Inhalt

OLG München, Beschluss v. 11.02.2022 – 5 U 4892/21
Titel:

Zulässige Bezeichnung eines Werks als "Fälschung" in einem Gutachten

Normenketten:
BGB § 823, § 824, § 1004
GG Art. 1, Art. 2
Leitsätze:
1. Die Äußerung, ein Kunstwerk sei eine Fälschung, begründet keine Eigentumsverletzung, weil mit damit einhergehender Minderung des Marktwertes lediglich das Vermögen betroffen ist.  (Rn. 45 – 48) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Äußerung "Das Werk ist eine Fälschung" in einem Gutachten ist in der Regel auch dann ein Werturteil, wenn es nicht der wissenschaftlichen Kritik standhält und der Künstler verstorben ist und daher keine Bekundung über die Echtheit seines Werkes abgeben kann. (Rn. 53 – 57) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Unterlassungsanspruch, Tatsachenbehauptung, Meinungsäußerung, Werturteil, Wissenschaftsfreiheit, Provenienz, Gutachten, Eigentumsrecht, Wiederholungsgefahr, Rechtswidrigkeit, Kunstmarkt, Sachverständigengutachten, Eigentumsbeeinträchtigung, Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Meinungsfreiheit, Sittenwidrige Schädigung
Vorinstanz:
LG München I, Endurteil vom 18.06.2021 – 25 O 18549/18
Fundstelle:
GRUR-RS 2022, 53280

Tenor

I. Die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 18.06.2021, Aktenzeichen 25 O 18549/18 wird zurückgewiesen.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.
III. Die Vollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts München I kann ohne Sicherheitsleistung fortgesetzt werden. Die Kläger können die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe des insgesamt zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 150.000 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Kläger machen gegen die in Italien ansässige Beklagte die Unterlassung der Erklärung geltend, ein ihnen gehörendes Bild sei eine Fälschung.
2
Die Kläger sind Geschwister. Sie sind Miteigentümer des streitgegenständlichen Kunstwerks, das sie schenkweise von ihrem inzwischen verstorbenen Vater erhielten, der das streitgegenständliche Werk im Jahr 1969 von der Galleria F. in Florenz erwarb.
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Die Beklagte ist eine Stiftung mit Sitz in Mailand, die den künstlerischen Nachlass des im Jahr 1968 verstorbenen Künstlers Lucio Fontana verwaltet und den Status einer rechtlich anerkannten gemeinnützigen Organisation hat. Die Beklagte gilt im Kunstmarkt als zentrale und weltweit einzige Instanz für die Begutachtung und Authentifizierung von Werken Lucios Fontanas und ist verantwortlich für dessen Werksverzeichnis. Das für die Begutachtung der Werke zuständige Expertengremium der Beklagten, die sogenannte Commissione Artistica, kommt dreimal im Jahr zusammen, um über die Authentifizierung der eingereichten Werke zu entscheiden. Bis zu dessen Tod 2018 verfasste der Kunsthistoriker Prof. C4. handschriftliche Einschätzungen hinsichtlich der eingelieferten Werke.
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Am 11.07.2014 lieferten die Kläger das streitgegenständliche Werk, das nicht im Werkverzeichnis des Künstlers Lucio Fontana aufgeführt ist, bei dem Auktionshaus Sotheby’s in München ein und unterzeichneten einen von Sotheby’s vorbereiteten Versteigerungsvertrag. Bei Einlieferung des Werks wurden die Kläger von N. G. K. in der Münchner Filiale von Sotheby’s betreut. Diese erklärte, es sei für einen Verkauf des Werks zwingend notwendig, dass dieses zuvor durch die Beklagte begutachtet werde, da das streitgegenständliche Werk nicht im Werkverzeichnis des Künstlers aufgeführt sei. Ohne eine Echtheitsbescheinigung durch die Beklagte, die im Kunstmarkt die alleinige Autorität habe, über die Echtheit des künstlerischen Werks Fontanas verbindlich zu entscheiden, könne Sotheby’s das Bild nicht in die Versteigerung nehmen.
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Mit Zustimmung der Kläger wurde das streitgegenständliche Werk sodann im Original zu Sotheby’s Mailand und von dort an die Beklagte zum Zweck der Begutachtung gesandt. Dort fand am 22.10.2014 die Begutachtung statt. Im Zuge der Begutachtung des streitgegenständlichen Werks fertigte Prof. C4. eine Expertise (Anlage K2) an, in der es ins Deutsche übertragen wie folgt heißt:
„Gesichtet am 22.10.2014 bei der Fondazione L. Fontana, Mailand, ist dies eine offensichtliche Fälschung des Werkes von Lucio Fontana, zudem eine Serienproduktion, aufgrund der vertikalen Komposition und der sogar wörtlichen Entsprechung der Inschriften des Titels, der ganz offensichtlich gefälscht ist, genauso wie Unterschrift und Titel.“
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Daraufhin erstattete die Beklagte am 10.12.2014 Strafanzeige, und es erfolgte eine Beschlagnahme seitens der italienischen Polizeibehörden.
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Mit E-Mail vom 27.07.2015 (Anlage K 13) wandte sich Frau G. K. folgendermaßen an die Kläger:
„(…) es tut mir sehr leid, dass ich mich so lange nicht bei Ihnen gemeldet habe, aber ich war wöchentlich in Kontakt mit meinen Kollegen in Mailand. Nun hat sich endlich die Fontana Foundation entschieden und gemeldet. Sie hält das Bild für nicht von Fontana und hat es den italienischen Behörden übergeben. Sie werden in der nächsten Zeit diesbezüglich von Interpol kontaktiert werden, und damit auch einen genaueren Einblick in die Situation erhalten, als ich ihn habe.“
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Mit Dekret vom 02.03.2017 (Anlage K15) ordnete der ermittelnde Staatsanwalt an, das streitgegenständliche Werk an die Kläger zurückzugeben, wobei auf der Rückseite ein Hinweis auf die Fälschung anzubringen sei. Die Rückseite des Werks weist nunmehr eine großflächige blaue Beschriftung auf, die das Werk als Fälschung deklariert. Zwischen den Parteien ist streitig, wann und von wem diese aufgebracht wurde. Aufgrund des Dekrets wurde das Werk dem italienischen Prozessbevollmächtigten der Kläger von den Carabinieri in Monza übergeben und von dem Kläger zu 2) am 04.04.2017 persönlich in Mailand abgeholt.
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Die Kläger haben erstinstanzlich vorgetragen, die Beklagte habe zwischen dem 22.10.2014 und dem 13.11.2014 gegenüber Sotheby’s Mailand behauptet, dass das streitgegenständliche Werk eine Fälschung sei. Mit E-Mail vom 13.11.2014 habe eine Mitarbeiterin von Sotheby’s Mailand eine E-Mail unter anderem an Frau G. K. von Sotheby’s München gesandt, in der es wörtlich heiße „(…) the work is FAKE (…)“
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Die internationale Zuständigkeit des Münchner Gerichts sei gegeben, da die streitgegenständliche Äußerung gegenüber der Münchner Niederlassung des Auktionshauses Sotheby’s erfolgt sei. Die Kläger haben die Ansicht vertreten, ihnen stehe ein Anspruch auf Unterlassung wegen Beeinträchtigung ihres Eigentums an dem streitgegenständlichen Werk sowie ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts und wegen Kreditgefährdung zu. Bei der streitgegenständlichen Äußerung handele es sich aufgrund der von der Beklagten in Anspruch genommenen Monopolstellung und ihres Alleinstellungsmerkmals für die Authentifizierung von Werken Fontanas unter Berücksichtigung des Umstands, dass diese die Wahrnehmungsberechtigte der Urheber- und postmortalen Persönlichkeitsrechte des Künstlers sei, um eine Tatsachenbehauptung. Diese sei unwahr. Das streitgegenständliche Bild sei echt. Für die Echtheit des Werkes sprächen insbesondere
die Ergebnisse der Begutachtung des Werks durch ausgewiesene Kunstsachverständige, Herrn A. von B.-W. sowie Herrn P2. W2.,
die Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen der Farbpigmente durch zwei unabhängige Gutachter,
die Ergebnisse der Begutachtung der Signatur und der rückseitigen Schrift durch einen Schriftsachverständigen,
die Provenienz des Werkes, die Übereinstimmungen mit unstreitig authentischen Werken bzw. typischen Charakteristika wie zum Beispiel der innovative Werktitel und die Farbnasen auf der Rückseite des Bildes,
der Umstand, dass das streitgegenständliche Werk als Originalvorlage für die Anfertigung einer identischen Nachahmungsfälschung, eingetragen im Werksverzeichnis unter der Nummer 64 C104, gedient habe,
sowie die Einschätzung der Expertinnen von Sotheby’s und des künstlerischen Mitarbeiters F., H. T., als echt.
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Das Gutachten der Beklagten sei nicht „lege artis“. Die Beklagte habe insbesondere wesentliche Unterschiede zu Uccelletti-Fälschungen (Abweichungen der Rückseiten, insbesondere Stempel zweier renommierter Galerien, Abweichungen im Schriftverlauf, Abweichungen bei der Datierung, Konsistenz des Farbauftrags) verkannt. Die Schnittführung entspreche im Duktus und in der Tiefe der Schnittführung authentischer Schlitzbilder, insbesondere des Bildes 64 T 136. Die Besetzung der Commissione Artistica sei nicht vollständig gewesen, insbesondere werde bestritten, dass Prof. C4. und Prof. B4. das Werk im Original begutachtet bzw. an der Begutachtung teilgenommen hätten. Die Beklagte habe die Provenienz des Bildes beim Gutachten nicht berücksichtigt; diese sei jedoch ein zentrales Indiz für dessen Authentizität. Die Beklagte habe wesentliche Erkenntnisse aus den Archivmaterialien unter anderem auch zur Rückseite des Bildes 64 T 136 sowie zum Werk 64 T 104 unberücksichtigt gelassen. Andernfalls hätte ihr auffallen müssen, dass sich im Archiv Dokumente zu einem mit dem streitgegenständlichen Bild identischen Werk, dem Werk 64 T 104 befänden, das eine identische Signatur wie das streitgegenständliche Bild auf der jeweils oberen Hälfte der Rückseite und eine zweifelhafte Provenienz aufweise, was dafür spräche, dass es sich bei dem Werk 64 T 104 um eine Nachahmungsfälschung und bei dem streitgegenständlichen Bild um das Original handele.
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Die Begutachtungspraxis der Beklagten weiche erheblich vom Branchenstandard ab. Üblicherweise sei es so, dass eine Künstlerstiftung, die sich gegen die Aufnahme eines Werks in das Werkverzeichnis entscheide, dies in nachvollziehbarer Weise begründe, insbesondere um welches Werk es sich handele. Auch trage ein solches Schriftstück üblicherweise einen Briefkopf mit Angaben zum Verfasser. Bei den Gutachten von Professor C4. handele es sich dagegen um knappe handschriftliche Erklärungen ohne Briefkopf, die in der Regel aus 2-3 Sätzen bestünden und nicht erkennen ließen, auf welches Werk sich die Ausführungen bezögen. Auch bliebe unklar, ob Professor C4. das Werk im Original oder nur als Reproduktion gesehen habe. Ebenso wenig ließe sich den Aufzeichnungen entnehmen, auf welche Techniken und Verfahrensarten sich Professor C4. gestützt habe. Das Gutachten zum streitgegenständlichen Bild sei daher unzulänglich.
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Die Beklagte könne sich nicht auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen, da sie eine unwahre Äußerung getätigt habe, ohne die ihr hierbei obliegenden Sorgfaltspflichten einzuhalten. Von Verwirkung sei nicht auszugehen.
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Die Kläger haben erstinstanzlich beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, gegenüber Dritten in Bezug auf das im Eigentum der Kläger stehende Werk „Concetto Spaziale, Attese-II telefono squilla gli uccelleti cantano“ (1964/66, 61, 5 x50.5 cm)
(es folgen zwei Lichtbilder der Vorder- und Rückansicht eines Bildes, vgl. Schriftsatz vom 27.04.2020, S. 2 = Bl. 171 d.A.)
wörtlich und/oder sinngemäß zu behaupten,
„Das Werk ist eine Fälschung“,
wenn dies geschieht wie von der Beklagten zwischen dem 22.10.2014 und dem 13.11.2014 gegenüber dem Auktionshaus Sotheby’s geäußert und mit E-Mail vom 13.11.2014 um 11:07 Uhr von der Mitarbeiterin des Auktionshauses Sotheby’s, Frau V. L., an eine weitere Mitarbeiterin des Auktionshauses Sotheby’s, Frau N. G. von K., mitgeteilt.
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Die Beklagte hat
Klageabweisung beantragt.
16
Die Beklagte hat vorgetragen, dass sie mit erheblicher Wahrscheinlichkeit nicht eine eigene Einschätzung Prof. C4.s weitergeleitet, sondern Sotheby’s lediglich auf Nachfrage darüber informiert habe, dass die zuständige Polizeieinheit das Werk für eine Fälschung gehalten und es beschlagnahmt habe. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Klageantrag sei nicht hinreichend konkretisiert und die internationale Zuständigkeit des Landgerichts München I nicht gegeben, da sowohl Handlungsort als auch Erfolgsort in Italien gelegen hätten. Informationen über die Person des Eigentümers des Bildes oder dessen Anschrift habe die Beklagte nicht gehabt. Der Schutzbereich der von den Klägern geltend gemachten Rechtspositionen sei schon jeweils nicht betroffen. Bei der streitgegenständlichen Äußerung handele es sich um eine Meinungsäußerung bzw. ein Werturteil. Als Werturteil im Rahmen eines wissenschaftlichen Gutachtens sei die Äußerung vor juristischen Angriffen geschützt. Ein Gutachten verliere seinen Charakter als Werturteil nur dann, wenn es den Anspruch von Wissenschaftlichkeit systematisch verfehlt, insbesondere die der Schlussfolgerung vorausgehende methodische Untersuchung oder die zum Ergebnis führende Anwendung spezieller Kenntnisse und Fähigkeiten nur vorgetäuscht oder grob leichtfertig vorgenommen worden sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Das streitgegenständliche Bild sei eine Fälschung aus einer als sogenannte Uccelletti-Reihe bezeichneten Fälschungsserie. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die Vorderseite exakt dieselben Schnitte aufweise, die auch die Leinwände aller anderen Uccelletti-Fälschungen zierten. Die Schnitte seien von mangelhafter Qualität und entsprächen nicht der Technik Fontanas. Die Rückseite des streitgegenständlichen Bildes sei exakt identisch mit den Rückseiten der anderen Uccelletti-Fälschungen, der auf den unteren Teil der Leinwand geschriebene Titel gebe das Bild entsprechend dem Kenntnisstand der Beklagten als Teil der Uccelletti-Fälschungsserie aus. Das Gutachten sei lege artis. An der Begutachtung des Bildes habe mit Ausnahme von Maria Villa die gesamte Commissione Artistica einschließlich Prof. C4. und Prof. B4. teilgenommen. Im Übrigen sei die Äußerung nicht rechtswidrig, da sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erfolgt sei. Schließlich beruft sich die Beklagte auf Verwirkung.
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Das Landgericht hat die Klage wegen fehlender Zulässigkeit abgewiesen. Eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 7 Nummer 2 Brüssel 1 Ar VO sei nicht gegeben. Sowohl der Handlungsort als auch der Erfolgsort lägen in Italien. Die Äußerung der Beklagten sei in italienischer Sprache gegenüber Sotheby’s Mailand erfolgt. Dass diese Äußerung später an die Kläger in Deutschland weitergeleitet wurde, vermöge einen deutschen Gerichtsstand nicht zu begründen. Die Beklagte habe nicht damit rechnen müssen, dass ihre Äußerung nach Deutschland gelange. Soweit die Kläger die Behauptung der Beklagten, ihr habe in Bezug auf das streitgegenständliche Werk ein Fragebogen unter anderem mit den persönlichen Daten der Eigentümer nicht vorgelegen, mit Nichtwissen bestritten, sei dies unbeachtlich, § 138 Abs. 4 ZPO. Die Beklagte hätten auch nicht aus dem vorhandenen Archivmaterial sowie der hieraus ersichtlichen deutschen Provenienz darauf schließen müssen, dass die von ihr 2014 getätigte Aussage an deutsche Empfänger gerichtet sein würde. Die Klage sei darüber hinaus unbegründet. Der Klagepartei stehe der hier geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach §§ 823, 824, 1004 analog BGB nicht zu, da die streitgegenständliche Äußerung weder eine Kreditgefährdung im Sinne von § 824 Abs. 1 BGB darstelle noch die Kläger in ihrem Eigentumsrecht oder Persönlichkeitsrecht nach § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz verletze.
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Die streitgegenständliche Äußerung, das Bild sei eine Fälschung, sei dahingehend zu verstehen, dass dieses nicht von Lucio Fontana angefertigt wurde. Es handele sich nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine Schlussfolgerung aus einer kunstwissenschaftlichen Begutachtung, die als Werturteil zu qualifizieren sei. Der Schluss, den ein Sachverständiger aus einem Gutachten ziehe, sei in der Regel ein Werturteil und nicht die Behauptung einer Tatsache, denn es liege im Wesen eines Gutachtens, dass es auf der Grundlage bestimmter Verfahrensweisen zu einem Urteil kommen wolle, dass, selbst wenn es äußerlich als Tatsachenbehauptung formuliert sei, auf Wertungen beruhe (BGH, Urt. v. 23.02.1999 – VI ZR 140/98; BGH, Urt. v. 18.10.1977 – VI ZR 171/76). Auch bei wissenschaftlichen Stellungnahmen handele es sich in der Regel um Meinungsäußerungen bzw. Wertungen. Dem stehe nicht entgegen, dass eine solche Behauptung im Einzelfall auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden könne, nämlich durch Verwendung besserer Erkenntnismittel oder Aufdeckung von Irrtümern bei den dem Ergebnis vorangehende Untersuchungen. Dies folge unmittelbar aus der prinzipiellen Unabgeschlossenheit jeglicher wissenschaftlicher Erkenntnis (BGH, Urt. v. 02.07.2019 – VI ZR 494/17). Gemessen daran handele es sich vorliegend um eine auf kunstsachverständiger Einschätzung beruhende subjektive Meinung und Bewertung der Beklagten und ihrer Kommission. Dies ergebe sich vorliegend bereits daraus, dass der Künstler nicht mehr lebe und daher seine Urheberschaft betreffend ihm zugeschriebene Werke weder bestätigen noch negieren könne. Sämtliche Versuche, die Authentizität eines Werks des verstorbenen Künstlers festzustellen, erschöpften sich daher von vornherein in der Sammlung und Bewertung von Indizien, die Rückschlüsse auf die Echtheit bzw. Unechtheit eines ihm zugeschriebenen Werkes ermöglichten, wie zum Beispiel typische Charakteristika, die Provenienz etc. Insofern sei die von der Klagepartei angeführte Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 29.06.201 – 15 U 195/08, in der es um die Aussage eines Künstlers bezüglich seines eigenen Werkes ging, auf den hiesigen Fall nicht übertragbar.
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Auch die von der Klagepartei zitierte Entscheidung des OLG Frankfurt vom 28.11.1990 – 6 W 98/90 sei nicht übertragbar, da es in der dortigen Entscheidung nicht um ein Kunstwerk, sondern um ein Industrieprodukt mit standardisierten Produkteigenschaften gegangen sei. An der Beurteilung, dass es sich vorliegend um Wertungen handele, ändere die von der Beklagten in Anspruch genommene Monopolstellung und deren Alleinstellungsmerkmal für die Authentifizierung von Werken des Künstlers Lucio Fontana nichts. Denn diese vermöge zwar Äußerungen der Beklagten zur Authentizität von Werten Fontanas ein besonderes Gewicht auf dem Kunstmarkt zu verleihen, das ändere aber nichts daran, dass es sich hierbei um eine subjektive Bewertung handele. Da vorliegend keine Tatsachenbehauptung vorliege, scheide ein Anspruch aus § 824 BGB bereits aus diesem Grunde aus. Ob die streitgegenständliche Äußerung den Schutzbereich des Eigentums- bzw. allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Kläger berühre bzw. geeignet sei, diese Rechte zu verletzen, müsse vorliegend nicht entschieden werden, da der Eingriff in die vorgenannten Rechte jedenfalls nicht rechtswidrig sei. Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht sei nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiege. Bei Tatsachenbehauptungen falle der Wahrheitsgehalt ins Gewicht. Bei Werturteilen sei maßgebend, ob sie als Schmähung, Formalbeleidigung oder Verletzung der Menschenwürde anzusehen und deshalb zu unterlassen seien oder, wenn dies zu verneinen sei, ob sie im Rahmen einer Abwägung dem Persönlichkeitsschutz vorgingen (vgl. BVerfGE 90, 241 [248 f.]; BVerfGE 93, 266 [823 f.]), Vorstehendes gelte entsprechend in Bezug auf das Eigentumsrecht der Kläger. Danach überwiege hier das Recht auf Meinungsfreiheit, Art. 5 Abs. 1 GG sowie die Wissenschaftsfreiheit, Art. 5 Abs. 3 GG. Im Rahmen der gebotenen Abwägung der grundrechtlich geschützten Positionen sei insbesondere zu berücksichtigen, dass sich die Äußerung als Bewertung im Rahmen einer kunstwissenschaftlichen Begutachtung des streitgegenständlichen Bilds durch die Beklagte bzw. ihre Kommission darstelle, die auf hinreichender wissenschaftlicher Grundlage erfolgt sei. Zudem sei in die Abwägung einzustellen, dass an dem Aufzeigen vermeintlicher Fälschungen des Werks des Künstlers Fontana ein berechtigtes Interesse der Beklagten als Verwalterin des künstlerischen Nachlasses Fontana bestehe und die streitgegenständliche Äußerung erkennbar mit dem Zweck erfolgt sei, das künstlerische Schaffen Fontana sowie den Kunstmarkt vor vermeintlichen Fälschungen zu schützen. Ebenfalls sei zu berücksichtigen, dass sich die gerügte Äußerung allein auf das Werk und nicht auf die Person der Kläger beziehe. Deren Namen und Ihre Person würden weder genannt, noch seien sie aus der Äußerung erkennbar oder in sonstiger Weise herleitbar. Der Vorwurf, die Kläger würden wissentlich gefälschte Werke Fontanas auf den Markt bringen, sei mit der kritischen Beleuchtung des klägerischen Bilds nicht verbunden. Zudem sei die Äußerung nicht öffentlich erfolgt, sondern im Rahmen einer von den Klägern selbst initiierten Authentifizierungsanfrage. Das Eigentumsrecht der Kläger werde durch die Äußerung nicht in Abrede gestellt oder in sonstiger Weise unmittelbar beeinträchtigt. Vielmehr würden in erster Linie die Vermögensinteressen der Kläger berührt.
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Der Einwand der Klagepartei, dass das Gutachten der Beklagten nicht „lege artis“ erfolgt sei, die Beklagte insbesondere wesentliche für die Echtheit des streitgegenständlichen Bildes maßgebliche Umstände verkannt bzw. unberücksichtigt gelassen habe, greife ebenso wenig durch wie der Einwand, die Begutachtungspraxis der Beklagten weiche erheblich vom Branchenstandard ab, das Gutachten sei unzulänglich bzw. die Beklagte habe die ihr obliegenden Sorgfaltspflichten nicht eingehalten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass jedem wissenschaftlichen Forschungsprozess ein erheblicher Freiraum inhärent sei. Der Begriff der Wissenschaft umfasse auch Mindermeinungen sowie Forschungsansätze und Ergebnisse, die sich als irrig oder fehlerhaft erwiesen. Dem Bereich der Wissenschaft sei ein Werk erst dann entzogen, wenn es den Anspruch von Wissenschaftlichkeit nicht nur im einzelnen oder nach der Definition bestimmter Schulen, sondern systematisch verfehle. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn es nicht auf Wahrheitserkenntnis gerichtet sei, sondern vorgefassten Meinungen oder Ergebnissen lediglich den Anschein wissenschaftlicher Gewinnung oder Nachweisbarkeit verleihe, wofür die systematische Ausblendung von Fakten, Quellen, Ansichten und Ergebnissen, die die Auffassung des Autors infrage stellten, ein Indiz sein könne. Die Wissenschaftlichkeit könne einem Werk aber nicht schon abgesprochen werden, weil es Einseitigkeiten und Lücken aufweise oder gegenteilige Auffassungen unzureichend berücksichtige (BGH, Urt. v. 02.07.2019 – VI ZR 94/17). Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte den Anspruch von Wissenschaftlichkeit systematisch verfehlt habe, seien auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens nicht ersichtlich. Daran ändere Form und Inhalt der schriftlichen Expertise des Professor C4. nichts. Es sei erkennbar, dass es sich um eine knappe handschriftliche Aufzeichnung handele. Diese sei eindeutig darauf gerichtet, lediglich einen kurzen Überblick über die maßgeblichen Gründe für die Einschätzung der Beklagten zu geben, es handele sich um eine Fälschung. Aus der handschriftlichen Expertise könne nicht abgeleitet werden, dass bei der Begutachtung des Bildes nicht mit der gebotenen Sorgfalt gearbeitet worden sei, zumal die Beklagte die Kürze der Begründung damit erklärt habe, dass dies dem Schutz des Werkes Fontanas vor Fälschungen diene. Sie habe eingehend begründet, warum sie davon ausgehe, dass es sich um eine Fälschung aus der sogenannten Uccellettiserie handele. Sie habe sich auch mit der vom Kläger geltend gemachten Provenienz des Bildes auseinandergesetzt.
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Die Beklagte habe des Weiteren begründet, warum aus der von der Klagepartei angeführten vermeintlichen Unechtheit des im Werksverzeichnis unter der Nummer 64 T 104 geführten Werks nicht auf die vermeintliche Echtheit des klägerischen Bildes geschlossen werden könne. Zu den Einschätzungen der von der Klagepartei herangezogenen Mitarbeiterinnen von Sotheby’s, des künstlerischen Mitarbeiters F. T. und der Herren B.-W. und W2. habe die Beklagte plausibel dargelegt, warum ihre Einschätzung die zutreffende sei. Sie hat insbesondere auf ihre Erfahrung verwiesen. Hinsichtlich der Zuordnung aufgrund der Farbpigmentuntersuchungen hätten die Beklagten sowohl darauf verwiesen, dass bereits zu Lebzeiten des Beklagten Fälschungen unter Verwendung von Farbe aus dem Atelier des Künstlers erfolgt seien und dass die von den Klägern vorgelegten Gutachten keine eindeutigen Ergebnisse lieferten. Das vorgelegte Schriftgutachten stütze auch die Meinung der Beklagten, die von Pausfälschungen bei Bildern aus der Uccellettiserie ausginge. Auch die Farbnasen und Kieselsteine könnten die Echtheit nicht beweisen. Dass die Kommission in vollständiger Besetzung die Begutachtung durchgeführt habe, stehe zur Überzeugung des Gerichts aufgrund des als Anlage B 33 vorgelegten Sitzungsprotokolls vom 22.10.2014 fest. Mit den übrigen von der Klagepartei angeführten Aspekten habe sich die Beklagte ausführlich befasst und begründet, warum diese aus ihrer Sicht nicht für die Echtheit des Bildes sprächen und insoweit keine andere Bewertung rechtfertigten. Diese Würdigung durch die Beklagte sei jedenfalls vertretbar. Die Auswahl, Interpretation und Bewertung von Quellen und Indizien sei Inbegriff des kunstwissenschaftlichen Forschungsprozesses, bei dem die grundsätzlich verbürgte Wissenschaftsfreiheit einen erheblichen Freiraum gewähre, der auch Missinterpretationen und Irrtümer decke, solange der wissenschaftlichen Tätigkeit nach ihrem Inhalt und ihrer Form ein ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit zugrunde liege. An letzterem habe das Gericht auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens keine Zweifel. Es bestünde nach den vorgenannten Ausführungen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte systematisch Fakten, Quellen, Ansichten und Ergebnisse, die ihre Auffassung infrage stellten, ausgeblendet hätte.
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Gegen das der Klagepartei am 23.06.2021 zugestellte Endurteil wenden sich die Kläger mit Berufung vom 23.07.2021, die sie nach Fristverlängerung bis zum 25.10.2021 an diesem Tag begründet haben. Die Beklagte habe aufgrund der von den Klägern getätigten Angaben über die Provenienz gewusst, dass das streitgegenständliche Werk aus Deutschland stamme, dies sei für sie jedenfalls objektiv erkennbar gewesen. Ihre Äußerungen über dessen angeblich mangelnde Echtheit seien somit bestimmungsgemäß auch nach Deutschland gerichtet gewesen, zudem habe ihr die Korrespondenz mit dem Vater der Kläger aus den Jahren 1969/1970 vorgelegen, weshalb es für sie naheliegend gewesen sei, dass das Werk weiterhin aus Deutschland stamme. Das künstlerische Komitee habe sich ausschließlich aus Familienmitgliedern sowie dem hinzugezogenen externen Berater Prof. C4. zusammengesetzt. Das streitgegenständliche Bild sei echt. Dies hätten sämtliche wissenschaftlichen Analysen und Begutachtungen durch fachkundige Experten ergeben. Die Beklagte habe dies bei ihrer Begutachtung vollständig und systematisch verkannt. Sie habe maßgebliche Fakten zur Provenienzherstellung und Beschaffenheit des Werks nicht berücksichtigt. Sie habe ihr Gutachten grob fehlerhaft und unwissenschaftlich erstellt. Die Ausführung der Schnitte entspreche exakt der Schnittführung Fontanas, was dessen Mitarbeiter T. nach Vorlage von hochauflösenden Fotografien bestätigt habe. Die Untersuchung durch den Schriftsachverständigen Schumacher habe ergeben, dass die Schrift auf dem streitgegenständlichen Werk vollständig kongruent mit dem unstreitig authentischen Vergleichsmaterial und somit als echte Signatur mit zügigem natürlichen Bewegungsablauf einzuordnen sei. Die Farbnasen seien typisch für Fontana Bilder. Auch das Stilmerkmal der Steinchen in den Farbnasen sei typisch. Diese Steinchen befänden sich auch auf der Rückseite der Bilder 64-65 T 47 und 64 T 136. Die Anbringung der schwarzen Gaze sei identisch mit der Anbringung der schwarzen Gaze bei echten Bildern. Auch der Holzrahmen und die farblich etwas helleren Keile entsprächen den im Werkverzeichnis gelisteten Werken. Das Bild weise eine tadellose Provenienz auf. Der Vater der Kläger habe das Bild kurz nach dem Tod Fontanas zu einem unstreitig marktüblichen Kaufpreis erworben. Das Werk weise zwei Stempel der renommierten Galerie Vi. auf. Auch trage das streitgegenständliche Werk einen Aufkleber der Galeria Fl., die zu den renommierten Galerien gezählt habe, die mit Werken Fontanas bereits zu seinen Lebzeiten gehandelt hätten. Der Galerist Serafino Fl. habe die Echtheit des Werkes mit Schreiben vom 23.12.1969 schriftlich garantiert. Auch sei das Werk 1967 noch zu Lebzeiten Fontanas sowie 1968 öffentlich ausgestellt gewesen.
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Ein Gutachten bezüglich der Farbpigmente habe ergeben, dass es „gut möglich“ sei, dass das Bild mit einer von Fontana verwendeten Farbe gemalt worden sei. Die Echtheit sei auch durch weitere Experten wie den renommierten Galeristen Alexander von B.-W. sowie den ehemaligen, sehr erfahrenen Chefrestaurator des St.-museums Peter W2. untersucht worden. Beide Experten seien nach gründlicher Analyse sämtlicher Stilmerkmale zu dem Ergebnis gekommen, dass das Werk echt sei. Die Beklagte habe diese Fakten systematisch außer Acht gelassen. Die Begutachtung ohne materialtechnische Untersuchungen oder Provenienzrecherchen sei nicht haltbar. Professor C4. habe sich allein auf sein Expertengremium berufen und bei der Begutachtung sämtliche stilkritischen Merkmale, die die Echtheit des Werkes belegten, ebenso wie dessen tadellose Provenienz ignoriert und auf eine materialtechnische Untersuchung gänzlich verzichtet. Das Ergebnis des Gutachtens sei allein dadurch motiviert, nicht eine frühere Begutachtung eines gefälschten, aber von der Beklagten irrtümlich für echt erklärten – auf dem Kunstmarkt teuer veräußerten – Werks revidieren zu müssen. Das Gutachten der Beklagten beruhe auf systematischen wissenschaftlichen Fehlentscheidungen und blende Fakten, Quellen, Ansichten und Ergebnisse, die ihre Auffassung infrage stellen könnten, systematisch aus. Bei dem streitgegenständlichen Bild handele es sich um das Original, das als Vorlage für Nachahmungsfälschungen gedient habe. Die Beklagte habe das streitgegenständliche Bild als unecht deklariert, weil sie das Bild 64 T 104 fälschlich für echt erachtet habe und dieses Bild auf Basis dieser Echtheitsbestätigung am 16.10.2015 über das Auktionshaus Christies zum Preis von 1.538.500 GBP versteigert worden sei. Der Schriftgutachter Schumacher habe festgestellt, dass die Signatur auf dem Bild 64 T 104 zweifelsfrei von der Signatur auf dem streitgegenständlichen Bild abgepaust worden sei. Trotz dieser fundierten Schriftanalyse halte die Beklagte daran fest, dass es sich bei dem Werk 64 T 104 um das Original handele. Sie meine, der Fälscher habe in das Original eingegriffen und die „zunächst sehr dünne Schrift mit dickerem Stift nachgezogen, um sie so besser auf eine Leinwand projizieren und kopieren zu können“. Die Beklagte gebe dieser Theorie den Vorzug vor der allein plausiblen Erklärung, dass ein Fälscher die Signatur vom Original auf eine Leinwand projiziert, zunächst mit dünneren Stiften charakteristische Schrift vorgezeichnet und dann später nachgezogen habe. Offenbar habe die Beklagte um jeden Preis vermeiden wollen, ihre Echtheitsbestätigung des Bildes 64 T 104 revidieren zu müssen. Um ihren Ruf zu verteidigen nehme die Beklagte es bewusst in Kauf, ein offensichtlich gefälschtes Werk mit 2-farbiger Signatur 64 T 104 als echt hochzuhalten und dafür ein authentisches Werk Fontanas zu opfern, indem sie es ohne nachvollziehbare (geschweige denn wissenschaftliche) Kriterien als Fälschung brandmarke.
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Das landgerichtliche Urteil sei rechtsfehlerhaft. Die internationale Zuständigkeit sei unzutreffend verneint worden. Zudem sei die Klage als unzulässig und zugleich unbegründet abgewiesen worden, ohne dass es sich um ein obiter dictum gehandelt habe. Das Landgericht habe entschieden, ohne den dafür erforderlichen Sachverständigenbeweis zu erheben. Es habe die materiellrechtlich gebotene Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien zulasten der Kläger ausgehen lassen und dabei maßgeblich darauf abgestellt, dass das „Gutachten“ der Beklagten auf hinreichend wissenschaftlicher Grundlage beruhe, ohne zuvor über diese Frage Sachverständigenbeweis zu erheben. Das Landgericht habe auf die sachverständige Begutachtung verzichtet, ohne eine besondere eigene Sachkunde auch nur ansatzweise darzulegen. Die Kläger hätten konkret substantiiert dargelegt und unter Sachverständigenbeweis gestellt, dass die Beklagte das streitgegenständliche Werk nicht „lege artis“ begutachtet habe. Das Landgericht habe maßgeblich auf die Frage nach der hinreichenden wissenschaftlichen Grundlage der Begutachtung abgestellt. Um die Frage nach der ausreichenden tragfähigen Tatsachengrundlage bewerten zu können, sei aber zwingend ausgewiesene kunstwissenschaftliche Expertise erforderlich. Nur ein kunstwissenschaftlicher Sachverständiger könne beantworten, ob das Gutachten der Beklagten an systematischen wissenschaftlichen Verfehlungen leide und insbesondere Fakten, Quellen, Ansichten und Ergebnisse, die ihre Auffassung infrage stellten, ausgeblendet werden. Zudem habe das Gericht mehrfach gegen Hinweispflichten verstoßen. Das Urteil beruhe auf Rechtsfehlern. Die internationale Zuständigkeit sei gegeben. Der Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB ergebe sich aus Art. 43 Abs. 1 EGBGB. Danach sei der Begehungsort maßgeblich. Dieser sei in Deutschland. Für den Unterlassungsanspruch wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1,1 Abs. 1 GG sei dagegen Art. 40 EGBGB maßgeblich. Für den Unterlassungsanspruch nach § 824 BGB gelte Art. 4 Rom II-VO.
25
Den Klägern stehe ein Unterlassungsanspruch wegen der Verletzung ihres Eigentumsrechts nach § 1004 BGB zu. Es handele sich bei der Äußerung um eine Tatsachenbehauptung, da die Beklagte nicht irgendeine Sachverständige unter vielen Experten sei, sondern als Verwalterin des künstlerischen Nachlasses und Wahrnehmungsberechtigte von Fontanas Urheber- und Persönlichkeitsrechten an die Stelle des Künstlers getreten sei. Nach der Rechtsprechung seien die Person des Äußernden und seine Wahrnehmung in der Gesellschaft wichtige Umstände, die den Inhalt der Äußerung prägten. Es treffe nicht zu, dass sich die Überprüfung der Authentizität eines Werkes eines verstorbenen Künstlers nunmehr nur noch auf die Sammlung und Bewertung von Indizien beschränke und deshalb als Meinungsäußerung zu qualifizieren sei. Auch Lucio Fontana habe die Echtheit eines Werkes anhand dessen äußeren objektiven Merkmalen bestimmt. Deshalb sei die Entscheidung des OLG Frankfurt vom 28.11.1990 (6 W 98/90) über ein Industrieprodukt mit standardisierten Produkteigenschaften anwendbar. Gleiches gelte für die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29.06.2011, nach der die Äußerung eines Künstlers, eine Skulptur stelle einen nicht von ihm autorisierten Nachguss dar, eine Tatsachenbehauptung sei. Weil die Echtheit eines Werks auch nach dem Tod des Künstlers dem Beweis zugänglich sei, habe das Landgericht Wuppertal im Rahmen einer kaufrechtlichen Gewährleistungsklage die Echtheit eines von den dortigen Klägern erworbenen Werkes von Gotthard Graupner im Rahmen einer Beweisaufnahme anhand der objektiven äußeren Merkmale des Werkes und der üblichen Schaffensweise des Künstlers überprüft (LG Wuppertal, Urt. v. 09.12.2020 – 13 O 55/19, Anlage BK 8).
26
Zudem habe das Landgericht bei der Einstufung der Äußerung der Beklagten deren besondere Rolle nicht beachtet. Die Person des Äußernden präge den Inhalt der Äußerung, wie etwa das BayObLG mit Urt. v. 15.02.2002 (1 StRR 173/01) und das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 06.09.2000 (1 BvR 1056/95) entschieden hätten. Wegen der besonderen Stellung und Praxis der Beklagten seien die im Ersturteil zitierten Entscheidungen des Landgerichts Köln (Urt. v. 25.02.2013 – 24 O 374/12) und des Landgerichts Berlin (Urt. v. 17.08.2006 – 23 O 201/06) zu der Qualifikation von Äußerungen von Kunstsachverständige nicht auf die Äußerung der Beklagten übertragbar. Denn diese Kunstsachverständigen hätten keine Monopolstellung inne, sondern ihre Expertise sei aus Sicht der Adressaten eine unter vielen. Folglich handele es sich bei den von der Beklagten geäußerten Einschätzungen zur Echtheit eines Werks um Tatsachenbehauptungen. Die Äußerungen der Beklagten seien unwahr, denn das streitgegenständliche Werk sei echt. Die unwahre Behauptung der Beklagten greife in das Eigentumsrecht der Kläger nach Art. 14 GG ein. Dieses sei wegen der unwahren Äußerungen der Beklagten ausgehöhlt, denn das Werk sei auf dem Kunstmarkt verbrannt. Die Rechtsprechung erkenne im Rahmen der kaufrechtlichen Gewährleistung die Echtheit eines Kunstwerkes als dessen wesentliche und zentrale Eigenschaft an (OLG Frankfurt, Urt. v. 03.05.2018 – 19 U 188/15). Die Eignung eines Kunstwerks als Sammlerstück unter anderem zu musealer Nutzung sei ein berechtigtes Interesse des Eigentümers, dies sei für die zu fordernde Beschaffenheit zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 09.10.2013 – VIII ZR 224/12). Für den Fall der Eigentumsberühmung habe der BGH bereits entschieden, dass diese eine in das Eigentumsrecht eingreifende Äußerung sei, welche einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB auslöse. Ebenso wie bei der Äußerung, das Werk sei eine Fälschung, könne der Eigentümer des Werks im Falle einer Eigentumsberühmung eines Dritten zwar immer noch rechtlich über das Werk verfügen, es sei jedoch faktisch auf dem Kunstmarkt nicht vermarktbar, weil die Provenienz eines Werkes als Gütesiegel für die Echtheit des Werkes stehe und auf dem Kunstmarkt niemand mit einer Fälschung in Verbindung gebracht werden möchte. Der Eingriff der Beklagten sei auch rechtswidrig, da die Überprüfung der Echtheit des Werks nicht „lege artis“ erfolgt sei, könne sich die Beklagte auch nicht auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen. Bei der Abwägung der sich widerstreitenden Interessen sei bei Tatsachenbehauptungen der Wahrheitsgehalt der Äußerung ein entscheidendes Abwägungskriterium. Daran ändere auch die Wissenschaftsfreiheit nichts. Das Landgericht habe den Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit zu Unrecht als eröffnet betrachtet. Selbst wenn man die Äußerung der Beklagten als Meinungsäußerung einstufen wollte, wäre dies rechtswidrig. Denn auch Meinungsäußerungen seien nur dann zulässig, wenn die ihnen zugrunde liegenden tatsächlichen Annahmen wahr seien. Das Landgericht hätte die Frage, ob die Äußerung der Beklagten wahr ist bzw. ob sie auf einem ausreichend tragfähigen Tatsachenkern beruht, sachverständig klären müssen. Zu Unrecht meine das Landgericht, die Begutachtung sei „lege artis“ erfolgt, weil die Beklagte begründen könne, weshalb sie das Werk für eine Fälschung halte. Das Gutachten sei auf nicht wissenschaftliche Weise zustande gekommen, ein objektives Erkenntnisziel verfolge die Beklagte nicht. Die Beklagte habe nicht einmal den fundamentalen Standards von Wissenschaftlichkeit Genüge getan. Die Beklagte könne sich auch nicht auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen.
27
Schließlich stehe den Klägern einen Unterlassungsanspruch wegen Kreditgefährdung nach § 824 BGB zu, da die streitgegenständliche Äußerung eine unwahre Tatsachenbehauptung sei, die die aktuelle Fähigkeit der Kläger zur Einkommenserzielung schmälere und auch ihre zukünftigen Erwerbsaussichten schmälere. Die Äußerung sei auch rechtswidrig. Schlussendlich stehe den Klägern auch ein Unterlassungsanspruch wegen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1,1 Abs. 1 GG in Verbindung mit §§ 1004 analog, 823 Abs. 2 Satz 1 BGB zu. Die Kläger sähen sich dem falschen Vorwurf ausgesetzt, durch Zuschreibung eines vermeintlich gefälschten Werkes gegenüber der Öffentlichkeit das allgemeine Persönlichkeitsrecht Fontanas verletzt zu haben, was die Kläger in ihrem persönlichen Ansehen diskreditiere. Dabei setze die persönliche Betroffenheit nicht voraus, dass die Kläger in der Äußerung namentlich genannt würden. Vielmehr genüge es, dass die konkret betroffenen Personen für den Adressaten der Äußerung, also Sotheby’s, hinreichend identifizierbar seien. Dies sei vorliegend der Fall.
28
Die Kläger beantragen,
das Ersturteil aufzuheben und nach ihren erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen.
29
Der Senat hat mit Beschluss vom 06.12.2021 auf seine Absicht hingewiesen, die offensichtlich unbegründete Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
30
Das Landgericht habe die Klage zutreffend abgewiesen. Allerdings sei den Klägern zuzugeben, dass die internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts gemäß Art. 7 Nummer 2 EuGVVO gegeben sei. Denn die Kläger hätten schlüssig vorgetragen, dass der Beklagten die deutsche Provenienz bekannt gewesen sei. Des Weiteren hätten die Kläger schlüssig vorgetragen, dass die Beklagte einen Fragebogen verwende, aus dem ebenfalls hervorgehe, dass die Auftraggeber bzw. die Eigentümer des Bildes in Deutschland lebten.
31
Den Klägern stehe jedoch ein Unterlassungsanspruch weder aus § 1004 BGB, aus § 1004 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG noch aus § 824 BGB zu, da die Äußerung aufgrund des Geschehensablaufs, der dieser Äußerung vorausging, jedenfalls nicht rechtswidrig sei.
32
Die Mitarbeiterin bei Sotheby’s, G. K., habe nach dem Vortrag der Kläger (Klageschrift S. 12) mündlich darauf hingewiesen, dass Sotheby’s das Werk nur in die Versteigerung nehme, wenn die Beklagte, die am Kunstmarkt die alleinige Autorität habe, über die Echtheit des künstlerischen Werks Fontanas zu entscheiden, eine Echtheitsbescheinigung abgebe. Die Kläger hätten diesem Procedere zugestimmt. Zudem hätten sie ihr Einverständnis, dass das Auktionshaus Erkundigungen einziehe bzw. Dritte beauftrage und sich auf deren Rat verlasse, durch Unterzeichnung des Versteigerungsvertrages vom 11.07.2014 auch schriftlich erteilt, vgl. Art. 3 b der einbezogenen AGB. Nach dem Vortrag der Kläger habe Sotheby’s daraufhin in eigenem Namen mit der Beklagten einen Begutachtungsvertrag geschlossen und das Werk nach Mailand übermittelt. Den Klägern seien am 23.07.2014 von Sotheby’s die Kosten für die Begutachtung und die Transportversicherung mitgeteilt worden, wobei ausweislich der Mail Sotheby’s die Kosten im Vorfeld übernommen habe, die den Klägern nach der Auktion hätten in Rechnung gestellt werden sollen. Hinsichtlich der Kosten für die Fontana Foundation (1.000 € zzgl. MwSt) habe es geheißen, diese fielen auch dann an, wenn das Werk nicht ins Werkverzeichnis aufgenommen würde. Am 17.10.2014 sei das Werk zusammen mit anderen Werken an die Beklagte übersandt worden. Am 22.10.2014 sei das Werk von der Commissione Artistica begutachtet und daraufhin vom mittlerweile verstorbenen Prof. C4. eine handschriftliche Notiz gefertigt worden, in der das Werk als Fälschung bezeichnet werde. Die Kläger behaupteten, die Beklagte habe sich die Aussage von Prof. C4. zu eigen gemacht und zwischen dem 22.10.2014 und dem 13.11.2014 gegenüber Sotheby’s die zu unterlassende Behauptung aufgestellt, es handele sich um eine Fälschung.
33
Es könne als wahr unterstellt werden, dass diese Äußerung jedenfalls sinngemäß gegenüber Sotheby’s erfolgt sei. Dies sei aber nicht widerrechtlich erfolgt. Der Anspruch aus § 1004 BGB setze die Rechtswidrigkeit des beeinträchtigenden Zustandes voraus und entfalle daher, wenn der Eigentümer ihn dulden müsse. Dies sei vorliegend der Fall. Die Kläger hätten Sotheby’s gestattet, das Werk der Beklagten vorzulegen und dadurch der Beklagten erlaubt, gegenüber Sotheby’s ein Urteil über dessen Echtheit abzugeben. Zwar sei der Vertrag zwischen Sotheby’s und der Beklagten geschlossen worden, es sei aber klar gewesen, dass dies im Auftrag der Kläger erfolgt sei, da diese das Werk über Sotheby’s im Wege der Versteigerung hätten veräußern wollen, Sotheby’s aber ohne eine Authentizitätsbestätigung der Beklagten nicht bereit gewesen sei, das Werk einer Versteigerung zuzuführen. Nachdem die Beklagte Sotheby’s gegenüber vertraglich verpflichtet gewesen sei, eine Einschätzung bezüglich der Authentizität des Werkes abzugeben, könne die Mitteilung des Ergebnisses nicht rechtswidrig sein. Zudem hätten die Kläger in dieses Procedere eingewilligt.
34
Die Kläger hatten keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ein ausführliches schriftliches Gutachten ausformuliere und sich mit allen auch nur denkbaren Argumenten und Vertretern von Gegenpositionen auseinandersetzen würde, wie sie die Kläger ausführlichst in dieses Verfahren eingeführt hätten. Es handele sich bei Sotheby’s lediglich um ein Auktionshaus, nicht um eine wissenschaftliche Institution. In Ziffer 3 b der AGB behalte sich Sotheby’s vor, unabhängige Experten oder Restauratoren, Berater oder sonstige Dritte hinzuzuziehen, sie zum Objekt zu befragen und sich auf deren Rat zu verlassen. In Ziffer 3 d erkenne der Verkäufer an, dass die Zuschreibung eines Objekts reine Ansichtssache sei und vom Umfang der Untersuchung, die möglich oder praktikabel sei, abhänge. Dies gebe Sotheby’s weiten Spielraum. Sotheby’s dürfe also Rat einholen und sich auf diesen Rat verlassen. Nichts anderes habe Sotheby’s getan, als es das Werk der Beklagten vorgelegt habe. Die Beklagte habe Sotheby’s und damit auch den davon betroffenen Klägern lediglich eine Einschätzung, einen Rat, geschuldet. Da die Beklagte auch nach dem Vortrag der Kläger die Institution sei, an der man nicht vorbeikomme, wenn es um Werke von Lucio Fontana gehe, sei es nicht zu beanstanden, dass Sotheby’s diese gewählt habe. Zudem hätten keine Vorgaben bestanden, welche Institution eingeschaltet werde. Im Übrigen hätten die Kläger die Einschaltung gerade der Beklagten gewusst und gebilligt.
35
Die Beklagte habe nach der Sichtung des Werkes zu dem Schluss kommen dürfen, dass das Werk eine Fälschung sei und das (selbstverständlich) ihrem Auftraggeber mitteilen dürfen. Die Äußerung, das Werk sei eine Fälschung, sei als Werturteil anzusehen. Gutachten eines Sachverständigen könnten sowohl Tatsachenbehauptungen als auch Werturteile enthalten. Allerdings sei in der Regel der Schluss, den der Sachverständige in seinem Gutachten ziehe, rechtlich in erster Linie ein Werturteil und nicht Behauptung einer Tatsache. Es liege im Wesen des Gutachtens, dass es auf der Grundlage bestimmter Verfahrensweisen zu einem Urteil komme, das selbst, wenn es äußerlich als Tatsachenbehauptung formuliert sei, auf Wertungen beruhe (BGH, Urt. v. 18.10.1977 – VI ZR 171/76). Ausnahmsweise könnten sich Ausführungen in Gutachten allerdings dann als Tatsachenbehauptungen darstellen, wenn die der Schlussfolgerung vorausgehende methodische Untersuchung oder die zum Ergebnis führende Anwendung spezieller Kenntnisse und Fähigkeiten nur vorgetäuscht oder grob leichtfertig vorgenommen worden sei (BGH, Urt. v. 18.10.1977 – V I ZR 171/76, Rn. 18, zitiert nach juris). Vorliegend ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die mit dem Nachlass des Künstlers langjährig befasste Beklagte und die bei der Bewertung tätigen Mitarbeiter ihre Kenntnisse und Fähigkeiten nur vorgetäuscht hätten oder grob leichtfertig vorgegangen seien. Vielmehr sei die knapp gehaltene schriftliche Stellungnahme des mittlerweile verstorbenen Professors nunmehr vertiefend erläutert worden, so dass zu erkennen sei, dass sich die Beklagte bzw. deren künstlerische Kommission sehr wohl mit dem Bild der Kläger auseinandergesetzt habe. Der Umstand, dass die Beklagte hierbei andere Schwerpunkte gesetzt und letztlich zu gegensätzlichen Ergebnissen wie die Kläger gekommen sei, lasse nicht den Schluss zu, dass die Beklagte ihre Kenntnisse und Fähigkeiten nur vorgetäuscht oder das Gutachten außerhalb jeglicher fachlicher Kompetenz erstellt habe. Soweit die Berufung geltend mache, das Erstgericht habe ein Sachverständigengutachten einholen müssen, um die hinreichende wissenschaftliche Grundlage der Begutachtung zu beurteilen, folge der Senat dem nicht. Das Erstgericht habe aufgrund der schriftsätzlichen Erläuterungen der Beklagten zu den Gründen, warum sie das ihr vorgelegte Werk für eine Fälschung halte, ausreichende Feststellungen dazu treffen können, dass der Rückschluss der Beklagten auf die Unechtheit des Werkes nicht auf einer leichtfertigen Untersuchung beruhe oder außerhalb jeder Kompetenz erfolgt ist. Mit den hierfür maßgeblichen Gesichtspunkten habe sich das Erstgericht auf S. 17 ff des Urteils beschäftigt.
36
Selbst wenn man vorliegend davon ausgehen wolle, dass eine rechtswidrige Beeinträchtigung vorläge, so wäre wohl hier aufgrund besonderer Umstände die Wiederholungsgefahr zu verneinen. Denn die streitgegenständliche Äußerung gebe das Ergebnis einer von Sotheby’s eingeholten Einschätzung des streitgegenständlichen Werkes wieder und sei vor nunmehr über sieben Jahren in Erfüllung des zwischen der Beklagten und Sotheby’s geschlossenen Vertrages abgegeben worden. Es sei nicht recht ersichtlich, warum sich dies zum Nachteil der Kläger wiederholen sollte. Wenn die Kläger nicht erneut Sotheby’s mit einer Begutachtung durch die Beklagte beauftrage, werde diese keine Äußerungen gegenüber Sotheby’s tätigen. Eine Wiederholungsgefahr hinsichtlich der Bekanntgabe an die breite Öffentlichkeit sei nicht ersichtlich und werde insbesondere nicht durch eine vorangegangene Begehung indiziert, da die Beklagte sich lediglich gegenüber ihrer Auftraggeberin Sotheby’s geäußert habe.
37
Mit Schriftsatz vom 24.01.2022 haben die Kläger dahingehend Stellung genommen, dass die Voraussetzungen einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO nicht vorlägen. Der Rechtsstreit habe grundsätzliche Bedeutung, da die Frage, ob die Bezeichnung eines Kunstwerks als falsch eine Tatsachenbehauptung ist, höchstrichterlich noch nicht entschieden sei. Zudem sei eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung erforderlich, weil sie zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten sei. Der Senat beabsichtige, mit seiner Rechtsprechung zum Tatsachenkern einer falschen Behauptung von der von ihnen zitierten Rechtsprechung abzuweichen. Auch sei die Erfolglosigkeit der Berufung nicht offensichtlich, da der zunächst mit dem Rechtsstreit befasste Richter die von den Klägern vertretene Auffassung zum Tatsachenkern „falsch“ als dem Beweis zugängliche Behauptung erkannt und entsprechend verfügt habe, eine Beweisaufnahme durchzuführen.
38
Die Auffassung des Senats, die streitgegenständliche Äußerung sei wegen des ihr vorangegangenen Geschehensablaufs nicht rechtswidrig, sei nicht überzeugend. Der Versteigerungsvertrag könne nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Kläger sich durch dessen Abschluss dazu verpflichtet haben, die Einschätzung der Beklagten unter allen Umständen klaglos hinzunehmen. Auch betreffe der Versteigerungsvertrag ausschließlich das Rechtsverhältnis zwischen den Klägern und dem Auktionshaus Sotheby’s. Die Kläger hätten sich lediglich zu einer Begutachtung, nicht aber zu einer Falschbehauptung einverstanden erklärt. Gerade weil die Beklagte auf dem Kunstmarkt als zentrale Institution gelte, hätten die Kläger Anspruch darauf, dass ihr Werk wissenschaftlich fundiert untersucht werde. Die Äußerung der Beklagten „The work is fake/das Werk ist eine Fälschung“ sei dem Beweis zugänglich, da die Frage der Echtheit eines Kunstwerks anhand objektiver Kriterien bestimmbar sei. Die Einordnung der streitgegenständlichen Äußerung als Tatsachenbehauptung entspreche gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung. So sei nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29.06.2011 (1-15 U 195/08) die Äußerung eines Künstlers, ein bestimmtes Werk sei nicht von ihm autorisiert, eine Tatsachenbehauptung. Auch nach dem Tod eines Künstlers bleibe die Frage der Echtheit seiner Werke dem Beweis zugänglich. So könnten etwa Eigenschaften wie etwa, welche Technik die Schlitze aufwiesen (deutlich genug gezogen, tief genug, so dass räumliche Wirkung entsteht) und wie Fontana seine Werke signiert haben soll, auch nach dessen Tod überprüft werden und würden nach dem Vortrag der Beklagten üblicherweise auch von dieser überprüft. Die Beklagte trete auf dem Kunstmarkt als Verwalterin des künstlerischen Nachlasses Fontanas und Inhaberin von dessen postmortalem Persönlichkeitsrecht auf und nehme die alleinige Zuschreibungsautorität für sich in Anspruch, so dass die streitgegenständliche Behauptung der Beklagten als Tatsachenbehauptung einzustufen sei, so als sei sie von Fontana selbst aufgestellt.
39
Nach der Rechtsprechung des BGH handele es sich bei der Echtheit eines Kunstwerks um eine verkehrswesentliche Eigenschaft, deren Fehlen einen Sachmangel begründe, vergleiche nur BGH, Urt. v. 19.05.1993, VIII ZR 155/92, Rn. 9 juris. Diese höchstrichterliche Rechtsprechung habe etwa auch das Landgericht Wuppertal im Rahmen einer kaufrechtlichen Gewährleistungsklage betreffend ein Werk von Gotthardt Graupner angewandt. Das LG Wuppertal habe die Frage der Echtheit des Kunstwerks durch eine Kunstsachverständige geklärt und sei zur Überzeugung gekommen, dass es eine Fälschung sei. Selbst wenn man aber die angegriffene Äußerung „the work is a fake“ als Werturteil qualifizieren wollte, so weise dieses einen dem Beweis zugänglichen starken Tatsachenkern auf. Die vom Senat angeführte Rechtsprechung des BGH zu den Anforderungen an Sachverständigengutachten sei auf den streitgegenständlichen Fall nicht übertragbar. Die Äußerung gegenüber Sotheby’s, das Werk sei eine Fälschung, sei nicht die Äußerung eines subjektiven Werturteils. Denn die Beklagte habe das Bild unmittelbar im Anschluss mit dem Ziel der Vernichtung beschlagnahmen lassen. Gerade dieser Kontext mache die Äußerung der Beklagten zu einer endgültigen und irreversiblen, aber falschen und deshalb rechtswidrigen Tatsachenbehauptung. Zum anderen basiere die vom Senat zitierte Rechtsprechung des BGH auf der Überlegung, dass es jedermann frei stehe, eine von einem Gutachten abweichende Auffassung zu vertreten und seinerseits Gutachter ausfindig zu machen, die diese abweichende Meinung stützten. Für einen solchen freien Diskurs sei aber vorliegend kein Raum, da der Verkehr angesichts der Monopolstellung der Beklagten deren Erklärung zur Echtheit von Werken Fontanas als einzige geltende Wahrheit und damit als Tatsachenbehauptung auffasse. Schließlich müssten nach der Rechtsprechung des BGH sachverständige Äußerungen im Einzelfall auf ihren Tatsachenkern hin überprüft werden (vergl. BGH, Urt. v. 24.10.2005 – II ZR 329/03). Eine solche Überprüfung sei vorliegend nicht erfolgt. So hätten die Kläger substantiiert und unter Beweisantritt vorgetragen, dass der handschriftliche Dreiteiler von Professor C4. gravierende handwerkliche Mängel berge. Der Senat gehe hierauf nicht ein und behaupte ohne jeden Hinweis, woher er diese Kenntnis nehme und unter Außerachtlassung des klägerischen Vortrags, es ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die mit dem Nachlass des Künstlers langjährig befasste Beklagte und die bei der Bewertung tätigen Mitarbeiter grob leichtfertig vorgegangen seien. Richtig sei, dass die Beklagte im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens keinen einzigen überzeugenden Umstand genannt habe, der ihre (unwahre) Behauptung ansatzweise untermauern würde. Demgegenüber belegten die von den Klägern beigebrachten wissenschaftlichen Materialgutachten allesamt die Echtheit des streitgegenständlichen Werks. Hiermit habe sich der Senat gar nicht auseinandergesetzt.
40
Die Auffassung des Senats, dass keine Wiederholungsgefahr bestehe, sei unrichtig. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH werde die Wiederholungsgefahr nach Erstbegehung vermutet und könne in der Regel nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt werden, vgl. nur BGH, Urt. v. 16.11.2021 – VI ZR 1241/20, Rn. 34, juris. m.w.N.). Der Senat verkenne, dass die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren immer wieder erklärt habe, sie halte das streitgegenständliche Bild für eine Fälschung. Allein dieser Umstand spreche dafür, dass die Beklagte ihre Äußerung im Zweifel auch öffentlich wiederholen werde. Sollten die Kläger das Werk etwa an einen privaten Käufer veräußern oder dieses öffentlich ausstellen wollten, sei sogar sehr wahrscheinlich, dass die Beklagte als Hüterin des künstlerischen Nachlasses von Fontana die von ihr getätigte (unwahre) Tatsachenbehauptung gegenüber Dritten erneut aufstellen werde.
41
Des Weiteren werde die Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt, da der Senat beabsichtige, in der Sache zu entscheiden, ohne den dafür erforderlichen und von den Klägern angebotenen Sachverständigenbeweis zu erheben. Müsse eine tatsächliche Frage beurteilt werden, die Fachwissen voraussetze, dürfe der Tatrichter auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde aufweise. Die Kläger hätten konkret substantiiert dargelegt und unter Sachverständigenbeweis gestellt, dass die Beklagte das streitgegenständliche Werk nicht „lege artis“ begutachtet habe. Insbesondere hätten die Kläger vorgetragen, dass das Gutachten Fakten zur Provenienz, Herstellung und Beschaffenheit des Werks nicht berücksichtige und damit grob fehlerhaft und unwissenschaftlich erstellt worden sei. Um die Frage nach der ausreichenden tragfähigen Tatsachengrundlage bewerten zu können, sei zwingend kunstwissenschaftliche Expertise erforderlich.
42
Der Fall habe grundsätzliche Bedeutung. So handele es sich bei der Frage, ob und inwieweit ein Sachverständigengutachten im Kunstbereich als reines Werturteil zu betrachten sei, wenn die Äußerung am relevanten Kunstmarkt als unverrückbare Tatsachenbehauptung aufgefasst werde, um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Aus eben diesen Gründen diene der Rechtsstreit auch der Fortbildung des Rechts.
43
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Ersturteil, die im Berufungsverfahren vorgelegten Schriftsätze sowie den bereits zitierten Hinweisbeschluss des Senats ergänzend Bezug genommen.
II.
44
Zur Begründung der Zurückweisung der Berufung wird zunächst auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 06.12.2021 Bezug genommen. Auch das weitere Vorbringen im Schriftsatz vom 24.01.2022 rechtfertigt keine andere Beurteilung:
45
1. Die von der Beklagten abgegebene Beurteilung des Bildes als Fälschung stellt keine Eigentumsverletzung dar. Das als absolutes Recht über § 823 Abs. 1 BGB geschützte Eigentum ist von der Äußerung nicht in rechtserheblicher Weise berührt worden. Eine Eigentumsverletzung in Form der Substanzverletzung, also der Zerstörung, Beschädigung oder Verunstaltung der Sache liegt nicht vor.
46
a) Zwar haben die Kläger eine Entwertung des Kunstwerks aufgrund der Äußerung schlüssig dargetan. Denn die Echtheit eines Kunstwerks ist der maßgebliche wertbildende Faktor. Da die Beklagte den künstlerischen Nachlass von Lucio Fontana verwaltet und ihre Expertise am Kunstmarkt hohe Beachtung findet, würde die öffentliche Einschätzung des Bildes als unecht dessen Marktwert ganz erheblich vermindern. Das Vermögen ist aber kein Schutzgut des § 823 Abs. 1 BGB (Grüneberg/Sprau, 81. Aufl., § 823 Rn. 11). Die Auffassung der Kläger, dass der vorliegende Fall mit BGH GRUR 2006, 351 Rn. 13 vergleichbar ist, teilt der Senat nicht. In dem der BGH-Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatte der Beklagte behauptet, nicht der Kläger, sondern er selbst sei Eigentümer eines Gemäldes. Bei dieser Sachlage musste der dortige Kläger befürchten, dass gegen ihn aus dem vermeintlichen Eigentumsrecht abgeleitete zivilrechtliche Ansprüche geltend gemacht würden. Gegen einen Dritten, der das Eigentum eines anderen lediglich bestreitet, bestehen nach der zitierten BGH-Entscheidung jedoch keine Ansprüche. Der streitgegeständliche Sachverhalt ist allenfalls mit der letztgenannten Situation zu vergleichen, hinsichtlich der der BGH Ansprüche verneint hat.
47
b) Eine Eigentumsverletzung liegt auch nicht in einer Substanzverletzung durch Anbringung des Fälschungsvermerks. Die Kläger haben schon nicht behauptet, dass die Beklagte den Fälschungsvermerk angebracht hat. Vielmehr haben sie mit der Klageschrift S. 14 darauf verwiesen, dass der ermittelnde (italienische) Staatsanwalt mit Dekret vom 02.03.2017 angeordnet habe, dass das streitgegenständliche Werk an die Kläger zurückzugeben sei, „wobei auf der Rückseite ein Hinweis auf die Fälschung anzubringen sei“. Selbst wenn die Beklagte gewusst hat, dass aufgrund der von ihr erstatteten Strafanzeige durch die italienische Polizei oder Staatsanwaltschaft ein Fälschungsvermerk angebracht würde, kann ihr dies nicht zum Nachteil gereichen, weil die Erstattung einer Strafanzeige grundsätzlich von der Wahrnehmung berechtigter Interessen gedeckt ist. Im Übrigen würde ein Unterlassungsanspruch gestützt auf eine Eigentumsbeeinträchtigung aufgrund der Kennzeichnung des Bildes daran scheitern, dass eine etwaige rechtswidrige Eigentumsbeeinträchtigung bereits abgeschlossen ist und, nachdem das Bild nun die Kennzeichnung als Fälschung auf der Rückseite enthält, mit weiterer Kennzeichnung nicht zu rechnen ist. Von daher kommt auch kein Unterlassungsanspruch in Betracht.
48
c) Eine Eigentumsbeeinträchtigung lässt sich auch nicht auf die Rechtsprechung stützen, die die Echtheit eines Kunstwerks als wesentliche Eigenschaft im Kaufrecht ansieht. Zwar hat die Echtheit nach der von den Klägern zitierten Entscheidung für die Eignung eines Kunstwerks als Sammlerstück oder zur musealen Nutzung Bedeutung. Aus der von den Klägern zitierten Entscheidung des OLG Frankfurt, Urt. v. 03.05.2018, 19 U 188/15 kann indes nicht geschlossen werden, dass, weil die Echtheit zentrale Eigenschaft für ein Kunstwerk gemäß § 434 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 BGB ist, die Echtheit nicht nur die vermögensrechtliche Interessen an diesem betrifft, sondern auch dessen faktische Verfügungsgewalt über das Werk berührt.
49
2. Ein Unterlassungsanspruch folgt auch nicht aus § 1004 BGB analog, Art. 2 Abs. 1,1 Abs. 1 GG wegen drohender Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt grundsätzlich die Sozialsphäre, die Privatsphäre und die Intimsphäre. Vorliegend kommt lediglich einen Eingriff in die Sozialsphäre in Betracht. Diese schützt das Selbstbestimmungsrecht und bewahrt die persönliche Eigenart des Menschen in seinen Beziehungen zur Umwelt sowie seinem öffentlichen, wirtschaftlichen und beruflichen Wirken. Sie betrifft den Bereich, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht (BGH NJW 2012, 771 Rn. 16). Der Persönlichkeitsschutz ist hier von vornherein beschränkt (Grüneberg/Sprau, 81. Aufl., § 823 BGB Rn. 87). Äußerungen in und zu dieser Sphäre dürfen, sofern sie wahr sind bzw. nur eine Meinung enthalten, nur bei schwerwiegenden Auswirkungen auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden (BGH NJW 2017, 482 Rn. 21), insbesondere bei Gefahr von Stigmatisierung, sozialer Ausgrenzung, Prangerwirkung und ebenso bei Schmähkritik (Sprau, a.a.O., § 823 Rn. 115). Die Verletzungshandlung liegt in der Beeinträchtigung einer der genannten Sphären, wobei es wegen des offenen Tatbestandes bereits für die Prüfung des Eingriffs einer gewissen Erheblichkeit und unter Umständen einer Interessenabwägung bedarf (Sprau, a.a.O., § 823 Rn. 93). Die Kläger haben in der Klageschrift S. 30 ihr Persönlichkeitsrecht zunächst deshalb als verletzt gesehen, weil jemand, der Fälschungen in den Verkehr bringe, das Künstlerpersönlichkeitsrecht beeinträchtige und dieser Vorwurf sie diskreditiere. Es handele sich um die Behauptung einer ehrenrührigen Tatsache. Der Senat erachte diese Beeinträchtigung jedoch für geringfügig, zumal bei Verstorbenen der Schutz der Persönlichkeit gegen ideelle Beeinträchtigungen eingeschränkt ist und den Klägern weder vorsätzliches Inverkehrbringen einer Fälschung, noch herabwürdigendes Verhalten in Bezug auf den Künstler zur Last gelegt wird.
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Im Schriftsatz vom 22.10.2019, Seite 47 f. haben die Kläger die Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts darin gesehen, dass durch die Äußerung der Beklagten gegenüber Sotheby’s die Kläger als Personen gekennzeichnet würden, die ein (angeblich) gefälschtes Kunstwerk eingeliefert hätten. Vorliegend ist bereits fraglich, ob es sich tatsächlich um eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Kläger handelt, da die Auffassung der Beklagten, es handele sich um eine Fälschung, lediglich dem Auktionshaus Sotheby’s mitgeteilt wurde und die Kläger grundsätzlich damit einverstanden waren, dass die Beklagte das Bild begutachtet und das Ergebnis des Gutachtens Sotheby’s mitteilt. So hat etwa auch das Kammergericht in seinem Urteil vom 13.08.1993 – 5 U 2661/93 hinsichtlich der Äußerung eines Schriftstellers und Kurators auf dem Gebiet der zeitgenössischen Kunst und langjährigen Assistenten von Joseph B2. in einem Schreiben an einen Galeristen und Kunstsammler, in welchem geäußert wird, dass die meisten der auf dessen B2. – Ausstellung gezeigten Arbeiten Fälschungen seien, nicht als Behauptung eingeschätzt, die geeignet sei, den Antragsteller verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Der Antragsgegner habe seine Aussage erkennbar nur auf die Ausstellungsstücke begrenzt. Er habe weder behauptet, der Antragsteller selbst habe diese gefälscht noch, dass er sich in irgendeiner Weise bei seiner Einschätzung der Werke einen Fehler habe zuschulden kommen lassen. Im Gegenteil betone der Antragsgegner, dass sein Urteil über die Echtheit gerade von seiner außerordentlichen und von der persönlichen Beziehung zu dem Künstler geprägter Sachkunde herrühre. Daraus lasse sich ableiten, dass diese Erkenntnis jedem anderen verschlossen bleiben könne. Es liege deshalb gerade auch kein Angriff gegen die Berufsehre des Antragstellers vor, indem ihm seine Qualifikation abgesprochen würde (KG Berlin, Urt. v. 13.08.1993 – 5U 2661/93, Rn. 41 juris). Ebenso liegt der Fall hier. Die streitgegenständliche Äußerung betrifft das Kunstwerk, nicht aber die Kläger. Auch erfolgte die Äußerung durch die Beklagte als langjährige Kennerin gerade dieses Künstlers.
51
Selbst aber wenn man zugunsten der Kläger davon ausgeht, dass ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kläger vorliegt, kommt gleichwohl ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB analog unter dem Aspekt der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Kläger, welches als sonstiges Rechtsgut Rechtsschutz nach § 823 Abs. 1 BGB genießt, nicht in Betracht. Da es sich beim Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht um einen offenen Tatbestand handelt, gilt hier nicht der Grundsatz, dass bereits die Tatbestandsmäßigkeit die Rechtswidrigkeit indiziert. Daher reicht die Feststellung eines Eingriffs in die geschützte Persönlichkeitssphäre für sich genommen für die Rechtswidrigkeit der Beeinträchtigung nicht aus. Die Rechtswidrigkeit und damit die Reichweite des allgemeinen Persönlichkeitsrechts muss in jedem Einzelfall unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände, insbesondere des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, festgestellt werden. Erforderlich ist eine Güter- und Interessenabwägung unter Berücksichtigung der jeweils betroffenen Grundrechte und vergleichbarer Gewährleistungen. Rechtswidrigkeit ist nur gegeben, wenn im Zeitpunkt der konkreten Rechtsgutsverletzung das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt. Stehen sich Grundrechte des Handelnden, insbesondere Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit und das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen gegenüber, gilt das Abwägungsgebot auf doppelter (zivilrechtlicher und verfassungsrechtlicher) Grundlage. In die Abwägung einzustellen ist die Schwere des Eingriffs. Hierfür ist ein Kriterium, ob der verletzte Bereich stärkeren oder schwächeren Persönlichkeitsbezug aufweist. Nur eingeschränkten Schutz genießt die Sozialsphäre. Ferner ist das eigene Verhalten des Verletzten zu würdigen. Auch kommt es auf Motiv und Zweck des Eingriffs an. Es muss ein vertretbares Verhältnis bestehen zwischen dem vom Eingreifenden erstrebten Zweck und der Beeinträchtigung des Betroffenen. Insbesondere kann die Funktion des Eingreifenden bedeutsam sein. Im Rahmen der Verfolgung öffentlicher Interessen, der Aufklärung der Allgemeinheit, der Diskussion von Fragen des Gemeinwohls, der geistigen oder politischen Auseinandersetzung können Freiheit der Meinung, Presse, Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre (Art. 5 GG) eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, nicht jedoch die Verletzung der Menschenwürde rechtfertigen (Sprau, a.a.O., § 823 Rn. 95 ff).
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Entsprechend hat der BGH in seinem Urt. v. 18.10.1977 – VI ZR 171/76 ausgeführt, dass bei der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts die Rechtswidrigkeit der Handlung erst aus der zu missbilligenden Art der Schädigung abgeleitet werden könne. Ein Sachverständiger, der – sei es als Privatgutachter, sei es als Gutachter in einem Verfahren – ein Gutachten erstelle und darin die Fragen seines Auftraggebers beantworte, verstoße damit in der Regel nicht gegen die Rechtsordnung. Auch nehme er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit das in Art. 5 GG gewährleistete Recht auf freie Meinungsäußerung wahr. Sachverständige Untersuchungen und Bewertungen von Sachverhalten der verschiedensten Art seien ein unverzichtbares Element der Meinungsbildung; dem entspreche auf Seiten des Auftraggebers dessen sich ebenfalls aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG ergebende Informationsfreiheit. Zu den allgemein zugänglichen Informationsquellen, die der Unterrichtung des Interessierten dienten, gehöre in Fragen, wo eigene Sachkunde fehle oder nicht ausreiche, die Zuhilfenahme der besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten von Sachverständigen. (BGH, Urt. v. 18.10.1977 – VI ZR 171/670, Rn. 28 f).
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Hinsichtlich der rechtlichen Einordnung der Äußerung „the work is fake“ gilt, dass es sich um ein Werturteil handelt. Weil sich Tatsachen grundsätzlich beweisen lassen, ist es möglich, die Wahrheit einer Behauptung zum Maßstab ihre Zulässigkeit zu machen. Demgegenüber sind Werturteile einem Beweis nicht zugänglich. Sie fallen nicht unter die Kategorie der Wahrheit, sondern unter die der Richtigkeit; diese aber lässt sich meist nicht exakt feststellen. Gutachten von Sachverständigen können sowohl Tatsachenbehauptungen als auch Werturteile enthalten. Aufgabe des Gutachters ist es, kraft seiner Sachkunde zu bestimmten Tatsachen Stellung zu nehmen. Dann hat er Auskunft über Sätze der Wissenschaft, Erfahrungssätze und dergleichen zu geben, wendet er diese Sätze aber gleichzeitig auf den konkreten Fall an und gelangt so zu Schlussfolgerungen über das Vorliegen konkreter Tatsachen und meint er, aufgrund seiner Untersuchungen und Überlegungen Gewissheit über die erfragte Tatsache erlangt zu haben, so ist in der Regel der Schluss, den der Sachverständige aus seinem Gutachten sieht, ein Werturteil und nicht Behauptung einer Tatsache. Es liegt im Wesen des Gutachtens, dass es auf der Grundlage bestimmter Verfahrensweisen zu einem Urteil kommen will und dass es, selbst wenn es äußerlich als Tatsachenbehauptung formuliert worden ist, auf Wertungen beruht. (BGH, a.a.O., Rn. 17 juris). Zum Fall eines Schriftgutachtens führt der BGH aus, dass dies gerade bei diesem Beispiel besonders deutlich sei. So seien es Wertungsfragen, welche Besonderheiten und Eigenheiten der Schriften verglichen würden, ob Ähnlichkeiten oder Abweichungen als solche erkannt und erklärt würden oder nicht und welchen Stellenwert die aufgedeckten Bezüge hätten. Ähnliche Wertungsprobleme träten in Gutachten stets mehr oder weniger stark auf. Deshalb sei der schon vom Reichsgericht vertretenen Auffassung zu folgen, dass im Regelfall der Gutachter, der eine (allerdings wohl nicht immer notwendig „wissenschaftliche“) Untersuchung vorlege und deren Ergebnisse darstelle, nur seine subjektive Wahrnehmung und das daraus gewonnene Urteil wiedergebe. Dem Wesen nach handele es sich dann um die Kundgebung seiner subjektiven, gutachterlichen Überzeugung, die zwar angefochten und bestritten werden könne, auch unter dem Vorbehalt des Irrtums stehe, aber immer ihrer Zielrichtung nach Wertung sei und von dem Empfänger auch so verstanden werde. (BGH, a.a.O., Rn. 17 juris). Hinsichtlich der Formulierung führt der BGH (a.a.O., Rn. 19 juris) aus, dass es bei der Abgrenzung zwischen einer Tatsachenbehauptung und einem Werturteil nicht darauf ankomme, wie der Ersteller des Gutachtens sein Ergebnis abgefasst habe. Auch wenn der Ersteller mit seiner Formulierung den Eindruck erwecke, es handele sich um eine feststehende Tatsache, sei entscheidend stets der Sinn des Gutachtens, wie er sich nach seinem Gesamtinhalt dem unbefangenen Leser darstelle. Danach sei aber deutlich, dass der Begutachter mit seinen am Schluss des Gutachtens stehenden Worten nur ein zusammenfassendes Urteil abgegeben und damit seine aus der vorangegangenen Untersuchung gewonnene Überzeugung ausgedrückt habe. Im hier zu entscheidenden Fall ist die schlagwortartiger Bekundung „The work is fake“ als Ergebnis der wertenden Einschätzung des Professor C4. bzw. der Beklagten anzusehen und folglich keine Tatsachenbehauptung, sondern ein Werturteil.
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In der zitierten BGH-Entscheidung wird weiter ausgeführt, dass sich das (dort gestellte Widerrufsverlangen) auch nicht daraus rechtfertige, dass der Beklagte sein Gutachten aufgrund unzureichenden Vergleichsmaterials erstellt habe. So möge es zwar sein, dass bei kritischer Beurteilung die dem Beklagten überlassenen Schriftproben nicht zu einem „derart apodiktischen Schluss“ ausreichten, wie er dann von dem Beklagten gezogen worden sei. Insofern unterliege das Gutachten wie alle derartigen Untersuchungen der wissenschaftlichen Kritik, der es nicht standhalten mag. Aber gerade die Frage, ob es richtig sei oder nicht, können nicht Gegenstand des Widerrufsverlangens sein. Vielmehr sei die anderweitige subjektive Überzeugung des Beklagten zu respektieren, zumal er, wie das Berufungsgericht selbst in anderem Zusammenhang ausgeführt habe, nicht grob leichtfertig vorgegangen sei.
55
Folglich muss also auch ein Gutachten, das nicht der wissenschaftlichen Kritik standhält (also nicht „lege artis“ ist) hingenommen werden, wenn nicht im Einzelfall die der Schlussfolgerung vorausgehende methodische Untersuchung oder die zum Ergebnis führende Anwendung spezieller Kenntnisse und Fähigkeiten nur vorgetäuscht oder grob leichtfertig vorgenommen worden ist. Dann verliert ein Gutachten seinen Charakter als Werturteil und dem Erfordernis, die Ehre des Betroffenen zu schützen, ist der Vorzug gegenüber dem Schutz der freien Meinungsäußerung zu geben. In diesem Einzelfall ist eine ansonsten gutachterliche Aussage im Rechtssinne eine das Widerrufsbegehren rechtfertigende Tatsachenbehauptung (BGH, a.a.O. Rn. 18 juris)
56
Im vorliegenden Fall gilt, dass – auch wenn es vorliegend nicht um Widerruf, sondern um Unterlassung geht – die subjektive Überzeugung der Beklagten von der fehlenden Urheberschaft Fontanas zu respektieren ist. Es ist insbesondere nicht davon auszugehen, dass die Beklagte die zu ihrer Wertung führende Anwendung spezieller Kenntnisse und Fähigkeiten nur vorgetäuscht oder grob leicht fertig vorgenommen hat. Für die entsprechende Behauptung der Kläger gibt es keine hinreichenden Anknüpfungstatsachen, die etwa die Einholung eines kunstwissenschaftlichen Sachverständigengutachtens erfordern würden. Die von den Klägern zur Stützung ihrer Auffassung vorgelegten Stellungnahmen lassen keine zwingenden Schlüsse zu, sondern sind ihrerseits Wertungen. Es mögen durchaus Gesichtspunkte dafür sprechen, dass es sich bei dem Bild um einen echten Fontana handelt, aber dies lässt die gegenteilige Auffassung der Beklagten, die von einer Fälschung ausgeht, nicht als leichtfertig geäußert oder unter Vortäuschung nicht vorhandener Kenntnisse oder Fähigkeiten erscheinen. Die Beklagte hat ausgeführt, den alleinigen Zugriff auf das Archivmaterial Lucios Fontanas zu haben. Sie könne dadurch Herkunft und Kontextaktualisierung der Werke genauer zurückverfolgen. In dem Expertengremium seien neben den Familienangehörigen auch Kunstfachleute. Professor C4. sei der bedeutendste Kenner der Werke Fontanas gewesen, was der Künstler zu Lebzeiten selbst auch anerkannt habe. Diese Umstände haben die Kläger nicht bestritten. Die Kläger selbst kommen in ihren Schriftsätzen immer wieder darauf zu sprechen, dass die Beklagte im Kunstmarkt als zentrale Instanz für die Begutachtung und Authentifizierung von Werken Fontanas gelte. Der Senat sieht hier keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Institution im Fall des klägerischen Bildes Kenntnisse vorgetäuscht haben oder grob leichtfertig gehandelt haben soll. Dies kann jedenfalls nicht daraus geschlossen werden, dass Professor C4. lediglich eine knappe handschriftliche Erklärung ohne Briefkopf abgegeben hat. Die Kürze der Stellungnahme hat die Beklagte nachvollziehbar damit erklärt, dass derartige Stellungnahmen nicht weitere Einzelheiten nennen würden, um Nachahmern die Herstellung weitere Fälschungen nicht zu erleichtern. Der handschriftlichen Erklärung ist zu entnehmen, dass C4. dieses Werk als Teil einer ganzen Reihe gleicher Bilder, der sogenannten Uccellettiserie, angesehen hat. Er führt in seiner kurzen Bemerkung auch stichwortartig eine Begründung hierfür an, nämlich die Serienproduktion, die vertikale Komposition und die wörtliche Entsprechung der Inschriften des Titels. Nachdem sich Prof. C4. schon seit Jahrzehnten mit der Kunst Fontanas befasst, den Künstler langjährig auch persönlich gekannt und zahlreiche kunstwissenschaftliche Publikationen über Fontana veröffentlicht hat, kann allein aus der Kürze der Stellungnahme nicht geschlossen werden, dass er hier nicht das bei ihm vorhandene Wissen angewandt und nicht die Unterlagen herangezogen hat, die im Archiv der Beklagten zugänglich sind. Dass vielmehr durchaus ein Abgleich mit alten Unterlagen erfolgt ist, wird bereits daraus deutlich, dass der Beklagten der 1970 geführte Schriftwechsel zwischen dem Vater der Kläger und der Rechtsvorgängerin der Beklagten unstreitig vorgelegen hat. Aus Sicht der Beklagten handelt es sich um ein Werk aus einer Fälschungsserie, aus der 1968 bereits das erste Bild eingereicht worden sei. Seither seien immer wieder solche Bilder eingereicht worden, was die Beklagte in der Klageerwiderung auf Seite 8 ff im einzelnen dargestellt hat. Die Beklagte begründet auch, warum sie zur Erkenntnis gekommen ist, dass es sich hierbei um Fälschungen handelt und setzt sich eingehend mit den von den Klägern angebrachten Argumenten auseinander und erläutert, warum sie diesen nicht folgt. Der Senat kann hier auch ohne eigene kunstwissenschaftliche Expertise erkennen, dass nach diesem wechselseitigen Sachvortrag, den das Ersturteil auf S. 17ff aufgreift, keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Beklagte hier leichtfertig die der Schlussfolgerung vorausgehende methodische Untersuchung oder die zum Ergebnis führende Anwendung spezieller Kenntnisse und Fähigkeiten nur vorgetäuscht bzw. grob leichtfertig vorgenommen hat. Der Umstand, dass die Beklagte stets auf längere schriftliche Begründungen mit Briefkopf, Titel, Maße, Entstehungsjahr verzichtet, lässt nicht auf ein derartiges Verhalten schließen. Ebensowenig lassen die von der Klägerin behaupteten drei Fehler im Werkverzeichnis den Schluss zu, dass die Begutachtung grob leichtfertig erfolgt. Im Übrigen wäre es an den Klägern bzw. an Sotheby’s gewesen, die Beklagte mit einem ausführlichen Gutachten unter Methodennachweis zu beauftragen.
57
Soweit die Kläger meinen, die Äußerungen der Beklagten werde vom Werturteil zur Tatsachenbehauptung, weil die Beklagte die alleinige Zuschreibungsautorität habe und deshalb kein Diskurs möglich sei, folgt der Senat dem nicht. Eine Tatsachenbehauptung ergibt sich auch nicht daraus, dass vorliegend der Fall entsprechend der Entscheidung OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.06.2011 – 15 U 195/08 zu beurteilen sei. Im dortigen Fall war das Gericht davon ausgegangen, dass es sich bei der Äußerung, bei einem Skulpturenabguss handele es sich um einen Raubguss, um eine Tatsachenbehauptung handele. Der Fall ist aber insoweit nicht vergleichbar, als dass Fontana – anders als im dortigen Fall der Künstler – nicht mehr lebt und deshalb nicht eine eigene Bekundung über die Echtheit seines Werkes abgeben kann. Deshalb verbleibt es im vorliegenden Fall dabei, dass es sich um ein Werturteil handelt. Ein Werturteil wird auch nicht dadurch zu einer Tatsachenbehauptung, dass das Werturteil auf dem Kunstmarkt in besonderem Maße anerkannt ist oder womöglich als alleine anerkannte Autorität Bestand hat. Eine solche Sichtweise würde die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit unverhältnismäßig einschränken.
58
Im Übrigen handelte die Beklagte in Wahrnehmung berechtigter Interessen. Dies ergibt eine Güterabwägung. Ein etwaiger Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht wäre als eher geringfügig zu erachten, da die Mitteilung, dass es sich bei dem Kunstwerk um eine Fälschung handele, lediglich gegenüber Sotheby’s erfolgte und nur diese Firma erkennen konnte, dass die Kläger das betreffende Kunstwerk zur Versteigerung anbieten wollten. Demgegenüber handelt es sich bei dem Anliegen, Fälschungen vom Kunstmarkt fernzuhalten, um ein grundsätzlich schützenswertes Anliegen, dass auch die Öffentlichkeit berührt. Die Beklagte hat dieses Anliegen auch in einer das Persönlichkeitsrecht der Kläger schonenden Art und Weise verfolgt, in dem die Mitteilung lediglich der Auftraggeberin Sothebys gegenüber gemacht wurde. Die Beklagte ist nicht etwa mit ihrer Mitteilung an die breite Öffentlichkeit gegangen. Außerdem durfte die Beklagte aus ihrer Sicht ihre Einschätzung – wie dargelegt – für jedenfalls vertretbar halten durfte. Es handelt sich um eine Bewertung, die die Beklagte aus bestimmten Umständen gewonnen hat. Es steht der Beklagten frei, insoweit andere Schwerpunkte als die Kläger zu setzen. Dem Beklagtenvortrag ist nicht zu entnehmen, dass hier eine Behauptung gleichsam ins Blaue hinein erfolgt ist. Denn die Beklagte hat eine Reihe von Argumenten aufgezählt, die aus ihrer Sicht dafür sprechen, dass sie das Werk für Teil einer Fälschungsserie hält. Dieses Recht kann der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit und der Wissenschaftsfreiheit nicht genommen werden. In diesem Zusammenhang ist auch die Informationsfreiheit des Auktionshauses zu sehen, welches darauf angewiesen ist, Ratschläge von Experten einzuholen, um möglichst keine Fälschungen am Kunstmarkt anzubieten. Im Versteigerungsvertrag wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sotheby’s bei der Auswahl der Experten und bei den zu ziehenden Schlüssen erhebliche Freiheiten hat. Angesichts dieser Sachlage können die Kläger gegenüber der Beklagten, mit der sie selbst keine vertragliche Beziehung haben, keine Ansprüche auf eine bestimmte Gestaltung des Gutachtens hinsichtlich der Ausführlichkeit bzw. auf die Ziehung bestimmter Schlussfolgerungen aus von den Klägern für wichtig gehaltenen Umstände ziehen. Die Beklagte hat entgegen der Auffassung der Berufung gegenüber den Klägern auch nicht die Verpflichtung, die Begutachtung „lege artis“ vorzunehmen. Denn die Kläger haben der Beklagten keinen wie auch immer gearteten Auftrag erteilt. Abgesehen fehlt es für die Beurteilung vertraglicher Fragen an der Zuständigkeit deutscher Gerichte (Geimer/Schütze, Int. Rechtsverkehr/Paulus, 63. EL Oktober 2021, VO (EG) 1215/2012 Art. 7 Rn. 145 m.w.N.).
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Den Beklagten stand deshalb grundsätzlich das Recht zu, nach der von ihnen für richtig gehaltenen Art und Weise hier einer Einschätzung vorzunehmen. Die Beklagte war den Klägern gegenüber nicht verpflichtet, ein kunstwissenschaftliches Gutachten zu erstatten, das in aller Ausführlichkeit auf alle Abwägungskriterien, die in irgendeiner Art und Weise in Betracht kommen könnten, eingeht. Sie durfte nach der von ihr für richtig gehaltenen Methode vorangehen. Die Grenzen wären erst dann überschritten, wenn die Beklagte eine vorsätzlich falsche Auskunft gegeben hätte bzw. ihre Kenntnisse und Fähigkeiten nur vorgetäuscht hätte oder grob leichtfertig vorgegangen wäre. Dies ist aber, wie gezeigt, nicht der Fall. Zwischen der von den Klägern geforderten Begutachtung „lege artis“ und einer grob fehlerhaften und leichtfertigen Beurteilung gibt es eine Reihe von Gestaltungen, bei denen der Beklagten die Meinungsfreiheit und Wissenschaftsfreiheit zusteht, ohne dass die Kläger gegen ein mit gewissen Mängeln behaftetes Gutachten vorgehen könnten.
60
Auch die Auffassung der Kläger, sie hätten einen Anspruch darauf, dass ihr Werk wissenschaftlich fundiert untersucht wird, weil die Beklagte auf dem Kunstmarkt als zentrale Institution gilt, geht fehl. Die Kläger haben keinen Vertrag mit der Beklagten. Ihre Ansprüche können lediglich deliktische Art sein. Bei einem deliktischen Anspruch liegt aber die Grenze hoch. Diese Grenze hätten die Beklagten, auch wenn die Begutachtung nicht „lege artis“ wäre, sondern handwerkliche Mängel enthalten würde, erst dann überschritten, wenn ihnen Täuschung oder grobe Leichtfertigkeit vorzuwerfen wäre. Ebendies ist aber nicht der Fall.
61
3. Ein Anspruch aus § 824 BGB scheidet aus, da weder Tatsachen verbreitet wurden, noch das Vertrauen in die wirtschaftliche Bonität und Seriosität der Kläger erschüttert wurden. Der Nachteil, das Bild nicht als echtes Kunstwerk verkaufen zu können, genügt nicht.
62
4. Eine sittenwidrige Schädigung gem. § 826 BGB wird von den Klägern nicht explizit geltend gemacht. Soweit die Kläger mutmaßen, dass die Beklagte das Werk als Fälschung bezeichnet hat, um das Werkverzeichnis nicht erweitern zu müssen (Klageschrift S. 8) oder um eine Fehleinschätzung bezüglich eines anderen Bildes zu vertuschen (Berufungsschrift S. 29), kann aus den bereits dargelegten Gründen eine sittenwidrige Schädigung nicht angenommen werden.
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5. Im Übrigen fehlt es nach der von den Klägern selbst zitierten Rechtsprechung an der für einen Unterlassungsanspruch erforderlichen Wiederholungsgefahr. Es trifft zwar zu, dass der BGH im Urteil vom 16.11.2021 – VI ZR 1241/20, Rn. 34 entschieden hat, dass an die Entkräftung der Wiederholungsgefahr einer einmal getätigten Äußerung hohe Anforderungen zu stellen sind. Allerdings ergibt sich aus dem dort zitierten Urteil vom 14.11.2017, VI ZR 534/15, dass diese ausnahmsweise widerlegt werden kann, wenn der – hier unterstellte – Eingriff in einer Sondersituation erfolgt ist. Die Beklagte hat sich hier – nicht öffentlich – zu der ihrer Meinung nach vorliegenden Fälschung deshalb erklärt, weil sie von Sotheby’s im Einvernehmen mit den Klägern hierzu aufgefordert worden ist. Dass sie diese Äußerung in den seitdem mehr als 7 vergangenen Jahren wiederholt hätte, behauptet auch die Klägerin nicht.
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6. Die Revision wird nicht zugelassen, weil es keinen Grund gibt. Es handelt sich vorliegend um einen Einzelfall, den der Senat anhand der bereits vorliegenden obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden hat, insbesondere unter Berücksichtigung der Entscheidung BGH, Urt. v. 18.10.1977 – VI ZR 171/76.
III.
65
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
66
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 3 ZPO.