Titel:
Unzulässige Berichterstattung über Wettanbieter
Normenketten:
BGB § 823, § 1004
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1
KUG § 22, § 23
Leitsätze:
1. Bei der Äußerung, bestimmte Personen seien an die Grenzen des rechtlich Erlaubten und darüber hinaus gegangen, handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung; diese ist zu unterlassen, wenn der Äußernde den Wahrheitsgehalt der Äußerung nicht nachzuweisen vermag. (Rn. 26 – 40) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der im Hinblick auf bestimmte Personen geäußerte Verdacht, dass sich in Spielhallen und Wettbüros mit wenig Aufwand viel Geld waschen lasse; ist als Verdachtsberichterstattung unzulässig, wenn es an einem Mindestbestand an Beweistatsachen hierfür und an der Konfrontation der Betroffenen mit diesem Verdacht fehlt. (Rn. 41 – 44) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Staatsanwaltschaft, Berichterstattung, Unterlassung, Tatsachenbehauptung, Sportwetten, Meinungsfreiheit, Verdachtsberichterstattung, Wortberichterstattung, Freispruch, Gesellschafter, Haftbefehl, Ordnungshaft, Verdacht, Anspruch, nationales Recht, unwahre Tatsachenbehauptung, informelle Selbstbestimmung
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Endurteil vom 23.05.2023 – 18 U 3399/22 Pre
Fundstelle:
GRUR-RS 2022, 47912
Tenor
1. Der Beklagten wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu zweihundertfünfzigtausend Euro oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann – wegen jeder Zuwiderhandlung
a. in Bezug auf die Kläger zu 1) und zu 2) zu berichten und/oder berichten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,
„… des Wettanbieters …. Vier Männer aus Karlsruhe haben die Firma gegründet und aufgebaut; sie gingen an die Grenzen des rechtlich Erlaubten und darüber hinaus“,
wie geschehen in der … vom 29.05.2021, Seite 3 unter der Überschrift „Hausmitteilung – Wettanbieter“;
b. unter Bezugnahme auf … den Verdacht zu äußern und/oder äußern zu lassen, „In Spielhallen und Wettbüros lässt sich mit wenig Aufwand viel Geld waschen.“;
c. Fotokopien der Ausweise des Klägers zu 2) zu veröffentlichen;
wie geschehen in … vom 29.05.2021, Seite 58 ff. unter der Überschrift „Lizenz zum Durchmogeln“.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger als Gesamtschuldner 80 % und die Beklagte 20 % zu tragen.
4. Das Urteil ist für die Kläger im Tenor zu 1) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000 € und im Übrigen – für Kläger und Beklagte hinsichtlich der Kosten – gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Kläger begehren die Unterlassung einer Bild- und Wortberichterstattung im Zusammenhang mit einem Printbeitrag der Beklagten vom 29.05.2021.
2
Die Kläger sind Gründungsgesellschafter der Firma … (im Folgenden: … und waren ursprünglich zusammen mit zwei weiteren Gründern die alleinigen Gesellschafter der Firma. Seit fünf Jahren halten die insgesamt vier Gründungsgesellschafter noch eine Minderheitsbeteiligung von 40 % an dem Unternehmen.
3
Die Beklagte ist Herausgeberin des Nachrichtenmagazins …. Sie veröffentlichte in der Ausgabe vom 29.05.2021 auf den Seiten 58 ff. unter der Überschrift „Lizenz zum Durchmogeln“ einen Beitrag, der sich mit der Gründungsgeschichte von … sowie dessen Geschäftsmodell und Geschäftspartnern beschäftigt. Der Artikel berichtet dabei unter anderem von steuerlichen Unregelmäßigkeiten der Firma, dem Verdacht von Geldwäsche und Verbindungen ins Rockermilieu. Die Berichterstattung wurde auf Seite 3 des Magazins in der Hausmitteilung angekündigt. Für die Einzelheiten wird auf den Bericht und die Hausmitteilung in Anlage K 20 und K 21 Bezug genommen.
4
Im Vorfeld des Artikels recherchierte die Beklagte mit einem Team von Journalisten und Journalistinnen seit mehreren Monaten über die Kläger und die Firma …. In diesem Zuge wurden die Kläger zuerst um ein Interview und nach deren Absage um die Beantwortung mehrerer Fragenkataloge gebeten.
5
Die Kläger fragen vor, dass der Kläger zu 2) in der Öffentlichkeit als …-Gesellschafter gänzlich unbekannt sei. Auch die sehr guten Vermögensverhältnisse der Kläger seien bislang in der Öffentlichkeit nicht bekannt gewesen, da sie nicht als Gesellschafter von … in der Öffentlichkeit identifiziert worden seien. Durch die streitgegenständliche Berichterstattung würden die Kläger aber in die Öffentlichkeit gezogen und falsche Tatsachenbehauptungen über sie verbreitet. Hierdurch würden sie in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt werden.
6
Tatsächlich hätten die Kläger sich im Zusammenhang mit … stets legal verhalten. Zwar habe es gegen einen der Gründungsgesellschafter den Vorwurf eines vorübergehenden steuerrechtlich illegalen Verhaltens gegeben, in dessen Zusammenhang auch die Kläger umfassende steuerliche Nacherklärungen und Selbstanzeigen abgegeben hätten. Dies rechtfertige aber nicht die Behauptung, dass sie sich illegal verhalten hätten, da zu keinem Zeitpunkt ein strafrechtlich relevantes Verhalten festgestellt worden sei. Auch liege keine einzige verwaltungsgerichtliche oder strafgerichtliche Entscheidung vor, in welchen den Klägern oder … ein illegales Handeln vorgeworfen werde. Darüber hinaus seien die Kläger in einem gegen Ende der 90er Jahre eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des illegalen Glücksspiels freigesprochen worden. Sämtliche Ermittlungs- oder Strafverfahren hätten mit einer Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO oder mit einem Freispruch geendet.
7
Des Weiteren stelle die Beklagte den Verdacht auf, dass in …-Shops Geld gewaschen werde, indem sie nach der Aussage „In Spielhallen und Wettbüros lässt sich mit wenig Aufwand viel Geld waschen“ im darauffolgenden Absatz ausführe „Was sagen die Gründer … zu den Vorwürfen?“. Für einen solchen Geldwäscheverdacht gebe es bezogen auf … jedoch keinen Mindestbestand an Beweistatsachen. Auch sei … mit einem solchen Verdacht nicht konfrontiert worden.
8
Weiter behaupte die Beklagte unzutreffend, dass die Kläger zu dem Sachverhaltskomplex der Steuerverkürzung durch Franchisenehmer in Höhe von 20,4 Mio keine Stellungnahme abgegeben hätten, obwohl dies mit Schreiben vom 14.05.2021 (Anlage K6) erfolgt sei. Auch gegenüber dem … habe der Kläger zu 1) inhaltsgleiche Erläuterungen abgegeben.
9
Nichts anderes gelte für die Behauptung der Beklagten, dass sich … auf Nachfrage nicht zu den möglichen Verbindungen ins Rockermilieu habe äußern wollen. … sei lediglich nicht bereit gewesen, innerhalb einer 24-Stunden-Frist die entsprechenden Fragen zu beantworten. Unerheblich sei dabei, dass sich die falschen Tatsachenbehauptungen auf … und nicht auf die Kläger bezögen. Denn im Mittelpunkt der Berichterstattung stünden jedenfalls die Kläger als Gründungsgesellschafter.
10
Daneben verbreite die Beklagte den von den Ermittlungsbehörden ausgeräumten Verdacht, über …-Shops der Firma Netpoint werde Drogengeld gewaschen. Da die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt habe, seien die rechtlichen Voraussetzungen für eine derartige Verbreitung nicht mehr gegeben.
11
Ebenfalls unzutreffend sei die Behauptung in Bezug auf eine vermeintliche Briefkastenfirma in Malta. Die Firma in Malta sei die Firma …, eine Projektgesellschaft, die Eigentümerin von 10 Etagen des …-Towers und in Deutschland angemeldet sei. Die Gewinne des Unternehmens würden in Deutschland versteuert. Dies sei auch der Beklagten mit Schreiben vom 19.05.2021 in den Antworten zu den Fragen 66-70 mitgeteilt worden.
12
Die Kläger sind zudem der Ansicht, dass die Veröffentlichung der Ausweise der Kläger den geschützten Privatbereich verletze. Aufgrund der veröffentlichen Passfotos, seien auch die vorgenommenen Schwärzungen unerheblich.
13
Mit Schriftsatz vom 25.11.2021 haben der Kläger zu 3) und der Kläger zu 4) ihre Klage zurück, nachdem die Beklagte die Zulässigkeit der Klage mangels Angabe der Anschriften gerügt hatte und die Kläger zu 3) und 4) nicht bereit waren, die persönlichen Anschriften bekanntzugeben. Darüber hinaus wurde der Antrag in Ziffer 5. um einen Hilfsantrag ergänzt.
14
Die Kläger zu 1) und zu 2) beantragen zuletzt:
der Beklagten bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000 EUR, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) zu verbieten,
- 1.1.1.
-
in Bezug auf die Kläger zu 1) und 2) zu berichten und/oder berichten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,
„… des Wettanbieters … Vier Männer aus Karlsruhe haben die Firma gegründet und aufgebaut; sie gingen an die Grenzen des rechtlich Erlaubten und darüber hinaus“,
wie geschehen in … vom 29.05.2021, Seite 3 unter der Überschrift „Hausmitteilung – Wettanbieter“;
- 2.2.
-
unter Bezugnahme auf … den Verdacht zu äußern und/oder äußern zu lassen,
„In Spielhallen und Wettbüros lässt sich mit wenig Aufwand viel Geld waschen.“;
- 3.3.
-
zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,
… habe nichts gesagt zu 20,4 Mio. Euro, die … auf ausländische Konten von Franchisenehmern überwies, was schließlich zu Selbstanzeigen bei deutschen Steuerbehörden führte;
- 4.4.4.
-
im Zusammenhang mit Schüssen auf einen früheren … Franchisenehmer auf einem Parkplatz in Schwelm
zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:
… wollte sich auf Nachfragen nicht zu den möglichen Verbindungen ins Rockermilieu äußern;
- 5.5.5.5.
-
im Zusammenhang mit … den Verdacht zu äußern und/oder äußern zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,
„Die Fahnder konnten nicht nachweisen, dass über die Wettbüros tatsächlich Drogengeld gewaschen worden war. Gleichwohl stieß die Staatsanwaltschaft auf eine Struktur, die sich nach den Worten des Frankfurter Oberstaatsanwalts … ‚hervorragend als Geldwaschmaschine für Erlöse aus kriminellen Geschäften eignet‘.“;
Hilfsweise zu berichten und/oder berichten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:
„Ein zweiter Vorfall, der in der Vorstandsvorlage geschildert wurde, betraf einen der größten Franchisepartner von …: …. Die Firma unterhielt zeitweise Dutzende Filialen im Rhein-Main-Gebiet und war ins Visier der Frankfurter Staatsanwaltschaft geraten. Der Vorwurf wog schwer, wie … intern vermerkte: Die Staatsanwaltschaft ermittelte, ob ‚durch den Betrieb von Wettbüros Gelder aus Drogengeschäften gewaschen worden seien‘ …. Alle Ermittlungen wegen Geldwäscheverdachts wurden eingestellt. Die Fahnder konnten nicht nachweisen, dass über die Wettbüros tatsächlich Drogengeld gewaschen worden war. Gleichwohl stieß die Staatsanwaltschaft auf eine Struktur, die sich nach den Worten des Frankfurter Oberstaatsanwalts … ‚hervorragend als Geldwaschmaschine für Erlöse aus kriminellen Geschäften eignet‘.“
- 6.6.
-
zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,
die Kläger besäßen den …-Tower auf Malta über eine Briefkastenfirma;
- 7.7.
-
Fotokopien der Ausweise der Kläger zu veröffentlichen;
wie geschehen in … vom 29.05.2021, Seite 58 ff. unter der Überschrift „Lizenz zum Durchmogeln“.
15
Die Beklagte beantragt,
16
Die Beklagte trägt vor, dass der Eintrag zu … auf Wik... zeige, dass der Öffentlichkeit bekannt sei, dass die Kläger die Gründer von … seien. Obwohl … seine Unternehmensdaten in dem Eintrag im April 2020 geändert habe, seien die Namen der Unternehmensgründer nicht herausgenommen worden. Darüber hinaus würden zahlreiche Medien – unter anderem durch Nennung in der Liste der reichsten Deutschen des Manager Magazins – namentlich über die Kläger als … Gründer berichten. Aus der publizierten Reichstenliste der Jahre 2019 und 2020 ergäben sich bereits die sehr guten Vermögensverhältnisse der Kläger. Hinzu komme, dass sich der Kläger zu 1) öffentlichkeitswirksam als Stifter engagiert habe.
17
Weiter trägt die Beklagte vor, dass sich die Gründer an der Grenze der Legalität bewegt hätten und auch darüber hinaus gingen. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Kläger im Jahr 2004 den Sportwettenanbieter … gegründet hätten, obwohl das Angebot von Sportwetten durch private Anbieter zulassungspflichtig, nach dem deutschen Recht jedoch nicht zulassungsfähig gewesen sei. Unerheblich sei insofern, dass Sportwetten nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshof nicht strafrechtlich verfolgt werden könne. Damit sei ihre Tätigkeit anfangs jedenfalls in einer Grauzone gelegen, wenn nicht im Einzelnen im illegalen Bereich. Hinsichtlich der konkreten Äußerung müsse ohnehin berücksichtigt werden, dass in dieser Hausmitteilung kein individueller oder konkret strafrechtlich relevanter Vorwurf gegen einen der Kläger erhoben werden würde. Der Hauptbeitrag erläutere sodann differenzierter, gegen wen sich welche Vorwürfe gegebenenfalls richten würden.
18
Es sei auch nicht richtig, dass der Bericht den Verdacht erhebe, dass in den …-Wettshops Geld gewaschen werde. Die Aussage müsse im Kontext mit den vorstehenden Ausführungen betrachtet werden, da es sich lediglich um eine allgemeine Aussage handle, die in Bezug auf die gesamte Branche getroffen worden sei.
19
Weiter entspreche die Angabe, dass die Kläger nichts zu den 20,4 Mio. € gesagt hätten, der Wahrheit. Denn lediglich der Kläger zu 1) habe eine Stellungnahme abgegeben und diese auch nur gegenüber der Beklagten, allerdings nicht gegenüber dem …“. Letzteres ergebe sich aus der Veröffentlichung im … unter dem Titel „…: Wie Europas größter Wettanbieter Milliarden machte, Steuerbetrügern half und ein Staatsmonopol bezwang“ (Anlage B 17).
20
In Bezug auf Verbindungen zum Rockermilieu müsse beachtet werden, dass nicht die Kläger persönlich, sondern lediglich … in Bezug genommen werde. Im Übrigen habe die Beklagte die nach Veröffentlichung des streitgegenständlichen Artikels abgegebene Erklärung von … in der ergänzenden Berichterstattung vom 28.06.2021 (Anlage B 19) aufgenommen.
21
Daneben sei die Äußerung hinsichtlich der Briefkastenfirma auf Malta richtig, da die … die Kriterien einer Briefkastenfirma erfülle. Die Kläger würden als die wirtschaftlichen Eigentümer im Zusammenhang mit der Firma im offiziellen Handelsregister nicht in Erscheinung treten. Auch verfüge die Firma nicht über eigene Büroräume oder Mitarbeiter. Der Umstand, dass die … eine ordnungsgemäß angemeldete Gesellschaft sei, hindere nicht die Einordnung als Briefkastenfirma.
22
Die Beklagte meint zudem, dass die Äußerung des Oberstaatsanwalts … keine Verdachtsberichterstattung betreffe, da die Beklagte ausdrücklich und unmissverständlich berichten würde, dass alle Ermittlungen wegen Geldwäscheverdachts eingestellt worden seien. Die Äußerung des Oberstaatsanwalts werde auch als korrektes Zitat wiedergegeben, sodass es sich um eine wahre Tatsachenbehauptung handle.
23
Durch die streitgegenständliche Berichterstattung werde nach Ansicht der Beklagten das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kläger nicht verletzt. Dabei fehle es bereits teilweise an der Betroffenheit der einzelnen Kläger, da sich die Äußerungen zu einem Teil lediglich auf die Firma … selbst und zu einem anderen Teil immer nur auf einen der beiden Kläger beziehen würde. Unabhängig davon würden die gerügten Äußerungen die Kläger aber lediglich in ihrer Sozialsphäre und hinsichtlich der Bilder in ihre Privatsphäre betreffen. Zudem bestehe aufgrund der Tatsache, dass es sich um erfolgreiche Gründer eines Unternehmens handele, das bereits für sich genommen einem großen öffentlichen Informationsinteresse begegne, ein erhebliches öffentliches Informationsinteresse an der Berichterstattung. Darüber hinaus enthalte der Beitrag lediglich Meinungsäußerungen und wahre Tatsachenbehauptungen; die Veröffentlichung der Kopien der Personalausweise der Kläger sei als zulässige kontextneutrale Bebilderung des Textbeitrages zu werten.
24
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.03.2022 und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
25
Die Klage ist – soweit sie nicht zurückgenommen wurde – zulässig, aber nur teilweise begründet.
26
Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der Äußerung, die Gründungsgesellschafter seien an die Grenzen des rechtlich Erlaubten und darüber hinaus gegangen, da es sich hierbei um eine Tatsachenbehauptung handelt, deren Wahrheitsgehalt die Beklagte nicht nachzuweisen vermochte. Daneben können die Kläger die Unterlassung der Verdachtsäußerung in Bezug auf … verlangen, dass sich in Spielhallen und Wettbüros mit wenig Aufwand viel Geld waschen lasse, da die Beklagte insoweit die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung nicht eingehalten hat. In Bezug auf die angegriffenen Fotokopien der Ausweise steht lediglich dem Kläger zu 2) ein Anspruch gegen die Beklagte zu, da die Abwägung der widerstreitenden Interessen aufgrund der Unbekanntheit des äußeren Erscheinungsbildes des Klägers zu 2) und der konkreten Veröffentlichung, zu einem überwiegenden Interesse des Klägers zu 2) an der Nichtveröffentlichung der Fotokopie führt. Im Übrigen war die Klage jedoch mangels Unterlassungsanspruchs abzuweisen.
27
1. Die Kläger können von der Beklagten gemäß §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG die mit Ziffer 1 der Klage begehrte Unterlassung der Äußerung „… des Wettanbieters …. Vier Männer aus Karlsruhe haben die Firma gegründet und aufgebaut; sie gingen an die Grenzen des rechtlich Erlaubten und darüber hinaus“ verlangen, da diese Äußerung zumindest in einer nicht fernliegenden Deutungsvariante als Aussage, die Kläger hätten sich rechtswidrig verhalten, verstanden werden kann und die Beklagte weder darlegen noch beweisen konnte, dass diese Aussage wahr ist. Durch die unwahre Tatsachenbehauptung werden die Kläger aber in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt.
28
1.1. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt zwar nicht vor personenbezogenen Berichten schlechthin, sondern vielmehr ist eine Wortberichterstattung grundsätzlich zulässig (vgl. BVerfG v. 08.12.2011 – Az. 1 BvR 927/08 – Rz. 19; alle Zitate im Folgenden, soweit nicht anders gekennzeichnet, zitiert nach juris-Datenbank). Denn der gleichfalls grundgesetzlich – nämlich durch Art. 5 Abs. 1 GG – garantierte Schutz der Presse- und Meinungsfreiheit erlaubt es der Presse, innerhalb der gesetzlichen Grenzen nach publizistischen Kriterien darüber zu entscheiden, was sie im öffentlichen Interesse für berichtenswert hält (BGH v. 11.03.2009 – Az. I ZR 8/07 – Rz. 14). Aber es schützt zum einen vor einer verfälschenden oder entstellenden Darstellung, die von nicht ganz unerheblicher Bedeutung für die Persönlichkeitsentfaltung ist. Und zum anderen umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht jedenfalls auch das Recht auf informelle Selbstbestimmung und schützt so vor einer Beeinträchtigung der Privat- oder Intimsphäre (BVerfG v. 27.02.2008 – Az. 1 BvR 370/07 – Rz. 149; BVerfG v. 08.12.2011 – Az. 1 BvR 927/08 – Rz. 19; vgl. auch BGH v. 23.06.2009 – Az. VI ZR 196/08 – Rz. 27).
29
Für die Beurteilung ist dabei zunächst zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen zu unterscheiden. Tatsachenbehauptungen sind durch eine objektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Realität gekennzeichnet. Sie beziehen sich entweder auf konkrete, nach Raum und Zeit bestimmte, der Vergangenheit oder Gegenwart angehörige Geschehen oder Zustände der Außenwelt (äußere Tatsachen) oder des menschlichen Seelenlebens (innere Tatsachen). Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist es, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist (BVerfG v. 17.09.2012 – Az. 1 BvR 2979/10 – Rz. 25; BGH v. 28.06.1994 – Az. VI ZR 273/93; BGH v. 30.01.1996 – Az. VI ZR 386/94). Unwahre Tatsachenbehauptungen werden nicht von Art. 5 Abs. 1 GG geschützt.
30
Meinungsäußerungen sind demgegenüber von der subjektiven Beziehung des Äußernden zu dem Inhalt des Geäußerten geprägt (BGH v. 16.12.2014 – Az. VI ZR 39/14 – Rz. 8) und können dementsprechend nicht „wahr“ oder „unwahr“, „richtig“ oder „falsch“ sein. Sie können allenfalls nachvollziehbar oder unverständlich sein, geteilt, verstanden oder abgelehnt werden. Ihr durch Art. 5 Abs. 1 GG vermittelter Schutz reicht daher weiter und findet seine Grenzen nur in dem oben dargelegten allgemeinen Persönlichkeitsrecht desjenigen, über den die Meinung geäußert wird. Daher ist hier stets eine Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen einerseits und dem gleichfalls in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG garantierten Recht auf Meinungsfreiheit des Äußernden andererseits vorzunehmen (BVerfG v. 14.02.1973 – Az. 1 BvR 112/65 – Rz. 28; BVerfG v. 08.12.2011 – Az. 1 BvR 927/08 – Rz. 18; BGH v. 15.11.1994 – Az. VI ZR 56/94 – Rz. 64).
31
Im Hinblick auf Presseveröffentlichungen erfordert das eine Würdigung des Aussagegehalts der Veröffentlichung in ihrem Gesamtzusammenhang. Auszugehen ist von dem Verständnis eines unbefangenen Durchschnittslesers und dem allgemeinen Sprachgebrauch (BGH v. 15.11.1994 – Az. VI ZR 56/94 – Rz. 59). Maßgeblich für die Deutung ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das – gleichfalls subjektive – Verständnis des von der Äußerung betroffenen, sondern der Sinn, den die Äußerung nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums hat (BVerfG v. 25.10.2005 – Az. 1 BvR 1696/98 – Rz. 31). Dabei kann sich einerseits eine Äußerung, die auf Werturteilen beruht, als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird (BGH v. 28.06.1994 – Az. VI ZR 273/93; BGH v. 30.01.1996 – Az. VI ZR 386/94). Enthält eine Äußerung andererseits in nicht trennbarer Weise sowohl tatsächliche als auch wertende Elemente, so ist sie insgesamt als Meinungsäußerung zu behandeln, wenn sie durch diese wertenden Elemente geprägt ist (BVerfG v. 21.03.2007 – Az. 1 BvR 2231/03 – Rz. 21; BVerfG v. 17.09.2012 – Az. 1 BvR 2979/10 – Rz, 25; Soehring in Soehring/Hoene, Presserecht, § 14, Rz. 13). Gleiches gilt, wenn sie Voraussetzung für die Bildung der Meinung ist (BVerfG v. 17.09.2012 – Az. 1 BvR 2979/10 – Rz. 25; BVerfG v. 25.10.2012 – Az. 1 BvR 901/11, Rz. 20).
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1.2. Diesen Maßstab zugrunde gelegt, handelt es sich bei der mit Ziffer 1 der Klageschrift angegriffene Äußerung um eine Tatsachenbehauptung.
33
Denn mit der Aussage, dass die vier Gründungsgesellschafter an die Grenzen des rechtlich Erlaubten und darüber hinaus gegangen seien, wird die Behauptung aufgestellt, sie hätten sich rechts- bzw. gesetzeswidrig verhalten, seien eben „über die Grenzen des rechtlich Erlaubten hinaus gegangen“. Die Äußerung bezieht sich daher auf ein konkretes, nach Raum und Zeit bestimmbares Verhalten der Gründer in der Vergangenheit, wobei die Frage, ob sich die Gründungsgesellschafter rechtswidrig verhalten haben, mit den Mitteln des Beweises überprüft werden kann. Soweit die Beklagte der Ansicht ist, dass die Aussage keinen juristisch präzisen und prüfbaren Gehalt habe, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Denn jedenfalls wird ja gerade die Behauptung zumindest einer illegalen Handlung aufgestellt, so dass jedenfalls das Vorliegen oder Nichtvorliegen dieser Handlung dem Beweis zugänglich ist.
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1.3. Die seitens der Beklagten aufgestellte Tatsachenbehauptung stellt sich darüber hinaus als unwahr oder zumindest nicht erwiesen wahr dar.
35
Vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Behauptung eines rechtswidrigen Verhaltens um einen ehrenrührigen Vorwurf und eine üble Nachrede handelt, obliegt der Beklagten hinsichtlich der Richtigkeit dieser Behauptung die Darlegungs- und Beweislast. Dass sich die vier Gründungsmitglieder tatsächlich über die Grenzen des Erlaubten hinausgegangen sind, vermochte die Beklagte jedoch nicht zur Überzeugung der Kammer darlegen.
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Die Beklagte stützt die streitgegenständliche Äußerung darauf, dass das Angebot von Sportwetten im Jahr 2004 durch private Anbieter zulassungspflichtig, nach deutschem Recht jedoch nicht zulassungsfähig gewesen sei. Die Kläger hätten daher mit der Firma … einen Markt etabliert, der zu Beginn der operativen Tätigkeit rechtlich jedenfalls in einer Grauzone gelegen habe. Gleichzeitig führt die Beklagte aus, dass die Kläger etwaige Untersagungsverfügungen gerichtlich hätten überprüfen lassen, wodurch ein erfolgreiches und lukratives Unternehmen entstanden sei, dass sukzessiv durch Gerichtsentscheidungen und später durch gesetzliche Regelungen rechtlich abgesichert worden sei. Zur Überzeugung der Kammer kann jedoch ein Verhalten nicht als rechtswidrig bzw. als über die Grenzen des rechtlich Erlaubten hinausgehend bezeichnet werden, wenn die rechtlichen Grenzen noch überhaupt nicht sicher feststehen, sodass man sich eben in einer rechtlichen Grauzone bewegt. Ein Verhalten, das in eine rechtliche Grauzone fällt, ist nicht illegal. Etwas anderes kann auch nicht vor dem Hintergrund angenommen werden, dass sich Anbieter von Sportwetten und damit auch … bzw. die vier Gründungsgesellschafter zuerst über nationales Recht haben hinwegsetzen müssen. Denn wie die Beklagte selbst vorträgt, wurden die gesetzlichen Bestimmungen Deutschlands sowohl vom Bundesverfassungsgericht als auch vom EuGH als nicht mit dem deutschen Verfassungsrecht und den europarechtlichen Vorschriften vereinbar erachtet. Wenn allerdings die Beklagte einen Artikel zu einem Zeitpunkt verfasst, in welchem bereits bekannt war, dass die nationalen Regelungen gegen höherrangiges Recht verstoßen haben, wird mit der Aussage, dass die vier Gründungsgesellschafter über die Grenzen des rechtlich Erlaubten hinausgegangen seien, zumindest ein falscher Eindruck erweckt. Darüber hinaus haben die Kläger nach unbestrittenem Vortrag alle verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen für sich gewinnen können. Sämtliche Ermittlungs- und Strafverfahren hätten mit einer Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO oder mit einem Freispruch geendet Dies gelte auch für das gegen Ende der 90er Jahre eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des illegalen Glücksspiels. Insoweit ist auch unerheblich, ob die in Hamburg für Glücksspielaufsicht zuständige Behörde ausweislich der als Anlage B 22 vorgelegten E-Mail erklärte, dass die Dachmarke … auch ein illegales Angebot enthalte. Daraus ergibt sich bereits nicht eindeutig, ob hiermit das Onlinecasino-Angebot gemeint ist und ob sich die Illegalität lediglich darauf stützt, dass die Glücksspielaufsicht die Veranstaltung und Bewerbung eines solchen Onlinecasinos untersagt habe oder ob dies an gesetzlichen Vorgaben festgemacht wurde. Unabhängig davon entspricht es gerade einem rechtsstaatlichen Verhalten, bestimmte Entscheidungen von Behörden durch Verwaltungsgerichte, das Bundesverfassungsgericht und dem EuGH überprüfen zu lassen. Die Einstufung einer einzelnen Behörde als illegales Angebot ist vor allem unter der Berücksichtigung, dass in dieser Zeit eine rechtliche Unsicherheit herrschte, nicht ausreichend, um auszusagen, dass die vier Gründungsmitglieder über die Grenzen des rechtlich Erlaubten hinausgegangen seien.
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Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht entscheidend, ob andere Medien das Angebot von Sportwetten als illegal oder unerlaubten Markt bezeichneten.
38
Ein illegales Verhalten der Kläger oder der Firma … ergibt sich auch nicht daraus, dass sich lediglich einer der vier Gründungsmitglieder dem Vorwurf eines vorübergehend steuerrechtlich illegalen Verhaltens ausgesetzt sah. Denn ein möglicherweise als illegal einzustufendes Verhalten eines Einzelnen rechtfertigt nicht die Behauptung, dass sich die Kläger illegal verhalten hätten. Selbiges gilt hinsichtlich des Vortrages, dass einige Personen im Umfeld von … Ermittlungsverfahren ausgesetzt gewesen seien und … mit kriminellen Geschäftspartnern zusammengearbeitet habe. Beide Vorträge als richtig unterstellt führt nicht dazu, dass das Verhalten von … oder der Kläger selbst als illegal zu bewerten ist.
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Zuletzt vermag es auch nicht zu überzeugen, dass es sich bei der Äußerung in der Hausmitteilung lediglich um eine etwas plakative Formulierung handeln würde, die lediglich die Tendenz des Hauptbeitrages einleiten würde. Zwar führt die Beklagte einerseits aus, dass der Haupttext dann differenzierter erläutere, gegen wen sich welche Vorwürfe richten würden. An anderer Stelle trägt die Beklagte jedoch vor, dass aufgrund der Tatsache, dass die Kläger an keiner Stelle namentlich genannt werden würden, völlig unklar sei, auf welche konkreten Personen sich etwaige Vorwürfe beziehen würden. Wenn allerdings nicht klar ist, wer sich wie illegal verhalten hat, bleibt für den Leser der Eindruck, dass sich alle vier Gründungsmitglieder, mithin die Kläger, rechtswidrig verhalten hätten.
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1.4. Die unwahre Tatsachenbehauptung verletzt die Kläger in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Im Übrigen ergebe sich unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen nichts anderes, wenn man – wie die Beklagte – von einer Meinungsäußerung ausgehen würde, da es insoweit an entsprechenden Anknüpfungstatsachen für eine solche Behauptung fehlen würde.
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2. Die Kläger können darüber hinaus von der Beklagten gemäß §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG verlangen, dass diese in Bezug auf … nicht den Verdacht äußert, dass sich in Spielhallen und Wettbüros mit wenig Aufwand viel Geld waschen lasse (Ziffer 2 der Klageschrift). Eine solche Verdachtsberichterstattung ist unzulässig, da es an einem Mindestbestand an Beweistatsachen und an der Konfrontation der Kläger bzw. der Firma … mit diesem Verdacht fehlt.
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2.1. Unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes, in welchem die streitgegenständliche Aussage der Beklagten („In Spielhallen und Wettbüros lässt sich mit wenig Aufwand viel Geld waschen“) getroffen wurde, kann die Äußerung in einer nicht fernliegenden Deutungsvariante so verstanden werden, dass der Verdacht besteht, dass in den Wettbüros der Firma … Geld gewaschen wurde/wird. Dies ergibt sich daraus, dass im unmittelbaren Absatz davor über die kriminelle Vergangenheit mehrerer Betreiber der … Wettshops berichtet wird, wobei unter anderem erklärt wird, dass ein Geschäftspartner als große Nummer im europäischen Kokainhandel gegolten habe und per Haftbefehl gesucht worden sei. Abgeschlossen wird dieser Absatz mit der Aussage, dass sich derjenige, der die vertraulichen Unterlagen lese, schnell an alte Mafia-Filme erinnert fühle. An diese Aussage schließt sich sodann zuerst eine Äußerung der Beklagten an, nach welcher Wetten schon immer ein lukratives Geschäftsfeld für die organisierte Kriminalität gewesen sei, bevor die streitgegenständliche Aussage getroffen wird. Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass sich ohnehin der gesamte Beitrag mit der Gründungsgeschichte und dem Geschäftsbetrieb von … auseinandersetzt, zieht der Leser eine direkte Verbindung zwischen … und der Äußerung, dass sich in Spielhallen und Wettbüros mit wenig Aufwand viel Geld waschen lasse. Verstärkt wird dieser Eindruck dann insbesondere dadurch, dass der nächste Absatz mit der Frage „Was sagen die Gründer, die bis heute mit knapp 40 Prozent an … beteiligt sind, zu den Vorwürfen?“ beginnt. Würde sich die Aussage zum Thema Geldwäsche nicht (zumindest auch) konkret auf die Firma … beziehen, wäre eine Stellungnahme zu den Vorwürfen durch die Gründer nicht angezeigt.
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2.2. Unerheblich ist insoweit, dass sich der Verdacht lediglich auf die Firma … und nicht persönlich auf die Kläger bezieht. Eine unmittelbare Betroffenheit der Kläger ergibt sich daraus, dass der gesamte Beitrag der Beklagten eine Vermischung zwischen der Firma … und den Personen der Gründungsgesellschafter vornimmt. So beginnt bereits der Artikel mit der persönlichen Vergangenheit der Kläger, die auch während des Beitrages immer wieder aufgegriffen und thematisiert wird. Selbst hinsichtlich der konkreten Äußerung fragt die Beklagte nicht, was … zu den Vorwürfen sagt, sondern was die Gründer hierzu sagen. Indem innerhalb des Artikels diese ständige Vermischung zwischen der Firma … und den Gründungsgesellschaftern selbst stattfindet, identifiziert der Leser die Firma … mit den Gründungsgesellschaftern, mithin mit den Klägern, und andersherum. Eine Trennung zwischen den erhobenen Vorwürfen findet für den Leser daher nicht statt.
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2.3. Für die Äußerung dieses Verdachts fehlt es jedoch bereits unstreitig an einem Mindestbestand an Beweistatsachen und einer entsprechenden Anhörung der Firma bzw. der Gründungsgesellschafter hierzu. Die Verdachtsberichterstattung ist daher unzulässig und greift rechtswidrig in das Persönlichkeitsrecht der Kläger ein.
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3. In Bezug auf die mit Ziffer 3. der Klageschrift angegriffene Äußerung, dass … nichts zu den 20,4 Mio. Euro gesagt habe, die … auf ausländische Konten von Franchisenehmern überwiesen habe und schließlich zu Selbstanzeigen bei deutschen Steuerbehörden geführt habe, steht dem Kläger kein Unterlassungsanspruch zu, da es sich insoweit um eine wahre Tatsachenbehauptung handelt. Da die wahre Tatsachenbehauptung zudem den beruflichen Bereich und damit den Bereich der Sozialsphäre betrifft, fehlt es an einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts.
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3.1. Die Äußerung der Beklagten „Nichts sagte er hingegen zu 20,4 Millionen Euro, die … auf ausländische Konten von Franchisepartnern überwies, was schließlich zu Selbstanzeigen bei deutschen Steuerbehörden führte“ kann unter Berücksichtigung des vorherigen Absatzes nur so verstanden werden, dass der Kläger zu 1) diesbezüglich nichts gegenüber dem …“ gesagt hat. Hingegen der Rezipienten dies nicht so versteht, dass der Kläger zu 1) nichts gegenüber der Beklagten gesagt habe.
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Denn im vorherigen Absatz heißt es: „[…] Am vergangenen Freitag erschien ein Bericht auf der Nachrichtenseite … schwärmte darin von der „tollen Zeit“ und den „Emotionen pur“ im Karlsruher Wettbüro. Sodann schließt sich die streitgegenständliche Äußerung an. Für den Leser ist daher klar erkennbar, dass es lediglich um die Aussagen geht, die der Kläger zu 1) gegenüber dem … getätigt hat. Dies ist bereits deshalb erkennbar, da der Name des Klägers nicht noch einmal wiederholt wird, sondern dieser vielmehr als „er“ bezeichnet wird. Dadurch wird der vorherige Satz erkennbar fortgeführt.
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3.2. Dass der Kläger zu 1) gegenüber dem … tatsächlich nichts zu den 20,4 Millionen gesagt hatte, ist darüber hinaus eine wahre Tatsachenbehauptung. Dies ergibt sich zum einen aus dem als Anlage B 17 vorgelegten Interview. Darin heißt es auf Seite 2: „… liegen vertrauliche Selbstanzeigen bei fünf deutschen Finanzämtern vor, die darlegen, wie das Unternehmen zwischen 2007 und 2012 einzelnen Wettvermittlern bei der Steuerhinterziehung behilflich war. Demnach schloss das Unternehmen Sonderprovisionen in Höhe von 20,4 Millionen Euro am deutschen Staat vorbei. Laut eines internen Ermittlungsberichts machte … einen der Gründer für die Steueraffäre verantwortlich und warf ihn – geräuschlos – aus der Geschäftsführung. Auf Anfrage wollten weder … noch ein … das wohl dunkelste Firmenkapitel bestätigen oder kommentieren“. Darüber hinaus haben die Kläger selbst ausgeführt, dass der anwesende … den Hintergrund lediglich mit der Redaktion erläutert habe, jedoch auch Wert darauf gelegt hätten, dass aus diesen Erläuterungen keine Zitate in die Berichterstattung einfließen. Die Aussage, dass sich der Kläger zu 1) in dem Bericht nicht geäußert habe, bleibt daher auch vor diesem Hintergrund richtig.
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4. Der Kläger hat ebenfalls keinen Anspruch auf Unterlassung der Behauptung, dass sich … auf Nachfragen nicht zu den möglichen Verbindungen ins Rockermileu äußern wollte, da es insoweit an der erforderlichen Wiederholungsgefahr fehlt.
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Die Beklagte hat in der Klageerwiderung vom 03.09.2021 vorgetragen, dass die streitgegenständliche Berichterstattung am 28.06.2021 dahingehend ergänzt worden sei, dass … nach Ablauf der Frist und nach Veröffentlichung des Artikels eine weitere Stellungnahme abgegeben habe. In dieser Stellungnahme habe … mitgeteilt, dass sie keine Kenntnis von einem Interesse der … und/oder … an der Eröffnung von Wettbüros gehabt habe. Dem Vertrauten von …, der ab 2011 eine Wettvermittlung in Liechtenstein betrieb, habe … im November 2012 verboten weiter für … aufzutreten. … sei nicht bekannt, dass der Vermittler in Verbindung zu … stand.
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Mit Veröffentlichung dieser Ergänzung ist die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr hinsichtlich der angegriffenen Äußerung nachträglich beseitigt worden. Dies hat im vorliegenden Fall insbesondere deshalb zu gelten, da sich die Ergänzung der Beklagten nicht nur darauf beschränkte, dass dem Leser mitgeteilt wurde, dass sich … nachträglich noch geäußert hat, sondern vielmehr auch der Inhalt dieser Äußerung mitgeteilt wurde.
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5. Die Klage war darüber hinaus hinsichtlich des Klageantrags zu 5. abzuweisen, da es insoweit bereits an einer Betroffenheit der Firma … bzw. der Kläger fehlt.
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Selbst für den Fall, dass man der Argumentation der Kläger dahingehend folgen würde, dass die Beklagte den Verdacht verbreiten würdet dass über die … der … Drogengeld gewaschen worden sei, beziehe sich dieser Verdacht eben auf die Firma … und nicht auf die Firma … der die Kläger. Eine Betroffenheit von … kann jedoch nicht immer bereits dann angenommen werden, wenn über einen Franchisenehmer berichtet wird, mag sich die jeweilige Berichterstattung auch negativ auf den Geschäftsbetrieb von … auswirken. Andernfalls werden negative Äußerungen über Geschäftspartner von … für die Medien mit einem nicht mehr kalkulierbaren Risiko verbunden, was zu einer unverhältnismäßigen Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit führen würde.
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Im Übrigen ergäbe sich auch bei einer unterstellten Betroffenheit der Firma … bzw. der Kläger nichts anderes, da die Beklagte gerade nicht den Verdacht aufstellt, dass über die Firma … Drogengeld gewaschen wurde/wird. Vielmehr legt die Beklagte die unstreitig wahren und bereits feststehenden Tatsachen dar, dass die Firma in das Visier der Frankfurter Staatsanwaltschaft geraten war und diese ermittelt habe, ob durch den Betrieb von Wettbüros Gelder aus Drogengeschäften gewaschen worden seien. Im späteren Verlauf erklärt die Beklagte, dass alle Ermittlungen wegen Geldwäscheverdachts eingestellt worden seien, da die Fahnder nicht hätten nachweisen können, dass über die Wettbüros tatsächlich Drogengeld gewaschen worden sei. Dies alles sind allerdings unstreitige Tatsachenbehauptungen, deren Wahrheitsgehalt bereits sicher feststeht und sich auf ein abgeschlossenes Ereignis in der Vergangenheit beziehen. In dem die Beklagte sodann eine Äußerung des Frankfurter Oberstaatsanwalts … wiedergibt, wird auch insoweit lediglich die wahre Tatsachenbehauptung aufgestellt, dass sich der Oberstaatsanwalt entsprechend geäußert hat. Es ist gerade nicht so, dass die Beklagte erklärt, dass die Firma eine Struktur aufweist, die sich hervorragend als Geldwäschemaschine für Erlöse aus kriminellen Geschäften eignet. Vielmehr wird einzig und allein die unstreitige Äußerung des Oberstaatsanwalts korrekt wiedergegeben.
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6. Da der Hauptantrag in Ziffer 5 erfolglos blieb, war über den entsprechenden Hilfsantrag zu entscheiden. Insoweit ergeben sich jedoch keine Änderungen zu den Ausführungen unter Ziffer 5., da es auch hier an einer Betroffenheit von … bzw. der Kläger fehlt. Darüber hinaus liegt eine wahre Tatsachenbehauptung vor, die die Kläger nicht in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt.
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7. Die Kläger haben gegen die Beklagte ebenfalls keinen Anspruch auf Unterlassung der Äußerung, die Kläger besäßen den …-Tower auf Malta über eine Briefkastenfirma (Ziffer 6 des Klageantrags), weil es sich auch hier um eine wahre Tatsachenbehauptung aus der Sozialsphäre der Kläger handelt, die diese hinzunehmen haben.
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Nach allgemeinem Verständnis handelt es sich bei einer Briefkastenfirma um ein Unternehmen, dass zwar formal als Gesellschaft durch Eintragung in ein Firmenregister errichtet wurde, tatsächlich jedoch keinen Geschäftsbetrieb unterhält und nicht nach außen in Erscheinung tritt. Die Firma … auf Malta mag zwar ordnungsgemäß in Malta und Deutschland angemeldet sein und auch ihre Gewinne in Deutschland versteuern. Unstreitig verfügt die Firma aber weder über eigene Büroräume noch über Mitarbeiter. Darüber hinaus kommt ihr lediglich die Aufgabe des Haltens einer Immobilie – des …-Towers – zu, ohne sonst am Wirtschaftsleben teilzunehmen. Damit handelt es sich im Ergebnis um eine Firma, die keinen Geschäftsbetrieb unterhält und auch nicht nach außen in Erscheinung tritt, mithin um eine Briefkastenfirma.
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8. Zuletzt besteht ein Anspruch des Klägers zu 2) gegen die Beklagte auf Unterlassung der Veröffentlichung der Fotokopie seines Ausweises gemäß § 1004, 823 Abs. 1 BGB, 22 S. 1, 3 KunstUrhG i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, weil die ohne seine Erlaubnis erfolgte Veröffentlichung sein Recht am eigenen Bild verletzt. Demgegenüber steht dem Kläger zu 1) ein solcher Anspruch nach Abwägung der jeweiligen Interessen nicht zu.
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8.1. Das Recht am eigenen Bild ist eine unter den Sonderschutz des § 22 Satz 1 KunstUrhG gestellte besondere Erscheinungsform des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (BGH v. 12.12.1995 – Az. VI ZR 223/94 – Rz. 7). Das Bild einer Person ist eines der wichtigsten Elemente der Persönlichkeit, denn es zeigt ihre besonderen Eigenschaften und unterscheidet sie von ihresgleichen (EGMR v. 16.01.2014 – NJW 2014, S. 3291/3292). Aus dem Wesen dieses Rechts folgt, dass die Verfügung über das eigene Bild nur dem Abgebildeten als Rechtsträger zusteht; nur er soll darüber befinden dürfen, ob, wann und wie er sich gegenüber Dritten oder der Öffentlichkeit im Bild darstellen will (BGH v. 05.12.1995 – Az. VI ZR 332/94 – Rz. 12).
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Wird ein Bildnis einer Person veröffentlicht, ist deshalb gem. § 22 Satz 1 KunstUrhG grundsätzlich die Einwilligung der betroffenen Person in die Veröffentlichung erforderlich. Ausnahmen ergeben sich insoweit nur nach § 23 Abs. 1 KunstUrhG; ist einer der dort angeführten Ausnahmetatbestände erfüllt, so ist eine Veröffentlichung auch ohne oder gegen die Einwilligung der abgebildeten Person möglich. Diese Ausnahme wird wiederum ihrerseits durch § 23 Abs. 2 KunstUrhG eingeschränkt, wenn in der konkreten Abwägung des Einzelfalles das berechtigte Interesse des Abgebildeten überwiegt.
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8.2. Im vorliegenden Fall fehlt es zwar sowohl an einer Einwilligung des Klägers zu 1) als auch des Klägers zu 2) in die Veröffentlichung der Lichtbilder. Während allerdings bei der Fotokopie des Ausweises des Klägers zu 1) von einem Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG auszugehen ist, kann dies hinsichtlich des Klägers zu 2) nicht angenommen werden.
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8.2.1. Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. zuletzt BGH v. 06.02.2018 – VI ZR 76/17, BeckRS 2018, 1728; v. 27.09.2016 – VI ZR 310/14, ZUM 2017 jeweils m.w.N.) nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Geschehen der Zeit, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Es gehört dabei zum Kern der Presse- und Meinungsfreiheit, dass die Medien im Grundsatz nach ihren eigenen publizistischen Kriterien entscheiden können, was sie des öffentlichen Interesses für wert halten und was nicht. Ein Informationsinteresse besteht zudem ohnehin nicht schrankenlos, vielmehr wird das Eindringen in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt (BGH v. 06.02.2018 – VI ZR 76/17, BeckRS 2018, 1728 m.w.N.). Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich jeweils nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden (BGH a.a.O.). Bei der Beurteilung, ob ein Bild dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen ist, ist daher eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK andererseits vorzunehmen (st. Rspr., vgl. BGH v. 06.02.2018 – VI ZR 76/17, BeckRS 2018, 1728, v. 27.09.2016 – VI ZR 310/14, ZUM 2017, 158 jeweils m.w.N.).
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Im Rahmen dieser Abwägung ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigen (BGH v. 06.02.2018 – VI ZR 76/17, BeckRS 2018, 1728 m.w.N.). Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, im konkreten Fall hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen umso schwerer, je geringer der Informationswert der Berichterstattung für die Allgemeinheit ist (BGH, a.a.O.). Der Informationsgehalt einer Bildberichterstattung ist dabei jeweils im Gesamtkontext, in den das Personenbildnis gestellt ist, zu ermitteln, insbesondere unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung. Daneben sind für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes der Anlass der Berichterstattung und die Umstände in die Beurteilung mit einzubeziehen, unter denen die Aufnahme entstanden ist. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird (BGH, a.a.O. m.w.N.). Bei der Prüfung der Frage, ob und in welchem Ausmaß die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung leistet und welcher Informationswert ihr beizumessen ist, ist zudem von erheblicher Bedeutung, welche Rolle dem Betroffenen in der Öffentlichkeit zukommt.
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8.2.2. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe, ist im konkreten Fall in Bezug auf den Kläger zu 1) von einem Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte auszugehen, dessen Veröffentlichung nach Abwägung der widerstreitenden Interessen zulässig ist.
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Im vorliegenden Fall war auf der einen Seite zu berücksichtigen, dass es sich bei dem abgebildeten Foto des Klägers zu 1) nicht nur um ein reines, gänzlich neutrales Porträtfoto handelt, sondern um ein Passbild aus einem Reisepass, der zugleich abgedruckt wird. Durch die Veröffentlichung der Fotokopie der Ausweise erhält die Abbildung einen gewissen straf- bzw. polizeilichen Charakter, indem der Eindruck entsteht, dass die Kopien im Rahmen einer erkennungsdienstlichen Maßnahme entstanden sind. Auf der anderen Seite war jedoch in die Abwägung einzustellen, dass es sich bei dem Kläger um einen der Gründungsgesellschafter einer Firma handelt, die heute in Deutschland Marktführer im Bereich der Sportwetten ist. Das Unternehmen ist aufgrund seiner intensiven Werbestrategie mit großen Fußballclubs und des langjährigen Auftretens von … als Markenbotschafter deutschlandweit bekannt. Hinzu kommt, dass der Bereich der Sportwetten aufgrund der über langen Zeit rechtlich ungeklärten Situation seit Jahren in besonderem Blick der Öffentlichkeit steht. Vor diesem Hintergrund besteht ein großes Berichterstattungsinteresse an der Gründungsgeschichte und den Gründungsgesellschaftern eines solch erfolgreichen Unternehmens. Aufgrund der Marktdominanz der Firma … besteht daher ein erhebliches Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht nur an diesem Unternehmen, sondern auch an den hinter der Firma stehenden Personen. Hinsichtlich des Fotos des Klägers zu 1) war zudem zu berücksichtigen, dass dieser selbst in der Öffentlichkeit als finanzieller Unterstützer der … und Stifter des Lehrstuhls … sowie als Rechtsanwalt auftritt. Im Rahmen der Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen überwiegen daher die Interessen der Beklagten an der Veröffentlichung
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8.2.3. Etwas anderes gilt jedoch im Hinblick auf den Kläger zu 2). Zwar ist auch hier das erhebliche Informationsinteresse der Öffentlichkeit aufgrund seiner Eigenschaft als Gründungsmitglied der Firma … zu berücksichtigen. Im Gegensatz zum Kläger zu 1) meidet der Kläger zu 2) jedoch bewusst die Öffentlichkeit. Selbst die Beklagte schreibt in ihrem Artikel, dass die Kläger die Öffentlichkeit scheuen und die Gesichter in Deutschland kaum jemand kenne. Auch vor dem Hintergrund, dass die Abbildung durch Abdrucken des Reisepasses einen straf- bzw. polizeilichen Charakter erhält, ist von einem überwiegenden Interesse des Klägers an der nicht Veröffentlichung auszugehen. Ein Bildnis der Zeitgeschichte liegt damit nicht vor, sodass die Veröffentlichung des Bildes ohne die Einwilligung des Klägers zu 2) unzulässig war.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 269 Abs. 3 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO bzgl. des Tenors zu 1 und im Übrigen – hinsichtlich des Kostenausspruchs – aus § 709 S. 2 ZPO.