreiber zu erstatten, im umgekehrten Fall vom Netzbetreiber an C. M. zu leisten. Soweit der Netzbetreiber Beträge hinterlegt hat und der Schuldbetrag die geleisteten Zahlungen überschreitet, ist hierfür der hinterlegte Betrag so weit an C. M. auszukehren, als es zur vollständigen Begleichung des Schuldbetrages erforderlich ist. Darüber hinaus gehende hinterlegte Beträge sind von C. M. zugunsten des Netzbetreibers freizugeben.
4. Der Netzbetreiber ist verpflichtet, den Schuldbetrag gegenüber C. M. zum Zwecke der Klarstellung insgesamt vorbehaltlos zu stellen.
§ 10 Schlussbestimmungen
1. Mündliche Nebenabreden sind nicht getroffen.
2. Änderungen, Ergänzungen oder die Aufhebung dieses Vertrags einschließlich der Aufhebung des Schriftformerfordernisses bedürfen für ihre Rechtswirksamkeit der Schriftform.
3. Sollte eine oder mehrere Klauseln dieses Vertrags unwirksam sein, so wird die Wirksamkeit des Vertrags im Übrigen dadurch nicht berührt. An die Stelle der unwirksamen Klausel tritt eine Klausel, die dem Sinn der zu ersetzenden Klausel am nächsten kommt.
Anlage 2
zum Einzelvertrag
zum A...-Gesamtvertrag
über die Kabelweitersendung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen

Fernsehprogramme

01. 1-2-3.tv

1-2-3.tv GmbH

02. Bibel TV

Bibel TV Stiftung GmbH

03. blizz

ITV Media Interactive e. K.

04. bw family.tv

bw family.tv GmbH & Co. KG

05. C.A.M.P. TV

CAMP TV Fernsehgesellschaft mbH

06. Chemnitz Fernsehen

F.i.S. – Fernsehen in Sachsen GmbH

07. Deutsches Musik Fernsehen

Deutsches Musik Fernsehen GmbH & Co. KG

08. Disney Channel

The Walt Disney Company (Germany) GmbH

09. DMAX

Discovery Communications Deutschland GmbH & Co. KG

10. Dresden Fernsehen

Fernsehen in Dresden GmbH

11. Family TV

ITV Media Interactive e. K.

12. Folx Music Television

Folx TV d.o.o.

13. Hamburg 1

KG Hamburg 1 Fernsehen Beteiligungs GmbH & Co.

14. HOPE Channel

Stimme der Hoffnung e. V.

15. HSE24

Home Shopping Europe GmbH

16. HSE24 EXTRA

Home Shopping Europe GmbH

17. HSE24 TREND

Home Shopping Europe GmbH

18. kabel eins

ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH

19. kabel eins Doku

ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH

20. Leipzig Fernsehen

videowerkstatt.net GmbH

21. L-TV

L-TV GmbH Landesfernsehen

22. LUXE.TV

Opuntia S.A.

23. Mediashop

Schneider Holding Wirtschaftsprüfungs Gesellschaft mbH

24. MTV

MTV Networks Europe, L.P.

25. N24

WeltN24 GmbH

26. N24 Doku

WeltN24 GmbH

27. NET5

SBS Broadcasting Europe B.V.

28. nickelodeon

MTV Networks Europe

29. Potsdam TV

Potsdam TV GmbH

30. ProSieben

ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH

31. ProSieben Maxx

ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH

32. PULS 4

PULS 4 TV GmbH & Co. KG

33. QVC

QVC Handel LLC & Co. KG

34. QVC BEAUTY & STYLE

QVC Handel LLC & Co. KG

35. QVC PLUS

QVC Handel LLC & Co. KG

36. rheinmaintv

Rhein-Main TV GmbH & Co. KG

37. RNF

Rhein-Neckar Fernsehen GmbH

38. SAT.1

SAT.1 SatellitenFernsehen GmbH

39. SAT.1 Gold

ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH

40. SBS6

SBS Broadcasting Europe B.V.

41. sixx

ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH

42. sonnenklar.TV

Euvia Travel GmbH

43. SPORT1

SPORT1 GmbH

44. TELE 5

TM-TV GmbH

45. TLC

Discovery Communications Deutschland GmbH & Co. KG

46. TV2

MTM-SBS Television Zrt. Company

47. tv....

Godd Media Broadcast GmbH

48. Veronica

SBS Broadcasting Europe B.V.

49. VIVA/COMEDY CENTRAL

VIVA Media GmbH

50. wetter.com TV

wetter.com GmbH

Hörfunkprogramme

01. 104.6 RTL Radio

RTL Radio Center Berlin GmbH

02. 1A Deutsche Hits

SAH Sachsen-Anhalt Hörfunkproduktionsgesellschaft mbH & Co. KG

03. 80s 80s

Regiocast GmbH & Co. KG

04. 89.0 RTL

Funkhaus Halle GmbH & Co. KG

05. 89.2 Radio Potsdam

Brandenburger Lokalradio GmbH

06. 917xfm

alster radio GmbH & Co. KG

07. 94,3 rs2

Radio Information Audio-Service Zwei GmbH

08. 94,5 Radio Cottbus

Lokal-Radio Cottbus GmbH

09. 98.2 RADIO PARADISO

Radio Paradiso GmbH & Co. KG

10. 98.8 KISS FM

KISS FM Radio GmbH & Co. KG

11. alsterradio

rock'n pop alster radio GmbH & Co. KG

12. AlternativeFM

Radio Karlsruhe GmbH & Co. KG

13. Antenne Bad Kreuznach

Antenne Bad Kreuznach GmbH

14. ANTENNE BAYERN

ANTENNE BAYERN GmbH & Co. KG

15. Antenne Kaiserslautern

Antenne Kaiserslautern GmbH

16. ANTENNE KOBLENZ

ANTENNE KOBLENZ GmbH

17. Antenne Landau

Antenne Lokalradios Pfalz GmbH

18. ANTENNE MV

Antenne Mecklenburg-Vorpommern GmbH & Co. KG

19. Antenne ...n

Antenne ... GmbH & Co. KG

20. Antenne ...(Webradios)

Antenne ... GmbH & Co. KG

21. Antenne ...

Antenne Lokalradios ... GmbH

22. ANTENNE ...

ANTENNE ... GmbH & Co. KG

23. BB RADIO

BB RADIO Länderwelle B./Br. GmbH & Co. KG

24. B. Rundfunk 91.4

Neue B. Rundfunk GmbH & Co. KG

25. bigFM Der neue Beat

bigFM in ... GmbH & Co. KG

26. bigFM Hot Music

Radio RPR .... Rundfunk GmbH & Co. KG

27. CityRadio ...

CityRadio ... GmbH

28. delta radio

delta radio GmbH & Co. KG

29. detektor.fm (Webradio)

BEBE medien GmbH

30. die neue welle

Radio .... GmbH & Co. KG

31. ENERGY ....

PBR Privater B. Rundfunk GmbH & Co. KG

32. ENERGY ....

Radio 93,3 MHz ... GmbH

33. ENERGY ....

Netzwerk Programmanbietergesellschaft mbH ... & Co. Betriebs KG

34. ERF Radio

ERF Medien e.V.

35. ffn comedy (Webradio)

Funk & Fernsehen Nordwestdeutschland Marketing und Vertriebs GmbH & Co. KG

36. ffn nur 90er (Webradio)

Funk & Fernsehen Nordwestdeutschland Marketing und Vertriebs GmbH & Co. KG

37. HAMBURG ZWEI

Radio 95.0 GmbH & Co. KG

38. harmony.fm

Radio/Tele FFH GmbH & Co. Betriebs-KG

39. HIT RADIO FFH

Radio/Tele FFH GmbH & Co. Betriebs-KG

40. HITRADIO RTL

BCS Broadcast Sachsen GmbH & Co. KG

41. HOPE Channel

Stimme der Hoffnung e. V.

42. JAM FM

Skyline Medien GmbH

43. Jazz Radio

New JazzRadio GmbH

44. Klassik Radio

Klassik Radio GmbH & Co. KG

45. LandesWelle Thüringen

LandesWelle Thüringen GmbH & Co. KG

46. METROPOL FM

Metropol FM GmbH & Co. KG

47. Neckaralb Live

Radio Alpha 10 GmbH & Co. KG

48. Ostseewelle HIT-RADIO

... Privatradio Landeswelle ... GmbH & Co. Studiobetriebs KG

49. peppermint fm (Webradio)

Funk & Fernsehen ... Marketing und Vertriebs GmbH & Co. KG

50. planet radio

Radio/Tele FFH GmbH & Co. Betriebs-KG

51. R.SA

LFS Landesfunk ... GmbH

52. R.SH

Radio ...n R. GmbH & Co. KG

53. RADIO 21

... 21 GmbH & Co. KG

54. radio B2

radio B2 GmbH

55. RADIO BOB!

RADIO BOB GmbH & Co. KG

56. RADIO BOB! rockt ...

NORA ... GmbH & Co. KG

57. Radio Bollerwagen (Webradios)

Funk & Fernsehen ... Marketing und Vertriebs GmbH & Co. KG

58. Radio ...

Funkhaus .... GmbH & Co. KG

59. Radio ...

BCS Broadcast .... GmbH & Co. KG

60. Radio ....

BCS Broadcast .... GmbH & Co. KG

61. Radio ....

Erzgebirge Rundfunkgesellschaft mbH & Co. KG

62. radio ffn

Funk & Fernsehen Nordwestdeutschland Marketing und Vertriebs GmbH & Co. KG

63. RADIO ... 87.6

KMWS-Media ... GmbH & Co. KG

64. Radio ...

Radio ... GmbH

65. Radio ...

Internationale Christliche Rundfunkgemeinschaft e. V.

66. Radio ...

Radio ... Rundfunk GmbH

67. Radio ...

Radio ... GmbH & Co. Studiobetriebs KG

68. Radio ...

BCS Broadcast ... GmbH & Co. KG

69. Radio ...

Radio ... GmbH

70. Radio ...

Radio ... GmbH

71. Radio ...

Radio ...g UG

72. Radio ...

teutoRADIO ... GmbH

73. Radio ...

UNITCOM GmbH

74. Radio ...

Antenne ... GmbH

75. RADIO ...

Privater ... GmbH

76. RADIO ...

Radio .... Hörfunk in Baden GmbH & Co. KG

77. Radio S...n

Radio ... GmbH

78. RADIO ...

RADIO ... Saar GmbH

79. radio ...

SAH ... Hörfunkproduktionsgesellschaft mbH & Co. KG

80. radio SAW – saw-musikwelt (Webradios)

SAH ... Hörfunkproduktionsgesellschaft mbH & Co. KG

81. radio sunshine live

RNO ...-Radio GmbH & Co. KG

82. Radio ...

Radio ... GmbH & Co. KG

83. Radio Ton ...

Radio TON-Regional Hörfunk GmbH & Co. KG

84. Radio Ton ...

Radio TON-Regional Hörfunk GmbH & Co. KG

85. Radio Ton ...

Lokalradio ... GmbH & Co. KG

86. radio TOP 40

ANTENNE ... GmbH & Co. KG

87. Radio ...

BCS Broadcast ... GmbH & Co. KG

88. Radio/TeleFFH (Webradios)

Radio/Tele FFH GmbH & Co. Betriebs-KG

89. Radio38

Radio 38 GmbH & Co. KG

90. RauteMusik.FM (Webradios)

RauteMusik GmbH

91. Regenbogen Zwei

Radio Regenbogen Hörfunk in Baden GmbH & Co. KG

92. RHH-Radio ...

Radio Hamburg GmbH & Co. KG

93. ROCK ANTENNE

Rock Antenne GmbH & Co. KG

94. ROCK ANTENNE ....

ROCK ANTENNE Lokalradio GmbH & Co. KG

95. ROCKLAND RADIO

Radio Rockland... GmbH & Co. KG

96. ROCKLAND ....

SAH ... Hörfunkproduktionsgesellschaft mbH & Co. KG

97. RPR1.

RPR .... Rundfunk GmbH & Co. KG

98. RTL RADIO – Deutschlands Hit-Radio

CLT-UFA société anonyme

99. S.... Webradios

S.... GmbH

100. Spreeradio 105,5

RTL Radio Center .... GmbH

101. STAR FM ....

.... 87,9 Rundfunkveranstalter GmbH & Co. KG

102. STAR FM ....

STAR FM ....GmbH & Co. KG

103. V.... RADIO

V.... RADIO Rundfunkgesellschaft mbH u. Co.

Studiobetriebs KG

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.
VI. Der Streitwert wird auf EUR 10.000.000,00 festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Parteien begehren die Festsetzung eines Gesamtvertrages betreffend die Vergütung für die kabelgebundene Weitersendung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen rückwirkend für die Zeit ab 1. Januar 2018.
2
Der Kläger ist eine Vereinigung von Unternehmen der deutschen Breitbandbranche, deren Mitglieder als Kabelnetzbetreiber etwa 17 von insgesamt etwa 18 Millionen deutschen Kabelhaushalten mit Fernseh- und Hörfunkprogrammen versorgen. Zu den satzungsgemäßen Aufgaben des Klägers gehören die Verhandlung und der Abschluss urheberrechtlicher Gesamtverträge mit den Verwertungsgesellschaften insbesondere im Bereich der Weitersendung urheberrechtlich geschützter Fernseh- und Hörfunksendungen gemäß §§ 20b, 87 Abs. 5 UrhG.
3
Die Beklagte ist eine in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisierte Verwertungsgesellschaft und nimmt als solche die originären und abgeleiteten Urheber- und Leistungsschutzrechte von privaten Fernseh- und Hörfunksendeunternehmen gemäß §§ 20 b, 87 Abs. 5 UrhG wahr.
4
Zwischen den Parteien bestand seit dem Jahr 2003 bis Ende des Jahres 2016 ein Gesamtvertrag über die Kabelweitersendung von Fernseh- und/oder Hörfunkprogrammen (Anlage K 2, nachfolgend nur: A...-Gesamtvertrag), auf dessen Grundlage die Mitgliedsunternehmen des Klägers Einzelverträge mit der Beklagten zur Lizenzierung der von dieser verwerteten Weitersendungsrechte abschließen konnten. Gemäß § 4 des zuletzt gültigen Einzelvertrages zum A...-Gesamtvertrag (Anlage K 3b) waren die Mitgliedsunternehmen des Klägers zugleich berechtigt, die von ihnen weitergesendeten Programmsignale „rechtefrei“ an andere an ihr Netz angeschlossene Kabelnetzbetreiber („Netzebene-4-Betreiber“) weiterzugeben. Die gemäß § 5 Ziffer 1 vereinbarte Vergütung betrug 1,25 Prozent sämtlicher Brutto-Umsätze, die ein Kabelnetzbetreiber mit der Weitersendung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen einschließlich der Weitergabe des Programmsignals an Netzebene-4-Betreiber erzielt, vorausgesetzt, es wird kein Einspeise- oder Transportentgelt für die Weitersendung des Programmsignals von den Sendeunternehmen verlangt. Auf die hiernach geschuldete Vergütung wurde gemäß § 5 Ziffer 2 ein Gesamtvertragsrabatt in Höhe von 20 Prozent gewährt.
5
Nachdem sich die ... entschlossen hatte, urheberrechtliche Weitersendungsrechte eigenständig zu verwerten, veröffentlichte die Beklagte zum 30. Januar 2012 einen auf den Lizenzsatz von 0,90 Prozent reduzierten Tarif für Lizenznehmer, die ein Einspeiseentgelt verlangen bzw. von 0,81 Prozent, wenn ein Einspeiseentgelt nicht verlangt wird (Anlage B 3; nachfolgend nur: Tarif 2012). Mit der Begründung, dass die Beklagte die ...-Rechte über den 31. Dezember 2015 hinaus nicht weiter zur Verfügung stellen könne, reduzierte sie sodann mit Schreiben vom 1. Juli 2015 den mit den Mitgliedsunternehmen des Klägers für den Fall der Nichterhebung eines Einspeiseentgelts vereinbarten Lizenzsatz auf den bereits um den Gesamtvertragsrabatt verringerten Betrag in Höhe von 0,65 Prozent.
6
Zum 13. Oktober 2016 veröffentlichte die Beklagte einen von ihr neu festgesetzten Tarif „Weitersendung“. Dieser sah als Vergütung einen Lizenzsatz von 0,97 Prozent sämtlicher Brutto-Umsätze vor, welcher sich auf 0,87 Prozent ermäßigt, wenn ein Lizenznehmer kein Einspeiseentgelt erhebt (Anlage B 2; nachfolgend nur: Tarif 2016). Am 13. Dezember 2017 änderte die Beklagte ihren Tarif „Weitersendung“ dahingehend ab, dass der Vergütungsberechnung bei Erhebung von Einspeiseentgelten ein Lizenzsatz von 1,65 Prozent zu Grunde gelegt wird, wenn bei der Weiterleitung Daten erhoben werden bzw. 0,97 Prozent, wenn eine Datenerhebung nicht erfolgt. Wird kein Einspeiseentgelt erhoben, soll ein Lizenzsatz von 1,48 Prozent bzw. 0,87 Prozent gelten (Anlage B 1/1; nachfolgend nur: Tarif 2018). In ihrem zum 28. Oktober 2019 veröffentlichten Tarif differenziert die Beklagte sodann nicht mehr nach der Erhebung von Einspeiseentgelten. Stattdessen soll ein einheitlicher Lizenzsatz von 1,62 Prozent im Falle der Datenerhebung bzw. 0,95 Prozent, wenn Daten nicht erhoben werden, gelten (Anlage B 1/2; nachfolgend nur: Tarif 2019).
7
Mit Schreiben vom 26. August 2016 kündigte die Beklagte den mit dem Kläger bestehenden Gesamtvertrag (Anlage K 6). In dem von den Parteien daraufhin unter dem Az. Sch-Urh 04/18 geführten Schiedsstellenverfahren hat die Schiedsstelle bei dem Deutschen Patent- und Markenamt am 21. Dezember 2020 den Parteien den als Anlage K 1 vorgelegten Einigungsvorschlag unterbreitet. Dieser beinhaltet den Text des den Parteien vorgeschlagenen Gesamtvertrages, nicht aber des von den Mitgliedern des Klägers auf Basis des Gesamtvertrages abzuschließenden Einzelvertrages. Der Einigungsvorschlag, auf dessen Inhalt zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, weist insbesondere folgende Vergütungsregelung betreffend die streitgegenständliche Einspeisung und Weitersendung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen in Breitbandnetze auf:
§ 4 Vergütung
1.1.
Die Vergütung für die Rechteeinräumung gemäß § 2 beträgt 0,97 % der Bemessungsgrundlage (§ 5) bei der Erhebung von Einspeiseentgelten und 0,87 %, wenn der Netzbetreiber von den in Anlage 2 genannten privaten Sendeunternehmen nachweislich keine Einspeiseentgelte oder sonstige Zahlungen erhebt.
Zusätzlich zu der Vergütung wird die gesetzliche Umsatzsteuer geschuldet.
2.2.
Auf die Vergütung wird ein Gesamtvertragsrabatt in Höhe von 20 % gewährt, solange der Netzbetreiber Mitglied des A... ist.
Wenn der Netzbetreiber die Angemessenheit der in diesem Vertrag vereinbarten Vergütungen vor der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt oder einem ordentlichen Gericht angreift, entfällt der Gesamtvertragsrabatt.
§ 5 Bemessungsgrundlage
1.1.1.1.
Die Bemessungsgrundlage besteht aus den um die gesetzliche Umsatzsteuer bereinigten Umsätzen des Netzbetreibers, die er und die im Sinne von § 15 AktG mit ihm konzernverbundenen Netzebene 3- und Netzebene 4-Betreiber („Verbundene Unternehmen“) durch die Weitersendung erwirtschaften („Entgelte“). Dies sind insbesondere die Umsätze, die entstehen, indem die Endkunden an den Netzbetreiber eine Vergütung entrichten. Weitere Umsätze in Zusammenhang mit der Nutzung sind mit einzubeziehen.
Mit einzubeziehen sind des Weiteren die Umsätze, die der Netzbetreiber aus der rechtefreien Zurverfügungstellung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen an fremde belieferte Betreiber erwirtschaftet („Signallieferungsentgelte“). Ähnliche geldwerte Vorteile stehen den Signallieferungsentgelten gleich. Der Umsatz ist vom Netzbetreiber schriftlich nachzuweisen. Sofern der nachgewiesene monatliche Umsatz je versorgtem Haushalt EUR 12,00 unterschreitet, ist ein pauschalierter Umsatz in Höhe von EUR 12,00 pro Haushalt und Monat zugrunde zu legen. Für den Zeitraum bis 31. Dezember 2021 rechnet der Netzbetreiber auf Basis von EUR 5,00 pro Netzebene 4-Kunde und Monat ab.
In die Bemessungsgrundlage fallen auch die Umsätze aus der Verbreitung von HD-Free-TV-Programmen, die wiederkehrend oder anderweitig für die gesonderte Freischaltung oder den monatlichen oder jährlichen Bezug eine [sic] digitalen HD-Free-TV Pakets oder aus anderen Gründen von Endkunden erwirtschaftet werden, es sei denn, es handelt sich um Pay-TV-Angebote.
Keine Vergütung beansprucht die VG Media aus Entgelten, die der Netzbetreiber über Anlagen erwirtschaftet, die über keine eigene Kopfstelle verfügen, sondern für die er die Programmsignale allein von einem anderen Netzbetreiber bezieht.
2.2.2.
Nicht in die Bemessungsgrundlage fallen folgende Umsätze:
a. Einnahmen, die nachweislich nicht im Zusammenhang mit der Weitersendung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen erzielt werden, insbesondere Umsätze aus der Vermarktung und dem Vertrieb von Internetzugang, Telefonie, der Weitersendung von Pay-TV-Angeboten sowie der Weitersendung von Teleshoppingangeboten;
b. Umsätze aus der Vermarktung von ausländischen Programmen, welche der Netzbetreiber gegen programmbezogenes Entgelt vermarktet, auch wenn sie in ihrem Ursprungsland als Free-TV vermarktet werden.
3.3.
Werden Endkunden vom Netzbetreiber mit Fernseh- und Hörfunkprogrammen zu einem einheitlichen Preis mit Internetzugangsdienstleistungen oder Telefondiensten versorgt (Produktbündel), entspricht der für diese Endkunden des Netzbetreibers in die Bemessungsgrundlage einzustellende Betrag dem nach den für den jeweiligen Netzbetreiber und seine Organisationsform (GmbH, Verein, etc.) anwendbaren anerkannten Rechnungslegungsstandards auf die Kabelweitersendung entfallenden Anteil am Gesamtentgelt der so versorgten Endkunden. Soweit die vom Netzbetreiber abgerechnete, auf Fernseh- und Hörfunkprogramme entfallende Bemessungsgrundlage bis zum 31.12.2021 nicht mindestens EUR 8,75 und ab 01.01.2022 nicht mindestens EUR 12,00 pro Einzelnutzer-Endkunde und pro Monat beträgt, ist der Netzbetreiber verpflichtet, einem gemeinsam von den Parteien innerhalb eines Monats zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer die Herleitung und Aufstellung sämtlicher geldwerter Vorteile aus der Verwertung der Fernseh- und Hörfunkprogramme innerhalb dieser UmsatzGruppe nachzuweisen. Sollten sich die Parteien nicht innerhalb eines Monats auf einen Wirtschaftsprüfer verständigen, wird der Wirtschaftsprüfer von der Wirtschaftsprüferkammer festgelegt. Die Kosten des Wirtschaftsprüfers trägt der Netzbetreiber, falls die Abrechnung um mehr als 5 % zu seinen Lasten korrigiert werden muss, andernfalls trägt die VG Media die Kosten.
Die vorgenannten Regelungen gelten entsprechend, wenn das Produktbündel neben Fernseh- und/oder Hörfunkprogrammen auch oder andere Zusatzleistungen zu einem einheitlichen Preis umfasst, z.B. Mobilfunk, Pay-TV, HD-Free-TV-Programme oder Video on Demand.
4.
Für den Fall, dass der Netzbetreiber die Höhe der Entgelte nicht oder nicht schlüssig und objektiv nachvollziehbar schriftlich nachweist, ist eine pauschalierte Bemessungsgrundlage in Höhe von EUR 12,00 pro Endkunde und Monat als Entgelt zugrunde zu legen.
8
Gegen den Einigungsvorschlag der Schiedsstelle hat die Beklagte Widerspruch eingelegt. Dieser ist beim Deutschen Patent- und Markenamt am 25. Januar 2021 als Telefax eingegangen (Anlage K 8).
9
Der Kläger, der selbst keinen Widerspruch eingelegt hat, hält den Einigungsvorschlag der Schiedsstelle in weiten Teilen für sachgerecht und angemessen, ist jedoch der Auffassung, dass einige Regelungen abweichend getroffen werden müssen.
10
Nach Ansicht des Klägers könne der Schiedsstelle insoweit nicht gefolgt werden, als diese die Vergütungsregelungen nicht in die von seinen Mitgliedern mit Kabelnetzbetreibern auf der Grundlage eines Rahmenvertrages abzuschließenden Einzelverträge, sondern in den Rahmenvertrag selbst aufgenommen habe. Gesamtvertrag und Einzelverträge bilden dem Kläger zufolge eine rechtliche Einheit. Die praktische Umsetzung angemessener Vertragsbedingungen mache die Erfassung der Lizenzbedingungen in einem Muster des Einzelvertrages unverzichtbar. Dies entspreche auch der zwischen den Parteien in der Vergangenheit praktizierten Handhabe. Auch die GEMA schließe Verträge in dieser Form.
11
Inhaltlich sei insbesondere die Regelung der Bemessungsgrundlage gemäß § 5 des Einigungsvorschlages unangemessen. Im Grundsatz sei davon auszugehen, dass der Urheber an den tatsächlich erzielten Erlösen zu beteiligen ist. Hiervon ausgehend könnten Mindestbemessungsgrenzen allenfalls unter besonderen Umständen eine angemessene Regelung darstellen, um den Urheber vor der Entwertung seiner Rechte zu schützen. Im Falle des Nachweises tatsächlich niedrigerer Umsätze, welche die Netzbetreiber aus der Zurverfügungstellung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen an fremde belieferte Betreiber erwirtschaften (sog. „Signallieferentgelte“) dürfe entgegen § 5 Ziffer 1 des Einigungsvorschlages gar kein Mindestumsatz bestimmt werden. Anderenfalls würde der Urheber von den auf den jeweiligen Märkten herrschenden tatsächlichen Verhältnissen völlig freigestellt.
12
Für den gemäß § 5 Ziffer 3 des Einigungsvorschlages vorgesehenen Fall, dass Netzbetreiber Produktbündel, die Endkunden neben den Hörfunk- und Sendeprogrammen mit Internetzugangsdienstleistungen oder Telefondiensten versorgen, zu einem einheitlichen Preis anbieten, sei die ab 1. Januar 2022 vorgesehene Mindestbemessungsgrundlage von EUR 12,00 zu hoch. Der Kläger verweist insoweit auf die als Anlage K 13 vorgelegte Studie des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens ... (nachfolgend nur: ...-Studie), welche eine zunehmende Bedeutung neuer IPTV- und OTT-Angebote belege. Überdies sei der durchschnittliche Preis eines Fernseh- und Hörfunk-Kabelanschlusses von ehemals EUR 16,90 erheblich gesunken und liege bei nunmehr etwa EUR 10,00 brutto. Überdies sei in dem von dem Kläger mit der Verwertungsgesellschaft GEMA geschlossenen und nach wie vor geltenden Gesamtvertrag, welcher unter anderem die Kabelweitersenderechte zur Verbreitung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen der Landesrundfunkanstalten der ... und des ... beinhalte, eine Bemessungsgrundlage in Höhe von nur EUR 10,00 für Bündelprodukte und im Übrigen eine generelle Mindestbemessungsgrundlage von EUR 5,00 vereinbart worden (Anlage K 9). Mit den zur ... gehörenden Unternehmen ... (Anlagen K 10 und K 11) habe die Beklagte für Bündelangebote zudem eine Mindestbemessungsgrundlage von EUR 8,75 vereinbart. Im Übrigen sei für Signallieferungsentgelte eine Mindestbemessungsgrundlage und dies auch nur in Höhe von EUR 5,00 vereinbart worden. Für als solche eigenständig angebotene Fernsehanschlüsse verlange die Beklagte indes keine Mindestbemessungsgrundlage. Da sich die mit ... geschlossenen Verträge auf etwa 75 Prozent aller Haushalte in Deutschland bezögen, seien die entsprechenden Vertragsbedingungen als angemessen anzusehen. Zudem habe die Beklagte mit dem FRK Fachverband für Rundfund- und BreitbandKommunikation einen Schwellenwert von EUR 8,75 vereinbart (Anlage K 25). Der von der Schiedsstelle angesetzte Wert von EUR 12,00 könne dagegen nicht mit der von der Beklagten behaupteten missbräuchlichen Abrechnung bei Signallieferungsentgelten begründet werden. Für einen solchen Missbrauch habe die Beklagte keinerlei Nachweise oder Indizien vorgetragen. Auch die von der Beklagten exemplarisch benannten Marktpreise sowie die Studie von ... stützten diese Bewertung nicht. Die ...-Studie stamme ohnehin aus dem Jahr 2015 und sei daher veraltet. Hinsichtlich der für die Vergütung maßgeblichen Berechnungsgrundlage müsse es entsprechend der bisherigen Vertragspraxis zudem dabeibleiben, dass mit PayTV erzielte Umsätze nicht in die Berechnungsgrundlage einbezogen werden. Hierfür spreche auch die allgemeine Vertragspraxis.
13
Die gemäß § 5.4 des Einigungsvorschlages für den Fall nicht hinreichender Nachweise der Höhe der von einem Netzbetreiber verlangten Netzentgelte vorgesehene Pauschalierung sei zudem bereits dem Grunde nach unangemessen. Ergänzend aufzunehmen sei dem Kläger zufolge aber eine Regelung zur einheitlichen Berechnung etwaiger Mindestbemessungsgrundlagen. Dabei müsse eine Durchschnittsbetrachtung erfolgen, weil anderenfalls unzählige Verträge jeweils individuell überprüft werden müssten.
14
Der Kläger ist weiter der Ansicht, dass der in § 4 des Einigungsvorschlages geregelte Lizenzsatz in Höhe von 0,97 Prozent bzw. 0,87 Prozent überhöht sei. Dem in der Folge des Ausscheidens der ... aus dem Kreis der Mitglieder der Beklagten verringerten Rechteportfolio werde hierdurch nicht hinreichend Rechnung getragen. Mit Schreiben vom 1. Juli 2015 habe die Beklagte den Lizenzsatz aus dem Tarif 2012 gegenüber den Mitgliedsunternehmen des Klägers zudem ausdrücklich mit Blick auf den Wegfall der ...-Rechte auf einen effektiven, den Gesamtvertragsrabatt bereits berücksichtigenden Lizenzsatz von 0,65 Prozent reduziert.
15
Die seitens der Schiedsstelle richtigerweise angestrebte ungefähre Gleichbehandlung der Mitglieder des Klägers mit den Unternehmen der ... dürfe darüber hinaus nicht erst nach Abzug des Gesamtvertragsrabatts, sondern müsse bereits vorher erreicht werden. Nur dies trage der mit dem Abschluss von Gesamtverträgen zu Gunsten der Beklagten verbundenen Verringerung des Verwaltungsaufwandes ausreichend Rechnung. Nichts anderes ergebe sich aus einer etwaigen gewichtigeren Marktbedeutung von .... Angemessen sei vielmehr ein Lizenzsatz von 0,90 Prozent bzw. 0,81 Prozent. Zu bedenken sei auch, dass die Schiedsstelle den mit der ...-Studie vom 6. Juli 2021 (Anlage K 13) belegten, signifikanten Rückgang der Bedeutung des Fernsehens nicht hinreichend berücksichtigt habe. Eine Erhöhung der Lizenzsätze lasse sich daher entgegen der Beklagten nicht mit entsprechend veränderten Marktbedingungen begründen.
16
Keine Veranlassung bestehe dem Kläger zufolge dafür, bei der Bestimmung des Lizenzsatzes wie von der Beklagten vorgeschlagen danach zu unterscheiden, ob ein Kabelnetzbetreiber bei der Weitersendung von Programmsignalen Daten erhebt. Ein Lizenzsatz in Höhe von 1,65 Prozent im Zeitraum 1. Januar 2018 bis 31. Oktober 2019 bzw. 1,48 Prozent ab 1. November 2019 sei völlig unangemessen. Eine Differenzierung zwischen einer Weitersendung mit bzw. ohne Datenerhebung könne nicht durch eine technische und wirtschaftliche Eigenständigkeit von IPTV im Verhältnis zu herkömmlicher DVB-C Weitersendung rechtfertigen. Hierbei handele es sich um ein und dieselbe Nutzungsart. Insbesondere erfülle IPTV sämtliche Voraussetzungen der Kabelweitersendung gemäß § 20 b UrhG. Weder in technischer noch in wirtschaftlicher Hinsicht handele es sich bei einer IP-basierten Weitersendung um eine eigenständige Nutzungsart. Überdies sei die Erhebung von Daten über die erforderliche Nutzung zum Zwecke der Vertragserfüllung hinaus nur mit Einwilligung der betroffenen Personen zulässig. Aus den Datenschutzhinweisen einzelner Anbieter ergebe sich zudem kein datenbasiertes Geschäftsmodell. Wie die Schiedsstelle zutreffend ausgeführt habe, bestehe auch kein unmittelbarer kausaler Zusammenhang zwischen der Weitersendung und den durch die Datenerhebung seitens der Kabelnetzbetreiber erzielten geldwerten Vorteilen.
17
Darüber hinaus dürfe der Gesamtvertragsrabatt von 20 Prozent entgegen § 4 Ziffer 2 Abs. 2 des Einigungsvorschlages nicht entfallen, wenn ein Netzbetreiber die gesamtvertraglich vereinbarten Vergütungen vor der Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes oder einem ordentlichen Gericht angreift. Auch fehle eine Regelung zur Anpassung der Vergütung im Falle nachträglicher Änderungen im Rechtebestand der Beklagten. Zu ergänzen sei weiter eine angemessene Meistbegünstigungsklausel und eine Abwicklungsklausel.
18
Der Kläger beantragte zuletzt, zwischen ihm und der Beklagten einen Gesamtvertrag mit folgendem Inhalt festzusetzen:
Gesamtvertrag
zwischen
C. M. GmbH, ...
– nachstehend „C. M.“ genannt –
und
A... Der Breitbandverband e.V., ...
– nachstehend „A...“ genannt –
§ 1 Vertragsparteien
1.
Die C. M. ist eine Verwertungsgesellschaft mit dem Zweck, die Urheber- und Leistungsschutzrechte, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben, für Medienunternehmen, insbesondere Hörfunk- und Fernsehsendeunternehmen, wahrzunehmen. Sie nimmt gegenwärtig die vertragsgegenständlichen Rechte der in Anlage 2 genannten Hörfunk- und Fernsehsendeunternehmen mit ihren dort verzeichneten Programmen wahr.
2.
Der A... ist ein Verband von Betreibern von Breitbandnetzen. Zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben zählt der Abschluss urheberrechtlicher Gesamtverträge.
3.
Netzbetreiber sind die Mitgliedsunternehmen des A.... Sie betreiben in Deutschland leitungsgebundene Breitbandnetze, in die sie drahtlos oder leitungsgebunden empfangene Fernseh- und/oder Hörfunkprogramme einspeisen und weitersenden. Die Programme werden entweder unmittelbar an die angeschlossenen Haushalte übertragen oder aber an andere Netzbetreiber weitergegeben (im Folgenden: „belieferte Betreiber“).
§ 2 Einräumung von Nutzungsrechten
Die C. M. räumt den Netzbetreibern durch Abschluss von Einzelverträgen gemäß dem in Anlage 1 beigefügten Einzelvertrag alle von ihr während der Vertragslaufzeit wahrgenommenen Rechte ein, um die Fernseh- und Hörfunkprogramme ihrer Wahrnehmungsberechtigten leitungsgebunden innerhalb der Bundesrepublik Deutschland weiterzusenden. Das Vertragsmuster nach Anlage 1 ist Bestandteil dieses Gesamtvertrages. Die Rechtseinräumung erfolgt rückwirkend zum 01.01.2018.
§ 3 Vertragshilfe
Der A... gewährt der C. M. Vertragshilfe. Diese umfasst folgende Maßnahmen:
1.
Der A... wird der C. M. bei Abschluss des Vertrags ein aktuelles Verzeichnis mit den Anschriften seiner Mitgliedsunternehmen mit Angabe der ihm benannten Ansprechpartner aushändigen und jede spätere Veränderung laufend schriftlich mitteilen.
2.
Der A... empfiehlt seinen Mitgliedsunternehmen, einen Einzelvertrag abzuschließen und den vertraglichen Verpflichtungen fristgemäß nachzukommen, insbesondere vollständige Abrechnungen anhand des jeweils anzuwendenden Lizenzsatzes vorzulegen und die vereinbarte Vergütung zu zahlen.
3.
Der A... wird die Erfüllung des Gesamtvertrags und der Einzelverträge durch geeignete Aufklärungsarbeiten erleichtern.
4.
Der A... mahnt Mitgliedsunternehmen, die ihre Vertragspflichten nicht fristgemäß einhalten, innerhalb von 14 Tagen nach einem entsprechenden schriftlichen Hinweis der C. M. schriftlich zur sofortigen Erfüllung unter Schilderung der möglichen Folgen für das Mitgliedsunternehmen an.
5.
Der A... weist seine Mitgliedsunternehmen darauf hin, dass der Anspruch auf die Gewährung des Gesamtvertragsrabatts entfällt, wenn ein Netzbetreiber die Angemessenheit der in diesem Vertrag vereinbarten Vergütungen vor der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt oder einem ordentlichen Gericht angreift.
§ 4 Meinungsverschiedenheiten
1.
Im Fall von Meinungsverschiedenheiten zwischen der C. M. und einem Mitgliedsunternehmen des A... über den Vollzug der Verträge wirkt der A... zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten auf eine gütliche Einigung hin. Wird diese Einigung nicht innerhalb eines Monats nach der schriftlichen Anrufung des A... durch die C. M. bzw. eines Mitgliedsunternehmens des A... erreicht, kann der ordentliche Rechtsweg beschritten werden.
2.
Will die C. M. von ihren Einsichtsrechten nach § 6 Absatz 5 des Einzelvertrages Gebrauch machen, so wird sie vorher den A... über den zugrundeliegenden Sachverhalt informieren.
§ 5 Gleichbehandlung; Meistbegünstigung
1.
Die C. M. verpflichtet sich, umgehend alle ihr möglichen Schritte zu unternehmen, um die von ihr erhobenen vertragsgegenständlichen Vergütungsansprüche branchenweit durchzusetzen, auch gegenüber Netzbetreibern und Wohnungsunternehmen, die nicht Mitglied des A... sind.
2.
Räumt die C. M. einem anderen Netzbetreiber oder einer anderen Vereinigung von Netzbetreibern während der Laufzeit dieses Vertrags für die vertragsgegenständlichen Rechteeinräumungen und -abgeltungen günstigere Vergütungssätze oder sonstige günstigere Bedingungen ein als in diesem Vertrag oder im Einzelvertrag vereinbart, gelten die günstigeren Bedingungen auch für den A... und seinen Mitgliedern.
§ 6 Vertragsdauer
1.
Der Vertrag wird für die Zeit vom 01.01.2018 bis 31.12.2028 geschlossen. Er verlängert sich um jeweils ein Jahr, wenn er nicht neun Monate vor Ablauf von einer der beiden Parteien schriftlich gekündigt wird.
2.
Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt unberührt. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn eine Partei eine wesentliche Pflicht aus diesem Vertrag verletzt hat und eine zur Abhilfe bestimmte Frist von mindestens 15 Werktagen erfolglos abgelaufen ist. Die Frist beginnt mit Zugang eines entsprechenden Mahnschreibens bei der jeweils anderen Partei, welches mittels eingeschriebenen Briefs zuzustellen ist.
§ 7 Schlussbestimmungen
1.
Mündliche Nebenabreden sind nicht getroffen.
2.
Änderungen, Ergänzungen oder die Aufhebung dieses Vertrags bedürfen für ihre Rechtswirksamkeit der Schriftform.
3.
Sollte eine oder mehrere Klauseln dieses Vertrags unwirksam sein, so wird die Wirksamkeit des Vertrags im Übrigen dadurch nicht berührt. An die Stelle der unwirksamen Klausel tritt eine Klausel, die dem Sinn der zu ersetzenden Klausel am nächsten kommt.

B., den __._____

K., den __.____

_________________________

____________________

C. M.

A...

Anlage 1 zum Gesamtvertrag

Einzelvertrag

zwischen

der C. M. GmbH, ...

– nachstehend „C. M.“ genannt –

und

[Firma A.-Mitglied]

– nachstehend „Netzbetreiber“ genannt –

§ 1 Vertragsparteien
1.
Die C. M. ist eine Verwertungsgesellschaft mit dem Zweck, die Urheber- und Leistungsschutzrechte, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben, für Medienunternehmen, insbesondere Hörfunk- und Fernsehsendeunternehmen, wahrzunehmen. Sie nimmt gegenwärtig die vertragsgegenständlichen Rechte der in Anlage 1 genannten Hörfunk- und Fernsehsendeunternehmen mit ihren dort verzeichneten Programmen wahr.
2.
Der A... ist ein Verband von Betreibern von Breitbandnetzen. Zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben zählt der Abschluss urheberrechtlicher Gesamtverträge.
3.
Der Netzbetreiber ist Mitgliedsunternehmen des A... Er betreibt in Deutschland leitungsgebundene Breitbandnetze, in die er drahtlos oder leitungsgebunden empfangene Fernseh- und/oder Hörfunkprogramme einspeist und weitersendet. Die Programme werden entweder unmittelbar an die angeschlossenen Haushalte übertragen oder aber an andere Netzbetreiber weitergegeben (im Folgenden: „belieferte Betreiber“).
§ 2 Einräumung von Nutzungsrechten
1.
Die C. M. räumt dem Netzbetreiber alle von ihr während der Vertragslaufzeit wahrgenommenen Rechte ein, um die Fernseh- und Hörfunkprogramme ihrer Wahrnehmungsberechtigten leitungsgebunden innerhalb der Bundesrepublik Deutschland weiterzusenden.
2.
Die Einspeisung und Weitersendung der Programme nach diesem Vertrag muss zeitgleich, vollständig und unverändert erfolgen. Dies steht in Einzelfällen einer technisch notwendigen Frequenzumsetzung und -aufbereitung nicht entgegen.
3.
Die Rechteeinräumung ist nicht auf einen bestimmten Übertragungsstandard (z.B. analog, digital, PAL, DVB, IP), eine bestimmte Übertragungsqualität (z.B. SD, HD) oder bestimmte Netztechniken (Kupfer, Koaxial, Glasfaser) beschränkt. Sie umfasst im Hinblick auf die Weitersendung die den Urhebern und Leistungsschutzberechtigten aufgrund des Urheberrechtsgesetzes oder aufgrund internationaler Verträge in Bezug auf Hörfunk- und Fernsehprogramme zustehenden oder von ihnen wahrgenommenen Urheberrechte oder verwandten Schutzrechte.
4.
Die C. M. stellt den in dem in Absatz 3 genannten Umfang von allen urheber- und leistungsschutzrechtlichen Ansprüchen der von ihr vertretenen Sendeunternehmen für die Laufzeit des Vertrags frei.
§ 3 Vorbehaltene Rechte
1.
Die dem Netzbetreiber durch diesen Vertrag eingeräumten Nutzungsrechte sind nicht übertragbar. Der Netzbetreiber ist jedoch befugt, die Programmsignale „rechtefrei“ an andere an sein Netz angeschlossene Kabelnetzbetreiber („Netzebene-4-Betreiber“) weiterzugeben.
2.
Ein Recht zur Aufzeichnung der weiterübertragenen Sendungen und ein Recht zur öffentlichen Wiedergabe im Sinne von § 22 des Urheberrechtsgesetzes (d.h. zur öffentlichen Wahrnehmbarmachung der weitergesendeten Sendungen durch Bildschirm, Lautsprecher oder ähnliche technische Einrichtungen) werden durch diesen Vertrag nicht eingeräumt.
§ 4 Vergütung
1.1.
Die Vergütung für die Rechteeinräumung gemäß § 2 beträgt 0,90 % der Bemessungsgrundlage (§ 5) bei der Erhebung von Einspeiseentgelten und 0,81 %, wenn der Netzbetreiber von den in Anlage 2 genannten privaten Sendeunternehmen nachweislich keine Einspeiseentgelte oder sonstige Zahlungen erhebt.
Zusätzlich zu der Vergütung wird die gesetzliche Umsatzsteuer geschuldet.
2.
Auf die Vergütung nach Absatz 1 wird ein Gesamtvertragsrabatt in Höhe von 20 % gewährt, solange der Netzbetreiber Mitglied des A... ist.
3.
Der Vergütungssatz beruht auf dem tariflich ausgewiesenen Rechtebestand der C. M. zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Bei erheblichen Veränderungen dieses Rechtebestands (± 10 % bezogen auf den bei Vertragsschluss geltenden Verteilungsplan der C. M.) wird der Vergütungssatz entsprechend angepasst. Die C. M. wird die A... über entsprechende Änderungen im Rechtebestand unverzüglich informieren. Ergeben sich Erhöhungen von mehr als 15 %, steht dem Netzbetreiber ein fristloses Sonderkündigungsrecht zu, von dem er bis zum Ablauf des dritten Monats nach der Mitteilung der C. M. gegenüber der A... Gebrauch machen kann.
§ 5 Bemessungsgrundlage
1.1.1.1.
Die Bemessungsgrundlage besteht aus den um die gesetzliche Umsatzsteuer bereinigten Umsätzen des Netzbetreibers, die er und die im Sinne von § 15 AktG mit ihm konzernverbundenen Netzebene 3- und Netzebene 4-Betreiber („Verbundene Unternehmen“) durch die Weitersendung erwirtschaften („Entgelte“). Dies sind insbesondere die Umsätze, die entstehen, indem die Endkunden an den Netzbetreiber eine Vergütung entrichten. Weitere Umsätze in Zusammenhang mit der Nutzung sind mit einzubeziehen.
Mit einzubeziehen sind des Weiteren die Umsätze, die der Netzbetreiber aus der rechtefreien Zurverfügungstellung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen an fremde belieferte Betreiber erwirtschaftet („Signallieferungsentgelte“). Ähnliche geldwerte Vorteile stehen den Signallieferungsentgelten gleich.
In die Bemessungsgrundlage fallen auch die Umsätze aus der Verbreitung von HD-FreeTV-Programmen, die wiederkehrend oder anderweitig für die gesonderte Freischaltung oder den monatlichen oder jährlichen Bezug eine digitalen HD-Free-TV Pakets oder aus anderen Gründen von Endkunden erwirtschaftet werden, es sei denn, es handelt sich um Pay-TV-Angebote.
Keine Vergütung beansprucht die C. M. aus Entgelten, die der Netzbetreiber über Anlagen erwirtschaftet, die über keine eigene Kopfstelle verfügen, sondern für die er die Programmsignale allein von einem anderen Netzbetreiber bezieht.
2.
Nicht in die Bemessungsgrundlage fallen folgende Umsätze:
3.3.
Werden Endkunden vom Netzbetreiber mit Fernseh- und Hörfunkprogrammen zu einem einheitlichen Preis mit Internetzugangsdienstleistungen oder Telefondiensten versorgt (Produktbündel), entspricht der für diese Endkunden des Netzbetreibers in die Bemessungsgrundlage einzustellende Betrag dem nach den für den jeweiligen Netzbetreiber und seine Organisationsform (GmbH, Verein, etc.) anwendbaren anerkannten Rechnungslegungsstandards auf die Kabelweitersendung entfallenden Anteil am Gesamtentgelt der so versorgten Endkunden. Soweit die vom Netzbetreiber abgerechnete, auf Fernseh- und Hörfunkprogramme entfallende Bemessungsgrundlage nicht mindestens EUR 8,75 pro Einzelnutzer-Endkunde und pro Monat beträgt, ist der Netzbetreiber verpflichtet, einem gemeinsam von den Parteien innerhalb eines Monats zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer die Herleitung und Aufstellung sämtlicher geldwerter Vorteile aus der Verwertung der Fernseh- und Hörfunkprogramme innerhalb dieser Umsatzgruppe nachzuweisen. Sollten sich die Parteien nicht innerhalb eines Monats auf einen Wirtschaftsprüfer verständigen, wird der Wirtschaftsprüfer von der Wirtschaftsprüferkammer festgelegt. Die Kosten des Wirtschaftsprüfers trägt der Netzbetreiber, falls die Abrechnung um mehr als 5 % zu seinen Lasten korrigiert werden muss, andernfalls trägt die C. M. die Kosten.
Die vorgenannten Regelungen gelten entsprechend, wenn das Produktbündel neben Fernseh- und/oder Hörfunkprogrammen auch oder andere Zusatzleistungen zu einem einheitlichen Preis umfasst, z.B. Mobilfunk, Pay-TV, HD-Free-TV-Programme oder Video on Demand.
4.
Ob einer der vorstehend vereinbarten Beträge unterschritten wird, ist anhand einer Gesamtbetrachtung aller Vertragsbeziehungen vorzunehmen, auf die der jeweilige Betrag Anwendung findet. Dafür wird der Gesamtumsatz der betroffenen Vertragsbeziehungen durch die Anzahl der über diese Vertragsbeziehungen versorgten Haushalte geteilt. Die Anzahl der Haushalte wird dadurch berechnet, dass die Anzahl der Haushalte zu Beginn des Abrechnungszeitraums mit der Anzahl zum Beginn des folgenden Abrechnungszeitraums addiert und sodann durch zwei geteilt wird.
§ 6 Zahlungsweise
1.
Der Netzbetreiber zahlt an die C. M. quartalsweise aufgrund der Umsätze des jeweils vorangegangenen Kalenderquartals. Die Abrechnung (Gutschrift) und Zahlung erfolgt – ohne gesonderte Rechnungsstellung – innerhalb von 30 Tagen nach Ablauf des jeweiligen Kalenderquartals auf das Geschäftskonto der C. M. bei der D. B. AG B., Konto-Nr.: ..., BLZ: ..., BIC/SWIFT-Code): ..., IBAN: ... .
2.
Der Netzbetreiber übersendet bis zum 31. März des jeweils folgenden Geschäftsjahres eine Aufstellung der Umsätze gemäß § 5 Abs. 1 unter Angabe der jeweiligen Haushaltszahlen unaufgefordert an die C. M.. Die C. M. verpflichtet sich, die Aufstellungen nur zu internen Zwecken zu verwenden und Dritten, soweit sie nicht gesetzlich dazu verpflichtet sind (z.B. Wirtschaftsprüfern gegenüber), keinerlei Kenntnis von dem Inhalt zu geben.
3.
Für den Fall, dass es sich bei dem Netzbetreiber um ein nach § 316 Abs. 1 HGB prüfungspflichtiges Unternehmen handelt, ist die Übereinstimmung der Aufstellung mit den Büchern durch einen Wirtschaftsprüfer bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Geschäftsjahres zu bestätigen. Soweit ein Netzbetreiber nicht prüfungspflichtig ist, genügt die Bestätigung eines Steuerberaters.
4.
In der Aufstellung werden keine Angaben zu nicht vertragsgegenständlichen Umsätzen (z.B. Telefonie, Internet) gemacht.
5.
Auf Wunsch der C. M. wird der Netzbetreiber zu Einzelpositionen der für die Vergütung und Abrechnung relevanten Faktoren nähere Angaben machen. Bei berechtigten Zweifeln hat die C. M. ein Einsichtsrecht in die relevanten Unterlagen des Netzbetreibers. Die C. M. ist zur Verschwiegenheit über die hierbei bekanntwerdenden Tatsachen verpflichtet. Die tatsächlichen Anhaltspunkte für die Zweifel sind konkret zu benennen. Das Einsichtsrecht ist ausschließlich durch einen gemeinsam von den Parteien innerhalb eines Monats zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer auszuüben. Sollten sich die Parteien nicht innerhalb eines Monats auf einen Wirtschaftsprüfer verständigen, wird der Wirtschaftsprüfer von der Wirtschaftsprüferkammer festgelegt. Der Netzbetreiber kann die Kontrolle abwenden, wenn er innerhalb eines Monats die Bestätigung eines Wirtschaftsprüfers oder eines von beiden Parteien anerkannten anderen Sachverständigen vorlegt, welche die betreffenden Zweifel beseitigt. Die hierdurch entstehenden Kosten trägt der Netzbetreiber, falls die Abrechnung um mehr als 5 % zu seinen Lasten korrigiert werden muss, andernfalls die C. M..
§ 9 Gleichbehandlung; Meistbegünstigung
1.
Die C. M. verpflichtet sich, umgehend alle ihr möglichen Schritte zu unternehmen, um die von ihr erhobenen vertragsgegenständlichen Vergütungsansprüche branchenweit durchzusetzen, auch gegenüber Netzbetreibern und Wohnungsunternehmen, die nicht Mitglied des A... sind.
2.
Räumt die C. M. einem anderen Netzbetreiber oder einer anderen Vereinigung von Netzbetreibern während der Laufzeit dieses Vertrags für die vertragsgegenständlichen Rechteeinräumungen und -abgeltungen günstigere Vergütungssätze oder sonstige günstigere Bedingungen ein als in diesem Vertrag oder im Einzelvertrag vereinbart, gelten die günstigeren Bedingungen auch für den Netzbetreiber.
§ 10 Vertragsdauer
1.
Der Vertrag wird für die Zeit vom 01.01.2018 bis 31.12.2028 geschlossen. Er verlängert sich um jeweils ein Jahr, wenn er nicht neun Monate vor Ablauf von einer der beiden Parteien schriftlich gekündigt wird.
2.
Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt unberührt. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn eine Partei eine wesentliche Pflicht aus diesem Vertrag verletzt hat und eine zur Abhilfe bestimmte Frist von mindestens 15 Werktagen erfolglos abgelaufen ist. Die Frist beginnt mit Zugang eines entsprechenden Mahnschreibens bei der jeweils anderen Partei, welches mittels eingeschriebenen Briefs zuzustellen ist.
§ 11 Abwicklungsregelung
Für die Klärung der vom Netzbetreiber für die Zeit ab dem 01.01.2018 geschuldeten Lizenzbeträge vereinbaren die Parteien folgendes Vorgehen:
1.
Es wird zunächst der Gesamtleistungsbetrag ermittelt. Der Gesamtleistungsbetrag besteht aus
2.
Es wird der Schuldbetrag errechnet. Der Schuldbetrag ist der Betrag, den der Netzbetreiber nach Maßgabe dieses Einzelvertrages an C. M. zu zahlen hat.
3.
Sodann wird die Differenz von Gesamtbetrag und Schuldbetrag (Differenzbetrag) ermittelt. Soweit sich ein Differenzbetrag zugunsten des Netzbetreibers ergibt (Gesamtbetrag > Schuldbetrag), ist der Differenzbetrag von C. M. dem Netzbetreiber zu erstatten, im umgekehrten Fall vom Netzbetreiber an C. M. zu leisten. Soweit der Netzbetreiber Beträge hinterlegt hat und der Schuldbetrag die geleisteten Zahlungen überschreitet, ist hierfür der hinterlegte Betrag soweit an C. M. auszukehren, als es zur vollständigen Begleichung des Schuldbetrages erforderlich ist. Darüber hinaus gehende hinterlegte Beträge sind von C. M. zugunsten des Netzbetreibers freizugeben.
4.
Der Netzbetreiber ist verpflichtet, den Schuldbetrag gegenüber C. M. zum Zwecke der Klarstellung insgesamt vorbehaltlos zu stellen.
§ 12 Schlussbestimmungen
1.
Mündliche Nebenabreden sind nicht getroffen.
2.
Änderungen, Ergänzungen oder die Aufhebung dieses Vertrags bedürfen für ihre Rechtswirksamkeit der Schriftform.
3.
Sollte eine oder mehrere Klauseln dieses Vertrags unwirksam sein, so wird die Wirksamkeit des Vertrags im Übrigen dadurch nicht berührt. An die Stelle der unwirksamen Klausel tritt eine Klausel, die dem Sinn der zu ersetzenden Klausel am nächsten kommt.

Berlin, den __.____

__________, den __.______

________________________

_______________________

C. M.

Netzbetreiber

19
Die Beklagte beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
20
Die Beklagte ist der Ansicht, dass sich die für die Bestimmung der im vorliegenden Fall angemessenen Vertragsbedingungen maßgeblich aus dem mit dem FRK Fachverband für Rundfunk- und BreitbandKommunikation geschlossenen Gesamtvertrag ergeben (Anlage K 25). Die Verträge mit den zur ... zählenden Unternehmen ... (Anlagen K 10 und K 11) könnten dagegen nicht als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Dies habe auch die Schiedsstelle ausdrücklich bestätigt.
21
Auch dem von dem Kläger mit der Verwertungsgesellschaft GEMA geschlossenen Vertrag (Anlage K 9) könne kein relevanter Vergleichsmaßstab entnommen werden. Abweichende Tarife anderer Verwertungsgesellschaften seien irrelevant, weil anderenfalls stets eine Abstimmung zwischen allen Verwertungsgesellschaften erfolgen müsse, um auf geänderte Verwertungsrealitäten zu reagieren.
22
Die von dem Kläger überdies als Referenzvertrag vorgelegte Vereinbarung mit der ... (Anlage K 29) sei nicht unterzeichnet. Die Beklagte bestreitet, dass dieser Vertrag überhaupt tatsächlich umgesetzt wurde.
23
Weiter ist die Beklagte der Ansicht, dass der festzusetzende Gesamtvertrag keine Befugnis auf Seiten der Kabelnetzbetreiber enthalten dürfe, das von ihnen empfangene Programmsignal rechtefrei an Netzebene-4-Betreiber weiterzugeben. Der von ihr festgesetzte Tarif 2018 (Anlage B 1/1) sehe eine entsprechende Befugnis nicht mehr vor. In rechtlicher Hinsicht widerspreche die Befugnis zur Signalweitergabe den Vorgaben des VGG. Die treuhänderische Rechtewahrnehmung sei primäre und unabdingbare Aufgabe der Verwertungsgesellschaften. Räume man den Kabelnetzbetreibern eine Befugnis zur Signalweitergabe ein, würde zudem die bei der Rechtewahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften herrschende Staatsaufsicht umgangen. Überdies würde die Befugnis zur Signalweitergabe häufig missbraucht, um Lizenzzahlungen zulasten der Beklagten sowie der Rechteinhaber zu verkürzen. Zumindest sei – was die Beklagte insoweit nur vorsorglich vorträgt – für den Fall der Einräumung einer entsprechenden Befugnis eine Mindestbemessungsgrundlage in Höhe von EUR 12,00 vorzusehen.
24
Der von der Schiedsstelle vorgeschlagene Lizenzsatz von 0,97 Prozent sei insoweit angemessen, wie bei der Weitersendung des Fernseh- oder Hörfunksignals keine Datenerhebung erfolge. Dieser Lizenzsatz habe bereits nach dem von der Beklagten festgesetzten Tarif 2016 (Anlage B 2) gegolten. Der Kläger habe gegen diesen keine Einwände erhoben. Inhaltlich beruhe der Tarif 2016 auf einer moderaten Erhöhung des Tarifs 2012 (Anlage B 3), dessen Lizenzsatz von 0,90 Prozent seinerseits auf die bereits zuvor erfolgte Herauslösung der Senderechte der ... aus dem Rechteportfolio der Beklagten zurückging. Nach dem Jahr 2012 sei das Rechteportfolio der Beklagten jedoch um 11 Fernsehsender und 29 Radiosender erweitert worden, weswegen der erhöhte Tarif 2016 festgesetzt worden sei. Zudem hätten sich die Zuschaueranteile von 37,23 Prozent im Jahr 2011 auf 40,16 Prozent im Jahr 2015 erhöht. Dem stehe auch die von dem Kläger vorgelegte ...-Studie (Anlage K 13) nicht entgegen. Denn die darin enthaltene Marktübersicht der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) bilde nicht sämtliche von der Beklagten wahrgenommenen Programme ab. Vielmehr treffe die KEK nur Aussagen zu drei großen Blöcken bestehend aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der ... und der ... sowie der nicht näher aufgeschlüsselten Gruppe an sonstigen Sendern. Dagegen treffe die Studie keine Aussage dazu, ob der Zuschaueranteil der von der Beklagten lizenzierten Sender während der Geltungszeit des Tarifs 2012 angewachsen sei.
25
Ungeachtet dessen greife der von der Schiedsstelle vorgeschlagene Lizenzsatz zu kurz. Erheben die Kabelnetzbetreiber wie im Falle der IP-basierten Weitersendung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen Daten, erwüchsen ihnen hieraus im Hinblick auf die zunehmend datengetriebene Wirtschaft erhebliche ökonomische Vorteile. Infolgedessen sei es notwendig, den Lizenzsatz im Falle der Datenerhebung um 0,70 Prozentpunkte von 0,97 Prozent auf 1,65 Prozent anzuheben. Im Gegensatz zu der bisher bei der herkömmlichen Kabelweitersendung üblichen allgemeinen Signalzuführung erfolge mittlerweile eine kundenindividuelle Signalzuführung. Bei der kundenindividuellen Signalzuführung handele es sich um eine gegenüber der herkömmlichen Kabelweitersendung eigenständige Nutzungsart. Die Richtlinie 2019/789/EU (Online-SatCab-Richtlinie) grenze internetprotokollgestützte Netze von der Weiterverbreitung über Kabel- und Mikrowellensysteme ab. Technisch erfolge eine individuelle Signalzuführung im Wege einer IP-basierten Weitersendung oder unter Einsatz von Set-Top-Boxen. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht stelle die individuelle Signalzuführung eine eigenständige Nutzungsart dar. Dies zeige unter anderem die von dem Kläger selbst als Anlage K 13 vorgelegte ...-Studie, in der eigenständig bepreiste IPTV-Angebote aufgelistet seien. Mit der kundenindividuellen Signalzuführung sei es Kabelnetzbetreibern möglich, das individuelle Nutzerverhalten zu beobachten und auszuwerten. Folglich könne das eigene Angebot optimiert und anderweitig verwertet werden. Zudem würden Anbieter durch die individuelle Übertragung auf Abruf in erheblichem Umfang Übertragungskapazitäten einsparen, da nur einzelne Signale übertragen werden müssten. Infolgedessen könne der Angebotsumfang deutlich erweitert werden. Die IP-basierte Weitersendung ermögliche es Netzbetreibern zudem, neue KundenGruppen zu erschließen. Während etwa 17 Millionen Haushalte über einen Breitbandkabelanschluss verfügten, kämen für die IP-basierte Weitersendung sämtliche Haushalte, die über einen Internetanschluss verfügen, in Betracht. Insgesamt seien von 42,8 Millionen Wohnungen in Deutschland etwa 38 Millionen mit IPTV-fähigen Kupferdraht-Telefonanschlüssen ausgestattet.
26
Da der eigentliche Mehrwert für die Kabelnetzanbieter mit der Datenerhebung geschaffen werde, stelle der neu festzusetzende Tarif nicht auf die IP-Technik, sondern auf die Datenerhebung ab. Dass Kabelnetzbetreiber bereits tatsächlich Daten erheben und monetarisieren, ergebe sich aus den von der Beklagten vorgelegten Datenschutzerklärungen der Unternehmen ... (Anlage B 4), ... (Anlage B 5) und ... (Anlage B 6). Ein von Professor ... im Auftrag der Beklagten erstelltes und von dieser als Anlage B 10 vorgelegtes Gutachten bestätige, dass durch die Verwertung von Daten erzielte geldwerte Vorteile als Berechnungsgrundlage der Tarife gemäß § 39 VGG und damit auch im Rahmen von Gesamtverträgen gemäß § 35 VGG zu berücksichtigen seien. Dass Art und Umfang der im Zusammenhang mit der Weitersendung stattfindenden Datenerhebung und danach möglichen Datenverwertung signifikante Vermögensvorteile begründen, werde durch das Gutachten von ... (Anlage B 11, nachfolgend nur: ...-Gutachten) sowie das Gutachten der ... (Anlage B 12, nachfolgend nur: ...-Gutachten) bestätigt. Demzufolge könne sowohl über einen kosten- als auch einen nutzen- und marktpreisorientierten Ansatz der Datenwert ermittelt werden. Im Ergebnis begründe die Datenerhebung einen Wertzuwachs von einem Drittel des Gesamtumsatzes. Dies rechtfertige die Erhöhung des Lizenzsatzes um 0,70 Prozentpunkte.
27
Da die Datenerhebung bei der IP-basierten Weitersendung zudem der Regelfall sei, müsse ein Kabelnetzbetreiber seinerseits darlegen, wenn nachweislich keine Daten erhoben werden. Nur dann könne statt eines Lizenzsatzes von 1,65 Prozent der ermäßigte Lizenzsatz von 0,97 Prozent maßgeblich sein.
28
Weiter müsse für die Zeit ab dem 1. November 2019 ein künftig nur noch nach der Frage der Datenerhebung differenzierender Lizenzsatz gelten, der nicht mehr danach unterscheide, ob seitens eines Kabelnetzbetreibers Einspeiseentgelte verlangt werden. Der von der Beklagten benannte Zeuge ... könne bestätigen, dass 80 Prozent der Abrechnungen im Jahr 2019 nach der Tarifvariante „mit Einspeiseentgelt“ erfolgt seien.
29
Die von der Schiedsstelle festgesetzten Mindestbemessungsgrundlagen in Höhe von EUR 12,00 seien angemessen und entsprächen den tatsächlichen Marktverhältnissen. Mit Blick auf Bündelprodukte habe die Schiedsstelle dies bereits in ihren früheren Einigungsvorschlägen vom 18. März 2019 (Az. Sch-Urh 110/15, Anlage B 15) und 16. Februar 2021 (Az. Sch-Urh 12/18, Anlage B 16) so entschieden. Der Wert in Höhe von EUR 12,00 werde durch ein Gutachten der ... bestätigt (Anlage B 17). Die von dem Kläger vorgelegte ...-Studie sei hingegen nicht aussagekräftig und würde zu einer missbräuchlichen Verkürzung der Mindestbemessungsgrundlage führen.
30
Eine Mindestbemessungsgrundlage sei darüber hinaus für die Weitersendung ohne Bündelung mit Internet und/oder Telefon sachgerecht und angemessen. So verlange etwa die ... als größter deutscher Kabelnetzbetreiber einen eigenständigen Anschluss für Kabelfernsehen zum monatlichen Preis von EUR 14,99. Die ... berechne für ein Basis TV-Paket ein monatliches Entgelt von EUR 22,42.
31
Für den Fall, dass die nach Ansicht der Beklagten unzulässige rechtefreie Signalweitergabe an Netzebene-4-Kunden erlaubt werden, müsse schließlich auch insoweit eine Mindestbemessungsgrundlage in Höhe von EUR 12,00 in den Vertrag aufgenommen werden.
32
Im Rahmen der Vergütungsregelung sei die von dem Kläger begehrte Anpassungsregelung gemäß Anlage A, Einzelvertrag, § 4 Ziffer 3, nicht aufzunehmen. Insoweit habe der Tenor des Einigungsvorschlages der Schiedsstelle Vorrang. Auf die Begründung komme es nicht weiter an. Auch in dem bisherigen Gesamtvertrag sei eine der vom Kläger vorgeschlagenen Anpassungsregelung ähnliche Klausel nicht enthalten gewesen. Überdies sei die Festlegung einer starren Unbeachtlichkeitsgrenze unangemessen.
33
Angemessen sei es weiter, eine Regelung vorzusehen, wonach der Gesamtvertragsrabatt entfalle, wenn ein Mitgliedsunternehmen des Klägers rechtliche Schritte gegen den Gesamtvertrag einleitet. Die Gewährung des Gesamtrabatts sei eine Gegenleistung für die Erzielung des Rechtsfriedens.
34
Überdies müsse die Regelung gemäß § 5 Ziffer 4 des Einigungsvorschlages beibehalten werden. Eine pauschalierte Abrechnung bei mangelhaftem Nachweis der von einem Nutzer erzielten Umsätze entspreche dem Leitbild des § 41 VGG und sei auch nicht durch andere Regelungen ausgeglichen.
35
Darüber hinaus weist die Beklagte darauf hin, dass die Lizenzgebühr auch auf der Grundlage einer umsatzbasierten Lizenzgebühr zuzüglich eines umsatzunabhängigen Aufschlages oder vollständig umsatzunabhängig gestaltet werden könnte. Eine feste Lizenzgebühr würde zugunsten der Lizenznehmer von der Mindestbemessungsgrundlage in Höhe von EUR 12,00 ausgehen. Bei den Lizenzgebühren müsste insoweit ebenfalls zwischen einer Weitersendung mit und ohne Datenerhebung differenziert werden, sodass sich pro Haushalt und Monat anfallende Festbeträge zwischen EUR 0,11 und EUR 0,20 ergäben.
36
Weiter dürften Pay TV-, HD- und sonstige Bestandteile von TV-Paketen nicht aus der maßgeblichen Bemessungsgrundlage ausgenommen werden. Im Übrigen sei die von dem Kläger beantragte Meistbegünstigungsregelung zu weitreichend. Seiner Laufzeit nach müsse der Vertrag auf den Zeitraum 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2022 beschränkt werden. Eine Abwicklungsklausel sei nicht notwendig. Insoweit genügen nach Ansicht der Beklagten die subsidiär anwendbaren gesetzlichen Vorschriften.
37
Vor diesem Hintergrund hält die Beklagte die aus der Anlage B 29 ersichtlichen Vertragsbedingungen für angemessen. In dem als Anlage B 30 vorgelegten Dokument hat die Beklagte die von ihr für angemessen erachteten vertraglichen Regelungen auf der Grundlage des von dem Kläger als Anlage A eingereichten Vertragstext wie folgt kenntlich gemacht:
38
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2023 Bezug genommen.
39
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den Schriftsatz vom 16. Februar 2023 eingereicht.

Entscheidungsgründe

A.
40
Die Klage ist zulässig.
41
1. Gemäß § 129 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 2 VGG ist der Senat zur Entscheidung über den Abschluss eines Gesamtvertrages zum Zwecke der Regelung der für die Weitersendung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen gemäß § 20 b Abs. 2 UrhG geschuldeten Vergütung berufen. § 130 VGG findet, obwohl dem Wortlaut nach nur von Gesamtverträgen die Rede ist, auch auf Streitigkeiten betreffend das Weitersendungsrecht gemäß § 92 Abs. 2 VGG Anwendung (Reinbothe in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 6. Aufl. 2020, VGG, § 130 Rn. 3; Staats in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 6. Aufl. 2022, VGG, § 130 Rn. 2; Freudenberg in: BeckOK Urheberrecht, VGG, § 130 Rn. 1).
42
2. Das Schiedsstellenverfahren, das gemäß § 128 Abs. 1 VGG dem streitigen gerichtlichen Verfahren vorauszugehen hat, wurde von den Parteien durchgeführt. Gegen den Einigungsvorschlag vom 21. Dezember 2020, der Beklagten zugestellt am 28. Dezember 2020, hat diese mit per Telefax bei der beim Deutschen Patent- und Markenamt ansässigen Schiedsstelle eingereichtem und an demselben Tag zugegangenen Schriftsatz vom 25. Januar 2021 gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 VGG form- und fristgerecht Widerspruch eingelegt (Anlage K 8 sowie Bl. 597 der Schiedsstellenakte).
B.
43
Die zulässige Klage ist im Umfang der aus dem Tenor ersichtlichen, dem Antrag des Klägers entsprechend erfolgende Festsetzung des streitgegenständlichen Gesamtvertrages begründet. Soweit von dem Antrag des Klägers abweichende Regelungen festzusetzen sind, ist die Klage abzuweisen.
I.
44
Gemäß § 35 VGG ist die Beklagte als Verwertungsgesellschaft verpflichtet, über die von ihr wahrgenommenen Rechte mit dem Kläger als Nutzervereinigung einen Gesamtvertrag zu angemessenen Bedingungen abzuschließen. Hierüber besteht zwischen den Parteien dem Grunde nach kein Streit. Einvernehmlich gehen die Parteien auch von einer Vertragsstruktur bestehend aus einem zwischen den Streitparteien bestehenden Rahmenvertrag und auf der Grundlage des diesem als Anlage beigefügten Einzelvertragsmusters zwischen der Beklagten und den Mitgliedsunternehmen des Klägers zu schließenden Einzelverträgen aus. Eine solche Rahmenvertragsstruktur erscheint vorzugswürdig, da unter Beibehaltung der grundlegenden vertraglichen Bindung auf Verbandsebene eine mit Blick auf veränderte Rahmenbedingungen gegebenenfalls erforderliche flexiblere Anpassung der auf der Ebene der Mitgliedsunternehmen geltenden Konditionen im Wege der Änderung des Einzelvertragsmusters möglich ist. Auch in der bisherigen Zusammenarbeit der Parteien hat sich diese Vertragsstruktur bewährt, wie insbesondere die Anpassung des Einzelvertragsmusters im Jahr 2010 zeigt (Anlagen K 3a und K 3b).
45
Hinsichtlich des Vertragsinhalts vertreten die Parteien sowohl hinsichtlich der Höhe der seitens der Kabelnetzbetreiber für die Weitersendung von Fernseh- und Hörfunksendungen geschuldeten Vergütung als auch weiterer einzelner Regelungen unterschiedliche Auffassungen. Der insoweit aus dem Tenor ersichtlichen Entscheidung des Gerichts liegen folgende Erwägungen zugrunde. Die übrigen von den Parteien vorgetragenen Argumente wurden vom Senat gewürdigt. Sie führen aber zu keiner anderen Entscheidung.
46
1. Gemäß § 130 VGG setzt das Oberlandesgericht den Inhalt der Verträge, insbesondere Art und Höhe der Vergütung, nach billigem Ermessen für den Zeitraum ab dem 1. Januar des Jahres, in dem der Antrag im Rahmen des dem gerichtlichen Verfahren vorgelagerten Schiedsverfahrens bei der Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes gestellt wurde, fest. Das Gericht hat hierbei eine rechtsgestaltende Entscheidung zu treffen, wobei dem Gericht ein weiter Ermessensspielrau zusteht (BGH, Urt. v. 5. April 2001, Az. I ZR 132/98, GRUR 2001, 1139, 1142 – Gesamtvertrag privater Rundfunk). Das dem Gericht in diesem Zusammenhang eingeräumte Ermessen besteht jedoch nicht uneingeschränkt. Soweit die Parteien mit ihren Anträgen den konkreten Vertragsinhalt vorgeben, ist das gerichtliche Ermessen bereits durch die Bindung an die von den Parteien gestellten Anträge gemäß § 308 ZPO begrenzt (BGH, Urt. v. 1. April 2021, Az. I ZR 45/20, GRUR 2021, 1181, 1186 – Tz. 56 – Gesamtvertrag USB-Sticks und Speicherkarten; Raue in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 7. Aufl. 2022, VGG, § 130 Rn. 1a). Darüber hinaus muss der gerichtlich festgesetzte Gesamtvertrag gemäß den gesetzlichen Vorgaben des § 35 VGG in seiner Gesamtschau angemessene Vertragsbedingungen enthalten und die durch die Verwertung erzielten geldwerten Vorteile oder andere geeignete Faktoren zur Berechnung der für die Verwertung geschuldeten Vergütung berücksichtigen (Raue in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 7. Aufl. 2022, VGG, § 130 Rn. 1a m.w.N.; Staats in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 6. Aufl. 2022, VGG, § 130 Rn. 4; Reinbothe in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 6. Aufl. 2020, VGG, § 130 Rn. 4). Angesichts des vielfältigen Regelungsbedarfs ist regelmäßig nicht nur ein angemessener Vertragstext denkbar, sondern eine Vielzahl unterschiedlicher Vertragstexte, die jeder für sich genommen angemessen sein können. Nachteile, die sich für eine Partei aus einer bestimmten Regelung ergeben, können durch Vorteile anderer Regelungen ausgeglichen werden und umgekehrt. Je komplexer der Gegenstand eines Gesamtvertrages ist, desto mehr Möglichkeiten sind für einen angemessenen Ausgleich denkbar und desto größer ist das bei der Festsetzung angemessener Vertragsbedingungen bestehende Ermessen (BGH, Urt. v. 5. April 2001, 5. April 2001, Az. I ZR 132/98, GRUR 2001, 1139, 1142 – Gesamtvertrag privater Rundfunk).
47
Hinsichtlich des von der Schiedsstelle vorgelegten Einigungsvorschlages hat das Oberlandesgericht bei der Festsetzung von Gesamtverträgen gemäß § 130 VGG nicht als Rechtsmittelinstanz zur Überprüfung des Einigungsvorschlags der Schiedsstelle, sondern als erstinstanzliches Gericht nach den Regeln der Zivilprozessordnung und damit in der Sache grundsätzlich unabhängig von dem vorangegangenen Einigungsvorschlag der Schiedsstelle zu entscheiden (BVerfG, Beschl. v. 28. Juli 2016, Az. 1 BvR 1567/16, BeckRS 2016, 51421 Tz. 9). Gleichwohl ist im Rahmen der Ausübung des gerichtlichen Ermessens anerkannt, dass aufgrund der besonderen Expertise der Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes bei der Bestimmung angemessener Konditionen urheberrechtlicher Gesamtverträge ein von dieser vorgelegter, überzeugend begründeter Einigungsvorschlag eine gewisse Vermutung der Angemessenheit in sich trägt (BGH, Urt. v. 25. Oktober 2012, Az. I ZR 162/11, GRUR 2013, 717, 718 Tz. 18 – Covermount; BGH, Urt. v. 27. Oktober 2011, Az. I ZR 125/10, GRUR 2012, 711, 712 Tz. 18 – Barmen Live; BGH, Urt. v. 27. Oktober 2011, Az. I ZR 175/10, GRUR 2012, 715, 716 Tz. 22 – Bochumer Weihnachtsmarkt). Die Angemessenheit bestimmter Regelungen kann sich darüber hinaus aus früheren Gesamtverträgen der Parteien über dieselben oder vergleichbare Nutzungen enthaltenen Regelungen ergeben (BGH, Urt. v. 1. April 2021, Az. I ZR 45/20, GRUR 2021, 1181, 1185 Tz. 44 – Gesamtvertrag USB-Sticks und Speicherkarten). Eine Indizwirkung kommt weiter in Betracht mit Blick auf Gesamtverträge, welche zeitlich und gegenständlich die auch im Streitfall betroffenen Produkte zum Gegenstand haben (BGH, Urt. v. 18. Juni 2014, Az. I ZR 215/12, GRUR 2015, 61, 64 Tz. 34 – Gesamtvertrag Tanzschulkurse). Dies gilt insbesondere dann, wenn entsprechende Gesamtverträge zwischen den Parteien oder unter Beteiligung einer der beiden Parteien geschlossen worden sind (BGH, Beschl. v. 4. November 2021, Az. I ZR 138/20, GRUR-RS 2021, 45655 Tz. 22 f.; BGH, Urt. v. 18. Juni 2014, Az. I ZR 215/12, GRUR 2015, 61, 64 Tz. 34 – Gesamtvertrag Tanzschulkurse). Auch wenn ein Gesamtvertrag nicht als Ergebnis privatautonomer Verhandlungen abgeschlossen, sondern gerichtlich festgesetzt wurde, können dessen Regelungen indizielle Wirkung zukommen (BGH, Urt. v. 1. April 2021, Az. I ZR 45/20, GRUR 2021, 1181, 1185 Tz. 44 – Gesamtvertrag USB-Sticks und Speicherkarten; BGH, Urt. v. 10. September 2020, Az. I ZR 66/19, GRUR 2021, 604, 605 Tz. 22 – Gesamtvertragsnachlass).
48
Nach ständiger Rechtsprechung kommt eine Indizwirkung auch gegenüber nicht an dem Vertragsschluss beteiligten Außenseitern in Betracht, wobei dies nicht nur, wie die Beklagte meint, gegenüber Vergütungsschuldnern gilt, die nicht durch den fraglichen Gesamtvertrag berechtigt und verpflichtet werden. Für die Indizwirkung eines Gesamtvertrages ist es vielmehr unschädlich, wenn eine der Streitparteien an dem fraglichen Vertragsschluss nicht beteiligt ist (BGH, Beschl. v. 4. November 2021, Az. I ZR 138/20, MMR 2022, 395 Tz. 24). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof eine Indizwirkung gegenüber Außenseitern sowohl mit Blick auf von der jeweiligen Verwertungsgesellschaft geschlossene Verträge (hierzu: BGH, Beschl. v. 4. November 2021, Az. I ZR 138/20, GRUR-RS 2021, 45655 Tz. 14), als auch hinsichtlich der nutzerseitig mit anderen Verwertungsgesellschaften geschlossenen Verträge angenommen (BGH, Urt. v. 20. März 2013, Az. I ZR 84/11, MMR 2014, 59, 60 Tz. 20 a.E. – Gesamtvertrag Hochschulen). Entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht bleibt es der einzelnen Verwertungsgesellschaft im Falle einer indiziellen Berücksichtigung der von den betroffenen Nutzern mit dritten Verwertungsgesellschaften geschlossenen Verträge unbenommen, auf geänderte Verwertungsrealitäten selbständig zu reagieren. Die indizielle Bedeutung eines von einer anderen Verwertungsgesellschaft geschlossenen Vertrages führt keinesfalls dazu, dass vorab stets eine Abstimmung mit den entsprechenden Verwertungsgesellschaften erfolgen müsste. Im Gegenteil hätte die nach dem Dafürhalten der Beklagten gebotene, ausschließliche indizielle Berücksichtigung von ihr selbst geschlossener Verträge zur Folge, dass die Vertragsposition auf Seiten der Verwertungsgesellschaft einseitig und ohne jede Berücksichtigung der bisherigen Vertragspraxis auf Seiten des betroffenen Nutzers Berücksichtigung fände. Dass eine solchermaßen einseitige Maßstabsbildung nicht angemessen sein kann, liegt nach Ansicht des Senats auf der Hand. Soweit hieraus die Notwendigkeit einer praktischen Orientierung an den einschlägigen Vereinbarungen anderer Verwertungsgesellschaften folgt, ist dies lediglich Ausfluss der einer Verwertungsgesellschaft obliegenden gesetzlichen Pflicht zu diskriminierungsfreiem Verhalten gegenüber Nutzern der von ihnen verwalteten Rechte.
49
Kommen bei Anwendung dieser Grundsätze mehrere zeitlich und gegenständlich relevante Gesamtverträge als mögliche Referenzvereinbarungen in Betracht, beschränkt sich die für die Festsetzung angemessener gesamtvertraglicher Vertragskonditionen indizielle Wirkung nicht auf einen als solchen zu identifizierenden „nächstliegenden“ Referenzvertrag. Eine Vorrangwirkung eines bestimmten Gesamtvertrages ist gerade nicht anzunehmen (vgl. BGH, Urt. v. 1. April 2021, Az. I ZR 45/20, GRUR 2021, 1181, 1184 Tz. 47 – Gesamtvertrag USB-Sticks und Speicherkarten). Vielmehr ist das Gericht gehalten, sämtliche vorgelegte und als Referenzvereinbarungen in Betracht kommende Vertragswerke zu berücksichtigen und auf dieser Grundlage die angemessenen Vertragskonditionen im Wege einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln, wobei darauf zu achten ist, dass einzelne Regelungen nicht selektiv aus dem Gesamtzusammenhang herausgelöst und nur willkürlich zusammengestellt werden (vgl. BGH, Urt. v. 1. April 2021, Az. I ZR 45/20, GRUR 2021, 1181, 1184 Tz. 38 – Gesamtvertrag USB-Sticks und Speicherkarten). Der wesentliche Vorzug einer Gesamtbetrachtung gegenüber einer bloßen Einzelbetrachtung eines vertragsgegenständlich nächstliegenden Referenzvertrages liegt darin, dass so mögliche Branchenstandards identifiziert und eine Generalisierung der Regelungen vermieden werden kann, die möglicherweise nur eine verhandlungsspezifische Sonderkonstellationen widerspiegeln. Insbesondere bei Fallgestaltungen, bei denen wie im Falle der Beteiligung von Verwertungsgesellschaften ein Vertragspartner auf Grund der regulatorischen Rahmenbedingungen über erhebliche Verhandlungsmacht verfügt, ist es aus Sicht des Senats geboten, im Rahmen der Ausübung des dem Gericht zustehenden billigen Ermessens durch eine Gesamtbetrachtung auf einen möglichst ausgewogenen Interessensausgleich hinzuwirken. Im Wege einer Gesamtbetrachtung ermittelte Vertragskonditionen greifen insoweit das auf, was vernünftige Vertragsparteien in vergleichbaren Situationen bereits geregelt haben, während eine bloße Einzelbetrachtung Gefahr läuft, Regelungen gesamtvertraglich festzusetzen, die nur auf einer Ausübung einseitiger Verhandlungsmacht beruhen. Dies wiegt umso schwerer, als auch der gerichtlich festgesetzte Gesamtvertrag seinerseits wiederum indizielle Bedeutung für mögliche künftige Gesamtvertragslösungen entfalten kann (vgl. BGH, Urt. v. 10. September 2020, Az. I ZR 66/19, GRUR 2021, 604, 605 Tz. 22 – Gesamtvertragsnachlass).
50
Will eine Partei von einer nach diesen Maßstäben als angemessen indizierten Regelung abweichen, muss sie die Angemessenheit ihrerseits substantiiert bestreiten. Liegt ein hinreichend substantiiertes Bestreiten nicht vor, wird das Gericht im Rahmen der Ausübung seines Ermessens in Ermangelung anderweitiger besserer Erkenntnisse regelmäßig von der Angemessenheit der in einem Referenzvertrag enthaltenen Regelungen auszugehen haben (BGH, Beschl. v. 4. November 2021, Az. I ZR 138/20, GRUR-RS 2021, 45655 Tz. 29; BGH, Urt. v. 10. September 2020, Az. I ZR 66/19, GRUR 2021, 604, 605 Tz. 22 – Gesamtvertragsnachlass).
51
2. Vor diesem Hintergrund misst der Senat über den zuvor zwischen den Parteien bestehenden Gesamtvertrag in der Fassung des dem Schreiben des Klägers vom 11. Juni 2010 beigefügten Einzelvertragsmusters hinaus (Anlagen K 4 und K 3b) auch dem von der Beklagten mit dem FRK-Fachverband für Rundfunk- und BreitbandKommunikation geschlossenen Vertrag vom 23. Dezember 2016/21. Dezember 2016 Indizwirkung bei (Anlage K 25, nachfolgend nur: FRK-Vertrag). Der Vertrag wurde für die Mindestlaufzeit vom 1. Januar Tarif bis 31. Dezember 2022 geschlossen. Gegenständlich betrifft der FRK-Vertrag gemäß dessen § 2 die Nutzungsrechte zur Kabelweitersendung und IPbasierten Weitersendung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen. Entsprechende Nutzungsrechte sind auch Gegenstand des Streitverfahrens. Der Kläger begehrt mit der hiesigen Klage die Festsetzung eines Gesamtvertrages über Nutzungsrechte zur Kabelweitersendung, wobei diese nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Streitparteien weder auf einen bestimmten Übertragungsstandard noch eine bestimmte Übertragungsqualität noch bestimmte Netztechniken beschränkt sein sollen. Vielmehr sollen in technischer Hinsicht sämtliche Übertragungsstandards wie die analoge, digitale, PAL-, DVB- und IP-basierte Übertragung erfasst sein. Überdies handelt es sich bei den Mitgliedern des FRK um Kabelnetzbetreiber. Dass es sich im Gegensatz zu den Mitgliedern des Klägers um Betreiber vorwiegend kleinerer Kabelnetze handelt, steht der grundsätzlichen Vergleichbarkeit nicht entgegen. Die Größe der Mitgliedsunternehmen mag sich aber bei der Bewertung wirtschaftlicher Detailfragen auswirken, was mit Blick auf die jeweiligen vertraglichen Regelungen zu berücksichtigen sein kann.
52
Ebenso ist der zwischen dem Kläger und der GEMA seit dem Jahr 2009 bestehende Gesamtvertrag als Referenzvertrag heranzuziehen (Anlage K 9, nachfolgend nur: GEMA-Vertrag). Auch bei dem GEMA-Vertrag geht es dessen § 2 Ziffer 1 i.V.m. Anlage 1 § 1 Ziffer 3 zufolge um die technologieübergreifende Einräumung der zur Kabelweitersendung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen notwendigen Nutzungsrechte. Dass auf Seiten der Rechteinhaber nicht die Beklagte als Verwertungsgesellschaft beteiligt ist, steht der indiziellen Bedeutung des GEMA-Vertrages nicht entgegen. Der Bundesgerichtshof hat – wie bereits ausgeführt – ausdrücklich entschieden, dass auch auf Verwertungsgesellschaftsseite mit Außenseitern geschlossene Gesamtverträge Indizwirkung entfalten können (BGH, Urt. v. 20. März 2013, Az. I ZR 84/11, MMR 2014, 59, 60 Tz. 20 a.E. – Gesamtvertrag Hochschulen).
53
Weiter ist der von der Beklagten am 11. Dezember 2015 mit ... geschlossene Lizenzvertrag als Referenzvereinbarung zu berücksichtigen (Anlage K 10, nachfolgend nur: ...-Vertrag). Bei den Unternehmen der ... handelt es sich ebenso wie bei den Mitgliedsunternehmen des Klägers um Kabelnetzbetreiber, denen die Beklagte Nutzungsrechte zur kabelgebundenen Weitersendung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen einräumt. Der Begriff der kabelgebundenen Weitersendung ist gemäß § 2.1 des ...-Vertrages technologieoffen definiert und umfasst sämtliche Verbreitungswege wie Breitband, Telefonkabel und Glasfaserkabel, IP-TV, Mikrowellensysteme, Satellit und sonstige drahtgebundene Verbreitungswege. Damit sind auch die im Streitfall relevanten kabelgebundenen Weitersendungsrechte umfasst. Unbeachtlich ist zudem, dass es sich bei dem ...-Vertrag nicht um einen Gesamt-, sondern um einen mit einem einzelnen Nutzer geschlossenen Lizenzvertrag handelt. Entscheidend ist, dass der Vertrag zeitlich und gegenständlich die im Streitfall relevanten Leistungen betrifft (vgl. BGH, Beschl. v. 4. November 2021, Az. I ZR 138/20, GRUR-RS 2021, 45655 Tz. 22 f.).
54
Gleiches gilt im Ergebnis für die von der Beklagten mit der ebenfalls zur ... Gruppe gehörenden ... am 10. Dezember 2014 geschlossene Vergleichs- und Lizenzvereinbarung (Anlage K 11, nachfolgend nur: ...-Vertrag). Auch bei der ... handelt es sich um einen Kabelnetzbetreiber, dem die Beklagte Nutzungsrechte zur kabelgebundenen Weitersendung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen einräumt. Der Umfang der dem Kabelnetzbetreiber eingeräumten Nutzungsrechte gemäß § 2.1 des ...-Vertrages entspricht dabei der technologieoffenen Rechteeinräumung gemäß § 2.1, Teil 2 des ...-Vertrages. Dass der ...-Vertrag zur Beendigung bei Gericht anhängiger Verfahren abgeschlossen wurde, steht der Indizwirkung nicht entgegen. Zwar knüpft die Annahme der indiziellen Wirkung vereinbarter Gesamtverträge an den Umstand an, dass ein im Wege privatautonomer Verhandlungen zwischen sachkundigen Verhandlungspartnern erzieltes Vertragsergebnis ein angemessenes Abbild des den Urheberrechtsinhabern tatsächlich entstehenden Schadens darstellt. Allerdings hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich entschieden, dass für im Rahmen eines förmlichen Verfahrens festgesetzte Gesamtverträge nichts anderes gilt (BGH, Urt. v. 10. September 2020, Az. I ZR 66/19, GRUR 2021, 604 Tz. 22 – Gesamtvertragsnachlass). Nichts anderes kann gelten, wenn die Parteien sich im Rahmen eines laufenden rechtsförmlichen Verfahrens einvernehmlich auf eine vertragliche Regelung verständigen.
55
Soweit die Beklagte unter Verweis auf Seite 55 des Einigungsvorschlages behauptet, dass die Schiedsstelle die mit den Unternehmen der ... und ... geschlossenen Verträge nicht als Maßstab herangezogen habe, kann ihr nicht gefolgt werden. Auf Seite 55 des Einigungsvorschlags heißt es ausdrücklich, dass diese Verträge aufgrund der erheblichen Marktbedeutung nicht unberücksichtigt bleiben können. Angesichts der erheblichen Marktbedeutung der ... hat die Schiedsstelle vielmehr vorgeschlagen, im streitgegenständlichen Gesamtvertrag vergleichbare Konditionen aufzunehmen, um den Mitgliedsunternehmen des Klägers gleiche Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen. Wenn die Beklagte dagegen vorträgt, dass die bereits in den Jahren 2014 und 2015 geschlossenen Verträge nicht mehr relevant seien, weil diese bereits zwei Mal (2016 und 2017) geändert worden seien, ist dies für die hier zu treffende Entscheidung ohne Belang, da die behaupteten Änderungen von der Beklagten nicht näher ausgeführt werden. Will die Beklagte von ihrer eigenen Vertragspraxis abweichen, genügt ein bloßes Bestreiten der indiziellen Bedeutung der fraglichen Referenzvereinbarung nicht. Der Beklagten obliegt in einem solchen Fall zumindest eine sekundäre Darlegungslast für die in dem betroffenen Vertragsverhältnis behaupteten, tatsächlich erfolgten Änderungen.
56
Ebenso wenig kann die Beklagte mit dem Argument durchdringen, dass die Konditionen der mit den Unternehmen der ... geschlossenen Lizenzverträge nicht marktgerecht seien, weil die hierin enthaltenen Konditionen mit Blick auf die überragende Marktmacht der ... vereinbart worden seien. Dieser Vortrag rechtfertigt es indes nicht, die fraglichen Verträge gänzlich außer Betracht zu lassen. Dem Vortrag der Beklagten lassen sich keine nachvollziehbaren, hinreichend substantiierten Ausführungen entnehmen, auf deren Grundlage sich Anhaltspunkte für einen eventuellen Marktmachtmissbrauch ergeben könnten.
57
Nicht entscheidend ist überdies, dass die mit ... und ... geschlossenen Verträge zwischenzeitlich gekündigt sind. Gemäß Ziffer 9.3 des jeweiligen Vertrages gelten die dort vereinbarten Konditionen bis zum Inkrafttreten neuer vertraglicher Regelungen fort. Da eine neue Regelung jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht zustande kam, ist für die hiesige Entscheidung von der Fortgeltung der gemäß Anlagen K 10 und K 11 vorliegenden Verträge auszugehen. Nichts anderes würde gelten, wenn kurzfristig neue Verträge mit den genannten ...-Unternehmen geschlossen werden sollten. Insoweit ist zu bedenken, dass die hiesigen Vertragskonditionen für einen rückwirkenden Zeitraum ab 1. Januar 2018 festgesetzt werden. Damit überschneiden sich die Vertragszeiträume jedenfalls für einen Zeitraum von über vier Jahren. Dies genügt, um für die hier zu treffende Entscheidung von einer maßgeblichen, prägenden Wirkung auszugehen.
58
Soweit der Kläger darüber hinaus den mit der ... geschlossenen Vertrag als Anlage K 29 vorgelegt hat, käme dieser seinem Regelungsgegenstand nach zwar als weiterer Referenzvertrag dem Grunde nach in Betracht. Allerdings hat die Beklagte bestritten, dass dieser Vertrag tatsächlich umgesetzt wurde. Da der Kläger eine unterzeichnete Fassung des Vertrages auf das Bestreiten der Beklagten hin nicht beigebracht und auch nicht anderweitig dargetan hat, dass der Vertrag in Kraft getreten ist, kann dieser als Indiz möglicher angemessener Vertragsregelungen für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens nicht herangezogen werden. Dem Vertrag können allenfalls dahingehende Anhaltspunkte entnommen werden, welche Regelung der Kläger aus seiner Sicht für angemessen erachtet. Der Vertrag ist insofern als bloßer Parteivortrag zu berücksichtigen.
II.
59
Diese Erwägungen zu Grunde gelegt sind unter Berücksichtigung des Einigungsvorschlags der Schiedsstelle und nach umfassender Abwägung der von den Parteien vorgebrachten und aus der Akte ersichtlichen Argumenten die aus dem Tenor ersichtlichen Vertragsbedingungen festzusetzen. Soweit die von den Parteien jeweils vorgelegten Vertragsentwürfe übereinstimmen, legt der Senat seiner Entscheidung die im Einvernehmen der Parteien bestimmten Regelungen zu Grunde. Diese Vorgehensweise trägt dem Willen des Gesetzgebers Rechnung, dass die Verwertungsgesellschaften und die vergütungspflichtigen Kabelnetzbetreiber vorrangig eine einvernehmliche Regelung über die Bedingungen und insbesondere die Vergütung der Kabelweitersendung zu treffen haben. Die nachfolgende Begründung nimmt daher allein zu den zwischen den Parteien in Streit stehenden Vertragsklauseln Stellung. Aufgrund der für die betroffenen Parteien besonderen Bedeutung der Vergütungsregelung und unter Berücksichtigung der Vorgabe des § 130 VGG, wonach das Oberlandesgericht den Inhalt der Gesamtverträge und insbesondere Art und Höhe der Vergütung festzusetzen hat, stellt der Senat die Erwägungen zur Bemessung der angemessenen Vergütung voran:
1. Vergütungsregelung
60
Die Parteien sind sich im Grundsatz – wie aus der Anlage B 30 ersichtlich ist – darüber einig, dass auf Seiten der Kabelnetzbetreiber der Art nach ein umsatzbasiertes Lizenzentgelt zu zahlen ist. Keine Einigung konnten die Parteien hingegen in Bezug auf die Höhe des im Einzelfall geschuldeten Lizenzentgelts erzielen. Ausgehend von dem aus §§ 35, 39 Abs. 1 VGG folgenden Gebot der Festsetzung einer angemessenen Vergütung (nachfolgend lit. a.) gilt hinsichtlich der für die Höhe des geschuldeten Lizenzentgelts maßgeblichen Faktoren, zu denen neben vorliegend der Frage der Befugnis zur Weitergabe des Programmsignals an konzernfremde Netzebene-4-Betreiber (nachfolgend lit. b.) insbesondere der angemessene Lizenzsatz (nachfolgend lit. c.) sowie die entsprechende Bemessungsgrundlage (nachfolgend lit. d.) zählen, Folgendes:
a. Gebot der Festsetzung einer angemessenen Vergütung
61
In rechtlicher Hinsicht ergibt sich das Erfordernis der Festsetzung einer angemessenen Vergütung aus der Rechtsgrundlage der §§ 35, 39 Abs. 1 VGG. Angemessen ist nur eine solche Vergütungsregelung, die in der Gesamtschau der gesamtvertraglichen Regelungen sicherstellt, dass der wirtschaftliche Wert der jeweiligen Werknutzung unter Berücksichtigung von Art und Umfang der Nutzung angemessen abgebildet wird und die Rechteinhaber angemessen an der Nutzung ihrer Werke beteiligt werden (EuGH, Urt. v. 25. November 2020, Az. C-372/19, GRUR 2021, 95, 97 ff. Tz. 30, 48 – SABAM). Vor dem Hintergrund, dass im Rahmen gesamtvertraglicher Vergütungsregelungen eine Vielzahl von Nutzungsvorgängen gleichmäßig erfasst und auf praktikable Weise schematisiert werden muss, ist zudem anerkannt, dass bei der Berechnung einer angemessenen Vergütung eine gewisse Typisierung, Pauschalierung und Generalisierung vorzunehmen ist, um eine unverhältnismäßige Zunahme der auf Seiten einer Verwertungsgesellschaft bei der Vertragsverwaltung und Überwachung der Nutzung entstehenden Kosten zu vermeiden (EuGH, a.a.O., Tz. 46; Raue in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 7. Aufl. 2022, VGG, § 39 Rn. 4). Insoweit stellt der von den Parteien einvernehmlich verfolgte Ansatz, eine angemessene Beteiligung der Urheber an dem von den Kabelnetzbetreibern erzielten wirtschaftlichen Erfolg auf der Grundlage einer umsatzbasierten Lizenzvergütung sicherzustellen, eine dem Grunde nach anerkannte Berechnungsmethode dar (vgl. Gerlach in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 6. Aufl. 2022, VGG, § 39 Rn. 2 f.).
62
Während über den Umsatz als Bemessungsgrundlage der Umfang der Rechtenutzung erfasst wird, stellt der Lizenzsatz die Messgröße für die Art der Nutzung und den auf den Anteil des urheberrechtlich geschützten Werkes an der seitens des Nutzers im jeweiligen Fall konkret erfolgenden Wertschöpfung dar. Die Frage, welcher konkrete Anteil im Falle der Ausübung des lizenzierten Nutzungsrechts auf die Werknutzung einerseits und auf die seitens des Nutzers erbrachten Leistungen – hier die Bereitstellung und des Betriebs der Netzinfrastruktur – andererseits entfällt, hat der Senat auch und gerade unter Berücksichtigung der Indizwirkung des Einigungsvorschlags der Schiedsstelle sowie der wie bereits dargelegt einschlägigen Referenzverträge zu beantworten (siehe bereits Ziff. B.I.1.). Dabei trägt die Beklagte, da es ihr im vorliegenden Fall darum geht, gegenüber dem bislang mit dem Kläger bestehenden Gesamtvertrag höhere Vergütungssätze zu vereinbaren, die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass eine Änderung der Sachlage eingetreten ist, welche die höhere Vergütung rechtfertigt (BGH, Urt. v. 1. April 2021, Az. I ZR 45/20, GRUR 2021, 1181, 1185 Tz. 45 – Gesamtvertrag USB-Sticks und Speicherkarten; BGH, Urt. v. 18. Juni 2014, Az. I ZR 215/12, GRUR 2015, 61, 64 Tz. 35 – Gesamtvertrag Tanzschulkurse; BGH, Urt. v. 20. Februar 2013, Az. I ZR 189/11, GRUR 2013, 1037, 1041 Tz. 41).
63
Die von der Beklagten nach § 38 Satz 1 VGG einseitig aufgestellten Tarife sind demgegenüber nicht verbindlich und entfalten dem Grunde nach auch keine Indizwirkung für die Angemessenheit der Vergütung. Vielmehr trägt eine Verwertungsgesellschaft die Darlegungs- und Beweislast für die Angemessenheit der von ihr aufgestellten Tarife (BGH, Urt. v. 16. März 2017, Az. I ZR 106/15, MMR 2018, 175, 177 Tz. 23; BGH, Urt. v. 20. Februar 2013, Az. I ZR 189/11, GRUR 2013, 1037, 1039 Tz. 23, 41 – Weitergeltung als Tarif). Anders liegt dies nur, wenn es sich um einen sogenannten „durchgesetzten“, in bestehenden Gesamtverträgen zum Ausdruck kommenden Tarif handelt (vgl. BGH, Urt. v. 22. Januar 1986, Az. I ZR 194/83, GRUR 1986, 376, 377 f. – Filmmusik; Melichar/Staats in: Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, 3. Aufl. 2021, § 54 Rn. 39; Raue in Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 7. Aufl. 2022, VGG, § 38 Rn. 10). Damit bleibt es auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten festgesetzten Tarife dabei, dass im Rahmen der gebotenen gerichtlichen Überprüfung auf Angemessenheit die gesamte für die streitgegenständliche Nutzungsart relevante Vertragspraxis in den Blick zu nehmen ist.
b. Rechtefreie Weitergabe an konzernfremde Netzebene-4-Betreiber
64
Der Senat ist entgegen der Beklagten der Auffassung, dass eine zur Zahlung eines Signallieferungsentgelts verpflichtende Befugnis der Kabelnetzbetreiber, das von ihnen empfangene Programmsignal an dritte Netzebene-4-Betreiber weiterzugeben, eine angemessene Regelung darstellt und daher in den streitgegenständlichen Gesamtvertrag aufzunehmen ist. Netzebene-4-Betreiber, an welche das Programmsignal auf dieser Grundlage weitergegeben wurde, können und dürfen folglich von der Beklagten nicht wegen möglicher urheberrechtlicher Ansprüche in Anspruch genommen werden. Eine dahingehende Regelung entspricht der bisherigen Vertragslage zwischen den Streitparteien und ist in den im vorliegenden Verfahren relevanten Referenzverträgen enthalten. Auch die Schiedsstelle hält die Regelung einer entsprechenden Befugnis für angemessen:
65
In ihrer bisherigen gesamtvertraglichen Regelung hatten die Streitparteien gemäß § 4 Ziffer 1 des Einzelvertragsmusters mit Stand vom 28. Oktober 2003/5. November 2003 (Anlage K 2) vereinbart, dass Kabelnetzbetreiber befugt sind, die Programmsignale „rechtefrei“ an andere an ihr Netz angeschlossene Kabelnetzbetreiber („Netzebene-4-Betreiber“) weiterzugeben. Eine entsprechende Regelung erfolgte für konzernzugehörige ebenso wie für konzernfremde Netzebene-4-Betreiber in § 4 Ziffer 1 des Einzelvertragsmusters mit Stand vom 15. April 2010 (Anlagen K3a, K3b). Insoweit wurde lediglich ergänzt, dass Kabelnetzbetreiber in ihren Verträgen mit Netzebene-4-Betreibern sicherstellen, dass diese während der Vertragslaufzeit ihrerseits keine Transportentgelte für die Weiterleitung von Programmsignalen erheben.
66
Hinreichende Anhaltspunkte, warum von dieser zwischen den Parteien bestehenden Vertragspraxis zukünftig abgewichen werden sollte, sind nicht dargetan und auch sonst nicht ersichtlich. Im Gegenteil weisen sämtliche als Referenzvereinbarungen in Betracht kommenden Verträge eine inhaltlich entsprechende Regelung auf.
67
Gemäß Ziffer 3.1 lit. c), Anlagen 1 und 2, des von der Beklagten selbst als Referenzvertrag herangezogenen FRK-Vertrages (Anlage K 25), gilt die Nutzung der Rechte als mitabgegolten für die Weitersendung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen in von konzernfremden Unternehmen betriebenen Kabelnetzen der Netzebene 4. Eine Einschränkung gilt dort lediglich der Höhe nach, indem die Weitersendung an diese hier sogenannten NE4-Endkunden (in der Terminologie der Streitparteien: Netzebene-4-Betreiber) auf maximal 8 Prozent der Summe der eigenen Endkunden eines Kabelnetzbetreibers beschränkt ist.
68
Eine entsprechende Regelung findet sich in Ziffer 3.1 lit. c) des ...-Vertrages (Anlage K 10) und Ziffer 3.1 lit. c) des ...-Vertrages (Anlage K 11, Teil 2). Auch insoweit ist lediglich eine quantitative Beschränkung in der Höhe von 455.000 bzw. 736.000 NE4-Endkunden erfolgt.
69
Die im Rahmen des GEMA-Vertrages erfolgte Rechteeinräumung umfasst gemäß dessen Anlagen 1 und 2, § 2 Ziffer 9, ebenfalls die Weiterverbreitung in nachgelagerten lokalen Kabelnetzen von konzerneigenen und konzernfremden Kabelnetzbetreibern oder Wohnungsunternehmen („NE-4-Betreiber“), die ihre Signale direkt oder indirekt von dem Lizenznehmer beziehen. Eine quantitative Beschränkung ist insoweit nicht vorgesehen.
70
Auch der Einigungsvorschlag der Schiedsstelle vom 21. Dezember 2020 (Anlage K 1) spricht sich für die Fortgeltung der Befugnis zur „rechtefreien“ Weitergabe des Programmsignals an konzerninterne und konzernfremde Netzebene-4-Betreiber aus, ohne dass dabei eine quantitative Beschränkung vorzusehen ist. Der von den Parteien mit dieser Befugnis verfolgte Zweck, den administrativen Aufwand auf Seiten der Verwertungsgesellschaften zu reduzieren, der sich aus der historisch bedingten Trennung von Netzebene 3 und Netzebene 4 ergibt, besteht der Schiedsstelle zufolge fort.
71
Eine Abweichung von der bisherigen Praxis ist auch unter Berücksichtigung des weiteren Vortrags der Beklagten nicht geboten. Insbesondere ist eine Änderung der bestehenden Praxis nicht mit Blick auf den von der Beklagten festgesetzten Tarif 2018 angezeigt. In dem als Anlage B 1/1 vorgelegten Tarif ist eine entsprechende Befugnis zwar nicht mehr vorgesehen. Allerdings handelt es sich bei einem Tarif um lediglich einseitig festgesetzte Vertragsbedingungen. Diese unterliegen zwar der Staatsaufsicht und sind damit nicht per se unangemessen (vgl. Raue in Dreier/Schulze, UrhG, 7. Aufl. 2022, VGG, § 39 Rn. 22). Gegen die Berücksichtigung des Tarifs im vorliegenden Fall spricht aber insbesondere die mit den Referenzverträgen gemäß Anlagen K 9, K 10, K 11 und K 23 belegte, in vergleichbaren Regelungen fortbestehende Vertragspraxis. Die sich hieraus ergebende indizielle Wirkung ist nicht durch einen Verweis auf eine einseitig geänderte Tarifgestaltung widerlegt.
72
Entgegen der Meinung der Beklagten wird die über Verwertungsgesellschaften gemäß §§ 75 ff. VGG ausgeübte Staatsaufsicht nicht umgangen. Die Einräumung der Weitergabebefugnis an Netzebene-4-Betreiber war bereits aus den bisherigen Vertragstexten ohne weiteres ersichtlich und unterlag damit bereits in der Vergangenheit der staatlichen Aufsicht durch das gemäß § 75 Abs. 1 VGG zuständige Deutsche Patent- und Markenamt. Anhaltspunkte dafür, dass die bisherige Vertragspraxis im Rahmen der staatlichen Aufsicht beanstandet wurde, sind indes weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
73
Die Befugnis zur Signalweitergabe widerspricht zudem nicht den Vorgaben des VGG. Die Beklagte verletzt ihren hier aus § 20 b Abs. 1 UrhG folgenden gesetzlichen Wahrnehmungsauftrag nicht dadurch, dass sie den Kabelnetzbetreibern die Befugnis zur rechtefreien Signalweitergabe an Netzebene-4-Betrieber einräumt. Mit der von der Schiedsstelle vorgeschlagenen und der bestehenden Vertragspraxis entsprechenden Regelung einer im Rahmen der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigenden und damit vergütungspflichtigen Weitersendungsbefugnis erfolgt gerade eine im Interesse der von der Beklagten treuhänderisch vertretenen Rechteinhaber angemessene Rechteverwertung. Zu Recht weist die Schiedsstelle darauf hin, dass die Weitergabebefugnis nicht zuletzt für die Beklagte selbst vorteilhaft ist, weil nicht im Einzelfall geklärt werden muss, wer im urheberrechtlichen Sinne Weitersender und damit für die Weitersendung verantwortlich und im eigentlichen Sinne lizenzpflichtig ist (Anlage K 1, Seite 53 f.). Die Vergütungspflichtigkeit der Weitergabebefugnis stellt zudem sicher, dass die Rechteinhaber an der entsprechenden Verwertungshandlung partizipieren.
74
Soweit die Beklagte hiergegen vorträgt, dass die Befugnis zur Signalweitergabe häufig missbräuchlich genutzt würde, um Lizenzzahlungen zulasten der Beklagten sowie der Rechteinhaber zu verkürzen, greift auch dieses Argument nicht durch. Zum einen erfolgt der entsprechende Vortrag der Beklagten rein pauschal. Konkrete Anhaltspunkte für eine tatsächlich missbräuchliche Ausnutzung sind nicht dargetan. Insbesondere ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass Kabelnetzbetreiber – wie von der Beklagten behauptet – in der Praxis tatsächlich Abrechnungen auf Basis niedrigerer Signallierungsentgelte anstatt der eigentlich geschuldeten Endkunden-Entgelte vorgenommen haben. Hinzu kommt, dass ein per se Ausschluss der Befugnis zur Signalweitergabe kein verhältnismäßiges Mittel zur Beseitigung eines entsprechenden Missbrauchspotentials ist. Ein dahingehendes Verbot mag ein insoweit geeignetes Mittel darstellen. Eine gleich wirksame, die mit der Weitergabebefugnis zugleich verbundenen Vorzüge wahrende Lösung stellt indes der im Anschluss an den Einigungsvorschlag der Schiedsstelle gewählte Ansatz einer auf Basis einer Mindestbemessungsgrundlage abzurechnenden, vergütungspflichtigen Signalweitergabe dar.
75
Hieraus folgt zugleich, dass eine quantitative Beschränkung der Befugnis zur Weitergabe des Programmsignals an Netzebene-4-betreiber nicht geboten ist. Eine solche hat die Beklagte zwar in den mit den zur ... gehörenden Unternehmen ... vereinbart (Anlagen K 10 und K 11). Die entsprechenden Regelungen sind indes dem Vertragswortlaut zufolge mit dem Ziel vereinbart worden, einen weiteren Ausbau der Signalweitergabe an Netzebene-4-Betreiber bei gleichzeitiger Wahrung des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses herrschenden Status quo zu verhindern. In dem mit dem Kläger geschlossenen bisherigen Gesamtvertrag war eine quantitative Beschränkung hingegen nicht enthalten. Da sich die Beklagte den Vortrag des Klägers, dass eine Trennung zwischen Netzebene 3 und Netzebene 4 ohnehin deutlich zurückgegangen sei, zu eigen gemacht hat (Bl. 121 d. Akte), vermag der Senat keinen durchgreifenden Grund zu erkennen, warum in Abweichung von der bisherigen Praxis nunmehr eine quantitative Begrenzung aufgenommen werden sollte.
c. Lizenzsatz
76
Die unter lit. a. dargestellten Maßstäbe zugrunde gelegt ist nach Ansicht des Senats unter Berücksichtigung der bisherigen Vertragspraxis und der einschlägigen Referenzvereinbarungen ein Lizenzsatz von 0,90 Prozent bei Verlangen eines Einspeiseentgelts bzw. 0,81 Prozent, wenn ein solches von einem Kabelnetzbetreiber nicht verlangt wird, angemessen. Der Senat orientiert sich dabei in weiten Teilen an den zutreffenden und überzeugenden Ausführungen der Schiedsstelle, die nur im Hinblick auf die Höhe des Lizenzsatzes widersprüchlich sind und daher dem Antrag des Klägers entsprechend anzupassen waren. Im Einzelnen liegen der wie hier erfolgten Ausübung des dem Senat nach § 130 Satz 1 VGG eingeräumten Ermessens folgende Erwägungen zu Grunde:
aa. Berücksichtigung von Einspeiseentgelten
77
An der Differenzierung von Tarifen mit und ohne Erhebung von Einspeiseentgelten ist festzuhalten. Dies entspricht nicht nur der langjährigen Vertragspraxis zwischen den Parteien, sondern auch der Vertragspraxis mit den zur ... zählenden Unternehmen ... (Anlagen K 10 und K 11) sowie dem mit dem FRK geschlossenen Gesamtvertrag (Anlage K 25). Die Schiedsstelle ist dieser grundsätzlichen Differenzierung ebenfalls gefolgt (Anlage K 1, Seite 80). Lediglich in dem von dem Kläger mit der GEMA geschlossenen Vertrag wird eine Differenzierung nach dem Verlangen eines Einspeiseentgelts nicht vorgenommen (Anlag K 9).
78
Während der Kläger seine Bedenken gegen eine entsprechende Differenzierung im Rahmen des hiesigen Klageverfahrens nicht aufrecht erhalten hat, steht die Beklagte auf dem Standpunkt, dass die Erhebung von Einspeiseentgelten der Regelfall sei, weswegen kein gesonderter Lizenzsatz für Weitersendungen ohne Einspeiseentgelte mehr ausgewiesen werden müsse. Gründe, welche die aus der vorstehend beschriebenen ganz überwiegenden Vertragspraxis folgende Indizwirkung widerlegen könnten, sind seitens der Beklagten indes nicht vorgetragen. Selbst wenn man unterstellt, dass die Erhebung von Einspeiseentgelten zwischenzeitlich der Regelfall ist, schließt dies auch dem eigenen Vortrag der Beklagten nach nicht aus, dass weiterhin Anbieter von der Möglichkeit Gebrauch machen, gerade kein Einspeiseentgelt zu erheben. Die Beklagte selbst trägt vor, dass im Jahr 2019 80 Prozent der ihr vorgelegten Abrechnungen die Tarifvariante „mit Einspeiseentgelt“ aufgewiesen hätten. Diesen Vortrag als wahr unterstellt, rechnen nach wie vor 20 Prozent aller Kabelnetzbetreiber „ohne Einspeiseentgelt“ ab. Dieser signifikante Anteil an Unternehmen würden durch einen Einheitstarif erheblich benachteiligt, sodass es schon aus diesem Grund notwendig erscheint, an der bestehenden Vertragspraxis festzuhalten. Auf die von der Beklagten angebotene Einvernahme des Zeugen ... kommt es folglich nicht an.
bb. Keine Differenzierung nach der Erhebung von Dater
79
Der Auffassung der Beklagten, dass bei der Bemessung der Vergütung nach der Frage der Datenerhebung zu differenzieren sei, folgt der Senat nicht. Die Schiedsstelle hat insoweit überzeugend ausgeführt und begründet, dass zwischen der Werknutzung und der Datenerhebung der für eine Vergütungspflicht notwendige unmittelbare Kausalzusammenhang nicht besteht. Die Datenerhebung erfolgt insoweit nicht durch, sondern nur bei Gelegenheit der Werknutzung (nachfolgend (1)). Die erhobenen Daten allein stellen überdies keinen geldwerten Vorteil dar (nachfolgend (2)). Da Daten zudem nach Art und Umfang in höchst unterschiedlicher Art und Weise erhoben und genutzt werden, verstößt eine hieran pauschal anknüpfende Erhöhung des Lizenzsatzes gegen das der Beklagten obliegende Diskriminierungsverbot (nachfolgend (3)). Weiter verkennt ein nach der Frage der Datenerhebung differenzierender Lizenzsatz die Interdependenz zwischen Lizenzsatz und Bemessungsgrundlage (nachfolgend (4)). Schließlich rechtfertigt eine seitens der Kabelnetzbetreiber erfolgende IP-basierte Weitersendung keinen auf die Datenerhebung abstellenden Lizenzsatz (nachfolgend (5)).
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(1) Eine Beteiligung des Urhebers am wirtschaftlichen Erfolg des Verwerters ist gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 VGG nur insoweit geboten, als dessen wirtschaftlicher Erfolg durch die Verwertung des Werks erzielt wurde und damit in unmittelbarem Zusammenhang mit der Nutzung des jeweiligen Schutzgegenstandes steht (Reinbothe in: Schricker/Loewenheim, 6. Aufl. 2020, VGG, § 39 Rn. 5 a.E.; Gerlach in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 6. Aufl. 2022, VGG, § 39 Rn. 2).
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(a) In rechtlicher Hinsicht ist das Unmittelbarkeitserfordernis zum einen Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes, dass zivilrechtliche Einstandspflichten nicht im Sinne einer naturgesetzlichen Äquivalenzbetrachtung für sämtliche Folgen bestehen, die entfielen, wenn man das mögliche ursächliche Verhalten hinwegdächte. Um eine hieraus folgende unübersehbar ausufernde Haftung zu vermeiden, ist die zivilrechtliche Haftung vielmehr durch den Schutzzweck der Norm begrenzt und besteht mithin nur für Tatfolgen, die gerade aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die in Streit stehende Norm erlassen oder die mutmaßlich verletzte vertragliche oder vorvertragliche Pflicht übernommen worden ist (st. Rspr.; statt vieler: BGH, Urt. v. 9. Dezember 2020, Az. VIII ZR 371/18, NJW-RR 2021, 201, 202 Tz. 27). Ebenso liegt es mit Blick auf urheberrechtliche Nachvergütungsansprüche. Gemäß § 32a UrhG tritt eine zusätzliche Vergütungspflicht nur bezüglich der Erträge oder Vorteile aus der Werknutzung ein, die in den Schutzbereich des dem Urheber eingeräumten Verwertungsrechts fallen (BGH, Urt. v. 7. April 2022, Az. I ZR 222/20, GRUR 2022, 899, 903 Tz. 35 – Porsche 911). Nichts anderes kann im Bereich urheberwahrnehmungsrechtlicher Zahlungspflichten gelten. Da auch insoweit ein berechtigtes Interesse zahlungspflichtiger Nutzer besteht, keiner unübersehbar ausufernden Haftung ausgesetzt zu sein, ist eine den allgemeinen zivilrechtlichen Haftungsgrundsätzen entsprechende Beschränkung nach dem Schutzzweck der Norm vorzunehmen. Der Schutzzweck des § 35 VGG besteht insbesondere darin, durch die Bündelung von Nutzerinteressen das gegenüber den Verwertungsgesellschaften bestehende Verhandlungsungleichgewicht auszugleichen, um so ein Gegengewicht zur Monopolstellung der Verwertungsgesellschaften zu schaffen (BGH, Urt. v. 14. Oktober 2010, Az. I ZR 11/08, GRUR 2011, 61, 62 Tz. 11 – Gesamtvertrag Musikabrufdienste; Reinbothe in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 6. Aufl. 2020, VGG, § 35 Rn. 1). Vor diesem Hintergrund verpflichtet § 35 VGG eine Verwertungsgesellschaft dazu, über die von ihr wahrgenommenen Rechte mit Nutzervereinigungen einen Gesamtvertrag zu angemessenen Bedingungen abzuschließen. Ein Verhandlungsungleichgewicht zwischen Nutzern und Verwertungsgesellschaften kann in diesem Zusammenhang indes nur dann vermieden werden, wenn allein solche Vorteile auf Seiten der Nutzer als vergütungspflichtig angesehen werden, die unmittelbar auf der streitgegenständlichen Werknutzung beruhen.
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Zum anderen ist das Unmittelbarkeitserfordernis die synallagmatische Kehrseite des urheberrechtlichen Zweckübertragungsgrundsatzes. Demzufolge überträgt der Urheber im Zweifel keine weitergehenden Rechte, als es der Zweck der fraglichen Vereinbarung unbedingt erfordert. Hierin kommt zum Ausdruck, dass die urheberrechtlichen Befugnisse gleichsam die Tendenz haben, so weit als möglich beim Urheber zurückzubleiben (BGH, Urt. v. 22. Januar 1998, Az. I ZR 189/95, GRUR 1998, 680, 682 – Comic-Übersetzungen; Ohly in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 6. Aufl. 2020, UrhG, Vor §§ 31 ff. Rn. 55; Schulze in: Dreier/Schulze, UrhG, 7. Aufl. 2022, § 31 Rn. 110 m.w.N.). Hat das Urheberrecht aber die Tendenz, weitestmöglich bei seinem Rechteinhaber zurückzubleiben, dürfen im Rahmen einer zur Einräumung einer Nutzungsbefugnis in einem synallagmatischen Austauschverhältnis stehende Zahlungspflicht nur die aus eben dieser Nutzung unmittelbar resultierenden Vorteile berücksichtigt werden. Anderenfalls wäre eine dem Gebot der Angemessenheit entsprechende Vertragsparität nicht mehr hinreichend gewahrt.
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Hinzu kommt, dass die gerichtliche Zuständigkeit für die Festlegung einer der dem Urheber zustehenden angemessenen Vergütung gemäß § 130 VGG nur mit Blick auf die streitgegenständliche Werknutzung besteht. Das hier relevante, von der Beklagten als Verwertungsgesellschaft wahrgenommene Recht beschränkt sich auf die Weitersendungsrechte gemäß § 20b UrhG. Die von einem Werknutzer erzielten Vorteile müssen folglich unmittelbar gerade auf den Akt der Weitersendung zurückzuführen sein, um im Rahmen des vorliegenden Verfahrens als vergütungspflichtig festgesetzt werden zu können. Dabei kann sich die notwendige Unmittelbarkeit aus dem Sachzusammenhang der von einem Nutzer erzielten Erträge mit der Werknutzung oder aus einer von dem Nutzer getroffenen gewillkürten Entscheidung ergeben, bestimmte Erträge als Gegenleistung für die Ermöglichung der Werknutzung zu vereinnahmen.
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(b) Diese Maßstäbe zugrunde gelegt lässt sich ein unmittelbarer Kausalzusammenhang unter keinem denkbaren Gesichtspunkt annehmen:
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(aa) Zwischen der urheberrechtlichen Nutzungshandlung der Weitersendung nach § 20b UrhG und der Erhebung von Daten anlässlich der Weitersendung geschützter Fernseh- und Hörfunksendungen ist dem Sachzusammenhang nach kein unmittelbarer Kausalzusammenhang anzunehmen. Die Erhebung der Daten in einer Form, die eine weitergehende wirtschaftliche Verwertung erlaubt, beruht, wenn sie denn überhaupt vorgenommen wird, auf einem über die Weitersendung hinausgehenden, zusätzlichen Willensakt auf Seiten eines Kabelnetzbetreibers, etwaige Daten gesondert wirtschaftlich nutzbar zu machen. Insoweit zielt die Datenerhebung auf eine Verwertung der anlässlich der Werknutzung von dem Nutzer selbst erhobenen Daten ab, nicht auf die Verwertung des urheberrechtlichen Schutzgegenstandes.
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Dass es an der Unmittelbarkeit möglicher durch die Datenerhebung erzielbaren Vorteile fehlt, zeigt sich weiter daran, dass weitergehende datenbasierte Verwertungshandlungen regelmäßig eine gesonderte Zustimmung der betroffenen Nutzer voraussetzen. Ohne Einwilligung ist gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. b) DSGVO die Verarbeitung personenbezogener Daten nur zur Erfüllung des über die Weitersendung zwischen dem Netzbetreiber und einem Endkunden geschlossenen Vertrages oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich, welche auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen. Zulässig ist insofern die bei der Übertragung des IPTV-Signals technisch bedingte Identifikation der IP-Adresse des Empfangsgeräts eines Endkunden. Die zum Zwecke der Vertragserfüllung erfolgende Datenerhebung fällt aber unstreitig nicht unter die nach Ansicht der Beklagten zusätzlich vergütungspflichtige Datenerhebung. Jedwede weitere Erhebung und Nutzung von Daten des betroffenen Kunden bedarf daher dessen Einwilligung. Sollten Netzbetreiber daher weitergehende Daten erheben und wirtschaftlich nutzen, würden hieraus erzielte Vorteile unmittelbar nur auf der von einem Kunden erteilten Einwilligung und nicht auf der urheberrechtlichen Nutzungshandlung in Form der Programmweitersendung beruhen.
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Dies wird weiter bestätigt durch das von der Beklagten selbst vorgetragene Beispiel eines möglichen datenbasierten Geschäftsmodells in Form einer von Mitgliedsunternehmen des Klägers als Joint Venture gegründeten Targeting-Lösung für Digitalwerbung auf mobilen Endgeräten (Anlage B 46). Ausdrücklich heißt es hierzu in Anlage B 46, dass die insoweit grundlegende Herausforderung – auch nach (derzeit noch ausstehender) Genehmigung des Joint Ventures durch die Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission – darin besteht, die notwendigen Nutzereinwilligungen zu erholen.
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(bb) Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Kabelweitersendung und der durch eine mögliche Datenerhebung von dem Kabelnetzbetreibers erzielten Vorteile ist entgegen der Beklagten überdies nicht mit Blick auf die Entscheidungspraxis der Schiedsstelle zu den von der GEMA wahrgenommenen Nutzungsrechten für die öffentliche Wiedergabe von Musik bei Konzerten der Unterhaltungsmusik zu bejahen. In ihrem Einigungsvorschlag vom 17. November 2016 (Az. Sch-Urh 09/15) hat die Schiedsstelle zwar sogenannte musikfremde Leistungen wie Campinggebühren, Gebühren für den öffentlichen Personennahverkehr und Parkplatzgebühren tariflich als geldwerte Vorteile berücksichtigt und diese der Berechnungsgrundlage hinzugezählt. Im Gegensatz zu der hier zur Entscheidung stehenden Fallkonstellation lagen dem von der Schiedsstelle entschiedenen Sachverhalt damit indes entgeltpflichtige Leistungen zugrunde, welche der Konzertveranstalter als Werknutzer für seine Kunden im unmittelbaren Zusammenhang mit der fraglichen Musikdarbietung erbracht hat, um diesen den eigentlichen Werkgenuss zu ermöglichen. Insoweit ist es richtig, einen unmittelbaren Zusammenhang – den die Schiedsstelle hier ausdrücklich als solchen vorausgesetzt hat – anzunehmen, weil sämtliche genannten Leistungen unmittelbar mit dem Konzertbesuch in Zusammenhang stehen. Dagegen hat die Schiedsstelle im vorliegenden Fall den erforderlichen Kausalzusammenhang zu Recht abgelehnt. Die Daten werden von den Kunden nicht als Gegenleistung für den Empfang des von einem Kabelnetzbetreibers weitergeleiteten Programmsignals zur Verfügung gestellt, sondern von den Kabelnetzbetreibern nur bei dieser Gelegenheit erhoben. Soweit ein Kunde für den Abschluss eines Vertrages mit einem Kabelnetzbetreiber seine Stamm- bzw. Vertragsdaten zur Verfügung stellen muss, handelt es sich gleichfalls nicht um eine Gegenleistung. Ungeachtet dessen hat die Beklagte im Rahmen des vorgelagerten Schiedsverfahrens selbst vorgetragen, dass Stamm- und Vertragsdaten wie Name, Adresse und Telefonnummer des Kunden nicht zu berücksichtigen seien, wenn ein Kabelnetzbetreiber nur diese Daten erhebe (Anlage K 1, Seite 72).
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Die folgende Kontrollüberlegung verdeutlicht das Fehlen des unmittelbaren Kausalzusammenhangs: Teilen die von einem Musikveranstalter beschäftigten Ticketkontrolleuren diesem die anlässlich der von ihnen regelmäßig durchgeführten Einlasskontrollen erfolgte Beobachtung mit, dass eine zeitgeschichtlich bekannte Person bei bestimmten von ihm durchgeführten Musikveranstaltungen regelmäßig zum Kreis der Gäste zählt und informiert dieser sodann einen Pressevertreter über die Gelegenheit einer wirtschaftlich lukrativen Fotografie mag sich hieraus ein geldwerter Vorteil ergeben, sei es in Form einer unmittelbaren Geldzahlung durch das betroffene Presseunternehmen an den Musikveranstalter oder eines mit der Veröffentlichung des Fotos einhergehenden Werbewertes für die von ihm durchgeführten Musikveranstaltungen. Gleichwohl ist dieser wirtschaftliche Mehrwert lediglich auf eine sich bei Gelegenheit der Musikveranstaltung als Werknutzung ergebende Möglichkeit der Datenerhebung und der damit einhergehenden Möglichkeit der Verwertung dieser erhobenen Daten zurückzuführen und folglich nicht vergütungspflichtig. Nichts anderes gilt im Falle der Datenerhebung durch Kabelnetzbetreiber. Auch insoweit schafft die Werknutzung nur die Gelegenheit, Daten zu sammeln, um hieraus möglicherweise wirtschaftlich nutzbare Erkenntnisse zu gewinnen und diese anschließend zu verwerten.
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(cc) Für einen im Rahmen des Geschäftsmodells gewillkürt hergestellten unmittelbaren Sachzusammenhang sind ebenfalls keine Anhaltspunkte ersichtlich. Ein gewillkürter Sachzusammenhang könnte etwa angenommen werden, wenn ein Kabelnetzbetreiber die Datenerhebung – ähnlich dem Geschäftsmodell sogenannter Social Media Plattformen – an eine kostenlose Nutzung des von ihm angebotenen Fernsehanschlusses oder im Sinne einer Mischkalkulation zumindest an anteilig vergünstigte Nutzungsgebühren knüpft. Den hiesigen Parteivortrag zugrunde gelegt, wird ein solches Geschäftsmodell derzeit indes nicht praktiziert. Dass die Einführung einer solchen Vertragsgestaltung bis zum Ende der Vertragslaufzeit im Raum steht, wurde nicht vortragen.
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(2) Nichts anderes gilt, wenn man auf die Daten selbst als möglichen geldwerten Vorteil abstellt. Der Senat stimmt den Ausführungen der Schiedsstelle zu, dass die bloße Möglichkeit zur Nutzung eines Wirtschaftsgutes keinen vergütungsauslösenden Umstand darstellt (Anlage K 1, Seite 77 f.). Zwar ist der Beklagten dem Grunde nach beizupflichten, dass Daten, wenn sie entsprechend genutzt werden, einen erheblichen wirtschaftlichen Wert haben können. Dies kann mit Blick auf datenwirtschaftliche Geschäftsmodelle bekannter Digitalkonzerne wie Google oder Meta im Grundsatz nicht ernsthaft bezweifelt werden und wird mit der Regelung der Entgeltfunktion von Daten gemäß dem mit Wirkung vom 1. Januar 2022 geltenden § 312 Abs. 1a Satz 1 BGB nicht zuletzt vom Gesetzgeber anerkannt. Allerdings liegt in der bloßen Erhebung von Daten noch kein urheberrechtlich vergütungspflichtiger geldwerter Vorteil, sondern eine bloße Erwerbschance, die erst noch – durch Verwertung der erhobenen Daten – realisiert werden muss. Die von der Beklagten selbst als Anlage B 14 vorgelegte ...-Studie verweist für die Behandlung von Daten als Wirtschaftsgüter auf Seite 8, Fußnote 3, auf einen Expertenbericht des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V., wonach gerade nicht die Daten, sondern erst die entlang der wertschöpfenden Struktur abgeleiteten Informationen einen messbaren Wert haben (BVDW (2018): Data Economy. Datenwertschöpfung und Qualität von Daten, Seite 5; so i.E. auch: Schwarz/Stein/Freudenberg, BB 2018, 2267, 2268).
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Dass bloß erhobene Daten als solche keinen (unmittelbaren) geldwerten Vorteil darstellen und diese ihren eigentlichen Wert vielmehr erst durch Verwertung in konkreten Use Cases erlangen, wird zudem durch einen vergleichenden Blick auf die Steuergesetzgebung bestätigt. Im Zusammenhang mit der Diskussion um die Besteuerung internationaler Datenkonzerne mit Sitz im Ausland werden gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. c des Vorschlags für eine Richtlinie des Rates zum gemeinsamen System einer Digitalsteuer auf Erträge aus der Erbringung bestimmter digitaler Dienstleistungen (COM(2018) 148 final, nachfolgend nur: Digitalsteuer-RL-E) als steuerbare Erträge nicht etwa die Daten selbst, sondern nur die Erträge, die mit der Dienstleistung „Übermittlung gesammelter Nutzerdaten, die aus den Aktivitäten der Nutzer auf digitalen Schnittstellen generiert werden“ erwirtschaftet werden, herangezogen. In Erwägungsgrund 17 des Richtlinienentwurfs wird zudem betont, dass es sich hierbei nicht um eine Steuer auf die Sammlung von Daten handeln soll. Gemäß Art. 3 Abs. 4 lit. a Digitalsteuer-RL-E sollen zudem Dienstleistungen, die in der Bereitstellung digitaler Schnittstellen bestehen, von der Digitalsteuer ausgenommen sein, wenn Unternehmen über eine digitale Schnittstelle Videos oder Musik bereitstellen, die nicht von den Nutzern generiert wurden (Schanz/Sixt, DStR 2018, 1985, 1988). Denn die zentrale Rolle bei der Wertschöpfung spielt hier weniger der Nutzer als der von dem Rechtsträger bereit gestellte digitale Inhalt (Erwägungsgrund 14 Digitalsteuer-RL-E).
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Ein geldwerter Vorteil kann daher richtigerweise nur im Falle einer bereits erfolgten Verwertung angenommen werden. Ungeachtet dessen, dass eine solche Verwertung nur nach erteilter Einwilligung der betroffenen Kunden erfolgen kann und damit nicht bereits durch die eigentliche urheberrechtliche Nutzungshandlung ermöglicht wird, zielt der Berechnungsansatz der Beklagten, wie ausgeführt, gerade nicht auf die Ermittlung eines konkreten Ertragswerts ab. Die Beklagte will den Datenwert vielmehr pauschaliert erfassen, was indes wiederum dem Erfordernis eines diskriminierungsfreien Vergütungsansatzes nicht gerecht wird.
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Ob die im Einzelnen von der Beklagten angegebenen Umsatzeffekte in dem von ihr vorgelegten ...-Gutachten zutreffend berechnet wurden, bedarf daher keiner näheren Entscheidung. Die Frage kann aber auch aus dem Grund offengelassen werden, weil die in dem Gutachten bezeichneten Umsatzeffekte methodisch nicht nachvollziehbar sind. Das Gutachten stützt sich im Rahmen des vorrangig verfolgten nutzenorientierten Berechnungsansatzes auf Schätzungen nicht näher genannter Experten sowie auf allgemeine Marktstudien, deren Relevanz für den hier zu beurteilenden Fall der Kabelweitersendung nicht näher dargelegt wird. Hinsichtlich des darüber hinaus genannten marktpreisorientierten Berechnungsansatzes werden lediglich Durchschnittspreise bestimmter Datensätze aufgelistet. Nicht ansatzweise erklärt wird, woraus sich die einzelnen Werte ergeben. Der Hinweis auf Seite 32, Fußnote 1, dass es sich um eine ... Schätzung handele, ersetzt eine nachvollziehbare, schlüssige Begründung jedoch nicht. Gleiches gilt für den pauschalen Verweis auf Experten-Interviews auf Seite 33 des Gutachtens.
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(3) Darüber hinaus verstößt die von der Beklagten verfolgte pauschale Erhöhung der Vergütung gegen das urheberwahrnehmungsrechtliche Diskriminierungsverbot. Gemäß § 35 VGG müssen Gesamtverträge zu angemessenen Bedingungen abgeschlossen werden. Die in Gesamtverträgen enthaltenen Rechte und Pflichten müssen daher in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Insbesondere müssen sich gesamtvertragliche Regelungen auf objektive Kriterien stützen und dafür Sorge tragen, dass dem gemäß Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2014/26/EU europarechtlich vorgegebenen Diskriminierungsverbot entsprechend nur gleichgelagerte Fälle gleich behandelt werden (vgl. Reinbothe in: Schricker/Loewenheim, 6. Aufl. 2020, VGG, § 35 Rn. 6). Umgekehrt bedeutet dies, dass ungleich gelagerte Fälle gerade nicht gleich behandelt werden dürfen. Diesen Anforderungen diskriminierungsfrei gestalteter Vertragsbedingungen wird eine pauschal an den Tatbestand der Datenerhebung anknüpfende Lizenzsatzgestaltung nicht gerecht.
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Der Begriff der Datenerhebung ist seinem Wortlaut nach denkbar weit formuliert und erfasst seinem Anwendungsbereich nach vielfältige, ihrer wirtschaftlichen Werthaltigkeit nach höchst unterschiedliche Fallgestaltungen. Dabei werden sowohl personenbezogene Daten im Sinne der DSGVO als auch gegebenenfalls anonymisierte Nutzungsdaten, wie sie insbesondere für rein statistische Erhebungen zur Entwicklung und Anpassung des Produktangebots an aktuelle Marktentwicklungen wirtschaftlich relevant sein können, erfasst. Dieses breit gefasste Begriffsverständnis liegt auch den von der Beklagten selbst gemäß Anlagen B 4, B 5 und B 6 vorgelegten Datenschutzerklärungen der Unternehmen ... und ... zu Grunde. Dabei zeigen die einzelnen Datenschutzerklärungen, dass es einen einheitlichen Begriff der Daten und Datenerhebung nicht gibt und ein solcher in der hier relevanten Branche der Kabelnetzbetreiber zudem nicht gebräuchlich ist. Vielmehr behalten sich die vorgenannten Unternehmen die Nutzung zahlreicher unterschiedlicher Datensätze vor. Ganz grundlegend werden von der Telekom etwa Daten zur Berechtigung zum Empfang und Abspielen von Inhalten, Störungsdaten und Nutzungsdaten unterschieden. Bei ... wird insbesondere unterschieden zwischen Vertragsdaten, Verkehrsdaten, technische Daten zu Signalqualität, Fehlern und Diagnosen sowie TV-Nutzungsdaten und TV-Reichweitendaten. ... beschränkt dagegen seine Nutzungsabsicht auf personenbezogene Daten. Der vor diesem Hintergrund von der Beklagten undifferenziert verwendete Oberbegriff „Daten“ bzw. „Datenerhebung“ erfasst dem Grunde nach sämtliche dieser Datensätze ungeachtet deren jeweiliger wirtschaftlicher Werthaltigkeit im Falle einer späteren Wertung. Ein für die Kabelweitersendung mit Datenerhebung geltender Lizenzsatz ist folglich immer bereits dann anwendbar, wenn auch nur ein in dessen Anwendungsbereich fallender Datensatz erhoben wird. Damit unterliegt ein Kabelnetzbetreiber, der Daten nur in ganz begrenztem Ausmaß erhebt, gleichermaßen dem um 70 Prozent erhöhten Vergütungssatz wie ein Kabelnetzbetreiber, der personenbezogene Daten und nicht anonymisierter Nutzungsdaten in erheblichem Ausmaß erhebt. Dass eine solche Gleichbehandlung wirtschaftlich höchst unterschiedlich gelagerter Sachverhalte sachlich gerechtfertigt ist, lässt sich dem Vortrag der Beklagten nicht entnehmen.
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Die von der Beklagten vorgelegte ...-Studie zeigt lediglich, dass sich Netzbetreiber Rechte zur Sammlung von Daten gesichert haben. Lediglich einzelne Netzbetreiber verwenden demzufolge gesammelte Daten zielgerichtet zur wirtschaftlichen Wertschöpfung (Anlage B 12, Seite 4). Ausdrücklich heißt es insoweit auf Seite 6, dass Daten-Fähigkeiten auf- und ausgebaut werden bzw. eine Entwicklung der Daten-Fähigkeiten angestrebt wird. Eine für Kabelnetzbetreiber generelle und typischerweise vergütungsrelevante Erhebung von Daten ist daher auf der Grundlage dieser Studie nicht belegt.
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Auch die in dem von der Beklagten als Anlage K 11 vorgelegten ...-Gutachten genannten möglichen Use-Cases der Datenverwertung zeigen im Ergebnis lediglich, dass Daten zwar eine zunehmende wirtschaftliche Bedeutung zukommt, dass diese aber von den einzelnen Unternehmen nach Art und Umfang jeweils höchst unterschiedlich genutzt werden können (vgl. etwa Seiten 9, 36 bis 45, Anlage K 11). Damit belegt das von der Beklagten vorgelegte ...-Gutachten gerade, dass der Ansatz einer pauschalen Erhöhung des Lizenzsatzes nicht geeignet ist, die gesetzlich gebotene angemessene Beteiligung der Rechteinhaber an der seitens der Kabelnetzbetreiber durch die Werknutzung erzielten Wertschöpfung zu gewährleisten. Dem Gutachten zufolge sind die zur Bewertung von Daten herangezogene Parameter derart vielfältig, dass eine pauschal an sämtliche Kabelnetzbetreiber durchgereichte Erhöhung der Vergütung die nach Art und Umfang in jedem Einzelfall höchst unterschiedlich mögliche Wertschöpfung nicht angemessen abbilden kann. Letztlich geht damit die Argumentation der Beklagten, den Wert von Daten über eine Erhöhung des Lizenzsatzes berücksichtigen zu können, bereits im Ansatz fehl, weil sie die Vergütung methodisch über eine unzutreffende Stellschraube anzupassen versucht. Während eine Erhöhung des Lizenzsatzes automatisch für und gegen sämtliche den Gesamtvertragskonditionen unterworfenen Lizenznehmern wirkt, könnten die mit der Erhebung von Daten möglicherweise im Rahmen der individuellen Wertschöpfung eines Kabelnetzbetreibers verbundenen Vorteile allenfalls auf der Ebene der Bemessungsgrundlage den jeweiligen individuellen Umständen entsprechend erfasst werden. Hierzu fehlt aber der notwendige Sachvortrag, da der Wert der erhobenen Daten von der Beklagten schon im Ansatz nicht als im Rahmen der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigender Ertragswert auf Seiten des betroffenen Netzbetreibers ermittelt wird. Dies zeigt sich insbesondere im Rahmen der von der Beklagten vorgelegten Anlage B 30. Änderungsvorschläge zur Berücksichtigung des Datenwerts im Rahmen der Bemessungsgrundlage gemäß § 5 des Einzelvertragsentwurfs sind hierin nicht erfolgt und werden auch schriftsätzlich nicht näher ausgeführt.
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Hierin offenbart sich zugleich ein grundlegender Fehler des von der Beklagten vorgelegten Rechtsgutachtens (Anlage B 10). Das Gutachten basiert auf der dem mathematischen Kommutativgesetz folgenden Betrachtung, dass es bei der Berechnung einer geschuldeten Lizenzgebühr keinen Unterschied mache, ob man bei den zu multiplizierenden Rechenfaktoren, Lizenzsatz und Berechnungsgrundlage, den einen oder den anderen Faktor erhöhe (Anlage B 10, Seite 13). Diese auf einen einzelnen Rechenfall bezogen richtige Aussage geht indes bei der hier gebotenen rechtlichen Betrachtung der zu beurteilenden gesamtvertraglichen Situation fehl. Denn die Aussage unterstellt, dass die Erhöhung für jeden Lizenznehmer gleichermaßen gerechtfertigt ist. Dies ist jedoch – wie ausgeführt und gerade aus den von der Beklagten vorgelegten ...- und ...-Gutachten ersichtlich – unzutreffend und übersieht die höchst unterschiedlich möglichen Use Cases auf Seiten der Lizenznehmer, die höchst unterschiedliche geldwerte Vorteile im Falle einer möglichen Verwertung der von ihnen erhobenen Daten zur Folge haben können.
100
(4) Ein weiterer Grund, der gegen die Angemessenheit des von der Beklagten gewünschten, nach der Erhebung von Daten differenzierenden Lizenzsatzes spricht, ergibt sich aus der bei datenwirtschaftlicher Betrachtung zu erwartenden Interdependenz zwischen einer möglicherweise zunehmenden Datenerhebung einerseits und der der Vergütungsberechnung zugrunde zu legenden Bemessungsgrenze andererseits. Denn in typischen datenökonomischen Geschäftsmodellen wird im Gegenzug für das von einem Kunden erteilte Einverständnis mit einer Erhebung und Verwertung seiner Daten das herkömmlich in Geld bemessene Entgelt um den Wert der erhobenen Daten reduziert. Übertragen auf den Wirtschaftsbereich der Kabelnetzbetreiber bedeutet dies, dass es bei datenökonomischer Betrachtung naheläge, das eigentliche Entgelt in Form des von Kundenseite zu zahlenden Anschlusspreises im Falle der Erhebung bestimmter Daten entsprechend zu reduzieren. Unterstellt man daher die Vereinbarung eines mit Blick auf die Erhebung bestimmter werthaltiger Daten erhöhten Lizenzsatzes, müsste diese datenökonomische Logik zugrunde gelegt gleichzeitig eine angemessene Verringerung der pauschalierten Bemessungsgrenze berücksichtigt werden. Zu möglichen Auswirkungen eines datenbedingt erhöhten Lizenzsatzes auf die Höhe der Bemessungsgrenze lässt sich dem Vortrag der Beklagten hingegen nichts entnehmen. Vielmehr versucht die Beklagte, zugleich eine Erhöhung des Lizenzsatzes sowie der Bemessungsgrenze durchzusetzen. Dies lässt bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise kein in sich schlüssiges, widerspruchsfreies Vergütungskonzept erkennen und ist damit in der von der Beklagten vorgeschlagenen Form letztlich nicht interessengerecht und damit nicht angemessen.
101
Nicht ersichtlich ist auch, dass Fernseh- und Hörfunkprogramme – ähnlich datenökonomischen Geschäftsmodellen wie etwa den bekannten Social-Media-Plattformen – nur noch als unentgeltliche Leistung an Endkunden weitergesendet werden, um im Gegenzug an bestimmte Kunden- oder Nutzungsdaten zu gelangen, die dann ihrerseits wirtschaftlich nutzbar gemacht werden. In einem so gelagerten Fall mag eine pauschale ökonomische Bewertung der Daten angezeigt sein, um den dementsprechenden, aus der fraglichen Werknutzung folgenden Vorteil gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 VGG bestimmen zu können. Die Beklagte selbst strebt aber vorrangig – soweit aus ihren Formulierungsvorschlägen gemäß Anlage B 30 ersichtlich – eine umsatzbasierte Abrechnung an. Insoweit muss es dabei bleiben, dass ein Lizenzsatz nur in Bezug auf die unmittelbar mit der Weitersendung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen durch die Kabelnetzbetreiber erzielten Umsätze zu erheben ist.
102
(5) Die Einführung eines für den Fall der Datenerhebung eigenen, höheren Lizenzsatzes ist auch nicht aus dem Grund gerechtfertigt, weil die Kabelnetzbetreiber Programmsignale ihren Kunden zunehmend individuell im Wege der IP-basierten Weitersendung zuführen.
103
Die IP-basierte Weitersendung stellt keine eigenständige Nutzungsart dar, für die ein zusätzliches Lizenzentgelt seitens der Lizenznehmer geschuldet ist. Dagegen spricht bereits die maßgebliche eigene Vertragspraxis der Beklagten. So räumt die Beklagte selbst in den von ihr geschlossenen Verträgen Kabelnetzbetreibern üblicherweise die umfassenden Rechte zur Weitersendung einschließlich der Weitersendung über IP-TV ein. Dies gilt sowohl für die mit ... geschlossenen Verträge (Anlagen K 10 und K 11, dort jeweils Ziffer 2.1) als auch den FRK-Vertrag (Anlage K 25, Ziffer 2.2).
104
In urheberrechtlicher Hinsicht gelten für die Weitersendung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen im Wege des IPTV überdies die gleichen Maßstäbe wie für das klassische Kabelfernsehen. Der Senat schließt sich insoweit der herrschenden Auffassung an, wonach IPTV die Voraussetzungen des § 20b Abs. 1 Satz 1 UrhG erfüllt. Dies entspricht nicht zuletzt dem klaren Willen des nationalen und europäischen Gesetzgebers, demzufolge die Regelung aufgrund ihrer bewusst technologieneutralen Fassung alle Formen der Weitersendung, einschließlich der Weitersendung über Satellit, digitale terrestrische Netze, mobile oder geschlossene IP-gestützte Netze sowie neue, bislang noch nicht bestehende Weitersendetechnologien erfassen soll (BT-Drs. 19/27426, 74; Erwägungsgrund 14 Satz 3 der Richtlinie (EU) 2019/789 über die Ausübung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten in Bezug auf bestimmte Online-Übertragungen von Sendeunternehmen und die Weiterverbreitung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen, sog. Online-SatCab-RL; Hillig/Oster in: BeckOK Urheberrecht, 36. Edition, Stand: 15. Oktober 2022, UrhG, § 20b Rn. 13; Neurauter, GRUR 2011, 691, 692).
105
Zudem kommt es für die urheberrechtliche Einordnung einer IP-basierten Weitersendung von Programmsignalen nicht auf die Frage der Datenerhebung an. Weder der europäische noch der nationale Gesetzgeber haben im Zusammenhang mit der Weiterverbreitung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen einen entsprechenden Regulierungsbedarf gesehen und daher in keiner Weise darauf Bezug genommen, ob bei oder im Zusammenhang mit der Weitersendung Daten erhoben werden. Spielt die Datenerhebung aber für die Einordnung der IP-basierten Weitersendung von Programmsignalen als Nutzungsart im Sinne von § 20b UrhG keine Rolle, kann diese auch nicht als Anknüpfungsmerkmal einer urheberrechtlich eigenständigen Vergütungspflicht betrachtet werden.
106
Ungeachtet dessen ist der Senat der Ansicht, dass es sich bei der IP-basierten Weitersendung im Vergleich zu der im Wege des klassischen Kabelfernsehens erfolgten Weitersendung nicht um eine technisch und wirtschaftlich eigenständige, neue und damit gegebenenfalls gesondert vergütungspflichtige Nutzungsart handelt. Unter Nutzungsart ist jede übliche, technisch und wirtschaftlich eigenständige und damit klar abgrenzbare Verwendungsform eines Werkes zu verstehen (BGH, Urt. v. 10. Juni 2009, Az. I ZR 226/06, GRUR 2010, 62, 63 Tz. 18 – Nutzung von Musik für Werbezwecke). Der Bundesgerichtshof hat insoweit bereits ausdrücklich entschieden, dass es sich bei der Zweitverwertung von Spielfilmen auf DVD im Verhältnis zur herkömmlichen Videozweitverwertung nicht um eine neue Nutzungsart handelt (BGH, Urt. v. 19. Mai 2005, Az. I ZR 285/02, GRUR 2005, 937 – Der Zauberberg). Ebenso stellt die direkte Satellitenausstrahlung von Rundfunksendungen an die Öffentlichkeit im Verhältnis zu den herkömmlichen terrestrischen Rundfunksendungen keine neue Nutzungsart dar (BGH, Urt. v. 4. Juli 1996, Az. I ZE 101/94, GRUR 1997, 215, 217 – Klimbim). Nichts anderes gilt für den in technischer Hinsicht nächsten Schritt der Fortentwicklung hin zum IP-basierten Fernsehen. Unabhängig davon, ob die IP-basierte Weitersendung von Programmsignalen aus technischen Gründen die Einsparung von Übertragungskapazitäten ermöglicht und so Nutzern deutlich mehr Programme angeboten werden können, wird dem Endkunden das eigentliche Werk in Form eines geschützten Fernseh- oder Hörfunkprogramms lediglich auf technisch verbesserte Art und Weise zur Verfügung gestellt. Damit wird lediglich eine bereits bisher übliche Nutzungsmöglichkeit durch den technischen Fortschritt erweitert und verstärkt, ohne dass sich der Werkgenuss aus Sicht des Endkunden seinem Wesen nach entscheidend ändert (BGH, Urt. v. 4. Juli 1996, Az. I ZE 101/94, GRUR 1997, 215, 217 – Klimbim). Der von dem Kläger insoweit angebotene Sachverständigenbeweis ist somit nicht entscheidungserheblich.
107
Hinzu kommt, dass – worauf der Kläger zutreffend hinweist – die Erweiterung des Programmangebotes eine Erhöhung des Lizenzsatzes ohnehin nicht rechtfertigen kann. Die Beklagte nimmt die Weitersendungsrechte für die in Anlage 2 zum Einzelvertrag zum A...-Gesamtvertrag aufgelisteten Sendeunternehmen wahr. Auf dieses Rechteportfolio bezieht sich der Lizenzsatz. Während daher eine Erweiterung des Rechteportfolios dem Grunde nach eine Erhöhung des Lizenzsatzes rechtfertigen kann, wirken sich Erweiterungen des Kundenkreises nach dem vertraglich vorgesehenen Vergütungsmechanismus über die Bemessungsgrundlage zu Gunsten der Rechteinhaber aus.
108
Dass infolge der technischen Fortentwicklung IPTV-Produkte eigenständig bepreist werden, führt entgegen der Argumentation der Beklagten gleichfalls nicht dazu, diese als in wirtschaftlicher Hinsicht eigenständig ansehen zu können. Ebenso wenig lässt sich die wirtschaftliche Eigenständigkeit damit begründen, dass für die Nutzung von IPTV-Angeboten zwingend ein Internet-Anschluss vorausgesetzt ist. Denn hierbei handelt es sich lediglich um die für den Werkgenuss notwendige technische Infrastruktur. Der Werkgenuss ist und bleibt aus Sicht eines Endkunden derselbe. Aus Sicht eines Endkunden, zu denen die Mitglieder des Senats zählen, die dies insofern aus eigener Anschauung beurteilen können, stellt ein IPTV-Produkt ein bloßes Substitutionsprodukt für klassisches Kabelfernsehen dar. Hiervon geht auch das Bundeskartellamt aus, das in ständiger Spruchpraxis die Übertragungswege Breitbandkabel und IPTV demselben sachlich relevanten Markt zuordnet (BKartA, Beschl. v. 15. Dezember 2011, Az. B7-66-11, Tz. 232).
cc. Höhe der Lizenzsätze
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Der Höhe nach stellen die von dem Kläger beantragten Lizenzsätze von 0,90 Prozent, wenn Einspeiseentgelte verlangt werden, bzw. 0,81 Prozent, wenn diese nicht verlangt werden, eine angemessene Regelung dar. Zur Höhe des von den Kabelnetzbetreibern geschuldeten Lizenzsatzes hat die Schiedsstelle ausgehend von der bisherigen Vertragspraxis der Parteien auf den mit dem Verband FRK abgeschlossenen Gesamtvertrag vom 23. Dezember 2016/21. Dezember 2016 abgestellt und festgehalten, dass damit im Ergebnis ein Tarifsatz zur Anwendung käme, der annähernd den mit den Unternehmen der ... geschlossenen Verträgen (Anlagen K 10 und K 11) entspricht, wobei ihr keine Anhaltspunkte für eine etwaige Unangemessenheit der hierein vereinbarten Lizenzsätze vorlägen (Anlage K 1, Seiten 79 f.).
110
Diese Argumentation ist im Ausgangspunkt zutreffend, letztlich jedoch nicht frei von Widersprüchen. Ein annähernder Gleichlauf mit den Lizenzsätzen der Unternehmen der ... besteht nur im Hinblick auf den gemäß Ziffer 5.1 des ...- sowie des ...-Vertrages bei Verlangen eines Einspeiseentgelts grundsätzlich relevanten Vergütungssatz in Höhe von 1,182 Prozent bzw. 1,0638 Prozent, wenn kein Einspeiseentgelt verlangt wird, soweit man diesen mit der Schiedsstelle um einen (fiktiven) Gesamtvertragsrabatt bereinigt. Ungeachtet dessen, dass gemäß Ziffer 5.1 Absatz 3 ein dem Gesamtvertragsrabatt entsprechender Aggregationsrabatt eigentlich bereits eingepreist ist, lässt die Argumentation der Schiedsstelle jedenfalls unberücksichtigt, dass der Lizenzsatz von 1,182 Prozent auf dem Rechtebestand der Beklagten einschließlich der Rechte der ... basiert. Für den Rechtebestand ohne die Rechte der ... hat die Beklagte gegenüber ... gemäß Ziffer 5.2 der jeweiligen Verträge hingegen einen um 36 Prozent reduzierten Lizenzsatz von 0,75648 Prozent bzw. 0,6808 Prozent, wenn kein Einspeiseentgelt verlangt wird, vereinbart.
111
Die Berücksichtigung des Wegfalls der ...-Rechte ist auch mit Blick auf die eigene, bisherige Vertragspraxis der Beklagten geboten. Dem als Anlage K 5 vorliegenden Schreiben der Beklagten vom 1. Juli 2015 zufolge hat diese aus Anlass des Wegfalls der ...-Rechte den bereits rabattierten Lizenzsatz für Mitglieder des Klägers zum damaligen Zeitpunkt auf 0,65 Prozent reduziert, sofern das Mitgliedsunternehmen keine Einspeiseentgelte verlangt. Bereinigt man diesen reduzierten Lizenzsatz von 0,65 Prozent um den für die Mitglieder des Klägers geltenden Gesamtvertragsrabatt in Höhe von 20 Prozent, ergibt sich ein (bereinigter) Lizenzsatz von 0,81 Prozent, der im Ergebnis dem am Markt durchgesetzten Tarifniveau vom 13. Januar 2012 entspricht (vgl. Anlage B 3).
112
Dass seitdem eine Erweiterung des Rechtebestands der Beklagten erfolgt ist, die eine Anhebung des Tarifniveaus notwendig macht, lässt sich auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten nicht feststellen. Zwar ist dem beiderseitigen Parteivortrag nach unstreitig, dass das Rechteportfolio der Beklagten seit der Veröffentlichung des Tarifs 2012 bis zur Veröffentlichung des Tarifs 2016 um 11 Fernseh- und 29 Radiosender erweitert wurde. Allerdings hat die Beklagte noch kurz vor der Festsetzung des Tarifs 2016 mit ihrem von dem Kläger als Anlage K 5 vorgelegten Schreiben vom 1. Juli 2015 gegenüber Mitgliedsunternehmen des Klägers den Tarifsatz mit Blick auf den Wegfall der ...-Rechte auf einen rabattierten Lizenzsatz von 0,65 Prozent herabgesetzt, obwohl in dem Tarif 2012 – wie aus Anlage B 3 ersichtlich – die Sender der ... schon nicht mehr enthalten waren. Auch in den mit ... geschlossenen Verträgen wurde jeweils noch im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in den Jahren 2014 und 2015 mit Blick auf den Wegfall der ...-Senderechte eine erhebliche Reduktion des Lizenzsatzes um 36 Prozent auf 0,75648 Prozent vereinbart.
113
Es ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar, dass und in welchem Umfang die Beklagte die dementsprechende Entwertung ihres Rechteportfolios durch den Hinzugewinn zusätzlicher Sender ausgleichen und letztlich sogar überkompensieren konnte. Dies gilt umso mehr als die von der Beklagten hinzugewonnenen Fernsehsender größtenteils bereits Gegenstand des im Jahr 2014 mit ... geschlossenen Lizenzvertrages waren und somit in dem reduzierten Lizenzsatz von 0,75648 Prozent bereits berücksichtigt sind. So sind die im Tarif 2012 (Anlage B 3) noch nicht berücksichtigten Sender ... und ... in dem gegenüber ... lizenzierten Rechteportfolio der Beklagten bereits enthalten (Anlage K 11, dort Anlage 2 zum Vergleich und Lizenzvertrag). In dem ein Jahr darauf mit ... geschlossenen Lizenzvertrag wurden vier zusätzliche Fernsehsender aufgenommen ..., ohne dass dies Anlass gegeben hätte, den im Jahr 2014 vereinbarten, wegen des Wegfalls der ...-Rechte reduzierten Lizenzsatz von 0,75648 Prozent zu erhöhen. Dass allein die neu hinzugewonnen Radiosender die begehrte Erhöhung der Vergütung rechtfertigen, ist von der Beklagten weder vorgetragen noch – insbesondere mit Blick auf die gegenüber dem Medium Fernsehen wirtschaftlich untergeordnete Bedeutung – ersichtlich.
114
Damit stellt sich der von dem Kläger vorgeschlagene und dem Tarifniveau 2012 entsprechende Lizenzsatz von 0,81 Prozent, wenn kein Einspeiseentgelt verlangt wird, und 0,90 Prozent bei Verlangen eines Einspeiseentgelts, im Ergebnis als angemessene Lösung dar, die sowohl dem Rechtebestand der Beklagten als auch der Sicherstellung im relevanten wettbewerblichen Umfeld fairer Wettbewerbsbedingungen Rechnung trägt. Dabei geht der Senat – insoweit dem Gedanken der Schiedsstelle folgend – davon aus, dass eine zumindest annähernde Gleichbehandlung der Mitgliedsunternehmen des Klägers insbesondere gegenüber den zur ... zählenden Unternehmen ... angezeigt ist. Anders als die im FRK organisierten kleinen und mittelständischen Kabelnetzbetreiber aus den Bereichen Handwerk und Wohnungswirtschaft handelt es sich bei den Mitgliedsunternehmen des Klägers um spezialisierte, überregional tätige Unternehmen der Breitbandbranche. Insoweit stehen die Mitgliedsunternehmen des Klägers primär mit ... als ihrerseits gleichfalls überregionale Dienstleister zur Weitersendung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen im Wettbewerb als mit den auf eine lokal begrenzte Versorgung ausgerichteten Mitgliedsunternehmen des FRK.
115
Auf die von den Parteien streitig diskutierte Frage, ob und inwieweit sich aus der von dem Kläger als Anlage K 13 vorgelegte ...-Studie eine rückläufige Bedeutung des Kabelfernsehens ergibt, kommt es vor diesem Hintergrund nicht näher an. Die allgemeine Erwägung der Beklagten, dass die kabel- und IPTV-basierte Weitersendung weiter Leitbildfunktion beim Konsum von Fernseh- und Hörfunkprogrammen hat, vermag die sich aus der vorgenannten Gesamtbetrachtung der hier relevanten Referenzverträge folgende Indizwirkung nicht zu widerlegen. Eine fortbestehende Bedeutung vermag allenfalls die Beibehaltung bisher geltender Lizenzsätze zu rechtfertigen, nicht aber deren Erhöhung.
116
Darüberhinausgehender Vortrag, dass sich die Marktrealitäten seit dem Abschluss dieser Verträge erheblich verändert hätten und nunmehr auch gegenüber ... unangemessen wären, liegt nicht vor und ergibt sich insbesondere nicht aus dem von der Beklagten behaupteten Zuwachs an Zuschaueranteilen. In dieser Hinsicht ist zunächst gleichfalls zu bedenken, dass der von der Beklagten behauptete Zuwachs den Zeitraum vor Abschluss des Vertrages mit ... im Dezember 2015 betraf (Anlage K 10). Der Vertrag mit ... wurde ein Jahr zuvor im Dezember 2014 abgeschlossen (Anlage K 11). Im Wesentlichen berücksichtigt daher der jeweilige Lizenzsatz bereits den behaupteten höheren Zuschaueranteil. Darüber hinaus erscheint es in der Sache höchst fraglich, ob der behauptete höhere Zuschaueranteil die tatsächlichen Marktrealitäten zutreffend wiedergibt. Denn unabhängig davon, dass die Marktübersicht der KEK gemäß Anlage K 13, Seite 21, keine spezifische Aussage zu den einzelnen von der Beklagten lizenzierten Sendern trifft, ergibt sich hieraus doch, dass die Zuschaueranteile im gesamten Bereich des privaten Rundfunks anders als im Bereich des (von der Beklagten nicht lizenzierten) öffentlich-rechtlichen Rundfunks rückläufig waren. Dass im Übrigen gerade die von der Beklagten hinzugewonnen, noch dazu oftmals regional und interessensspezifisch auf begrenzte Zuschauerkreise ausgerichteten Sendeunternehmen entgegen dem allgemeinen Markttrend zu einem Zuwachs des insgesamten Zuschaueranteils aller von der Beklagten lizenzierten Sendeunternehmen beigetragen haben, ist nach Ansicht des Senats nicht nachvollziehbar. Dies gilt umso mehr als ausweislich der Marktübersicht der KEK auch die von der Beklagten lizenzierten Sender der ProSiebenSat. 1-Gruppe als einer ihrer bedeutendsten Rechteinhaber im Zeitraum 2012 bis 2020 2,7 Prozent der Zuschaueranteile verloren haben.
d. Bemessungsgrundlage
117
Soweit die Parteien keine Einigkeit über die Details der Bestimmung der Bemessungsgrundlage erzielen konnten, ist diese unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien und insbesondere der einschlägigen Vertragspraxis wie aus dem Tenor ersichtlich zu bestimmen. Dabei folgt die Regelung zur Bemessungsgrundlage gemäß § 5 des Einzelvertragsmusters teilweise dem Einigungsvorschlag der Schiedsstelle. Im Ergebnis sind die seitens der Kabelnetzbetreiber erwirtschafteten Umsatzerlöse im Wesentlichen wie folgt als Bemessungsgrundlage der Vergütungsberechnung zugrunde zu legen:
-
Von den direkten Endkunden erhaltenes Entgelt auf der Grundlage der tatsächlich erzielten Erlöse. Insoweit gilt ein strenger Wirklichkeitsmaßstab ohne pauschalierende Vergütungsbestandteile.
-
Bei Bündelangeboten (Multi-Play) sind ebenfalls die tatsächlich erzielten Erlöse als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Dabei obliegt einem Kabelnetzbetreiber eine qualifizierte Nachweispflicht, wenn sich aus der Abrechnung eine Unterschreitung einer Mindestbemessungsgrundlage in Höhe von EUR 8,75 ergibt.
-
Signallieferungsentgelte sind auf der Grundlage einer Mindestbemessungsgrenze in Höhe von EUR 5,00 abzurechnen.
-
Bei unzureichend nachgewiesenen Umsätzen ist mit einer Bemessungsgrundlage in Höhe von EUR 8,75 abzurechnen.
118
Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
aa. Auslegung des Einigungsvorschlages
119
Klarstellungshalber ist es vorab angezeigt, den Inhalt des Einigungsvorschlages der Schiedsstelle und insbesondere den darin verwendeten Begriff der Mindestbemessungsgrundlage auszulegen. Hintergrund ist, dass die Schiedsstelle in ihren Erwägungsgründen durchgängig von einer Mindestbemessungsgrenze für Signallieferungsentgelte spricht, sie sich aber in dem Entscheidungstenor gemäß § 5 Ziffer 1 Abs. 2 a.E. wortlautgemäß für eine Abrechnungspauschale in der Höhe von EUR 5,00 EUR ausspricht, in deren Folge Netzbetreiber auch bei Verlangen höherer Signallieferungsentgelte gegenüber der Beklagten stets nur in Höhe von EUR 5,00 abrechnen müssten. Zudem ist der Tenor insoweit unklar, als sich sowohl die Pauschalierung des Umsatzes in Höhe von EUR 12,00 als auch die Abrechnungspauschale von EUR 5,00 nur auf das Signallieferungsentgelt zu beziehen scheinen.
120
Regelungsziel des § 5 des Einigungsvorschlages ist es, die geldwerten Vorteile, die ein Kabelnetzbetreiber mit der Weitersendung von Programmsignalen erzielt, angemessen zu erfassen. Aus § 5 Ziffer 1 ergibt sich dabei, dass als geldwerte Vorteile insbesondere zwei Entgeltarten in Betracht kommen, zum einen das eigentliche von direkten Endkunden an die Kabelnetzbetreiber bezahlte Kabelnutzungsentgelt (in der Terminologie der Schiedsstelle nur: „Entgelt“) und zum anderen das von Kabelnetzbetreibern für die Signalweitergabe an Netzebene-4-Betreiber von diesen bezahlte Signallieferungsentgelt.
121
Während das Regelungsziel einer angemessenen Erfassung der von einem Netzbetreiber erzielten geldwerten Vorteile dafür spricht, die schriftliche Nachweispflicht ebenso wie die pro Monat und Haushalt pauschalierte Mindestbemessungsgrundlage von EUR 12,00 umfassend dahingehend zu verstehen, dass diese für die Signallieferungsentgelte ebenso wie die Entgelte gelten soll, spricht die Vertragssystematik letztlich eindeutig dafür, dass § 5 Ziffer 1 Abs. 2 ausschließlich die Regelung der Signallieferungsentgelte zum Gegenstand hat. Dafür spricht auch, dass der Einigungsvorschlag keine Begründung für eine auf die Entgelte bezogene Mindestbemessungsgrundlage in Höhe von EUR 12,00 enthält. Die Aufnahme einer entsprechenden Regelung schlägt vielmehr nur die Beklagte vor, indem sie die Regelung der Nachweispflicht sowie der Mindestbemessungsgrundlage gemäß dem als Anlage B 30 vorgelegten Dokument als Absatz in § 5 Ziffer 1 ausgestaltet hat, der sich in der Folge auf sämtliche Entgeltformen einschließlich der von direkten Kunden bezahlten Entgelte und der Signallieferungsentgelte bezieht.
122
Der Einigungsvorschlag ist daher so zu verstehen, dass es der Schiedsstelle lediglich darum ging, für die Signallieferungsentgelte eine Mindestbemessungsgrenze in Höhe von monatlich EUR 12,00 pro versorgtem Haushalt festzusetzen. In der Gesamtschau ist die Abrechnung der Signallieferungsentgelte im Zeitraum bis 31. Dezember 2021 daher so zu verstehen, dass der Netzbetreiber auf Basis einer Untergrenze von EUR 5,00 pro Netzebene-4-Kunde und Monat abzurechnen hat. Im Rahmen der gerichtlichen Angemessenheitsprüfung ist insofern das Wort „mindestens“ im letzten Satz der Regelung gemäß Ziffer 5.1 Absatz 2 des Einigungsvorschlages gedanklich mitzulesen.
bb. Keine Mindestbemessungsgrenze für Entgelte gemäß § 5 Ziffer 1 Abs. 1
123
Hinsichtlich der von den direkten Endkunden an die Kabelnetzbetreiber gemäß § 5 Ziffer 1 Abs. 1 des Einzelvertragsmusters zu zahlenden Entgelte stellt die von der Beklagten auch für den Fall nachweislich niedrigerer Umsätze vorgeschlagene Mindestbemessungsgrenze von EUR 12,00 keine angemessene Regelung zur Erfassung der für die Vergütungsberechnung maßgeblichen Umsätze dar.
124
Eine generelle, für sämtliche Entgelte anzuwendende Mindestbemessungsgrenze hat – wie die Auslegung des Einigungsvorschlags gezeigt hat – die Schiedsstelle hingegen nicht vorgesehen. Die Parteien hatten eine entsprechende Regelung in ihrem bisherigen Gesamtvertrag ebenfalls nicht vereinbart. Mit Blick auf die aktuelle Vertragspraxis der Beklagten selbst ist ein Abweichen von der bisherigen Praxis nicht angezeigt. Vielmehr ist insoweit weiter ein strenger Wirklichkeitsmaßstab anzuwenden, der als solcher die geeignetste, die Interessen beider Parteien wahrende Methode zur Bewertung des Nutzungsumfangs auf Seiten der Kabelnetzbetreiber darstellt. Zutreffend stellt die Schiedsstelle insoweit auf Seite 61 ihres Einigungsvorschlages fest, dass eine Mindestbemessungsgrundlage im Rahmen einer wie hier von den Parteien angestrebten Vergütung nach § 39 Abs. 1 Satz 1 VGG die Ausnahme bleiben muss. Geht man aber von diesem dem urheberrechtlichen Beteiligungsgrundsatz entsprechenden Ausnahmecharakter von Mindestbemessungsgrundlagen aus, bedarf die Regelung einer solchen der Feststellung besonderer Umstände, die eine Abweichung von dem grundsätzlich gebotenen Wirklichkeitsmaßstab rechtfertigen.
125
Dem urheberrechtlichen Beteiligungsgrundsatz zufolge ist die prozentuale Vergütung bezogen auf die tatsächlich von einem Nutzer erzielten Erlöse am ehesten geeignet, eine angemessene Entlohnung des Urhebers sicherzustellen (vgl. BGH, Urt. V. 25. Oktober 2012, Az. I ZR 162/11, NJW-RR 2013, 1057, 1059 Tz. 25 – Covermount). Ebenso geht der Gesetzgeber selbst davon aus, dass die prozentuale Beteiligung am Erlös der Nutzung am ehesten dem Leitbild des Urheberrechtsgesetzes entspricht (BT-Drs. 18/8625, 25). Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung sind zwar gewisse Typisierungen und Pauschalierungen zulässig, um eine mögliche Entwertung von Urheberrechten zu vermeiden. Eine drohende Entwertung von Urheberrechten kann jedoch nicht pauschal unterstellt werden, sondern bedarf konkreter tatsächlicher Anknüpfungspunkte. Insbesondere droht eine Entwertung von Urheberrechten, wenn mit einer wirtschaftlichen Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke keinerlei geldwerte Vorteile erzielt werden. Gleiches gilt dem Bundesgerichtshof zufolge, wenn mit der fraglichen Verwertung nur so geringfügige geldwerte Vorteile erzielt werden, dass eine prozentuale Beteiligung am Erlös des Verwerters unzureichend wäre (BGH, Urt. V. 25. Oktober 2012, Az. I ZR 162/11, NJW-RR 2013, 1057, 1059 Tz. 26 – Covermount; Freudenberg in: BeckOK Urheberrecht, 36. Edition, Stand: 15. Oktober 2022, VGG, § 39 Rn. 11). Dahingehende Anhaltspunkte lassen sich dem Vortrag der Beklagten indes nicht entnehmen. Insbesondere lässt die ohne jede nähere Substantiierung vorgetragene Behauptung möglicher missbräuchlicher Verhaltensweisen keine drohende Entwertung urheberrechtlicher Befugnisse erkennen. Auch insoweit hat sich das Gericht vielmehr an der indiziellen Bedeutung der bisherigen Vertragspraxis sowie der aus den einschlägigen Referenzverträgen ersichtlichen Branchenpraxis zu orientieren. Eine Gesamtbetrachtung der einschlägigen Referenzverträge zeigt aber, dass eine nicht pauschalierende Abrechnung mit Blick auf die von direkten Endkunden bezahlten Entgelte üblich und interessengerecht ist.
126
Die Beklagte hat weder in den mit den Unternehmen ... über die Kabelweitersendungsrechte geschlossenen Verträgen (Anlagen K 10 und K 11) noch in dem Gesamtvertrag mit dem Verband FRK (Anlage K 25) eine Mindestbemessungsgrundlage vereinbart. Eine Pauschalierung der von direkten Endkunden erhaltenen Entgelte erfolgt lediglich mit Blick auf sogenannte Multi-Play-Angebote, die neben einem Fernseh- und Hörfunkanschluss zugleich die Versorgung mit Internet- und/oder Telefonanschlüssen zum Gegenstand haben. Der Kläger seinerseits hat in seinem mit der Verwertungsgesellschaft GEMA geschlossenen Weitersendungs-Verträgen zwar eine Mindestbemessungsgrundlage für Entgelte direkter Endkunden vereinbart. Diese beträgt allerdings lediglich EUR 5,00 (Anlage K 9, § 6 Ziffer 5, sowie Anlage K 29, § 3 Ziffer 3.2). Die einschlägige Vertragspraxis des Klägers bestätigt daher, dass die im streitgegenständlichen Einigungsvorschlag vorgesehene Mindestbemessungsgrundlage von EUR 12,00 nicht angemessen ist.
127
Trotz der von dem Kläger mit der GEMA vereinbarten Mindestbemessungsgrundlage sieht der Senat im vorliegenden von einer entsprechenden Regelung ab. Gegen eine solche Regelung spricht nicht nur die eigene Vertragspraxis der Beklagten und die bisherige Vertragspraxis der Parteien selbst. Vielmehr sieht das tenorierte Vertragskonzept bereits hinreichend geeignete vertragliche Instrumentarien vor, um in jedem Einzelfall eine sorgfältige Beauskunftung der auf Seiten der Verwerter tatsächlich erzielten Umsätze sicherstellen zu können. So hat der Netzbetreiber die Umsätze schriftlich nachzuweisen (§ 5 Ziffer 1 Abs. 3 des tenorierten Einzelvertragsmusters). Gemäß § 6 Ziffer 5 hat die Beklagte zudem das Recht, bei berechtigten Zweifeln die relevanten Unterlagen des Netzbetreibers über einen Wirtschaftsprüfer einzusehen, für dessen Beauftragung der Netzbetreiber die Kosten zu tragen hat, wenn eine Abrechnung im Ergebnis um mehr als 5 Prozent zu seinen Lasten korrigiert werden muss. Im Unterschied zu dem mit der GEMA geschlossenen Vertrag ist dieses Überprüfungsrecht dabei nicht an eine Vorankündigung mit einer Frist von einem Monat bzw. zehn Tagen geknüpft. Zudem sieht der Senat – wie nachfolgend noch näher ausgeführt wird – in § 5 Ziffer 5 eine Abrechnung auf Basis einer pauschalen Berechnungsgrundlage im Wert von EUR 8,75 vor, wenn ein Lizenznehmer seine Umsätze nicht ordnungsgemäß darlegt. In der Gesamtbetrachtung der hier festgesetzten Regelung ist daher eine angemessene Beteiligung der Urheber an den Entgelten der Kabelnetzbetreibern auch bei strenger Anwendung eines Wirklichkeitsmaßstabs ohne generelle Pauschalierung der Bemessungsgrundlage für die von Endkunden geschuldeten Entgelte sichergestellt.
cc. Mindestbemessungsgrundlage für Multi-Play-Angebote
128
In der für Produktbündel bestehend aus den Bestandteilen Internet-, Telefon- und/oder Fernsehanschluss (sogenannte Multi-Play-Angebote) geltenden Regelung gemäß § 5 Ziffer 3 des tenorierten Einzelvertragsmusters ist im Ergebnis eine Mindestbemessungsgrundlage in Höhe von EUR 8,75 aufzunehmen. Dass insoweit eine Mindestbemessungsgrundlage festzusetzen ist, wird von der Klägerseite nicht in Abrede gestellt. Streitig zu entscheiden ist insofern allein die Frage der angemessenen Höhe:
129
(1) Dabei ist im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen, dass es sich bei der von den Parteien in vertragstechnischer Hinsicht einvernehmlich gewählten Lösung nicht um eine Mindestbemessungsgrundlage im eigentlichen Sinn mit der Folge handelt, dass selbst bei nachgewiesenem Unterschreiten des genannten Betrages die Abrechnung stets (mindestens) auf der Grundlage der als Mindestgrundlage genannten Summe vorzunehmen ist. Vielmehr handelt es sich in der Sache um eine qualifizierte Nachweispflicht, wonach die Richtigkeit einer gegebenenfalls niedrigeren ermittelten Bemessungsgrenze über einen Wirtschaftsprüfer nachgewiesen werden muss. Überdies berücksichtigt der Senat, dass mit der Regelung keine Deckelung der Einnahmen der Rechteinhaber verbunden ist. Insofern geht mit dieser Regelung keine Gefahr der Entwertung urheberrechtlicher Befugnisse einher.
130
(2) Der Höhe nach stellt ein Betrag von EUR 8,75 einen Näherungswert dar, der unter Berücksichtigung des Parteivortrags und insbesondere der von den Parteien vorgelegten Referenzverträge den mit der Weitersendung von Programmsignalen im Rahmen von Multi-Play-Angeboten erzielten Umsatz möglichst zutreffend abbildet. Der von der Schiedsstelle zu Grunde gelegte Wert von EUR 12,00 stellt nach Ansicht des Senats mit Blick auf die aus den ...- und ...-Verträgen folgende Indizwirkung und die auch der Schiedsstelle zufolge gebotene Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen hingegen keine angemessene Regelung dar. Die Schiedsstelle verkennt dabei auch, dass gemäß Ziffer 9.3 der vorgenannten Verträge diese jeweils bis zum Inkrafttreten neuer Vertragsbedingungen fortgelten. Anhaltspunkte dafür, dass neue Bedingungen bereits in Kraft getreten sind, liegen nicht vor.
131
In den mit ... geschlossenen Verträgen hat die Beklagte für Multi-Play-Angebote eine Mindestbemessungsgrundlage von EUR 8,75 vereinbart. Mit einer um EUR 3,25 höheren Mindestbemessungsgrundlage würden die Mitgliedsunternehmen des Klägers im Wettbewerb mit den jeweils zur ... gehörenden Unternehmen ... erheblich benachteiligt. Die Schiedsstelle selbst bezweckt mit den von ihr vorgeschlagenen Vertragskonditionen die Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen. Dies könnte bei einem Wert von EUR 12,00 indes nicht erreicht werden.
132
Beizupflichten ist der Schiedsstelle indes insoweit, als die jeweils vorgenommenen Preisvergleichsbetrachtungen angesichts der undurchsichtigen und vielfältigen Preisgestaltung von Produktbündeln nicht zielführend sind (Anlage K 1, Seite 63). Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, dass sich die von der Schiedsstelle ihrer Begründung insbesondere zu Grunde gelegte Untersuchung der Bundesnetzagentur nur auf Telefonieangebote bezog. Gemäß Seiten 114 bis 117 werden Fernseh- und Internetanschlüsse beinhaltende Triple-Play-Angebote preislich einander gegenübergestellt. Dabei ergibt sich aus der Übersicht der Bundesnetzagentur, dass zwischen Double-Play- und Triple-Play-Angeboten überlappende Preisbereiche bestehen. Diese Überlappungen belegen aber gerade, dass die von den Streitparteien jeweils vorgenommenen Preisvergleiche im Ergebnis keine hinreichende tatsächliche Grundlage für eine Ermittlung des durchschnittlichen Wertes des in einem Multi-Play-Angebot enthaltenen Fernsehbestandteils darstellen können. Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie vorliegend keine umfassende Marktanalyse vorgenommen wird, sondern lediglich punktuell spezifische Anbieter herausgegriffen und verglichen werden. Umso mehr erscheint das Ergebnis von Verhandlungen vergleichbarer Regelungsgegenstände, wie es in den von der Beklagten mit den Unternehmen ... Niederschlag gefunden hat, als die verlässlichste Grundlage zur Beurteilung der Angemessenheit streitig diskutierter Vertragskonditionen. Vor diesem Hintergrund erscheint es dem Senat für die vorzunehmende Angemessenheitsprüfung am zielführendsten, von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von EUR 8,75 auszugehen und weiter zu prüfen, ob die entsprechende Indizwirkung durch sonstige Umstände entkräftet wird. Dies ist vorliegend im Ergebnis indes nicht der Fall.
133
Die Angemessenheit des Betrages von EUR 8,75 wird insbesondere nicht durch den Verweis der Schiedsstelle auf die von der Beklagten vorgelegten ...-Studie und den darin mutmaßlich bestätigten Wert einer Mindestbemessungsgrenze in der Höhe von EUR 12,00 widerlegt. Dabei kann dahinstehen, inwieweit die aus dem Jahr 2015 stammende Studie für die Bestimmung des Marktwerts von TV-Paketen ab dem 1. Januar 2018 überhaupt herangezogen werden kann. Denn letztlich hat die ... keinen spezifischen Durchschnittswert, sondern einen Preiskorridor ermittelt, demzufolge sich die Wertigkeit von marktüblichen TV-Paketen im Bereich zwischen EUR 10,30 und EUR 13,70 bewegt, wobei dies nur für Multi-Play-Angebote mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 50 MBit/S gilt. Bei einer Übertragungsgeschwindigkeit von 16 MBit/S wird die Wertigkeit entsprechender TV-Pakete mit einem Bereich zwischen EUR 9,20 und 12,10 EUR angegeben. Unterschiede ergeben sich auch dahingehend, ob die jeweiligen Endkunden bereits Triple-Play-Angebote oder nur Double-Play-Angebote nutzen. Insoweit ergeben sich aus der Studie Wertigkeiten eines TV-Pakets wiederum in Abhängigkeit von der jeweiligen Übertragungsgeschwindigkeit im Bereich zwischen EUR 3,10 und EUR 23,80 (Anlage B 17, Seite 5). Zu dem sich hieraus abzeichnenden Preisspektrum steht der hier als angemessen erachtete Referenzwert von EUR 8,75 nicht in Widerspruch. Jedenfalls kann auf dieser Grundlage kein Anhaltspunkt dafür erkannt werden, dass der der verbreiteten Vertragspraxis entsprechende Wert von EUR 8,75 auf Grund konträrer Marktrealitäten als nicht angemessen und überkommen anzusehen wäre.
134
Nicht entscheidungserheblich ist schließlich die weitere Erwägung der Schiedsstelle, dass der Betrag von EUR 12,00 die untere Grenze der Vergütung darstellt, zu der die Beklagte die Kabelweitersendung lizensieren möchte (Anlage K 1, Seite 66). Die subjektiven Preiserwartungen einer Verwertungsgesellschaft stellen bereits im Ansatz kein taugliches Kriterium zur Bemessung einer angemessenen Vergütung dar. Wollte man dieses Kriterium der Bemessung der einer Verwertungsgesellschaft geschuldeten Vergütung zu Grunde legen, würde sich ein Preis stets an der Grenze des gerade noch kartellrechtlich zulässigen Preisniveaus bilden, oberhalb dessen sich die Preisgestaltung im Bereich des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung bewegen würde. Der kartellrechtlich gerade noch zulässige Preis ist jedoch nicht mit der im Einzelfall angemessenen Vergütung gleichzusetzen. Dafür spricht in gesetzessystematischer Hinsicht schon, dass einer verwertungsrechtlichen Angemessenheitskontrolle neben der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht anderenfalls keine eigenständige Bedeutung zukäme.
135
(3) Eine höhere Bemessungsgrundlage ist schließlich nicht unter dem Gesichtspunkt einer erhöhten Inflationsrate angezeigt. Das von der Beklagten erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Argument, wonach die wie tenoriert festgesetzten Beträge schon deswegen unangemessen seien, weil diese die Inflation der letzten Jahre nicht berücksichtigten, greift nicht durch. Insoweit fehlt bereits jedweder Vortrag dazu, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Fernseh- und Hörfunkanschlusskosten inflationsbedingt gestiegen sind. Anhaltspunkte dafür, dass Fernseh- und Hörfunkanschlussgebühren zu dem Kreis inflationsbetroffener Kosten zählen, liegen nicht vor. Vielmehr spricht das Prozessverhalten der Beklagten selbst dafür, dass eine Inflationsbetroffenheit im vorliegenden Streitfall keine signifikante Rolle spielt. So hat die Beklagte selbst seit dem Jahr 2018 sowohl während des Schiedsstellenverfahrens als auch in dem vor dem Senat geführten schriftlichen Vorverfahren auf der Grundlage eines aus ihrer Sicht angemessenen Mindestbemessungsbetrages von EUR 12,00 verhandelt, ohne eine inflationsbedingte Anpassung für notwendig befunden zu haben. Insofern vermag es nicht zu überzeugen, dass eine inflationsbedingte Kostensteigerung nunmehr zumindest notwendig ist, um den Betrag in Höhe von EUR 12,00 als solchen zu rechtfertigen. Dies würde letztlich implizieren, dass der Betrag jedenfalls im Zeitpunkt des Beginns der Verhandlungen übersetzt war. Dahingehend kann der Vortrag der Beklagten aber gerade nicht verstanden werden.
dd. Keine Einbeziehung von Zusatzleistungen wie Pay-TV
136
Dem Einigungsvorschlag der Schiedsstelle folgend ist die von der Beklagten vorgeschlagene Regelung, Zusatzleistungen, wie z.B. Pay-TV, Verbreitung über mobile Apps (innerhalb und/oder außerhalb) des Nutzerhaushalts und Video on Demand, die mit den Fernseh- und/oder Hörfunkprogrammen zu einem einheitlichen Preis angeboten werden, in die Bemessungsgrundlage gemäß § 5 Ziffer 1 des Einzelvertragsmusters einzurechnen, nicht aufzunehmen. Dies entspricht der bisherigen Vertragspraxis (vgl. Anlage K 2, § 6 Ziffer 4, sowie Anlage K 3b, § 5 Ziffer 3). Ebenso nehmen die von der Beklagten geschlossenen ... und ...-Verträge mit Pay-TV Angeboten erzielte Umsätze aus der Berechnungsgrundlage aus (Anlagen K 10, K 11 und K 25, jeweils Ziffer 6.2 lit. c) Unterabs. (ii) a.E. i.V.m. lit. d) Unterabs. (i)). Gleiches gilt für den von dem Kläger mit der GEMA geschlossenen Gesamtvertrag (Anlage K 9, § 6 Ziffer 2 lit. c) Unterabs. (ii)).
137
Anderes gilt mit Blick auf Multi-Play-Angebote. Nähere Ausführungen hierzu sind indes nicht angezeigt, da sich insoweit der Kläger selbst nicht gegen die Einbeziehung entsprechender Entgelte wendet. Soweit die Beklagte darüber hinaus die Verbreitung über mobile Apps einbeziehen will, ist dies in dem streitgegenständlichen Vertrag nicht aufzunehmen. Ein solcher Vorschlag findet sich weder in dem Einigungsvorschlag der Schiedsstelle noch hat die Beklagte substantiiert dazu vorgetragen, warum die von ihr begehrte Ergänzung notwendig sein soll.
138
Auch der weitere in diesem Zusammenhang erfolgte Änderungsvorschlag der Beklagten, statt auf die entsprechende Anwendung der vorgenannten Regelungen auf die „Mindestbemessungsgrundlage in Höhe von EUR 12,00“ zu verweisen, ist nicht aufzugreifen. Die Änderung ist rein sprachlicher Natur, trägt jedoch nicht zu einer besseren Verständlichkeit bei. Im Gegenteil ist der Begriff „Mindestbemessungsgrundlage“ wie gezeigt missverständlich, weil es in § 5 Ziffer 3 des Einzelvertragsmusters der Sache nach um eine qualifizierte Nachweispflicht mit der Folge einer möglicherweise zahlungspflichtigen Überprüfung durch einen Wirtschaftsprüfer geht.
ee. Vergütungsrelevanz von Signallieferungsentgelten
139
Nachdem angemessene Vertragsbedingungen die Befugnis der Kabelnetzbetreiber beinhalten, das von ihnen weitergesendete Programmsignal an Netzebene-4-Betreiber weiterzugeben (§ 3 Ziffer 1 des tenorierten Einzelvertragsmusters), muss im Rahmen der Vergütungsberechnung über die angemessene Einbeziehung der aus Verträgen mit direkten Endkunden erwirtschafteten Umsatzerlöse hinaus sichergestellt werden, dass die mit der Weitergabe des Programmsignals an Netzebene-4-Betreiber erzielten Umsätze bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage in angemessener Weise erfasst werden.
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(1) Die gemäß § 5 Ziffer 1 Abs. 2 des tenorierten Einzelvertragsmusters festgesetzte Formulierung stellt zunächst sicher, dass die mit der Signalweitergabe an Netzebene-4-Betreiber erwirtschafteten Umsätze im Rahmen der Berechnung der Bemessungsgrundlage dem Grunde nach erfasst werden.
141
Zwischen den Parteien besteht im Ausgangspunkt Einigkeit, dass diese Umsätze als sogenannte Signallieferungsentgelte berücksichtigt werden müssen. Dabei ist der von der Schiedsstelle gemäß § 5 Ziffer 1 des tenorierten Einzelvertragsmusters vorgeschlagene Wortlaut gegenüber der von der Beklagten gemäß Anlage B 30 angeregten Formulierung vorzugswürdig. Mit der Formulierung der Beklagten soll offenbar der Spagat zwischen ihrer einerseits vertretenen Auffassung, dass die Befugnis der Signalweitergabe an Netzebene-4-Betreiber eigentlich als solche nicht besteht, und der andererseits mit Blick auf den urheberrechtlichen Beteiligungsgrundsatz gebotenen Erfassung von externen Netzebene-4-Betreibern dennoch erhaltenen Signallieferungsentgelte gelingen. Dieses Regelungskonstrukt führt dazu, dass auf mögliche gesetzlich oder regulatorisch bedingte Belieferungspflichten eines Kabelnetzbetreibers einzugehen ist, wodurch der Vertragswortlaut schwer verständlich wird. Eine effektive Rechteverwertung setzt jedoch eine hinreichend klare Vertragsstruktur und eine verständliche, widerspruchsfreie Formulierung voraus. Diese Voraussetzung ist mit der Formulierung der Beklagten nach Ansicht des Senats nicht mehr hinreichend gewahrt. Angesichts der ohnehin anzunehmenden Weitergabebefugnis besteht nach den seitens des Senats bestimmten Vertragsbedingungen keine Veranlassung, auf die Frage möglicher Belieferungspflichten einzugehen.
142
Gleichfalls im Interesse der Regelungsklarheit hat der Senat den von der Schiedsstelle vorgeschlagenen Wortlaut insoweit geändert, als der Begriff „belieferte Betreiber“ durch den in § 3 Ziffer 1 des tenorierten Einzelvertragsmusters bereits angelegten Begriff des „Netzebene-4-Betreibers“ zu ersetzen ist. Aus demselben Grund ist die von dem Kläger in § 1 Ziffer 3 vorgeschlagene Aufnahme der Definition des „belieferten Betreibers“ wegzulassen. Die Verwendung einer einheitlichen Terminologie für denselben Lebenssachverhalt stellt aus Sicht des Senats eine wesentliche Grundvoraussetzung einer hinreichend klaren Vertragsgestaltung dar.
143
(2) Zur Bestimmung des Umfangs der mit der Signalweitergabe erzielten geldwerten Vorteile stellt – anders als mit Blick auf die von direkten Endkunden geschuldeten Entgelte – die Aufnahme einer Mindestbemessungsgrundlage eine interessengerechte vertragliche Regelung zur Berechnung einer im Ergebnis angemessenen Vergütung dar (nachfolgend (a)). Der Höhe nach ist die Mindestbemessungsgrundlage indes mit einem Betrag von EUR 5,00 und nicht – wie die Beklagte und ihr folgend die Schiedsstelle vorschlagen – von EUR 12,00 festzusetzen (nachfolgend (b)).
144
(a) Der Senat folgt dem Einigungsvorschlag der Schiedsstelle insoweit, als für Signallieferungsentgelte eine Mindestbemessungsgrundlage festzusetzen ist. Dieser Einschätzung entspricht die aus Sicht des Senats indiziell heranzuziehende Vertragspraxis. Zwar war eine entsprechende Regelung in dem zwischen den Parteien bislang geltenden Gesamtvertrag nicht enthalten. Auch in dem mit der GEMA bestehenden Vertrag ist eine Mindestbemessungsgrundlage für Signallieferungsentgelte nicht enthalten. Allerdings ergibt die Auslegung der maßgeblichen Referenzverträge, dass sowohl Ziffer 6.2 lit. b) (ii) des FRK-Vertrages (Anlage K 25) als auch Ziffer 6.2 lit. b) (ii) der mit ... abgeschlossenen Lizenzverträge (Anlagen K 10 und K 11) jeweils vorsehen, dass Signallieferungsentgelte für die gesamte Vertragsdauer in der Höhe von mindestens EUR 5,00 abgerechnet werden. Sämtliche dieser Verträge sehen für den Fall einer etwaigen Kündigung zudem ausdrücklich die Weitergeltung der Vergütungsregelungen bis zum Inkrafttreten einer neuen vertraglichen Grundlage vor.
145
Dabei verkennt der Senat nicht, dass – worauf in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich hingewiesen wurde – der Wortlaut der einschlägigen Referenzverträge jeweils auf eine Pauschalabrechnung hinzuweisen scheint. Während bei Signallieferungsentgelten in Ziffer 6.2 lit. b) (ii) der mit ... geschlossenen Verträge von einer Abrechnung „auf Basis von € 5 pro NE-4-Endkunde pro Monat“ die Rede ist, nimmt Ziffer 6.2 lit. e) ausdrücklich auf den Fall Bezug, dass „die auf Fernseh- und Hörfunkprogramme entfallende Mindestbemessungsgrundlage nicht mindestens € 8,75 pro Einzelnutzer-Endkunde und pro Monat beträgt.“ Die Nachfrage bei den Parteien in der mündlichen Verhandlung hat hierzu keine weitere Klärung erbracht. Die Beklagte hat zwar vorgetragen, dass mit der Formulierung gemäß Ziffer 6.2 lit. b) (ii) der mit ... abgeschlossenen Verträge eine Mindestbemessungsgrundlage gemeint sei. Dem ist der Kläger indes ausdrücklich entgegengetreten. Eine weitere Erläuterung seitens der Beklagten ist daraufhin nicht erfolgt. Insbesondere wurde die tatsächliche Abrechnungspraxis mit ... nicht näher erläutert. Auf eine weitere Sachaufklärung kommt es in diesem Zusammenhang indes nicht an. Denn eine Gesamtbetrachtung der hier einschlägigen Referenzverträge zeigt, dass Signallieferungsentgelte dem Vortrag der Beklagtenpartei entsprechend jeweils auf Basis einer Mindestbemessungsgrundlage und nicht auf bloß pauschalierter Grundlage abzurechnen sind. Den Regelungen zur Zahlungsweise gemäß Ziffer 8.2 der mit ... geschlossenen Verträge und Ziffer 7.2 des FRK-Vertrages zufolge sind die Kabelnetzbetreiber jeweils verpflichtet, auch die mit Signallieferungsentgelten erzielten Umsätze anzugeben. Eine Pflicht zur Mitteilung von Umsätzen wäre indes reine Förmelei ohne sachliche Relevanz für die schlussendlich zu bezahlende Vergütung, wenn eine Abrechnung ohnehin nur anhand einer pauschalierten Summe erfolgen würde.
146
Über diese vertragssystematische Betrachtung hinaus spricht für die Gestaltung als Mindestbemessungsgrundlage der Sinn und Zweck der Regelung, dem urheberrechtlichen Beteiligungsgrundsatz entsprechend sicherzustellen, dass die Rechteinhaber an den von einem Nutzer tatsächlich erzielten Vorteilen angemessen partizipieren. Eine dementsprechende Beteiligung wäre im Falle einer bloß pauschalen Abrechnung gerade nicht hinreichend gewährleistet. Soweit der Kläger dem entgegnet, dass die für Signallieferungsentgelte günstigere Preisgestaltung lediglich einem marktgerechten Mengenrabatt entspricht, weil über Signallieferungsverträge sämtliche Wohneinheiten unabhängig davon erfasst werden, ob für diese tatsächlich ein TV-Versorgungsvertrag geschlossen wird, rechtfertigt dies die seinerseits begehrte Pauschalabrechnung nicht. Denn ungeachtet dessen bleibt es ohne weiteres möglich, dass Kabelnetzbetreiber höhere Entgelte als einen pauschalierten Betrag von EUR 5,00 vereinnahmen. So trägt der Kläger selbst den Beispielsfall vor, dass sich das Signallieferungsentgelt eines Netzbetreibers auf einen Betrag in Höhe von EUR 7,42 belaufen hat (Bl. 48 d. Akte). Ein durchgreifender Grund, Rechteinhaber an diesen tatsächlich erzielten Erlösen nicht zu beteiligen, ist nicht ersichtlich.
147
Geht man daher zum Zwecke der Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen mit der Schiedsstelle davon aus, dass eine Befugnis zur „rechtefreien“ Weitergabe des Programmsignals an Netzebene-4-Betreiber in den Vertrag aufzunehmen ist, kann für die entsprechende Vergütungsregelung dem Grunde nach nichts anderes gelten. Die Vergütungspflicht ist insoweit die Kehrseite der den Kabelnetzbetreibern zuerkannten Befugnis zur Programmsignalweitergabe.
148
(b) Dagegen lassen die Ausführungen der Schiedsstelle zu der als notwendig erachteten Festsetzung einer dem Betrag nach höheren Mindestbemessungsgrundlage von EUR 12,00 keine überzeugende Begründung erkennen. Die bestehende Vertragspraxis lässt insoweit einen Betrag in Höhe von EUR 5,00 als angemessen erscheinen.
149
Auf Seite 68 ihres Einigungsvorschlages (Anlage K 1) stellt die Schiedsstelle lediglich pauschal und ohne nähere Begründung auf von der Beklagten vorgebrachte wirtschaftliche Nachteile im Zusammenhang mit der rechtefreien Weitergabe von Programmsignalen ab. Der von der Beklagten behauptete Missbrauch zu Lasten der Rechteinhaber ist als solcher indes nicht näher erläutert, sondern wird pauschal den Ausführungen der Beklagten folgend angenommen. Da die Beklagte auch im Rahmen des hiesigen gerichtlichen Verfahrens ihren Vortrag zu der behaupteten geänderten wirtschaftlichen Situation nicht näher erläutert hat, ist keine tatsächliche Grundlage dafür gegeben, von der indiziellen Vertragspraxis abzuweichen. Der pauschale Verweis auf dem jeweiligen Streitgegenstand nach nicht ansatzweise erläuterte Gerichtsverfahren aus dem Kreis angeblich „vielfältiger Gestaltungs- und Missbrauchsmöglichkeiten“ ersetzt keinen substantiierten Sachvortrag zum Beleg etwaiger konkreter missbräuchlicher Abrechnungspraktiken. Insofern sieht der Senat eine Mindestbemessungsgrundlage in Höhe von EUR 5,00 als notwendig aber auch ausreichend an, um eine angemessene Beteiligung der Urheber in Fällen der Weitergabe von Programmsignalen an Netzebene-4-Betreiber zu gewährleisten.
150
Dass die Mindestbemessungsgrundlage mit EUR 5,00 zu niedrig bemessen und damit eine angemessene Beteiligung der Urheber an dem eigentlichen wirtschaftlichen Erfolg, den ein Kabelnetzbetreiber bei der Weitergabe von Programmsignalen an Netzebene-4-Betreiber erzielt, nicht sichergestellt ist, lässt sich dem Vortrag der Beklagten nicht entnehmen. Vielmehr ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Signallieferungsentgelte regelmäßig deutlich niedriger sind als Endkunden direkt in Rechnung gestellte Nutzungsentgelte. Auch vor diesem Hintergrund kann der Einigungsvorschlag der Schiedsstelle in Bezug auf die Höhe der abzurechnenden Signallieferungsentgelte nicht überzeugen, wenn entgegen diesem unstreitigen Parteivortrag ausdrücklich ein Gleichlauf der Mindestbemessungsgrundlagen für jegliche Fälle der Weitersendung angestrebt wird (Anlage K 1, Seite 68).
151
Umgekehrt sind Gründe dafür, dass ein Betrag von EUR 5,00 für Signallieferungsentgelte zum Nachteil der Kabelnetzbetreiber überhöht angesetzt ist, gleichfalls nicht ersichtlich. Insoweit bleibt es bei der Indizwirkung der aus Anlagen K 10, K 11 und K 25 ersichtlichen Vertragspraxis. Eine Mindestbemessungsgrundlage stellt der Höhe nach nur dann eine unangemessene Regelung dar, wenn die aus dem urheberrechtlichen Beteiligungsgrundsatz ergebenden Erfordernisse zu Lasten des Verwerters in einem unangemessenen Verhältnis überschritten werden. Dies ist jedoch nicht immer schon dann der Fall, wenn der vom Verwerter mit der Verwertung des Werkes erzielte Erlös durch eine Pauschalvergütung zu einem erheblichen Teil aufgezehrt wird (vgl. BGH, Urt. v. 25. Oktober 2012, Az. I ZR 162/11, NJW-RR 2013, 1057, 1060 Tz. 40 – Covermount). Gründe, warum eine Mindestbemessungsgrundlage mit EUR 5,00 überhöht angesetzt sein soll, sind indes nicht ersichtlich. Im Gegenteil hat der Kläger – wie ausgeführt – selbst exemplarisch auf das bei einem seiner Mitglieder den tatsächlichen Marktverhältnissen entsprechende Signallieferungsentgelt in Höhe von EUR 7,42 verwiesen (Bl. 48 d. Akte).
152
(3) Soweit die Beklagte darüber hinaus vorgeschlagen hat, zu ihren Gunsten eine Berechtigung vorzusehen, die Vergütung für die Signalweitergabe auf Basis des Betrags zu berechnen, den die Beklagte von dem nachgelagerten Netzebene-4-Betreiber berechtigterweise fordert, ist diese Regelung nicht aufzunehmen. Die Klausel ist bereits deswegen unangemessen, weil diese Konstruktion auf der – unzutreffenden – Annahme einer fehlenden Befugnis zur Weitergabe des Programmsignals beruht. Überdies ist die Klausel inhaltlich unklar, weil für den Kabelnetzbetreiber nicht erkennbar ist, welcher Betrag einer mutmaßlich berechtigten Forderung der Beklagten gegen einen Netzebene-4-Betreiber entspricht. Die Klausel ist darüber hinaus nicht notwendig, um eine angemessene Beteiligung der Urheber an den Verwertungserlösen der Kabelnetzbetreiber zu schützen. Dieses als solches berechtigte Interesse ist durch die in Höhe von EUR 5,00 bei der Abrechnung von Signallieferungsentgelten festgesetzte Mindestbemessungsgrundlage hinreichend berücksichtigt.
153
(4) Entgegen der Meinung der Beklagten ist nicht zu befürchten, dass mit einer Orientierung an den im Rahmen der mit ... geschlossenen Verträge festgesetzten Vertragskonditionen eine „Abwärtsspirale“ in Gang gesetzt werden könnte. Insoweit hat der Senat berücksichtigt, dass der gemäß Ziffer 6.3 der ...- und ...-Verträge vereinbarte Mengenrabatt im Rahmen des hier tenorierten Vertrags nicht enthalten ist. Der Senat ist insoweit der Auffassung, dass Mengenrabattsklauseln nicht an einer für die übliche Branchenpraxis maßgeblichen Indizwirkung teilhaben können. Vielmehr ist bei lebensnaher wirtschaftlicher Betrachtung davon auszugehen, dass derartige Mengenrabatte nur verhandlungs- und parteispezifische Umstände aufgreifen.
ff. Keine Regelung für im Wege des Sammelinkassos erhaltene Entgelte
154
Die von der Beklagten vorgeschlagene Sonderregelung zur Einbeziehung laufender Entgelte, die der Netzbetreiber bzw. das verbundene Unternehmen von Wohnungsunternehmen im Wege des Sammelinkassos als Teil der Nebenkostenabrechnung für die Versorgung der Mieter mit Programmen erhält, ist nicht in den festzusetzenden Gesamtvertrag aufzunehmen. Eine solche Regelung war weder Gegenstand der bisherigen Vertragspraxis noch vermag die Beklagte auf vergleichbare Regelungen in anderweitigen relevanten Referenzverträgen zu verweisen. Dem Einigungsvorschlag der Schiedsstelle lässt sich eine Sonderreglung zum Sammelinkasso ebenfalls nicht entnehmen.
155
Zudem besteht hinsichtlich des Sammelinkassos kein Regelungsbedarf. Soweit die laufenden Entgelte von einem Kabelnetzbetreiber oder einem mit ihm konzernverbundenen Unternehmen der Netzebene 3 oder Netzebene 4 erwirtschaftet werden, sind diese als Umsatz im Sinne von § 5 Ziffer 1 in die für die Vergütungsberechnung maßgebliche Bemessungsgrundlage einzurechnen. Werden laufende Entgelte von konzernfremden Netzebene-4-Betreibern erwirtschaftet, werden diese als den Signallieferungsentgelten ähnliche Entgelte auf Basis einer Mindestbemessungsgrundlage von EUR 5,00 pro Netzebene-4-Kunde pro Monat abgerechnet.
gg. Kein umsatzunabhängiger Aufschlag oder umsatzunabhängige Lizenzgebühr
156
Soweit die Beklagte in ihrer Duplik erstmals die Idee einer umsatzbasierten Lizenzgebühr mit umsatzunabhängigem Aufschlag oder alternativ einer vollständig umsatzunabhängigen Lizenzgebühr aufbringt, stellt dies kein den urheberrechtlichen Beteiligungsgrundsatz in angemessener Weise berücksichtigendes Vergütungskonzept dar. Wie ausgeführt ist eine umsatzabhängige Lizenzgebühr im Interesse beider Parteien am ehesten geeignet, den dem Urheber zustehenden angemessenen Anteil an den von einem Nutzer durch die Werknutzung erzielten Vorteilen zu bestimmen. Soweit daher durch die Werknutzung messbare Umsatzerlöse erzielt werden, ist als angemessene Vergütungsregelung vorrangig eine prozentuale Beteiligung des Urhebers über eine der Höhe nach angemessene Lizenzgebühr vorzusehen. Vor diesem Hintergrund wäre die Beklagte gehalten gewesen, substantiiert dazu vorzutragen, aus welchen Gründen die von ihr erwähnten alternativen Vergütungsmodelle eines umsatzunabhängigen Aufschlags oder einer vollständig umsatzunabhängigen Lizenzgebühr eine hinreichende und zugleich die Werknutzer nicht übermäßig belastende und damit angemessene Vergütung darstellen würden. Ein hinreichend begründeter Sachvortrag ist hierzu indes nicht erfolgt. Insbesondere sind in den von der Beklagten selbst als Anlage B 30 vorgelegten Formulierungsvorschlägen keine der genannten alternativen Vergütungsansätze enthalten.
157
Vorsorglich weist der Senat in diesem Zusammenhang darauf hin, dass auch eine seitens des Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Rahmen der mündlichen Verhandlung diskutierte, pauschale ökonomische Bewertung der Daten im Rahmen der Bemessungsgrundlage angesichts der – wie ausgeführt – heterogenen Art an Daten und Vielfalt möglicher unterschiedlicher datenbasierter Geschäftsmodelle nicht in Betracht kommt. Denn unabhängig davon, ob im Rahmen der Kabelweitersendung erhobene Daten einen anderweitigen, nicht geldwerten Vorteil im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 VGG verkörpern können, würde eine solchermaßen pauschalierte Bemessungsgrundlage im Ergebnis völlig ungleiche Sachverhalte gleichbehandeln und damit gleichermaßen wie die von der Beklagten vorgeschlagene pauschale Erhöhung des Lizenzsatzes eine Diskriminierung zum Nachteil einzelner Kabelnetzbetreiber darstellen. Die Ausführungen unter Ziffer II.1.c.bb.(3) gelten insoweit entsprechend.
hh. Pauschalierung nicht nachvollziehbar dargelegter Umsätze
158
Der Senat teilt die Auffassung der Schiedsstelle, dass gemäß § 5 Ziffer 4 des Einigungsvorschlages eine pauschalierte Bemessungsgrundlage für den Fall vorzusehen ist, dass ein Netzbetreiber die Höhe der Entgelte nicht oder nicht schlüssig und nachvollziehbar schriftlich nachweist. Neben dem berechtigten Interesse der Beklagten an der wahrheitsgemäßen Bestimmung der Berechnungsgrundlage ist eine solche Pauschalierung insbesondere mit Blick auf die hiermit verbundenen Verwaltungsvereinfachung angemessen und geboten. Zugleich dient die Regelung dem Zweck, die gesetzlich gebotene angemessene Beteiligung der Urheber an den mit der Nutzung ihrer Werke erzielten Erlösen sicherzustellen.
159
Zwar war eine pauschalierte Bemessungsgrundlage für den Fall unzureichender Nachweise nicht Gegenstand der bisherigen Vertragsbeziehung zwischen den Parteien. Ebenso wenig ist in den ...-und ...-Verträgen eine Pauschalierung im Falle nicht nachvollziehbar dargelegter Umsätze vorgesehen. Allerdings ist insoweit zu berücksichtigen, dass die ...- und ...-Verträge jeweils nur mit einem Unternehmen geschlossen wurden. Überdies zählen beide zu einer einzigen UnternehmensGruppe. Die Beklagte sieht sich somit einer im Wesentlichen einheitlichen Nachweis- und Abrechnungspraxis gegenüber. In der hier zu entscheidenden Fallkonstellation geht es indes um Verträge mit einer Vielzahl an Unternehmen mit jeweils unterschiedlichen Geschäftspraktiken. Insofern ist der seitens der Beklagten entstehende personelle und finanzielle Aufwand, die Angaben der jeweiligen Werknutzer zu überprüfen, ungleich größer und damit das berechtigte Interesse an einer Verwaltungsvereinfachung umso höher. Zudem wertet es der Senat als Indiz für die Angemessenheit einer für den Fall nicht nachvollziehbar dargelegter Umsätze vorgesehenen Pauschalierung der Berechnungsgrundlage, dass der Kläger zuletzt selbst auf seinen mit den ...-Sendern geschlossenen Vertrag verwiesen hat, in dessen § 3 Ziffer 3.2 eine entsprechende Pauschalierung ausdrücklich vorgesehen ist (Anlage K 29). Es mag seitens der Beklagten bestritten sein, dass der ...-Vertrag tatsächlich umgesetzt wurde. Der Kläger, der den Vertrag vorgelegt hat, muss sich aber an dem ihm als eigenen Parteivortrag zuzurechnenden Vertragstext seinerseits insoweit festhalten lassen, als er einer entsprechenden Regelung nicht jede Angemessenheit absprechen kann.
160
Der Senat sieht sich hinsichtlich der vorliegenden Klausel zudem nicht an die Vertragspraxis aus dem FRK-Vertrag gebunden. Diese enthält zwar eine der Regelung des § 5 Ziffer 4 entsprechende Pauschalierung gerade nicht, obwohl die Beklagte sich – wie im vorliegenden Fall – einer heterogenen Vielfalt möglicher einzelner Kabelnetzbetreiber gegenübersah. Allerdings hat die Beklagte insoweit detailliertere, umfangreichere Rechnungslegungsanforderungen definiert und dem Vertrag zugleich ein von den Kabelnetzbetreiber zu verwendendes konkretes Abrechnungsformular als Anlage B beigefügt. Ist auf diesem Wege das Risiko heterogener, unzureichender Nachweise bereits adressiert, ist eine darüberhinausgehende, zusätzliche Pauschalierungsklausel schon im Ansatz nicht weiter erforderlich.
161
Der Senat befürchtet nicht, dass das Tatbestandsmerkmal eines „nicht oder nicht schlüssig und objektiv nachvollziehbar schriftlichen Nachweises“ entgegen der mit der Festsetzung eines Gesamtvertrages beabsichtigten Befriedung des Streitverhältnisses vermehrten Anlass zu neuen, weiteren Streitigkeiten geben könnte. § 5 Ziffer 4 erfasst zum einen den – keinerlei Auslegungsfragen aufwerfenden – Fall nicht erfolgter schriftlicher Nachweise. Der von § 5 Ziffer 4 zudem erfasste Fall eines „nicht schlüssig und objektiv nachvollziehbaren schriftlichen Nachweises“ ist ebenfalls hinreichend bestimmt. Hiermit werden Fallkonstellationen erfasst, in denen zwar schriftliche Nachweise vorgelegt wurden, die aber bei objektiver Betrachtung in sich widersprüchlich sind.
162
Ebenso wenig stellt die Klausel aus dem Grund eine unangemessene Regelung dar, weil der Beklagten im Falle einer seitens eines Kabelnetzbetreibers vollständig unterbleibenden Auskunft nicht einmal die Anzahl der Endkunden bekannt wäre und damit einer Berechnung anhand der Pauschale von EUR 8,75 jedwede Grundlage fehlen könnte. Die Beklagte hat auf Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung darauf verwiesen, in diesem Fall Auskunftsklage erheben zu können. Der Senat ist insoweit der Ansicht, dass die Notwendigkeit einer solchen, gegebenenfalls vorzuschaltenden Auskunftsklage den Anwendungsbereich der gemäß § 5 Ziffer 4 des tenorierten Einzelvertragsmusters vorgesehenen Pauschalierung nicht grundlegend in Frage stellt. Dies gilt umso mehr, als sich die Problematik einer trotz Pauschalierung unmöglichen Vergütungsberechnung im Regelfall nur einmalig zu Beginn der Zusammenarbeit mit einem Kabelnetzbetreiber stellen kann. Denn ist die Zahl der Endkunden einmal bekannt, kann eine künftige Abrechnung auf dieser Grundlage erfolgen. Sollte sich die Zahl der Endkunden im Rahmen der nach § 6 Ziffern 2 und 5 des Einzelvertragsmusters vorzunehmenden Umsatzaufstellung als untersetzt darstellen, kann sich eine Nachzahlungspflicht des betroffenen Kabelnetzbetreibers ergeben. Eine Nachverrechnungs- und hieraus gegebenenfalls folgende Nachzahlungspflicht ergibt sich im Wege der Auslegung gemäß § 6 Ziffer 2 i.V.m. § 6 Ziffer 1 des Einzelvertragsmusters. Im Interesse der Vertragsklarheit hat der Senat jedoch eine der Regelung gemäß Ziffer 7.2 FRK-Vertrag entsprechende Nachverrechnungsklausel klarstellungshalber in § 6 Ziffer 2 des tenorierten Einzelvertragsmusters aufgenommen. Eine inhaltlich entsprechende Regelung findet sich auch in Ziffer 8.2 der mit ... geschlossenen Verträge, die lediglich auf Grund des Rechnungsstellungserfordernisses gemäß Ziffer 8.1 abweichende Abwicklungsmodalitäten vorsieht. Die Aufnahme dieser Klausel erscheint überdies nicht nur für den Fall möglicher Änderungen des Kundenstammes eines Kabelnetzbetreibers, sondern zugleich mit Blick auf die für Signallieferungsentgelte eingeführte Mindestbemessungsgrundlage gemäß § 5 Ziffer 1 Abs. 3 des tenorierten Einzelvertragsmusters sachgerecht.
163
Für die Angemessenheit der streitgegenständlichen Pauschalierungsklausel spricht zudem die unstreitig zunehmende Bedeutung von Multi-Play-Angeboten. Mit der Bündelung verschiedener Produktbestandteile geht regelmäßig eine weniger durchsichtige Preisgestaltung einher. Angesichts solcher produktbedingter Preistransparenzdefizite ist umso mehr ein erhebliches Interesse der Rechteinhaber daran anzuerkennen, nachvollziehbare schriftliche Belege zu erhalten. Insoweit ist zu bedenken, dass die Beibringung klarer Nachweise für die tatsächlich erzielten Umsätze nicht nur der vertraglichen Pflicht der Kabelnetzbetreiber entspricht, sondern die Möglichkeit, die hierfür notwendigen tatsächlichen Voraussetzungen zu schaffen, allein in deren Verantwortungssphäre fällt.
164
Vor diesem Hintergrund wäre es – entgegen der von dem Kläger vertretenen Auffassung – nicht interessengerecht, die Beklagte allein auf die vertragliche Regelung des notwendigen schriftlichen Umsatznachweises gemäß § 5 Ziffer 1 und das Einsichtsrecht der Beklagten zu verweisen. Vielmehr ist die hier tenorierte Regelung Teil eines schlüssigen Vergütungskonzepts, das für Entgelte direkter Endkunden ausgehend von § 5 Ziffer 1 des Einzelvertragsmusters eine am Wirklichkeitsmaßstab orientierte Vergütung vorsieht, um dem urheberrechtlichen Beteiligungsgrundsatz im Interesse beider Parteien gerecht zu werden. Eine am Wirklichkeitsmaßstab orientierte Vergütung setzt hinreichend akkurate, wahrheitsgemäße Umsatznachweise voraus. Wird ein Nutzer der allein in seinen Verantwortungsbereich fallenden Nachweispflicht nicht gerecht, ist es in der Folge nur konsequent, einer Entwertung der genutzten Werke dadurch vorzubeugen, dass der Berechnung der geschuldeten Vergütung eine pauschalierte Berechnungsgrundlage zugrunde gelegt wird. Anderenfalls gingen die Nachweisdefizite zu Lasten der Rechteinhaber, obwohl die Nachweiserbringung ihrer Risikosphäre gerade nicht zuzurechnen ist. Entgegen der Argumentation des Klägers entspricht die von der Schiedsstelle vorgeschlagene Regelung damit in besonderem Maße der Leitbildfunktion des § 41 VGG. Der Gesetzesbegründung zufolge sollen Vereinbarungen über die Auskunftspflicht der Nutzer dazu beitragen, spätere Streitigkeiten über Umfang und Format von Auskünften zu vermeiden (BT-Drs. 18/7223, 86). Diesem Zweck dient die hier festgesetzte Pauschalierung.
165
Der Höhe nach entspricht insoweit ein Betrag von EUR 8,75 dem aus Sicht des Senats den tatsächlichen Marktverhältnissen am ehesten gerecht werdenden Näherungswert (siehe bereits Ziff. II.1.d.cc.). Zwar geht es an dieser Stelle nicht um die Wertigkeit von TV-Paketen in Multi-Play-Angeboten, sondern um „stand alone“ angebotene TV-Pakete. Allerdings geht auch die Schiedsstelle von einem Gleichlauf des Betrages der entsprechenden Bemessungsgrundlagen aus. Dies erscheint bei ökonomischer Betrachtung überzeugend, weil Angebote von „stand alone“ TV-Paketen nicht nur mit anderen einzelnen TV-Paketen, sondern zugleich mit den Multi-Play-Angeboten im Wettbewerb stehen und damit einem besonderen Preisdruck ausgesetzt sind. Insoweit ist davon auszugehen, dass „stand alone“ angebotene TV-Pakete gleichwertig oder günstiger sind als die in Multi-Play-Angeboten enthaltenen TV-Pakete.
ii. Berechnung der Mindestbemessungsgrundlagen
166
Auf den Antrag des Klägers hin ist die in § 5 Ziffer 5 geregelte Klausel zur Berechnung der für die im Vertrag vorgesehenen Mindestbemessungsgrundlagen relevanten Umsätze aufzunehmen. Die Klausel stellt eine interessengerechte und angemessene Regelung zur Vermeidung von Streitigkeiten über die Frage auf, ob die in § 5 Ziffern 3 und 4 des Einzelvertragsmusters enthaltenen Mindestbemessungsgrundlagen eingehalten sind. Dem Kläger ist zuzustimmen, dass die mit der Klausel angewandte Durchschnittsbetrachtung notwendig ist, um die Notwendigkeit der individuellen Überprüfung einer Vielzahl von mit Endkunden geschlossenen Verträge zu vermeiden. Die Klausel stellt damit insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Vereinfachung des Verwaltungsaufwandes eine angemessene Lösung dar. Da die Beklagte die von ihr treuhänderisch eingenommenen Zahlungen ohnehin nicht direkt weiterleitet, sondern diese nach einem internen Verteilungsschlüssel an die Rechteinhaber ausschüttet, ist eine Durchschnittsbetrachtung in wirtschaftlicher Hinsicht zur angemessenen Beteiligung der Rechteinhaber ausreichend. Für die Angemessenheit der Regelung spricht zudem, dass die dem zugrunde liegende Durchschnittsbetrachtung auch in dem von dem Kläger mit der Verwertungsgesellschaft GEMA geschlossenen Vertrag Anwendung findet (Anlage K 9, § 6 Ziffer 5 des Einzelvertrages).
2. Sonstige Vertragskonditionen
a. Keine Verlängerung des „Beitrittsvertrags“
167
Dem aus Anlage B 30 ersichtlichen Vorschlag der Beklagten folgend wurde die im Einigungsvorschlag gemäß § 10 Ziffer 3 enthaltene Regelung zur Verlängerung des sogenannten Beitrittsvertrages gestrichen. Die Regelung ist vor dem Hintergrund des von der Schiedsstelle vorgeschlagenen einheitlichen Gesamtvertrages zu sehen. In der insoweit von den Parteien einvernehmlich befürworteten Struktur eines aus einem Gesamtvertrag nebst Einzelvertragsmuster bestehenden Vertragswerks hat eine Regelung betreffend einen „Beitrittsvertrag“ keinen erkennbaren Anwendungsbereich mehr. Unklare Regelung ohne für das streitgegenständliche Rechtsverhältnis erkennbaren Anwendungsbereich sind aber per se unangemessen und damit zu streichen.
b. Keine Informationspflicht zur Weitersendung mit Datenerhebung
168
Nachdem es – wie ausgeführt – an der Notwendigkeit fehlt, in dem zwischen den Parteien zu schließenden Gesamtvertrag nach der technischen Art der Weitersendung zu differenzieren, ist auch die von der Beklagten gewünschte Regelung im Rahmen der seitens des Klägers geschuldeten Vertragshilfe zur Kenntlichmachung IP-basiert weitersendender Mitgliedsunternehmen nicht zu rechtfertigen. Dies gilt umso mehr, als die Kenntlichmachung IP-basiert weitersendender Mitgliedsunternehmen dem von der Beklagten verfolgten Zweck dient, eine auf erhöhten Lizenzsätzen beruhende, neue Vergütungsstruktur festzusetzen, in der danach unterschieden wird, ob ein Kabelnetzbetreiber bei der Weitersendung Daten erhebt. Eine Differenzierung nach der Erhebung von Daten ist indes nicht gerechtfertigt und kann daher keine vertragliche Mitteilungspflicht begründen, die letztlich nur dem Zweck dient, Kabelnetzbetreiber zu identifizieren, welche bei der Weitersendung Daten erheben (siehe oben Ziffer 11.1.c.bb.).
c. Kein Entfall des Gesamtvertragsrabatts bei Einleitung rechtsförmlicher Verfahren
169
Das von der Schiedsstelle vorgeschlagene Entfallen des Gesamtvertragsrabatts bei Einleitung rechtsförmlicher Verfahren zur Überprüfung der Angemessenheit der in diesem Vertrag vereinbarten Vergütungen ist in dem tenorierten Vertragstext ebenfalls nicht aufzunehmen. Zu seinem Antrag betreffend § 3 Ziffer 5 des Gesamtvertrags hat der Kläger auf Nachfrage des Gerichts ausdrücklich bestätigt, dass diese Klausel gestrichen werden müsse. Hierbei handelte es sich um eine bloße Klarstellung. Aus dem Klageantrag und dem Sachvortrag der Klagepartei im Übrigen ergibt sich unzweifelhaft, dass ein entsprechendes Entfallen des Gesamtvertrages weder im Einzelvertragsmuster noch in dem Gesamtvertragstext vorgesehen sein soll.
170
In der Sache stellt der Entfall des Gesamtvertragsrabatts bei Einleitung rechtsförmlicher Verfahren betreffend die Angemessenheit der von einem Kabelnetzbetreiber geschuldeten Vergütung eine nicht interessengerechte und damit unangemessene Vertragsbestimmung dar. Eine dahingehende Regelung war im Rahmen der bisherigen gesamtvertraglichen Regelung der Parteien nicht vorgesehen. Sachlich gerechtfertigte Gründe, eine solche nunmehr vertraglich festzulegen, sind nicht ersichtlich. Nach Auffassung des Senats sprechen vielmehr grundlegende Bedenken gegen ein Entfallen des Gesamtvertragsrabattes im Falle der rechtsförmlichen Überprüfung der Angemessenheit der von einem Kabelnetzbetreiber geschuldeten Vergütung.
171
Soweit sich der seinerzeit zuständige 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München im Anschluss an eine Stellungnahme des Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamtes in einem Urteil vom 21. Dezember 1989 (Az. 6 AR 6/89, GRUR 1990, 358, 359 – Doppelmitgliedschaft) für die Zulässigkeit einer entsprechenden Klausel ausgesprochen hat, ist hieran nicht festzuhalten. Die Begründung, dass ein Nutzer, der die Angemessenheit des gesamtvertraglich vereinbarten Tarifs angreife, zu erkennen gebe, die im Gesamtvertrag vereinbarten Rahmenbedingungen für seinen Individualvertrag gerade nicht übernehmen zu wollen, also weder selbst die Vertragshilfe gewähren, noch den Nachlass von regelmäßig 20 % für sich beanspruchen nehmen zu wollen, überzeugt nicht. Zum einen stellt der Gesamtvertragsnachlass die wesentliche Gegenleistung für die von der jeweiligen Nutzervereinigung erbrachte Vertragshilfe dar (vgl. Reinbothe in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 6. Aufl. 2020, VGG, § 35 Rn. 6). Gemäß § 3 des tenorierten Gesamtvertrages ist Vertragshilfe dementsprechend ausschließlich durch den Kläger, d.h. verbandsseitig und nicht seitens der einzelnen Kabelnetzbetreiber zu gewähren. Diese grundlegende Vertragsparität bleibt jedoch bestehen, wenn ein einzelner Kabelnetzbetreiber die Angemessenheit der im konkreten Fall für ihn maßgeblichen Vergütung zur gerichtlichen Überprüfung stellt.
172
Zum anderen geht der Rückschluss, dass eine Partei im Falle der Beanstandung einer einzelnen, wenngleich zentralen Regelung das Gesamtvertragswerk nicht als solches für sich in Anspruch nehmen möchte, aus dem Grund fehl, weil die Verwertungsgesellschaft einem gesetzlichen Kontrahierungszwang unterliegt. Dieser folgt neben den wahrnehmungsrechtlichen Bestimmungen der §§ 34, 35 VGG zugleich aus den kartellrechtlichen Vorschriften der §§ 19, 20 GWB. Ist ein kontrahierungspflichtiges, marktbeherrschendes Unternehmen aber zum Abschluss eines Vertrages zu angemessenen Konditionen verpflichtet, kann dem Anspruchsberechtigten nicht die gerichtliche Kontrolle der Einhaltung der nach diesen Maßstäben geschuldeten angemessenen Bedingungen verwehrt werden. Dafür spricht über die Regelungen der §§ 34, 35 VGG, 19, 20 GWB hinaus bereits der aus dem gemäß Art. 47 Abs. 1 der EU-Grundrechtecharta verbürgten und aus Art. 2 Abs. 1, 101 Abs. 1 Satz 2, 103 Abs. 1 GG, Art. 6 MRK i.V.m. dem allgemeinen Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitenden Anspruch auf Zugang zu den Gerichten (Justizgewährungsanspruch).
173
Insbesondere die auf der Grundlage der Meistbegünstigungsregelung gemäß § 5 Ziffer 7 des Einzelvertragsmusters möglichen Ansprüche könnte ein Nutzer nicht durchsetzen, ohne den Verlust des Gesamtvertragsrabatts zu riskieren. Damit liefe diese aus Gründen des Diskriminierungsverbots gebotene Regelung weitestgehend leer (siehe nachfolgend Ziff. II.2.e.). Zu bedenken ist zudem, dass Streitigkeiten über die Angemessenheit der Vergütung auch aus sonstigen Gründen, etwa mit Blick auf die der Vergütungsberechnung im Einzelfall zu Grunde zu legende Berechnungsgrundlage entstehen können. Ein sachlich gerechtfertigter Grund, einzelne Netzbetreiber davon abzuhalten, die Berechnung der von ihnen geschuldeten Vergütung gerichtlich überprüfen zu lassen, ist gleichfalls nicht erkennbar. Vielmehr ist es nicht angängig, die Einleitung gerichtlicher Schritte zur Überprüfung der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben dahingehend zu sanktionieren, dass mit Blick auf die erhebliche Höhe des drohenden Rabattverlusts verbandsmäßig organisierte Kabelnetzbetreiber nach Abschluss eines Einzelvertrages de facto von einer Anrufung der zuständigen Gerichte abgehalten und so in dem zentralen Punkt der Kontrolle einer angemessenen Zahlungsverpflichtung rechtsschutzlos gestellt werden.
174
Umgekehrt bedeutet der Verzicht auf den Entfall des Gesamtvertragsrabatts bei rechtsförmlicher Überprüfung der Angemessenheit der vertraglich geschuldeten Vergütung keine unangemessene Benachteiligung gegenüber der Beklagten. Ein Kabelnetzbetreiber bleibt im Falle eines Streits über die Angemessenheit der geschuldeten Vergütung dem Grunde nach weiter zur Zahlung verpflichtet. Im Falle eines erfolgreichen rechtsförmlichen Vorgehens würde lediglich die Vergütungshöhe auf das nach den gesetzlichen Vorgaben geschuldete Maß reduziert. Zugleich wird auch die mit dem Abschluss eines Gesamtvertrages und darauf basierender Einzelverträge einhergehende Verwaltungsvereinfachung nicht über Gebühr beeinträchtigt. Insbesondere Abrechnungspflichten sind weiter dem vereinbarten Vertragsmuster entsprechend zu erfüllen. So führt die Einleitung eines rechtsförmlichen Verfahrens gerade nicht dazu, dass die aus dem Vertragsverhältnis folgenden wechselseitigen Pflichten suspendiert würden. Nichts anderes ergibt sich schließlich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs in Sachen Gesamtvertragsnachlass vom 10. September 2020 (Az. I ZR 66/19, GRUR 2021, 604, 606). Demzufolge hat der Bundesgerichtshof lediglich die Nichtgewährung des Gesamtvertragsnachlasses gegenüber einem Werknutzer für sachlich gerechtfertigt erachtet, der seinerseits gerade keiner gesamtvertraglichen Regelung beigetreten war. Insoweit fehlte es daher bereits im Ansatz an jedweder durch den Abschluss eines Gesamtvertrages bedingten Verwaltungsvereinfachung.
d. Anpassungsklausel bei Änderungen im Rechtsbestand
175
Die Anpassungsklausel gemäß § 4 Ziffer 3 des Einzelvertragsmusters ist auf Antrag des Klägers aufzunehmen. Zwar ist eine solche Klausel in dem Einigungsvorschlag der Schiedsstelle nicht enthalten. Dem liegt indes ein rein redaktionelles Versehen zugrunde. Auf Seite 84 des Einigungsvorschlags (Anlage K 1) heißt es zu der in § 4 des Einigungsvorschlages enthaltenen Regelung der Vergütung ausdrücklich, dass die Schiedsstelle entsprechend dem Antrag des Antragstellers eine Anpassungsklausel ergänzt. In dem auf Seiten 25 bis 37 des Einigungsvorschlages abgedruckten Antrag des Klägers ist in der dort in § 5 des Einzelvertragsmusters enthaltenen Regelung der Vergütung die klägerseitig begehrte und hier gerichtlich tenorierte Anpassungsregelung enthalten (Seite 33 des Einigungsvorschlages).
176
Gegen die Aufnahme der klägerseitig begehrten Anpassungsklausel sind keine durchgreifenden Bedenken ersichtlich und auch dem Vortrag der Beklagten nicht zu entnehmen. Soweit die Beklagte ausführt, dass bei Widersprüchen zwischen Tenor und Begründung stets der Tenor Vorrang habe, trifft dies in der von der Beklagten behaupteten Absolutheit nicht und erst recht nicht in der hier zu entscheidenden Fallkonstellation zu. Das von der Beklagten zitierte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13. Mai 1997 (Az. VI ZR 181/96, NJW 1997, 3447, 3448) bezieht sich auf ein landgerichtliches Urteil, das schon im Ansatz nicht mit einem im Rahmen eines Schiedsstellenverfahrens gemäß §§ 92 ff. VGG erfolgten Einigungsvorschlag vergleichbar ist. Bei einem Einigungsvorschlag gemäß § 105 VGG handelt es sich um eine ihrer Rechtsnatur nach unverbindliche Entscheidung der Schiedsstelle, der die Parteien in Fällen der Einräumung oder Übertragung von Nutzungsrechten der Weitersendung ohne Angabe von Gründen binnen einer Frist von drei Monaten widersprechen können. Überdies hatte der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung einen wie hier vorliegenden Fall, in dem sich ein klarer und bestimmter Entscheidungswille eindeutig aus den Gründen ergibt, gar nicht zu beurteilen. Vielmehr bestand in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ein Widerspruch nicht nur zwischen Tenor und Entscheidungsgründen, sondern zugleich innerhalb der Entscheidungsgründe selbst. Für eine, wie hier vorliegende Situation eines sich aus den Entscheidungsgründen ergebenden klaren Entscheidungswillens hat der Bundesgerichtshof die Frage, ob ein Vorrang des Tenors gilt, dagegen ausdrücklich offengelassen. Insoweit verkennt die Beklagte, dass es sich in Fällen, in denen sich aus den Urteilsgründen ergibt, dass über einen bestimmten Anspruch befunden worden ist, ohne dass dies im Tenor zum Ausdruck gebracht wird, um eine aus dem Urteil selbst ersichtliche und damit offenbare Unrichtigkeit handelt, die nach § 319 ZPO korrigiert werden kann (Musielak in: Musielak/Voit, ZPO, 19. Aufl. 2022, § 319 Rn. 7 m.w.N.; Feskorn in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 319 Rn. 24 m.w.N.).
177
In der Sache ist die Aufnahme der begehrten Anpassungsregelung unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteiinteressen angemessen. Ohnehin konkretisiert die vorgeschlagene Anpassungsregelung lediglich den in § 313 BGB zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken der Störung der Geschäftsgrundlage und trägt damit dazu bei, die praktische Umsetzung der von der Beklagten treuhänderisch verwerteten urheberrechtlichen Befugnisse rechtssicherer zu gestalten. Dass der Lizenzsatz maßgeblich von dem Umfang des Rechtebestands der Beklagten abhängt und damit zu den Umständen zählt, die eine wesentliche Grundlage des Abschlusses urheberrechtlicher Gesamtverträge darstellen, zeigen überdies die Regelungen, welche die Beklagte in den Verträgen mit ... mit Blick auf das zum damaligen Zeitpunkt mögliche Ausscheiden der ... aus dem Mitgliederkreis der Beklagten getroffen hat. Gemäß Ziffer 5.2 des ...-Vertrages vom 11. Dezember 2015 reduziert sich der in Höhe von 1,182 Prozent vereinbarte Lizenzsatz um 36 Prozent auf einen Lizenzsatz von 0,75648 Prozent, soweit und solange die Sender der ... während der vereinbarten Vertragsdauer nicht von der Beklagten wahrgenommen werden können. Damit bestätigt die eigene Vertragspraxis der Beklagten die grundsätzliche Rechtfertigung einer Anpassungsregelung.
178
Für die Angemessenheit der Anpassungsregelung spricht weiter, dass diese jeweils sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten beider Gesamtvertragsparteien gilt. Dass das für den Fall eines um über 15 Prozent anwachsenden Rechtsbestands bestimmte Sonderkündigungsrecht und einer dementsprechend einhergehenden um über 15 Prozent höheren Vergütung dagegen nur zu Gunsten der Kabelnetzbetreiber Anwendung finden soll, stellt eine aus Sicht des Senats mögliche und interessengerechte Regelung dar. Denn die Schwankung des vertragsgegenständlichen Rechtebestandes liegt aus Sicht der Kabelnetzbetreiber völlig außerhalb ihres persönlichen Einflussbereichs, während die Beklagte die Erweiterung des von ihr zu verwertenden Rechtsbestands auch unter Berücksichtigung des ihr obliegenden Kontrahierungszwanges aktiv beeinflussen kann. Insofern ist es billigerweise nachvollziehbar, dass einem Kabelnetzbetreiber nicht durch einseitige Einflussnahme des anderen Vertragspartners ohne Kündigungsrecht derart erhebliche Preiserhöhungen auferlegt werden können sollen.
179
Darüber hinaus ist auch nicht unklar, wie eine Anpassung zu erfolgen hat. Der Klausel ist insoweit unmissverständlich zu entnehmen, dass eine der Schwankung entsprechende Anpassung des Lizenzsatzes vorzunehmen ist. Gewinnt folglich die Beklagte zusätzliche Rechteinhaber und führt dies zu einer Steigerung ihres Rechtebestands von beispielsweise 12 Prozent, ist der Lizenzsatz entsprechend anteilig zu erhöhen.
e. Gleichbehandlung und Meistbegünstigung
180
Die klägerseitig begehrte Meistbegünstigungsregelung ist antragsgemäß festzusetzen. Diese entspricht dem Marktstandard und entspricht nicht zuletzt schon der der Beklagten gesetzlich obliegenden Verpflichtung zur nichtdiskriminierenden Behandlung ihrer Vertragspartner. Eine entsprechende Pflicht besteht sowohl auf der Rechtsgrundlage des § 35 VGG als auch auf kartellrechtlicher Grundlage gemäß Art. 102 AEUV, §§ 19, 20 GWB.
181
Nicht aufzunehmen ist hingegen die von dem Kläger darüber hinaus begehrte Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass die vereinbarten Konditionen auch gegenüber Dritten am Markt durchgesetzt werden. Eine entsprechende aktive Marktdurchsetzungspflicht lässt sich dem der Beklagten obliegenden Nichtdiskriminierungsverpflichtung nicht entnehmen.
f. Vertragsdauer
182
Die Vertragsdauer ist dem zuletzt gestellten Antrag des Klägers folgend bis zum 31. Dezember 2028 festzusetzen. Es wäre im Hinblick auf das Ziel einer Befriedung des zwischen den Parteien bestehenden Streits wenig zielführend, die Vertragsdauer so festzusetzen, dass für den festgesetzten Vertrag im Zeitpunkt des Urteilsausspruchs nur noch eine völlig geringfügige Restlaufzeit gelten würde oder diese gar bereits abgelaufen wäre. Eine Laufzeit bis Ende des Jahres 2028 ist aus Sicht des Senats geboten, um den zwischen den Parteien bestehenden Streit auch in zeitlicher Hinsicht hinreichend dauerhaft zu befrieden, indem im Anschluss an den hiesigen mehrjährigen Rechtsstreit eine angemessene Ruhezeit festgesetzt wird, binnen der die aus rechtlichen Gründen zwingend notwendige Kooperation der Parteien von weiteren Verhandlungen unbelastet bleibt. Zugleich erscheint der Zeitraum auch nicht zu lange bemessen und erlaubt es in ausreichendem Maße, mögliche (nachhaltige) wirtschaftliche Entwicklungen angemessen berücksichtigen zu können. Dabei hat der Senat auch die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung unter dem Gesichtspunkt inflationsbedingter Preissteigerungen vorgetragenen Bedenken berücksichtigt. Abgesehen davon, dass nicht vorgetragen ist, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß Fernseh- und Hörfunkanschlusskosten inflationsbetroffen sind, führt dies – selbst wenn man eine signifikante Inflation unterstellt – nicht dazu, dass die tenorierte Laufzeit die Beklagte in einer per se unangemessen Weise benachteiligen würde. Dabei ist insbesondere zu bedenken, dass es sich bei den im Rahmen des tenorierten Gesamtvertrages festgesetzten Beträgen um Mindestbemessungsgrundlagen handelt. Kabelnetzbetreiber sind aber verpflichtet, die darüber hinaus tatsächlich anfallenden Entgelte ihren Abrechnungen zu Grunde zu legen. Die Vergütung als solche ist prozentual bemessen, so dass die geschuldete Vergütung der tatsächlichen Inflation entsprechend ansteigt. Darüber hinaus entspricht der in die Zukunft gerichtete Anteil der tenorierten Vertragslaufzeit in etwa der Laufzeit, wie sie in Ziffer 8.1 des von dem Kläger gemäß Anlage K 7 vorgelegten und von der Beklagten selbst überarbeiteten Vertragsentwurf vorgesehen war.
183
Die dreimonatige Kündigungsfrist entspricht der bisherigen Vertragspraxis und wurde von der Beklagten entsprechend in den mit ... geschlossenen Verträgen vereinbart.
g. Abwicklungsregelung
184
Die Abwicklungsregelung in § 10 des tenorierten Einzelvertragsmusters ist dem Antrag des Klägers entsprechend aufzunehmen. Die Klausel dient dem wohlverstandenen Interesse beider Parteien, weil ein nachvollziehbares und transparentes Prozedere für die Verrechnung der während des anhängigen Rechtsstreits gegebenenfalls erfolgten Vorbehaltszahlungen vereinbart wird. Die Beklagte hat keine durchgreifenden Bedenken gegen die Abwicklungsklausel vorgebracht.
h. Gerichtsstand
185
Der Gerichtsstand am Sitz der Beklagten ist entgegen deren Vorschlag nicht aufzunehmen. Auf Grund der gemäß Art. 97 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich garantierten Unabhängigkeit der staatlichen Gerichte spiegelt die Vereinbarung eines Gerichtsstands am Sitz einer Partei zwar nur deren subjektive Erwartung eines mutmaßlichen Heimvorteils. Dennoch wird die jeweils andere Partei hierdurch mit Blick auf die höheren zeitlichen und kostenmäßigen Aufwendungen benachteiligt. Es erscheint daher im Sinne einer insgesamt ausgewogenen Regelung vorzugswürdig, von einer Gerichtsstandsvereinbarung abzusehen und es insoweit bei der Anwendbarkeit der gesetzlichen Vorschriften gemäß §§ 12 ff. ZPO zu belassen.
C.
186
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Auf Grund des für die Sachentscheidung dem Gericht gemäß § 130 VGG zustehenden Ermessens ist die Vorschrift des § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechend anwendbar. Demzufolge können die Kosten vollständig nur einer Partei auferlegt werden, wenn der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen abhängig war. Der Senat übt das ihm dementsprechend zustehende Ermessen dahingehend aus, dass die Kosten vollständig der Beklagten auferlegt werden. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger im Ergebnis in einem nur geringfügigen Umfang seiner Klage unterlegen ist. Zu Gunsten der Beklagten war lediglich mit Blick auf die dem Grunde nach als solche festzusetzende Mindestbemessungsgrundlage für Signallieferungsentgelte und die Pauschalierung im Falle nicht ordnungsgemäßer Entgeltnachweise zu entscheiden. Dagegen war die zentrale Streitfrage der Einführung eines nach der Erhebung von Daten differenzierenden Lizenzsatzes zu Gunsten des Klägers zu entscheiden. Ebenso liegt es in Bezug auf weitere Streitfragen wie die Beibehaltung der Befugnis zur Weitergabe des Programmsignals, die Höhe des Lizenzsatzes und die Differenzierung des Lizenzsatzes nach dem Verlangen von Einspeiseentgelten sowie die Einführung einer Mindestbemessungsgrundlage für die eigentlichen Kundenentgelte und die im Wege des Sammelinkasso eingezogene Entgelte. Soweit der Kläger unterlegen ist, fällt dies den Kosten nach zudem nicht erheblich ins Gewicht. Davon ist bereits aus dem Grund auszugehen, weil die mit Blick auf die Festsetzung der Mindestbemessungsgrundlage in Höhe von EUR 5,00 relevante Gruppe der Netzebene-4-Kunden im Vergleich zu den Endkunden in wirtschaftlicher Hinsicht eine nur untergeordnete Rolle spielt. Insoweit tragen die Parteien selbst zudem übereinstimmend vor, dass die Zahl der Netzebene-4-Kunden in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen ist. Bei der zu Gunsten der Beklagten gemäß § 5 Ziffer 4 des tenorierten Einzelvertragsmusters festgesetzten Pauschalierung im Falle nicht ordnungsgemäßer Entgeltnachweise handelt es sich um einen vertraglichen Sanktionsmechanismus, der in wirtschaftlicher Hinsicht dem Zweck der Absicherung der vertraglich geschuldeten Zahlungen dient und insofern für die Streitwertfestsetzung keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung hat.
187
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1 ZPO.
188
Die Revision zum Bundesgerichtshof ist zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
D.
189
Die mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 16. Februar 2023 beantragte Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist nicht anzuordnen. Insbesondere zeigt die Beklagte keinen Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 156 Abs. 2 ZPO auf. Das Gericht sieht aber auch im Übrigen keinen Grund dafür, die mündliche Verhandlung in Ausübung des ihm nach § 156 Abs. 1 ZPO zustehenden Ermessens wiederzueröffnen.
190
Die Beklagte verkennt bereits, dass das Oberlandesgericht – wie ausgeführt (siehe Ziffer B.I.1.) – nicht an den Einigungsvorschlag der Schiedsstelle gebunden ist. Ein Verbot einer reformatio in peius besteht nicht. Insbesondere ist es nicht angängig, den Einigungsvorschlag der Schiedsstelle mit dem Widerspruch nur teilweise in dem Umfang der als nachteilig empfundenen Festsetzungen anzugreifen, diesen im Umfang der zu eigenen Gunsten erfolgten Regelungen aber als verbindlich zu betrachten. Für die Anwendung einer solche Rosinentheorie besteht keine gesetzliche Grundlage. Die Beklagte hat Widerspruch gegen den Einigungsvorschlag der Schiedsstelle eingelegt und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie diesen nicht als angemessene Grundlage zur Regelung und Abrechnung der Kabelweitersendung anerkennt. Für die Entscheidung der hierauf von dem Kläger erhobenen Klage ist indes das Oberlandesgericht zuständig und in den Grenzen der entsprechend gestellten Anträge gemäß § 308 ZPO berufen, die zwischen den Parteien anzuwendenden angemessenen Vertragsbedingungen insgesamt festzusetzen, § 130 Satz 1 VGG. In diesem Rahmen kann der Einigungsvorschlag der Schiedsstelle, soweit er überzeugend begründet ist, eine Indizwirkung entfalten. Diese Indizwirkung hat der Senat im Rahmen seiner Erwägungen berücksichtigt.
191
Der nicht nachgelassene Schriftsatz zeigt keine Anhaltspunkte auf, die der Senat nicht bereits im Rahmen seiner hier zu treffenden Ermessensentscheidung berücksichtigt hat. Der Senat hat sämtliche von den Parteien schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Argumente und Beweismittel zur Kenntnis genommen und abgewogen und vor diesem Hintergrund den wie tenorierten Gesamtvertrag nebst Einzelvertragsmuster festgesetzt.
192
Im Zusammenhang mit der von der Beklagten für notwendig erachteten Mindestbemessungsgrundlage für Signallieferungsentgelte war demzufolge, wenngleich nur in Höhe von EUR 5,00, eine entsprechende Mindestbemessungsgrundlage im Interesse der Beklagten festzusetzen. Soweit die Beklagte darüber hinaus eine Mindestbemessungsgrundlage für die von den Endkunden zu bezahlenden Entgelte für notwendig erachtet, übersieht sie, dass die Schiedsstelle selbst eine solche Regelung gerade nicht vorgeschlagen hat (siehe oben Ziffer B.II.1.aa.).
193
Das Argument einer inflationsbedingt notwendigen Anpassung der Berechnungsgrundlagen hat die Beklagte erstmals in der mündlichen Verhandlung erwähnt. Weder in diesem Rahmen noch in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz erfolgte jedoch ein substantiierter Vortrag dazu, dass und in welchem Umfang sich Preissteigerungen auf Fernseh- und Hörfunkanschlüsse auswirken. Mangels Substantiiertheit kommt es insoweit erst gar nicht darauf an, dass der in dem Schriftsatz vom 16. Februar 2023 nachgeschobene Vortrag erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung und damit verspätet erfolgt ist.
194
Die Frage, ob ein nach der Erhebung von Daten differenzierender Lizenzsatz angemessen ist, hat der Senat wie ausgeführt unter Berücksichtigung des Einigungsvorschlages der Schiedsstelle sowie der von den Parteien vorgetragenen Argumente und der in den Anlagen vorgelegten Gutachten geprüft und der Schiedsstelle insoweit folgend wie aus dem Tenor ersichtlich entschieden. Dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 16. Februar 2023 lassen sich hierzu keine Punkte entnehmen, die der Senat nicht bereits im Rahmen der von ihm nach § 130 Satz 1 VGG zu treffenden Entscheidung berücksichtigt hat. Der Beklagten steht insoweit die Möglichkeit offen, diese Entscheidung im Rahmen der zugelassenen Revision zur Überprüfung durch den Bundesgerichtshof zu stellen.
E.
195
Der Senat setzt den Streitwert auf der Rechtsgrundlage des § 63 Abs. 2 GKG in Ausübung des ihm gemäß § 3 ZPO zustehenden freien Ermessens auf einen Betrag von EUR 10.000.000,00 fest. Die klägerseitige Angabe des Streitwerts mit einem Betrag von EUR 50.000,00 ist offensichtlich untersetzt und wird der in der mündlichen Verhandlung von dem Beklagtenvertreter eingeräumten, jedoch ohne nähere Begründung gebliebenen wirtschaftlich hohen Bedeutung nicht gerecht. Dies zeigt die folgende Erwägung, auf welche der Senat mangels anderweitiger substantiierter und trotz ausdrücklicher Nachfrage in der mündlichen Verhandlung nicht näher konkretisierter Angaben der Streitparteien seine Streitwertfestsetzung stützt:
196
Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Klägers versorgen dessen Mitgliedsunternehmen in Deutschland insgesamt 17 Millionen Kabelhaushalte mit Fernseh- und Hörfunkprogrammen. Berücksichtigt man, dass nach dem insoweit ebenfalls unwidersprochen gebliebenem Vortrag des Klägers 75 Prozent der Kabelhaushalte von den zum Kreis seiner Mitglieder zählenden Unternehmen der ... versorgt werden, deren Abrechnung auf der Grundlage der gemäß Anlagen K 10 und K 11 vorgelegten eigenständigen Verträge erfolgt, verbleiben etwa 4.250.000 Kabelkunden, für welche der streitgegenständliche Gesamtvertrag als Grundlage der abzuschließenden Einzelverträge zur Lizenzierung der von der Beklagten wahrgenommenen Weitersenderechte in Betracht kommt. Multipliziert man zur Ermittlung des wirtschaftlichen Werts des hiesigen Streitgegenstandes die Anzahl dieser relevanten Kabelhaushalte mit der von der Beklagten geltend gemachten Mindestbemessungsgrundlage von EUR 12,00 ergibt sich unter Berücksichtigung der von ihr mit Wirkung ab dem 1. November 2019 avisierten Lizenzsatzerhöhung um 0,72 Prozentpunkte (1,62 Prozent abzüglich des tenorierten Lizenzsatzes von 0,90 Prozent, den die Beklagte angesichts der ganz überwiegenden Abrechnung von Einspeiseentgelten als Regelfall ansieht) ein monatlicher Erhöhungswert von EUR 367.200,00. Dabei hat der Senat, weil es sich bei den von den Kabelkunden zu zahlenden Entgelten und den diesbezüglich von den Kabelnetzbetreibern zu entrichtenden Lizenzzahlungen um wiederkehrende Leistungen handelt, gemäß § 9 ZPO den relevanten wirtschaftlichen Wert nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges zu berechnen. Hieraus errechnet sich ein Gesamtwert von EUR 15.422.400,00, den der Senat entsprechend dem für positive Feststellungsklagen maßgeblichen Abschlag von 20 % reduziert. Weiter ist der Gesamtvertragsrabatt in Höhe von 20 % in Abzug zu bringen. Dies ergibt einen Betrag in Höhe von EUR 9.870.336,00, den der Senat angesichts des von der Beklagten über die Erhöhung des Lizenzsatzes hinaus angestrebten Wegfalls der Signallieferungsbefugnis auf einen Betrag von EUR 10.000.000,00 aufrundet.