Titel:
Ernsthafte Benutzung eines Zeichens für Marketing
Normenkette:
MarkenG § 14 Abs. 2, § 23, § 25
Leitsätze:
1. Von einer ernsthaften Benutzung eines Zeichens kann auch dann ausgegangen werden, wenn eine unentgeltliche Abgabe der mit der Marke gekennzeichneten Ware einen Bezug zu einer geschäftlichen Tätigkeit des Markeninhabers aufweist und nicht nur symbolischen Charakter hat. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Verwendung für Werbezwecke reicht aus. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Wortmarke, Marke, Leistungen, Dienstleistungen, Vollziehung, Verwechslungsgefahr, Kennzeichnungskraft, Streitwert, Ware, Unterlassungsanspruch, Herkunftshinweis, Zeichen, Verletzung, Beschaffenheit, beschreibende Angabe, Waren und Dienstleistungen, Einstellung der Zwangsvollstreckung
Rechtsmittelinstanz:
OLG Nürnberg, Urteil vom 25.10.2022 – 3 U 2576/22
Fundstelle:
GRUR-RS 2022, 29134
Tenor
I. Die Beschlussverfügung des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27.06.2022, Aktenzeichen 4 HK O 3466/22, wird aufrechterhalten.
II. Der Verfügungsbeklagte trägt auch die weiteren Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 100.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren um das Vorliegen eines marken- und wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs.
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Die Verfügungsklägerin gibt die … heraus und verleiht seit … in Gestalt einer …, die in der Saison die meisten … erzielten (K 1 - 10, 15); sie ist Inhaberin der 2006 angemeldeten und eingetragenen Wortmarken … eingetragen unter DE 306 … (K 13) und …, eingetragen unter DE 306 … (K 14), beide für
16 Druckereierzeugnisse, insbesondere …
28 Spiele, einschließlich Video- und Computerspiele; Spielzeug; Turn- und Sportartikel (soweit in Klasse 28 enthalten)
35 Werbung, einschließlich Rundfunk- und Fernsehwerbung; Vermittlung und Durchführung von Sponsoringveranstaltungen durch Werbung im Sport- und Kulturbereich; Öffentlichkeitsarbeit
38 Telekommunikation, einschließlich Online-Kommunikation
41 Rundfunk- und Fernsehunterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten, insbesondere Ausrichtung, Durchführung und Veranstaltung von Sportwettkämpfen, Wettbewerben für Sportler, Unterhaltungsshows, Sponsoringveranstaltungen; Online-Angebote, nämlich Sportinformationen aller Art, Sportwetten und Tippspiele; Veranstaltung von Sportwettkämpfen.
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Die Verfügungsbeklagte vertreibt im Onlinehandel unter anderem …, darunter auch laut Warenbeschreibung aus Kunstharz/Polyresin gefertigte… Die Verfügungsklägerin erlangte hiervon Ende Mai 2022 Kenntnis und mahnte die Verfügungsbeklagte nach einem Testkauf (K 19 - 21) ab (K 22). Die Verfügungsbeklagte ließ den Unterlassungsanspruch mit Schriftsatz vom 17.06.2022 bestreiten (K 23).
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Die Verfügungsklägerin trägt vor, sie nutze ihre Marken rechtserhaltend - unschädlich sei, dass die … als … unentgeltlich … werden (EuGH 19.12.2008, GRUR 2009, 156; BGH GRUR 2006, 152). Der Verkehr halte das Material der … nicht für relevant, sodass die Warenidentität nicht durch Abweichungen im Material der … beeinträchtigt werde. Verwechslungsgefahr liege vor; die Verkehrskreise würden vom Bestehen geschäftlicher wirtschaftlicher bzw. organisatorischen Beziehungen zwischen den Parteien ausgehen. Der Begriff „…“ sei auch nicht beschreibend. Ihr stehe daher gegen die Verfügungsbeklagte ein Unterlassungsanspruch gem. §§ 14 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Abs. 3, Abs. 5 MarkenG, §§ 8 Abs. 1, 5 Abs. 2 Nr. 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 1, Nr. 3a, b, Nr. 4 UWG zu.
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Entsprechend dem Antrag der Verfügungsklägerin vom 23.06.2022 ist folgende Beschlussverfügung erlassen worden:
„I. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu zweihundertfünfzigtausend Euro oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann - wegen jeder Zuwiderhandlung untersagt, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland … unter der Bezeichnung „…“ und/oder „…“ und/oder „…“ und/oder „…“ anzubieten, zu bewerben und/oder in Verkehr zu bringen.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 100.000,00 € festgesetzt.
IV. Mit dem Beschluss ist zuzustellen die Antragsschrift der … vom 23.06.2022 (21 Seiten DIN A4) und die eidesstattliche Versicherung von … vom 23.06.2022 (2 Seiten DIN A4).“
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Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Verfügungsbeklagten, die auch wegen angeblicher Verletzung des Gebots der prozessualen Waffengleichheit die Einstellung der Vollstreckung der Beschlussverfügung beantragt.
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Die Verfügungsbeklagte bestreitet die markenmäßige Verwendung; in den streitgegenständlichen Verletzungsformen sehe der Verkehr in der konkreten Nachfragesituation in der Bezeichnung „…“ keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der …, sondern eine warenbeschreibende Angabe (OLG München GRUR-RR 2010, 429). Die warenbeschreibende Verwendung sei nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG frei.
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Sie erhebt außerdem die Nichtbenutzungseinrede; durch die Verfügungsklägerin habe überhaupt keine Verwendung der Marken für „…“ stattgefunden; eine Benutzung für „…“ - nämlich für als Ganzes inklusive des …im geschäftlichen Verkehr sei nicht nachgewiesen - die von der … verliehenen … würden allenfalls wenige Bestandteile aus Metall enthalten. Die … eines … sei außerdem markenrechtlich irrelevant (BGH GRUR 2006, 850 - …es fehle an einer ernsthaften und wirtschaftlichen Nutzung der Ware in einem mengenmäßig und umsatzbezogen relevanten Umfang.
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Die Verfügungsbeklagte beantragt,
die einstweilige Verfügung vom 27. Juni 2022, Az: 4 HK O 3466/22, aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
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Die Verfügungskläger beantragt
die einstweilige Verfügung vom 27.06.2022 zu bestätigen und den Widerspruch vom 13.07.2022 zurückzuweisen.
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Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze Bezug genommen.
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Im Termin am … ist eine von der Verfügungsklägerin übergebene … aus der …, die laut Schild für … bestimmt war, in Augenschein genommen worden.
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Über den Antrag der Verfügungsbeklagten auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus der Beschlussverfügung LG Nürnberg-Fürth vom 27.06.2022 ist mit Beschluss vom 19.08.2022 entschieden worden. Nach dem Termin hat die Verfügungsbeklagte vorgetragen, die Vollziehung der Beschlussverfügung sei unstatthaft gem. § 929 Abs. 2 ZPO.
Entscheidungsgründe
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Die Beschlussverfügung vom 27.06.2022 ist aufrecht zu erhalten.
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I. Ein Verfügungsgrund besteht.
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Zur Sicherung der im MarkenG und im UWG bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 ZPO bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden, §§ 140 Abs. 3 MarkenG, 12 UWG.
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Die Verfügungsklägerin erlangte von den streitgegenständlichen Verletzungshandlungen unstreitig Ende Mai 2022 Kenntnis; der nach Durchführung des Testkaufs und Abmahnung der Verfügungsbeklagten gestellte Antrag der Verfügungsklägerin vom 23.06.2022 ist damit innerhalb der Monatsfrist eingegangen.
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II. Aufgrund der summarischen Prüfung der Rechtslage ist vom Bestehen des Verfügungsanspruchs auszugehen.
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1. Der Unterlassungsanspruch gem. § 14 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Abs. 3, Abs. 5 MarkenG ist glaubhaft gemacht.
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a) Der Schutz der deutschen Wortmarke „…“ steht der Klägerin gem. §§ 4 Nr. 1, 14 Abs. 1 MarkenG zu.
21
b) Der Anspruch ist nicht aufgrund § 23 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ausgeschlossen.
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Eine Benutzung des Zeichens „…“ als beschreibende Angabe ist zu verneinen. Die von der Verfügungsbeklagten benutzte Angabe stellt keine Angabe über Merkmale oder Eigenschaften der Ware, insbesondere über ihre Art, Beschaffenheit, Bestimmung, Wert oder Herkunft dar; vielmehr ist die Kombination der Bestandteile „…“ und „…“ keine gebräuchliche Beschreibung einer …, sondern eine allein für den von „…“ … geschaffene, sprachlich orginelle Wortbildung mit hohem Bekanntschaftsgrad, mit eindeutigem, in … bekanntem Herkunftsbezug zu …“ sowie mit erheblicher Kennzeichnungskraft, auch wenn der Wortbestandteil „…“ die Gestalt der … beschreibt (Ströbele/ Hacker/Thiering MarkenG, § 8 Rdnr. 245, 247). Anders als die Begriffe „..“ oder „…“(OLG München GRUR-RR 2010, 429; BGH NJW 2006, 3002 ff. - Tz. 46 - …) wird die Wortmarke „…“ daher nicht als beschreibende Angabe im Sinne eines Hinweises auf ein … bzw. eine Preisverleihung verstanden, sondern mit der … als Verleiher der … und Urheber der so gekennzeichneten Ware verbunden. Für die Kammer bestehen keine Zweifel daran, dass das Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen als Herkunftshinweis auf die … als … des … verstanden wird.
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c) Die von der Beklagten erhobene Einrede der Nichtbenutzung gem. § 25 Abs. 2 MarkenG greift nicht durch.
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Die Benutzungsschonfrist ist abgelaufen. Die Verfügungsklägerin hat glaubhaft gemacht (Ströbele/ Hacker/Thiering MarkenG, 13. Aufl. § 25 Rdnr. 49), dass die Wortmarke für die Waren der Gruppe 06 …, für die sie eingetragen ist, innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Geltendmachung der Verletzungsansprüche rechtserhaltend benutzt worden ist, § 26 Abs. 1 MarkenG.
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Aufgrund der eidesstattlichen Versicherung (K 1), der in Augenschein genommenen … und der von der Verfügungsklägerin vorgelegten Veröffentlichungen (K 3 - 12, 24) ist hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Verfügungsbeklagte die Marke in üblicher und wirtschaftlich relevanter Art und Weise im geschäftlichen Verkehr verwendet, dass insbesondere keine Scheinbenutzung vorliegt.
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aa) Unschädlich ist, dass die „…“ als …unentgeltlich … werden und die Verfügungsklägerin durch die Benutzungshandlung der … selbst keinen unmittelbaren Umsatz mit „…“ erzielt, da die Verfügungsklägerin mit der … und der … hierüber in der … die Förderung ihrer eigentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit als … und die Umsatzsteigerung der … bezweckt (Ströbele/ Hacker/Thiering MarkenG, § 26 Rdnr. 16; BGH GRUR 2006, 152 - GALLUP).
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Nachdem der Sinn und Zweck der Marke darin besteht, dass für Waren oder Dienstleistungen, die mit dem die Marke bildenden Zeichen versehen sind, gegenüber Waren oder Dienstleistungen anderer Unternehmen ein Absatzmarkt erschlossen oder gesichert wird, stellt eine Verwendung einer Wortmarke mit dem Ziel, den Markeninhaber gegen eine Benutzung identischer oder ähnlicher Zeichen im Geschäftsleben durch Dritte zu schützen, eine rechterhaltende, funktionsgemäße Benutzung dar; es reicht aus, dass der Markeninhaber die ihm gehörenden Marken verwendet, um seine Waren oder Dienstleistungen in der Öffentlichkeit zu kennzeichnen oder deren Absatz zu fördern, und sich die Benutzung nicht auf eine interne Verwendung beschränkt (EuGH GRUR 2009, 156).
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Eine Marke wird zwar in der Regel nur dann ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion - die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren - benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern (BGH GRUR 2006, 152 - GALLUP); entgegen der Rechtsmeinung der Verfügungsbeklagten liegt eine solche Benutzung aber auch dann vor, wenn die unentgeltliche Abgabe der mit der Marke gekennzeichneten Ware einen Bezug zu einer geschäftlichen Tätigkeit des Markeninhabers aufweist und nicht nur „symbolischen“ Charakter hat (BGH GRUR 2006, 152 - GALLUP); eine Verwendung zu Werbezwecken - wie beim Sammeln von Spenden zur Finanzierung der Leistungen des Markeninhabers - reicht für eine ernsthafte Benutzung der Marke aus (EuGH GRUR 2009, 156). Auch wenn keine Gewinn- oder Umsatzerzielungsabsicht im Bezug auf die … der … an die … besteht, stellt die Verwendung der speziell für diese Marketingaktion eingetragenen Wortmarke eine rechtserhaltende Benutzung dar, weil dieser „Nebenware“ der Verfügungsklägerin ein erheblicher Gebrauchswert zukommt, nachdem den angesprochenen Verkehrskreisen bekannt ist, dass die begehrte … seit Jahrzehnten von der …wird (vgl. Ströbele/ Hacker/Thiering MarkenG, § 26 Rdnr. 76 ff., BGH GRUR 2012, 180; EuGH GRUR 2009, 156 und 410; LG Berlin AfP 2011, 497 - Osgar) und nachdem die … der … dazu dient, Marktanteile für die weiteren durch die Marke geschützten Waren und Dienstleistungen zu behalten oder zu gewinnen (BGH GRUR 2006, 152 - GALLUP).
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Nachdem für die Benutzung eines Zeichens in der Werbung als eigenständige markenrechtliche Verletzungsform jede unmittelbar oder mittelbar absatzfördernde Zielrichtung einschließlich imagepflegender oder aufmerksamkeitserzeugender Maßnahmen ausreicht, solange die Zuordnung zu der Art nach bestimmbaren Waren/Dienstleistungen möglich ist (OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 16.02.2022, Az. 3 U 3933/21), liegt nahe, dass auch umgekehrt eine Nutzung der Wortmarke bei der … der … und der … über diese … eine Benutzungshandlung der für …, Druckereierzeugnisse und Werbung eingetragenen Wortmarke darstellt (einschränkend Ströbele/ Hacker/Thiering MarkenG, § 26 Rdnr. 26).
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bb) Die Benutzung erfolgt auch im geschäftlichen Verkehr, nicht nur unternehmensintern.
31
Bei der … handelt es sich nicht um einen innerbetrieblichen Vorgang, sondern um eine nach außen von den Verantwortlichen des …“ in der Öffentlichkeit gegenüber einem … vorgenommenen Handlung, die Thema der Berichterstattung in einschlägigen Medien und der Marketingmaßnahmen für die … ist.
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cc) Soweit die benutzte Form teilweise von der eingetragenen Form abweicht, verändert diese Abweichung nicht den kennzeichnenden Charakter der Wortmarke, § 26 Abs. 3 MarkenG.
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Die Nutzung der Marke für eine nur teilweise aus … bestehenden … genügt für eine rechtserhaltende Nutzung, da die prägenden Merkmale der eingetragenen Marke erhalten geblieben sind und die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Der Verkehr setzt das Zeichen auch bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleich (vgl. BGH, Urteil vom 17.11.2014, I ZR 114/13; LG Hamburg LMuR 2022, 213). Die von … … … in … ist nach eigener Sachkunde der Kammer ein in den relevanten Verkehrskreisen seit langem bekanntes Markenzeichen mit gesteigerter Kennzeichnungskraft, da die … von branchenüblichen Preisen wie … abweicht, sodass die Fertigung des Sockels und des … aus Holz den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändert, solange die auch bei … aus Metall gefertigten Teile wie z.B. das … auch bei der … aus Metall bestehen. Dies ist ausweislich der übergebenen und in Augenschein genommenen … und der vorgelegten Lichtbilder der Fall.
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d) Der Gebrauch des Begriffs … durch die Verfügungsbeklagte zur Bezeichnung und Bewerbung der von ihr vertriebenen … stellt einen markenmäßigen Gebrauch dar (Ströbele/ Hacker/Thiering MarkenG, § 14 Rdnr. 111 ff.; BGH GRUR 2005, 419) .
35
Wie oben dargelegt, wird die Bezeichnung vom Verkehr nicht als beschreibende Angabe, sondern aufgrund der bekannten jahrzehntelangen … durch die … als Hinweis auf eine bestimmte betriebliche Herkunft der … verstanden; ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer nimmt daher an, dass die von der Verfügungsbeklagten angebotenen „…“ von einem mit der … wirtschaftlich in Verbindung stehenden Unternehmen herrühren.
36
Die von der Verfügungsbeklagten verwendeten Zusätze wie XXL oder klein sind nicht geeignet, aus der markenmäßigen Nutzung des Begriffs „…“ herauszuführen.
37
e) Die Verwechslungsgefahr liegt vor.
38
Gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist es Dritten untersagt, im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder der Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht. Wie zutreffend in der Antragsschrift ausgeführt, ist die Verwechslungsgefahr vorliegend aufgrund Waren- und Zeichenidentität gegeben. Zeichenidentität besteht auch, wenn es als Ganzes betrachtet nur so geringfügige Unterschiede - wie hier den Bindestrich - gegenüber dem geschützten Zeichen aufweist, dass sie einem Durchschnittsverbraucher entgehen können (BGH NJW-RR 2021, 230).
39
2. Hilfsweise ist auch ein Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 3a, b UWG glaubhaft gemacht.
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a) Vom Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Parteien ist auszugehen.
41
Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist dann gegeben, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann und die von den Parteien angebotenen Waren oder Dienstleistungen einen wettbewerblichen Bezug zueinander aufweisen (BGH GRUR 2022, 729). Dieser Bezug ist zwischen den Vorteilen, die sich die Verfügungsbeklagte durch das Anbieten von „…“ verschaffen will, und den Nachteilen, die die Verfügungsklägerin durch die Kommerzialisierung des von ihr verliehenen … und durch die Beeinträchtigung der Wertschätzung der „…“ und mittelbar auch der … in …kreisen infolge des Vertriebs von Kopien erleidet, gegeben.
42
b) Die Verfügungsbeklagte handelt unlauter i.S.v. §§ 3, 4 Nr. 3 UWG, indem sie Waren anbietet, die eine Nachahmung der Waren der Verfügungsklägerin sind, wodurch eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeigeführt und die Wertschätzung der nachgeahmten Ware unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt wird.
43
aa) Das Leistungsergebnis der Verfügungsklägerin verfügt über wettbewerbliche Eigenart.
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Gegenstand des lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes können Leistungs- und Arbeitsergebnisse aller Art sein - selbst fiktive, wirtschaftlich verwertete Figuren (BGH GRUR 2012, 1155; GRUR 2015, 1214; GRUR 2016, 725) - also auch die streitgegenständliche … Vorliegend kommt dieser … auch wettbewerbliche Eigenart zu, weil - wie oben ausgeführt - ihre konkrete Ausgestaltung und die Umstände ihrer jahrzehntelangen, medienwirksamen … geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen.
45
bb) Eine unlautere Nachahmung ist glaubhaft gemacht.
46
Nach h.M. besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen: je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Unlauterkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (BGH GRUR 2010, 80; GRUR 2016, 725). Aufgrund des hohen Bekanntheitsgrades des Orginals in …kreisen - nicht zuletzt infolge der Berichterstattung in der … - und aufgrund der Identität der Bezeichnung und der Gestaltung der beiden … bestehen für die Kammer keine Zweifel daran, dass es sich bei den „…“ der Verfügungsbeklagten um eine unlautere Nachahmung handelt.
47
cc) Das Verhalten ist auch geeignet, eine vermeidbare Herkunftstäuschung hervorzurufen.
48
Wie oben dargelegt, gehen die angesprochenen Verkehrskreise mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit von einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen dem Hersteller der von der Verfügungsbeklagten angebotenen … aus, sodass sie über die Herkunft der von der Verfügungsbeklagten angebotenen … getäuscht werden und außerdem die Bekanntheit und der Ruf der … seitens der Verfügungsbeklagten ausgebeutet werden. Außerdem ist auch dann von einer unlauteren Nachahmung auszugehen, wenn bei einem nahezu identisch nachgeahmten Produkt, bei dem das Orginal entweder von der … an einen … verliehen wurde oder auf dem freien Markt nur für einen hohen Preis erworben wurde, zwar nicht der Käufer selbst, der aufgrund des Preises der Nachahmung von einer nicht autorisierten Kopie ausgeht, aber Dritte, die beim Käufer die Nachahmung sehen, zur irrigen Vorstellung über die Echtheit verleitet werden (BGH GRUR 1985, 876; GRUR 2022, 160).
49
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
50
IV. Die Verhandlung war nicht wiederzueröffnen.
51
Der Vortrag im nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagtenvertreter ist gem. § 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen, kann aber im Berufungsverfahren abschließend geprüft werden.
52
Die Zustellung der von der Klägervertreterin eingescannten beglaubigten Ausfertigung der Beschlussverfügung stellt nach Auffassung der Kammer sowohl eine Vollziehungshandlung gem. § 929 Abs. 2 ZPO, als auch eine wirksame Zustellung an den Beklagtenvertreter dar (vgl. KG WRP 2011, 612; BGH NJW 2019, 1374).