Inhalt

OLG Nürnberg, Endurteil v. 29.11.2022 – 3 U 493/22
Titel:

Kerngleichheit unterschiedlicher Handlungsmodalitäten bei Markenrechtsverletzungen

Normenketten:
VO (EU) Nr. 1215/2012 Art. 7 Nr. 2,
VO (EU) Nr. 1215/2012 Art. 26 Abs. 1
MarkenG § 14 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 6,
MarkenG § 19,
MarkenG § 24 Abs. 1
BGB § 242
Leitsätze:
1. Im Regelfall begründet die Verwirklichung einer der in § 14 Abs. 3 MarkenG genannten Verwertungshandlungen die Vermutung der Wiederholungsgefahr für sämtliche darin aufgeführte Handlungsmodalitäten. Eine andere Beurteilung ist nur dann veranlasst, wenn vor dem Hintergrund des Charakteristischen der konkreten Verletzungshandlung eine Benutzungsart des § 14 Abs. 3 MarkenG nach Lage der Dinge völlig fernliegend erscheint. Dabei ist die Frage, ob ausnahmsweise keine Kerngleichheit gegeben ist, in der Regel nach objektiven Kriterien zu beurteilen.
2. Die Benutzungsart des Besitzes i.S.v. § 14 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG umfasst auch Tathandlungen im europäischen Ausland, wenn der damit verbundene Zweck des Anbietens oder Inverkehrbringens im Inland entweder bereits eingetreten ist oder derart unmittelbar bevorsteht, dass typischerweise ohne weitere wesentliche Zwischenakte eine inländische Markenkollision im Raum steht.
Schlagwort:
Unterlassung
Vorinstanz:
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 03.02.2022 – 19 O 526/21
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 23.01.2024 – I ZR 205/22
Fundstellen:
MD 2023, 330
MittdtPatA 2023, 347
GRUR-RS 2022, 34380
GRUR 2023, 260
LSK 2022, 34380

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 03.02.2022, Az. 19 O 526/21, dahingehend abgeändert, dass
1.1. in Ziffer 1. nach den Worten „hierfür zu werben“ die Worte „sowie zu vertreiben oder zu vorgenanntem Zweck zu besitzen“ eingefügt werden sowie
1.2. in Ziffer 4. der Betrag „1.398,25“ durch den Betrag „1.822,96“ ersetzt wird.
2. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
4. Das erstinstanzliche Urteil und das Berufungsurteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus dem Berufungsurteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 € abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in dieser Höhe leistet.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 38.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

A.
1
Der Kläger ist Inhaber der nachfolgenden deutschen Marken, die unter anderen für „Taucherapparate, Taucheranzüge, Taucherhandschuhe, Tauchermasken und Atemgeräte zum Tauchen“ Schutz beanspruchen:
2
Die Beklagte bewarb beziehungsweise bot über die von ihr betriebene Internetseite www.s[…].com sowie über die Handelsplattform www.amazon.de Tauchzubehör unter Verwendung der klägerischen Marken an. Dabei wurden teilweise Produktfotos verwendet, die Waren mit den klägerischen Marken zeigen.
3
Unter anderen bewarb die Beklagte unter der Marke des Klägers über die Handelsplattform www.amazon.de eine Trimmbleitasche, welche durch den Kläger im Rahmen eines Testkaufs erworben wurde. Auf der Plastikverpackung des Produkts war ein Rabattaufkleber der Beklagten angebracht, unter welchem sich ein weiterer Aufkleber mit der Marke „X[…]“ sowie der Internetadresse x[…].de befand. Weder auf der Verpackung noch auf der Trimmbleitasche selbst waren die klägerischen Marken aufgedruckt.
4
Das Landgericht erließ am 03.02.2022 das nachfolgende Teil-Anerkenntnis- und Endurteil:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten gemäß § 890 ZPO, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen, ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr unter den Zeichen
in der Bundesrepublik Deutschland Tauchzubehör anzubieten und hierfür zu werben.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem aus den in Ziff. 1. beschriebenen Handlungen bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.
3. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger schriftlich Auskunft über den Umfang der Handlungen gemäß Ziff. 1. unter Vorlage geeigneter Belege zu erteilen, insbesondere über
a) Angebotsmenge, Angebotszeiten und Angebotspreise, sowie
b) den erzielten Umsatz, aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren und unter Angabe der Gestehungskosten
c) nach Kostenfaktoren ohne Fixkosten, sowie
d) die betriebene Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbegegenstand, Werbeträger, Auflagenhöhe,
e) Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.398,25 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 01.10.2020 zu zahlen.
5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5
Zur Begründung führte das Landgericht insbesondere aus, dass der Kläger gegenüber der Beklagten keine über das abgegebene Anerkenntnis hinausgehenden Ansprüche auf Unterlassung, auf Erteilung weiterer Auskünfte und auf die Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach habe. Der Kläger habe nicht nachweisen können, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Marken auf Tauchzubehör oder dessen Aufmachung oder Verpackung selbst angebracht, unter diesen Zeichen Tauchzubehör hergestellt, vertrieben oder sonst in den Verkehr gebracht oder zu den vorgenannten Zwecken besessen habe, sodass es am Nachweis der erforderlichen Erstbeziehungsweise Wiederholungsgefahr fehle.
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Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger in seiner Berufung. Er beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 03.02.2022, dass sich sowohl der Unterlassungs- als auch die Annexansprüche auf folgende Tathandlungen beziehen:
die klägerischen Marken in der Bundesrepublik Deutschland für Tauchzubehör zu benutzen, insbesondere die Zeichen auf Tauchzubehör oder dessen Aufmachung oder Verpackung anzubringen, unter diesen Zeichen Tauchzubehör anzubieten, herzustellen, zu vertreiben oder sonst in den Verkehr zu bringen, hierfür zu werben oder dieses zu den vorgenannten Zwecken zu besitzen und Abmahnkosten in Höhe von 2.046,82 € erstattet werden.
7
Hilfsweise beantragt der Kläger eine Erstreckung des Urteils sowohl im Unterlassungstenor als auch bei den Annexansprüchen auf in der Bundesrepublik Deutschland Tauchzubehör zu vertreiben oder zu vorgenanntem Zweck zu besitzen und Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von weiteren 619,40 €.
8
Zur Begründung führt der Kläger insbesondere aus, dass sich im Markenrecht bei der Verwirklichung einer Handlungsmodalität die Vermutung der Wiederholungsgefahr auch auf die anderen (kerngleichen) Handlungsmodalitäten des § 14 Abs. 3, Abs. 4 MarkenG erstrecke. Jedenfalls begründe das Anbieten und Bewerben von Produkten, auf denen die Marken des Klägers eingeprägt oder als Etikett eingenäht seien, eine Erstbegehungsgefahr dahin, dass diese Produkte in dieser Form auch vertrieben werden. Außerdem habe die Beklagte eingeräumt, dass sie Produkte unter den streitgegenständlichen Marken besessen und vertrieben habe.
9
Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung. Das Landgericht Nürnberg-Fürth habe zu Recht die über das Teilanerkenntnis hinausgehenden Ansprüche im Hinblick auf das Anbringen, Herstellen, Vertreiben, in den Verkehr Bringen und/oder Besitzen abgewiesen. Es sei zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei diesen Tathandlungen nicht um kerngleiche Handlungsmodalitäten handelt. Die Verwirklichung eines der in § 14 Abs. 3 MarkenG aufgeführten Verletzungstatbestände begründe grundsätzlich keine Begehungsgefahr für einen anderen Verletzungstatbestand des § 14 Abs. 3, Abs. 4 MarkenG.

Entscheidungsgründe

B.
10
Die Berufung des Klägers ist teilweise erfolgreich. Das Oberlandesgericht Nürnberg ist international zuständig (nachfolgend unter Ziffer I.). Die Vermutung der Wiederholungsgefahr erstreckt sich ebenfalls auf die Verletzungshandlungen „vertreiben“ und „besitzen“. Ein darüber hinausgehender Unterlassungsanspruch besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr (nachfolgend unter Ziffer II.). Vor dem Hintergrund des auch auf die Handlungsmodalitäten „vertreiben“ und „besitzen“ bezogenen Unterlassungsanspruchs stehen dem Kläger auch die geltend gemachten Annexansprüche im Umfang des mit der Berufung erhobenen Hilfsanspruchs sowie Abmahnkosten in Höhe von 1.822,96 EUR zu (nachfolgend unter Ziffer III.). Weitergehende Einwendungen der Beklagten gegen die geltend gemachten Ansprüche stehen in der Berufung nicht mehr im Streit (nachfolgend unter Ziffer IV.).
I.
11
Die von Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich für die in Spanien ansässige Beklagte aus Art. 7 Nr. 2 VO (EU) Nr. 1215/2012, da der Kläger die Verletzung von im Inland geschützten Markenrechten mittels eines in Deutschland abrufbaren und bestimmungsgemäß an den inländischen Verkehr gerichteten Internetangebots geltend macht (vgl. BGH, GRUR 2022, 1675 Rn. 29 - Google-Drittauskunft). Darüber hinaus folgt sie jedenfalls aus Art. 26 Abs. 1 VO (EU) 1215/2012 aufgrund der rügelosen Einlassung der Beklagten.
II.
12
Der auf Wiederholungsgefahr gestützte Verletzungsunterlassungsanspruch erstreckt sich über die von der Beklagten anerkannten Verletzungshandlungen „anbieten“ und „bewerben“ hinaus auch auf die dazu kerngleichen Handlungsmodalitäten „vertreiben“ und „besitzen“. Ein weitergehender Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Verwertungshandlungen „anbringen“ und „herstellen“ besteht nicht, auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr.
13
1. In rechtlicher Hinsicht geht der Senat in Bezug auf die Reichweite der Wiederholungsgefahr von folgenden Grundsätzen aus:
14
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet eine - auch nur einmalige - Kennzeichenverletzung die tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr, die grundsätzlich nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung oder einen rechtskräftigen Unterlassungstitel ausgeräumt wird (BGH, GRUR 2009, 1162 Rn. 64 - DAX). Dabei begründet eine Verletzungshandlung die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht nur für die identische Verletzungsform, sondern für alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen, in denen das Charakteristische der Verletzungshandlung noch zum Ausdruck kommt (BGH, GRUR 2009, 772 Rn. 29 - Augsburger Puppenkiste).
15
b) Anders als im Urheberrecht - wo die einzelnen Verwertungsrechte selbständige Tatbestände darstellen (vgl. BGH, GRUR 2020, 843 Rn. 81 - Metall auf Metall IV) - folgt im Markenrecht regelmäßig aus der Verwirklichung einer der in § 14 Abs. 3 MarkenG genannten Handlungsmodalitäten die Erstreckung des Verbots auf sämtliche in dieser Vorschrift genannten Verwertungshandlungen (BGH, GRUR 2016, 197 Rn. 47 - Bounty; BGH, GRUR 2006, 421 Rn. 42 - Markenparfümverkäufe). Denn im Grundsatz sind alle Handlungsmodalitäten des § 14 Abs. 3, Abs. 4 MarkenG kerngleich, weshalb sich bei Verwirklichung nur einer der Tathandlungen die Vermutung der Wiederholungsgefahr auch auf die anderen erstreckt (OLG Karlsruhe, Urteil vom 25.05.2016 - 6 U 17/15, GRUR-RS 2016, 10600, Rn. 53 - Resistograph; Revision zurückgewiesen durch BGH, GRUR 2018, 417 Rn. 56 - Resistograph).
16
Dies folgt aus der Systematik des § 14 MarkenG. In der Vorschrift des § 14 Abs. 3 MarkenG sind - wie sich auch aus dem Begriff „insbesondere“ § 14 Abs. 3 MarkenG ergibt - in einer nicht abschließenden Aufzählung (EuGH, GRUR 2010, 445 Rn. 65 - Google France und Google) Beispiele für Benutzungsformen genannt, die eine rechtsverletzende Benutzung eines Zeichens sein können. Es handelt sich daher bei diesen Handlungsformen um unselbständige Unterfälle der markenmäßigen Benutzung (so auch OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 53 - Resistograph), die den Begriff der rechtsverletzenden Verwendung gemäß § 14 Abs. 2 MarkenG konkretisieren (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 14 Rn. 219). Denn das Charakteristische der Verletzungshandlung liegt markenrechtlich betrachtet in der Benutzung des verletzenden Zeichens. Durch welche der in § 14 Abs. 3 MarkenG beispielhaft aufgeführten Handlungsmodalitäten diese Benutzung erfolgt ist, hat auf den Kern der Verletzungshandlung keinen Einfluss (Thiering, in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 14 Rn. 527). Es handelt sich dabei um unselbständige Erscheinungsformen der in § 14 Abs. 2 MarkenG geregelten und normativ als eine Tathandlung anzusehenden Zeichenbenutzung.
17
c) Eine andere Beurteilung ist nur veranlasst, wenn vor dem Hintergrund des Charakteristischen der konkreten Verletzungshandlung eine Benutzungsart des § 14 Abs. 3 MarkenG nach der Lage der Dinge völlig fernliegend erscheint (noch weitergehend Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, Vorb. zu §§ 14-19 d, Rn. 123).
18
So soll durch ein Ausstellen von Erzeugnissen auf einer Fachmesse im Inland keine Vermutung für ein Anbieten oder Inverkehrbringen dieses Produkts im Inland begründet werden, da auf einer Fachmesse üblicherweise kein Verkauf stattfindet (BGH, GRUR 2010, 1103 Rn. 22 - Pralinenform II). In der Ausstellung auf der Fachmesse liegt nur dann zugleich ein „Anbieten“ unter Verwendung des Zeichens in Deutschland, wenn - insbesondere, weil es sich um eine Verkaufsmesse handelt - aus Sicht des Messepublikums konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass mit der Benutzung in der Werbung zugleich zum Erwerb der Produkte im Inland aufgefordert wird (OLG Frankfurt, GRUR 2015, 903 Rn. 13 f. - Tuppex; vgl. auch OLG Nürnberg, GRUR-RR 2022, 315 Rn. 21 ff. - Lavera).
19
Keine Erstreckung der Vermutung auf alle Benutzungshandlungen ist auch dann anzunehmen, wenn die Markenverletzung durch einen reinen Händler erfolgte und daher nach den Umständen des Einzelfalls keinerlei Anhaltspunkte dafür festgestellt werden können, dass dieser das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anbrachte oder unter dem Zeichen Waren herstellte. Denn auch in dieser Konstellation erscheinen vor dem Hintergrund des Charakteristischen der handelsbezogenen Verletzungshandlungen (wie das Anbieten, Bewerben, Vertreiben oder Besitzen) die für einen Hersteller typischen Benutzungsarten (wie das Herstellen oder die Markenanbringung) als völlig fernliegend.
20
Dabei ist die Frage der Beurteilung des Vorliegens eines Ausnahmefalls von der grundsätzlichen Kerngleichheit der in § 14 Abs. 3 und Abs. 4 MarkenG aufgeführten Handlungsmodalitäten in der Regel nach objektiven Kriterien zu beurteilen. Etwas anderes gilt nur, wenn der Benutzungstatbestand - wie beispielsweise das Anbieten - einen Kommunikationsprozess mit einem Dritten beinhaltet; dann ist auf das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise abzustellen.
21
2. Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Maßstabs wird im vorliegenden Fall die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht nur für die Benutzungsmodalitäten „anbieten“ und „bewerben“, sondern auch für die Verletzungshandlungen „vertreiben“ und „besitzen“, nicht jedoch für die Verwertungshandlungen „anbringen“ und „herstellen“ begründet.
22
a) Es ist unstreitig, dass die Beklagte über die von ihr betriebene Internetseite www.s[…].com sowie über die Handelsplattform www.amazon.de markenverletzende Produkte bewarb und anbot. Dies stellt jeweils Markenverletzungen nach § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 MarkenG dar, weshalb dem Kläger unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr die - von der Beklagten anerkannten - Unterlassungs- und Folgeansprüche in Bezug auf die Benutzungshandlungen „bewerben“ und „anbieten“ von Tauchzubehör zustehen.
23
b) Die durch diese Verletzungshandlungen begründete Vermutung der Wiederholungsgefahr erstreckt sich auch auf die dazu kerngleichen Benutzungshandlungen „vertreiben“ und „besitzen“. Denn in Bezug auf diese Tathandlungen ist der Grundsatz anzuwenden, dass alle Handlungsmodalitäten des § 14 Abs. 3 MarkenG kerngleich sind und sich bei Verwirklichung nur einer der Handlungsmodalitäten die Vermutung der Wiederholungsgefahr auch auf die anderen erstreckt. Es erscheint nach der Lage der Dinge auch nicht völlig fernliegend, dass die Beklagte die markenverletzenden Produkte nicht nur über die von ihr betriebene Internetseite www.s[…].com sowie über die Handelsplattform www.amazon.de bewarb und anbot, sondern dass sie die beworbenen und angebotenen Produkte auch vertrieb und besaß.
24
aa) Das ergibt sich aus einer Gesamtschau der nachfolgenden Umstände:
25
In diesem Zusammenhang ist zum einen zu berücksichtigen, dass die Beklagte erstinstanzlich ausdrücklich einräumte, dass sie „ausschließlich Originalware [vertreibe], was insbesondere auch für die mit den streitgegenständlichen Marken gekennzeichneten Produkte [gelte].“ Dieser Prozessvortrag impliziert das Zugeständnis, dass die Beklagte auch Tauchzubehör unter den streitgegenständlichen Marken vertrieb und entsprechende Produkte besaß.
26
Zum anderen ist zu beachten, dass unstreitig ist, dass die Beklagte am 08.06.2019 eine unter der Marke des Klägers über die Handelsplattform www.amazon.de beworbene Trimmbleitasche der Marke „E-X-D Extreme Durable“ an den Kläger verkaufte und versandte. Zwar befanden sich weder auf dem erworbenen Produkt noch auf der Produktverpackung die Marken des Klägers. Auch beim Originalprodukt des Klägers ist jedoch keine Marke auf der Trimmbleitasche selbst angebracht, weshalb auf den auf der streitgegenständlichen Amazon-Homepage verwendeten Produktfotos dieser Trimmbleitasche die klägerischen Marken ebenfalls nicht vorhanden waren. Dagegen bewarb die Beklagte weitere vom Kläger beanstandete Tauchzubehör-Produkte teilweise mit Produktfotos, die Waren mit den klägerischen Marken zeigten. Und es ist - da der Lauterkeitsvermutung entsprechend - keineswegs fernliegend, dass die so beworbenen Produkte wie beschrieben - also unter Verwendung der klägerischen Marken - geliefert werden. Denn anderenfalls würde sich die Beklagte dem Vorwurf aussetzen, die Käufererwartung, dass das Produkt wie beworben erworben werden kann, zu enttäuschen, zumal die Beklagte in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter Ziffer 5. selbst ausführt, dass die „vorhandenen Gegenstände […] so genau wie möglich beschrieben und präsentiert“ würden.
27
Nicht außer Acht gelassen werden kann in diesem Zusammenhang die von der Beklagten gegenüber dem Kläger am 21.10.2022 erteilte Auskunft zur Erfüllung der Vorgaben aus Ziffer 3. des landgerichtlichen Teil-Anerkenntnis- und Endurteils vom 03.02.2022. Danach habe die Beklagte insgesamt 153 Tauchzubehör-Produkte nach Deutschland verkauft und geliefert. Der Kläger trug daraufhin vor, dass auf den meisten dieser Produkte die Marken des Klägers aufgedruckt, eingeprägt oder eingenäht seien. Dieser Vortrag ist - obwohl er erst mit Schriftsatz vom 15.11.2022 erfolgte - auch berücksichtigungsfähig. Es handelt sich dabei um - auf der Auskunft der Beklagten beruhendes - unstreitiges Vorbringen, das ungeachtet des § 531 ZPO zuzulassen ist (vgl. BGH, NJW 2018, 2269 Rn. 25). Die Nichteinhaltung der Wochenfrist des § 132 Abs. 1 ZPO genügt nicht, um Angriffsmittel nach § 296 Abs. 2, § 282 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen (BGH, Beschluss vom 30.03.2006 - VII ZR 139/05, BeckRS 2006, 6251 Rn. 4). Ein Verstoß gegen § 525, § 283 Abs. 2 ZPO besteht nicht, da nicht hinreichend dargetan ist, dass die Beklagte mehr als sechs Tage benötigt, um die eigenen, sich aus ihrer Auskunft ergebenden Verkaufsvorgänge dahingehend durchzusehen, ob auf den verkauften Produkten tatsächlich die klägerische Marke aufgedruckt ist oder nicht.
28
bb) Eine andere Beurteilung ist in Bezug auf die Handlungsmodalität des Besitzens nicht deshalb veranlasst, weil die Beklagte ihren Sitz in Spanien hat.
29
Besitz zu den genannten Zwecken i.S.v. § 14 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG ist dann gegeben, wenn die tatsächliche Sachherrschaft über entsprechend gekennzeichnete Waren ausgeübt wird, sofern das Besitzen zum Zwecke des Anbietens oder Inverkehrbringens (und zwar jeweils im Inland) erfolgt (Mielke, in BeckOK MarkenR, 31. Ed. 01.10.2022, § 14 MarkenG Rn. 237). Das Besitzen muss bereits die Gefahr einer tatsächlich eintretenden Kollision in sich bergen (Hacker, in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 14 Rn. 199). Es handelt sich dabei um einen typischen Vorfeldtatbestand. Für diesen kann es für das Vorliegen eines Ausnahmefalls von der regelmäßigen Kerngleichheit der in § 14 Abs. 3 und Abs. 4 MarkenG aufgeführten Handlungsmodalitäten nicht darauf ankommen, ob die - grundsätzlich unternehmensinterne - Tathandlung des Besitzes im Inland oder (europäischen) Ausland begangen wird. Entscheidend ist lediglich, dass der damit verbundene Zweck des Anbietens oder Inverkehrbringens entweder bereits eingetreten ist oder derart unmittelbar bevorsteht, dass typischerweise ohne weitere wesentliche Zwischenakte eine tatsächlich eintretende Markenkollision im Raum steht.
30
Im vorliegenden Fall richtete sich das Internetangebot der Beklagten bestimmungsgemäß an die deutschen Verkehrskreise (vgl. BGH, GRUR 2012, 621 Rn. 36 - OSCAR), weshalb der Besitz unmittelbar zum Zweck des Anbietens im Inland erfolgt. Das Besitzen erfolgt darüber hinaus zum Zweck des Inverkehrbringens in Deutschland, da typischerweise ohne weitere wesentliche Zwischenakte eine tatsächlich eintretende Markenkollision im Inland im Raum steht. Denn die Beklagte liefert nicht nur nach Deutschland, sondern ist im EU-Ausland und im Schengenraum ansässig und hält nach eigenen Angaben ein europäisches Online-Verkaufsnetzwerk bereit, welches aus 17 einzelnen Stores besteht. Der Besitz der Waren in Spanien ermöglicht es daher der Beklagten, dass sie eine eingegangene Bestellung jederzeit unmittelbar ausführt und damit Waren - mit dem Aufwand eines deutschen Händlers vergleichbar - in Deutschland in den Verkehr bringt.
31
c) Dagegen erstreckt sich die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht auf die Benutzungshandlungen „anbringen“ und „herstellen“. Denn bei der Beklagten handelt es sich um eine (bloße) Händlerin, und nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalls bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sie das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anbrachte oder unter dem Zeichen Waren herstellte. Vielmehr handelt es sich dabei um nach Lage der Dinge völlig fernliegende Benutzungsarten. Zum einen trägt der Kläger selbst vor, dass er davon ausgehe, dass die Beklagte Produkte, auf welchen die klägerischen Marken angebracht seien, entweder von C. M. oder einem anderen Zwischenhändler erworben habe. Zum anderen ergibt sich für die angesprochenen Verkehrskreise sowohl aus der Firmierung der Beklagten als „T.[…] Retail Services S.L.“ als auch aus den sich nur auf die Lieferung von Waren beziehenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten hinreichend deutlich, dass diese weder Tauchzubehör herstellt noch Zeichen auf Tauchzubehör oder dessen Aufmachung oder Verpackung anbringt, sondern nur als Händlerin im Verkehr auftritt.
32
3. Ein auf die Benutzungshandlungen „anbringen“ und „herstellen“ bezogener Unterlassungsanspruch besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr.
33
Die Annahme einer Erstbegehungsgefahr setzt ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Anspruchsgegner sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten wird. Dabei muss sich die Erstbegehungsgefahr auf eine konkrete Verletzungshandlung beziehen. Die die Erstbegehungsgefahr begründenden Umstände müssen die drohende Verletzungshandlung so konkret abzeichnen, dass sich für alle Tatbestandsmerkmale zuverlässig beurteilen lässt, ob sie verwirklicht sind. Die Darlegungs- und Beweislast dafür liegt beim Anspruchsteller (BGH, GRUR 2021, 607 Rn. 50 - Neuausgabe; OLG Nürnberg, GRUR 2022 1612 Rn. 37 - Mineralwasserkisten). Darin liegt für die Klagepartei im Gegensatz zur Beweislage bei der Wiederholungsgefahr - die aufgrund einer begangenen Verletzung vermutet wird - eine besondere Schwierigkeit (Bornkamm, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, § 8 Rn. 1.18).
34
Im vorliegenden Fall hat die Klagepartei keine hinreichend konkreten und greifbaren Anhaltspunkte dafür dargelegt, dass die Beklagte in naher Zukunft die Klagemarken auf Tauchzubehör oder dessen Aufmachung oder Verpackung anbringen oder unter diesen Zeichen Tauchzubehör herstellen wird. Auf die obigen Ausführungen des Senats unter Ziffer B.I.2.c) wird Bezug genommen. Zudem hat die Beklagte die streitgegenständliche Produktwerbung unstreitig zwischenzeitlich umgestellt. Die aus dieser Verletzungshandlung resultierende Erstbegehungsgefahr wäre daher entfallen (vgl. BGH, GRUR 2010, 838 Rn. 27 - DDR-Logo).
III.
35
Vor diesem Hintergrund stehen der Klägerin die geltend gemachten Schadensersatzfeststellungs- und Auskunftsansprüche auch im Hinblick auf die Handlungsmodalitäten „vertreiben“ und „besitzen“ zu. Darüber hinaus besteht ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Höhe von insgesamt 1.822,96 EUR.
36
1. Nach § 14 Abs. 6 S. 1 MarkenG ist derjenige, der die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die Verletzungshandlungen zumindest fahrlässig begangen. Der Eintritt eines Schadens durch die festgestellte Verletzung seiner Marken steht hier schon deshalb fest, weil der Kläger den Eingriff in sein Markenrecht als ein vermögenswertes Recht nicht ohne Entgeltzahlung hinnehmen muss.
37
Die festgestellte Schadensersatzpflicht erstreckt sich auf den Schaden, der dem Kläger aus allen in Ziff. 1. des landgerichtlichen Urteils in der Fassung des hiesigen Berufungsurteils beschriebenen Handlungen bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird. Denn die Schadensersatzpflicht wegen der Verletzung eines Markenrechts durch gleichliegende Handlungen kann in der Regel bereits dann festgestellt werden, wenn mindestens ein Verletzungsfall nachgewiesen wird. Die Schadensersatzpflicht kann dann über den konkret nachgewiesenen Verletzungsfall hinaus in Bezug auf gleichliegende Verletzungshandlungen festgestellt werden, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine Schädigung durch weitere rechtlich gleich zu beurteilende Handlungen wahrscheinlich ist und auch hinsichtlich dieser weiteren Handlungen über alle Einwendungen, die den Bestand des Schadensersatzanspruchs oder seine Durchsetzbarkeit berühren, abschließend entschieden werden kann (vgl. BGH, GRUR 2006, 421 Rn. 47 f. - Markenparfümverkäufe).
38
2. Der auf spezialgesetzliche Anspruchsgrundlagen wie § 19 MarkenG gestützte Auskunftsanspruch ist ebenso wie der aus § 242 BGB hergeleitete Auskunftsanspruch seinem Inhalt nach grundsätzlich auf die Erteilung von Auskünften über den konkreten Verletzungsfall, d.h. über die konkrete Verletzungshandlung einschließlich solcher Handlungen beschränkt, die ihr im Kern gleichartig sind. Ein Anspruch auf Auskunftserteilung besteht nicht auch über mögliche andere Verletzungsfälle, da dies darauf hinausliefe, unter Vernachlässigung allgemein gültiger Beweislastregeln der Ausforschung Tür und Tor zu öffnen (BGH, GRUR 2022, 1427 Rn. 120 - Elektronischer Pressespiegel II). Damit bezieht sich im vorliegenden Fall der geltend gemachte Auskunftsanspruch auf alle Tathandlungen, auf die sich der Unterlassungsanspruch gemäß Ziffer 1. des landgerichtlichen Urteils in der Fassung dieses Berufungsurteils erstreckt.
39
3. Der Kläger hat Anspruch auf Abmahnkostenerstattung in Höhe von 1.822,96 EUR.
40
a) Dem Kläger steht bei einer vollständig berechtigten Abmahnung ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.822,96 EUR zu.
41
Dabei legt der Senat - wie der Kläger in seiner Klage - einen Gegenstandswert für die in der Abmahnung geltend gemachten unterlassungsbezogenen Ansprüche von 50.000,00 EUR zugrunde.
42
Anzusetzen ist lediglich eine Geschäftsgebühr von 1,3, da nicht dargetan ist, dass die der Abmahnung zugrundeliegende Kennzeichenstreitsache i.S.v. KV 2300 RVG als nach Umfang und Schwierigkeit überdurchschnittlich einzustufen ist (vgl. BGH GRUR 2014, 206 Rn. 23 - Einkaufskühltasche). Hierfür müssen konkrete Anhaltspunkte, die eine abweichende Einordnung von der Regelgebühr von 1,3 rechtfertigen könnten, dargetan werden (OLG Frankfurt, Urteil vom 08.11.2012 - 6 U 208/11, GRUR-RS 2012, 24218 - disapo.de). Eine Überschreitung der Regelgebühr lässt sich nicht damit rechtfertigen, dass Kennzeichenstreitsachen von vornherein überdurchschnittlich schwierig seien (OLG Frankfurt a.a.O. - disapo.de). Der im vorliegenden Fall in der Klage dargelegte Mehraufwand aufgrund des Auslandsbezugs ist dafür nicht ausreichend.
43
Bei Anwendung der im Zeitpunkt der Abmahnung am 15.09.2020 geltenden Gebühren und unter Zugrundlegung einer Auslagenpauschale von 20,00 EUR sowie der Umsatzsteuer in Höhe von 291,06 EUR besteht ein Erstattungsanspruch in Höhe von 1.822,96 EUR.
44
b) Eine Reduzierung dieses Anspruchs wegen einer nur teilweise berechtigten Abmahnung kommt vorliegend nicht in Betracht.
45
Zwar ist bei einer nur teilweise berechtigten Abmahnung die Höhe des Ersatzanspruchs nach dem Verhältnis des Gegenstandswerts des berechtigten Teils der Abmahnung zum Gegenstandswert der gesamten Abmahnung zu bestimmen (BGH, GRUR 2010, 744 Rn. 52 - Sondernewsletter). D.h. die Abmahnkosten sind - entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts - nicht in voller Höhe aus dem reduzierten Gegenstandswert zu berechnen, sondern es ist zu schauen, welcher Bruchteil der geltend gemachten Abmahnkosten auf die begründeten Unterlassungsansprüche entfallen.
46
Im vorliegenden Fall sind diese Grundsätze einer nur teilweise berechtigten Abmahnung jedoch nicht anzuwenden. Denn in der Abmahnung vom 15.09.2020 werden nicht mehrere Streitgegenstände geltend gemacht, die nur teilweise als Verstöße gegen das Markengesetz qualifiziert werden können. Vielmehr wandte sich der Kläger in der Abmahnung lediglich gegen die im Internet begangene Markenverletzung der Beklagten und begehrte deshalb unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr Unterlassung. Zwar forderte der Kläger in der beigefügten Unterlassungserklärung mehr, als ihm zustand, da sich diese auch auf die Tathandlungen „Herstellen“ und „Anbringen der Marke“ bezog. Dies ist jedoch unschädlich, da es Sache des Beklagten als Schuldner war, aufgrund der Abmahnung die zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr erforderliche Erklärung abzugeben (vgl. BGH, GRUR 2019, 82 Rn. 35 - Jogginghosen).
IV.
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Einwendungen der Beklagten - insbesondere der Einwand der Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG - stehen den geltend gemachten Ansprüche nicht entgegen.
48
Die darlegungsbelastete Beklagte (vgl. BGH, GRUR 2012, 630 Rn. 29 - CONVERSE II) hatte in erster Instanz zwar (zunächst) den Erschöpfungseinwand erhoben, jedoch ohne substantiiert darzulegen, dass die mit der Marke gekennzeichneten Waren vom Inhaber Marke oder mit seiner Zustimmung in der Europäischen Union in Verkehr gebracht worden sind. So benannte sie ihren Zwischenhändler nicht und trug auch keine konkreten Tatsachen zu den Erwerbsvorgängen vor. Auf den substantiierten Klägervortrag in der Replik zur Erschöpfung erklärte die Beklagte jedoch ein Teilanerkenntnis bezüglich der Verletzungshandlungen des Anbietens und Bewerbens von Tauchzubehör unter den streitgegenständlichen Zeichen. Seitdem wurde die Problematik der Erschöpfung nicht mehr - auch nicht in der Berufung - thematisiert. Vor diesem Hintergrund betonte der Senat in der mündlichen Verhandlung mehrfach, dass im vorliegenden Fall allein die Frage der Reichweite der geltend gemachten Ansprüche in Bezug auf die einzelnen Verletzungshandlungen zwischen den Parteien im Streit stünde, was keinen Widerspruch bei den Parteien hervorrief.
C.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.
50
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 1, Nr. 10, § 709, § 711 ZPO.
51
Die Festsetzung des Streitwerts erfolgte in Anwendung von § 3 ZPO, § 51 Abs. 1 GKG. Die Parteien haben sich weder gegen die Streitwertfestsetzung des Landgerichts in Höhe von insgesamt 57.000,00 EUR noch gegen die erstinstanzliche Einschätzung, dass der Streitwert für die im Teil-Anerkenntnisurteil zugesprochenen Tathandlungen Anbieten und Bewerben 19.000,00 EUR beträgt, gewandt.
52
Die Revision ist nach § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Die Frage, auf welche Tathandlungen gemäß § 14 Abs. 3 und 4 MarkenG sich die Vermutung der Wiederholungsgefahr erstreckt, ist höchstrichterlich nicht entschieden und wirft entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen auf, die sich über den Einzelfall hinaus in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen können und deshalb für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind.