Inhalt

LG München I, Endurteil v. 18.08.2022 – 7 O 10368/21
Titel:

Voraussetzung der inländischen Benutzungshandlung bei Systemanspruch

Normenketten:
EPÜ Art. 64
PatG § 9, § 139, § 140b
ZPO § 148
Leitsätze:
1. Für das Anwenden eines Verfahrens, bei dem eine oder mehrere Maßnahmen im Inland und andere im Ausland vorgenommen werden, ist es ausreichend, wenn die im Ausland bewerkstelligten (notwendigen) Maßnahmen dem im Inland Handelnden ebenfalls zuzurechnen sind; für das Gebrauchen und Herstellen eines Systems ist erforderlich, dass jedenfalls die Herstellung oder der Gebrauch eines Bestandteils des Systems in der Bundesrepublik Deutschland erfolgen. Bei einem im Inland abgegebenen Angebot kommt es hingegen nicht darauf an, wohin die spätere Lieferung erfolgen soll; erforderlich ist, dass die Angebotshandlung im Inland erfolgt und das angebotene Verfahren im Inland durchgeführt wird. (Rn. 88) (redaktioneller Leitsatz)
2. Da eine Patentverletzung nicht nur durch Alleintäterschaft, sondern auch in Mittäterschaft und Nebentäterschaft begangen werden kann, stellt bei einem Patent, das ein Herstellungsverfahren schützt, jedenfalls eine Herstellung, die in bewusstem und gewollten Zusammenwirken arbeitsteilig von im Inland und im Ausland handelnden Personen erfolgt, eine Patentverletzung durch den inländischen Teilnehmer dar. (Rn. 89) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für den Tatbestand des Anwendens eines patentgeschützten Verfahrens kann die Vornahme einer von mehreren notwendigen Maßnahmen im Inland ausreichen, wenn die im Ausland bewerkstelligten anderen Maßnahmen dem im Inland Handelnden ebenfalls zuzurechnen sind; im Ausland begangene Teilakte sind hierbei dann wie inländische zu behandeln, wenn sich der Täter sie zu eigen macht für einen im Inland eintretenden Verletzungserfolg.  (Rn. 96) (redaktioneller Leitsatz)
4. Für eine inländische Benutzungshandlung eines Systems ist erforderlich, dass sich mindestens ein Bestandteil des Systems in Deutschland befindet.  (Rn. 107) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Schadensersatz, Klagepatent, Fachmann, Schadensersatzanspruch, Neuheit, Patentanmeldung, application, Patentverletzung, Verletzung, Abtretung, Patent, Vergleich, Streitwert, Anspruch, Bundesrepublik Deutschland, Stand der Technik, technische Lehre, Werbung, Patentanspruch, Auslegung, Vorrichtung
Weiterführende Hinweise:
Berichtigt durch Beschluss vom 26.09.2022 
Fundstelle:
GRUR-RS 2022, 21235

Tenor

I. Die Beklagten werden verurteilt,
1. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) in der Bundesrepublik Deutschland seit dem 3. Juli 2019 ein Verfahren zum Identifizieren von benachbarten Vorrichtungen (1, 2), die zum Erfassen eines sensorischen Identifikators (ID) und zum Senden von Anfragemeldungen (RQ1, RQ2) mit Darstellungen des erfassten sensorischen Identifikators eingerichtet sind, angewendet oder zur Anwendung angeboten haben,
wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:
- Korrelieren von Darstellungen der erfassten sensorischen Identifikatoren aus den von den Vorrichtungen (1, 2) empfangenen Anfragemeldungen, um zwei oder mehr dieser Vorrichtungen abzugleichen, und
- Ausführen einer Anwendung mit abgestimmten Vorrichtungen,
wobei das Abgleichen von mindestens einem Korrelationsserver (5) ausgeführt wird und das Ausführen der Anwendung von mindestens einem Anwendungsserver (6), ausgeführt wird, wobei der mindestens eine Korrelationsserver (5) und der mindestens eine Anwendungsserver (6) unterschiedliche Server sind, wobei der mindestens eine Korrelationsserver (5) durch die Anfragemeldungen angegebene Anwendungen vergleicht, wobei der mindestens eine Korrelationsserver (5) die Abgleichsmeldung an einen durch das Abgleichen identifizierten Anwendungsserver die Anwendung in den abgleichenden Anfragemeldungen sendet;
(unmittelbare Verletzung Anspruch 15) nämlich die „Buddy Multiplayer Sessions“ der „Real World Gaming“-Plattform „K “ mit mindestens drei Teilnehmern oder kerngleiche Dienste und zwar unter Angabe
a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen ist, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu Ziffer I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 3. August 2019 begangen haben, und zwar unter Angabe:
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet sowie bei Internetwerbung der Internetadressen, der Schaltungszeiträume und der Zugriffszahlen,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei den Beklagten nach ihrer Wahl vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob eine bestimmte Lieferung oder ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner - zusammen mit der im Verfahren 7 O 13977/21 verurteilten Beklagten C Germany GmbH - verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin und den vormaligen Inhabern des Klagepatents durch die zu I.1 bezeichneten seit dem 3. August 2019 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Die Klägerin trägt 50% der Gerichtskosten sowie der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 2), die Beklagten tragen als Gesamtschuldner 50% der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Im Übrigen trägt jede Partei ihre Kosten selbst.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
- einheitlich 25.000,00 € für Ziffern I.1 und I.2 - 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages für Ziffer IV. Streitwert
Der Streitwert wird endgültig auf 166.800,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents EP 414 B1, Anlage K1, (im Folgenden: Klagepatent) und nimmt die Beklagten wegen unmittelbarer Patentverletzung in Anspruch.
2
Das Klagepatent wurde am 25. Mai 2010 angemeldet und nimmt Prioritäten der europäischen Anmeldungen …930 mit Priorität vom 22. Mai 2009, …329 mit Priorität vom 28. Oktober 2009 und …966 mit Priorität vom 18. Dezember 2009 in Anspruch. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 3. Juli 2019 vom Europäischen Patentamt veröffentlicht. Die eingetragenen Patentansprüche 1 und 15 des Klagepatents lauten im englischen Original wie folgt:
„1. A system (40, 50) for identifying proximate devices (1, 2) arranged for detecting a sensory identifier (ID) and transmitting request messages (RQ1, RQ2) comprising representations of the detected sensory identifier, the system comprising:
- means for correlating representations of the detected sensory identifiers from the request messages received from the devices (1, 2) so as to match two or more of those devices, and
- means for carrying out an application involving devices that have been matched by said means for correlating representations, wherein said means for correlating are at least one correlation server (5) and said means for carrying out the application are at least one application server (6), the at least one correlation server (5) and the at least one application server (6) being distinct servers, wherein the proximate devices (1, 2) are arranged to include, in the request messages (RQ1, RQ2), an indication of an application to be executed, the at least one correlation server (5) being configured to compare the applications indicated by the request messages, and causing a transmitter (88) to transmit the match message based on the match to an application server identified by the matching indications of the application in the matched request messages.
15. A method of identifying proximate devices (1, 2) arranged for detecting a sensory identifier (ID) and transmitting request messages (RQ1, RQ2) comprising representations of the detected sensory identifier, the method comprising the steps of:
- correlating representations of the detected sensory identifiers from the request messages received from the devices (1, 2) so as to match two or more of those devices, and
- carrying out an application involving matching devices, wherein said matching is performed by at least one correlation server (5) and said carrying out the application is performed by at least one application server (6) the at least one correlation server (5) and the at least one application server (6) being distinct servers, the least one correlation server (5) comparing applications indicated by the request messages, the least one correlation server (5) transmitting the match message to an application server identified by the matching of the application in the matched request messages.“
3
Wegen der weiteren Details wird auf die Patentschrift verwiesen.
4
Die Klägerin greift die „Buddy Multiplayer Session“ der „Real World Gaming“-Plattform „K “ an. Die Beklagte zu 2) ist die Entwicklerin der App „K “ und bietet die App in der Bundesrepublik Deutschland zum Herunterladen an. Die Nutzer der App „K “ schließen mit der Beklagten zu 1) Nutzungsbedingungen für die Nutzung der App ab.
5
Die Klägerin meint, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatents Gebrauch, weil die angegriffene Ausführungsform eine geteilte Augmented-Reality-Erfahrung (nachfolgend: geteilte AR-Erfahrung oder Shared AR-Experience) ermögliche, in deren Rahmen bis zu drei Spielern ein gemeinsames AR-Erlebnis ermöglicht werde. Dabei sende - insoweit unstreitig - der die Shared AR-Experience erstellende Spieler („Host:Client“) eine Anfrage an den Player Frontend Server (nachfolgend: PLFE). Dieser setze eine Buddy Multiplayer-Session auf und übermittele an den Host:Client einen verschlüsselten Token (nachfolgend: ARBE-Token) und eine Session ID, mittels UUID (=Universally Unique Identifier). Anschließend übermittele der Host:Client den ARBE-Token an den Augmented Reality Backend Server (nachfolgend: ARBE) und generiere, basierend auf dem empfangenen UUID, einen QR-Code, der eine Abbildung der UUID darstelle. Spieler, die an der Buddy Multiplayer Session teilnehmen möchten („Peer:Clients“), scannten den auf dem mobilen Endgerät des Host:Client dargestellten QR-Code mit ihren Endgeräten und erhielten so die UUID, die sie mittels einer Anfrage an den PLFE sendeten. Vom PLFE erhielten die Peer:Clients den ARBE-Token, den sie an den ARBE übermittelten, um sodann zur Buddy Multiplayer Session zu gelangen.
6
Zum besseren Verständnis, wird nachfolgend die von den Beklagten vorgelegte Grafik zur Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform eingeblendet:
7
Die Klägerin trägt vor, ursprüngliche Anmelderin und Inhaberin des Klagepatents sei die E. gewesen. Diese habe gemäß Verpflichtungs- und Übertragungsvertrag vom 25. Februar 2020 mit der T. das Klagepatent mit allen Rechten und Pflichten, einschließlich der Ansprüche auf Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung für die Vergangenheit, auf diese übertragen. Die T. wiederum habe das Klagepatent mit allen Rechten und Pflichten, einschließlich der Ansprüche auf Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung für die Vergangenheit, gemäß Verpflichtungs- und Übertragungsvertrag, mit Wirkung zum 17. Juli 2020, auf die Klägerin übertragen.
8
Nach Erweiterung der Klage um Hilfsanträge beantragt die Klägerin zuletzt:
I. Die Beklagte zu verurteilen,
1. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) in der Bundesrepublik Deutschland seit dem 3. Juli 2019 a) ein System (40, 50) zum Identifizieren benachbarter Vorrichtungen (1, 2), die zum Erfassen eines sensorischen Identifikators (ID) und zum Senden von Anfragemeldungen (RQ1, RQ2) mit Darstellungen des erfassten sensorischen Identifikators eingerichtet sind,
hergestellt, angeboten und/oder gebraucht haben,
wobei das System Folgendes umfasst:
- Mittel zum Korrelieren von Darstellungen der erfassten sensorischen Identifikatoren aus den von den Vorrichtungen (1, 2) empfangenen Anfragemeldungen, um zwei oder mehr dieser Vorrichtungen abzugleichen, und;
- Mittel zum Ausführen einer Anwendung mit Vorrichtungen, die durch die Mittel zum Korrelieren von Darstellungen abgeglichen wurden,
wobei die Mittel zum Korrelieren mindestens ein Korrelationsserver (5) sind und die Mittel zum Ausführen der Anwendung mindestens ein Anwendungsserver (6) sind, wobei der mindestens eine Korrelationsserver (5) und der mindestens eine Anwendungsserver (6) verschiedene Server sind, wobei die benachbarten Vorrichtungen (1, 2) dazu eingerichtet sind, um in den Anfragemeldungen (RQ1, RQ2) eine Angabe einer auszuführenden Anwendung zu enthalten, wobei der mindestens eine der Korrelationsserver (5) dazu konfiguriert ist, um die durch die Anfragemeldungen angezeigten Anwendungen zu vergleichen, und bewirkt, dass ein Sender (88) die Abgleichsmeldung auf der Grundlage des Abgleichs an einen Anwendungsserver sendet, der durch die abgleichenden Angaben der Anwendung in den abgleichenden Anfragemeldungen identifiziert wird;
(unmittelbare Verletzung Anspruch 1) insbesondere wenn,
der mindestens eine Anwendungsserver (6) dazu eingerichtet ist, direkt mit den Vorrichtungen (1, 2) zu kommunizieren, mindestens nachdem er eine Abgleichsmeldung empfangen hat, die die Vorrichtungen auf Grundlage des Erfassens dieser Korrelation vom Korrelationsserver angibt;
(unmittelbare Verletzung Anspruch 6) nämlich die „Buddy Multiplayer Sessions“ der „Real World Gaming“-Plattform „K “ oder kerngleiche Dienste;
b) ein Verfahren zum Identifizieren von benachbarten Vorrichtungen (1, 2), die zum Erfassen eines sensorischen Identifikators (ID) und zum Senden von Anfragemeldungen (RQ1, RQ2) mit Darstellungen des erfassten sensorischen Identifikators eingerichtet sind, angewendet oder zur Anwendung angeboten haben,
wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:
- Korrelieren von Darstellungen der erfassten sensorischen Identifikatoren aus den von den Vorrichtungen (1, 2) empfangenen Anfragemeldungen, um zwei oder mehr dieser Vorrichtungen abzugleichen, und
- Ausführen einer Anwendung mit abgestimmten Vorrichtungen,
wobei das Abgleichen von mindestens einem Korrelationsserver (5) ausgeführt wird und das Ausführen der Anwendung von mindestens einem Anwendungsserver (6), ausgeführt wird, wobei der mindestens eine Korrelationsserver (5) und der mindestens eine Anwendungsserver (6) unterschiedliche Server sind, wobei der mindestens eine Korrelationsserver (5) durch die Anfragemeldungen angegebene Anwendungen vergleicht, wobei der mindestens eine Korrelationsserver (5) die Abgleichsmeldung an einen durch das Abgleichen identifizierten Anwendungsserver die Anwendung in den abgleichenden Anfragemeldungen sendet;
(unmittelbare Verletzung Anspruch 15) nämlich die „Buddy Multiplayer Sessions“ der „Real World Gaming“-Plattform „K “ oder kerngleiche Dienste und zwar unter Angabe
a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
2. Hilfsweise für den Fall der Klageabweisung des Systemanspruchs (Klageantrag I.1.a)) der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) in der Bundesrepublik Deutschland seit dem 3. Juli 2019 a) ein System (40, 50) zum Identifizieren benachbarter Vorrichtungen (1, 2), hergestellt, angeboten und/oder gebraucht haben, wobei das System Folgendes umfasst:
- die Vorrichtungen, die zum Erfassen eines sensorischen Identifikators (ID) und zum Senden von Anfragemeldungen (RQ1, RQ2) mit Darstellungen des erfassten sensorischen Identifikators eingerichtet sind;
- Mittel zum Korrelieren von Darstellungen der erfassten sensorischen Identifikatoren aus den von den Vorrichtungen (1, 2) empfangenen Anfragemeldungen, um zwei oder mehr dieser Vorrichtungen abzugleichen, und;
- Mittel zum Ausführen einer Anwendung mit Vorrichtungen, die durch die Mittel zum Korrelieren von Darstellungen abgeglichen wurden,
wobei die Mittel zum Korrelieren mindestens ein Korrelationsserver (5) sind und die Mittel zum Ausführen der Anwendung mindestens ein Anwendungsserver (6) sind, wobei der mindestens eine Korrelationsserver (5) und der mindestens eine Anwendungsserver (6) verschiedene Server sind, wobei die benachbarten Vorrichtungen (1, 2) dazu eingerichtet sind, um in den Anfragemeldungen (RQ1, RQ2) eine Angabe einer auszuführenden Anwendung zu enthalten, wobei der mindestens eine der Korrelationsserver (5) dazu konfiguriert ist, um die durch die Anfragemeldungen angezeigten Anwendungen zu vergleichen, und bewirkt, dass ein Sender (88) die Abgleichsmeldung auf der Grundlage des Abgleichs an einen Anwendungsserver sendet, der durch die abgleichenden Angaben der Anwendung in den abgleichenden Anfragemeldungen identifiziert wird;
(unmittelbare Verletzung Anspruch 1) insbesondere wenn,
der mindestens eine Anwendungsserver (6) dazu eingerichtet ist, direkt mit den Vorrichtungen (1, 2) zu kommunizieren, mindestens nachdem er eine Abgleichsmeldung empfangen hat, die die Vorrichtungen auf Grundlage des Erfassens dieser Korrelation vom Korrelationsserver angibt;
(unmittelbare Verletzung Anspruch 6) nämlich die „Buddy Multiplayer Sessions“ der „Real World Gaming“-Plattform „K “ oder kerngleiche Dienste;
b) ein Verfahren zum Identifizieren von benachbarten Vorrichtungen (1, 2), angewendet oder zur Anwendung angeboten haben, wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:
- Erfassen eines sensorischen Identifikators (ID) durch die Vorrichtungen und Senden von Anfragemeldungen (RQ1, RQ2) mit Darstellungen des erfassten sensorischen Identifikators durch die Vorrichtungen,
- Korrelieren von Darstellungen der erfassten sensorischen Identifikatoren aus den von den Vorrichtungen (1, 2) empfangenen Anfragemeldungen, um zwei oder mehr dieser Vorrichtungen abzugleichen, und
- Ausführen einer Anwendung mit abgestimmten Vorrichtungen,
wobei das Abgleichen von mindestens einem Korrelationsserver (5) ausgeführt wird und das Ausführen der Anwendung von mindestens einem Anwendungsserver (6) ausgeführt wird, wobei der mindestens eine Korrelationsserver (5) und der mindestens eine Anwendungsserver (6) unterschiedliche Server sind, wobei der mindestens eine Korrelationsserver (5) durch die Anfragemeldungen angegebene Anwendungen vergleicht, wobei der mindestens eine Korrelationsserver (5) die Abgleichsmeldung an einen durch das Abgleichen identifizierten Anwendungsserver die Anwendung in den abgleichenden Anfragemeldungen sendet;
(unmittelbare Verletzung Anspruch 15) nämlich die „Buddy Multiplayer Sessions“ der „Real World Gaming“-Plattform „K “ oder kerngleiche Dienste;
und zwar unter Angabe
a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen ist, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu Ziffer I.1, hilfsweise der zu Ziffer I.2 bezeichneten Handlungen seit dem 3. August 2019 begangen haben, und zwar unter Angabe:
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet sowie bei Internetwerbung der Internetadressen, der Schaltungszeiträume und der Zugriffszahlen,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei den Beklagten nach ihrer Wahl vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und ver-pflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob eine bestimmte Lieferung oder ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
II. Festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1 bezeichneten, hilfsweise der ihr durch die zu I.2. bezeichneten, seit dem 3. August 2019 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;
9
Die C Deutschland GmbH hat beim Bundespatentgericht am 31. Januar 2022 eine Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent anhängig gemacht (Az. 5 Ni 2/22 (EP); Anlagenkonvolut B2).
10
Die Beklagten stimmen einer etwaigen Klageänderung nicht zu und beantragen,
1. die Klage abzuweisen;
hilfsweise,
2. den Rechtsstreit bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung des Bundespatentgerichts über die Nichtigkeitsklage der C Deutschland GmbH vom 31.01.2022, Az. 5 Ni 2/22 (EP), gegen das Klagepatent auszusetzten.
11
Die Klägerin wendet sich gegen eine Aussetzung des Verfahrens.
12
Die Beklagten bestreiten die Übertragung des Klagepatents mit Nichtwissen, da die Klägerin die Übertragungsverträge nicht vorgelegt habe.
13
Die Beklagten stellen eine Patentbenutzung in Abrede, insbesondere vergleiche der PLFE nur die UUID und nicht eine Darstellung der sensorischen Identifikatoren und die durch die Anfragemeldung angezeigte Anwendung. Zudem vergleiche der PLFE die von einem Client empfangene UUID nicht mit einer anderen empfangenen UUID, sondern mit einer serverseitig generierten und gespeicherten UUID. Auch sende der PLFE die Abgleichsmeldung nicht - wie vom Klagepatent vorgesehen - direkt an den ARBE. Zudem handelt es sich beim PLFE und dem ARBE nicht um verschiedene („distinct“) Server.
14
Zudem fehle es an einer inländischen Benutzungshandlung. Die für den Multiplayer-Modus erforderlichen Server (PLFE und ARBE) und befänden sich nicht in der Bundesrepublik Deutschland, sondern in den Vereinigten Staaten von Amerika. Soweit die Beklagten Server in der Bundesrepublik Deutschland nutzten, stellten diese keine für die Durchführung der angegriffenen Ausführungsform erforderliche Spielelogik bereit.
15
Die Beklagten sind der Ansicht, dass es sich bei der Merkmalsgruppe 1 der eingetragenen Ansprüche 1 und 15, die sich auf die benachbarten Vorrichtungen beziehe, um eine Zweckangabe handele. Es sei daher ausreichend, dass das System (Anspruch 1) dazu eingerichtet sei, entsprechende Anfragemeldungen von Vorrichtungen, die Darstellungen eines sensorischen Identifikators und die Angabe einer auszuführenden Anwendung enthielten, empfangen zu können.
16
Im Übrigen sei das Klagepatent offensichtlich nicht rechtsbeständig. Mangels Neuheit fehle die Patentfähigkeit, insbesondere gegenüber den Entgegenhaltungen D1 und D 2. Zudem beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
17
Das Verfahren gegen die Beklagte C Germany GmbH wurde mit Beschluss vom 19.10.2021 abgetrennt und wird nunmehr unter dem Az. 7 O 13977/21 geführt.
18
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf sämtliche Schriftsätze nebst Anlagen sowie alle gerichtlichen Verfügungen, Beschlüsse und Protokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19
Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Das Verfahren ist nicht auszusetzen.
A.
20
Die Klage ist zulässig. Das Landgericht München I ist zuständig. Der Schadensersatzfeststellungsantrag ist zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, § 256 Abs. 1 ZPO. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagten ist vor Erteilung der Auskunft noch nicht bezifferbar.
B.
21
Der von der Klägerin gestellte Klageantrag zu Ziffer II. ist dahingehend auszulegen, dass sie die Feststellung begehrt, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihr den Schaden zu ersetzten, der ihr bzw. den vormaligen Inhabern des Klagepatents entstanden ist.
22
Anträge der Parteien sind als Prozesshandlungen der Auslegung fähig. Die zur Auslegung materiell-rechtlicher Rechtsgeschäfte entwickelten Regeln sind entsprechend heranzuziehen. Danach kann nicht der bloße Wortlaut des Antrags entscheidend sein, sondern der durch ihn verkörperte Wille. Es ist dementsprechend nicht nur darauf zu abzustellen, ob der Antrag für sich allein betrachtet einen eindeutigen Sinn ergibt, sondern es ist auch die dem Antrag beigegebene Begründung zu beachten. Wie der Klageantrag zu verstehen ist, darf also nicht allein dem bloßen Wortlaut des Antrags entnommen werden, sondern hierfür ist auch die Sachverhaltsschilderung des Klägers maßgebend. Bei einer vom Gericht vorgenommenen Auslegung ist von dem Grundsatz auszugehen, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht.
23
Danach ist der von der Klägerin gestellte Klageantrag II. dahingehend auszulegen, dass sie die Verpflichtung der Beklagten, ihr den Schaden zu ersetzten, der den jeweiligen Inhabern des Klagepatents entstanden ist, festgestellt wissen möchte. Zwar hat die Klägerin in dem Klageantrag beantragt, festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr entstanden ist. Zur Begründung des Schadensersatzanspruchs beruft sie sich jedoch auf die zwischen ihr und den vorherigen Inhabern des Klagepatents erfolgte Abtretung der streitgegenständlichen Ansprüche, so dass sie ihr Klagebegehren jedenfalls teilweise auf Ansprüche aus abgetretenem Recht stützt. Da dieses Klagebegehren - wohl versehentlich - keinen Niederschlag im Klageantrag gefunden hat, war der Antrag entsprechend auszulegen.
C.
24
Die Klägerin ist als eingetragene Patentinhaberin aktivlegitimiert. Die Beklagten haben keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte aufgezeigt, aus denen sich die Unrichtigkeit des Patentregisters ergibt.
25
Zwar hat die Eintragung im Patentregister keinen Einfluss auf die materielle Rechtslage, so dass für die Sachlegitimation im Verletzungsrechtsstreit nicht der Eintrag im Patentregister, sondern die materielle Rechtslage maßgeblich ist. Jedoch ist die Eintragung im Patentregister für die Beurteilung der Frage, wer materiell-rechtlich Inhaber des Patents ist, nicht bedeutungslos. Ihr kommt im Rechtsstreit eine erhebliche Indizwirkung zu. Daher bedarf es in einem Verletzungsrechtsstreit regelmäßig keines weiteren Vortrags oder Beweisantritts, wenn sich eine Partei auf den aus dem Patentregister ersichtlichen Rechtsstand beruft. Eine Partei, die geltend macht, die materielle Rechtslage weiche vom Registerstand ab, muss vielmehr konkrete Anhaltspunkte aufzeigen, aus denen sich die Unrichtigkeit ergibt. Welche Anforderungen hierbei zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. So wird der Vortrag, ein im Patentregister eingetragener Rechtsübergang habe einige Wochen oder Monate vor dessen Eintragung stattgefunden, in der Regel keiner näheren Substantiierung oder Beweisführung bedürfen. Der Vortrag, der eingetragene Inhaber habe das Patent nicht wirksam oder zu einem anderen Zeitpunkt erworben, erfordert demgegenüber in der Regel nähere Darlegungen dazu, woraus sich die Unwirksamkeit des eingetragenen Rechtsübergangs ergeben soll (BGH, GRUR 2013, 713 - Fräsverfahren).
26
Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Beklagten nicht gerecht. Die Beklagten haben die Übertragung des Klagepatents lediglich mit Nichtwissen bestritten und keine Umstände vorgetragen, aus denen sich die Unwirksamkeit der eingetragenen Rechtsübergänge ergibt. Weiteren Vortrag der Klägerin, die konkret zum Übergang der Rechte vorgetragen hat, bedurfte es daher nicht.
27
Soweit die Klägerin aus abgetretenem Recht klagt, haben die Beklagten die Wirksamkeit der Abtretung nicht bestritten, sondern lediglich die Übertragung des Klagepatents mit Nichtwissen bestritten. Das erstmalige Bestreiten der Abtretung der Ansprüche der vormaligen Inhaber des Klagepatents durch die Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz war wegen § 296a ZPO als verspätet zurückzuweisen (vgl. unten E.). Insoweit haben die Beklagten keinen Schriftsatznachlass beantragt oder bekommen.
C.
28
I. Das Klagepatent betrifft ein System und ein Verfahren zur Identifizierung von Vorrichtungen, die sich räumlich nahe sind.
29
1. Im Stand der Technik sind Anwendungen, bspw. Spiele, bekannt, die auf mobilen Geräten genutzt werden können. Zum Teil erfordern diese Spiele mehrere Spieler, wobei jeder Spieler seine eigene Vorrichtung verwendet. Bevor ein Spiel mit mehreren Spielern beginnen kann, ist es erforderlich, die Spieler auszuwählen und ihre Vorrichtungen entsprechend zu identifizieren ([0002] und [0007]).
30
Nach dem Klagepatent stehen verschiedene Arten zur Identifizierung bereit. Zum Beispiel könne eine gespeicherte Telefonliste mit Telefonnummern anderer Mobilgeräte verwendet werden ([0003]). Jedoch enthalte eine solche Telefonliste keine Informationen über die Verfügbarkeit und Nähe der anderen Mobilgeräte. Für ein Multiplayer-Spiel, bei dem sich die jeweiligen Spieler in unmittelbarer Nähe (etwa Sichtabstand) befänden, müssten die Mobilgeräte daher auf andere Weise identifiziert werden ([0003]). Insoweit sei es möglich, die jeweilige Telefonnummer eines teilnehmenden Mobiltelefons manuell einzugeben ([0003]) oder die Identifizierung mittels Bluetooth vorzunehmen ([0004]).
31
In Absatz [0008] der Beschreibung weist das Klagepatent zudem auf die internationale Patentanmeldung WO2009/014438 hin. Diese offenbare einen Anwendungsserver, der ein Verfahren nutze, bei dem sich in räumlicher Nähe befindende mobile Vorrichtungen mittels sensorischer Identifikatoren, bspw. einem Ton oder einem Bild, identifiziert werden. Die in der WO2009/014438 offenbarte Identifikationstechnik werde typischerweise genutzt, um eine Anwendung (bspw. ein Spiel) zu starten, an der die identifizierten Vorrichtungen teilnehmen. Zur Ausführung der Anwendung werde in der Regel derjenige Server verwendet, der auch die Identifikation durchgeführt hat.
32
2. Das Klagepatent kritisiert an diesem Stand der Technik, dass eine Identifizierung mittels manueller Eingabe der Telefonnummern umständlich und fehleranfällig sei ([0003]). Auch die Verwendung von Bluetooth sei weder schnell noch mühelos, weil die zu identifizierenden Geräte zunächst aus einer Liste ausgewählt werden müssten und gegebenenfalls auch ein Passwort abgefragt werden müsste ([0004]). Im Hinblick auf die Patentanmeldung WO2009/014438 kritisiert das Klagepatent, dass in diesem System die Korrelations- und die Anwendungsfunktion durch dieselbe Servereinheit ausgeführt werde, was gut funktioniere, sofern nur ein einzelner Server verwendet werde. Sofern diese Anordnung jedoch skaliert werde, werde sie ineffizient. Denn seien verschiedene Server jeweils für die Ausführung von unterschiedlichen Anwendungen eingerichtet, müsse der Identifikationsprozess (Korrelationsfunktion) durch jeden dieser Server gesondert durchgeführt werden, d.h. jeder einzelne Server müsste dazu eingerichtet sein, sowohl die Identifikation als auch die jeweilige Anwendung ausführen zu können. Insoweit müsste für jeden einzelnen Server der notwendige Speicherplatz und eine entsprechende Verarbeitungskapazität für beide Vorgänge vorgehalten werden ([0047]).
33
3. Das Klagepatent stellt sich die Aufgabe, ein System und ein Verfahren mit einem einfachen und zugleich effektiven Mechanismus zum Identifizieren von Mobilgeräten, die sich in unmittelbarer Nähe zueinander befinden, bereit zu stellen um nach der Identifizierung der Vorrichtungen anschließend eine Anwendung von mehreren unterschiedlichen Anwendungen zu aktivieren und auszuführen.
34
4. Zur Lösung dieses Problems schlagen Klagepatentanspruch 1 ein System und Klagepatentanspruch 15 ein Verfahren vor, die sich wie folgt merkmalsmäßig gliedern lassen:
Anspruch 1
1. System (40, 50) zum Identifizieren benachbarter Vorrichtungen (1, 2),
1.1 die Vorrichtungen sind eingerichtet
1.1.1 zum Erfassen eines sensorischen Identifikators (ID) und
1.1.2 zum Senden von Anfragemeldungen (RQ1, RQ2)
1.1.2.1 mit Darstellungen des erfassten sensorischen Identifikators,
1.1.3 um in den Anfragemeldungen (RQ1, RQ2) eine Angabe einer auszuführenden Anwendung zu enthalten,
1.2 wobei das System Folgendes umfasst:
1.2.1 Mittel zum Korrelieren von Darstellungen der erfassten sensorischen Identifikatoren aus den von den Vorrichtungen (1, 2) empfangenen Anfragemeldungen, um zwei oder mehr dieser Vorrichtungen abzugleichen, und
1.2.1.1 wobei die Mittel zum Korrelieren mindestens ein Korrelationsserver (5) sind
1.2.1.2 und wobei der mindestens eine Korrelationsserver (5)
1.2.1.2.1 dazu konfiguriert ist, um die durch die Anfragemeldungen angezeigten Anwendungen zu vergleichen, und
1.2.1.2.2 bewirkt, dass ein Sender (88) die Abgleichsmeldung auf der Grundlage des Abgleichs an einen Anwendungsserver sendet, der durch die abgeglichenen Angaben der Anwendung in den abgeglichenen Anfragemeldungen identifiziert wird.
1.2.2 Mittel zum Ausführen einer Anwendung mit Vorrichtungen, die durch die Mittel zum Korrelieren von Darstellungen abgeglichen wurden,
1.2.2.1 wobei die Mittel zum Ausführen der Anwendung mindestens ein Anwendungsserver (6) sind,
1.2.3 wobei der mindestens eine Korrelationsserver (5) und der mindestens eine Anwendungsserver (6) verschiedene Server sind.
Anspruch 15
15. Verfahren zum Identifizieren von benachbarten Vorrichtungen (1, 2),
15.1 die Vorrichtungen sind eingerichtet
15.1.1 zum Erfassen eines sensorischen Identifikators (ID) und 15.1.2 zum Senden von Anfragemeldungen (RQ1, RQ2)
15.1.2.1 mit Darstellungen des erfassten sensorischen Identifikators,
15.2 wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:
15.2.1 Korrelieren von Darstellungen der erfassten sensorischen Identifikatoren aus den von den Vorrichtungen (1, 2) empfangenen Anfragemeldungen, um zwei oder mehr dieser Vorrichtungen abzugleichen, und 15.2.1.1 wobei das Abgleichen von mindestens einem Korrelationsserver (5) ausgeführt wird
15.2.1.2 wobei der mindestens eine Korrelationsserver (5) durch die Anfragemeldungen angegebene Anwendungen vergleicht,
15.2.1.3 wobei der mindestens eine Korrelationsserver (5) die Abgleichsmeldung an einen durch das Abgleichen der Anwendung in den abgeglichenen Anfragemeldungen identifizierten Anwendungsserver sendet;
15.2.2 Ausführen einer Anwendung mit abgestimmten Vorrichtungen,
15.2.2.1 wobei das Ausführen der Anwendung von mindestens einem Anwendungsserver (6) ausgeführt wird;
15.2.3 wobei der mindestens eine Korrelationsserver (5) und der mindestens eine Anwendungsserver (6) verschiedene Server sind.
35
II. Diese Lehre bedarf der näheren Erläuterung:
1. Anspruch 1 (Systemanspruch)
36
a) Die durch das Klagepatent unter Schutz gestellte technische Lehre ist aus der Sicht des angesprochenen Durchschnittsfachmanns, der über einen Diplom- oder Masterabschluss auf dem Gebiet der Elektrotechnik und mehrjährige Berufserfahrung im Bereich der Serverarchitektur verfügt, aus den Merkmalen der hier maßgeblichen Klagepatentansprüchen 1 und 15 im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit unter Heranziehung der Beschreibung sowie der Zeichnungen zu ermitteln.
37
b) Merkmalsgruppe 1 entnimmt der Fachmann, dass es sich um ein Zweckangabe handelt und das klagepatentgemäße System daher (lediglich) geeignet sein muss zum Identifizieren benachbarter Vorrichtungen.
38
Die in der Merkmalsgruppe 1 beschriebenen benachbarten Vorrichtungen sind klagepatentgemäß so ausgestaltet, dass sie sensorische Identifikatoren erfassen können. Insoweit entnimmt der Fachmann Absatz [0017], dass hierunter Identifikatoren zu verstehen sind, die mit den menschlichen Sinnen erfasst werden können, wie z.B. Töne, Bilder, Gerüche, Temperaturen, Bewegungen und/oder Beschleunigungen, oder auch ein Barcode (vgl. [0037]). Klagepatentgemäß handelt es sich bei Ortsidentifikatoren hingegen nicht um sensorische Identifikatoren, sondern um andere Identifikatoren, [0017].
39
Die erfassten sensorischen Identifikatoren dienen klagepatentgemäß der Identifizierung benachbarter Vorrichtungen (vgl. [0042]), wobei das Erfassen der sensorischen Identifikatoren bspw. durch einen Scanner oder eine Kamera erfolgen kann.
40
Soweit die Merkmalsgruppe 1 die Ausgestaltung der benachbarten Vorrichtungen weiter definiert, entnimmt der Fachmann dem Klagepatent, dass die Vorrichtungen geeignet sein müssen, eine Darstellung des erfassten sensorischen Identifikators zu erzeugen und eine Anfragemeldungen zu senden [0015], wobei die Anfragemeldungen Darstellungen der erfassten sensorischen Identifikatoren (Merkmal 1.1.2.1) und eine Angabe der auszuführenden Anwendung, bspw. ein auszuführendes Spiel (vgl. [0014] und [0029]), enthalten müssen.
41
c) Die Merkmale 1.2.1 und 1.2.1.1 versteht der Fachmann dahingehend, dass das klagepatentgemäße System (mindestens) einen Korrelationsserver umfasst, der geeignet sein muss, die von den benachbarten Vorrichtungen gesendeten Anfragemeldungen zu empfangen und die in den Anfragemeldungen enthaltenen Darstellungen der erfassten sensorischen Identifikatoren zu korrelieren um abzugleichen, ob sich die Darstellungen der erfassten sensorischen Identifikatoren der zwei oder mehr benachbarten Vorrichtungen entsprechen („so as to match two or more of those devices“). Bei der Darstellung der erfassten sensorischen Identifikatoren kann es sich klagepatentgemäß um eine Zahlenfolge handeln [0018].
42
Wie die Korrelation der Darstellungen der erfassten sensorischen Identifikatoren der mindestens zwei benachbarten Vorrichtungen im Einzelnen erfolgt, lässt der Anspruch 1 des Klagepatents offen. Soweit die Beklagten der Ansicht sind, dass die Darstellungen der empfangenen sensorischen Identifikatoren jeweils (direkt) miteinander verglichen werden müssen, findet diese Auslegung keine Stütze in der Klagepatentschrift. Vielmehr gibt das Klagepatent in der Beschreibung lediglich vor, dass die Korrelation dazu dient, festzustellen, ob die mit der Anfragemeldung von den benachbarten Vorrichtungen empfangenen Daten, also die Darstellungen der sensorischen Identifikatoren, übereinstimmen um festzustellen, ob sich die zwei oder mehr benachbarten Vorrichtungen aufeinander beziehen. Dies kann beispielsweise dadurch geschehen, dass durch Vergleich oder andere Methoden festgestellt wird, ob sich die empfangenen Daten entsprechen, bspw. auf dasselbe Ereignis beziehen [0045]. Insoweit ist es klagepatentgemäß auch möglich, dass die von den Vorrichtungen gesendeten Darstellungen der sensorischen Identifikatoren nicht miteinander verglichen werden, sondern jeweils mit einer bereits im Korrelationsserver vorhandenen Darstellung der sensorischen Identifikatoren. Denn der Korrelationsserver kann auch auf diese Weise feststellen, ob sich die empfangenen Darstellungen der sensorischen Identifikatoren entsprechen, mithin auf dasselbe Ereignis beziehen. Einen direkten Vergleich der empfangen Darstellungen der sensorischen Identifikatoren hingegen fordert weder der Wortlaut des Anspruchs 1 noch die Beschreibung des Klagepatents.
43
Soweit die Beklagten erstmalig im nachgelassenen Schriftsatz vorgetragen haben, dass der Korrelationsserver die Vorrichtungen, die Darstellungen der sensorischen Identifikatoren senden, „matchen“ müsse im Sinne eines Herstellens einer Verknüpfung zwischen den Vorrichtungen, ergibt sich dies ebenfalls nicht aus dem Klagepatentanspruch 1. Dieser fordert, wie dargelegt, nur, dass die Darstellungen sensorischer Identifikatoren durch den Korrelationsserver korreliert werden müssen. Dass der Korrelationsserver durch das Korrelieren zudem eine Verknüpfung zwischen den Vorrichtungen herstellen muss, fordert der Anspruch hingegen nicht.
44
d) Merkmal 1.2.1.2.1 entnimmt der Fachmann, dass der Korrelationsserver dazu konfiguriert sein muss, die durch die Anfragemeldungen der benachbarten Vorrichtungen angezeigten Anwendungen zu vergleichen. In Verbindung mit Merkmal 1.2.1.2.2 erkennt der Fachmann, dass der Vergleich der angezeigten Anwendungen durch den Korrelationsserver erfolgt, um nach Durchführung des Vergleichs der angezeigten Anwendungen einen Sender gemäß Merkmal 1.2.1.2.2 in die Lage zu versetzten, eine Abgleichsmeldung an den durch den Vergleich der angezeigten Anwendungen identifizierten Anwendungsserver zu senden. Die Identifikation des zutreffenden Anwendungsservers ist insbesondere in den Fällen erforderlich, in denen ein Korrelationsserver die Korrelation der Darstellungen der sensorischen Identifikatoren für eine Mehrzahl von Anwendungen verschiedener Anwendungsserver durchführt, damit der Sender die Abgleichsmeldung an den zutreffenden Anwendungsserver senden kann.
45
Im Hinblick auf die klagepatentgemäße Funktion des Vergleichs der Anwendungen ist es, entgegen der Ansicht der Beklagten, nicht erforderlich, dass es sich bei der in der Anfragemeldung enthaltenen Angabe einer Anwendung um eine von der Darstellung des sensorischen Identifikatoren unterschiedliche Zahlenfolge handelt, die in einem weiteren Datenfeld der Anfragemeldung enthalten sein muss, denn nach der klagepatentgemäßen Funktion des Vergleichs der Anwendung durch den Korrelationsserver ist dies nicht erforderlich. Vielmehr kommt es nur darauf an, dass der klagepatentgemäße Korrelationsserver in der Lage ist, den von den Nutzern der benachbarten Vorrichtung zur Ausführung der Anwendung benötigten Anwendungsserver zu identifizieren. Dies erfordert jedoch keine von der Darstellung der sensorischen Identifikatoren getrennte Zahlenfolge.
46
Soweit sich die Beklagten zur Begründung ihrer Ansicht auf die Figur 7 und die hierzu korrespondierende Beschreibungsstelle [0065] sowie den Absatz [0071] der Beschreibung des Klagepatents beziehen, handelt es sich hierbei jeweils lediglich um Ausführungsbeispiele, die den Klagepatentanspruch nicht einschränken.
47
e) Merkmal 1.2.1.2.2 verlangt, dass der Korrelationsserver dazu eingerichtet ist, zu bewirken, dass ein nicht näher definierter Sender auf Grundlage des Abgleichs der angezeigten Anwendungen (vgl. Merkmal 1.2.1.2.1) eine Abgleichsmeldung an den identifizierten Anwendungsserver sendet.
48
Wie die Abgleichsmeldung ausgestaltet sein kann, lässt der Klagepatentanspruch offen. Erforderlich ist lediglich, dass diese Meldung aufgrund des Abgleichs erfolgt und an den aufgrund des Abgleichs identifizierten Anwendungsserver gesendet wird.
49
Darüber hinaus fordert Anspruch 1 des Klagepatents, entgegen der Ansicht der Beklagten, nicht, dass der Korrelationsserver die Abgleichsmeldung sendet, vielmehr ist es ausreichend, dass der Korrelationssverver die Sendung der Abgleichsmeldung bewirkt („causing a transmitter“).
50
Soweit die Beklagten der Ansicht sind, Merkmal 1.2.1.2.2 verlange eine direkte Kommunikation zwischen dem Korrelationsserver und dem Anwendungsserver, findet diese Ansicht, wie gezeigt, bereits im Anspruchswortlaut keine Stütze. Vielmehr fordert dieser noch nicht einmal, dass der Korrelationsserver die Abgleichmeldung sendet. Entsprechend lässt sich dem Anspruch nicht entnehmen, dass eine direkte Kommunikation zwischen dem Korrelationsserver und dem Anwendungsserver stattfinden muss. Im Einklang hierzu steht, dass nach Absatz [0051] des Klagepatents auch ein System anspruchsgemäß sein kann, bei dem keine direkte Kommunikation zwischen Korrelationsserver und Anwendungsserver stattfindet (vgl. insoweit auch Fig. 4b). Soweit die Beklagten auf das Ausführungsbeispiel gemäß Figur 6 verweisen, ist zutreffend, dass in dem mit Figur 6 beschriebenen Ausführungsbeispiel eine direkte Kommunikation zwischen Korrelationsserver und Anwendungsserver stattfindet, jedoch handelt es sich hierbei wiederum nur um eine nicht einschränkendes Ausführungsbeispiel.
51
Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich auch aus der Einschränkung des Anspruchs 1 im Erteilungsverfahren nicht entnehmen, dass mit der Einschränkung des ursprünglichen Patentanspruchs eine Beschränkung auf eine direkte Kommunikation zwischen dem Korrelationsserver und dem Anwendungsserver beabsichtigt war. Denn Absatz [0071], auf den sich die Klägerin zur Begründung der Einschränkung des Anspruchs im Erteilungsverfahren berufen hat, fordert ebenfalls keine direkte Kommunikation zwischen dem Korrelationsserver und dem Anwendungsserver.
52
f) Nach den Merkmalen 1.2.2 und 1.2.2.1 umfasst das klagepatentgemäße System neben dem Korrelationsserver auch ein Mittel zum Ausführen der Anwendung, bei dem es sich um (mindestens) einen Anwendungsserver handelt, der geeignet ist, die klagepatentgemäße Anwendung unter Einbeziehung derjenigen benachbarten Vorrichtungen auszuführen, die die Anfragemeldungen an den Korrelationsserver gesendet haben und daraufhin vom Korrelationsserver nach Merkmal 1.2.1 abgeglichen wurden.
53
Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass neben dem Korrelations- und dem Anwendungsserver auch die benachbarten Vorrichtungen Teil des Systems seien, wie sich aus den Absätzen [0048] und [0058] ergebe, ist ihr zwar insoweit zuzugeben, dass in dem in den Absätzen [0048] und [0058] beschriebenen Ausführungsbeispiel die Vorrichtungen („client devices“) als Teil des erfindungsgemäßen Systems beschrieben sind. Abweichend hiervon ergibt sich aus dem Wortlaut des Anspruchs 1 jedoch, dass der Anspruch 1 des Klagepatents ein System umfasst, das lediglich die beiden Mittel zum Korrelieren („means for correlating“) und Mittel zum Ausführen („means for carrying out an application“) umfasst („comprising“). Darüber hinaus stellt der maßgebliche Anspruch 1 in Merkmal 1.2.2.1 ausdrücklich klar, dass das Mittel zum Ausführen der Anwendung gerade der (mindestens) einen Anwendungsserver ist („wherein said means for correlating are at least one correlation server“) und nicht der Anwendungsserver zusammen mit den abgeglichenen Vorrichtungen. In Übereinstimmung hiermit stellt Absatz [0001] des Klagepatents klar, dass es sich bei der gegenständlichen Erfindung um ein System bestehend aus einem Korrelationsserver und einem Applikationsserver handelt.
54
g) Merkmal 1.2.3 entnimmt der Fachmann, dass es klagepatentgemäß darauf ankommt, dass jeder Server einen eigenständigen Funktionsbereich hat, mithin die dedizierten Aufgaben des Korrelierens einerseits und des Ausführens der Anwendung andererseits nicht in einer Servereinheit kombiniert sind, so dass es möglich ist, das beanspruchte Server-System effizient zu skalieren, [0075], indem beispielsweise ein System ermöglicht wird, in dem ein Server eine Anwendung bereitstellt, die Aufgabe des Korrelierens jedoch auf eine Mehrzahl von Korrelationsservern ausgegliedert wird. Umgekehrt ist es klagepatentgemäß möglich, eine Mehrzahl von ausführbaren Anwendungen auf verschiedene Anwendungsserver zu verteilen und gleichzeitig die Aufgabe des Korrelierens auf einen Korrelationsserver zu konzentrieren. Dem Klagepatent kommt es insoweit darauf an, dass nicht jeder Server über Ressourcen, bspw. Speicher, verfügen muss, um sowohl die Korrelations- als auch die Anwendungsfunktion ausführen zu können. Dabei können zwei oder mehr Server auch auf derselben Recheneinheit betrieben werden, [0050].
2. Anspruch 15 (Verfahrensanspruch)
55
a) Die Ausführungen zur Auslegung des Klagepatents gelten im Wesentlichen sinngemäß für den Verfahrensanspruch. Soweit sich hinsichtlich der Auslegung des Verfahrensanspruch (Anspruch 15) Unterschiede zur Auslegung des Systemanspruchs (Anspruch 1) ergeben, werden diese nachfolgend dargestellt:
56
b) Merkmal 15.2.1 verlangt, dass das Verfahren Darstellungen sensorischer Identifikatoren korreliert, mithin Zahlenfolgen, die tatsächlich einen sensorischen Identifikator repräsentieren.
57
c) Entgegen Merkmal 1.2.1.2.2 muss nach Merkmal 15.2.1.3 der Korrelationsserver die Abgleichsmeldung senden. Jedoch fordert auch der Verfahrensanspruch nicht, dass der Korrelationsserver die Abgleichsmeldung direkt an den Anwendungsserver sendet.
58
d) Abweichend von den Merkmalen 1.2.2 und 1.2.2.1 setzt der Vorrichtungsanspruch in den Merkmalen 15.2.2 und 15.2.2.1 voraus, dass die Anwendung zusammen mit abgestimmten Vorrichtungen ausgeführt wird („carrying out an application involving matching devices“). Im Unterschied zum Systemanspruch, der lediglich das Vorhandensein eines Anwendungsservers fordert, der geeignet ist, zusammen mit abgestimmten Vorrichtungen eine Anwendung auszuführen, verlangt der Verfahrensanspruch ausweislich des insoweit eindeutigen Wortlauts des Anspruch 15, dass die identifizierte Anwendung vom Anwendungsserver zusammen mit den abgestimmten Vorrichtungen (Merkmal 15.2.2) ausgeführt wird, wobei das Klagepatent es offen lässt, in welcher Art und Weise die Vorrichtungen die Anwendung zusammen mit dem die Anwendung ausführenden Anwendungsserver ausführen, also in welchem Umfang die Vorrichtungen an der Ausführung der Anwendung beteiligt sind. Ausreichend ist jedenfalls nach den Merkmalen 15.2.2 und 15.2.2.1, dass die Vorrichtungen an der Ausführung der Anwendung in irgendeiner Art und Weise beteiligt sind.
59
Soweit nach Merkmal 15.2.2.1 die Ausführung der Anwendung vom Anwendungsserver auszuführen ist, ist dieses Merkmal nicht dahingehend zu verstehen, dass die Ausführung - anders als es Merkmal 15.2.2 verlangt - allein durch den Anwendungsserver ausgeführt wird und die Vorrichtungen an der Ausführung nicht beteiligt sind, sondern dahingehend, dass Merkmal 15.2.2.1 das klagepatentgemäße Verfahren dahingehend vom Stand der Technik abgrenzen möchte, dass die Anwendung (nur) vom Anwendungsserver und nicht auch vom Korrelationsserver ausgeführt wird.
60
III. Die angegriffene Ausführungsform macht vom Gegenstand des Anspruchs 1 und des Anspruchs 15 des Klagepatents Gebrauch. Auf den hilfsweise zu Klageantrag I.1 a) gestellten „insbesondere“-Antrag (Unteranspruch 6 des Klagepatents) kommt es nicht (mehr) an.
61
1. Die angegriffene Ausführungsform wurde von der Klägerin als die „Buddy Multiplayer Sessions“ der „Real World Gaming“-Plattform „K “ bestimmt. Insoweit steht es der Klägerin frei, die angegriffene Ausführungsform zu definieren. Insbesondere muss die Klägerin nicht - wie die Beklagten meinen - die gesamte „Real World Gaming“-Plattform „K “ angreifen.
62
Soweit die Klägerin bei der Bestimmung der angegriffenen Ausführungsform nicht auch ausdrücklich auf die, für die Durchführung der „Buddy Multiplayer Session“ erforderlichen, Player Frontend Server (PLFE) und Augmented Reality Backend Server (ARBE) abstellt, ergibt sich aus ihrem Verletzungsvortrag zum Systemanspruch, dass diese insoweit Teil der angegriffenen Ausführungsform sind.
63
2. Die angegriffene Ausführungsform macht unmittelbar wortsinngemäß von Patentanspruch 1 des Klagepatents Gebrauch.
64
a) Die Parteien streiten um die Benutzung der Merkmale 1.2.1, 1.2.1.2.1, 1.2.1.2.2 und 1.2.3. Gegen die Benutzung der übrigen Merkmale wenden sich die Beklagten zu Recht nicht. Denn diese werden von der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht.
65
b) Die angegriffene Ausführungsform macht von Merkmal 1.2.1 Gebrauch.
66
Unstreitig ermöglicht es die angegriffene Ausführungsform drei Spielern an der Buddy Multiplayer Session teilzunehmen und ermöglicht diesen damit eine Shared AR-Experience. Bei der Teilnahme von drei Spielern an der Buddy Multiplayer Session erzeugt der host:client (Spieler 1) aufgrund der vom PLFE (Korrelationsserver) erhaltenen UUID einen QR-Code, der von den beiden peer:clients (Spieler 2 und 3) gescannt wird. Diese senden jeweils eine Darstellung des QR-Codes sodann an den PLFE. Der PLFE, mithin der Korrelationsserver, vergleicht die von den beiden peer:Clients gesendeten Darstellungen des QR-Codes, die auch der UUID entsprechen können, mit der vom PLFE generierten UUID und stellt fest, ob die von den beiden peer:clients gesendeten Darstellungen des QR-Codes, also die erfassten sensorischen Identifikatoren, mit der vom PLFE generierten UUID übereinstimmen. Da, wie oben dargelegt, das Klagepatent eine direkte Korrelation der beiden Darstellungen der erfassten sensorischen Identifikatoren nicht verlangt, macht die angegriffene Ausführungsform von Merkmal 1.2.1 Gebrauch, weil sie, über den Vergleich mit der bekannten UUID, die beiden von den peer:clients empfangenen Darstellungen der erfassten sensorischen Identifikatoren (QR-Codes) zwingend dahingehend korreliert, als sie feststellt, ob sie mit dem ihr bekannten UUID übereinstimmen und damit auch zugleich feststellt, dass die beiden von den peer:clients gesendeten UUID übereinstimmen. Auf diese Möglichkeit der Verwirklichung des Merkmals 1.2.1 hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch hingewiesen.
67
Soweit die Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz erstmalig fordern, dass durch den Korrelationsserver eine Verknüpfung zwischen den Vorrichtungen (Mobiltelefonen) hergestellt werden müsse und dies bei der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall sei, weil die Verknüpfung der Vorrichtungen bereits durch Einscannen des QR-Codes erfolge, verhilft ihr dies nicht zum Erfolg, da - wie gezeigt - der Klagepatentanspruch gerade nicht fordert, dass der Korrelationsserver die Verbindung zwischen den Vorrichtungen herstellt.
68
Für die Verwirklichung des Merkmals 1.2.1 ist es zudem weiter unschädlich, dass der erste peer:client (Spieler 2), der die gescannte UUID zuerst an den PLFE sendet, bereits der Anwendung beitreten kann, bevor der zweite peer:client (Spieler 3) seine UUID an den PLFE sendet. Denn dem Klagepatent kommt es darauf an, dass alle beteiligten Vorrichtungen nach der Identifizierung zusammen die Anwendung ausführen können. Soweit einzelne Vorrichtungen bereits zuvor die Anwendung ausführen können, ist dies unschädlich.
69
c) Merkmal 1.2.1.2.1 wird gleichfalls benutzt. Die von den peer:clients (Spieler 2 und 3) an den PLFE (Korrelationsserver) übersandte UUID umfasst die Session ID, mittels der der PLFE die auszuführende Anwendung, also die angegriffene Ausführungsform (Buddy Multiplayer Session) identifiziert. Der PLFE vergleicht diese von den peer:clients mit der UUID übermittelten Session IDs mit der ihm bekannten Session ID um festzustellen, ob sie sich auf dieselbe Buddy Multiplayer Session beziehen. Stimmen die Session IDs der beiden peer:clients überein übermittelt der PLFE an die peer:clients jeweils den ARBE Token.
70
Damit vergleicht der PLFE (= Korrelationsserver) auch die Session ID des zweiten beitretenden peer:client mit der dem PLFE bekannten Session ID und damit auch mit der vom ersten beitretenden peer.client übermittelten Session ID und übermittelt bei festgestellter Übereinstimmung den ARBE Token an den zweiten peer:client.
71
Sofern die Beklagten eine Verletzung des Merkmals 1.2.1.2.1 in Abrede stellen, weil sowohl für Merkmal 1.2.1 als auch für Merkmal 1.2.1.2.1 die UUID korreliert bzw. miteinander verglichen wird und es an der Korrelation bzw. dem Vergleich zweier unterschiedlicher Zahlenfolgen fehle, ändert dies nichts an der Benutzung des Klagepatents, dann - wie oben dargestellt - verlangt das Klagepatent gerade nicht, dass der Vergleich der angezeigten Anwendung durch den Korrelationsserver durch einen Vergleich einer zur UUID unterschiedlichen Zahlenfolge erfolgen muss.
72
d) Die angegriffene Ausführungsform macht auch von Merkmal 1.2.1.2.2 Gebrauch. Die Übermittlung des ARBE Token ist eine Abgleichsmeldung im Sinne des Klagepatents.
73
Zwar gehen die Beklagten insoweit zutreffend davon aus, dass es sich bei dem an den ersten beitretenden peer:client gesendeten ARBE-Token nicht um die klagepatentgemäße Abgleichsmeldung handelt, sofern die Sendung diese ARBE-Tokens direkt nach dem Abgleich der vom ersten beitretenden peer:client gesendeten UUID und vor dem Abgleich des durch den zweiten beitretenden peer:client gesendeten UUID erfolgt, denn insoweit ist es denklogisch ausgeschlossen, dass das Senden der Abgleichmeldung aufgrund des Abgleichs der angezeigten Anwendungen erfolgt. Dass es bei der angegriffenen Ausführungsform möglich ist, dass der Abgleich der UUID des zweiten beitretenden peer:client vor dem Senden des ARBE-Token des ersten beitretenden peer:clients erfolgen kann, hat die Klägerin nicht vorgetragen.
74
Im Gegensatz hierzu handelt es sich bei dem an den zweiten beitretenden peer:client gesendeten ARBE-Token jedoch um eine klagepatentgemäße Abgleichsmeldung. Denn diese wird erst gesendet, nachdem der PLFE (Korrelationsserver) sowohl die vom ersten beitretenden peer:client als auch die vom zweiten beitretenden peer:client empfangenen UUID mit der beim PLFE bekannten UUID korreliert hat und zudem verglichen hat, ob sich die mit der UUID übersandten Session ID des zweiten beitretenden peer:clients auf dieselbe Anwendung wie die des ersten beitretenden peer:clients bezieht. Dass die Korrelation bzw. der Vergleich der beiden UUID lediglich mittelbar über die Korrelation bzw. den Vergleich mit der beim PLFE bekannten UUID erfolgt, ist wie oben gezeigt, unschädlich. Insoweit war im Tenor klarstellend aufzunehmen, dass die Verurteilung nur erfolgt, soweit drei Teilnehmer an der Buddy Multiplayer Session teilnehmen bzw. teilgenommen haben.
75
Soweit die Beklagen im nachgelassenen Schriftsatz erstmalig vortragen, bei dem ARBE Token handele es sich nicht um eine Abgleichsmeldung, weil der ARBE Token keinen Bezug zu dem Verhältnis zwischen den beiden beitretenden peer:clients herstelle, fordert das Klagepatent einen solchen Bezug jedoch nicht. Wie dargelegt, lässt das Klagepatent die Ausgestaltung und den Inhalt der Abgleichsmeldung völlig offen und verlang nur, dass diese - wie es vorliegend geschieht - auf Grundlage des erfolgten Abgleichs erfolgt.
76
Soweit die Beklagten der Ansicht sind, der ARBE-Token sei keine klagepatengemäße Abgleichsmeldung, weil dieser nicht unmittelbar vom PLFE an den ARBE gesendet werde, ist es unstreitig, dass der PLFE der ARBE-Token an den zweiten beitretenden peer:client sendet, der diesen ARBE Token sodann an den ARBE weiterleitet. Da es, wie oben ausgeführt, klagepatentgemäß nicht darauf ankommt, dass die Abgleichsmeldung direkt vom Korrelationsserver (PLFE) an den Anwendungsserver (ARBE) gesendet wird, sondern es vielmehr ausreichend ist, dass der PLFE bewirkt, dass ein Sender die Abgleichsmeldung an den ARBE sendet, liegt eine Verletzung des Merkmals 1.2.1.2.2 durch die angegriffene Ausführungsform vor.
77
Selbst wenn man mit der Beklagten davon ausgehen würde, dass der PLFE die Abgleichsmeldung senden muss, liegt eine Verwirklichung des Merkmals 1.2.1.2.2 vor, denn unstreitig sendet der PLFE den ARBE Token an die peer:clients, die den ARBE Token an den ARBE weiterleiten, ohne dass es einer eigenständigen Handlung des Nutzers der Vorrichtung bedarf. Daher sendet der PLFE, über den peer:client, der die Abgleichsmeldung unverändert weiterleitet, eine Abgleichsmeldung an den ARBE.
78
e) Die angegriffene Ausführungsform macht auch von Merkmal 1.2.3 Gebrauch. Bei dem Korrelationsserver PLFE und dem Anwendungsserver für die angegriffene Ausführungsform, dem Buddy Multiplayer Session ARBE, handelt es sich um verschiedene Server im Sinne des Klagepatents. Insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der ARBE die Buddy Multiplayer Session ausführt und der PLFE die Korrelation bzw. den Vergleich der UUID vornimmt. Dass es sich bei dem ARBE und dem PLFE um verschieden („distinct“) Server handelt ergibt sich bereits aus der Darstellung der Beklagten von der angegriffenen Ausführungsform, denn nach dem Vortrag der Beklagten können der PLFE und der ARBE nicht direkt miteinander kommunizieren und nutzen daher - was die Beklagten nicht bestritten haben - auch keine gemeinsamen Ressourcen. Wie ausgeführt kommt es dem Klagepatent jedoch gerade hierauf an.
79
Sofern die Beklagten vortragen, dass der PLFE erforderlich sei, um das Spiel K auszuführen, und der Multiplayer Modus, also die Buddy Multiplayer Session daher ohne den PLFE nicht ausgeführt werden könne, weil es sich insoweit nur um eine Erweiterung des Spiels K handele, verkennen die Beklagten, dass die Klägerin als angegriffene Ausführungsform lediglich die Anwendung der Buddy Multiplayer Session angreift. Für die Ausführung dieser Anwendung ist nach dem Vortrag der Klägerin allein der ARBE zuständig, wohingegen der PLFE insoweit die Korrelation und den Vergleich der UUID durchführt. Dass der PLFE erforderlich ist, um das gesamte Spiel K spielen zu können, mag zutreffend sein, ist allerdings für die Frage, ob die konkrete angegriffene Ausführungsform, mithin die Buddy Multiplayer Session, allein vom ARBE ausgeführt wird, irrelevant.
80
Insoweit kann auch das Argument der Beklagten nicht verfangen, dass die Anwendung das Spiel K insgesamt sei. Denn zum einen obliegt es der Klägerin, die angegriffene Ausführungsform zu bestimmen, und zum anderen gibt das Klagepatent nicht vor, wie die Anwendung im Sinne des Klagepatents ausgestaltet sein muss. Insoweit ist nicht ersichtlich, dass es sich bei der Buddy Multiplayer Session nicht um eine klagepatentgemäße Anwendung handelt.
81
3. Die angegriffene Ausführungsform benutzt überdies den Verfahrensanspruch 15 des Klagepatents unmittelbar. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
82
Die angegriffene Ausführungsform führt das klagepatentgemäße Verfahren aus und insbesondere sendet auch der PLFE eine Abgleichsmeldung an den ARBE (vgl. oben).
83
IV. Die Beklagten sind jedoch nur hinsichtlich des Verfahrensanspruchs (Anspruch 15) passivlegitimiert. Hinsichtlich des Systemanspruchs fehlt es hingegen an einer inländischen Benutzungshandlung durch die Beklagten, so dass die Klage insoweit abzuweisen war.
84
1. Ein deutsches Patent oder ein vom Europäischen Patentamt nach dem EPÜ mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteiltes europäisches Patent ist benutzt, wenn jedenfalls eine der in § 9 Satz 2 PatG benannten Handlungen im Inland vorgenommen wird. Damit eine Handlung als Verletzung eines Schutzrechts in Betracht kommt, muss sie deshalb eine hinreichende Beziehung zu dessen räumlichem Geltungsbereich aufweisen (Benkard PatG/Scharen, 11. Aufl. 2015, PatG § 9 Rn. 10). Die Herstellung, das Anbieten, Inverkehrbringen, Gebrauchen, Einführen und Besitzen patentierter Erzeugnisse oder die Anwendung eines geschützten Verfahrens im Ausland ist hingegen nicht patentverletzend (RGZ 30, 52, 55).
85
Problematisch sind die Fälle, in denen eine vollständige Verwirklichung der Lehre des Patents zwar erfolgt ist, das dazu Notwendige aber nicht nur im Inland stattfindet, sondern teilweise auch im Ausland, etwa wenn im Falle eines Verfahrenspatents die nötigen Verfahrensschritte teils im Inland, teils im Ausland ausgeführt wurden, oder wenn das Patent ein System schützt und sich nach dessen Herstellung die zugehörenden Bestandteile in unterschiedlichen Staaten befinden (Benkard PatG/Scharen, 11. Aufl. 2015, PatG § 9 Rn. 10; Haupt GRUR 2007, 187). Insoweit gilt für die Annahme einer inländischen Benutzungshandlung folgendes:
86
Für das Anwenden eines Verfahrens bei dem eine oder mehrere Maßnahmen im Inland und andere im Ausland vorgenommen werden, ist es ausreichend, wenn die im Ausland bewerkstelligten anderen notwendigen Maßnahmen dem im Inland Handelnden ebenfalls zuzurechnen sind (Benkard PatG/Scharen, 11. Aufl. 2015, PatG § 9 Rn. 10). Für die inländische Benutzungshandlung des Herstellens genügt die Herstellung eines Vorrichtungsteils im Inland (Benkard PatG/Scharen, 11. Aufl. 2015, PatG § 9 Rn. 10). Entsprechend ist für das Gebrauchen und Herstellen eines Systems ebenfalls erforderlich, dass jedenfalls die Herstellung oder der Gebrauch eines Bestandteils des Systems in der Bundesrepublik Deutschland erfolgen (für einen Verfahrensanspruch vgl. LG München I, Urteil vom 21.04.2015 - 7 O 16945/15; zur Benutzungshandlung des Herstellens vgl. Benkard PatG/Scharen, 11. Aufl. 2015, PatG § 9 Rn. 10). Bei einem im Inland abgegebenen Angebot kommt es hingegen nicht darauf an, wo die spätere Lieferung hin erfolgen soll (OLG München, InstGE 5, 15). Erforderlich aber auch ausreichend ist, dass die Angebotshandlung im Inland erfolgt und das angebotene Verfahren im Inland durchgeführt wird.
87
Da eine Patentverletzung nicht nur durch Alleintäterschaft unter Verwirklichung aller Verfahrensschritte, sondern auch in Mittäterschaft und Nebentäterschaft begangen werden kann (BGH GRUR 2007, 773, 775 - Rohrschweißverfahren) stellt bei einem Patent, das ein Herstellungsverfahren schützt, jedenfalls eine Herstellung, die in bewusstem und gewollten Zusammenwirken arbeitsteilig von im Inland und im Ausland handelnden Personen erfolgt, eine Patentverletzung durch den inländischen Teilnehmer dar (Benkard PatG/Scharen, 11. Aufl. 2015, PatG § 9 Rn. 10).
88
2. Hinsichtlich des eingetragenen Anspruchs 15 des Klagepatents (Verfahrensanspruch) verstößt die Beklagte gegen Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 9 Nr. 2 PatG.
89
a) Die Beklagten haben das klagepatentgemäße Verfahren jedenfalls als Nebentäterinnen in der Bundesrepublik Deutschland angewendet.
90
aa) Die angegriffene Ausführungsform führt - wie oben dargestellt - das klagepatentgemäße Verfahren vollständig durch.
91
bb) Die Beklagten sind hieran als Nebentäterinnen beteiligt. Dass sie - schon nach dem Vortrag der Klägerin - das klagepatentgemäße Verfahren nicht selbst durchführen und die Klägerin auch nicht aufzeigt, welcher Täter die Buddy Multiplayer Session durchführt, ist unschädlich, da zwischen den Parteien unstreitig ist, dass die Buddy Multiplayer Session, mithin das klagepatentgemäße Verfahren, durchgeführt wird und nach der Rechtsprechung des X. Zivilsenats des BGH die Verantwortlichkeit für eine Patentverletzung nicht voraussetzt, dass der in Anspruch Genommene in seiner Person eine der in § 9 S. 2 PatG bezeichneten Handlungen vornimmt (BGHZ 107, 46 [53] = GRUR 1990, 997 - Ethofumesat). Schuldner der Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz, Auskunft und Vernichtung der verletzenden Gegenstände kann vielmehr auch sein, wer lediglich eine weitere Ursache für die Rechtsverletzung setzt, indem er eine von ihm ermöglichte Rechtsverletzung durch einen Dritten nicht unterbindet, obwohl dies von ihm zu erwarten wäre (BGHZ 142, 7 [12f.] = NJW 2000, 213 = GRUR 1999, 977 - Räumschild).
92
Danach haften die Beklagten als Nebentäterinnen für die Verletzung des Klageanspruch 15 (Verfahren). Denn die Beklagten haben mit der Entwicklung und der Zurverfügungstellung des Spiels K zum Download (Beklagte zu 2) und dem Abschluss der Nutzungsbedingungen mit den jeweiligen Nutzern zum Durchführen des Spiels K (Beklagte zu 1) eine Ursache für die Anwendung des klagepatentgemäßen Verfahrens (Buddy Multiplayer Session mit drei Spielern) nach Anspruch 15 gesetzt. Insoweit haben die Beklagten auch pflichtwidrig gehandelt, da ihr vorsätzliches Handeln gerade auf die Durchführung des Spiels und mithin des klagepatentgemäßen Verfahrens durch einen Dritten abzielt. Unabhängig davon handelten sie auch pflichtwidrig, da sie die Patentverletzung durch die angegriffene Ausführungsform weiterhin gefördert haben, nachdem sie von der Klägerin durch die Klageerhebung darauf aufmerksam gemacht worden waren, dass die angegriffene Ausführungsform das Klagepatent verletzt.
93
cc) Die bei der Anwendung des klagepatentgemäßen Verfahrens nach Anspruch 15 von Dritten im Ausland durchgeführten Verfahrensschritte sind den Beklagten zuzurechnen.
94
Für den Tatbestand des Anwendens kann vor diesem Hintergrund die Vornahme einer von mehreren notwendigen Maßnahmen im Inland ausreichen, wenn die im Ausland bewerkstelligten anderen Maßnahmen dem im Inland Handelnden ebenfalls zuzurechnen sind (Benkard/Scharen, a.a.O., § 9 PatG Rdnr. 49). Im Ausland begangene Teilakte sind hierbei dann wie inländische zu behandeln, wenn sich der Täter sie zu eigen macht für einen im Inland eintretenden Verletzungserfolg. Um eine zu weitgehende Verantwortlichkeit auszuschließen, ist in derartigen Fällen allerdings eine wirtschaftlich-normative Betrachtungsweise als geeignetes Korrektiv geboten, wonach das fragliche Verhalten für den notwendigen Zurechnungszusammenhang zielgerichtet auf eine Wirkung im inländischen Markt zugeschnitten sein muss. Dadurch erfolgt ein Eingreifen nationalen Patentschutzes nur in Fällen, die das nationale Schutzgebiet unmittelbar betreffen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 10. Dezember 2009 - I-2 U 51/08 - Prepaid-Telefonkarten). Eine Zurechnung ausländischer Verfahrensschritte ist insbesondere dann angezeigt, wenn bei einem Verfahren die ersten Verfahrensschritte im Ausland erfolgen und die restlichen Verfahrensschritte im Inland durchgeführt werden (zu Herstellungsverfahren OLG Düsseldorf, Urteil vom 10. Dezember 2009 - I-2 U 51/08 - Prepaid-Telefonkarten). Gerade in einem solchen Fall muss sich der Anwender regelmäßig die zuvor von ihm (oder einem Dritten) im Ausland begonnene Durchführung des Verfahrens zurechnen lassen, weil er auf diesen Maßnahmen aufbaut und sich diese im Inland zu Nutze und zu eigen macht.
95
Die von der angegriffenen Ausführungsform durchgeführten Verfahrensschritte sind dazu angelegt, eine Teilnahme eines inländischen Nutzers an der Buddy Multiplayer Session zu ermöglichen, denn, wie oben bereits ausgeführt, handelt es sich bei dem Ausführen der Buddy Multiplayer Session durch den ARBE zusammen mit den mobilen Endgeräten um einen Verfahrensschritt des Verfahrensanspruchs.
96
Zwar werden die ersten Verfahrensschritte, die Korrelation der Darstellungen der erfassten sensorischen Identifikatoren und das Abgleichen der durch die Anfragemeldung angegebenen Anwendungen, im Ausland durchgeführt, jedoch erfolgt der klagepatentgemäße Zweck des durchzuführenden Verfahrens, nämlich das gemeinsame Ausführen der Anwendung durch den ARBE zusammen mit den mobilen Endgeräten einer Mehrzahl von Spielern der Buddy Multiplayer Session, in Deutschland. Insoweit wird auch gerade der klagepatentgemäße Vorteil, nämlich die Trennung zwischen Korrelationsserver und Anwendungsserver nicht nur im Ausland, sondern auch im Inland verwirklicht, weil sich die mobilen Endgeräte, die zusammen mit dem Anwendungsserver die Anwendung ausführen, unstreitig im Inland befinden. Die Beklagten bauen mit ihren Handlungen damit gerade auf die im Ausland begangenen Handlungen Dritter auf und machen sich diese im Inland zu Nutze.
97
Soweit die Beklagten der Ansicht sind, das Ausführen der Anwendung sei nicht vom Anspruch 15 des Klagepatents umfasst, weil die Aufgabe des Klagepatents lediglich die Aktivierung der Anwendung sei, verkennt sie, dass zwar die Beschreibung lediglich davon spricht, die Anwendung zu aktivieren, der maßgebliche Anspruch 15 des Klagepatents jedoch ausdrücklich fordert, dass die Anwendung durch den Anwendungsserver zusammen mit den Vorrichtungen ausgeführt wird („carrying out an application involving matching devices“).
98
Auch die durchzuführende wirtschaftlich-normative Betrachtung ergibt, dass vorliegend die Zurechnung der im Ausland vorgenommenen Verfahrenshandlungen zu erfolgen hat, denn die klagepatentgemäße Anwendung wird von den Nutzern zusammen mit dem im Ausland befindlichen Anwendungsserver im Inland ausgeführt. Die kommerzielle Nutzung der patentgemäßen Lehre erfolgt mithin ausschließlich im Inland.
99
b) Darüber hinaus haftet die Beklagten als Täter für die Benutzungshandlung des Anbietens des Verfahrens nach Anspruch 15 des Klagepatents.
100
Die Beklagten haben die angegriffene Ausführungsform zur Anwendung im Inland angeboten, denn die Beklagten stellen den Nutzern der angegriffenen Ausführungsform (Buddy Multiplayer Session) durch die Entwicklung und das Zurverfügungstellen der angegriffenen Ausführungsform (Beklagte zu 2) bzw. dem Abschluss der Nutzungsbedingungen mit den Spielern (Beklagte zu 1) in Aussicht, dass die Anwendung des klagepatentgemäßen Verfahrens auf ihre Veranlassung durch einen Dritten durchgeführt wird. Kenntnis von einer möglichen Verletzung des klagepatentgemäßen Verfahrens im Inland haben die Beklagten jedenfalls seit Klageerhebung.
101
Da, wie oben ausgeführt, die Anwendung in der Bundesrepublik Deutschland erfolgt, liegt ein Anbieten im Sinne des § 9 S. 2 Nr. 2 PatG vor.
102
3. Die Beklagten sind hinsichtlich der Verletzung des Systemanspruchs (Anspruch 1 des Klagepatents) nicht passivlegitimiert. Sie haben die angegriffene Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland weder hergestellt, angeboten noch gebraucht. Wie oben ausgeführt umfasst das nach dem eingetragenen Anspruch 1 des Klagepatents geschützte System lediglich entsprechend ausgestaltete Korrelations- und Anwendungsserver. Weitere Bestandteile beinhaltet das nach Anspruch 1 des Klagepatents geschützte System nicht. Für die angegriffene Ausführungsform ist hinsichtlich des Anspruchs 1 mithin nur auf den streitgegenständlichen PLFE (Korrelationsserver) und den ARBE (Anwendungsserver) abzustellen. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist es daher für den Systemanspruch (eingetragener Anspruch 1) unerheblich, dass die Anwendung auf in der Bundesrepublik Deutschland befindlichen Mobilgeräten der jeweiligen Spieler ausgeführt wird oder Nachrichten zwischen dem PLFE und dem ARBE über die in der Bundesrepublik Deutschland befindlichen Vorrichtungen gesendet werden.
103
a) Die Beklagten haben die angegriffene Ausführungsform nicht in der Bundesrepublik Deutschland gebraucht.
104
Das Gebrauchen eines Erzeugnisses erfasst jedwede Verwendung, die irgendwie als bestimmungsgemäß oder sinnvoll gelten kann (Benkard PatG/Scharen, 11. Aufl. 2015, PatG § 9 Rn. 46).
105
Insoweit kann es vorliegend dahinstehen, ob die Beklagten die angegriffene Ausführungsform gebrauchen, denn jedenfalls erfolgt kein Gebrauchen in der Bundesrepublik Deutschland. Denn für eine inländische Benutzungshandlung eines Systems ist erforderlich, dass sich mindestens ein Bestandteil des Systems in Deutschland befindet. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Klägerin nicht vorgetragen hat, dass die Beklagten für den Betrieb der streitgegenständlichen Server verantwortlich sind oder welche Tätigkeit sie im Zusammenhang mit den Servern ausüben. Vielmehr hat sie lediglich vorgetragen, dass die Beklagte zu 2) Entwicklerin der App „K “ ist und diese Spieleanwendung in Deutschland einer beliebigen Anzahl von Nutzern kostenlos zum Herunterladen auf handelsübliche Endgeräte anbietet und die jeweiligen Endnutzer, welche den K -Dienst mittels dieser App auf ihren Endgeräten in Deutschland nutzen, mit der Beklagten zu 1) diesbezügliche Nutzungsbedingungen abschließen.
106
Im Hinblick auf das klagepatentgemäße System gemäß Anspruch 1, das - wie oben ausgeführt - leidglich aus dem mindesten einem Korrelationsserver und dem mindestens einem Anwendungsserver besteht, liegt jedenfalls kein Gebrauchen der angegriffenen Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland vor, da die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin nicht dargelegt und nachgewiesen hat, dass die streitgegenständlichen Server (PLFE und ARBE), in der Bundesrepublik Deutschland betrieben werden.
107
Auf den unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag der Beklagten, dass sich die streitgegenständlichen ARBE und PLFE nicht in der Bundesrepublik Deutschland, sondern im Ausland, befänden, hat die Klägern unbestritten vorgetragen, dass die Beklagten zur Durchführung des Spiels K von Google einen Server in Deutschland (Frankfurt am Main) betreiben ließen. Dem Vortrag der Beklagten, dass es sich bei diesem Server nicht um den PLFE oder den ARBE handele, und zwischen den Beklagten und Google vertraglich sichergestellt sei, dass bestimmte Server, einschließlich PLFE und ARBE, ausschließlich in den USA betrieben würden, ist die Klägerin nicht mehr entgegengetreten und hat insoweit auch kein Beweis dafür angeboten, dass sich gerade PLFE und ARBE in der Bundesrepublik Deutschland befinden. Ebenso ist die Klägerin dem Vortrag der Beklagten, dass es sich bei dem in Frankfurt befindlichen Server um einen Serverendpunkt handele, der keinen spezifischen Bezug zur Buddy Multiplayer Session aufweise, sondern schlicht Teil des K -Spiels sei, in dem Mediendateien zwischengespeicherten würden, der jedoch nicht dazu verwendet werde, die für die Durchführung der angegriffenen Buddy Multiplayer Session erforderliche Spielelogik bereitzustellen, nicht entgegengetreten. Danach ist schon dem Vortrag der Klägerin nur zu entnehmen, dass lediglich ein Server, der für die Durchführung der Anwendung K verwendet wird, in der Bundesrepublik Deutschland betrieben wird. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin jedoch explizit die Buddy Multiplayer Session nebst den zugehörigen Servern als die angegriffene Ausführungsform definiert hat, kommt es nicht darauf an, ob ein Server, der für die Durchführung des gesamten Spiels K erforderlich ist, in der Bundesrepublik Deutschland befindet. Vielmehr ist allein relevant, ob sich die für den Betrieb der angegriffenen Ausführungsform (Buddy Multiplayer Session) erforderlichen Server in der Bundesrepublik Deutschland befinden. Dies lässt sich dem Vortrag der Klägerin hingegen gerade nicht entnehmen.
108
Unabhängig davon ist die Klägerin für ihre Behauptung, die Beklagten gebrauchten die angegriffene Ausführungsform in Deutschland, beweisfällig geblieben.
109
b) Die Beklagten haben die angegriffene Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland nicht hergestellt und angeboten.
110
Das Herstellen eines Erzeugnisses umfasst die gesamte Tätigkeit, durch die das Erzeugnis mit den im Patentanspruch definierten Merkmalen geschaffen wird, vom Beginn an und beschränkt sich nicht auf den letzten, die Vollendung des geschützten Erzeugnisses unmittelbar herbeiführenden Tätigkeitsakt (BGH GRUR 95, 338, 341 - Kleiderbügel).
111
Das Anbieten umfasst alle Handlungen, die nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt einen schutzrechtsverletzenden Gegenstand der Nachfrage zur Verfügung stellen (BGHZ 167, 374, 378 - Kunststoffbügel) oder das Zustandekommen eines Geschäfts über einen unter dem Schutz des Patents stehenden Gegenstand ermöglichen oder befördern sollen, das die Benutzung dieses Gegenstands einschließt (BGH GRUR 2003, 1031, 1032 - Kupplung für optische Geräte). Maßgebend ist, ob derjenige, gegenüber dem die als mögliches „Anbieten“ zu qualifizierende Handlung vorgenommen wird, bei verständiger Würdigung der gegebenen objektiven Umstände annehmen muss, der „Anbietende“ sei bereit, ihm im Falle einer Bestellung den in Rede stehenden Gegenstand zur Verfügung zu stellen (Benkard PatG/Scharen, 11. Aufl. 2015, PatG § 9 Rn. 41)
112
Danach haben die Beklagten das streitgegenständliche System bestehend aus PLFE und ARBE in der Bundesrepublik Deutschland weder hergestellt noch angeboten. Denn die Klägerin hat lediglich vorgetragen, dass die Beklagten zu 1) und 2) eine eigens entwickelte Anwendungssoftware zur Durchführung des Spiels K zum Herunterladen auf mobile Endgeräte zur Verfügung stelle und hierdurch die Benutzung des Dienstes und der Zugang zu der Server-Plattform in Deutschland ermöglicht werde. Mithin fehlt es an jeden Vortrag, dass die Beklagten die angegriffene Ausführungsform, bestehend aus PLFE und ARBE, in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt haben oder eine Handlung vorgenommen haben, die darauf gerichtet ist, die angegriffene Ausführungsform, also das System aus einem Korrelationsserver und einem Anwendungsserver, Dritten zur Verfügung zu stellen. Vielmehr richten sich die von den Beklagten vorgenommenen Handlungen an die Nutzer des Spiels K . Diese sind jedoch nicht identisch mit möglichen Nachfragern nach dem System bestehend aus PLFE und ARBE.
113
Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass die Beklagten Dritten die Nutzung des Spiels K in der Bundesrepublik Deutschland ermöglichten, verkennt sie, dass das patentgemäße System nach Anspruch 1 des Klagepatents nicht die Durchführung der Anwendung, also der Buddy Multiplayer Session des Spiels K, adressiert, sondern ein System bestehend aus (mindestens) zwei Servern unter Schutz stellt. Insoweit ist - wie bereits ausgeführt - zwischen dem Anbieten der Nutzung des Spiels K und dem Anbieten des Systems zu unterscheiden.
114
V. Im Hinblick auf die Abweisung des Klageantrags zu Ziffer I.1.a) (Systemanspruch nach Anspruch 1), war (zusätzlich) insgesamt über den klageerweiternd geltend gemachten Hilfsantrag zu entscheiden, da die von der Klägerin definierte innerprozessuale Bedingung (Abweisung des Systemanspruchs) eingetreten ist.
115
1. Die kurz vor der mündlichen Verhandlung erfolgte Klageänderung durch Erweiterung der Klage um Hilfsanträge ist zulässig. Zwar hat die Beklagte der Klageänderung nicht zugestimmt, die Klageänderung ist jedoch sachdienlich, weil eine Entscheidung über die geänderte Klage prozesswirtschaftlich ist, weil sie den Streitstoff des anhängigen Verfahrens ausräumt, einem andernfalls zu gewärtigenden Rechtsstreit vorbeugt, und die bisherigen Prozessergebnisse vollständig nutzbar bleiben.
116
2. Die Hilfs-Klageanträge I.2.a) und I.2.b) sind unbegründet.
117
a) Für die Auslegung der mit Klageantrag I.2. geltend gemachten Ansprüche ergeben sich im Hinblick auf den Hauptantrag folgende Änderungen.
118
Der mit Klageantrag I.2.a) nunmehr geltend gemachte Systemanspruch umfasst - zusätzlich zu dem Korrelationsserver und dem Anwendungsserver - auch die Vorrichtungen, die zum Erfassen eines sensorischen Identifikators und zu Senden von Anfragemeldungen mit Darstellungen des erfassten sensorischen Identifikators eingerichtet sind.
119
Das Verfahren nach Antrag I.2.b) sieht zusätzlich das Erfassen eines sensorischen Identifikators (ID) durch die Vorrichtungen und das Senden von Anfragemeldungen mit Darstellungen des erfassten sensorischen Identifikators durch die Vorrichtung vor.
120
b) Die Beklagten sind sowohl hinsichtlich des Systemanspruchs (Klageantrag I.2.a)) als auch hinsichtlich des Verfahrensanspruchs (Klageantrag I.2.b) nicht passivlegitimiert.
121
aa) Dem mit dem Hilfsantrag gelten gemachte Systemanspruch fehlt es an einer inländischen Benutzungshandlung. Denn die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass die Beklagten oder Dritte, ggf. gemeinsam mit den Beklagten, das System bestehend aus dem Korrelations- und dem Anwendungsserver sowie den mobilen Endgeräten insgesamt täterschaftlich, mittäterschaftlich oder als Nebentäter im Inland gebrauchen. Zwar befinden sich die mobilen Endgeräte, also die klagepatentgemäßen Vorrichtungen, im Inland, jedoch hat die Klägerin nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich, dass ein Täter oder mehrere Mittäter bzw. Nebentäter das System bestehend aus einem Korrelations- und einem Anwendungsserver und benachbarten Vorrichtungen gebrauchen. Denn dies würde voraussetzen, dass der oder die Täter Tatherrschaft über die Nutzung sämtlicher Bestandteile des Systems innehaben bzw. pflichtwidrig den Gebrauch vorgenommen haben. Einen entsprechenden Vortrag hat die Klägerin jedoch nicht geführt. Vielmehr ist ersichtlich, dass das Gebrauchen der mobilen Endgeräte im Inland durch die jeweiligen Nutzer des Spiels K erfolgt. Diese handeln jedoch weder vorsätzlich noch fahrlässig hinsichtlich eines mittäterschaftlichen/nebentäterschaftlichen Gebrauchens eines Systems bestehend aus den mobilen Endgeräten, dem Korrelationsserver und dem Anwendungsserver. Mithin fehlt es an einem täterschaftlichen bzw. mittäterschaftlichen/nebentäterschaftlichen Gebrauchens des gesamten Systems. Vortrag zu einer mittelbaren Täterschaft hat die Klägerin ebenfalls nicht geleistet. Darüber hinaus ist auch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Beklagten als Täter, Mittäter oder Nebentäter Vorrichtungen im Sinne des Klagepatents im Inland herstellen oder anbieten, um Buddy Multiplayer Sessions durchzuführen.
122
Eines rechtlichen Hinweises auf den insoweit fehlenden Sachvortrag bedurfte es nicht, weil die Klägerin, im Hinblick auf die erst einen Tag vor dem Termin zur mündlichen Hauptverhandlung erfolgte Klageänderung, bewusst darauf verzichtet hat, neuen Sachvortrag zu leisten, und nur den bisher erfolgten Sachverhalt zur Entscheidung gestellt hat (vgl. Schriftsatz vom 13.7.2022; Protokoll vom 14.7.2022).
123
bb) Hinsichtlich der mit dem Hilfsantrag geltend gemachten unmittelbaren Verletzung des Verfahrensanspruchs fehlt es an einer unmittelbaren Verletzung des hilfsweise geltend gemachten Anspruchs. Denn die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass die Beklagten oder ein oder mehrere Täter das gesamte Verfahren, insbesondere die Erfassung eines sensorischen Identifikators mittels einer Vorrichtung, bspw. eines mobilen Endgeräts, und das Senden einer Anfragemeldung mittels der Vorrichtung, täterschaftlich durchführen und insoweit eine unmittelbare Patentverletzung des Verfahrensanspruchs begehen. Soweit das Erfassen eines sensorischen Identifikators mittels einer Vorrichtung, bspw. eines mobilen Endgeräts, und das Senden einer Anfragemeldung mittels der Vorrichtung durch die Nutzer des Spiels K durchgeführt wird, handelt dieser nicht als Mittäter/Nebentäter neben den für die übrigen Verfahrensschritte verantwortlichen Mit- bzw. Nebentätern, da sie nicht bewusst und gewollt mit diesem zusammenwirken bzw. vorsätzlich oder fahrlässig eine patentverletzende Handlung ausführen. Im Übrigen fehlt insoweit jeglicher Vortrag. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass eine unmittelbare Patentverletzung auch dann in Betracht kommt, wenn in dem benutzten Teil der Erfindung der Erfindungsgedanke bis auf selbstverständliche, für die im Patent unter Schutz gestellte technische Lehre unbedeutende Zutaten bereits verwirklicht ist (OLG Düsseldorf, InstGE 13, 78 - Lungenfunktionsmessgerät). Denn anders als in dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall, bei dem nach dem Erwerb der Software nur noch die Software auf einem vom Käufer bereitzustellenden Computer installiert werden musste, bedarf es vorliegend, neben dem Installieren der Applikation auch noch der Erfassung der sensorischen Identifikatoren und der Sendung einer Anfragemeldung durch die Nutzer. Hierbei handelt es sich jedoch nicht nur um einen selbstverständlichen, für den Erfindungsgedanken unwesentlichen Verfahrensschritt.
124
Soweit möglicherweise eine mittelbare Patentverletzung vorliegt, hat sich die Klägerin hierauf nicht berufen, keinen entsprechenden Sachvortrag geleistet und keinen entsprechenden Antrag gestellt (§ 308 Abs. 1 ZPO).
125
V. Da die übrigen Voraussetzungen einer Patentverletzung zwischen den Parteien zu Recht nicht umstritten sind, stehen der Klägerin die ausgeurteilten Ansprüche hinsichtlich des Verfahrensanspruchs (Klageantrag zu Ziffer I.1b) und Klageanträge I.3 und II. (soweit rückbezogen auf I.1.b)) zu.
126
1. Der ausgesprochene Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung folgt aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140b Abs. 1, Abs. 3 PatG, §§ 242, 259 BGB.
127
a) Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstandes unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG i. V. mit Art. 64 Abs. 1 EPÜ, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG i. V. mit Art. 64 Abs. 1 EPÜ.
128
b) Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB i. V. mit Art. 64 Abs. 1 EPÜ, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern.
129
Die Klägerin ist im Übrigen auf die Angaben der Beklagten angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Die Beklagten werden durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Der Wirtschaftsprüfervorbehalt ist wie beantragt zu gewähren.
130
2. Da die Beklagten die Verletzungshandlungen gemäß Ziffer I.1.b) zumindest fahrlässig begangen haben, sind sie dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet, Art. 64 Abs. 1, Abs. 3 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG.
131
Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte im Geschäftsbetrieb der Beklagten spätestens einen Monat nach Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents erkannt werden können und müssen, dass die angegriffene Ausführungsform patentverletzend ist.
132
Eine für die Feststellung der Schadensersatzpflicht ausreichende gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens ist wegen des bereits eingetretenen Schadens aufgrund der geschehenen Patentbenutzungen begründet.
D.
133
Eine Aussetzung mit Blick auf die erhobene Nichtigkeitsklage ist nach § 148 ZPO nicht veranlasst.
134
I. Die Einleitung eines Einspruchsverfahrens oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage stellen als solches keinen Grund dar, das Verfahren auszusetzen. Anderenfalls würde man dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beimessen, die ihm nach dem Gesetz gerade fremd ist (BGH GRUR 1987, 284 - Transportfahrzeug). Bei der gebotenen Interessenabwägung hat grundsätzlich das Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung des ihm erteilten Patents Vorrang (vgl. Cepl in: Cepl/Voß, aaO, § 148 ZPO Rn. 106 mwN). Denn das Patent bietet nur eine beschränkte Schutzdauer. Für die Dauer der Aussetzung ist das Schutzrecht mit Blick auf den Unterlassungsantrag, der einen wesentlichen Teil des Schutzrechts darstellt, praktisch aufgehoben. Daher kommt eine Aussetzung grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Vernichtung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (Cepl in: Cepl/Voß, aaO, § 148 ZPO Rn. 107 m. w. N.).
135
II. Nach diesen Maßstäben ist das Verfahren nicht auszusetzen.
136
Vorliegend ist für die Aussetzungsfrage allein der geltend gemachte Anspruch 15 in seiner eingetragenen Fassung maßgeblich. Soweit die Klage hinsichtlich des geltend gemachten Systemanspruchs und der hilfsweise geltend gemachten Ansprüche abgewiesen wurde, hängt die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht von dem Rechtsbestand des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung und der mit dem Hilfsantrag geltend gemachten Ansprüchen ab, so dass eine Aussetzung im Hinblick hierauf von vornherein nicht in Betracht kommt.
137
Der Gegenstand des für die Aussetzungsfrage allein maßgeblichen Anspruchs 15 (Verfahrensanspruch) in der erteilten Fassung ist nach Auffassung der Kammer rechtsbeständig. Die von den Beklagten im Rahmen ihres Aussetzungsantrags geltend gemachten Nichtigkeitsargumente greifen nicht durch. Der Gegenstand des Anspruchs 15 des Klagepatents ist neu und erfinderisch.
138
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Gegenstand von Patentanspruch 15 durch die Entgegenhaltung US 2007/0093258 (Anlage B 4 = D1) nicht neuheitsschädlich vorweggenommen.
139
Die D 1 betrifft ein System zur Implementierung von ressourcen- und/oder standortbasierter Abgleichdienste zwischen einem Benutzer eines drahtlosen Endgeräts (bspw. eines Mobiltelefons) und einer oder mehreren Ressourcen. Das in der D1 offenbarte System ist so konfiguriert, dass es einen Benutzer mit einer oder mehreren Ressourcen auf der Grundlage der Eigenschaften, Präferenzen und/oder des Standorts des Benutzers zusammenbringt, wobei zu Ressourcen andere Benutzer, gezielte Werbung, Unternehmen und/oder nahe gelegene Geschäfte zählen. Das in der D1 offenbarte System umfasst unter anderem verschiedene Mobilgeräte, die mit einem Server kommunizieren, der einen „Matching Engine“ und einen Application Server umfasst.
140
Entgegen der Ansicht der Beklagten umfass die Entgegenhaltung D1 jedoch kein Verfahren zur Korrelation von Darstellungen sensorischer Identifikatoren (Merkmal 15.2.1). Soweit die Beklagten insoweit ausführen, dass das in der D1 offenbarte System dazu eingerichtet sei, Standortdaten zu korrelieren, handelt es sich bei Standortdaten, wie oben ausgeführt, nicht um Darstellungen sensorischer Identifikatoren im Sinne des Klagepatents, sondern um andere Identifikatoren. Soweit die Beklagten der Ansicht sind, für den Systemanspruch komme es nicht darauf an, ob Darstellungen sensorischer Identifikatoren korreliert würden, da es sich aus Sicht des Korrelationsservers lediglich um eine (beliebige) Zahlenfolge handelt, kann es dahinstehen, ob diese Argumentation zutreffend ist, da, wie ausgeführt, für die Frage der Aussetzung lediglich auf den allein maßgeblichen Verfahrensanspruch abzustellen ist, der in Merkmal 15.2.1 jedoch ausdrücklich die Korrelation von Darstellungen sensorischer Identifikatoren verlangt.
141
2. Auch der Gegenstand der entgegengehaltenen Druckschrift US2005/0277472 A1 (Anlage B4 = D2) steht der Patentfähigkeit der Gegenstände des Klagepatents nicht entgegen.
142
Denn auch das System der Entgegenhaltung D2 korreliert unstreitig wiederum lediglich übermittelte Standortinformationen und mithin keine Darstellungen sensorischer Identifikatoren. Auf die Ausführungen zu D1 kann insoweit verwiesen werden.
143
3. Es ist auch nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass das Klagepatent mangels erfinderischer Tätigkeit ausgehend von der Entgegenhaltung US 2007/0174243 A1 (Anlage B 6 = D5) vernichtet werden wird.
144
Denn eine Erfindung beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit, wenn Sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Nach der Rechtsprechung bedarf es, damit ein von den bisher beschrittenen Wegen abweichender Lösungsweg naheliegt, in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen und Hinweise oder sonstige Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (BGH GRUR 2009, 746, 748 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung).
145
Auch die Wahl des als nächstliegenden Stand der Technik herangezogenen Ausgangspunktes bedarf einer besonderen Rechtfertigung, die in der Regel aus dem Bemühen des Fachmanns abzuleiten ist, für einen bestimmten Zweck eine bessere oder auch nur eine andere Lösung zu finden, als sie der Stand der Technik zur Verfügung stellt (BGH GRUR 2009, 1039, 1040 - Fischbissanzeiger).
146
Insoweit fehlt es bereits an Vortrag der Beklagten, warum der Fachmann gerade die D5 als nächstliegenden Stand der Technik herangezogen hätte.
147
Darüber hinaus offenbart die Entgegenhaltung D5 unstreitig keinen vom Korrelationsserver verschiedenen Anwendungsserver, der eine Anwendung ausführt. Soweit die Beklagten der Ansicht sind, dass es für den Fachmann ausgehend von den in Absatz [0018] der D1 genannten „sozialen Interessen“ naheliegend gewesen sei, das System der Entgegenhaltung D5 um einen von dem Korrelationsserver getrennten Anwendungsserver zu erweitern, verkennt sie, dass die dort genannten sozialen Interessen vom Korrelationsserver herangezogen wurden, um Nutzer abzugleichen, die dieselben Interessen teilen, um die passenden Nutzer zu matchen. Insoweit dürfte es aus Sicht des Fachmanns jedoch gerade nicht naheliegend gewesen sein, das auf das Matchen der Nutzer abzielende System dahingehend zu erweitern, dass die zuvor gematchten Nutzer, unter Nutzung des Systems, sodann gemeinsam Anwendungen ausführen.
148
4. Die Kammer übt daher - unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände des Einzelfalls - das ihr eingeräumte Ermessen dahingehend aus, das Verfahren nicht auszusetzen.
E.
149
I. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.
150
Der Streitwert war, in Übereinstimmung mit dem Vortrag der Parteien, zu jeweils 50% auf den System- und den Verfahrensanspruch aufzuteilen.
151
II. Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO. Die Höhe der Sicherheitsleistung ergibt sich aus den Angaben der Klägerin, der die Beklagten nicht entgegengetreten sind.
152
III. Die Berechnung des Streitwerts ergibt sich aufgrund der Angaben der Klägerin in der Klage.
153
Nach allgemeiner Auffassung stellt die eigene Wertangabe eines Klägers oder Antragstellers zu Beginn des Verfahrens ein gewichtiges Indiz für eine zutreffende Bewertung dar (ständige Rechtsprechung des Oberlandesgerichts München, vgl. WRP 2008, 972 - Jackpot-Werbung vgl. auch BGH GRUR 1986, 93 - Berufungssumme GRUR 1977, 748 - Kaffeeverlosung II;), weil in diesem Verfahrensstadium, in dem die spätere Kostentragungspflicht noch offen ist, erfahrungsgemäß Angaben von größerer Objektivität erwartet werden dürfen, als zu einem Zeitpunkt, zu dem die Kostentragungspflicht mit erheblicher Sicherheit vorauszusehen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2008, - X ZR 125/06, juris). Dies gilt nur dann nicht, wenn sich die Wertangabe eines Klägers oder Antragstellers nicht in objektiv vertretbaren Grenzen gehalten hat (vgl. WRP 2008, 972 - Jackpot-Werbung).
154
Vorliegend sind keine Gründe dafür ersichtlich, von der Angabe der Klägerin in der Klage abzugehen. Zwar hat die Klägerin vorgetragen, der Streitwert sei untersetzt, weil der Jahresumsatz der Beklagten 900.000.000 bis 1.000.000.000 US-Dollar betrage. Davon entfielen 7 - 8% auf den Markt in Deutschland und davon 1% auf das Spiel „K“. Jedoch konnte die Klägerin keine Angaben dazu machen, welcher Anteil des Umsatzes auf die angegriffene Ausführungsform, mithin die Buddy Multiplayer Session, entfällt. Mangels besserer Erkenntnisse zum Umsatz der Beklagten mit der angegriffenen Ausführungsform besteht keine Veranlassung, von der ursprünglichen Streitwertangabe der Klägerin (€ 250.000,0 für drei Beklagte; € 166.800,00 nach Abtrennung der C Germany GmbH) abzuweichen.
155
IV. Sofern die Beklagten mit Schriftsatz vom 28.07.2022, nach Schluss der mündlichen Verhandlung, erstmalig die Abtretung der Ansprüche der vormaligen Inhaber des Klagepatents bestritten haben, war dieser Vortrag wegen § 296a ZPO als verspätet zurückzuweisen. Zwar war den Beklagten eine Schriftsatzfrist eingeräumt worden, jedoch war der Schriftsatznachlass auf Vorbringen zur vorläufigen Auslegung der Kammer, der Streitwertangaben der Klägerin, dem Vortrag der Klägerin im Termin zu den Algorithmen und dem Schriftsatz der Klägerin vom 13.07.2022 (Hilfsanträge) beschränkt. Ein Schriftsatzrecht zu dem bereits in der Klage erfolgten Vortrag der Klägerin zur Aktivlegitimation wurde hingegen nicht eingeräumt. Ein Anlass, die mündliche Verhandlung gemäß § 156 ZPO wiederzueröffnen, besteht nicht.