Titel:
Angemessenheit einer Vertragsstrafe
Normenkette:
UWG § 8 Abs. 1
Leitsatz:
Das Versprechen einer Vertragsstrafe von bis zu 1.500 Euro kann angemessen sein, wenn der Wettbewerbsverstoß geringfügig war und der Verletzer kein großes Unternehmen ist. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Unterlassung, Streitwert, Gesellschafter, Wiederholungsgefahr, Klage, GbR, Grundpreis, Preisangabenverordnung, Sicherheitsleistung, Verweisung, Umsatzsteuer, Ordnungshaft, Vertragsstrafe, Zuwiderhandlung, Kosten des Rechtsstreits, Verweisung des Rechtsstreits
Rechtsmittelinstanz:
OLG Nürnberg, Anerkenntnis- und Endurteil vom 09.05.2023 – 3 U 3524/22
Fundstelle:
GRUR-RS 2022, 48370
Tenor
1. Das Versäumnisurteil vom 02.03.2022 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen mit Ausnahme der Kosten de Säumnis der Beklagten im Termin vom 22.03.2022, welche die Beklagte zu tragen hat.
3. Das Urteil ist gegen eine Sicherheitsleistung von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Parteien betreiben jeweils zum Vertrieb von Elektromaterial einen Online-Shop.
2
Die Klägerin stellte fest, dass die Beklagte am 16.11.2020 über ihren e.-Shop einige Kabel anbot ohne, dass gemäß § 2 Preisangabenverordnung der Meterpreis als Grundpreis mit angegeben wurde.
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Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mahnten die Beklagte mit Schreiben vom 17.11.2020 deswegen ab und forderten sie zur Unterlassung sowie Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Mit Schreiben vom 24.11.2020 wies die Beklagte die Abmahnung mangels Vollmachtsvorlage zurück. Gleichzeitig übersandte sie der Klägerin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, in welcher die Vertragsstrafe auf maximal 1.500,- EUR gedeckelt ist.
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Am 03.03.2022 gab die Beklagte nochmals eine auf die Höchstgrenze von 1.500,- EUR gedeckelte Unterlassungserklärung ab.
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Wegen Einzelheiten der Schreiben wird darauf Bezug genommen.
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Die Klägerin ist der Auffassung, die Unterlassungserklärung mit der Deckelung auf nur 1.500,- EUR sei nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Sie erhob Klage beim LG Dresden und beantragte,
1. Der Beklagten wird bei Meldung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaff oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den jeweiligen Gesellschaftern der Beklagten, für jeden Fall der Zuwiderhandlung verboten, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern grundpreisangabepflichtige Kabel zum Kauf anzubieten, ohne dabei neben dem Endpreis auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) anzugeben, wie bei ....de am 16.11.2020 unter der e.-Artikelnummer ... geschehen.
2.Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, an die Klägerin 480,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus zu zahlen.
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Nach Verweisung des Rechtsstreits durch das LG Dresden erließ die Kammer am 22.03.2022 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.03.2022 ein antragsgemäßes Versäumnisurteil.
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Nach dem Einspruch der Beklagten beantragt die Klägerin nunmehr den Einspruch der Beklagten zu verwerfen und das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.
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Die Beklagte beantragt,
das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Sie behauptet, bei ihr handle es sich um ein kleines Unternehmen, im Jahr 2020 habe der Gesamtumsatz im sechsstelligen Bereich gelegen. Sie beschäftige keine Vollzeitmitarbeiter. Im Schnitt würden nur etwa 3 Halbtagskräfte für Pack- und Versandarbeiten beschäftigt und es werde im Durchschnitt ein Monatsgewinn von 1.500,- EUR erzielt. Die versehentlich unterbliebene Grundpreisangabe bei nur einigen Kabeln sei auf eine im November 2020 von e. veranlasste Aktualisierung zurückzuführen, indem der für die Grundpreisangaben entscheidende Hyperlink für diese Kabel gelöscht worden sei. Eine Vertragsstrafe von bis zu 1.500,- EUR sei angemessen. Eine Wiederholungsgefahr liege daher nicht vor.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Schriftsätze und Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist nicht begründet.
13
Der Unterlassungsanspruch nach § 8 I UWG scheitert daran, dass durch die abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärungen die Wiederholungsgefahr entfallen ist.
14
Aufgrund der vorliegenden Umstände war die in den Unterlassungserklärungen aufgeführte Vertragsstrafe von bis zu 1.500,- EUR ausreichend. Die Klägerin weist zwar zutreffend darauf hin, dass für Verstöße gegen die Preisangabenverordnung regelmäßig Vertragsstrafen von 4.000,- EUR je Verstoß durch die Rechtsprechung für angemessen erachtet werden. Im vorliegenden Fall muss jedoch besonders berücksichtigt werden, dass der Verstoß sich offensichtlich nur auf einen Teil des Angebots der Beklagten beschränkte. Die Kammer kann daher unabhängig von den genauen umstrittenen Umständen des Zustandekommens davon ausgehen, dass ein Versehen vorliegt und kein bewusster Verstoß und auch keine allgemeine Nachlässigkeit, sich um die Vorschriften der Preisangabenverordnung nicht zu scheren. Insbesondere wegen dieser Beschränkung auf nur einige Kabel weicht der Vorgang von einem Regelfall des Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung ab. Deshalb ist auch die Höhe der maximalen Vertragsstrafe zur Vermeidung der Wiederholungsgefahr deutlich geringer zu bemessen als in einem Regelfall bei dem nicht nur einzelne wenige Grundpreisangaben versehentlich fehlen. Auch wenn zwischen den Parteien umstritten ist, ob es sich bei der Beklagten um ein kleines inhabergeführtes Unternehmen handelt oder aufgrund der Vielzahl der Bewertungen von (nach Anlage K8 angegebenen) 85.791 um ein Unternehmen mit nicht unerheblicher Resonanz, steht jedenfalls fest, dass es sich bei der Beklagten nicht um ein größeres Unternehmen am Markt handelt, bei dem ein Verstoß grundsätzlich eine erheblichere Gewichtung hätte.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 344 ZPO, die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.