Titel:
Unzulässige gesundheitsbezogene Werbung für ein Nahrungsergänzungsmittel
Normenketten:
UWG § 3, § 5
VO (EU) 1169/2011 Art. 7 Abs. 3
VO (EU) 1924/2006 Art. 10 Abs. 1
§ 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB
Leitsätze:
1. Die Nutzung einer Phantasiebezeichnung für ein Nahrungsergänzungsmittel (hier beispielsweise „L-Arginin für Weihnachtsmänner“) führt nicht dazu, dass das Produkt nicht mehr als Lebensmittel wahrgenommen wird. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Werbeaussage „Lösung Corona“ für ein Nahrungsergänzungsmittel kann den Eindruck erwecken, dass das beworbene Vitamin D3 Präparat wirksam gegen Corona sei. (Rn. 24 – 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagwort:
Irreführung
Fundstellen:
WRP 2023, 251
LSK 2022, 40563
GRUR-RS 2022, 40563
Tenor
1. Die Beklagten werden verurteilt,
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu € 250.000,00 - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, jeweils zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr
a) für ein Lebensmittel wie nachstehend wiedergegeben zu werben und/oder werben zu lassen;
bb) „Ein Vitamin-D-Mangel kann dazu führen, dass die Knochen dünn, spröde oder unförmig werden.“; und/oder cc)
„Vitamin D scheint auch eine Rolle bei der Insulinresistenz, dem Bluthochdruck und der Immunfunktion zu spielen - dies bezieht sich auf Herzkrankheiten und Krebs -, was allerdings noch untersucht wird.“; und/oder
dd) „Niedrige Vitaminspiegel sind auch seit langem mit einem erhöhten Risiko für Multiple Sklerose verbunden.“; und/oder
ff) „Olivenblattextrakt: (…) Es bietet einen vollständigen Schutz gegen Hauptviren, die während der Grippesaison für Infektionen der oberen Atemwege verantwortlich sind. Forscher demonstrieren, dass Olivenblattextrakt besonders wirksam gegen Virusinfektionen mit auftretendem Fieber war."; und/oder
gg) „Resveratrol: laut einer Studie stoppt Resveratrol Coronaviren“; jeweils wenn dies geschieht wie in Anlage K 2; und/oder
hh) „R. Fr.. Lösung Corona“; und/oder
ii) „Eine erschreckende Grafik zeigt, wie Covid-19-Patienten, die im Krankenhaus landen, mit ziemlicher Sicherheit sterben werden, wenn sie einen Vitamin-D-Mangel haben“; und/oder
jj) „Sonnenvitamin D3: Der natürliche Schutz vor viralen Erkrankungen!“; und/oder
kk) „Vitamin-D3-Unterversorgung oder -Mangel bremsen demnach die Immunabwehr und verringern so den Schutz gegen bakterielle und virale Krankheitserreger…“; und/oder
ll) „Ein kontinuierlich abgedeckter Vitamin-D-Bedarf kann außerdem dazu beitragen, Autoimmunerkrankungen teilweise zu verhindern oder deren Verlauf abzuschwächen.“; und/oder
mm) über die Internet-Domainnamen www.lösung-corona.de und/oder www.solution-corona.de; jeweils wenn dies geschieht wie in Anlage K 3; und/oder
nn) „Bei Bluthochdruck und erektiler Dysfunktion“, wenn dies geschieht wie in Anlage K 7; und/oder
oo) „Zum Schutz vor Radioaktivität + 5G-Strahlung“, wenn dies geschieht wie in Anlage K 8;
b) für ein Lebensmittel wie nachstehend zu werben und/oder werben zu lassen;
aa) „Vitamin C: Das Supervitamin. Es wirkt immunstärkend, entgiftend, antibakteriell und antiviral“; und/oder
bb) „Selen+Zink: Die Mineralstoffe Zink und Selen sind essenziell für die Funktion des Immunsystems und tragen so zur Stärkung unserer natürlichen Abwehrkräfte bei.“; und/oder
cc) „Stärkung unseres Immunsystems“; und/oder
dd) „Olivenblattextrakt: verbessert die Funktion des Immunsystems in mehrfacher Hinsicht.“; jeweils wenn dies geschieht wie in Anlage K 2; und/oder
ee) „für Wachstum & Entwicklung von jungen Schlaufüchsen“, wenn dies geschieht wie in Anlage K 9; und/oder
ff) „Zur Entgiftung“, wenn dies geschieht wie in Anlage K 10.
2. Die Beklagten werden weiterhin verurteilt, an den Kläger jeweils € 367,50 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 04.04.2021 zu zahlen.
3. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich des Tenors in Ziffer 1 jedoch für den Kläger nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 2.000 € für jeden de Unterlassungsansprüche. Die Beklagten können die Vollstreckung des Klägers aus Ziffer 2 und 3 des Tenors durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
5. Der Streitwert wird auf 30.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Der Kläger, dessen satzungsgemäße Zwecke und Aufgaben gerichtsbekannt sind, ist gemäß § 8 Abs. 3 Ziff. 2 UWG sowie gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG umfassend klagebefugt (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, Einleitung UWG, Rn. 2.45; BGH GRUR 1995, 353 - Folgeverträge II; BGH GRUR 1995, 122 - Laienwerbung für Augenoptiker).
2
Die Beklagte zu 1) betreibt unter der Webseite „https://shop.afterbuy.de/R. F3. GmbH/u11624/“ einen Onlineshop, über den insbesondere Lebensmittel aber auch Literatur mit fragwürdigen Gesundheitstipps wie „Gesund in sieben Tagen - Erfolge mit der Vitamin-D-Therapie“ oder „Salz - das weiße Gift“ unter der Marke R. Fr. vertrieben werden.
3
Die Beklagte zu 2) ist verantwortlich für einen Werbeprospekt und betreibt die Webseiten „lösung-corona.de“ und „solution-corona.de“. Im Impressum der Internetseite „lösungcorona.de“ wird die Beklagte zu 2) ausgewiesen. Betreiber des Onlineshops ist die Beklagte zu 1). In einer Widerrufsbelehrung des Shops ist die Beklagte zu 1) als Zuständige benannt, in einem anderen als PDF abrufbaren Widerrufsformular jedoch wiederum die Beklagte zu 2). Im Nachgang einer Bestellung im Onlineshop der Beklagten zu 1) erfolgt eine Bestellbestätigung durch die Beklagte zu 2). Die in diesem Zusammenhang erteilte Widerrufsbelehrung weist ebenfalls die Beklagte zu 2) aus. Die Rechnung stammt hingegen von der Beklagten zu 1) und auch die Zahlung ist an die Beklagte zu 1) zu richten.
4
Der Kläger bestellte im Onlineshop der Beklagten zu 1) die Produkte „Kindervitamine Schlaufüchse“, „Zeolith für Tyrannosaurus“ und „L-Arginin Kapseln für Weihnachtsmänner“. Daneben erwarb der Kläger über die Handelsplattform „A.“ auch das Produkt „OPC Pulver für Erdmännchen und Erdfrauchen“, das ebenfalls über den Onlineshop der Beklagten zu 1) vertrieben wird.
5
Der Bestellung aus dem Onlineshop der Beklagten zu 1) war ein Werbeprospekt der Beklagten zu 2) beigefügt, versehen mit dem Hinweis auf die Webseiten „lösung-corona.de“ und „solution-corona.de“. In dem Werbeprospekt und auf den vorgenannten Webseiten wird das Nahrungsergänzungsmittel „Vitamin D3 Tropfen“ beworben, das u.a. über den Webshop der Beklagten zu 1) vertrieben wird. In dem Werbeprospekt, auf den Webseiten „lösungcorona.de“ und „solution-corona.de“ sowie auf den Verpackungen für die Produkte „Kindervitamine Schlaufüchse“, „Zeolith für Tyrannosaurus“, „L-Arginin Kapseln für Weihnachtsmänner“ und „OPC Pulver für Erdmännchen und Erdfrauchen“ warben die Beklagten mit verschiedenen Aussagen und einer Grafik. Die Beklagte zu 2) bewirbt das Produkt „Vitamin D3 Tropfen“ in einem Werbeprospekt u.a.
mit folgenden Aussagen und einer Grafik:
„R. Fr. LÖSUNG FÜR CORONA#
-„Ein Vitaminmangel kann dazu führen, dass die Knochen dünn, spröde oder unförmig werden.“
- „Vitamin D scheint auch eine Rolle bei der Insulinresistenz, dem Bluthochdruck und der Immunfunktion zu spielen - diese bezieht sich auf Herzkrankheiten und Krebs -, was allerdings noch untersucht wird.“
-„Niedrige Vitaminspiegel sind auch seit langem mit einem erhöhten Risiko für Multiple Sklerose verbunden.“
- „Vitamin C: Das Supervitamin. Es wirkt immunstärkend, entgiftend, antibakteriell und antiviral.“
- „Seelen+Zink: Die Mineralstoffe Zink und Selen sind essenziell für die Funktion des Immunsystems und tragen so zur Stärkung unserer natürlichen Abwehrkräfte bei. „
- „Olivenblattextrakt: verbessert die Funktion des Immunsystems in mehrfacher Hinsicht. Es bietet einen vollständigen Schutz gegen Hauptviren, die während der Grippesaison für Infektionen der oberen Atemwege verantwortlich sind. Forscher demonstrieren, dass Olivenblattextrakt besonders wirksam gegen Virusinfektionen mit auftretendem Fieber war.“
-„Resveratrol: laut einer Studie stoppt Resveratrol Coronaviren.“
6
Auf ihren Webseiten „lösung-corona.de“ und „solution-corona.de“ bewirbt die Beklagte zu 2) das Produkt „Vitamin D3 Tropfen“ mit folgenden Aussagen und wiedergegebener Grafik:
- „R. Fr.: Lösung Corona“
- „Eine erschreckende Grafik zeigt, wie Covid-19-Patienten, die im Krankenhaus landen, mit ziemlicher Sicherheit sterben werden, wenn sie einen Vitamin-D-Mangel haben“
- „Sonnenvitamin D3: Der natürliche Schutz vor viralen Erkrankungen!“
- „Vitamin-D3-Unterversorgung oder -Mangel bremsen demnach die Immunabwehr und verringern so den Schutz gegen bakterielle und virale Krankheitserreger …“
- „Ein kontinuierlich abgedeckter Vitamin-D3-Bedarf kann außerdem dazu beitragen, Autoimmunerkrankungen teilweise zu verhindern oder deren Verlauf abzuschwächen.“
7
Unter Eingabe des Domainnamen „solution-corona.de“ erfolgt eine automatische Weiterleitung auf Internetauftritt „lösung-corona.de“ des Beklagten zu 2). Die über den Onlineshop der Beklagten zu 1) vertriebenen Produkte „L-Arginin für Weihnachtsmänner“, „Traubenkernextrakt OPC 40 für Erdmännchen und Erdfrauchen“, „Kindervitamine für Schlaufüchse“ und „Zeolith für Tyrannosaurus“, enthielten auf ihren Verpackungen folgenden Angaben:
8
Für das Produkt „L-Arginin für Weihnachtsmänner“ wirbt die Beklagte zu 1) mit der Aussage „Bei Bluthochdruck und erektiler Dysfunktion“. Für das Produkt „Traubenkernextrakt OPC 40 für Erdmännchen und Erdfrauchen“ wirbt die Beklagte zu 1) mit der Aussage „Zum Schutz vor Radioaktivität + 5G-Strahlung“. Für das Produkt „Kindervitamine für Schlaufüchse“ wirbt die Beklagte zu 1) mit der Aussage „Für Wachstum & Entwicklung von jungen Schlaufüchsen“. Für das Produkt „Zeolith für Tyrannosaurus“ wirbt die Beklagte zu 1) mit der Aussage „Zur Entgiftung“.
9
Der Kläger erkannte in dem oben dargelegten und unter Beweis gestellten Sachverhalt mehrere Wettbewerbsverstöße, weshalb er die Beklagte zu 1) mit dem Schreiben vom 20.11.2020 abmahnte und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufforderte. Der Beklagten zu 1) an und lehnte die Abgabe einer strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Mit dem Schreiben vom 04.12.2020 mahnte der Kläger die Beklagte zu 2) ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Mit dem anwaltlichen Schreiben vom 11.12.2020 erklärte Herr Rechtsanwalt Dr. B3., die Beklagte zu 2) werde ebenfalls keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.
10
Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagten seien jeweils für alle genannten Verstöße gleichermaßen verantwortlich.
Die Beklagten kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu € 250.000,00 - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, jeweils zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr
a) für ein Lebensmittel wie nachstehend wiedergegeben zu werben und/oder werben zu lassen;
bb) „Ein Vitamin-D-Mangel kann dazu führen, dass die Knochen dünn, spröde oder unförmig werden.“; und/oder
cc) „Vitamin D scheint auch eine Rolle bei der Insulinresistenz, dem Bluthochdruck und der Immunfunktion zu spielen - dies bezieht sich auf Herzkrankheiten und Krebs -, was allerdings noch untersucht wird.“; und/oder
dd) „Niedrige Vitaminspiegel sind auch seit langem mit einem erhöhten Risiko für Multiple Sklerose verbunden.“; und/oder
ff) „Olivenblattextrakt: (…) Es bietet einen vollständigen Schutz gegen Hauptviren, die während der Grippesaison für Infektionen der oberen Atemwege verantwortlich sind. Forscher demonstrieren, dass Olivenblattextrakt besonders wirksam gegen Virusinfektionen mit auftretendem Fieber war.“; und/oder
gg) „Resveratrol: laut einer Studie stoppt Resveratrol Coronaviren“; jeweils wenn dies geschieht wie in Anlage K 2; und/oder
hh) „R. Fr.. Lösung Corona“; und/oder
ii) „Eine erschreckende Grafik zeigt, wie Covid-19-Patienten, die im Krankenhaus landen, mit ziemlicher Sicherheit sterben werden, wenn sie einen Vitamin-D-Mangel haben“; und/oder
jj) „Sonnenvitamin D3: Der natürliche Schutz vor viralen Erkrankungen!“; und/oder
kk) „Vitamin-D3-Unterversorgung oder -Mangel bremsen demnach die Immunabwehr und verringern so den Schutz gegen bakterielle und virale Krankheitserreger…“; und/oder
ll) „Ein kontinuierlich abgedeckter Vitamin-D-Bedarf kann außerdem dazu beitragen, Autoimmunerkrankungen teilweise zu verhindern oder deren Verlauf abzuschwächen.“; und/oder
mm) über die Internet-Domainnamen www.lösung-corona.de und/oder www.solutioncorona.de; jeweils wenn dies geschieht wie in Anlage K 3; und/oder
nn) „Bei Bluthochdruck und erektiler Dysfunktion“, wenn dies geschieht wie in Anlage K 7; und/oder
oo) „Zum Schutz vor Radioaktivität + 5G-Strahlung“, wenn dies geschieht wie in Anlage K 8; und/oder
b) für ein Lebensmittel wie nachstehend zu werben und/oder werben zu lassen;
aa) „Vitamin C: Das Supervitamin. Es wirkt immunstärkend, entgiftend, antibakteriell und antiviral“; und/oder
bb) „Selen+Zink: Die Mineralstoffe Zink und Selen sind essenziell für die Funktion des Immunsystems und tragen so zur Stärkung unserer natürlichen Abwehrkräfte bei.“; und/oder
cc) „Stärkung unseres Immunsystems“; und/oder
dd) „Olivenblattextrakt: verbessert die Funktion des Immunsystems in mehrfacher Hinsicht.“; jeweils wenn dies geschieht wie in Anlage K 2; und/oder
ee) „für Wachstum & Entwicklung von jungen Schlaufüchsen“, wenn dies geschieht wie in Anlage K 9; und/oder
ff) „Zur Entgiftung“, wenn dies geschieht wie in Anlage K 10.
2. an den Kläger jeweils € 367,50 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
12
Die Beklagten beantragen,
13
Die Beklagten sind der Ansicht, der streitgegenständliche Produktflyer werde von der Robert F2. N2. GmbH verantwortet, nicht aber von der Robert F2. L2. GmbH. Auch die Domains www.loesung-corona.de und www.solution-corona.de würden von der Robert F2. N2. GmbH betrieben und nicht von der Robert F2. L2. GmbH. Der Kläger übersehe bereits, dass es sich bei den von Ihnen zitierten Produkten „Zeolith für Tyrannosaurus“, „Traubenkernextrakt OPC 40 für Erdmännchen und Erdfrauchen“, „L-Arginin für Weihnachtsmänner“ und „Kindervitamine für Schlaufüchse“ schon nicht um Lebensmittel handele. Es handele sich um ein Fun-Produkt, das explizit nicht für die Einnahme durch den Menschen bestimmt sei. Unabhängig davon werde mit den Werbeaussagen auch keine krankheitsbezogene Werbung betrieben, sondern lediglich darauf verwiesen, dass in bestimmten Fällen ein erhöhter Nährstoffbedarf an Vitamin D bestehe. Aussagen, die sich auf einen erhöhten Nährstoffbedarf „bei“ bzw. „während“ einer Krankheit beziehen, seien nach der Rechtsprechung nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger von den Beklagten die Unterlassung von Aussagen generell „für ein Lebensmittel“ verlange, sei ein konkreter Produktbezug nicht ersichtlich. Im Übrigen sei der Nutzen von Vitamin D im Zusammenhang mit einem erhöhten Nährstoffbedarf bei einer Coronaerkrankung wissenschaftlich aktuell bestätigt.
14
Eine Beweisaufnahme erfolgte nicht. Hinsichtlich der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
15
Die Klage ist vollumfänglich begründet.
16
I. Dem Kläger stehen sowohl der geltend gemachte Unterlassungsanspruch als auch der geltend gemachte Zahlungsanspruch gegen die Beklagten zu. Die Beklagte zu 1) muss sich dabei die Werbung der Beklagten zu 2), die als Beilage der Bestellung über den Onlineshop der Beklagten zu 1) beigefügt war, zurechnen lassen, § 8 Abs. 2 UWG. Im Impressum des Online-Shops wird die Beklagte zu 1) als Betreiberin ausgewiesen. Auch in der Widerrufsbelehrung zum Download unter dem Reiter „Widerrufsrecht“ in dem Online-Shop ist die Beklagte zu 1) als Adressatin des Muster-Widerrufsformulars genannt. Wird jedoch die Widerrufsbelehrung in einem separaten Browserfenster aufgerufen und heruntergeladen, so erscheint in dieser Widerrufsbelehrung die Beklagte zu 2) als Adressatin und Verantwortliche. Bei einer Bestellung von Produkten im Online-Shop der Beklagten zu 1) erfolgt die Bestellbestätigung wiederum per E-Mail von der Beklagten zu 2). Die im Zusammenhang mit der Bestellung erteilte Widerrufsbelehrung, die Bestandteil der Bestellbestätigung ist, weist die Beklagte zu 2) als Adressatin eines Widerrufs aus. Den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Online-Shops folgend ist die Beklagte zu 1) Verkäuferin und auch Zahlungsempfängerin. Der streitgegenständliche Flyer war dem Testkauf im Online-Shop der Beklagten zu 1) beigefügt.
17
Aus den vorstehenden Gründen kann nicht nur eine Beklagte für das streitgegenständliche Handeln verantwortlich gemacht werden. Vielmehr zeichnen beide Beklagte nach eigenen - wenngleich widersprüchlichen - Angaben für den streitgegenständlichen Internetauftritt verantwortlich. Die Beklagten können sich nicht aufgrund der widersprüchlichen Angaben zu ihrer Verantwortlichkeit unter Verweis auf die jeweils andere Beklagte aus der Verantwortung ziehen.
18
II. Der Kläger, dessen satzungsgemäße Zwecke und Aufgaben gerichtsbekannt sind, ist gemäß § 8 Abs. 3 Ziff. 2 UWG sowie gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG umfassend klagebefugt (vgl. BGH GRUR 1995, 353 - Folgeverträge II; BGH GRUR 1995, 122 - Laienwerbung für Augenoptiker).
19
III. Dem Kläger stehen hinsichtlich der werblichen Angaben über Lebensmittel mehrere Unterlassungsansprüche gegenüber den Beklagten gemäß §§ 8, 3, 5 UWG und §§ 3, 3a UWG i.V.m. Art. 7 Abs. 3 VO (EU) 1169/2011 (LMIV) sowie Art. 10 Abs. 1 VO (EG) 1924/2006 (HCVO) zu.
20
1. Gemäß Art. 2 VO (EG) Nr. 178/2002 (LebensmittelbasisVO) sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Der Begriff des Lebensmittels ist dem Schutzzweck des Gesetzes entsprechend weit auszulegen. Erfasst werden alle Stoffe, die dazu bestimmt sind, verzehrt zu werden, auch wenn daneben noch ein anderer Verwendungszweck möglich ist. Ein generell zum Verzehr bestimmter Stoff hört erst dann auf Lebensmittel zu sein, wenn ein anderer Verwendungszweck eindeutig feststeht und erkennbar ist. Eine bloß abweichende Bezeichnung, z.B. Scherzartikel, genügt dafür nicht (zu dem auch hier streitgegenständlichen Produkt „für Weihnachtsmänner“ bereits VG Würzburg Beschluss vom 8.10.2020 - W 8 S 20.1371, BeckRS 2020, 26883; zu dem Produkt „für Gartenzwerge“ bereits VG Würzburg, Beschluss vom 20.10.2020 -W 8 S 20.1494, BeckRS 2020, 28687).
21
2. Die Werbung der Beklagten ist nicht auf Fun-Produkte bezogen. Es besteht kein Zweifel daran, dass die streitgegenständlichen Produkte keine Scherzartikel oder Fun-Produkte darstellen, sondern Nahrungsergänzungsmittel für Menschen, die zum Verzehr gedacht sind und die auch entsprechend beworben und vertrieben werden (LG Würzburg, Urt. v. 20.05.2021 - 1 HK O 1555/20).
22
3. In den Werbeaussagen der Anträge 1) a) aa) bis oo) liegt jeweils ein Verstoß gegen §§ 3, 3a UWG i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB i.V.m. Art. 7 Abs. 3, 4 LMIV.
23
Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB ist es verboten als nach Art. 8 Abs. 1 LMIV verantwortliche Lebensmittelunternehmer oder Importeur Lebensmittel mit Informationen über Lebensmittel, die den Anforderungen des in Art. 7 Abs. 3 auch i.V.m. Abs. 4 LMIV nicht entsprechen, in den Verkehr zu bringen oder allgemein im Einzelfall dafür zu werben. Nach Art. 7 Abs. 3 LMIV dürfen Informationen über Lebensmittel diesem keine Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer Krankheit zuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaften entstehen lassen. Gemäß Art. 7 Abs. 4 a) der Verordnung gilt dies auch für die Werbung. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine Marktverhaltensregel (KG BeckRS 2015, 17910; BGH GRUR 2008, 1118 - MobilPlus-Kapseln). Dies gilt auch entsprechend für Nahrungsergänzungsmittel, die gemäß § 1 NemV Lebensmittel sind.
24
4. Die Beklagte zu 2) täuscht mit sämtlichen Werbeaussagen, -grafiken und Domainnamen. Die beworbenen Produkte haben tatsächlich nicht die angegebenen Wirkungen. Sämtliche Angaben sind unzutreffend und durch wissenschaftliche Studien nicht belegt (vgl. BGH GRUR 2013, 649 - Basisinsulin mit Gewichtsvorteil; BeckRS 2005, 30354890). Bei Art. 7 Abs. 3 LMIV handelt sich um ein abstraktes Verbot (KG, BeckRS 2015, 17910). Rechtsirrig meinen die Beklagten, durch die inkriminierten Aussagen werde keine krankheitsbezogene Werbung betrieben, sondern lediglich darauf verwiesen, dass in bestimmten Fällen ein erhöhter Nährstoffbedarf an Vitamin D bestehe. Dies ist jedoch offensichtlich unzutreffend, da die Aussage „Lösung Corona“ bei den angesprochenen Verkehrskreisen den Eindruck erweckt, dass das von den Beklagten beworbene Vitamin D3 Präparat wirksam gegen Corona bzw. eine Covid-Erkrankung sei.
25
Dies stellt, entgegen der irrigen Auffassung der Beklagten, gerade keine Aussage dar, die sich auf einen erhöhten Nährstoffbedarf „bei“ bzw. „während“ einer Krankheit bezieht. Es wird vielmehr eine „Lösung“ angeboten. Insoweit liegen auch sämtliche weiteren Ausführungen der Beklagten sowie die von ihnen hierzu zitierte Rechtsprechung neben der Sache. Der erforderliche konkreten Produktbezug ist jeweils vorhanden.
26
5. Rechtsirrig meinen die Beklagten, der Nutzen von Vitamin D im Zusammenhang mit einem erhöhten Nährstoffbedarf bei einer Corona-Erkrankung sei wissenschaftlich bestätigt. Dies ist unzutreffend. Tatsächlich können die Beklagten keine wissenschaftlichen Studien vorlegen, die fundiert belegen, dass Vitamin D bei einer Corona-Erkrankung helfe.
27
Alle Ausführungen zur vermeintlichen wissenschaftlichen Absicherung der hier streitgegenständlichen Angaben liegen neben der Sache, da hier kein nach Art. 10 Abs. 1 HCVO zugelassener Health Claim vorliegt. Danach sind gesundheitsbezogene Angaben verboten, wenn sie nicht gemäß HCVO zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß Art. 13 und Art. 14 HCVO aufgenommen sind. Für Vitamin D enthält diese HCVO-Liste - enthalten in der Verordnung 432/2012/EG - bisher ausschließlich die folgenden zugelassenen Angaben:
- Vitamin D trägt zu einer normalen Aufnahme/Verwertung von Calcium und Phosphor bei;
- Vitamin D trägt zu einem normalen Calciumspiegel im Blut bei;
- Vitamin D trägt zur Erhaltung normaler Knochen bei;
- Vitamin D trägt zur Erhaltung einer normalen Muskelfunktion bei;
- Vitamin D trägt zur Erhaltung normaler Zähne bei;
- Vitamin D trägt zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei; und - Vitamin D hat eine Funktion bei der Zellteilung.
28
Keine dieser Aussagen ist in dem vorliegenden Fall von den Beklagten getroffen worden.
29
Stattdessen haben sie u.a. (sinngemäß) mit folgenden Angaben geworben:
- Vitamin D ist zur optimalen Funktion des Immunsystems absolut notwendig;
- Vitamin D: Der natürliche Schutz vor viralen Erkrankungen; und
- Covid-19-Patienten sterben mit ziemlicher Sicherheit, wenn sie einen Vitamin D Mangel haben.
30
Es kann deshalb dahinstehen, ob es einen wissenschaftlichen Beleg für einen Zusammenhang zwischen Vitamin D und der Heilung von Covid-19 gibt. Ein solcher wissenschaftlicher Zusammenhang schlägt sich jedenfalls nicht in den zugelassenen Angaben gemäß der HCVO nieder. Aus diesem Grund wäre zum jetzigen Zeitpunkt jegliche Werbung mit solchen Angaben per se verboten, selbst wenn es einen wissenschaftlichen Beleg für sie gäbe. Auch nach Art. 7 Abs. 3 LMIV sind krankheitsbezogene Angaben für Lebensmittel schlechthin verboten, selbst wenn sie nachgewiesen wären.
a) Der Antrag gemäß Ziff. 1 lit. a)
31
aa) Die unzutreffende Aussage „Lösung für Corona“ verstößt gegen Art. 7 Abs. 3 LMIV, denn diese Aussage in dem als Anlage K 2 vorgelegten Werbeprospekt der Beklagten zu 2) in Verbindung mit der dort abgebildeten Werbung für „Vitamin D3 Tropfen“ impliziert, dass die Zuführung des Produkts „Vitamin D3 Tropfen“ eine Lösung für Corona sei.
b) Der Antrag gemäß Ziff. 1 lit. a)
32
bb) Die unzutreffende Aussage „Ein Vitamin-D-Mangel kann dazu führen, dass die Knochen dünn, spröde oder unförmig werden“ verstößt gegen Art. 7 Abs. 3 LMIV, denn diese Aussage in dem als Anlage K 2 vorgelegten Werbeprospekt impliziert, dass die Zuführung des beworbenen Produkts „Vitamin D3 Tropfen“ dabei helfe, dass die Knochen des Anwenders nicht dünn, spröde oder unförmig würden. Die Aussage suggeriert darüber hinaus in diesem Kontext auch, dass gerade das beworbene Produkt diese Wirkung habe, weil man die erforderliche Menge an Vitamin D durch Einnahme der Vitamin D3 Tropfen zuführen könne.
c) Der Antrag gemäß Ziff. 1 lit. a)
33
cc) Die unzutreffende Aussage „Vitamin D scheint auch eine Rolle bei der Insulinresistenz, dem Bluthochdruck und der Immunfunktion zu spielen - dies bezieht sich auf Herzkrankheiten und Krebs -, was allerdings noch untersucht wird.“ verstößt gegen Art. 7 Abs. 3 LMIV, denn diese Aussage in dem als Anlage K 2 vorgelegten Werbeprospekt impliziert, dass die Zuführung des beworbenen Produkts „Vitamin D3 Tropfen“ einen positiven und vorbeugenden Effekt auf die Insulinresistenz, den Bluthochdruck und die Immunfunktion habe, im Zusammenhang mit Herzkrankheiten und Krebs.
d) Der Antrag gemäß Ziff. 1 lit. a)
34
dd) Die unzutreffende Aussage „Niedrige Vitaminspiegel sind auch seit langem mit einem erhöhten Risiko für Multiple Sklerose verbunden“ verstößt gegen Art. 7 Abs. 3 LMIV, denn diese Aussage in dem als Anlage K 2 vorgelegten Werbeprospekt impliziert, dass die Zuführung des beworbenen Produkts „Vitamin D3 Tropfen“ das Risiko für eine Erkrankung an Multipler Sklerose senke.
e) Der Antrag gemäß Ziff. 1 lit. a)
35
ee) Die nachstehend wiedergegebene Grafik
verstößt gegen Art. 7 Abs. 3 LMIV, denn diese Grafik und die darin enthaltene unzutreffende Aussage „Wie das Sonnenvitamin D3 das Corona Risiko senkt“ in dem als Anlage K 2 vorgelegten Werbeprospekt implizieren, dass die Zuführung des beworbenen Produkts „Vitamin D3 Tropfen“ das Risiko einer Corona Erkrankung senke und auch die Sterblichkeitsrate reduziere.
f) Der Antrag gemäß Ziff. 1 lit. a)
36
ff) Die unzutreffende Aussage „Olivenblattextrakt: (…) Es bietet einen vollständigen Schutz gegen Hauptviren, die während der Grippesaison für Infektionen der oberen Atemwege verantwortlich sind. Forscher demonstrieren, dass Olivenblattextrakt besonders wirksam gegen Virusinfektionen mit auftretendem Fieber war“ verstößt gegen Art. 7 Abs. 3 LMIV, denn diese Aussage in dem als Anlage K 2 vorgelegten Werbeprospekt impliziert, dass Olivenblattextrakt einen vollständigen Schutz gegen Viren biete, die bei einer Grippe für die Infektion der oberen Atemwege verantwortlich seien. Zudem wird suggeriert, dass Olivenblattextrakt besonders wirksam gegen Virusinfektionen mit auftretendem Fieber sei.
g) Der Antrag gemäß Ziff. 1 lit. a)
37
gg) Die unzutreffende Aussage „Resveratol: laut einer Studie stoppt Resveratol Coronaviren“ verstößt gegen Art. 7 Abs. 3 LMIV, denn diese Aussage in dem als Anlage K 2 vorgelegten Werbeprospekt für das beworbene Produkt „Vitamin D3 Tropfen“ impliziert, dass Resveratol Coronaviren stoppe.
h) Der Antrag gemäß Ziff. 1 lit. a)
38
hh) Die unzutreffende Aussage „R. Fr.: Lösung Corona“ verstößt gegen Art. 7 Abs. 3 LMIV, denn diese Aussage in dem als Anlage K 3 vorgelegten Internetausdruck impliziert, dass die Zuführung des beworbenen Produkts „Vitamin D3 Tropfen“ eine Lösung für Corona sei. i) Der Antrag gemäß Ziff. 1 lit. a) ii)
39
Die unzutreffende Aussage „Eine erschreckende Grafik zeigt, wie Covid-19-Patienten, die im Krankenhaus landen, mit ziemlicher Sicherheit sterben werden, wenn sie einen Vitamin-DMangel haben“ verstößt gegen Art. 7 Abs. 3 LMIV, denn diese Aussage in dem als Anlage K 3 vorgelegten Internetausdruck impliziert, dass die Zuführung des beworbenen Produkts „Vitamin D3 Tropfen“ das Risiko einer Corona Erkrankung senke und auch die Sterblichkeitsrate reduziere.
j) Der Antrag gemäß Ziff. 1 lit. a)
40
jj) Die unzutreffende Aussage „Sonnenvitamin D3: Der natürliche Schutz vor viralen Erkrankungen!“ verstößt gegen Art. 7 Abs. 3 LMIV, denn diese Aussage in dem als Anlage K 3 vorgelegten Internetausdruck impliziert, dass die Zuführung des beworbenen Produkts „Vitamin D3 Tropfen“ einen natürlichen Schutz vor viralen Erkrankungen biete.
k) Der Antrag gemäß Ziff. 1 lit. a)
41
kk) Die unzutreffende Aussage „Vitamin-D3- Unterversorgung oder -Mangel bremsen demnach die Immunabwehr und verringern so den Schutz gegen bakterielle und virale Krankheitserreger …“ verstößt gegen Art. 7 Abs. 3 LMIV, denn diese Aussage in dem als Anlage K 3 vorgelegten Internetausdruck impliziert, dass die Zuführung des beworbenen Produkts „Vitamin D3 Tropfen“ eine positive Auswirkung auf die Immunabwehr habe und dadurch einen Schutz gegen bakterielle und virale Krankheitserreger biete.
l) Der Antrag gemäß Ziff. 1 lit. a)
42
ll) Die unzutreffende Aussage „Ein kontinuierlich abgedeckter Vitamin-D3-Bedarf kann außerdem dazu beitragen, Autoimmunerkrankungen teilweise zu verhindern oder deren Verlauf abzuschwächen.“ verstößt gegen Art. 7 Abs. 3 LMIV, denn diese Aussage in dem als Anlage K 3 vorgelegten Internetausdruck impliziert, dass die Zuführung des beworbenen Produkts „Vitamin D3 Tropfen“ dazu beitrage, Autoimmunerkrankungen teilweise zu verhindern oder deren Verlauf abzuschwächen.
m) Der Antrag gemäß Ziff. 1 lit. a)
43
mm) Die Domainnamen „Lösung-Corona.de“ und in englischer Sprache „Solution-Corona.de“ verstoßen gegen Art. 7 Abs. 3 LMIV, denn die Domainnamen in Verbindung mit dem in der Anlage K 3 ersichtlichen Internetauftritt implizieren, dass der Verzehr des damit beworbenen Produkts „Vitamin D3 Tropfen“ eine Lösung für Corona sei. nn) Der Antrag gemäß Ziff. 1 lit. a)
44
nn) Die unzutreffende Aussage „Bei Bluthochdruck und erektiler Dysfunktion“ verstößt gegen Art. 7 Abs. 3 LMIV, denn diese Aussage auf dem als Anlage K 7 vorgelegten Produkt suggeriert, dass die Zuführung des Lebensmittels „L-Arginin für Weihnachtsmänner“ bei Bluthochdruck und erektiler Dysfunktion helfe.
oo) Der Antrag gemäß Ziff. 1 lit. a)
45
oo) Die unzutreffende Aussage „Zum Schutz vor Radioaktivität + 5G-Strahlung“ verstößt gegen Art. 7 Abs. 3 LMIV, denn diese Aussage auf dem als Anlage K 8 vorgelegten Produkt suggeriert, dass die Zuführung des Produkts „Traubenkernextrakt OPC 40 für Erdmännchen & Erdfrauchen“ vor Radioaktivität und 5G-Strahlung schütze.
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7. Die Anträge gem. Ziff. 1 lit b) aa) bis ff):
47
In den Werbeaussagen der Anträge 1) b) aa) bis ff) liegt jeweils ein Verstoß gegen §§ 3, 5 UWG und das Verbot gesundheitsbezogener Angaben gemäß §§ 3, 3a UWG i.V.m. Art. 10 HCVO.
48
Gemäß Art. 10 Abs. 1 HCVO sind gesundheitsbezogene Angaben verboten, sofern sie nicht den allgemeinen Anforderungen in Kapitel II der HCVO und den speziellen Anforderungen im vorliegenden Kapitel entsprechen, gemäß dieser Verordnung zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß den Art. 13 und 14 HCVO aufgenommen sind. Nach Art. 2 Abs. 2 HCVO ist eine gesundheitsbezogene Angabe jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht. Art. 10 HCVO stellt ebenfalls eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG dar (OLG Hamm, GRUR-RS 2016, 20567).
49
Sämtliche Werbeaussagen sind unzutreffend, da für keines der beworbenen Lebens- bzw. Nahrungsergänzungsmittel ein entsprechender Health-Claim - weder wörtlich noch sinngemäß - eingetragen ist.
a) Der Antrag gemäß Ziff. 1 lit. b)
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aa) In der unzutreffenden Aussage „Vitamin C: Das Supervitamin. Es wirkt immunstärkend, entgiftend, antibakteriell und antiviral“ liegt ein Verstoß gegen Art. 10 Abs. 1 HCVO. Diese Aussage in dem als Anlage K 2 vorgelegten Werbeprospekt suggeriert dem Verkehr, dass das beworbene Produkt „Vitamin D3 Tropfen“ immunstärkend, entgiftend, antibakteriell und anti-viral wirke. Es wird ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem beworbenen Nahrungsergänzungsmittel „Vitamin D3 Tropfen“, und einer immunstärkenden, entgiftenden, antibakteriellen und antiviralen Wirkung durch Vitamin C für den Menschen hergestellt. Ein entsprechender Health-Claim ist für Vitamin C weder wörtlich noch sinngemäß eingetragen.
b) Der Antrag gemäß Ziff. 1 lit. b)
51
bb) Die unzutreffende Aussage „Selen+Zink: Die Mineralstoffe Zink und Selen sind essenziell für die Funktion des Immunsystems und tragen so zur Stärkung unserer natürlichen Abwehrkräfte bei.“ verstößt ebenfalls gegen Art. 10 Abs. 1 HCVO. Diese Aussage in dem als Anlage K 2 vorgelegten Werbeprospekt suggeriert dem Verkehr, dass Selen und Zink essenziell für die Funktion des Immunsystems seien und zur Stärkung der natürlichen menschlichen Abwehrkräfte bei-trügen. Es wird ein unmittelbarer Wirkungszusammenhang zwischen dem beworbenen Nahrungsergänzungsmittel „Vitamin D3 Tropfen“ und einer Stärkung des Immunsystems und der menschlichen Abwehrkräfte hergestellt. Ein entsprechender HealthClaim ist weder für Selen noch für Zink, weder wörtlich noch sinngemäß, eingetragen.
c) Der Antrag gemäß Ziff. 1 lit. b)
52
cc) Auch die unzutreffende Aussage „Stärkung unseres Immunsystems“, verstößt gegen Art. 10 Abs. 1 HCVO. Diese Aussage in dem als Anlage K 2 vorgelegten Werbeprospekt suggeriert dem Verkehr, die in dem Werbeprospekt beworbenen „Vitamin D3 Tropfen“ würden das Immunsystem stärken. Ein entsprechender Health-Claim ist weder wörtlich noch sinngemäß eingetragen.
dd) Der Antrag gemäß Ziff. 1 lit. b)
53
dd) Ferner verstößt die unzutreffende Aussage „Olivenblattextrakt: verbessert die Funktion des Immunsystems in mehrfacher Hinsicht.“ gegen Art. 10 Abs. 1 HCVO. Diese Aussage in dem als Anlage K 2 vorgelegten Werbeprospekt suggeriert dem Verkehr, dass Olivenblattextrakt die Funktion des Immunsystems in mehrfacher Hinsicht verbessere. Ein entsprechender Health-Claim für Olivenblattextrakt ist weder wörtlich noch sinngemäß eingetragen. Stattdessen wurde eine entsprechender Health-Claim abgelehnt, da die angegebene Wirkung für dieses Lebensmittel nicht belegt werden konnte.
e) Der Antrag gemäß Ziff. 1 lit. b)
54
ee) Die unzutreffende Angabe „für Wachstum & Entwicklung von jungen Schlaufüchsen“ einen Verstoß gegen Art. 10 Abs. 1 HCVO dar. Diese Aussage auf dem als Anlage K 9 vorgelegten Produkt suggeriert dem Verkehr, dass das beworbenen Nahrungsergänzungsmittel eine positive Wirkung auf das Wachstum und die Entwicklung von Kindern habe. Es wird ein unmittelbarer Wirkungszusammenhang zwischen dem Produkt „Kindervitamine für Schlaufüchse“ und dem Wachstum und der Entwicklung für Kinder hergestellt. Ein entsprechender Health-Claim ist weder wörtlich noch sinngemäß nicht eingetragen.
f) Der Antrag gemäß Ziff. 1 lit. b)
55
ff) Schließlich stellt auch die unzutreffende Aussage „Zur Entgiftung“ einen Verstoß gegen Art. 10 Abs. 1 HCVO dar. Diese Aussage auf dem als Anlage K 10 vorgelegten Produkt suggeriert dem Verkehr, dass das beworbenen Nahrungsergänzungsmittel eine entgiftende Wirkung auf den Körper des Anwenders habe. Es wird ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Produkt „Zeolith für Tyrannosaurus“ und einer entgiftenden Wirkung hergestellt. Ein entsprechender Health-Claim in Bezug auf die entgiftende Wirkung von Lebensmitteln ist weder wörtlich noch sinngemäß eingetragen, jegliche Zulassungsanträge wurden abgelehnt.
III. Die Zahlungsansprüche des Klägers (Klageantrag zu 2))
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Der Kläger kann des Weiteren von den Beklagten jeweils den Ersatz der Kosten verlangen, die ihm aufgrund der jeweiligen Abmahnung der Beklagten entstanden sind (Anlage K 11 und Anlage K 15).
57
Der Klageanspruch beruht jeweils auf § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Soweit die Abmahnung berechtigt ist, ist der Abgemahnte verpflichtet, dem Abmahnenden die erforderlichen Aufwendungen zu ersetzen. Als Verband zur Förderung gewerblicher Interessen kann der Kläger von den Beklagten dabei jeweils den anteiligen Ersatz der Personal- und Sachkosten in Form einer Kostenpauschale verlangen (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O, § 12 UWG Rn. 1.132).
58
Die jeweils geltend gemachte Kostenpauschale in Höhe von 367,50 € (= 350,00 € zzgl. 5% MwSt.) entspricht einem angemessenen Anteil der erforderlichen Aufwendungen des Klägers. Die tatsächlichen Kosten, die dem Kläger momentan durch eine Abmahnung entstehen, belaufen sich auf durchschnittlich 942,61 € (ohne Mehrwertsteuer).
59
Der von dem Kläger geltend gemachte Zinsanspruch folgt aus den §§ 291, 288 BGB.
60
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.
61
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Unterlassung und der Kostentragung beruht auf § 709 S.1 ZPO. Das Urteil ist hinsichtlich der Unterlassungsverpflichtungen vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 2.000,00 €, im Übrigen vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages (§§ 708 Nr.11, 711 ZPO).
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Hängt - wie hier - die Befugnis des Gläubigers zur vorläufigen Vollstreckung nach § 709 S. 1 ZPO von der vorherigen Erbringung einer Sicherheitsleistung ab, so dient diese Sicherheitsleistung dem Interesse des Schuldners und soll ihm einen Ersatz für diejenigen Nachteile gewähren, die er bei einer etwaigen Zwangsvollstreckung erleidet; er soll davor geschützt werden, dass er zwar die Zwangsvollstreckung dulden muss, aber bei einem objektiv unrechtmäßigen Vollstreckungszugriff eventuelle Ersatzansprüche gegen den vollstreckenden Gläubiger nicht realisieren kann, wozu vor allem ein etwaiger Ersatzanspruch des Vollstreckungsschuldners nach § 717 II ZPO gehört. (OLG Düsseldorf NJOZ 2007, 451).
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Diesen Betrag hat das Gericht für jeden Unterlassungsansprüche mit 2.000 € angesetzt.
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VI. Streitwert: Der Gesamtstreitwert wird 30.000 € festgesetzt.
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Gemäß § 51 Abs. 2 GKG ist in Verfahren über Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Im Hinblick auf den geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch ist das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers für die Bemessung des Streitwerts maßgeblich (BGH GRUR 1990, 1052, 1053 - Streitwertbemessung). Der Umfang dieses Interesses hängt insbesondere von der Gefährlichkeit der zu verbietenden Handlung („Angriffsfaktor“) ab, welche anhand des drohenden Schadens (Umsatzeinbußen, Marktverwirrungs- und Rufschaden) zu bestimmen ist und von den weiteren Umständen abhängt. Der Streitwert von 30.000,00 EUR für die geltend gemachten Unterlassungsansprüche und die Vertragsstrafe ist am unteren Ende der Angemessenheit und entspricht vergleichbaren Fällen (vgl. BGH NJW 2019, 3377; OLG Bamberg, Urteil vom 14.11.2007 - 3 U 64/07).