Titel:
Keine urheberrechtliche Auskunfts- und Vergütungspflicht bei Vertrieb an Geschäftskunden
Normenketten:
UrhG § 54 ff., § 102
GG Art. 12 Abs. 1
BGB § 195, § 214
Leitsätze:
1. Zur urheberrechtlichen Auskunfts- und Vergütungspflicht für einen Distributor, der keine Geräte an Privatkunden, sondern nur an Geschäftskunden vertreibt. (Rn. 28 – 48) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Festsetzung einer Vergütung für Geräte in einem Gesamtvertrag kann insbesondere dann einen gewichtigen Anhaltspunkt für die Angemessenheit dieser Vergütung bieten, wenn die Verträge zwischen den Parteien oder unter Beteiligung einer der Parteien geschlossen worden sind. (Rn. 41 – 45) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Leistungen, Marke, Nachweis, Auskunft, Telekommunikation, Leasing, Urheberrecht, Feststellung, Zahlung, Kostenentscheidung, Verwertungsgesellschaft, Auskunftspflicht, Nutzung, Ausland, Bundesrepublik Deutschland, juristische Personen, eigene Zwecke
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 23.03.2023 – I ZR 139/22
Fundstelle:
GRUR-RS 2022, 47761
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren Auskunft über die Art (Marke, Typenbezeichnung) und Stückzahl der in der Bundesrepublik Deutschland im Zeitraum vom 01.01.2012 bis 31.12.2015 veräußerten oder in Verkehr gebrachten Tablets zu erteilen, anzugeben, welche dieser Tablets jeweils nachweislich von gewerblichen Endabnehmern erworben wurden, sowie im Falle des Bezuges in der Bundesrepublik Deutschland als Händler die Bezugsquelle (mit genauer Firmenbezeichnung und Adresse) zu benennen.
„Gewerbliche Endabnehmer“ im Sinne dieses Antrags sind Behörden, gewerbliche Endabnehmer und Endabnehmer, die Tablets aus Projektgeschäften erwerben, wie folgt:
- Behörden im Sinne dieses Antrags sind Behörden im Sinne von § 1 Abs. 4 VwVfG und juristische Personen des öffentlichen Rechts, die Tablets für eigene Zwecke und nicht zu dem Zweck erwerben, sie weiter zu veräußern oder in sonstiger Weise in den Verkehr zu bringen. Dieser Erwerbszweck muss nicht nachgewiesen werden und wird vermutet. Die Klägerin ist berechtigt, diese Vermutung zu widerlegen.
- Gewerbliche Endabnehmer im Sinne dieses Antrags sind
a) juristische Personen des privaten Rechts und rechtsfähige Personengesellschaften im Sinne von § 14 Abs. 2 BGB sowie
b) natürliche Personen, die Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG sind, denen durch das Bundeszentralamt für Steuern eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (nachfolgend USt-ID) erteilt wurde
und die Tablets für eigene unternehmensbezogene Zwecke und nicht zu dem Zweck erwerben, sie weiter zu veräußern oder in sonstiger Weise in den Verkehr zu bringen.
Als gewerbliche Endabnehmer gelten auch Konzernunternehmen, die Tablets für andere Unternehmen des Konzerns zentral erwerben sowie Unternehmen, die Tablets Dritten auf der Grundlage von Verträgen (z.B. Leasing, IT-Überlassung) zur Nutzung überlassen.
- Als Projektgeschäft im Sinne dieses Antrags gilt jede Veräußerung von Tablets durch einen Importeur oder Hersteller an einen Händler, wenn diese Tablets durch diesen oder einen weiteren Händler an eine Behörde oder einen gewerblichen Endabnehmer veräußert werden sollen, die / der dem Importeur oder Hersteller vor der Veräußerung an die Behörde oder an den gewerblichen Endabnehmer namentlich bekannt ist oder wird, und wenn der Importeur oder Hersteller mit einem der beteiligten Händler für diesen Fall eine Projektvereinbarung (auch formlos durch Austausch von Emails) trifft oder getroffen hat.
Die Beklagte kann den Nachweis für den Erwerb durch gewerbliche Endabnehmer für Tablets aus dem Zeitraum vom 01.01.2012 bis 31.12.2015 nach Abschnitt 4. D. des Gemeinsamen Tarifs der ZPÜ, VG Wort und VG Bild-Kunst über die Vergütung nach den §§ 54, 54a UrhG für Tablets vom 04.01.2016, veröffentlicht im B.zeiger vom 04.01.2016, und nachfolgend wiedergegeben als „Anlage zum Antrag zu Ziffer 1“, erbringen. Jedes Tablet, für das die Beklagte den Nachweis für den Erwerb durch gewerbliche Endabnehmer erbringt, gilt als „Business-Tablet“. Jedes Tablet, für das die Beklagte den Nachweis für den Erwerb durch gewerbliche Endabnehmer nicht erbringt, gilt als „Verbraucher-Tablet“.
Tablets im Sinne dieses Antrags sind wie folgt definiert:
a. Definition Ein Tablet im Sinne dieses Antrags ist ein tragbares Gerät zur elektronischen Datenverarbeitung, das kumulativ die folgenden Kriterien erfüllt:
(1) Es verfügt über ein integriertes berührungsempfindliches Farbdisplay mit einer Diagonale von mindestens 7 Zoll.
(2) Es verfügt über mindestens eine Schnittstelle zur Datenübertragung (z.B. USB, WLAN und/oder EDGE/ UMTS/ LTE).
(3) Es verfügt über eine netzunabhängige Stromversorgung (z.B. Akku), unabhängig davon, ob diese vom Nutzer ausgetauscht werden kann.
(4) Es verfügt nicht über eine mit dem Gerät untrennbar verbundene mechanische Tastatur.
Für die Einordnung als Tablet kommt es nicht darauf an, ob ein Gerät über eine Funktion verfügt, die es ermöglicht, über Mobilfunknetze drahtlos zu telefonieren.
b. Ausnahmen von der Vergütungspflicht
Nicht vergütungspflichtig sind:
(1) Tablets, die weder über eine eigenständige Funktion zur Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke und Leistungen gemäß § 53 Abs. 1 - 3 UrhG verfügen noch über einen eingebauten Speicher verfügen, auf den Vervielfältigungen gespeichert werden können.
(2) Tablets, die nicht über die Funktion zur Wiedergabe von urheberrechtlich geschützten Werken und Leistungen verfügen.
c. Ausnahmen von der Definition
Keine Tablets im Sinne dieses Antrags sind sogenannte „eReader“, deren Displays aufgrund ihrer Trägheit nicht dazu geeignet sind, bewegte Bilder (mindestens 24 Bilder pro Sekunde) wiederzugeben, sondern lediglich geeignet sind, stehenden Text und stehendes Bild anzuzeigen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, für jedes lt. Auskunft nach vorstehendem Antrag zu Ziffer 1 in der Bundesrepublik Deutschland veräußerte oder in Verkehr gebrachte Tablet wie folgt eine Vergütung an die Klägerin zu zahlen:
a) für jedes im Zeitraum vom 01.01.2012 bis 31.12.2012 veräußerte oder in Verkehr gebrachte
aa) Verbraucher-Tablet EUR 6,125 je Stück
bb) Business-Tablet EUR 2,45 je Stück
b) für jedes im Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2013 veräußerte oder in Verkehr gebrachte
aa) Verbraucher-Tablet EUR 6,125 als Vergütung je Stück
bb) Business-Tablet EUR 2,45 als Vergütung je Stück
c) für jedes im Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.12.2014 veräußerte oder in Verkehr gebrachte
aa) Verbraucher-Tablet EUR 7,4375 als Vergütung je Stück
bb) Business-Tablet EUR 2,975 als Vergütung je Stück
d) für jedes im Zeitraum vom 01.01.2015 bis 31.12.2015 veräußerte oder in Verkehr gebrachte
aa) Verbraucher-Tablet EUR 8,75 als Vergütung je Stück
bb) Business-Tablet EUR 3,50 als Vergütung je Stück
es sei denn, diese Geräte wurden von der Beklagten als Händlerin in der Bundesrepublik Deutschland bezogen oder die Beklagte weist nach, dass diese Geräte eindeutig anderen Verwendungen als der Anfertigung von Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG vorbehalten sind und dass mit Hilfe dieser Geräte allenfalls in geringem Umfang tatsächlich solche Vervielfältigungen angefertigt worden sind und nach dem normalen Gang der Dinge angefertigt werden.
3. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
4. Das Urteil ist in Ziff. 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,- EUR vorläufig vollstreckbar.
Anlage zum Antrag zu Ziffer 1
Tatbestand
1
Die Klägerin macht im Wege der Stufenklage urheberrechtliche Auskunfts- und Vergütungsansprüche gegen die Beklagte nach den §§ 54 ff. UrhG wegen des Veräußerns bzw. Inverkehrbringens von Tablets in der Zeit vom 01.01.2012 bis 31.12.2015 in Deutschland geltend.
2
Die Klägerin ist ein Zusammenschluss deutscher Verwertungsgesellschaften, die Ansprüche aus § 54 Abs. 1 UrhG wegen der Vervielfältigung von Audiowerken und audiovisuellen Werken herleiten können, wobei die Klägerin nach § 4 Ziff. 3 des Gesellschaftsvertrags (Anlage K 2) die ihr übertragenen Rechte im eigenen Namen wahrnimmt. Des Weiteren haben die Verwertungsgesellschaft WORT und die Verwertungsgesellschaft BILD-KUNST mit der Klägerin eine Abtretungsvereinbarung vom 13.09./14.09./10.10.2016 geschlossen, ausweislich derer Ansprüche aus den §§ 54 ff. UrhG für Vervielfältigungen von stehendem Text und stehendem Bild aus den Zeiträumen 01.01.2008 bis 30.06.2016 an die Klägerin abgetreten wurden (Anlage K 3).
3
Die Klägerin sowie die VG Wort und die VG Bild-Kunst haben am 01.12.2015 mit dem Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) einen „Gesamtvertrag zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht gemäß §§ 54 ff. UrhG für Tablets für die Zeit ab dem 01.01.2012“ abgeschlossen und die dort vereinbarten Vergütungssätze nach § 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 UrhWG im Bundesanzeiger vom 04.01.2016 als „Gemeinsamen Tarif der ZPÜ, VG-Wort und VG Bild-Kunst über die Vergütung nach den §§ 54, 54 UrhG für Tablets“ (Anlage K 6) veröffentlicht. Nach dem Tarif sind für „Verbraucher-Tablets“ i.S.v. Abschnitt 4 des Tarifs im Zeitraum vom 01.01.2012 bis 31.12.2013 6,125 EUR, im Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.12.2014 7,4375 EUR und ab dem 01.01.2015 8,75 EUR für jedes in Verkehr gebrachte Gerät zu entrichten. Für „Business-Tablets“ i.S. von Abschnitt 4 des Tarifs sind niedrigere Vergütungssätze vorgesehen, nämlich im Zeitraum vom 01.01.2012 bis 31.12.2013 2,45 EUR, im Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.12.2014 2,975 EUR und ab dem 01.01.2015 3,50 EUR.
4
Mit Schreiben vom 19.08.2015 (Anlage K 41) hat die Klägerin die Beklagte schriftlich zur Auskunftserteilung und Zahlung hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Produkte für das Jahr 2012 unter Fristsetzung bis zum 16.09.2015 aufgefordert. Mit weiterem Schreiben vom 26.07.2016 (Anlage K 42) hat die Klägerin die Beklagte schriftlich zur Auskunftserteilung und Zahlung hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Produkte für die Jahre 2013 bis 2015 unter Fristsetzung bis zum 23.08.2016 aufgefordert. Die Beklagte hat weder Auskunft noch Zahlung geleistet.
5
Daraufhin hat die Klägerin ein Verfahren vor der Schiedsstelle gegen die Beklagte eingeleitet (Az.: Sch-Urh 128/16). Mit Beschluss vom 17.05.2018 (Anlage K 1) hat die Schiedsstelle vom Erlass eines Einigungsvorschlags abgesehen.
6
Die Klägerin macht geltend, ihre Aktivlegitimation für die Geltendmachung von Auskunftsansprüchen ergebe sich aus §§ 48, 49 VGG, 54 h Abs. 1 UrhG i.V. m. dem als Anlage K 2 vorgelegten Gesellschaftsvertrag sowie den Wahrnehmungsverträgen der Verwertungsgesellschaften.
7
Die Beklagte sei passivlegitimiert, da sie die streitgegenständlichen Produkte im streitgegenständlichen Zeitraum im Bereich der Bundesrepublik Deutschland veräußert oder auf sonstige Weise in den Verkehr gebracht, diese also importiert und hergestellt, sie in Deutschland bezogen und mit ihnen gehandelt habe. Ausweislich der Homepage der Beklagten (Anlagenkonvolut K 4) bezeichne sich diese als „langjähriger Experte im Bereich der internationalen Distribution von Mobiltelefonen, Tablets und Zubehör“. Aus Händlerauskünften von Abnehmern der Beklagten (der Firmen C. I. T. GmbH, O. S. GmbH und W. GmbH, vgl. Anlagenkonvolut K 4) ergebe sich, dass diese – was unstreitig ist – im streitgegenständlichen Zeitraum zum Beispiel die Tablet-Modelle Samsung Galaxy Tab, Lenovo A 10 und ASUS Memopad 7 vertrieben habe, die nach dem Gemeinsamen Tarif für Tablets vom 04.01.2016 der Vergütungspflicht unterlägen.
8
Die von der Beklagten in Verkehr gebrachten Tablets seien nach § 54 UrhG vergütungspflichtig. Über diese in Verkehr gebrachten Geräte sei die Beklagte nach § 54 f UrhG antragsgemäß zur Auskunftserteilung verpflichtet.
9
Die Angemessenheit der streitgegenständlichen Vergütungen ergebe sich bereits aus dem mit dem B.K. e. V. geschlossenen Gesamtvertrag. Wie der Bundesgerichtshof mehrfach entschieden habe, biete die Festsetzung einer Vergütung für Geräte oder Speichermedien in einem Gesamtvertrag einen gewichtigen Anhaltspunkt für die Angemessenheit dieser Vergütung. Aufgrund der jeweiligen Interessenlage der beiden Gesamtvertragsparteien könne grundsätzlich vermutet werden, dass diese die gesetzlichen Vorgaben beachteten und nicht etwa eine Vergütung vereinbarten, die höher oder niedriger sei, als die sich nach den gesetzlichen Vorgaben ergebende Vergütung. Ergänzend könne Berücksichtigung finden, dass das DPMA in seiner Eigenschaft als Aufsichtsbehörde (§ 18 UrhWG/§ 75 VGG) den Tarif im Rahmen seiner Angemessenheitskontrolle (§§ 13, 19 UrhWG/39, 40, 76 VGG) nicht als unangemessen beanstandet habe. Hilfsweise ergebe sich die Angemessenheit der geforderten Vergütung auch aus dem Berechnungsmodell der Klägerin, wonach sich eine angemessene Vergütung für privat genutzte Tablets von 13,79 EUR und für geschäftlich genutzte Tablets von 11,77 EUR errechne (wie in der Klageschrift auf Seiten 54 ff. ausgeführt).
10
Die Klägerin beantragt zuletzt,
die Beklagte wie tenoriert zu verurteilen.
11
Die Beklagte beantragt,
12
Die Beklagte führt in Erwiderung auf die Klage aus, es bestünden erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die Regelungen der §§ 54 ff. UrhG. Die Verpflichtung zur Auskunft stelle einen nicht gerechtfertigten Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar und verletze daher Art. 14 GG, da die Beklagte verpflichtet werden solle, ihre Geschäftsbeziehungen offenzulegen. Die An- und Verkaufswege der Beklagten seien ein für sie elementares Geschäftsgeheimnis. Mit zahlreichen Geschäftspartnern seien vertragsstrafenbewährte Verschwiegenheitsklauseln vereinbart worden, gegen die die Beklagte bei Herausgabe der begehrten Auskünfte denknotwendig verstoße. Die Beklagte habe erhebliche Bedenken, dass die Auskünfte den Kreis der Gesellschafterinnen der Klägerin verließen. In diesem Fall habe sie mit erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen sowie einem Reputationsverlust zu rechnen.
13
Es bestünden auch elementare datenschutzrechtliche Bedenken gegen die Verpflichtung, Auskunft über die Vertriebswege zu erteilen. Die Auskunftsverpflichtung verstoße gegen die neue Datenschutzgrundverordnung, wobei die Regelungen der §§ 54 ff. UrhG im Lichte der DSGVO neu zu bewerten seien. Gegen die in Art. 6 Abs. 1 c) DSGVO normierte rechtliche Verpflichtung bestünden erhebliche Bedenken, da die §§ 54 ff. UrhG für nicht verfassungskonform gehalten würden.
14
Hinzu komme, dass die Regelungen der §§ 54 ff. UrhG dem deutschen Rechtssystem zuwiderliefen. Die in § 54 und § 54 b UrhG Genannten zahlten an Urheber und Leistungsschutzberechtigte einen Ausgleich des mutmaßlichen Schadens, den diese dadurch erlitten, dass Geräte für nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG zulässige Vervielfältigungen genutzt würden. Schon dies erschließe sich diesseits nicht, da es sich um zulässige Vervielfältigungen handele. Sofern von diesem Schaden auch rechtswidrige Vervielfältigungen umfasst seien, erschließe sich die Übernahme des mutmaßlichen Schadens durch die in §§ 54, 54 b UrhG Genannten noch weniger. Es sei systemfremd, einen Verkäufer mit einem durch Dritte verursachten mutmaßlichen Schaden zu belasten, von dem er nichts wisse, für den er nichts könne und den er auch nicht verhindern könne.
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Auch sei der Kreis der von der Auskunftsverpflichtung Betroffenen ausufernd groß. Neben den Herstellern seien auch Importeure und Händler betroffen, so dass die Regelung in einer Vertriebskette unter Umständen zahlreiche Händler wegen derselben Produkte betreffe. Eine solche Regelung führe nicht nur zu einer unnötigen Belastung der Händler, sie verstoße auch gegen das in der Verfassung verankerte Verhältnismäßigkeitsprinzip und sei weder erforderlich noch angemessen. Wenn der Gesetzgeber auf diesem von ihm gewählten Weg Urheberrechte schützen möge, solle er sich an die Hersteller halten.
16
Da die Beklagte als Distributor keine Geräte an Endkunden verkaufe, wisse sie nichts über die Identität des Endverbrauchers (siehe Anlagenkonvolut K 4). Sie könne daher auch nicht den Nachweis erbringen, dass es sich um „Business-Tablets“ handele. Es sei daher unbillig, der Beklagten eine Nachweispflicht bezüglich der Identität der Endabnehmer aufzubürden und im Falle des Nichtgelingens mit einer deutlich erhöhten Zahlung zu sanktionieren.
17
Die Angemessenheit der im Feststellungsantrag zu Ziff. 2 genannten Beträge werde bestritten. Die Beklagte habe mit der Klägerin keinerlei Vereinbarung über Vergütungssätze geschlossen, so dass es der Klägerin obliege, die Angemessenheit nachzuweisen.
18
Hinsichtlich des Feststellungsantrags berücksichtige die Klägerin nicht, dass die Beklagte Geräte im Inland einkaufe und ins Ausland verkaufe, so dass für diese Geräte gemäß § 54 Abs. 2 UrhG keine Vergütung zu zahlen sei. Nachdem für die von der Beklagten gekauften Geräte häufig bereits die entsprechende Vergütung abgeführt worden sei, entstünden der Beklagten hierdurch Erstattungsansprüche gegen die Klägerin in erheblicher Höhe, mit denen gegebenenfalls die Aufrechnung zu erklären sei. Zudem finde der Umstand, dass auch Kunden der Beklagten Tablets ins Ausland verkauften, keinen Niederschlag im Feststellungsantrag. In diesem Fall sei die Vergütung per lege nicht zu zahlen (siehe § 54 Abs. 2 UrhG), die Klägerin verlange jedoch dennoch, eine entsprechende Zahlungsverpflichtung der Beklagten festzustellen.
19
Rein vorsorglich werde die Einrede der Verjährung erhoben.
20
Die Klägerin hat hierauf mit Schriftsätzen vom 10.05.2019 und vom 20.06.2020, auf die inhaltlich Bezug genommen wird, erwidert.
21
Mit Schriftsatz vom 26.05.2022 hat die Beklagte ergänzende Ausführungen gemacht, die sie sich gegen die Höhe der geltend gemachten Vergütung richten. Hierzu hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 17.06.2022 Stellung genommen. Auf die jeweiligen Schriftsätze wird inhaltlich Bezug genommen.
22
Ergänzend wird auf die von den Prozessbevollmächtigten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 02.06.2022 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
23
Die in erster Stufe gestellten klägerischen Anträge auf Auskünfte (Ziff. 1.) und Feststellung der Vergütungszahlungspflicht (Ziff. 2.) sind zulässig und begründet.
24
Die Klageanträge sind zulässig.
25
1. Gemäß § 129 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 Nr. 2 VGG ist der Senat zur Entscheidung über den klägerseits geltend gemachten Anspruch auf Auskunftserteilung und Feststellung der Vergütungspflicht nach Maßgabe der §§ 54 ff. UrhG hinsichtlich der von der Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum in Deutschland veräußerten oder in Verkehr gebrachten Tablets berufen.
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2. Die in § 128 Abs. 1 VGG normierte Prozessvoraussetzung der vorherigen Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens bei Streitfällen nach § 92 Abs. 1 und 2 VGG (hier: § 92 Abs. 1 Nr. 2 VGG) ist vorliegend erfüllt. Im Streitfall hat die Klägerin mit Antrag vom 22.12.2016 ein Verfahren vor der Schiedsstelle gegen die Beklagte eingeleitet (Az.: Sch-Urh 128/16). Mit Beschluss vom 17.05.2018 (Anlage K 1) hat die Schiedsstelle gemäß § 109 Abs. 2 VGG vom Erlass eines Einigungsvorschlags abgesehen, nachdem sie die fehlende Einlassung der Beklagten als Nichtbestreiten der Anwendbarkeit und Angemessenheit des Tarifs gewertet hat (vgl. Beschluss vom 17.05.2018, Anlage K 1, Seiten 11/12).
27
3. Für den Feststellungsantrag (Antrag zu Ziff. 2.) besteht gemäß § 256 Abs. 2 ZPO in Bezug auf die geltend gemachten Vergütungsansprüche ein Feststellungsinteresse, nachdem allein durch die Entscheidung in der Auskunftsstufe keine innerprozessuale Bindungswirkung oder materielle Rechtskraft in Bezug auf das zugrunde liegende Rechtsverhältnis für den auf letzter Stufe verfolgten Zahlungsanspruch erzeugt wird, wie der Senat in ständiger Rechtsprechung unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH vom 27.11.1998, Az. V ZR 180/97 (ZIP 1999, 447 juris Rn. 6) und mit Billigung des BGH ausgesprochen hat.
28
Die Klageanträge (zu Ziff. 1. und 2.) auf Auskunft und Feststellung der Vergütungspflicht sind begründet.
29
Die Klägerin kann gegenüber der Beklagten gem. §§ 54 ff. UrhG die geltend gemachten Auskünfte und die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung der begehrten Vergütungssätze für die im Zeitraum vom 01.01.2012 bis 31.12.2015 in der Bundesrepublik Deutschland veräußerten oder in Verkehr gebrachten Tablets verlangen.
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1. Die Klägerin ist als Inkassogesellschaft und Zusammenschluss von gemäß §§ 54 h Abs. 1 UrhG, 48, 49 VGG wahrnehmungsberechtigten Verwertungsgesellschaften in Gestalt einer abhängigen Verwertungseinrichtung im Sinne von § 3 VGG berechtigt, die gegenständlichen Ansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der Vergütungspflicht geltend zu machen, wie vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung bestätigt (vgl. z.B. BGH GRUR 2017, 684 Rn. 21 – externe Festplatten; BGH GRUR 2012, 705 Rn. 19 – PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät). Nach § 4 Ziff. 3 des Gesellschaftsvertrages (Anlage K 2) nimmt die Klägerin die ihr übertragenen Rechte im eigenen Namen wahr. Soweit die Klägerin außerdem Ansprüche nach den §§ 54 ff. UrhG für Vervielfältigungen von stehendem Text und stehendem Bild geltend macht, hat sie (unbestritten) dargetan, dass ihr diese Ansprüche von der Verwertungsgesellschaft WORT und der Verwertungsgesellschaft BILD-KUNST mit Abtretungsvereinbarung vom 13.09./14.09./10.10.2016 (Anlage K 3) abgetreten wurden (§ 398 BGB).
31
2. Die Beklagte hat im streitgegenständlichen Zeitraum nach dem insoweit nicht bestrittenen Klagevortrag Tablets verschiedener Marken und Hersteller in Deutschland angeboten und vertrieben (vgl. auch Anlagenkonvolut K 4), so dass sie gem. §§ 54 b, 54 f UrhG passivlegitimiert ist.
32
Soweit die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vom 22.03.2019 (Seite 4) geltend macht, dass sie oder ihre Abnehmer Geräte auch ins Ausland verkauft hätten, mit der Folge, dass insoweit nach § 54 Abs. 2 UrhG die Vergütungspflicht entfalle bzw. ggf. aufrechenbare Rückforderungsansprüche bestünden, ist aufgrund dieses lediglich pauschalen Vorbringens ein Wegfall der Vergütungspflicht nach § 54 Abs. 2 UrhG nicht festzustellen. Im Übrigen richtet sich die aus § 54 f Abs. 1 UrhG resultierende Verpflichtung der Beklagten antragsgemäß lediglich auf Auskunft über Art und Stückzahl der in Deutschland veräußerten oder in Verkehr gebrachten Geräte (wie in Ziff. 1. beantragt). Ebenso besteht eine Vergütungspflicht der Beklagten dem Grunde nach – wie mit Ziff. 2. beantragt – nur für die laut Auskunft in der Bundesrepublik Deutschland veräußerten Tablets (wobei streitgegenständlich Zahlungsansprüche nicht für solche Geräte geltend gemacht werden, die von der Beklagten als Händlerin in der Bundesrepublik Deutschland bezogen wurden, vgl. Klageantrag zu Ziff. 2. am Ende sowie Klageschrift Seite 42 letzter Abs.).
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3. Ist nach der Art eines Werkes zu erwarten, dass es nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG (in der bis zum 28.02.2018 gültigen Fassung) vervielfältigt wird, so hat der Urheber des Werkes nach § 54 Abs. 1 UrhG (in der bis zum 28.02.2018 gültigen Fassung) gegen den Hersteller und nach § 54 b Abs. 1 UrhG gegen den Importeur und den Händler von Geräten und Speichermedien, deren Typ alleine oder in Verbindung mit anderen Geräten, Speichermedien oder Zubehör zur Vornahme solcher Vervielfältigungen benutzt wird, Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung. Nach § 54 f Abs. 1 und 2 UrhG kann der Urheber von den nach §§ 54, 54 b UrhG zur Zahlung der Vergütung Verpflichteten Auskunft über Art und Stückzahl der im Geltungsbereich dieses Gesetzes veräußerten oder in Verkehr gebrachten Geräte und Speichermedien verlangen, wobei sich die Auskunftspflicht des Händlers auch auf die Benennung der Bezugsquellen erstreckt.
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Bei den verfahrensgegenständlichen Tablets handelt es sich um Typen von Geräten, die nach den Bestimmungen der §§ 54 Abs. 1, 53 Abs. 1 bis 3 UrhG vergütungspflichtig sind. Sie werden, was auch die Beklagte nicht in Abrede stellt, zur Vervielfältigung von Audiowerken und audiovisuellen Werken, aber auch zur Vervielfältigung von stehendem Text und Bild zum privaten Gebrauch genutzt (vgl. bereits Senat Urt. v. 10.07.2020 – 6 Sch 44/18 VVG, GRUR-RR 2021, 101 Rn. 19 – Tablets).
35
4. Die von der Beklagten gegen die Auskunftspflicht nach § 54 f UrhG angeführten verfassungsmäßigen Bedenken im Hinblick auf das aus Art. 14 Abs. 1 GG folgende Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb teilt der Senat nicht. Auch der Bundesgerichtshof hat in der Vergangenheit in der Geltendmachung der Auskunfts- und Zahlungsansprüche durch die Verwertungsgesellschaften auf der Grundlage der Vorschriften der §§ 54 ff. UrhG keinen Grundrechtsverstoß gesehen. Insoweit steht hier der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und dem Eigentumsschutz (Art. 14 Abs. 1 GG) der abgabepflichtigen Gerätehersteller, Händler und Importeure das Eigentumsrecht der Urheber gegenüber (Art. 14 Abs. 1 GG). Die vermögenswerten Befugnisse des Urhebers an seinem Werk sind Eigentum i. S. des Art. 14 GG, wobei das Urheberrecht als vermögenswertes Recht – ebenso wie das Sacheigentum – der Ausgestaltung durch die Rechtsordnung bedarf (BVerfG, NJW 1992, 1303, 1305,1306). In der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass es zulässig ist, den unmittelbar nur schwer zu erfassenden privaten Nutzer fremder Urheberleistung mittelbar dadurch zu belasten, dass die zur Herstellung privater Kopien erforderlichen Industrieprodukte mit (abzuwälzenden) Abgaben belegt werden (BVerfG a.a.O.; BVerfG GRUR 1997, 124 – Kopierladen II). Vor diesem Hintergrund stellt sich die in § 54 f UrhG geregelte Auskunftspflicht der Hersteller, Händler und Importeure, die der Durchsetzung der Vergütungsansprüche der Urheber dienen soll, im Lichte des Art. 14 Abs. 1 GG als verhältnismäßig dar (vgl. auch BVerfG, a.a.O. – Kopierladen II). Insbesondere umfasst die gesetzliche Auskunftspflicht die Preisgabe von Vertriebspartnern allenfalls dann, wenn im Rahmen von Händlerauskünften die Bezugsquellen anzugeben sind, vgl. § 54 f Abs. 1 S. 2 UrhG. Weiterhin hat der Gesetzgeber ausdrücklich in § 54 h Abs. 5 UrhG geregelt, dass die Verwertungsgesellschaften die beauskunfteten Angaben nur bestimmungsgemäß verwenden dürfen, also lediglich zur Geltendmachung ihrer gesetzlichen Vergütungs-, Auskunfts- bzw. Kontrollansprüche. Wird diese Geheimhaltungspflicht schuldhaft verletzt, kann dies Schadensersatzansprüche auslösen (vgl. BR-Drs. 218/94, 30; BeckOK UrhR/Grübler, 33. Ed. 15.01.2022, UrhG § 54 h Rn. 10). Der Missbrauch derartiger Informationen durch einen Mitarbeiter einer Verwertungsgesellschaft kann auch nach § 17 UWG a.F./ § 23 GeschGehG strafbar sein, wenn die vom Hersteller oder Importeur gemachten Angaben gleichzeitig ein Geschäftsgeheimnis der Verwertungsgesellschaft darstellen (vgl. BR-Drs. 218/94, 30; BeckOK a.a.O., Rn. 10; Dreier/Schulze, 7. Aufl. 2022, UrhG § 54h Rn. 8). Auch soweit sich die Auskunftspflicht gem. §§ 54 f, 54 b UrhG auf Importeure und Händler erstreckt, stellt sich dies nicht als unverhältnismäßig dar, vielmehr dient dies einer möglichst lückenlosen Erfassung der Vergütungsschuldner.
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5. Soweit die Beklagte einen Verstoß der Auskunftspflicht gem. § 54 f Abs. 1 UrhG gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) behauptet, ist in ihrem Fall schon nicht dargetan, dass personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DSGVO inmitten stehen, nämlich Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Ungeachtet dessen ist nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 c) DSGVO die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig, wenn sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist, der der Verantwortliche unterliegt, hier also der Erfüllung der Auskunftspflicht nach § 54 f UrhG. Im Übrigen ist auf Art. 6 Abs. 1 S. 1 f) DSGVO zu verweisen, nachdem vorliegend das Auskunftsinteresse der Urheber die Interessen der Betroffenen überwiegt, zumal es sich nicht um höchstpersönliche Daten handeln würde und das Geheimhaltungsinteresse des Auskunftsverpflichteten wie auch etwa betroffener Personen durch § 54 h Abs. 5 UrhG hinreichend geschützt wird (s.a. OLG München, GRUR-RR 2019, 137 Rn. 30 – Vertragshändlervertrag).
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6. Die in §§ 54, 54 b UrhG geregelte Vergütungspflicht als Ausgleich des mutmaßlichen Schadens, den die Urheber dadurch erleiden, dass Geräte für nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG zulässige Vervielfältigungen genutzt werden, dient der Umsetzung von Art. 5 Abs. 2 b) der Europäischen InfoSoc-RL (2009/29/EG) und stellt sich entgegen den Ausführungen der Beklagten nicht als systemfremd dar. Dies gilt auch, soweit § 53 Abs. 1 UrhG eine Legalisierung nicht offensichtlich rechtswidriger Vervielfältigungen umfasst. Soweit die Beklagte geltend macht, es sei systemfremd, einen Verkäufer mit einem durch Dritte verursachten mutmaßlichen Schaden zu belasten, ist auf die Rechtsprechung des EuGH zu verweisen, wonach es zulässig ist, die Nutzer von Vervielfältigungsgeräten oder Trägermaterial nicht unmittelbar mit der Vergütung zu belasten, sondern diese Vergütung von den Personen zu fordern, die den Nutzern die Vervielfältigungsgeräte zur Verfügung stellen, da sie die Möglichkeit haben, diese Belastung über den Preis für die jeweiligen Geräte auf die Nutzer abzuwälzen, wobei diese Abgabe letztendlich vom privaten Nutzer getragen wird, der diesen Preis zahlt (EuGH GRUR 2011, 50 Rn. 43 bis 49 – Padawan/SGAE; EuGH GRUR 2011, 909 Rn. 23- 28 – Stichting/Opus; EuGH GRUR 2014, 546 Rn. 52 – ACI Adam ua/Thuiskopie und SONT; s.a. BGH GRUR 2014, 984 Rn. 54 – PC III).
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7. Der Einwand der Beklagten, wonach es unbillig sei, ihr als Distributorin, die keine Geräte an Endkunden verkaufe, eine Nachweispflicht bezüglich der Identität der Endabnehmer von „Business-Geräten“ aufzubürden und im Falle des Nichtgelingens mit einer deutlich erhöhten Zahlung zu sanktionieren, verfängt nicht.
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a) Grundsätzlich führt der Umstand, dass die Geräte an gewerbliche Abnehmer vertrieben werden, nicht aus der gesetzlichen Auskunfts- und Vergütungspflicht nach §§ 54 Abs. 1, 54 b Abs. 1, 54 f Abs. 1 UrhG heraus. Wie der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, besteht auch bei einer Überlassung von Geräten an Geschäftskunden, eine – widerlegbare – Vermutung, dass mit diesen tatsächlich Vervielfältigungen im Sinne des § 54 Abs. 1 UrhG vorgenommen werden. Zur Begründung der Vergütungspflicht genügt es insoweit, wenn die Nutzung der Vervielfältigungsfunktion zur Anfertigung von Privatkopien möglich und nach der allgemeinen Lebenserfahrung wahrscheinlich ist, mag diese Funktion für den konkreten Nutzer auch von untergeordneter Bedeutung sein (st. Rspr. vgl. BGH Urt. v. 14.12.2017 – I ZR 54/15, BeckRS 2017, 140852 Rn. 46; BGH GRUR 2012, 705 Rn. 28 ff. – PC als Bild- und Tonaufzeichungsgerät; BGH Urt. vom 21.07.2016, Az.: I ZR 259/14, Rn. 39 juris; BGH GRUR 2017, 702 Rn. 54 ff. – PC mit Festplatte I; BGH GRUR 2017, 716 – PC mit Festplatte II; BGH BeckRS 2017, 111499 Rn. 53 ff. – Toughbooks). Das Eingreifen einer widerlegbaren Vermutung für eine vergütungspflichtige Nutzung von Geräten, die zur Anfertigung von Privatkopien geeignet und bestimmt sind, ist danach auch dann gerechtfertigt, wenn sie einem gewerblichen Abnehmer oder einem Zwischenhändler überlassen werden (BGH GRUR 2017, 702 Rn. 56 – PC mit Festplatte I, m.w.N.; BGH Urt. v. 14.12.2017 – I ZR 54/15, BeckRS 2017, 140852 Rn. 33; BGH GRUR 2012, 705, Rn. 39 – PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät). Die hiernach auch bei einer Überlassung eines zur Anfertigung von Privatkopien geeigneten und bestimmten Gerätes an gewerbliche Abnehmer gerechtfertigte Vermutung für eine vergütungspflichtige, nicht eindeutig anderen Zwecken als der Anfertigung von Kopien zum Privatgebrauch vorbehaltene Nutzung kann durch den Nachweis entkräftet werden, dass mithilfe dieser Geräte allenfalls in geringem Umfang tatsächlich Vervielfältigungen nach § 53 Abs. 1 und 2 UrhG angefertigt worden sind oder nach dem normalen Gang der Dinge angefertigt werden (vgl. BGH GRUR 2012, 705 Rn. 33 – PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät; BGH GRUR 2014, 984 Rn. 53 – PC III; BGH GRUR 2017, 702, Rn. 58 – PC mit Festplatte I). Letztlich ist die bei einem Inverkehrbringen der Geräte an gewerbliche Abnehmer regelmäßig anzunehmende widerlegliche Vermutung einer Nutzung auch zur Anfertigung von Privatkopien unmittelbarer Ausfluss der Konzeption des Gesetzes, wonach die technische Eignung und die erkennbare Zweckbestimmung eines Produkts zur Anfertigung von Privatkopien grundsätzlich die Vergütungspflicht nach sich zieht, es sei denn, dass nach den Umständen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann, dass die Geräte oder Speichermedien nicht zu Vervielfältigungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes benutzt werden, vgl. § 54 Abs. 2 UrhG, was vom Vergütungsschuldner darzulegen und ggf. nachzuweisen ist. Dabei darf dem Vergütungsschuldner nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann der Nachweis abverlangt werden, dass die in Verkehr gebrachten Geräte und Speichermedien nicht zur Vervielfältigung zum Privatgebrauch verwendet worden sind, wenn sie nicht wissen, ob es sich bei den Endabnehmern um gewerbliche oder private Kunden handelt (BGH GRUR 2017, 172 Rn. 96 – Musik-Handy; BGH Urt. v. 14.12.2017 – I ZR 54/15, BeckRS 2017, 140852 Rn. 37). Nichts anderes gilt für den Nachweis, dass ein an einen gewerblichen Abnehmer geliefertes Gerät eindeutig anderen Zwecken als der Anfertigung von Privatkopien vorbehalten ist (BGH GRUR 2017, 702 Rn. 60 – PC mit Festplatte I; BGH a.a.O., BeckRS 2017, 140852 Rn. 37).
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b) Entsprechendes hat im vorliegenden Fall zu gelten, wenn es um den Nachweis für das Vorliegen der Voraussetzungen für eine von der Klägerin bezüglich „Business-Geräten“ i.S. von Abschnitt 4 des Tarifs geforderte, am Gesamtvertrag orientierte reduzierte Vergütung geht. Denn ausgehend von den oben unter a) dargelegten Grundsätzen ist eine Vergütung grundsätzlich auch für „Business-Geräte“ geschuldet. Soweit sich die Höhe der angemessenen Vergütung – wie nachstehend unter Ziff. 8. noch näher auszuführen sein wird – an dem mit dem B.K. e. V. geschlossenen Gesamtvertrag für Tablets orientiert und danach für die näher definierten „Business-Geräte“ niedriger ausfällt als für „Verbraucher-Tablets“, obliegt es der Beklagten, den Nachweis für das Vorliegen der Voraussetzungen einer tariflich vorgesehenen reduzierten Vergütung für „Business-Tablets“ zu erbringen.
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8. Die Höhe der angemessenen Vergütung ist gem. § 54 a UrhG nach dem Maß der tatsächlichen Nutzung der Geräte und Speichermedien für vergütungspflichtige Vervielfältigungen zu bemessen. Die nach § 54 Abs. 1 UrhG geschuldete Vergütung entspricht der Höhe des Schadens, den Urheber und Leistungsschutzberechtigte dadurch erleiden, dass das jeweilige Gerät oder Speichermedium als Typ ohne ihre Erlaubnis tatsächlich für nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG zulässige Vervielfältigungen genutzt wird. Zum Ausgleich dieses Schadens ist grundsätzlich die angemessene Vergütung zu zahlen, die die Nutzer hätten entrichten müssen, wenn sie die Erlaubnis für die Vervielfältigungen eingeholt hätten (st. Rspr. vgl. BGH GRUR 2016, 792 Rn. 30 bis 41 – Gesamtvertrag Unterhaltungselektronik; BGH GRUR 2017, 161 Rn. 38 bis 48 – Gesamtvertrag Speichermedien; siehe auch EuGH GRUR Int. 2016, 1066 Rn. 26 – Microsoftu.a./MIBAC u.a.).
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Die Klägerin macht im Streitfall mit ihren Feststellungsanträgen Vergütungssätze entsprechend des gemeinsamen Tarifs vom 04.01.2016 geltend, der auf der Grundlage des von der Klägerin, der VG WORT und der VG BILD-KUNST mit dem BITKOM e. V. geschlossenen Gesamtvertrags zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht gemäß §§ 54 ff. UrhG für Tablets für die Zeit ab dem 01.01.2012 ergangen ist. Zur Begründung verweist die Klägerin zutreffend darauf, dass den gesamtvertraglich vereinbarten Vergütungssätzen eine besondere Indizwirkung für deren Angemessenheit zukommt (st Rspr. des Senats, vgl. Urt. vom 14.03.2019, 6 Sch 10/15 VVG, GRUR-RS 2019, 37848 Rn. 70 bis 77; Urt. vom 10.07.2020, 6 Sch 44/18 VVG, GRUR-RR 2021, 101 Rn. 20 ff. – Tablets; Urt. vom 13.02.2020, 6 Sch 1/18 VVG, Seite 212/213). Wie auch der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung annimmt, kann die Festsetzung einer Vergütung für Geräte oder Speichermedien in einem Gesamtvertrag einen gewichtigen Anhaltspunkt für die Angemessenheit dieser Vergütung bieten, insbesondere, wenn diese Verträge zwischen den Parteien oder unter Beteiligung einer der Parteien – im Streitfall der Klägerin – geschlossen worden sind (vgl. BGH Beschluss vom 04.11.2021 – I ZR 138/20, GRUR-RS 2021, 45655 Rn. 22; BGH GRUR 2021, 604 Rn. 20 ff. – Gesamtvertragsnachlass; BGH Urt. v. 01.04.2021 – I ZR 45/20, GRUR-RS 2021, 17750 Rn. 36 – Gesamtvertrag USB-Sticks und Speicherkarten; BGH Urt. v. 16.03.2017 – I ZR 152/15, IBRRS 2018, 0619 Rn. 38; BGH GRUR 2013, 1220 Rn. 20 – Gesamtvertrag Hochschul-Intranet; BGH GRUR 2017, 694 Rn. 58 – Gesamtvertrag PCs). Dabei legt der Bundesgerichtshof die Vermutung zugrunde, dass eine gesamtvertraglich vereinbarte Vergütung eher der angemessenen Vergütung iSv § 54a UrhG entspricht, als eine Vergütungsberechnung auf Basis empirischer Studien (BGH Urt. v. 16.03.2017 – I ZR 152/15 a.a.O. Rn. 40; BGH a.a.O. Rn. 60 – Gesamtvertrag PCs). Diese Indizwirkung kann auch im hier vorliegenden Fall einer als „Außenseiterin“ nicht an dem Gesamtvertragsverfahren beteiligten Beklagtenpartei angenommen werden (vgl. BGH Beschluss vom 04.11.2021 – I ZR 138/20, a.a.O., Rn. 24; BGH a.a.O., Rn. 20 ff. – Gesamtvertragsnachlass). Die indizielle Wirkung vereinbarter Gesamtverträge knüpft an den Umstand an, dass ein im Wege privatautonomer Verhandlungen zwischen sachkundigen Verhandlungspartnern erzieltes Vertragsergebnis ein angemessenes Abbild des den Urheberrechtsinhabern durch die in § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG genannten Nutzungen tatsächlich entstehenden Schadens darstellt (BGH a.a.O. Rn. 22 – Gesamtvertragsnachlass).
43
Der hier maßgebliche Gesamtvertrag für Tablets wurde unter Beteiligung der Klägerin mit dem B.K. e. V. mit Wirkung für die hier streitgegenständlichen Zeiträume geschlossen, so dass die darin festgelegten Vergütungssätze indiziell für die vorliegend zu bestimmende angemessene Vergütung nach § 54 a UrhG sind (so auch bereits Senat, Urt. vom 10.07.2020, 6 Sch 44/18 VVG, GRUR-RR 2021, 101 Rn. 20 ff. – Tablets; bestätigt durch BGH Beschluss vom 04.11.2021 – I ZR 138/20, GRUR-RS 2021, 45655 Rn. 22 ff.). Bei den Parteien des Gesamtvertrags handelt es sich um branchen- und sachkundige Akteure mit hoher Marktabdeckung, so dass unterstellt werden kann, dass die widerstreitenden Belange der Urheber einerseits und der Nutzer andererseits in das gewonnene Ergebnis umfassend Eingang gefunden haben. Überdies waren dem B.K. e. V. nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Klägerin (vgl. Schriftsatz vom 23.06.2020, Seite 16 Rn. 54 bis 56) die Ergebnisse der von der Schiedsstelle veranlassten sog. TNS-Studie 2015 wie auch der von der Klägerin im Jahr 2011 in Auftrag gegebenen TNS-Studie bekannt (s.a. Anlage K 46, Seite 2, 2. Abs.), so dass davon auszugehen ist, dass gerade auch das empirisch ermittelte Nutzerverhalten in die Festlegung der Vergütungssätze eingeflossen ist. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Schiedsstelle nach ihrem Berechnungsmodell in einem früheren Einigungsvorschlag (vorgelegt als Anlage B 2) zu abweichenden Vergütungssätzen gelangt ist (vgl. BGH Beschluss vom 04.11.2021 – I ZR 138/20, GRUR-RS 2021, 45655 Rn. 26), zumal die Beklagte sich lediglich pauschal auf die niedrigeren Vergütungssätze dieses Berechnungsmodells beruft, ohne konkret darzulegen, dass und inwiefern einzelne Gesichtspunkte, die für die Bewertung des den Urhebern durch die Ermöglichung rechtmäßiger Privatkopien entstehenden Nachteils von Bedeutung sind, bei Zugrundelegung der Indizwirkung des Gesamtvertrags keinen Niederschlag gefunden hätten (siehe bereits Senat, a.a.O., GRUR-RR 2021, 101 Rn. 23 – Tablets). Schließlich hat auch das DPMA als Aufsichtsbehörde (§ 18 UrhWG, § 75 VGG) den ihm vorgelegten Tarif unbeanstandet gelassen, was – selbst wenn die Angemessenheitskontrolle der Aufsichtsbehörde auf Fälle grober Unangemessenheit beschränkt ist – bei der Bestimmung der angemessenen Vergütungshöhe im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung ebenfalls Berücksichtigung finden kann (BGH Beschluss vom 04.11.2021 – I ZR 138/20, GRUR-RS 2021, 45655 Rn. 27).
44
Die Indizwirkung der Angemessenheit der gesamtvertraglichen Vergütungssätze, die nicht einseitig von den Verwertungsgesellschaften vorgegeben wurden, sondern unter Berücksichtigung und Einbringung der Belange der in den vertragsschließenden Verbänden organisierten Vergütungspflichtigen ausgehandelt und beidseitig vereinbart wurden, wurde im Streitfall seitens der insoweit für die Unangemessenheit der geltend gemachten tariflichen Vergütung darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten (vgl. BGH Beschluss vom 04.11.2021 – I ZR 138/20, GRUR-RS 2021, 45655 Rn. 29) nicht widerlegt. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der BITKOM e. V. sich gesamtvertraglich auf unangemessene Bedingungen in Form zu hoher Vergütungssätze eingelassen hätte. Tatsächliche Umstände, die geeignet sein könnten, die Indizwirkung der Angemessenheit der gesamtvertraglich festgelegten Vergütungssätze vorliegend zu entkräften, trägt die Beklagte nicht vor.
45
Da nach dem Vorstehenden zur Bemessung der Vergütungshöhe dem Begehren der Klägerin folgend auf diejenigen Vergütungssätze entsprechend des gemeinsamen Tarifs vom 04.01.2016 (Anlage K 6), ergangen auf der Grundlage des von der Klägerin, der VG WORT und der VG BILD-KUNST mit dem B.K. geschlossenen Gesamtvertrags, abzustellen ist, stellt sich die Frage, ob das Vergütungsmodell der Klägerin – auf welches diese sich hilfsweise berufen hat – geeignet ist, nach § 54 a Abs. 1 UrhG das Maß abzubilden, in dem die Geräte und Speichermedien als Typen tatsächlich für Vervielfältigungen nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG genutzt werden, im Streitfall nicht.
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9. Ausgehend hiervon kann die Klägerin gemäß dem Feststellungsantrag zu Ziff. 2. für die von der Beklagten entsprechend ihrer Auskunft in Deutschland in den Verkehr gebrachten Tablets Vergütungen für die Jahre 2012 und 2013 für „Verbraucher-Tablets“ in Höhe von jeweils 6,125 EUR und für „Business-Tablets“ in Höhe von jeweils 2,45 EUR, für das Jahr 2014 für „Verbraucher-Tablets“ in Höhe von jeweils 7,4375 EUR und für „Business-Tablets“ in Höhe von jeweils 2,975 EUR sowie für das Jahr 2015 für „Verbraucher-Tablets“ in Höhe von jeweils 8,75 EUR und für „Business-Tablets“ in Höhe von jeweils 3,50 EUR verlangen.
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Entgegen der Ansicht der Beklagten sind diese Vergütungssätze nicht jeweils um 20 Prozent – entsprechend des den beitretenden Unternehmen des Gesamtvertrags gewährten Gesamtvertragsnachlasses – zu reduzieren. Derartige Nachlässe sollen den mit einem Gesamtvertrag verbundenen Vorteilen der Reduzierung des Verwaltungsaufwands, der Vereinfachung des Inkassos und der Ersparnis von Kontrollaufwendungen sowie der Gewinnung von Rechtssicherheit Rechnung tragen, haben aber keinen Einfluss auf die von einzelnen Herstellern, Importeuren oder Händlern, die dem Gesamtvertrag nicht beigetreten sind, nach § 54 a UrhG geschuldete angemessene Vergütung (vgl. BGH GRUR 2021, 604 Rn. 31 – Gesamtvertragsnachlass; Dreier/Schulze/Raue, 7. Aufl. 2022, VGG § 35 Rn. 6).
48
10. Der Beklagten muss es allerdings gestattet sein, nachzuweisen, dass die von ihr in Verkehr gebrachten Geräte nicht zur Herstellung von Privatkopien verwendet worden sind. Daher war – antragsgemäß – eine Verpflichtung zur Zahlung der Vergütung nur hinsichtlich derjenigen Geräte festzustellen, die nicht zu eindeutig anderen Zwecken als der Anfertigung von Privatkopien i.S.v. § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG veräußert worden sind (vgl. BGH, ZUM-RD 2017, 262; BGH, GRUR 2017, 172 Rn. 104 -106 – Musik-Handy; BGH GRUR-RR 2017, 486 Rn. 23 – USB-Sticks).
49
11. Die seitens der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung (§ 214 BGB) greift nicht durch.
50
Gemäß §§ 102 UrhG, 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist für Vergütungsansprüche nach §§ 54 ff. UrhG drei Jahre. Über die streitgegenständlichen Ansprüche aus dem Jahr 2012 haben die Parteien eine Vereinbarung über die Verlängerung der Verjährungsfrist bis zum 31.12.2018 abgeschlossen (vgl. Vereinbarung vom 21.08./26.08.2015, Anlage K 43). Die Einleitung des Schiedsstellenverfahrens durch die Klägerin erfolgte mit Antrag vom 22.12.2016 (Anlage K 44), welcher an die Beklagte am 06.01.2017 – und somit „demnächst“ i.S.v. § 204 Abs. 1 Nr. 4 a) BGB – bekannt gegeben worden ist, womit die Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 4 a) BGB gehemmt wurde. Die durch die Einreichung des Schiedsstellenantrags bewirkte Verjährungshemmung endet gem. § 204 Abs. 1 Nr. 4 a), Abs. 2 Satz 1 BGB sechs Monate nach der Beendigung des eingeleiteten Schiedsstellenverfahrens. Der Beschluss der Schiedsstelle erging am 17.05.2018 (Az. 6 Sch-Urh 128/16; Anlage K 1) und wurde der Klägerin mit Schreiben vom 30.05.2018 (Anlage K 45) am 04.06.2018 zugestellt. Die Klageschrift vom 14.11.2018 wurde am 16.11.2018, also binnen 6 Monaten nach Beendigung des Schiedsstellenverfahrens, bei Gericht eingereicht und der Beklagten (nach Einzahlung des Vorschusses am 05.12.2018) am 28.12.2018 – und somit „demnächst“ i.S.v. § 167 ZPO – zugestellt, so dass die Klagerhebung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB erneut die Hemmung der Verjährung bewirkt hat.
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1. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
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2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.
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3. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 129 Abs. 3 VGG, 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache erfordert, wie die Ausführungen unter A.) und B.) zeigen, lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall.