Inhalt

LG München I, Endurteil v. 25.05.2022 – 7 O 14091/19
Titel:

Erfolgloser Zwangslizenzeinwand bei fehlender Lizenzwilligkeit

Normenketten:
AEUV Art. 102
EPÜ Art. 64 Abs. 1, Art. 69
PatG § 9 S. 2 Nr. 1 und 2, § 10, § 139, § 140b Abs. 1 und 3
ZPO § 148
Leitsätze:
1. Hat der Patentinhaber den Nutzer der Erfindung auf die Verletzung des Klagepatents hingewiesen, muss sich dieser seinerseits klar, eindeutig und fortwährend bereiterklären, mit dem Patentinhaber einen Lizenzvertrag zu angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen abschließen zu wollen. Eine lediglich bedingte Lizenzbereitschaftserklärung ist hierfür ebenso wenig ausreichend wie die lediglich einmalige Bekundung der Lizenzbereitschaft (Anschluss an BGH GRUR 2021, 585 Rn. 57 f. - FRAND-Einwand II). (Rn. 95 – 98) (redaktioneller Leitsatz)
2. Hat der Patentinhaber dem lizenzwilligen oder bis dato nicht lizenzbereiten Verletzer ein - ggf. auch nicht in jeder Hinsicht FRAND-Bedingungen entsprechendes - Angebot unterbreitet, obliegt es dem Verletzer, auf dieses Angebot ohne eine Verzögerungstaktik mit Sorgfalt, gemäß den in dem Bereich anerkannten geschäftlichen Gepflogenheiten und nach Treu und Glauben  zu reagieren.  (Rn. 105) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine solche Verzögerungstaktik kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Verletzer auf die Erklärungen des Patentinhabers nicht in angemessener Frist reagiert. Ein Gegenangebot des Verletzers, das fast fünf Monate nach Übersendung des Angebots des Patentinhabers erfolgt, ist zumindest dann nicht mehr fristgemäß, wenn die von dem Verletzer berechnete Lizenzrate lediglich von wenigen Faktoren anhängt. (Rn. 137) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagwort:
Marktmissbrauch
Fundstellen:
WuW 2022, 449
MittdtPatA 2023, 36
NZKart 2022, 532
GRUR-RS 2022, 13480
LSK 2022, 13480

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft am jeweiligen
a) EVSfähige Mobiltelefone
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen und/ode zu besitzen,
wobei die Mobiltelefone eine Codiereinrichtung zum Erzeugen eine Übergangsmodus-Anregung, die eine adaptive Codebuch-Anregung in mindestens einem Rahmen ersetzt, der auf einen Übergangsrahmen in einem Schallsignal folgt, wobei das Ersetzen dadurch erfolgt, dass statt des adaptiven Codebuchs ein Übergangsmodus-Codebuch verwendet wird, und das Ersetzen auch nur in einem der Unterrahmen des jeweiligen Rahmens erfolgen kann, mit: einem Erzeuger eines Codebuch-Suchzielsignals, einem Übergangsmodus- Codebuch zum Erzeugen eines Satzes von Codevektoren unabhängig von eine früheren Anregung, wobei die Codevektoren des Satzes jeweils zu eine entsprechenden Übergangsmodus-Anregung gehören und wobei das Übergangsmodus-Codebuch ein Codebuch von glottalen Impulsformen aufweist, einer Sucheinrichtung des Übergangsmodus-Codebuchs zum Auffinden des Codevektors des Satzes, der zu einer Übergangsmodus-Anregung gehört, die dem Codebuch-Suchzielsignal optimal entspricht, aufweisen;
(unmittelbare Verletzung Anspruch 10)
b) EVSfähige Mobiltelefone
in der Bundesrepublik Deutschland Dritten, die zur Nutzung der Lehre des Klagepatents in der Bundesrepublik Deutschland nicht berechtigt sind, zu Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder zu liefern,
die dazu eingerichtet sind, ein Codierungsverfahren zum Erzeugen einer Übergangsmodus-Anregung, die eine adaptive Codebuch-Anregung in mindestens einem Rahmen ersetzt, der auf einen Übergangsrahmen in einem Schallsignal folgt, wobei das Ersetzen dadurch erfolgt, dass statt des adaptiven Codebuchs ein Übergangsmodus-Codebuch verwendet wird, und das Ersetzen auch nur in einem der Unterrahmen des jeweiligen Rahmens erfolgen kann, umfassend: Erzeugen eines Codebuch-Suchzielsignals, Bereitstellen eines Übergangsmodus-Codebuchs zum Erzeugen eines Satzes von Codevektoren unabhängig von einer früheren Anregung, wobei die Codevektoren des Satzes jeweils zu einer entsprechenden Übergangsmodus-Anregung gehören, wobei das Übergangsmodus-Codebuch ein Codebuch von glottalen Impulsformen aufweist, Durchsuchen des Übergangsmodus-Codebuchs zum Auffinden des Codevektors des Satzes, der zu einer Übergangsmodus-Anregung gehört, die dem Codebuch-Suchzielsignal optimal entspricht, auszuführen;
(mittelbare Verletzung Anspruch 29)
2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 27. September 2019 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
3. der Klägerin in einem chronologisch geordneten Verzeichnis darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 27. September 2019 begangen hat, und zwar unter Angabe:
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, - zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, - zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet sowie bei Internetwerbung der Internetadressen, der Schaltungszeiträume und der Zugriffszahlen,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei der Beklagten nach ihrer Wahl vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zu Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob eine bestimmte Lieferung oder ein bestimmter Abnehmer ode Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
4. die vorstehend zu Ziffer I.1 a) bezeichneten, seit dem 27. September 2019 im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen Erzeugnisse zurückzurufen;
5. die in der Bundesrepublik Deutschland im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz bzw. Eigentum der Beklagten befindlichen Erzeugnisse gemäß Ziffer I. 1 a) zu vernichten, oder an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziff. I.1. bezeichneten, seit dem 27. September 2019 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
- einheitlich 700.000 € für Ziffern I. 1., I. 4. und I. 5,
- einheitlich 50.000 € für Ziffern I.2 und I.3 sowie - 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages für Ziffer IV. Beschluss Der Streitwert wird für die Zeit bis zur Klageerweiterung vom 19.02.2021 endgültig auf 150.000,00 € und für die Zeit danach endgültig auf 850.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des europäischen Patents EP 619 B1, Anlagen WKS (A) 1 und WKS (A) 2, (im Folgenden: Klagepatent) und nimmt die Beklagte wegen unmittelbarer und mittelbarer Patentverletzung in Anspruch. Die XZ Corporation hat das Klagepatent gegenüber der standardsetzenden Organisation ETSI als standardessenziell für den EVS-Standard (TS 26.455) deklariert und eine entsprechende FRAND-Erklärung abgegeben.
2
Das Klagepatent wurde am 24. Oktober 2007 angemeldet und nimmt die Priorität der US-Anmeldung US …P vom 24. Oktober 2006 in Anspruch. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 22.03.2017 bekannt gemacht. Die Patentansprüche 10 und 29 des Klagepatents lauten im englischen Original wie folgt:
„10. An encoder device for generating a transition mode excitation replacing an adaptive codebook excitation in a transition frame and/or at least one frame following the transition in a sound signal, comprising:
a generator of a codebook search target signal;
a transition mode codebook for generating a set of codevectors independent from past excitation, wherein the codevectors of said set each corresponds to a respective transition mode excitation and wherein the transition mode codebook comprises a codebook of glottal impulse shapes;
a searcher of the transition mode codebook for finding the codevector of said set corresponding to a transition mode excitation optimally corresponding to the codebook search target signal.
29. An encoding method for generating a transition mode excitation replacing an adaptive codebook excitation in a transition frame and/or at least one frame following the transition in a sound signal, comprising:
generating a codebook search target signal;
providing a transition mode codebook for generating a set of codevectors independent from past excitation, the codevectors of said set each corresponding to a respective transition mode excitation, wherein the transition mode codebook comprises a codebook of glottal impulse shapes;
searching the transition mode codebook for finding the codevector of said set corresponding to a transition mode excitation optimally corresponding to the codebook search target signal.“
3
Wegen der weiteren Details wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.
4
Die Beklagte hat beim Bundespatentgericht am 24. März 2020 eine Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent anhängig gemacht (Anlagenkonvolut HRM (A) 2; Az. 4 Ni 12/21 (EP)).
5
Nach Erteilung eines rechtlichen Hinweises durch das Bundespatentgericht im Nichtigkeitsverfahren 4 Ni 12/21 (EP) macht die Klägerin die Ansprüche 10 und 29 des Klagepatents im Hauptantrag nunmehr in folgender modifizierter Fassung geltend (Änderungen unterstrichen):
10. An encoder device for generating a transition mode excitation replacing an adaptive codebook excitation in at least one frame following a transition frame in a sound signal, comprising:
a generator of a codebook search target signal;
a transition mode codebook for generating a set of codevectors independent from past excitation, wherein the codevectors of said set each corresponds to a respective transition mode excitation and wherein the transition mode codebook comprises a codebook of glottal impulse shapes;
a searcher of the transition mode codebook for finding the codevector of said set corresponding to a transition mode excitation optimally corresponding to the codebook search target signal.
29. An encoding method for generating a transition mode excitation replacing an adaptive codebook excitation in at least one frame following the transition frame in a sound signal, comprising:
generating a codebook search target signal;
providing a transition mode codebook for generating a set of codevectors independent from past excitation, the codevectors of said set each corresponding to a respective transition mode excitation, wherein the transition mode codebook comprises a codebook of glottal impulse shapes;
searching the transition mode codebook for finding the codevector of said set corresponding to a transition mode excitation optimally corresponding to the codebook search target signal.
6
Die Klägerin greift die von der Beklagten in Deutschland angebotenen und vertriebenen UMTS (3G)- und LTE (4G)-fähigen mobilen Endgeräte, die einen Codierer für den „Codes for Enhanced Voice Services (EVS)“ (im Folgenden: EVS-Coder) implementiert haben, an.
7
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass mobile Endgeräte, die einen EVSCoder implementiert haben, das Verfahren der ETSI-Spezifikation „Universal Mobile Telecommunications System (UMTS); LTE; Codec for Enhanced Voice Services (EVS); Detailed algorithmic description (3GPP TS 26.445) (im Folgenden: EVS-Standard) umsetzten und die Netzbetreiber in Deutschland die Sprachcodierung mittels EVS bei Wi-Fi-Calling und bei Voice over LTE (VoLTE) ermöglichen. Der EVS-Standard ist seit dem Release 12 Teil der Spezifikation des UMTS-/LTE-Standards.
8
Die Klägerin ist der Meinung, der EVS-Standards verwirkliche die Lehre des Klagepatents. Dies ergebe sich aus dem 4G LTE Advanced Pro-Standard-Dokumenten, 3GPP TS 26.445 version 14.2.0 Release (zitiert nach ETSI: TS 126 445 V14.2.0) (Anlage (A) WKS 5).
9
Die Klägerin bezieht sich insbesondere auf folgende Passagen des Standards, wobei im Folgenden eine komprimierte Darstellung wiedergegeben ist:
10
Die Parteien verhandelten bislang erfolglos über eine Lizenzierung des Patentportfolios der Klägerin, zu dem unter anderem das Klagepatent zählt. Unter dem 08.05.2020 hat die Beklagte der Klägerin über die im Zeitraum 01.07.2018 bis Februar 2020 in Deutschland verkauften Mobiltelefone und den hiermit erzielten Umsatz Auskunft erteilt und einen Betrag in Höhe von … EURO beim Amtsgericht Mannheim hinterlegt. Mit Schriftsatz vom 28.06.2021 hat die Beklagte drüber hinaus Auskunft über die Anzahl der verkauften Mobiltelefone und den damit erzielten Umsatz für den Zeitraum 01.01.2021 bis 31.05.2021 erteilt.
11
Mit Urteil der Kammer vom 09.09.2021 im Verfahren 7 O 15350/19 wurde die Beklagte wegen der Verletzung des Patents der Klägerin EP 443 B1 u.a. zur Unterlassung des Inverkehrbringens der streitgegenständlichen Mobiltelefone verurteilt. (…)
12
Mit Klage vom 10.10.2019, eingegangen bei Gericht am 11.10.2019, hat die Klägerin zunächst beantragt,
I. Die Beklagte zu verurteilen,
1. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte in der Bundesrepublik Deutschland seit dem 18.09.2019
a) Mobiltelefone
angeboten, in Verkehr gebracht und/oder gebraucht hat oder zu den genannten Zwecken eingeführt und/oder besessen hat,
wobei die Mobiltelefone eine Codiereinrichtung zum Erzeugen einer Übergangsmodus-Anregung, die eine adaptive Codebuch-Anregung in einem Übergangsrahmen und/oder mindestens einem Rahmen ersetzt, der auf den Übergang in einem Schallsignal folgt, mit: einem Erzeuger eines Codebuch-Suchzielsignals, einem Übergangsmodus-Codebuch zum Erzeugen eines Satzes von Codevektoren unabhängig von einer früheren Anregung, wobei die Codevektoren des Satzes jeweils zu einer entsprechenden Übergangsmodus-Anregung gehören und wobei das Übergangsmodus-Codebuch ein Codebuch von glottalen Impulsformen aufweist, einer Sucheinrichtung des Übergangsmodus-Codebuchs zum Auffinden des Codevektors des Satzes, der zu einer Übergangsmodus-Anregung gehört, die dem Codebuch-Suchzielsignal optimal entspricht, aufweisen;
(unmittelbare Verletzung Anspruch 10)
insbesondere wenn,
das Schallsignal ein Sprachsignal aufweist und wobei der Übergangsrahmen aus der Gruppe ausgewählt ist, die aus einem Rahmen, der einen stimmhaften Beginn aufweist, und einem Rahmen besteht, der einen Übergang zwischen zwei unterschiedlichen stimmhaften Lauten aufweist;
(unmittelbare Verletzung Anspruch 13)
und/oder
der Übergangsrahmen und/oder der mindestens einen Rahmen, der auf den Übergang folgt, jeweils mehrere Unterrahmen aufweist und wobei die Sucheinrichtung das ÜbergangsmodusCodebuch in einem ersten Teil der Unterrahmen und ein Vorhersagetyp-Codebuch der Codiereinrichtung in einem zweiten Teil der Unterrahmen durchsucht;
(unmittelbare Verletzung Anspruch 14)
und/oder
b) Mobiltelefone
in der Bundesrepublik Deutschland Dritten, die zur Nutzung der Lehre des Klagepatents nicht berechtigt sind, angeboten und/oder geliefert hat,
die dazu eingerichtet sind, Codierungsverfahren zum Erzeugen einer ÜbergangsmodusAnregung, die eine adaptive Codebuch-Anregung in einem Übergangsrahmen und/oder mindestens einem Rahmen ersetzt, der auf den Übergang in einem Schallsignal folgt, umfassend: Erzeugen eines Codebuch-Suchzielsignals, Bereitstellen eines Übergangsmodus-Codebuchs zum Erzeugen eines Satzes von Codevektoren unabhängig von einer früheren Anregung, wobei die Codevektoren des Satzes jeweils zu einer entsprechenden Übergangsmodus-Anregung gehören, wobei das Übergangsmodus-Codebuch ein Codebuch von glottalen Impulsformen aufweist, Durchsuchen des Übergangsmodus-Codebuchs zum Auffinden des Codevektors des Satzes, der zu einer Übergangsmodus-Anregung gehört, die dem Codebuch-Suchzielsignal optimal entspricht, auszuführen;
(mittelbare Verletzung Anspruch 29)
insbesondere wenn
das Schallsignal ein Sprachsignal aufweist und wobei das Verfahren ferner ein Auswählen des Übergangsrahmens aus der Gruppe umfasst, die aus einem Rahmen, der einen stimmhaften Beginn aufweist, und einem Rahmen besteht, der einen Übergang zwischen zwei unterschiedlichen stimmhaften Lauten aufweist;
(mittelbare Verletzung Anspruch 31)
und/oder
der Übergangsrahmen und/oder der mindestens eine Rahmen, der auf den Übergang folgt, jeweils mehrere Unterrahmen aufweist und wobei das Durchsuchen des ÜbergangsmodusCodebuchs ein Durchsuchen des Übergangsmodus-Codebuchs in einem ersten Teil der Unterrahmen und ein Durchsuchen eines Vorhersagetyp-Codebuchs der Codiereinrichtung in einem zweiten Teil der Unterrahmen umfasst;
(mittelbare Verletzung Anspruch 32)
und zwar unter Angabe
a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagt die zu Ziff. I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 18. September 2019 begangen hat, und zwar unter Angabe:
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet sowie bei Internetwerbung der Internetadressen, der Schaltungszeiträume und der Zugriffszahlen,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei der Beklagten nach ihrer Wahl vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Nachfrage mitzuteilen, ob eine bestimmte Lieferung oder ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziff. I.1. bezeichneten, seit dem 18. September 2019 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;
13
Der 4. Senat des Bundespatentgerichts hat am 14.10.2021 einen qualifizierten Hinweis und am 09.03.2022 einen weiteren rechtlichen Hinweis erteilt. In den Hinweisen hat der 4. Senats des Bundespatentgerichts die vorläufige Auffassung vertreten, dass die erteilten Ansprüche 10 und 29 (im vorliegenden Verfahren ursprünglich Gegenstand der Hauptanträge, nunmehr Gegenstand der Hilfsanträge) nicht neu gegenüber dem Stand der Technik sein dürften. Die jeweiligen Gegenstände der Ansprüche 10 und 29 in der zulässigen Fassung der dortigen Hilfsanträge 1 (im vorliegenden Verfahren nunmehr Gegenstand der Hauptanträge) könnten sich hingegen als neu und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend erweisen (vgl. Anlage (A) WKS 11).
14
Nach Erweiterung der Klage auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung, Klageänderung im Hinblick auf den rechtlichen Hinweis des Bundespatentgerichts, Konkretisierung der Klage im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und nach Teilklagerücknahme (zeitlicher Beginn der begehrten Auskunft und der Rechnungslegung) beantragt die Klägerin zuletzt:
I. Die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft am jeweiligen Geschäftsführer der jeweiligen Beklagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
a) EVSfähige Mobiltelefone
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen und/oder zu besitzen,
wobei die Mobiltelefone eine Codiereinrichtung zum Erzeugen einer Übergangsmodus-Anregung, die eine adaptive Codebuch-Anregung in mindestens einem Rahmen ersetzt, der auf einen Übergangsrahmen in einem Schallsignal folgt, wobei das Ersetzen dadurch erfolgt, dass statt des adaptiven Codebuchs ein Übergangsmodus-Codebuch verwendet wird, und das Ersetzen auch nur in einem der Unterrahmen des jeweiligen Rahmens erfolgen kann, mit: einem Erzeuger eines Codebuch-Suchzielsignals, einem ÜbergangsmodusCodebuch zum Erzeugen eines Satzes von Codevektoren unabhängig von einer früheren Anregung, wobei die Codevektoren des Satzes jeweils zu einer entsprechenden Übergangsmodus-Anregung gehören und wobei das Übergangsmodus-Codebuch ein Codebuch von glottalen Impulsformen aufweist, einer Sucheinrichtung des Übergangsmodus-Codebuchs zum Auffinden des Codevektors des Satzes, der zu einer Übergangsmodus-Anregung gehört, die dem Codebuch-Suchzielsignal optimal entspricht, aufweisen;
(unmittelbare Verletzung Anspruch 10)
insbesondere wenn das Schallsignal ein Sprachsignal aufweist und wobei der Übergangsrahmen aus der Gruppe ausgewählt ist, die aus einem Rahmen, der einen stimmhaften Beginn aufweist, und einem Rahmen besteht, der einen Übergang zwischen zwei unterschiedlichen stimmhaften Lauten aufweist;
(unmittelbare Verletzung Anspruch 13)
und/oder
der mindestens einen Rahmen, der auf den Übergangsrahmen folgt, mehrere Unterrahmen aufweist und wobei die Sucheinrichtung das ÜbergangsmodusCodebuch in einem ersten Teil der Unterrahmen und ein VorhersagetypCodebuch der Codiereinrichtung in einem zweiten Teil der Unterrahmen durchsucht;
(unmittelbare Verletzung Anspruch 14)
und/oder
b) EVSfähige Mobiltelefone
in der Bundesrepublik Deutschland Dritten, die zur Nutzung der Lehre des Klagepatents nicht berechtigt sind, anzubieten und/oder zu liefern,
die dazu eingerichtet sind, ein Codierungsverfahren zum Erzeugen einer Übergangsmodus-Anregung, die eine adaptive Codebuch-Anregung in mindestens einem Rahmen ersetzt, der auf einen Übergangsrahmen in einem Schallsignal folgt, wobei das Ersetzen dadurch erfolgt, dass statt des adaptiven Codebuchs ein Übergangsmodus-Codebuch verwendet wird, und das Ersetzen auch nur in einem der Unterrahmen des jeweiligen Rahmens erfolgen kann, umfassend: Erzeugen eines Codebuch-Suchzielsignals, Bereitstellen eines Übergangsmodus-Codebuchs zum Erzeugen eines Satzes von Codevektoren unabhängig von einer früheren Anregung, wobei die Codevektoren des Satzes jeweils zu einer entsprechenden Übergangsmodus-Anregung gehören, wobei das Übergangsmodus-Codebuch ein Codebuch von glottalen Impulsformen aufweist, Durchsuchen des Übergangsmodus-Codebuchs zum Auffinden des Codevektors des Satzes, der zu einer Übergangsmodus-Anregung gehört, die dem Codebuch-Suchzielsignal optimal entspricht, auszuführen;
(mittelbare Verletzung Anspruch 29)
insbesondere wenn
das Schallsignal ein Sprachsignal aufweist und wobei das Verfahren ferner ein Auswählen des Übergangsrahmens aus der Gruppe umfasst, die aus einem Rahmen, der einen stimmhaften Beginn aufweist, und einem Rahmen besteht, der einen Übergang zwischen zwei unterschiedlichen stimmhaften Lauten aufweist;
(mittelbare Verletzung Anspruch 31)
und/oder
der mindestens einen Rahmen, der auf den Übergangsrahmen folgt, mehrere Unterrahmen aufweist und wobei das Durchsuchen des ÜbergangsmodusCodebuchs ein Durchsuchen des Übergangsmodus-Codebuchs in einem ersten Teil der Unterrahmen und ein Durchsuchen eines Vorhersagetyp-Codebuchs der Codiereinrichtung in einem zweiten Teil der Unterrahmen umfasst;
(mittelbare Verletzung Anspruch 32)
hilfsweise zu vorstehend Ziffer I.1.a) und Ziffer I.1.b),
a) EVSfähige Mobiltelefone
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen und/oder zu besitzen,
wobei die Mobiltelefone eine Codiereinrichtung zum Erzeugen einer Übergangsmodus-Anregung, die eine adaptive Codebuch-Anregung in einem Übergangsrahmen und/oder mindestens einem Rahmen ersetzt, der auf den Übergang in einem Schallsignal folgt, wobei das Ersetzen dadurch erfolgt, dass statt des adaptiven Codebuchs ein Übergangsmodus-Codebuch verwendet wird, und das Ersetzen auch nur in einem der Unterrahmen des jeweiligen Rahmens erfolgen kann, mit: einem Erzeuger eines Codebuch-Suchzielsignals, einem Übergangsmodus-Codebuch zum Erzeugen eines Satzes von Codevektoren unabhängig von einer früheren Anregung, wobei die Codevektoren des Satzes jeweils zu einer entsprechenden Übergangsmodus-Anregung gehören und wobei das Übergangsmodus-Codebuch ein Codebuch von glottalen Impulsformen aufweist, einer Sucheinrichtung des Übergangsmodus-Codebuchs zum Auffinden des Codevektors des Satzes, der zu einer Übergangsmodus-Anregung gehört, die dem Codebuch-Suchzielsignal optimal entspricht, aufweisen;
(unmittelbare Verletzung Anspruch 10)
insbesondere wenn
das Schallsignal ein Sprachsignal aufweist und wobei der Übergangsrahmen aus der Gruppe ausgewählt ist, die aus einem Rahmen, der einen stimmhaften Beginn aufweist, und einem Rahmen besteht, der einen Übergang zwischen zwei unterschiedlichen stimmhaften Lauten aufweist;
(unmittelbare Verletzung Anspruch 13)
und/oder
der Übergangsrahmen und/oder der mindestens eine Rahmen, der auf den Übergang folgt, jeweils mehrere Unterrahmen aufweist und wobei die Sucheinrichtung das Übergangsmodus-Codebuch in einem ersten Teil der Unterrahmen und ein Vorhersagetyp-Codebuch der Codiereinrichtung in einem zweiten Teil der Unterrahmen durchsucht;
(unmittelbare Verletzung Anspruch 14)
und/oder
b) EVSfähige Mobiltelefone
in der Bundesrepublik Deutschland Dritten, die zur Nutzung der Lehre des Klagepatents nicht berechtigt sind, anzubieten und/oder zu liefern,
die dazu eingerichtet sind, ein Codierungsverfahren zum Erzeugen einer Übergangsmodus-Anregung, die eine adaptive Codebuch-Anregung in einem Übergangsrahmen und/oder mindestens einem Rahmen ersetzt, der auf den Übergang in einem Schallsignal folgt,, wobei das Ersetzen dadurch erfolgt, dass statt des adaptiven Codebuchs ein Übergangsmodus-Codebuch verwendet wird, und das Ersetzen auch nur in einem der Unterrahmen des jeweiligen Rahmens erfolgen kann, umfassend: Erzeugen eines Codebuch-Suchzielsignals, Bereitstellen eines Übergangsmodus-Codebuchs zum Erzeugen eines Satzes von Codevektoren unabhängig von einer früheren Anregung, wobei die Codevektoren des Satzes jeweils zu einer entsprechenden ÜbergangsmodusAnregung gehören, wobei das Übergangsmodus-Codebuch ein Codebuch von glottalen Impulsformen aufweist, Durchsuchen des ÜbergangsmodusCodebuchs zum Auffinden des Codevektors des Satzes, der zu einer Übergangsmodus-Anregung gehört, die dem Codebuch-Suchzielsignal optimal entspricht, auszuführen;
(mittelbare Verletzung Anspruch 29)
insbesondere wenn
das Schallsignal ein Sprachsignal aufweist und wobei das Verfahren ferner ein Auswählen des Übergangsrahmens aus der Gruppe umfasst, die aus einem Rahmen, der einen stimmhaften Beginn aufweist, und einem Rahmen besteht, der einen Übergang zwischen zwei unterschiedlichen stimmhaften Lauten aufweist;
(mittelbare Verletzung Anspruch 31)
und/oder
der Übergangsrahmen und/oder der mindestens eine Rahmen, der auf den Übergang folgt, jeweils mehrere Unterrahmen aufweist und wobei das Durchsuchen des Übergangsmodus-Codebuchs ein Durchsuchen des Übergangsmodus-Codebuchs in einem ersten Teil der Unterrahmen und ein Durchsuchen eines Vorhersagetyp-Codebuchs der Codiereinrichtung in einem zweiten Teil der Unterrahmen umfasst;
(mittelbare Verletzung Anspruch 32)
2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 27. September 2019 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
3. der Klägerin in einem chronologisch geordneten Verzeichnis darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 27. September 2019 begangen hat, und zwar unter Angabe:
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, - zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, - zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet sowie bei Internetwerbung der Internetadressen, der Schaltungszeiträume und der Zugriffszahlen,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei der Beklagten nach ihrer Wahl vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob eine bestimmte Lieferung oder ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
4. die vorstehend zu Ziffer I.1 bezeichneten, seit dem 27. September 2019 im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen Erzeugnisse zurückzurufen;
5. die in der Bundesrepublik Deutschland im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz bzw. Eigentum der Beklagten befindlichen Erzeugnisse gemäß Ziffer I.1 zu vernichten, oder an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;
II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziff. I.1. bezeichneten, seit dem 27. September 2019 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
15
Die Beklagte beantragt,
1.
die Klage abzuweisen;
2.
hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur erstinstanzlichen Entscheidung über die von der Beklagten erhobene Nichtigkeitsklage auszusetzen.
16
Die Klägerin wendet sich gegen eine Aussetzung des Verfahrens.
17
Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin. Die Klägerin könne sich als eingetragene Patentinhaberin nicht auf die Indizwirkung des Patentregisters berufen, da die Indizwirkung aufgrund mehrerer Widersprüche und Unklarheiten bei den Übertragungsakten erschüttert sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.
18
Die Beklagte stellt eine Patentbenutzung in Abrede, insbesondere sieht sie das Merkmal 1 vom EVS-Standard nicht verwirklicht. Denn das Klagepatent fordere, dass eine bereits existente Anregung des adaptiven Codebuchs durch eine glottale ÜbergangsmodusAnregung ersetzt wird. Abweichend hiervon und somit nicht patentgemäß ersetzte der Standard jedoch das adaptive Codebuch durch ein Codebuch von glottalen Impulsformen. Drüber hinaus fordere das Klagepatent, dass die Ersetzung der Anregung im gesamten Rahmen erfolgen müsse und nicht nur - wie im Standard verwirklicht - in einem Subframe des Rahmens.
19
Die Beklagte hält den geltend gemachten Unterlassungsanspruch für unverhältnismäßig, da einzelne Patente aus dem Portfolio demnächst ausliefen und insgesamt nur einen kleinen Bereich einer größeren Gesamtheit abdeckten.
20
Überdies macht sie den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand geltend, weil die Klägerin ihre marktbeherrschende Stellung missbrauche. Die Klägerin verhalte sich unter anderem FRANDwidrig, da sie der lizenzwilligen Beklagten eine Lizenz für die von ihr vertriebenen Mobiltelefone verweigere, denn das von der Klägerin zuerst übersandte Lizenzangebot erfasse keines der von der Beklagten vertriebenen Produkte. Überdies seien die geforderten Lizenzsätze der verschiedenen Lizenzangebote evident überhöht und insbesondere das Lizenzangebot vom 25.10.2019 enthalte Klauseln, die mit einem Lizenzangebot, das FRAND-Anforderungen genüge, unvereinbar seien. Die Beklagte hingegen sei bereit, eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen zu schließen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.
21
Im Übrigen sei das Klagepatent offensichtlich nicht rechtsbeständig. Mangels Neuheit fehle die Patentfähigkeit, insbesondere gegenüber den Entgegenhaltungen HRM (A) 3a/3b (Fujimoto), HRM (A) 4a/4b (Bergström) und HRM (A) 7a/7b (Da Silva). Zudem sei die nunmehr als Hauptantrag geltend gemachte Fassung der Ansprüche 10 und 29 unzulässig erweitert. Auch der Schutzbereich sei erweitert.
22
Die Klägerin erwidert hierauf,
die Prozessführungsbefugnis der Klägerin als im Register eingetragene Inhaberin des Klagepatents für die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung ergebe sich bereits aus § 30 Abs. 3 S. 2 PatG, denn diese Ansprüche könne die Klägerin jedenfalls im Rahmen einer gesetzlichen Prozessstandschaft geltend machen. Im Übrigen beruhten die von der Beklagten gerügten vermeintlichen Widersprüche und Unklarheiten lediglich auf einer Verlegung des Sitzes der XZ EVS LLC von New York nach Newport Beach.
23
Entgegen der Ansicht der Beklagten mache der EVS-Standard auch von der klagepatentgemäßen Lehre Gebrauch, denn der Anspruchswortlaut des Klagepatents fordere - entgegen der Lesart der Beklagten - gerade nicht, dass bereits eine adaptive CodebuchAnregung vorhanden sei, die sodann ersetzt werde. Vielmehr sei es nach der Beschreibung des Klagepatent ausdrücklich erfindungsgemäß, das adaptive Codebuch durch ein Übergangs-Codebuch von glottalen Impulsformen zu ersetzen, wie dies im Standard geschehe.
24
Die Entgegenhaltungen Fujimoto (HRM (A) 3a/3b), Bergström (HRM (A) 4a/4b) und Da Silva (HRM (A) 7a/7b) seien nicht neuheitsschädlich. Den Entgegenhaltungen Fujimoto und Da Silva sei nicht unmittelbar und eindeutig entnehmbar, dass das Übergangscodebuch ein Codebuch von glottalen Impulsformen aufweise. Fujimoto und Bergström sei zudem nicht eindeutig und unmittelbar entnehmbar, dass die Codiereinrichtung zum Erzeugen einer Übergangsmodus-Anregung eine adaptive Codebuch-Anregung ersetze.
25
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf sämtliche Schriftsätze nebst Anlagen sowie alle gerichtlichen Verfügungen, Beschlüsse und Protokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

26
Die zulässige Klage ist ganz überwiegend begründet. Der von der Beklagten erhobene FRAND-Einwand reift nicht durch. Das Verfahren ist nicht auszusetzen,
A.
27
Die Klage ist zulässig. Die im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundegerichtshof (BGH, GRUR 2005, 569 - Blasfolienherstellung) erfolgte Konkretisierung des Klageantrags hat zu keiner Änderung des Klagebegehrens geführt und ist somit zulässig (BGH, GRUR 2015, 1201 - Sparkassen-Rot/Santander-Rot). Auch das erforderliche Feststellungsinteresse für den Schadensersatzfeststellungsantrag ist gegeben, § 256 Abs. 1 ZPO. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ist vor Erteilung der Auskunft noch nicht bezifferbar.
B.
28
Die Klägerin ist als eingetragene Patentinhaberin aktivlegitimiert. Die Beklagte hat keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte aufzeigen, aus denen sich die Unrichtigkeit des Patentregisters ergibt.
29
Zwar hat die Eintragung im Patentregister keinen Einfluss auf die materielle Rechtslage, so dass für die Sachlegitimation im Verletzungsrechtsstreit nicht der Eintrag im Patentregister, sondern die materielle Rechtslage maßgeblich ist. Jedoch ist die Eintragung im Patentregister für die Beurteilung der Frage, wer materiellrechtlich Inhaber des Patents ist, nicht bedeutungslos. Ihr kommt im Rechtsstreit eine erhebliche Indizwirkung zu. Daher bedarf es in einem Verletzungsrechtsstreit regelmäßig keines weiteren Vortrags oder Beweisantritts, wenn sich eine Partei auf den aus dem Patentregister ersichtlichen Rechtsstand beruft. Eine Partei, die geltend macht, die materielle Rechtslage weiche vom Registerstand ab, muss vielmehr konkrete Anhaltspunkte aufzeigen, aus denen sich die Unrichtigkeit ergibt. Welche Anforderungen hierbei zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. So wird der Vortrag, ein im Patentregister eingetragener Rechtsübergang habe einige Wochen oder Monate vor dessen Eintragung stattgefunden, in der Regel keiner näheren Substantiierung oder Beweisführung bedürfen. Der Vortrag, der eingetragene Inhaber habe das Patent nicht wirksam oder zu einem anderen Zeitpunkt erworben, erfordert demgegenüber in der Regel nähere Darlegungen dazu, woraus sich die Unwirksamkeit des eingetragenen Rechtsübergangs ergeben soll (BGH, GRUR 2013, 713 - Fräsverfahren).
30
Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Beklagten nicht gerecht. Zwar hat die Beklagte vorgetragen, dass sich aus dem als Anlage WKS (A) 3 vorgelegten Registerauszug ergebe, dass zunächst ein Inhaberwechsel des Klagepatents von der XZ Corporation, Quebec auf die XZ EVS LLC, New York erfolgt sei und sodann ein weiterer Inhaberwechsel auf die XZ EVS LLC, Newport Beach eingetragen worden sei und dies im Widerspruch stehe zu dem als Anlage HRM (A) 5 vorgelegten „Patent Assignment Cover Sheet“, in dem auf Seite 1 die XZ EVS LLC, Newport Beach, als Zessionarin eingetragen sei, wohingegen auf Seite 3 der Anlage HRM (A) 5 wiederum die XZ EVS LLC, New York, als Zessionarin genannt worden sei.
31
Dem Vortrag der Klägerin, dass es sich bei der XZ EVS LLC, New York, und der XZ EVS LLC, Newport Beach, um dieselbe Gesellschaft handle, die lediglich ihren Sitz verlegt habe (vgl. Anlagen WKS (B) 10, WKS (B) 11 und WKS (B) 12) und dies lediglich im Register des DPMA unter der Rubrik „Anmelder-/Inhaberänderung“ eingetragen worden sei und dem Vortrag, dass die von der Beklagten gerügten unterschiedlichen Bezeichnungen der Zessionarin in der Anlage HRM (B) 6 darauf zurückzuführen sind, dass zwischen der am 05.12.2018 vorgenommenen Übertragung des Klagepatents von der XZ Corporation auf die XZ EVS LLC, New York und dem erst am 19.08.2019 gestellten Registerumschreibungsantrag die Sitzverlegung stattgefunden habe, ist die Beklagte nicht mehr entgegengetreten, so dass sie keine konkreten Anhaltspunkte aufgezeigt hat, aus denen sich die Unrichtigkeit des Patentregisters ergibt.
32
Da die Klägerin nach der teilweisen Klagerücknahme nur noch Ansprüche seit dem Zeitpunkt ihrer Eintragung in das Patentregister am 27.09.2019 geltend macht, kommt es auf die materielle Berechtigung der Klägerin für Ansprüche vor diesem Zeitpunkt nicht mehr an. Mithin ist die Klägerin für die geltend gemachten Ansprüche aktivlegitimiert.
C.
33
I. Das Klagepatent betrifft Vorrichtungen (Codiereinrichtung) und ein Verfahren zur Codierung von Übergangsrahmen und Rahmen nach einem Übergang in Sprachsignalen.
34
1. Die Ausführungen in der Klagepatentschrift erläutern den betroffenen Stand der Technik allgemein. Ein Sprachcodec besteht aus zwei grundlegenden Teilen, einem Sprachcodierer und einem Sprachdecodierer (vgl. [0029]). Der Sprachcodierer digitalisiert das Audiosignal, wählt eine begrenzte Anzahl von Codierungsparametern, die das Sprachsignal darstellen, und wandelt diese Parameter in einen digitalen Bitstrom um, der über einen Kommunikationskanal übertragen wird (vgl. [0004] und [0029]). Bei der Digitalisierung des Sprachsignals wird dieses abgetastet und mit normalerweise 16 Bits pro Abtastwert quantisiert. Der Sprachcodierer hat die Aufgabe, diese digitalen Abtastwerte mit einer geringeren Anzahl von Bits darzustellen, während eine gute subjektive Sprachqualität aufrechterhalten wird. Der Sprachdecodierer verarbeitet den übertragenen Bitstrom und wandelt ihn in ein Tonsignal zurück.
35
Gemäß [0004] des Klagepatents ist eine der besten im Stand der Technik verfügbaren Techniken zur Erzielung eines Kompromisses zwischen guter Qualität des Tonsignals und geringer Bitrate die sogenannte CELP-Technik (Code Excited Linear Prediction). Bei dieser Technik wird das abgetastete Sprachsignal in aufeinanderfolgenden Blöcken von M Abtastwerten verarbeitet, die üblicherweise als Rahmen (Frames) bezeichnet werden, wobei M eine vorbestimmte Anzahl ist (entsprechend 10 bis 30 ms Sprache). Der Rahmen mit M Abtastwerten ist weiter in kleinere Blöcke, die Unterrahmen (Subframes), unterteilt. Für jeden Unterrahmen wird ein Anregungssignal („exinctation signal“) aus zwei Komponenten erzeugt, dem stimmhaften Anregungssignal, das aus dem adaptiven Codebuch gewonnen wird und grundsätzlich periodischer Natur ist, und dem innovativen Anregungssignal, das aus dem innovativen bzw. festen Codebuch gewonnen wird und nicht periodisch ist (vgl. [0004] und [0029]). Nach [0005] verlassen sich Sprachcodecs vom Typ CELP stark auf Vorhersage, um ihre hohe Leistung zu erzielen. Die verwendete Vorhersage kann von unterschiedlicher Art sein, umfasst jedoch üblicherweise die Verwendung eines adaptiven Codebuchs, das ein in früheren Rahmen ausgewähltes (stimmhaftes) Anregungssignal enthält. Ein CELP-Codierer nutzt daher die Quasi-Periodizität des gesprochenen Sprachsignals aus, indem er in der vergangenen Anregung das Segment sucht, das dem momentan codierten Segment am ähnlichsten ist, um den gegenwärtigen Rahmen bestmöglich zu konstruieren. Da dieses vorhergehende Segment auch im Decodierer vorhanden ist, muss an diesen zur Bestimmung des stimmhaften Anregungssignals neben einem Verstärkungsfaktor („gain“) nur noch mitgeteilt werden, welches der vorhergehenden Segmente aus dem adaptiven Codebuch im Rahmen des Decodierungsvorgangs verwendet werden soll, was zu einer Einsparung der zu übertragenden Bits führt (vgl. [0005] und [0029]). Bei stimmhaften Segmenten eines Sprachsignals, wenn dieses quasi periodisch ist, ist dieses Vorgehen sehr effizient, sofern keine Rahmen bei der Übertragung verloren gehen (vgl. [0038]).
36
Besonders problematisch ist der Verlust von Rahmen bei Übergängen von einem stimmlosen („unvoiced“) Sprachsegment zu einem stimmhaften („voiced“) Sprachsegment oder bei Übergängen zwischen zwei unterschiedlichen stimmhaften Segmenten (z.B. Übergänge zwischen zwei Vokalen). Wenn beispielsweise ein Übergang von einem stimmlosen Sprachsegment zu einem stimmhaften Sprachsegment (stimmhafter Beginn/Ansatz) verloren geht, ist der Rahmen unmittelbar vor dem stimmhaften AnsatzRahmen stimmlos oder inaktiv, und daher wird im Puffer der vergangenen Anregung (adaptives Codebuch) keine sinnvolle periodische Anregung gefunden. Die meisten Techniken zum Verbergen von Rahmenfehlern verwenden daher in einem solchen Fall die Informationen des letzten korrekt empfangenen Rahmens. Wenn der Ansatzrahmen verloren geht, wird somit der Puffer des Decodierers für die vergangene Anregung unter Verwendung der rauschartigen Anregung des vorherigen Rahmens (stimmloser oder inaktiver Rahmen) aktualisiert. Der periodische Teil der Anregung fehlt somit im adaptiven Codebuch des Decodierers nach einem verlorenen stimmhaften Ansatz vollständig und es kann bis zu mehreren Rahmen dauern, bis der Decodierer sich von diesem Verlust erholt hat (vgl. [0007]).
37
[0008] Eine ähnliche Situation tritt bei einem Verlust eines stimmhaftzustimmhaft Übergangs auf. In diesem Fall weist die Anregung, die in dem adaptiven Codebuch vor dem Übergangsrahmen gespeichert ist, typischerweise sehr andere Eigenschaften gegenüber der Anregung auf, die in dem adaptiven Codebuch nach dem Übergang gespeichert ist. Da der Decodierer normalerweise den verlorenen Rahmen unter Verwendung der vorherigen Rahmeninformationen verbirgt, ist der Zustand des Codierers und der des Decodierers wiederum sehr unterschiedlich, und das synthetisierte Signal kann unter einer beträchtlichen Verzerrung leiden (vgl. [0008]).
38
2. Das Klagepatent kritisiert an diesem Stand der Technik, dass insoweit zwar Techniken bekannt sind, um negative Auswirkungen von Rahmenverlusten auf die Qualität der vom Decodierer zu rekonstruierenden Sprache zu vermeiden. Jedoch sind diese Techniken nicht sehr effizient, denn die Qualität der synthetisierten Sprache verringert sich signifikant (vgl. [0038]). Doch auch unabhängig vom Verlust von Rahmen, ist das adaptive Codebuch für die Codierung von Übergangsrahmen nicht besonders effizient, da CELP mittels des adaptiven Codebuchs bei der Codierung die Periodizität von Sprache ausnutzt. Bei Übergängen im Schallsignal liegt jedoch entweder keine oder nur eine geringe Periodizität vor, so dass die Effizienz der Codierung abnimmt (vgl. [0039]).
39
3. Das Klagepatent stellt sich daher die Aufgabe, ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Codieren von Übergangsrahmen und Rahmen, die auf einen Übergang folgen in einem prädiktiven Sprach- und/oder Audiocodierer bereitzustellen, um die Robustheit des Codierers gegenüber verlorenen Rahmen und/oder die Codiereffizienz zu verbessern, sowie die Fehlerfortpflanzung zu eliminieren (vgl. [0010] und [0011]).
40
4. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Klagepatent eine Codiervorrichtung und ein Codierungsverfahren nach Maßgabe der beschränkt geltend gemachten Ansprüche 10 und 29 vor, die sich wie folgt merkmalsmäßig gliedern lassen:
Anspruch 10
1. Codiereinrichtung zum Erzeugen einer Übergangsmodus-Anregung, die eine adaptive Codebuch-Anregung ersetzt
1.1 in mindestens einem Rahmen, der auf einen Übergangsrahmen in einem Schallsignal folgt, mit:
2. einem Erzeuger eines Codebuch-Suchzielsignals,
3. einem Übergangsmodus-Codebuch zum Erzeugen eines Satzes von Codevektoren unabhängig von einer früheren Anregung,
3.1 wobei die Codevektoren des Satzes jeweils zu einer entsprechenden Übergangsmodus-Anregung gehören und
3.2 wobei das Übergangsmodus-Codebuch ein Codebuch von glottalen Impulsformen aufweist,
4. einer Sucheinrichtung des Übergangsmodus-Codebuchs zum Auffinden des Codevektors des Satzes, der zu einer Übergangsmodus-Anregung gehört, die dem Codebuch-Suchzielsignal optimal entspricht.
Anspruch 29
1. Codierungsverfahren zum Erzeugen einer Übergangsmodus-Anregung, die eine adaptive Codebuch-Anregung ersetzt
1.1 in mindestens einem Rahmen, der auf einen Übergangsrahmen in einem Schallsignal folgt, umfassend:
2. Erzeugen eines Codebuch-Suchzielsignals;
3. Bereitstellen eines Übergangsmodus-Codebuchs zum Erzeugen eines Satzes von Codevektoren unabhängig von einer früheren Anregung,
3.1 wobei die Codevektoren des Satzes jeweils zu einer entsprechenden Übergangsmodus-Anregung gehören,
3.2 wobei das Übergangsmodus-Codebuch ein Codebuch von glottalen Impulsformen aufweist;
4. Durchsuchen des Übergangsmodus-Codebuchs zum Auffinden des Codevektors des Satzes, der zu einer Übergangsmodus-Anregung gehört, die dem CodebuchSuchzielsignal optimal entspricht.
41
II. Diese Lehre bedarf in zwei entscheidenden Punkten näherer Erläuterung:
42
1. Die durch das Klagepatent unter Schutz gestellte technische Lehre ist aus der Sicht des angesprochenen Durchschnittsfachmanns, eines Ingenieurs der Elektro-, Informations- oder Nachrichtentechnik mit Universitätsabschluss (Diplom oder Master) und mehrjähriger Berufserfahrung sowie einschlägigen Kenntnissen auf dem Gebiet der digitalen Signalverarbeitung, insbesondere der Codierung von Audiodaten, dem zum Prioritätszeitpunkt die einschlägigen Verfahren zur Audiodatencodierung, wie insbesondere CELP, sowie deren jeweilige Besonderheiten, Vorteile und Grenzen, geläufig waren, aus den Merkmalen der hier maßgeblichen eingeschränkt geltend gemachten Klagepatentansprüchen 10 und 29 im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit unter Heranziehung der Beschreibung sowie der Zeichnungen zu ermitteln.
43
2. Soweit das Klagepatent in Merkmal 1/1.1 fordert, dass klagepatentgemäß in mindestens einem Rahmen der auf einen Übergangsrahmen in einem Schallsignal folgt, eine adaptive Codebuch-Anregung durch eine Übergangsmodus-Anregung ersetzt werden soll, versteht dies der Fachmann dahingehend, dass klagepatentgemäß mindestens in einem Unterrahmen eines Rahmen der auf einen Übergang in einem Schallsignal folgt, statt der im Stand der Technik bekannten adaptiven Codebuch-Anregung ein Übergangsmodus-Anregung zur Rekonstruktion des Schallsignals verwendet wird.
44
a) Ausgehend von den im Klagepatent beschriebenen Nachteilen der im Stand der Technik bekannten CELP-Methode entnimmt der Fachmann Merkmal 1/1.1 der Ansprüche 10 und 29, dass das Klagepatent - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht fordert, dass eine bereits vorhandene adaptive Codebuch-Anregung durch eine Übergangsmodus-Anregung ersetzt wird, sondern, dass das Klagepatent den Stand der Technik dahingehend verbessert, dass in denjenigen Rahmen, die auf Übergangsrahmen in einem Schallsignal folgen, statt der im Stand der Technik verwendeten adaptiven Codebuch-Anregung eine ÜbergangsmodusAnregung verwendet wird. Denn CELP-Sprachcodierer nutzen die Periodizität des gesprochenen Sprachsignals für die Rekonstruktion des aktuellen Schallsignals aus [0039], indem sie in der vorangegangenen Anregung das Segment suchen, das dem momentan zu codierenden Segment am ähnlichsten ist [0007]. Diese Methode ist sehr effizient für stimmhafte Segmente des Sprachsignals, bei denen das Signal quasiperiodisch ist und keine Übertragungsfehler vorliegen [0038]. Ist jedoch das Sprachsignal nicht periodisch, bspw. bei stimmhaftzustimmhaft Übergängen oder Übergängen von einem stimmlosen Sprachsignal zu einem stimmhaften Sprachsignal, oder treten Übertragungsfehler auf, weil Rahmen gelöscht bzw. verloren gehen, ist die CELP-Methode hingegen nicht effizient, weil das vergangene Anregungssignal und das optimale Anregungssignal für den aktuellen Rahmen sehr schwach oder überhaupt nicht korreliert [0039]. Der schwachen bzw. fehlenden Korrelation zwischen dem vergangenen Anregungssignal und dem aktuellen Anregungssignal trägt das Klagepatent gerade dadurch Rechnung, dass in Rahmen, die auf einen Übergangsrahmen folgen, die adaptiven Codebuch-Anregung durch eine ÜbergangsmodusAnregung ersetzt wird, weil das vergangene Anregungssignal für die Rekonstruktion des aktuellen Anregungssignals nicht gut geeignet ist. Da nach der Lehre des Klagepatents bekannt ist, dass die vergangenen Anregungssignale für Anregungssignale in Rahmen, die auf eine Übergangsrahmen folge, ungeeignet sind für die Rekonstruktion des Sprachsignals, bedarf es keiner vorherigen Erzeugung einer adaptiven Codebuchanregung, um diese anschließend durch eine Übergangsmodus-Anregung zu ersetzten. Entsprechend offenbart das Klagepatent auch in den Absätzen [0002], [0022] und [0064] gerade eine patentgemäße, nicht einschränkende Ausführungsform, bei der in Rahmen nach dem Übergang das adaptive Codebuch des CELP-Codecs durch ein neues Codebuch von glottalen Impulsformen ersetzt wird. Zudem führt das Klagepatent in Absatz [0075] ausdrücklich aus, dass bei einer Suche im Glottalform-Codebuch gerade die Suche im adaptiven Codebuch ersetzt wird, mithin gerade nicht - wie dies die Beklagte fordert - durchgeführt wird. Soweit die Beklage der Ansicht ist, diese Ausführungsbeispiel sei nicht patentgemäß, da der Patentinhaber insoweit eine Auswahlentscheidung getroffen habe, indem er lediglich das Ersetzen der adaptiven Codebuch-Anregung in den Schutzbereich aufgenommen habe und nicht auch die vollständige Ersetzung des adaptiven Codebuchs durch ein Übergangscodebuch, findet sich für diese Ansicht keine Stütze in der Beschreibung, denn, auch bei der vollständigen Ersetzung des adaptiven Codebuchs durch ein Übergangscodebuch wird zwingend eine Übergangscodebuch-Anregung verwendet anstelle einer adaptiven Codebuchanregung. Insoweit handelt es sich bei den in den Absätzen [0002] und [0022] genannten Verfahren bzw. Vorrichtungen gerade nicht um ein vom Klagepatent abweichendes Verfahren zur Ersetzung einer Anregung.
45
b) Der Fachmann versteht Merkmal 1/1.1 drüber hinaus dahingehend, dass in mindestens einem Rahmen, der auf einen Übergangsrahmen folgt, eine adaptive CodebuchAnregung durch eine Übergangsmodus-Anregung ersetzt werden soll. Dabei fordert - entgegen der Ansicht der Beklagten - Merkmal 1./1.1 schon nach seinem Wortlaut nicht, dass die adaptive Codebuch-Anregung im gesamten Rahmen durch eine ÜbergangsmodusAnregung ersetzt wird. Vielmehr fordert Merkmal 1./1.1 lediglich, dass eine Anregung ersetzt wird. Dieser Wortlaut lässt jedoch gerade zu, dass nur eine von mehreren Anregungen in einem Rahmen ersetzt wird. In Kenntnis des Stands der Technik, in dem bekannt war, dass jeder Rahmen mehrere Subrahmen umfasst, und in jedem Subrahmen gewöhnlicherweise ein Anregungssignal aus zwei Komponenten gebildet wird, entnimmt der Fachmann mithin Merkmal 1./1.1, dass klagepatentgemäß auch lediglich in einem Subrahmen des Rahmens, der auf einen Übergangsrahmen folgt, eine adaptive Codebuch-Anregung durch eine Übergangsmodus-Anregung ersetzt werden kann, und es nicht erforderlich ist, sämtliche adaptive Codebuch-Anregungen in einem Rahmen zu ersetzten. Entsprechend führt das Klagepatent in Absatz [0068] aus, dass es vorteilhaft sein kann, das Glottalform-Codebuch nicht in allen Subrahmen anzuwenden.
46
3. Merkmal 3.2, wonach das Übergangsmodus-Codebuch ein Codebuch von glottalen Impulsformen ist, versteht der Fachmann dahingehend, dass unter „glottalen Impulsformen“ derart geformte Impulse zu verstehen sind, die bei geeigneter zeitlicher bzw. periodischer Anordnung in Sätzen von Codevektoren das Übergangsmodus-Codebuch in die Lage versetzt, Anregungen zu erzeugen, die von der menschlichen Stimmritze im Kehlkopf erzeugbaren Laute, insbesondere den für den glottalen Lauten charakteristischen sogenannten Stimmeinsatz, im Codierer synthetisieren. Insoweit ist dem Fachmann bekannt, dass mit Glottallauten Kehlkopf- oder Stimmritzlaute gemeint sind.
47
Soweit die Beklagte die Ansicht vertritt, bei Einheitsimpulsen handele es sich um glottale Impulsformen im Sinne des Klagepatents, kann ihr - in Übereinstimmung mit der Auslegung des Bundespatentgerichts in seinem Hinweis vom 14.10.2021 - nicht gefolgt werden. Zwar geht das Klagepatent in Absatz [0079] davon aus, dass die Form des glottalen Impulses durch einen Einheitsimpuls dargestellt werden kann und nicht quantifiziert werden muss. Gleichzeitig erkennt das Klagepatent jedoch, dass die Leistung eines solchen einfachen Codebuchs sehr begrenzt ist. Demgegenüber wird nach Absatz [0080] des Klagepatents die beste Wiedergabequalität erreicht, wenn die Länge der Glottalform-Codebucheinträge der Länge der Pitchperiode entspräche, und wenn eine große Anzahl glottaler Impulsformen dargestellt werden würde. Insoweit wären jedoch die Komplexität und der Speicherbedarf zum Suchen und Speichern eines solchen Codebuchs zu groß, sodass ein Kompromiss zwischen diesen beiden Möglichkeiten gefunden werden muss, der die Länge der glottalen Impulse sowie ihre Anzahl begrenzt (vgl. Absatz [0080]). Im Hinblick darauf, dass das Klagepatent die Verwendung von Einheitsimpulsen als nachteilig beschrieben hat, versteht der Fachmann Merkmal 3.2 dahingehend, dass sich das Klagepatent das Ziel gesetzt hat, diese Einschränkung zu überwinden und Einheitsimpulse daher nicht als glottale Impulsformen im Sinne des Klagepatents anzusehen sind. Unabhängig davon ergibt der Wortlaut des Merkmals 3.2., dass das Klagepatent voraussetzt, dass ein Codebuch von glottalen Impulsfomen gefordert wird, mithin, dass das Übergangsmodus-Codebuch mehr als eine Impulsform enthalten muss. Ein Einheitsimpuls hingegen stellt aber nur eine einzige Form dar und nicht mehrere.
48
III. Der EVS-Standard und die angegriffenen Ausführungsformen machen vom Gegenstand des Anspruchs 10 und des Anspruchs 29 des Klagepatents in der eingeschränkt geltend gemachten Fassung Gebrauch. Auf die mit dem „und/oder“-Antrag geltend gemachten und als Hilfsanträge auszulegenden jeweiligen Unteransprüche zu Anspruch 10 und Anspruch 29 des Klagepatents kommt es nicht (mehr) an.
49
1. Angegriffene Ausführungsform sind die von der Beklagten in Deutschland angebotenen und vertriebenen UMTS (3G)- und LTE (4G)-fähigen mobilen Endgeräte, die einen EVS-Decoder implementiert haben.
50
Betroffen ist der Standard ab Release 12 und damit auch die Version 14, die insoweit denselben Inhalt aufweist. Die für den Streitfall relevante Funktionsweise des EVSStandards ergibt sich aus dem Dokument TS 126 445 in der Version 14.2.0 (Anlage (A) WKS 5).
51
2. Die angegriffene Ausführungsform macht unmittelbar wortsinngemäß von Patentanspruch 10 des Klagepatents Gebrauch.
52
a) Die Parteien streiten ausschließlich um die Verwirklichung der Merkmale 1/1.1. Gegen die Benutzung der übrigen Merkmale wendet sich die Beklagte zu Recht nicht. Denn diese werden von der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht.
53
b) Die angegriffene Ausführungsform macht von Merkmal 1./1.1 Gebrauch. Denn insoweit ist es gerade auch klagepatentgemäß, wenn das adaptive Codebuch durch ein Codebuch von glottalen Impulsformen ersetzt wird.
54
Insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig, dass im Standard im Übergangsmodus, dort als TC Modus („Transition Coding Mode“) bezeichnet, statt des üblichen adaptiven Codebuchs ein spezielles Codebuch, nämlich ein Codebuch von glottalen Impulsformen („codebook of glottal impulse shape“) zum Einsatz kommt. Das Codebuch von glottalen Impulsformen ersetzt somit das adaptive Codebuch, wie sich auf der nachfolgend eingeblendeten Ziffer 5.2.3.3.1 des Standards ergibt.
55
Die Ersetzung des adaptive Codebuchs durch ein Codebuch von glottalen Impulsformen erfolgt - insoweit auch zwischen den Parteien unstreitig - auch wenigstens in einem Rahmen, der auf einen Übergangsrahmen in einem Schallsignal folgt, wie sich aus der nachfolgen eingeblendeten Ziffer 5.1.13.4 des Standards ergibt.
56
Soweit die Beklagte der Ansicht ist, der Standard mache von der klagepatentgemäßen Lehre kein Gebrauch, da nur die Anregung in einem Unterrahmen ersetzt werde, verhilft ihr dies nicht zu Erfolg, da, wie oben dargelegt, auch die Ersetzung der adaptiven Anregung in lediglich einem Unterrahmen durch eine Übergansmodus-Anregung patentgemäß ist.
57
c) Entgegen der Ansicht der Beklagten macht die angegriffene Ausführungsform von Anspruch 10 nicht nur mittelbar, sondern unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch.
58
Soweit die Beklagte der Meinung ist, die angegriffene Ausführungsform mache von Anspruch 10 des Klagepatents nur mittelbar gebrauch, da es vor der Möglichkeit, die angegriffene Ausführungsform tatsächlich bestimmungsgemäß zum Übertragen von Sprache mittel VoLTE oder Wi-Fi nutzen zu können, es des Eintritts weiterer Bedingungen (u.a. das Einsetzen der SIM-Card nebst Carrier-Bundle) bedürfe, verkennt sie, dass es zur unmittelbaren Verwirklichung des Anspruchs 10 des Klagepatents ausreichend ist, dass - wie vorliegend gegeben (vgl. oben) - die angegriffene Ausführungsform eine Vorrichtung aufweist zur Verwendung in einem Schallsignal-Codierer oder einem Schallsignal-Codierer, die geeignet ist, LP-Filterparameter in der klagepatentgemäßen Weise umzuwandeln. Nicht erforderlich hingegen ist, dass die klagepatentgemäße Vorrichtung (allein) in der Lage ist, die der klagepatentgemäßen Erfindung zugrundeliegende Übertragung von Sprache auszuführen. Hierzu bedarf es neben der von der Beklagten aufgezeigten weiteren Bedingungen u.a. (nicht abschließend) auch eines geladenen Akkus, eines Lautsprechers und eines Mikrofons. Diese werden vom Klagepatent jedoch nicht adressiert.
59
3. Die angegriffene Ausführungsform verletzt überdies den Verfahrensanspruch 29 des Klagepatents in der eingeschränkt geltend gemachten Fassung mittelbar. Die Voraussetzungen der mittelbaren Patentverletzung sind gemäß § 10 Abs. 1 PatG erfüllt. Der Gefährdungstatbestand nach § 10 PatG wird objektiv und subjektiv verwirklicht.
60
a) Die angegriffenen Gegenstände (UMTS (3G)- und LTE (4G)-fähige mobile Endgeräte) sind Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht, weil sie Gegenstände betreffen, die geeignet sind, zur unmittelbaren Benutzung der Erfindung (in wortsinngemäßer Form) verwendet zu werden.
61
b) Die angegriffenen Gegenstände sind objektiv zur unmittelbaren Patentbenutzung des Verfahrensanspruchs 29 geeignet.
62
Das angegriffene Mittel ist geeignet, für die Benutzung der Erfindung gemäß Anspruch 29 verwendet zu werden. Werden die angegriffenen Gegenstände bestimmungsgemäß im UMTS- oder LTE-Netz genutzt, sind die Voraussetzungen zur Anwendung des Verfahrens gemäß Anspruch 29 erfüllt. Nach der objektiven Beschaffenheit der angegriffenen Gegenstände und ihrer Einbindung in das UMTS- oder LTE-Netz ist dies der Fall, weil hierdurch eine unmittelbare wortsinngemäße Benutzung der geschützten Lehre mit allen ihren Merkmalen durch die Nutzer der angegriffenen Gegenstände möglich ist. Da die Merkmale der Klagepatentansprüche 10 und 29 inhaltlich übereinstimmen, führen die Nutzer der angegriffenen Gegenstände das geschützte Verfahren aus, wenn sie diese Gegenstände im UMTS- oder LTE-Netz zum Telefonieren über VoLTE oder Wi-Fi benutzen. Dies können die Nutzer weder verhindern noch beeinflussen. Das Verfahren nach Anspruch 29 wird automatisch ausgeführt. Dass zumindest eine solche Nutzung auch stattgefunden hat, wird von der Beklagten zu Recht nicht in Abrede gestellt.
63
c) Dieses Mittel bezieht sich auf ein wesentliches Element der Erfindung. Mittels der UMTS- oder LTEfähigen mobilen Endgeräte lässt sich das beanspruchte Verfahren ausführen und die angegriffene Ausführungsform trägt damit zum erfindungsgemäßen Leistungsergebnis maßgeblich bei.
64
d) Angebot und Lieferung im Inland zur Benutzung der Erfindung im Inland sind erfolgt.
65
e) Auch der subjektive Tatbestand ist unstreitig gegeben.
66
Die subjektive Bestimmung der Nutzer zur unmittelbaren patentverletzenden Verwendung ist offensichtlich, weil die angegriffene Ausführungsform die patentverletzende Funktionalität vorsieht und die angegriffenen Gegenstände von der Beklagten als LTEfähig beworben werden.
67
IV. Da die übrigen Voraussetzungen einer Patentverletzung zwischen den Parteien zu Recht nicht umstritten sind, stehen der Klägerin die ausgeurteilten Ansprüche zu.
68
1. Die Beklagte ist zur Unterlassung der patentverletzenden und rechtswidrigen Benutzungshandlungen verpflichtet, Art. 64 Abs. 1, Abs. 3 EPÜ i.V. mit § 139 Abs. 1 Satz 1 PatG.
69
a) Hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform besteht Wiederholungsgefahr mit Blick auf die unstreitig gegebenen Tathandlungen. Die Wiederholungsgefahr wird durch die rechtswidrigen Benutzungshandlungen (im tenorierten Umfang) indiziert. Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hat die Beklagte nicht abgegeben.
70
b) Auch ein Schlechthinverbot ist bei der mittelbaren Patentverletzung gerechtfertigt.
71
Die angegriffenen Mittel können technisch und wirtschaftlich sinnvoll nur in patentverletzender Weise verwendet werden. Jedenfalls hat die Beklagte keine patentfreie Verwendung dargetan.
72
Lediglich aus Gründen der Klarheit hat die Kammer gegenüber dem klägerischen Antrag den doppelten Inlandsbezug in den Tenor aufgenommen.
73
c) Der Anspruch auf Unterlassung ist nicht unverhältnismäßig. Die Inanspruchnahme der Beklagten auf Unterlassung führt aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und des Gebots von Treu und Glauben nicht zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte, § 139 Abs. 1, S. 3 PatG.
74
In der Begründung des Entwurfs zur Änderung von § 139 Abs. 1 PatG hat der Gesetzgeber betont, dass die ausdrückliche Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips in § 139 Abs. 1 PatG nicht zu einer Entwertung der Patentrechte führen darf. Ein weiterhin starker Unterlassungsanspruch sei für die Durchsetzung von Patenten für die deutsche Industrie unverzichtbar. Die Neuregelung sehe daher vor, dass die Beschränkung der Unterlassungsanordnung auf Ausnahmefälle („Sicherheitsventil“) eines absolut unannehmbaren Nachteils für den mutmaßlichen Rechtsverletzer beschränkt wird. Die Unterlassungsverfügung soll eine starke Waffe im Patentrecht bleiben, die im Falle einer Verletzung grundsätzlich und unabhängig von einem Verschulden erteilt werden muss (vgl. insoweit BeckOK PatR/Pitz PatG § 139 Rn. 90 f/90 g).
75
Der nicht von Amts wegen zu berücksichtigende Einwand des § 139 Abs. 1, S. 3 PatG erfordert eine Interessenabwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls ebenso zu berücksichtigen sind wie die Gebote von Treu und Glauben.
76
Bei der erforderlichen Interessenabwägung sind auf der einen Seite die Interessen des Rechtsinhabers zu berücksichtigen. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass der Rechteinhaber im Regelfall die Drohung mit dem Unterlassungsanspruch benötigt, um mögliche Benutzer der Erfindung überhaupt zu Lizenzverhandlungen zu veranlassen. Dem gegenüber stehen die Interessen des Verletzers. Er muss mit den normalen Folgen des Ausschließlichkeitsrechts leben. Der Umstand allein, dass ein Unterlassungsanspruch erhebliche Umstellungskosten verursacht und im Extremfall sogar den Bestand eines Betriebs und Arbeitsplätze gefährden kann, ist für sich allein noch nicht ausschlaggebend. Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit kann nur erfolgreich sein, wenn die negativen Folgen der Unterlassungspflicht aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls außergewöhnlich hoch sind. Dabei kann es ins Gewicht fallen, dass der Verletzer umfangreiche Investitionen in die Entwicklung und Herstellung eines Produkts getätigt hat, die sich im Fall eines Unterlassungsgebots nicht mehr amortisieren lassen und die völlig außer Verhältnis zum Unterlassungsbegehren stehen (Ohly/Stierle, Unverhältnismäßigkeit, Injunction Gap und Geheimnisschutz im Prozess, GRUR 2021, 1229).
77
Darüber hinaus kann zu berücksichtigen sein, ob der Patentinhaber eine NonPractising Entitiy ist, und primärem Interesse an der Monetarisierung des Patents hat, ob alternative patentfreie Lösungen fehlen, ob der Wert der Erfindung völlig außer Verhältnis zu möglichem Schaden durch sofortige Unterlassung steht, ob komplexe Produkte betroffen sind, die von vielen Patenten abgedeckt werden, wenn nur einzelne von ihnen verletzt werden, und ob der Verletzungsgegenstand nur einen kleinen, aber funktionswesentlichen Bestandteil eines komplexen Geräts betrifft, der nicht in zumutbarer Zeit ersetzt werden kann.
78
Danach ist trotz des Einwands der Beklagten, dass einzelne Patente aus dem Portfolio demnächst ausliefen, und die Patente insgesamt nur einen kleinen Bereich einer größeren Gesamtheit abdeckten (vgl. Protokoll vom 29.04.2022), nach Überzeugung der Kammer eine Einschränkung des Unterlassungsanspruchs nicht gerechtfertigt.
79
Denn unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen kann die Kammer nicht erkennen, dass vorliegend die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs zu einer unverhältnismäßigen, nicht gerechtfertigten Härte führt. Die Folgen eines Unterlassungsanspruchs gehen für die Beklagte nicht über die normalen Folgen des Ausschließlichkeitsrechts hinaus. Denn die Beklagte hat insoweit selbst vorgetragen, dass sie bereits seit zwei Monaten keine EVSfähigen Geräte mehr in Deutschland verkauft und eine Umgehungslösung gefunden habe. Dass die negativen Folgen der Unterlassungspflicht für die Beklagte im konkreten Einzelfall aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls daher außergewöhnlich hoch sind, ist damit schon aufgrund des eigenen Vortrags der Beklagten nicht ersichtlich.
80
2. Der ausgesprochene Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung folgt aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140b Abs. 1, Abs. 3 PatG, §§ 242, 259 BGB.
81
a) Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform gemäß Ziffer I. 2. des Tenors ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstandes unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatGi. V. mit Art. 64 Abs. 1 EPÜ, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG i.V. mit Art. 64 Abs. 1 EPÜ.
82
b) Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB i.V. mit Art. 64 Abs. 1 EPÜ, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern.
83
Die Klägerin ist im Übrigen auf die Angaben der Beklagten angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Der Wirtschaftsprüfervorbehalt ist wie beantragt zu gewähren.
84
3. Die Ansprüche gegen die Beklagte auf Rückruf der Verletzungsformen und deren Vernichtung ergeben sich im tenorierten Umfang aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, §§ 139, 140a Abs. 1 und 3 PatG.
85
a) Hinsichtlich der unmittelbaren Patentverletzung des Anspruch 10 des Klagepatents sind die Ansprüche verhältnismäßig. Die Beklagte hat zur Verhältnismäßigkeit nichts Entgegenstehendes vorgetragen.
86
b) Soweit die Beklagte Anspruch 1 des Klagepatents nur mittelbar verletzt hat, besteht vorliegend kein Anspruch auf Vernichtung und Rückruf (vgl. Benkard/Grabinski/Zülch, PatG, 11. Auflage, § 140a Rn. 4 und 14). Die Klage war mithin insoweit abzuweisen.
87
Soweit umstritten ist, ob der Anspruch auf Vernichtung auch bei einer Verurteilung zu einem Absolutverbot ausgeschlossen ist (vgl. Kühnen, Hdb. Patentverletzung, 14. Auflage, Kap. D, Rn. 898), bedarf dieser Streit vorliegend keiner Entscheidung, da auch nach dieser Ansicht ein Anspruch auf Vernichtung jedenfalls dann ausscheidet, wenn die angegriffenen Ausführungsformen von der Beklagten zur Verwendung im schutzrechtfreien Ausland angeboten und dorthin geliefert werden könnten. Dies ist vorliegend der Fall, denn die Beklagte hat - im Rahmen des kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwands - unbestritten vorgetragen, dass sie die angegriffenen Ausführungsformen auch in Ländern anbietet und vertreibt, in denen die Klägerin keine Schutzrechte besitzt.
88
4. Da die Beklagte die Verletzungshandlungen gemäß Ziffer I. 1. zumindest fahrlässig begangen hat, ist sie dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet, Art. 64 Abs. 1, Abs. 3 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG.
89
Bei Anwendung der im Geschäftsbetrieb erforderlichen Sorgfalt hätte von der Beklagten spätestens einen Monat nach Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents erkannt werden können und müssen, dass dieses durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform verletzt wird.
90
Eine für die Feststellung der Schadensersatzpflicht ausreichende gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens ist wegen des bereits eingetretenen Schadens aufgrund der geschehenen Patentbenutzungen begründet.
E.
91
Der von der Beklagten erhobene kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand greift mangels Lizenzwilligkeit nicht durch.
92
I. Ein marktbeherrschender Patentinhaber, der sich gegenüber einer Standardisierungsorganisation verpflichtet hat, Lizenzen zu FRAND-Bedingungen zu erteilen, kann seine Marktmacht nicht nur dadurch missbräuchlich ausnutzen, dass er einem lizenzwilligen Verletzer den Abschluss eines entsprechenden Lizenzvertrages verweigert und ihn mit einer Klage auf Unterlassung, Rückruf und Entfernung von Produkten aus den Vertriebswegen oder auf Vernichtung patentverletzender Erzeugnisse in Anspruch nimmt. Ein Missbrauch kann vielmehr auch dann vorliegen, wenn dem Patentinhaber anzulasten ist, dass er sich nicht hinreichend bemüht hat, seiner mit der markbeherrschenden Stellung verbundenen besonderen Verantwortung gerecht zu werden, und einem grundsätzlich lizenzwilligen Verletzer den Abschluss eines Lizenzvertrages zu angemessenen Bedingungen möglich zu machen (BGH, Urteil vom 24.11.2020 - KZR 35/17 - FRAND-Einwand II, GRUR 2021, 585 Rn. 53 mwN).
93
In beiden Fällen ist die Klage deshalb - und nur deshalb - missbräuchlich, weil dem lizenzwilligen Verletzer ein Anspruch darauf zusteht, dass ihm der Patentinhaber die Benutzung der geschützten technischen Lehre zu FRAND-Bedingungen vertraglich gestattet. Ein Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung eines Patentinhabers ergibt sich mithin grundsätzlich noch nicht aus von diesem vor oder zu Beginn von Verhandlungen angebotenen Vertragsbedingungen als solchen, die, würden sie vertraglich vereinbart, den Lizenznehmer unbillig behindern oder diskriminieren. Der Missbrauch der Marktmacht folgt vielmehr erst aus der Ablehnung eines nachgefragten Zugangs zu der Erfindung schlechthin oder aus unangemessenen Bedingungen für einen nachgefragten Zugang, von denen der Patentinhaber auch am Ende von Verhandlungen nicht abzurücken bereit ist, mithin der Weigerung, dem den Abschluss eines Lizenzvertrages zu FRAND-Bedingungen anstrebenden Lizenznehmer als Ergebnis eines Verhandlungsprozesses diejenigen fairen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Vertragsbedingungen anzubieten, die dieser beanspruchen kann, und zu denen er seinerseits bereit ist, mit dem Patentinhaber abzuschließen (BGH, a.a.O., Rn. 54).
94
1. Aus der Verpflichtung, einen solchen Missbrauch zu unterlassen, und der besonderen Verantwortung des marktbeherrschenden Patentinhabers folgt, dass er den Patentverletzer zunächst auf die Verletzung des Klagepatents hinzuweisen hat, wenn dieser sich (möglicherweise) nicht bewusst ist, mit der Implementierung einer vom Standard geforderten technischen Lösung rechtswidrig von der Lehre des standardessentiellen Patents Gebrauch zu machen (BGH, a.a.O. Rn. 55; EuGH, WRP 2015, 1080 Rn. 60-62 - Huawei/ZTE).
95
2. Weitere Verhaltenspflichten des marktbeherrschenden Patentinhabers ergeben sich erst und nur dann, wenn der Nutzer der geschützten technischen Lehre seinen Willen zum Ausdruck bringt, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen schließen zu wollen (BGH, a.a.O., Rn. 56; EuGH, WRP 2015, 1080 Rn. 63 - Huawei/ZTE), indem er sich seinerseits klar und eindeutig bereit erklärt, mit dem Patentinhaber einen Lizenzvertrag zu angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen abschließen zu wollen und auch in der Folge zielgerichtet an den Lizenzverhandlungen mitwirkt (BGH, a.a.O., Rn. 57).
96
a) Hierzu muss sich der Verletzer seinerseits klar und eindeutig bereit erklären, mit dem Patentinhaber einen Lizenzvertrag zu angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen abschließen zu wollen, denn die Lizenzbereitschaft des Verletzers ist von grundlegender Bedeutung, weil der Patentinhaber eine FRAND-Lizenz nur an einen hierzu bereiten Nutzer der Erfindung vergeben muss und überhaupt nur vergeben kann (BGH, a.a.O. Rn.59).
97
Unzureichend ist in diesem Zusammenhang eine bedingte Lizenzbereitschaftserklärung, denn eine bedingte Lizenzwilligkeit kann nicht zu einem unbedingten Vertragsschluss führen; nur hierzu ist der Patentinhaber jedoch verpflichtet (BGH a.a.O, Rn. 95).
98
Ebenfalls nicht ausreichend ist, dass der Verletzer einmalig seine Lizenzbereitschaft bekundet, denn der Missbrauch von Marktmacht ergibt sich aus der Weigerung des Marktbeherrschers, den Anspruch eines Unternehmens der Marktgegenseite auf rechtmäßigen Zugang zu der Erfindung zu erfüllen, und hierzu eine Lizenz zu FRANDBedingungen zu erteilen. Ein missbräuchliches Verhalten des Patentinhabers liegt daher nur dann vor, wenn er dem fortdauernden Verlangen des Verletzers nach Abschluss eines Vertrages zu FRAND-Bedingungen nicht entspricht, denn die fortdauernde Lizenzbereitschaft ist unabdingbare Voraussetzung einer erfolgreichen Lizenzverhandlung und damit auch für den Vorwurf eines Missbrauchs von Marktmacht gegenüber dem Patentinhaber bei deren Scheitern (BGH, a.a.O., Rn. 66, 68).
99
Für die Feststellung der Lizenzbereitschaft des Verletzers reicht es zudem nicht aus, dass eine ernsthafte und endgültige Weigerung des Patentverletzers, eine Benutzungsvereinbarung zu FRAND-Bedingungen abzuschließen, nicht festgestellt werden kann. Denn die „Verzögerungstaktik“, die der Verletzer nicht betreiben darf, besteht typischerweise gerade darin, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen nicht schlichtweg abzulehnen, sondern ihn vorgeblich anzustreben, aber die Findung einer angemessenen Lösung im Einzelnen zu hintertreiben oder zumindest so lange wie möglich hinauszuschieben (BGH, a.a.O.Rn. 67).
100
Die Lizenzbereitschaft des Verletzers ist auch dann weiterhin von Bedeutung, wenn der Patentinhaber dem Verletzer ein Lizenzangebot unterbreitet hat (BGH, a.a.O., Rn. 69), denn das Angebot des Patentinhabers, stellt nicht den Endpunkt, sondern den Ausgangspunkt der Lizenzverhandlungen dar (BGH, a.a.O., Rn. 70).
101
b) Darüber hinaus muss der Verletzer auch zielgerichtet an den Lizenzverhandlungen mitwirken. Diese Mitwirkung ist das unerlässliche Gegenstück dazu, dass dem Patentinhaber abverlangt wird, die Verletzung des Klagepatents solange hinzunehmen, wie der Verletzer seinerseits die nach der gegebenen Sachlage gebotenen und ihm möglichen und zumutbaren Bemühungen unternimmt, einen Lizenzvertrag zu FRANDBedingungen abzuschließen, um auf dieser Grundlage die patentgemäße Lehre weiterhin benutzen zu können. Wobei für die Beurteilung, ob die Partei die gebotenen, möglichen und zumutbaren Maßnahmen unternommen hat, maßgeblich ist, was eine vernünftige Partei, die an dem erfolgreichen, beiderseits interessengerechten Abschluss der Verhandlungen interessiert ist, zur aktiven Förderung dieses Ziels in einem bestimmten Verhandlungsstadium jeweils tun würde (BGH, a.a.O., Rn. 57).
102
(1) Dabei bauen die Verhandlungsschritte von an einem Vertragsschluss interessierten Parteien aufeinander auf. Eine Förderpflicht besteht deshalb stets, wenn und insoweit nach den geschäftlichen Gepflogenheiten und den Grundsätzen von Treu und Glauben mit dem nächsten Verhandlungsschritt zu rechnen ist. Wobei die an die Förderungspflicht zu stellenden Anforderungen in jedem Einzelfall zu betrachten sind und sich einer generellen Definition entziehen (BGH, a.a.O., Rn. 68) .
103
Hat es jedoch eine Seite zunächst an der gebotenen Mitwirkung am Zustandekommen eines Lizenzvertrages zu FRAND-Bedingungen fehlen lassen, geht dies grundsätzlich zu ihren Lasten. Je nach Sachlage kann sie gehalten sein, begangene Versäumnisse so weit wie möglich zu kompensieren. Dies entspricht den üblichen Gepflogenheiten von an einem Vertragsschluss interessierten Personen, welche bei einer verzögerten Reaktion auf ein entsprechendes Verhandlungsangebot normalerweise damit rechnen müssen, dass die Gegenseite kein Interesse an einem Vertragsschluss mehr hat (BGH, a.a.O. wie vor).
104
Hat es der auf die Verletzung aufmerksam gemachte Nutzer über einen längeren Zeitraum unterlassen, sein Interesse an einem Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen zu bekunden, müssen daher von ihm zusätzliche Anstrengungen erwartet werden, um dazu beizutragen, dass ungeachtet dieses Versäumnisses ein entsprechender Lizenzvertrag so bald wie möglich abgeschlossen werden kann (BGH, a.a.O. wie vor).
105
(2) Hat der Patentinhaber dem lizenzwilligen oder bis dato nicht lizenzbereiten Verletzer ein Angebot unterbreitet, auch wenn es nicht in jeder Hinsicht den Anforderungen FRAND-Bedingungen genügt, obliegt es dem Verletzer, auf das Angebot des Patentinhabers mit Sorgfalt, gemäß den in dem Bereich anerkannten geschäftlichen Gepflogenheiten und nach Treu und Glauben zu reagieren, was auf der Grundlage objektiver Gesichtspunkte zu bestimmen ist und unter anderem impliziert, dass keine Verzögerungstaktik verfolgt wird (EuGH, WRP 2015, 1080 Rn. 65 - Huawei/ZTE). Die auf Grundlage objektiver Gesichtspunkte vorzunehmende Beurteilung, ob eine Verzögerungstaktik verfolgt wird, soll damit auch anhand der Reaktion des Verletzers auf das Angebot erfolgen, und beschränkt sich damit nicht nur auf die Erklärung des Lizenzierungswunsches. Denn die Bekundung eines Lizenzierungswunsches oder der Verhandlungsbereitschaft sagt noch nichts darüber aus, ob diese Erklärung ernst gemeint ist. Sie kann vielmehr auch Ausfluss einer Verzögerungstaktik des Patentbenutzers sein, die zum Schutz des Patentinhabers wie des Wettbewerbs zwischen den Patentbenutzern nicht hingenommen werden darf. Deshalb ist das weitere Verhalten des Verletzers in den Blick zu nehmen. Eine Verzögerungstaktik kommt danach insbesondere - aber nicht ausschließlich - dann in Betracht, wenn der Patentbenutzer auf die Erklärungen des Patentinhabers nicht in angemessener Frist reagiert, insbesondere wenn er das Angebot des Patentinhabers ablehnt, es gleichwohl jedoch unterlässt, innerhalb einer kurzen Frist schriftlich ein konkretes Gegenangebot zu machen, das FRAND-Bedingungen entspricht. Dies ist der Grund dafür, dass der Patentverletzer sich in diesem Fall nicht auf den missbräuchlichen Charakter einer Unterlassungs- oder Rückrufklage berufen kann (EuGH, WRP 2015, 1080 Rn. 66 - Huawei/ZTE). Entsprechendes gilt, wenn der Verletzer trotz Ablehnung seines Gegenangebots das Patent weiter benutzt, es jedoch unterlässt, eine angemessene Sicherheit gemäß den in dem betreffenden Bereich anerkannten Gepflogenheiten zu leisten (BGH, a.a.O., Rn. 77; EuGH, WRP 2015, 1080 Rn. 67 - Huawei/ZTE).
106
cc) Hat der Verletzer jedoch keine Bereitschaft bekundet und nicht den unbedingten Willen gezeigt, mit der Klägerin einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen abzuschließen, hat der Patentinhaber weder durch die Klageerhebung noch durch die Weiterverfolgung der Klageansprüche seine marktbeherrschende Stellung missbraucht. Auf die zu diesem Zeitpunkt von ihm angebotenen Lizenzbedingungen kommt es dafür nicht an. Erst recht ist der Inhalt späterer Vertragsangebote insoweit unmaßgeblich (BGH, a.a.O., Rn. 107).
107
II. Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin ihre, zugunsten der Beklagten von der Kammer unterstellte, marktbeherrschende Stellung nicht missbraucht.
108
1. Insoweit kann es dahinstehen, ob die Klägerin - woran aufgrund des Vortrags der Beklagten, dass sie eine Umgehungslösung gefunden habe, erhebliche Zweifel bestehen - eine marktbeherrschende Stellung innehat und ob die von der XZ Corporation abgegebene FRAND-Erklärung auch die Klägerin bindet, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, da die Beklagte zur Überzeugung der Kammer nicht lizenzwillig ist im Sinne der oben dargestellten Grundsätze (siehe unten unter 3.).
109
2. Wie die Kammer bereits im Verfahren 7 O 15350/19 entschieden hat, hat die Klägerin ihre Verpflichtung, die Beklagte vor Erweiterung der Klage auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung hinreichend auf die Verletzung des Klagepatents hinzuweisen, erfüllt.
110
a) Eine solche Unterrichtung soll den Verletzer auf den Verletzungstatbestand und die Möglichkeit und Notwendigkeit einer Lizenznahme aufmerksam machen. Es genügt insoweit, dass das Patent bezeichnet und angegeben wird, in welcher konkreten Handlung die Verletzung bestehen soll. Letzteres erfordert die Bezeichnung der Art der Verletzungshandlung sowie der angegriffenen Ausführungsformen. Detaillierter technischer oder rechtlicher Erläuterungen des Verletzungsvorwurfs bedarf es nicht; der Verletzer muss nur in die Lage versetzt werden, sich - gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe oder durch Einholung von Rechtsrat - ein Bild von der Berechtigung des Patentverletzungsvorwurfs zu machen (BGH, WRP 2020, 1194 Rn. 86 ff. - FRAND-Einwand).
111
b) Entgegen der Ansicht der Beklagten hat die Klägerin bereits vor Erhebung der Klage auf Auskunft, Rechnungslegung und Schadensersatz mit Schreiben vom 21.08.2019 und 16.09.2019 hinreichend auf die Verletzung des Klagepatents hingewiesen.
112
(1) Das Schreiben vom 21.08.2019 genügt den an einen Verletzungshinweis zu stellenden Anforderungen, denn die Beklagte wird durch dieses Schreiben und dem Verweis auf die Homepage der Klägerin auf die Möglichkeit und Notwendigkeit einer Lizenzname aufmerksam gemacht. Zudem wird die Beklagte über die als verletzt angesehenen Patente informiert und darauf hingewiesen, dass eine Patentverletzung durch die Nutzung des EVSStandards erfolgt.
113
Mit dem Schreiben vom 21.08.2019 „lud“ die Klägerin die Muttergesellschaft der Beklagten (nachfolgend einheitlich: Beklagte) ein, mehr über die Lizenzierungsmöglichkeiten hinsichtlich ihres für den EVS-Standard essentiellen Patentportfolios zu erfahren, und wies darauf hin, dass 14 Patentfamilien des Portfolios von unabhängigen Prüfern als standardessenzielle für den EVS-Standard eingestuft wurden. Darüber hinaus wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, dass weitere Informationen auf der Homepage der Klägerin zu finden seien und nach Abschluss eines Non-Disclosure-Agreements die Möglichkeit bestünde, weitere Informationen zu den angebotenen Lizenzbedingungen zu erhalten (Anlage WKS KAR 1).
114
Auf der angegebenen Homepage der Klägerin fand sich eine Auflistung der als standardessenziellen eingestuften Patente des Patentportfolios der Klägerin bzw. ihrer Muttergesellschaft (nachfolgend einheitlich: Klägerin). Über einen Link konnte für jedes dieser aufgelisteten Patente die Erklärung des International Patent Evaluation Consortiums (nachfolgend: IPEC-Erklärung) zur Standardessentialität des jeweiligen Patents abgerufen werden, die jeweils erläutert, welche Ansprüche des jeweiligen Patents standardessentiell für den EVS-Standard seien und aus welchen Abschnitten des EVS-Standards sich dies ergebe (vgl. für das Klagepatent Anlage WKS KAR 2.1).
115
Auf ihrer Homepage wies die Klägerin zudem darauf hin, dass sie bereit sei, ihr EVS-Patentportfolio zu fairen, vernünftigen und nicht diskriminierenden („fair, reasonable and nondiscriminatory“) Bedingungen zu lizenzieren und stellte Musterlizenzverträge zum Abruf bereit.
116
Soweit die Beklagte der Ansicht ist, dass Schreiben der Klägerin vom 21.08.2019 stelle keine hinreichende Unterrichtung der Beklagten über den Verletzung und die Möglichkeit und Notwendigkeit einer Lizenznahme dar, da der abstrakte Hinweis auf die Homepage der Klägerin nicht ausreichend sei, verkennt sie, dass das Schreiben der Klägerin, auch wenn es, wie im geschäftlichen Verkehr üblich, höflich im Ton gehalten ist, deutlich zu erkennen gibt, dass die Klägerin der Ansicht ist, dass die Beklagte durch die Implementierung des EVSStandards die Patente des EVS-Patentportfolios jedenfalls teilweise verletzt. Insoweit ist der allgemeine Hinweis, dass sich auf der Homepage der Klägerin weitere Informationen befinden, ausreichend, da für den objektiven Empfänger ersichtlich ist, dass sich diese Informationen auf den von der Klägerin adressierten Vorwurf der Patentverletzung beziehen. Eines zusätzlichen bzw. deutlicheren Hinweises zu den auf der Homepage befindlichen Informationen bedurfte es daher nicht.
117
Ebenfalls unzutreffend ist die Ansicht der Beklagten, dass dem Anschreiben der Klägerin nicht entnommen werden konnte, welche konkrete Handlung als patentverletzend angesehen werde. Denn durch den Hinweis auf die Standardessentialität des EVSPatentportfolios für den EVS-Standard ergibt sich, dass die Klägerin die Implementierung des EVS-Standards in Geräten der Beklagten als Verletzungshandlung ansieht.
118
(2) Aus den oben genannten Gründen handelt es sich auch bei dem inhaltlich identischen Schreiben der Klägerin vom 16.09.2019 um einen hinreichenden Verletzungshinweis im Sinne der oben genannten Rechtsprechung.
119
c) Zudem wurde die Beklagte jedenfalls mit Zustellung der Klage auf Auskunft Rechnungslegung und Schadensersatz am 27.11.2019 vor Erweiterung der Klage auch auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung (Schriftsatz der Klägerin vom 19.02.2021) konkret auf die Verletzung des Klagepatents hingewiesen.
120
3. Nach Überzeugung der Kammer fehlte es bei der Beklagten sowohl im Zeitraum vor Erweiterung der Klage um Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung mit Schriftsatz vom 19.02.2021 als auch im Zeitraum danach an der erforderlichen Lizenzwilligkeit. Die Kammer vermag nicht festzustellen, dass die Beklagte nach außen erkennbar gewillt war und ist, einen Lizenzvertrag mit der Klägerin zu „whatever terms are in fact FRAND“ abzuschließen. Denn die Beklagte gab weder die hierzu erforderliche inhaltlich eindeutige unbedingte Lizenzbereitschaftserklärung rechtzeitig ab, noch wirkte sie in der Folge zielgerichtet an den Lizenzverhandlungen mit, wie dies der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 24.11.2020 fordert (BGH, a.a.O., Rn 57).
121
Mangels Lizenzwilligkeit der Beklagten oblagen der Klägerin daher auch keine weiteren Verhaltenspflichten. Ob die klägerischen Lizenzangebote FRAND-Bedingungen entsprechen, ist für die vorliegende Entscheidung daher nicht von Belang (BGH, a.a.O, Rn 56, 107). Unabhängig hiervon kann die Kammer vorliegend feststellen, dass das letzte klägerische Angebot nicht schlechthin untragbar ist. Denn es ist jedenfalls, was der Vergleich mit den vorgelegten Vergleichsverträgen zeigt, ein tauglicher Ausgangspunkt, um zwischen willigen Lizenzvertragsparteien im Rahmen von Verhandlungen zu einem Lizenzvertragsabschluss zu kommen.
122
a) Die Beklagte hat - wie die Kammer im Verfahren 7 O 15350/19 bereits festgestellt hat - vor der am 19.02.2021 erfolgten Klageerweiterung um die Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung weder ihre unbedingte und eindeutige Bereitschaft bekundet, noch den unbedingten Willen gezeigt, mit der Klägerin einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen abzuschließen.
123
(1) Die Beklagte hat es - trotz Verletzungshinweis der Klägerin - vor Erweiterung der Klage am 19.02.2021 um die vorliegend relevanten Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung unterlassen, eindeutig und unbedingt zu erklären, dass sie lizenzwillig und bereit sei, einen Lizenzvertrag mit der Klägerin zu zu „whatever terms are in fact FRAND“ abzuschließen.
124
(a) Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich eine entsprechende Erklärung dem Schreiben vom 26.11.2019 (Anlage HRM K 3) nicht entnehmen, denn in diesem Schreiben erklärt die Beklagte zwar, dass sie bereit sei, das geistige Eigentum Dritter zu schützen und einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen zu schließen, jedoch nur, sofern die Patente der Klägerin rechtsbeständig und die aus den Patenten abgeleiteten Ansprüche gerichtlich durchsetzbar seien („Therefore, we remain and will remain willing to take licenses on (F)RAND terms to any of your patents that are: (…) „vaild and enforceable“). Darüber hinaus schränkte die Beklagte ihre Lizenzwilligkeit auf Patente ein, die essentiell für Standards seien, die von den Produkten der Beklagten unterstützt würden.
125
Diese Erklärung der Beklagten ist aus Sicht eines objektiven Empfängers dahingehend zu verstehen, dass die Beklagte gerade nur bereit war, einen Lizenzvertrag für die Patente des klägerischen Patentportfolios abzuschließen, deren Rechtsbeständigkeit und Patentverletzung durch die Beklagte zwischen den Parteien unstreitig sind bzw. gerichtlich festgestellt wurden. Mithin ist die Erklärung der Beklagten zum einen dahingehend zu verstehen, dass sie nicht bereit ist, ein Lizenzvertrag über das von der Klägerin angebotene Patentportfolio in dem angebotenen Umfang abzuschließen, sondern nur hinsichtlich bestimmter (ausgewählter) Patente, die den von ihr aufgestellten Kriterien entsprechen. Zum anderen ist der Erklärung der Beklagten zu entnehmen, dass die Beklagte bis zur einvernehmlichen oder gerichtlichen Klärung der Rechtsbeständigkeit der Patente des klägerischen Patentportfolios und der Frage, ob sie die geltend gemachten Patente verletzt, nicht bereit ist, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen zu schließen. Dass die Beklagte hingegen eindeutig unbedingt bereit war, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingung abzuschließen, und sich lediglich vorbehalten wollte, den Rechtsbeistand bzw. die Verletzung der Patente gerichtlich überprüfen zu lassen, lässt sich ihrer Erklärung jedoch gerade nicht entnehmen.
126
Damit ist die von der Beklagten erklärte bedingte Lizenzbereitschaftserklärung unzureichend (BGH, WRP 2020, 1194 Rn. 96 - FRAND-Einwand). Denn dem Patentverletzer bleibt es zwar unbenommen, neben den Verhandlungen über die Erteilung von Lizenzen die Rechtsbeständigkeit der zu lizenzierenden Patente anzufechten oder ihre Benutzung in Abrede zu stellen oder sich dies vorzubehalten, dies ändert jedoch nichts daran, dass der Benutzer eines Patents, wenn er nicht ihr Inhaber ist, grundsätzlich vor jeder Benutzung eine Lizenz einholen muss und auf eigenes Risiko handelt, wenn er meint, wegen fehlender Rechtsbeständigkeit oder fehlender Verletzung hierauf verzichten zu können. Eine bedingte Lizenzwilligkeit kann nicht zu einem unbedingten Vertragsschluss führen; nur hierzu ist der Patentinhaber jedoch verpflichtet (BGH, Urteil vom 24.11.2020 - FRAND-Einwand II -, juris).
127
(b) Auch dem Schreiben der Beklagten vom 17.03.2020 (Anlage HRM K 10), mit dem sie der Klägerin ein Lizenzgegenangebot unterbreitete, lässt sich ebenfalls keine eindeutige Erklärung entnehmen, dass die Beklagte unbedingt bereit ist, einen Lizenzvertrag abzuschließen. Zwar betont die Beklagte insoweit, dass sie weiterhin bereit sei, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingung zu schließen, schränkte dies jedoch wiederum dahingehend ein, dass Voraussetzung hierfür sei, dass die Patente rechtsbeständig, standardessentiell und die hieraus abgeleiteten Ansprüche klageweise durchsetzbar sind („YYY remains willing to take a license on FRAND terms to any XZ patents that are valid, actually essential and enforceable“).
128
(c) Auch das eigene Lizenzangebot der Beklagten vom 17.03.2020 (Anlage HRM K 10), das sie mit dem Schreiben vom 17.03.2020 übersandt hat, ändert hieran nichts. Zwar ist das Lizenzangebot formal nicht auf Patente, die rechtsbeständig, standardessentiell und verletzt sind, begrenzt, jedoch lässt sich auch diesem Lizenzangebot gerade nicht entnehmen, dass die Beklagte unbedingt bereit ist, einen Lizenzvertrag mit der Klägerin zu „whatever terms are in fact FRAND“ abzuschließen. Vielmehr ergibt sich durch das mit dem Lizenzangebot übersandte Anschreiben und die dort gemachten Einschränkungen, dass die Beklagte lediglich bereit ist, (ausschließlich) den übersandten Lizenzvertrag abzuschließen. Im Hinblick darauf, dass es in der Regel nicht den einen FRAND-Bedingungen genügenden Lizenzvertrag gibt, sondern eine Bandbreite möglicher angemessener Lösungen (BGH, a.a.O., Rn. 70), lässt sich der Übersendung dieses Lizenzvertrags zusammen mit dem Anschreiben vom selben Tag nicht entnehmen, dass die Beklagte grundsätzlich bereit ist, einen Lizenzvertrag zu FRANDBedingungen abzuschließen, der von ihrem Lizenzangebot abweicht. Solch eine Bereitschaft wäre aber Grundvoraussetzung dafür, dass auf dem Verhandlungsweg von zwei lizenzwilligen Vertragsparteien ein Lizenzvertrag gefunden werden kann, dessen Konditionen FRANDAnforderungen entspricht.
129
(d) Eine unbedingte und eindeutige Erklärung, lizenzwillig zu sein, enthält auch das Schreiben der Beklagten vom 17.08.2020 (Anlage WKS KAR 6) nicht. Zwar bekräftigt die Beklagte hierin, an dem Lizenzangebot vom 17.03.2020 festhalten zu wollen und erklärt erneut bereit zu sein, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen abschließen zu wollen. Gleichwohl schränkte sie dies auf Patente ein, die standardessentiell, rechtsbeständig und gerichtlich durchsetzbar sind.
130
(e) Entsprechendes gilt für die E-Mail des Geschäftsführers der Beklagten vom 30.09.2020 (Anlage WKS KAR 8). Auch in dieser wird - entsprechend den vorangegangenen Erklärungen - lediglich eine bedingte Lizenzbereitschaft der Beklagten bekundet.
131
(f) Auch der E-Mail des Geschäftsführers der Beklagten vom 11.11.2020 (Anlage WKS KAR 9) lässt sich nicht eindeutig ein unbedingter Lizenzierungswunsch entnehmen. Denn auch mit diesem Schreiben erklärt die Beklagte lediglich hinsichtlich der relevanten standardessentiellen Patente bereit zu sein, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen zu schließen, und nimmt insoweit Bezug auf das Angebot vom 17.03.2020. Damit bringt die Beklagte jedoch unmissverständlich zum Ausdruck, dass sie weiterhin nur bereit ist, zu den im Schreiben vom 17.03.2020 gemachten Bedingungen einen Lizenzvertrag abzuschließen, und weiterhin nicht bereit ist, ohne Vorbehalte über den Abschluss eines unbedingten Lizenzvertrags zu verhandeln.
132
(2) Unabhängig von der fehlenden Erklärung der Lizenzwilligkeit hat die Beklagte vor Erweiterung der Klage um die vorliegend relevanten Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung auch im Übrigen ihren Willen zum Abschluss eines Lizenzvertrags zu FRANDBedingungen nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht und ihrer Pflicht zur Förderung der Verhandlungen nicht genügt. Denn, wie der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung FRAND-Einwand II ausgeführt (Rn. 68) hat, ist der Verletzer - neben der eindeutigen und unbedingten Bekundung der Lizenzwilligkeit - verpflichtet, zielgerichtet an den Lizenzverhandlungen mitwirken, wobei für die Beurteilung, ob die Partei die gebotenen, möglichen und zumutbaren Maßnahmen unternommen hat, maßgeblich ist, was eine vernünftige Partei, die an dem erfolgreichen, beiderseits interessengerechten Abschluss der Verhandlungen interessiert ist, zur aktiven Förderung dieses Ziels in einem bestimmten Verhandlungsstadium jeweils tun würde.
133
Das Verhalten der Beklagten lässt zur Überzeugung der Kammer indes nicht erkennen, dass sie vor Erweiterung der Klage auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung bereit war, zielgerichtet an den Lizenzverhandlungen mitzuwirken. Vielmehr bewertet die Kammer das Verhalten der Beklagten als Versuch, den Verhandlungsprozess zu verschleppen. Denn die Beklagte hat weder auf die Verletzungshinweise vom 21.08.2019 und 16.09.2019 in angemessener Zeit, noch auf die verschiedenen Lizenzangebote der Klägerin in hinreichender Weise reagiert, und auch im Übrigen die erforderlichen Maßnahmen unterlassen, um zielgerichtet den Abschluss eines Lizenzvertrags zu fördern.
134
(a) Bereits auf die Verletzungshinweise der Klägerin vom 20.08.2019 und vom 16.09.2019 hat die Beklagte zunächst überhaupt nicht reagiert. Vielmehr hat die Beklagte erst mit E-Mail vom 26.11.2019 (Anlage HRM K 3), mithin fast zwei Monate nach Erhalt des ersten Verletzungshinweises, hierzu ablehnend Stellung genommen, dies jedoch auch erst nachdem ihr die Klägerin durch ihren anwaltlichen Vertreter zuvor mit Schreiben vom 25.10.2019 überobligatorisch und proaktiv ein Lizenzangebot über eine laufende Lizenzgebühr unterbreitet und eine Frist zur Annahme dieses Lizenzangebots bis zum 05.12.2019 gesetzt hatte.
135
Auch inhaltlich hat die Beklagte mit ihrer E-Mail vom 26.11.2019 nicht alle gebotenen, möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen, die von einer vernünftigen Partei, die an einem erfolgreichen, beiderseits interessengerechten Abschluss der Verhandlungen interessiert ist, zu erwarten gewesen wären. Zwar hat die Beklagte ihre bedingte Bereitschaft bekundet, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen abzuschließen, und sowohl betont, an Verhandlungen über den Abschluss eines Lizenzvertrags interessiert zu sein, als auch die Klägerin zu einem ersten Treffen eingeladen. Aber sie hat betont, nur bereit zu sein, eine Geheimhaltungsvereinbarung abzuschließen. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin der Beklagten bereits einen Monat zuvor mit Schreiben vom 25.10.2019 einen Entwurf einer Geheimhaltungsvereinbarung übersandt hatte (vgl. Anlage HRM K 2.1), wäre jedoch darüber hinaus zu erwarten und zumutbar gewesen, dass die Beklagte bis zum 26.11.2019 entweder die übersandte Geheimhaltungsvereinbarung unterzeichnet oder der Klägerin konkrete Änderungswünsche mitteilt. Denn dies hätte der Verhandlung Fortgang gegeben. Allein die Aussage, eine Geheimhaltungsvereinbarung unterzeichnen zu wollen, fördert den Verhandlungsfortgang nicht, wenn bereits der Entwurf einer Geheimhaltungsvereinbarung vorliegt.
136
(b) Auch auf das Angebot der Klägerin vom 25.10.2019 hat die Beklagte nicht in angemessener Frist reagiert, denn sie hat es unterlassen, innerhalb einer kurzen Frist ein schriftliches Gegenangebot zu unterbreiten.
137
Welcher Zeitraum den Anforderungen an eine kurze Frist im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspricht, hat der Bundesgerichtshof offen gelassen. Der Bundesgerichtshof hat stattdessen betont, dass sich die Verhaltenspflichten der Verhandlungsparteien einer generellen Definition entzögen. Die Kammer ist gleichwohl der Überzeugung, dass ein Gegenangebot fast fünf Monate nach Übersendung des Angebots des Patentinhabers nicht mehr innerhalb der vom Bundesgerichtshof geforderten kurzen Frist erfolgt, insbesondere wenn - wie vorliegend - die von der Beklagten berechnete Lizenzrate lediglich von wenigen Faktoren abhängt. Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass die Erstellung eines Gegenangebots eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen kann, da die hierfür erforderlichen Informationen und Daten, bspw. die Anzahl der verkauften Geräte, die vom EVS-Standard Gebrauch machen, von einem Verletzer, der sich bislang um die Patentlage nicht gekümmert hat, erst erhoben bzw. beschafft werden müssen, und der Vertragstext entworfen und abgestimmt werden muss. Hängt die Berechnung des Gegenangebots, wie vorliegend, lediglich von einer geschätzten Gesamtlizenzbelastung des jeweils zu lizenzierenden Geräts, eines geschätzten Anteils der Gesamtlizenzbelastung der 4G- Funktionalität und dem Anteil des Patentportfolios an der Gesamtzahl der als standardessentiell bezeichneten Patenten ab und handelt es sich bei dem Lizenzvertrag im Wesentlichen um einen „Standardvertrag“, erscheint es nicht nachvollziehbar, dass die Erstellung des Gegenangebots fast fünf Monate in Anspruch nimmt. Dabei ist nach Ansicht der Kammer insbesondere zu berücksichtigen, dass es dem Verletzer obliegt, den rechtswidrigen Zustand der Patentverletzung schnellstmöglich zu beseitigen. Entsprechend hat auch der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung FRAND-Einwand II entschieden, dass die Annahme einer Verzögerungstaktik insbesondere dann in Betracht kommt, wenn der Patentbenutzer auf die Erklärungen des Patentinhabers nicht in angemessener Frist reagiert oder wenn er das Angebot des Patentinhabers ablehnt, es gleichwohl jedoch unterlässt, innerhalb einer kurzen Frist schriftlich ein konkretes Gegenangebot zu machen, das FRANDBedingungen entspricht (BGH, a.a.O, Rn.71). Damit erfolgte das erst am 17.03.2020, mithin fast fünf Monate nach Übersendung des Angebots der Klägerin, unterbreitete schriftliche Gegenangebot nicht mehr innerhalb der vom Bundesgerichtshof geforderten kurzen Frist.
138
Auf die Frage, ob dieses Gegenangebot FRAND-Bedingungen entspricht, kommt es nicht mehr an. Allerdings hat die Kammer im Hinblick auf die zwischenzeitlich von der Klägerin geschlossenen Lizenzverträge erhebliche Bedenken, ob das von der Beklagten abgegebene Gegenangebot FRAND-Bedingungen entspricht.
139
(c) Eine hinreichende Lizenzwilligkeit der Beklagten ergibt sich nach Ansicht der Kammer auch nicht daraus, dass die Beklagte,, nachdem die Klägerin das Angebot der Beklagten vom 17.03.2020 mit Schreiben vom 06.05.2020 abgelehnt hat (Anlage HRM K 11), der Klägerin entsprechend der mittlerweile aufgehobenen Hinweise des Landgerichts München I zur Handhabung des kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwandes trotz eines globalen Gegenangebots Auskunft über die nur in Deutschland verkauften angegriffenen Ausführungsformen geleistet und beim Amtsgericht Mannheim einen Betrag nur für Deutschland in Höhe von … € hinterlegt hat (Anlage HRM K 12). Denn die Beklagte hat weder auf die beiden neuen Lizenzangebote der Klägerin (laufende Lizenzzahlungen und Pauschallizenz), die diese mit der Ablehnung des Gegenangebots am 06.05.2020 übersandt hat, noch auf das Angebot der Klägerin, die zwischenzeitlich mit Dritten abgeschlossenen Lizenzverträge nach Abschluss einer Geheimhaltungsvereinbarung einsehen zu können, in angemessener Frist reagiert.
140
Erst mit Schreiben vom 26.06.2020, mithin erst acht Monat nachdem die Klägerin die erste Geheimhaltungsvereinbarung übersandt hatte (Schreiben vom 25.10.2019), und über sieben Wochen nachdem die Klägerin erneut darauf hingewiesen hatte, dass die Möglichkeit bestehe - nach Abschluss einer Geheimhaltungsvereinbarung - die mit Dritten abgeschlossene Lizenzverträge einzusehen, hat die Beklagte der Klägerin Änderungswünsche an der Geheimhaltungsvereinbarung übermittelt. Dies entspricht nicht dem verhandlungsfördernden Handeln einer vernünftigen Partei, die am Abschluss eines Lizenzvertrags zu FRANDBedingungen interessiert ist. Vielmehr lässt dieses Verhalten zur Überzeugung der Kammer erneut erkennen, dass die Beklagte versucht, den Verhandlungsprozess in die Länge zu ziehen und selbst nicht aktiv an der Beschleunigung des Prozesses mitwirkt. Dies zeigt sich auch daran, dass bereits vier Tage nach Mitteilung der Änderungswünsche die Parteien in der Lage waren, sich auf eine modifizierte Geheimhaltungsvereinbarung zu einigen, und diese unter dem 03.06.2020/03.07.2020 abzuschließen. Hätte die Beklagte, wie es von einer vernünftigen Vertragspartei zu erwarten gewesen wäre, ihre Änderungswünsche unmittelbar nach der Übersendung der Geheimhaltungsvereinbarung im Oktober 2019 der Klägerin mitgeteilt, hätte die Beklagte bereits deutlich früher die Möglichkeit gehabt, in die von der Klägerin abgeschlossenen Lizenzverträge Einsicht zu nehmen. Dass die Beklagte hingegen nicht an einem zügigen Fortgang der Verhandlungen interessiert war, ergibt sich auch daraus, dass es weitere zwei Wochen und eine Aufforderung der Klägerin bedurfte, bis die Beklagte der Klägerin die für die Einsichtnahme in die Lizenzverträge zu bestimmenden Personen mitteilte.
141
Auch auf die am 06.05.2020 übersandten neuen Lizenzangebote der Klägerin, insbesondere das Angebot auf Abschluss einer pauschalen Lizenz, hat die Beklagte nicht in angemessener Frist reagiert. Denn, wie bereits ausgeführt, hat es aufgrund der schleppenden Verhandlungsführung der Beklagten über zwei Monate gedauert, bis die Klägerin unter dem 15.07.2020 (Anlage HRM K 17) der Beklagten die von ihr mit Dritten abgeschlossenen Lizenzverträge vorlegen konnte. Dennoch benötigte die Beklagte einen weiteren Monat, um am 17.08.2020 zu den Lizenzangeboten der Klägerin vom 05.06.2020 Stellung zu nehmen.
142
Im Hinblick darauf, dass die Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt weder eine eindeutige und unbedingte Lizenzbereitschaftserklärung abgegeben, noch hinreichend am Fortgang der Verhandlungen zwischen den Parteien mitgewirkt hatte, stellt sich eine Zeitspanne von 3 Monaten zur Ablehnung eines weiteren Angebots der Klägerin als nicht mehr angemessen zeitnah dar. Denn hat es eine Seite zunächst an der gebotenen Mitwirkung am Zustandekommen eines Lizenzvertrages zu FRAND-Bedingungen fehlen lassen, kann sie gehalten sein, begangene Versäumnisse so weit wie möglich zu kompensieren (BGH, a.a.O.).
143
Darüber hinaus ist aber auch dem Schreiben der Beklagte vom 17.08.2020 (Anlage WKS KAR 6) nicht zu entnehmen, dass die Beklagte unbedingt lizenzwillig ist, denn sie setzt sich zwar ausführlich mit den von der Klägerin mit Dritte abgeschlossenen Lizenzverträge auseinander und zeigt auf, warum diese Lizenzverträge nicht auf die Beklagte übertragbar seien, jedoch unterließ sie es - wozu sie zur Kompensation ihres vorangegangenen zögerlichen Verhaltens verpflichtet gewesen wäre - konstruktive Vorschläge zum Abschluss eines Lizenzvertrages zu leisten. Vielmehr verwies sie lediglich auf das bereits von ihr unter dem 17.03.2020 unterbreitete Lizenzangebot über eine laufende Lizenzzahlung.
144
Zudem erläuterte die Beklagte erstmalig im Schreiben vom 17.08.2020, aus welchen Gründen die Klauseln zu den zu lizenzierenden Produkten in dem Lizenzangebot der Klägerin vom 25.10.2019 für sie nicht akzeptabel sind. Auch dies zeigt zur Überzeugung der Kammer, dass die Beklagte nicht daran interessiert war, zielgerichtet den Abschluss eines Lizenzvertrages herbeizuführen. Denn es entspricht nach Ansicht der Kammer nicht den üblichen Gepflogenheiten zwischen verhandelnden Parteien, die Gegenpartei über acht Monate darüber im Dunkeln zu lassen, aus welchem Grund einzelne Formulierungen des von der Gegenseite unterbreiteten Vertragsentwurfs korrekturbedürftig seien. Vielmehr sind Änderungswünsche und Kritik an den Lizenzvertragsentwürfen der Gegenseite unverzüglich zu äußern.
145
Soweit die Beklagte der Ansicht ist, sie habe das Lizenzangebot der Klägerin vom 06.05.2020 bereits mit dem als Anlage HRM K 12 vorgelegten undatierten Schreiben zurückgewiesen, folgt die Kammer dieser Ansicht nicht. Das Angebot der Klägerin vom 06.05.2020 ist nicht Gegenstand dieses Schreibens. Vielmehr nimmt die Beklagte Bezug auf ihr eigenes Schreiben vom 17.03.2020 und erteilt Auskunft über die Absatzzahlen der angegriffenen Ausführungsform in Deutschland und erläutert die Höhe der hierfür einbezahlten Sicherheitsleistung. Unabhängig davon kommt es hierauf aber auch nicht an, denn die Beklagte hätte es jedenfalls nicht bei der Zurückweisung des Angebots belassen dürfen, sondern hätte sich zeitnah mit dem Angebot auseinandersetzen und weitere zielgerichtet Schritte auf Abschluss eines Lizenzvertrags unternehmen müssen. Dies hat sie jedoch wiederum unterlassen (vgl. oben).
146
(d) Auch in der Folgezeit hat die Beklagte es zur Überzeugung der Kammer an dem erforderlichen Willen, ein Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen abzuschließen, mangeln lassen.
147
Denn nachdem die Parteien am 14.10.2020 miteinander gesprochen und die Beklagte ihr Interesse am Abschluss einer pauschalen Lizenz geäußert hatte (vgl. Anlage WKS KAR 12, Rn. 4), hat die Beklagte zwar der Klägerin mit E-Mail vom 30.10.2020 erforderliche Informationen zur Geschäftsentwicklung und geographischen Verteilung der Verkäufe der angegriffenen Ausführungsform zukommen lassen (Anlage WKS KAR 9), woraufhin die Klägerin der Beklagten - ihrem Wunsch entsprechend - unter dem 03.11.2020 ein erneutes Angebot über den Abschluss einer pauschalen Lizenz unterbreitet hatte. Aber obwohl dieses Angebot, das auf den von der Beklagten an die Klägerin übermittelten Daten beruhte, deutlich unter dem bisherigen Pauschalangebot der Klägerin lag, lehnte die Beklagte dieses Angebot mit E-Mail des Geschäftsführers der Beklagten vom 11.11.2020 mit der Begründung ab, nunmehr nicht mehr am Abschluss einer pauschalen Lizenz, sondern vielmehr an einer Lizenz mit laufenden Lizenzzahlungen interessiert zu sein (Anlage WKS KAR 9). Auch dieses Verhalten der Beklagten zeigt einmal mehr, dass sie nicht an dem zügigen Abschluss einer Lizenz zu FRAND-Bedingungen interessiert war, sondern vielmehr nur versucht hat, den Abschluss eines Lizenzvertrags zu verzögern, in dem ohne Begründung statt einer pauschalen Lizenz eine Lizenz mit laufenden Lizenzzahlungen begehrt wurde.
148
(3) Alles in allem ist die Kammer daher nicht davon überzeugt, dass die Beklagte vor Erweiterung der Klage um die vorliegend relevanten Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung am 19.02.2021 materiell lizenzwillig war.
149
b) Die Beklagte hat auch nach Klageerweiterung vom 19.02.2021 um die Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung weder rechtzeitig ihre unbedingte und eindeutige Bereitschaft bekundet noch den unbedingten Willen gezeigt, mit der Klägerin einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen abzuschließen.
150
(1) Die Beklagte hat es auch nach Erweiterung der Klage am 19.02.2021 um die vorliegend relevanten Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung unterlassen, rechtzeitig, eindeutig und unbedingt zu erklären, dass sie lizenzwillig und bereit sei, einen Lizenzvertrag mit der Klägerin zu zu „whatever terms are in fact FRAND“ abzuschließen.
151
(a) Soweit Beklagte vorträgt, am 26.03.2021 in der mündlichen Verhandlung zu einer parallelen Streitigkeit zwischen den Parteien vor dem Landgericht Mannheim ein Angebot über eine Einmalzahlung von … USD abgegeben zu haben, führt dies nicht dazu, dass sie dadurch auch ihre Bereitschaft unbedingt und eindeutig erklärt hat, einen Lizenzvertrag zu FRANDBedingungen abzuschließen. Denn vor dem Hintergrund, dass regelmäßig nicht nur ein konkretes Lizenzvertragsangebot FRAND-Bedingungen entspricht, kann dem konkreten Lizenzangebot der Beklagten gerade nicht entnommen werden, dass sie generell bereit ist, einen Lizenzvertrag zu möglicherweise abweichenden FRAND-Bedingungen zu schließen. Darüber hinaus entspricht das Angebot der Beklagten wegen der Wahl einer abweichenden Bezugsgröße nur einem Bruchteil des Angebots der Klägerin. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin ihr Pauschlangebot anhand einer Berechnungsmethode erstellt hat, die bereits Grundlage eine Mehrzahl von abgeschlossenen Lizenzverträgen war, und das Angebot der Beklagten einen deutlich niedrigeren Betrag gegenüber dem von der Klägerin geforderten enthielt, kann die Abgabe des Gegenangebots auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Beklagte generell bereit gewesen ist, einen Lizenzvertrag mit der Klägerin zu zu „whatever terms are in fact FRAND“ abzuschließen.
152
(2) Auch dem Schreiben der Beklagten vom 16.04.2021, mit dem der Geschäftsführer der Beklagten umfangreich darauf hinweist, warum die von der Klägerin angebotenen Lizenzbedingungen für die Beklagte nicht akzeptabel seien, kann die Kammer keine unbedingte Erklärung, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen schließen zu wollen, entnehmen. Denn die Beklagte nimmt wiederum Bezug auf ihre vorangegangenen Schreiben und verdeutlicht erneut, dass sie nur bereit ist, für die aus ihrer Sicht relevanten Patente einen Lizenzvertrag abzuschließen („for the relevant XZ patents“). Im Hinblick darauf, dass die Beklagte mit den vorangegangenen Schreiben jeweils klargestellt hat, dass für sie nur diejenigen Patente der Klägerin relevant sind, die rechtsbeständig, standardessentiell und gerichtlich durchsetzbar sind, gibt die Beklagte damit weiterhin unmissverständlich zum Ausdruck, dass sie weiterhin nur bereit ist, zu den bereits im Schreiben vom 17.03.2020 gemachten Bedingungen einen Lizenzvertrag abzuschließen, und nicht bereit ist, unbedingt über den Abschluss eines Lizenzvertrags zu verhandeln.
153
(3) Soweit die Beklagte - wie der Kammer und den Parteien bekannt ist - zuletzt in der mündlichen Verhandlung des parallelen Rechtsstreits 7 O 15350/19 vom 24.06.2021 vor der erkennenden Kammer erstmalig erklärt hat, dass sie unbedingt zum Abschluss eines Lizenzvertrags zu FRAND-Bedingungen bereit sei, führt dies nicht dazu, dass die Weiterverfolgung der Klage rechtsmissbräuchlich ist. Denn diese Erklärung erfolgte allein aus prozesstaktischen Gründen, wie das Verhalten der Beklagten im Nachgang zur mündlichen Verhandlung im parallelen Rechtsstreit 7 O 15350/19 zeigt. Denn insoweit hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie zwar im Anschluss an die Verurteilung zur Unterlassung im Parallelverfahren ihr Lizenzangebot verdoppelt habe, jedoch hat sie es unterlassen, über die zwischenzeitlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgten Verkäufe Auskunft zu erteilen und die Sicherheitsleistung entsprechend anzupassen. Auch im Übrigen hat die Beklagte nicht vorgetragen, dass sie irgendwie geartete Anstrengungen unternommen habe, um den Abschluss eines Lizenzvertrags mit der Klägerin herbeizuführen.
154
(b) Auch im Übrigen rechtfertigen die Erklärungen und das Verhalten der Beklagten nach Klageerweiterung nicht die Annahme, die Beklagte habe ihren Willen zum Abschluss eines Lizenzvertrags zu FRAND-Bedingungen hinreichend zum Ausdruck gebracht und ihrer Pflicht zur Förderung der Verhandlungen genügt.
155
(1) Soweit die Beklagte im Verfahren vor dem Landgericht Mannheim und auch schriftsätzlich im vorliegenden Verfahren der Klägerin ein Pauschalangebot gemacht hat, genügt dies nicht als Beleg für eine Lizenzwilligkeit der Beklagten. Denn das pauschale Gegenangebot erfolgte erstmals in der mündlichen Verhandlung eines parallelen Rechtsstreits, in dem ebenfalls Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung wegen der Verletzung standardessentieller Patente geltend gemacht wurden, mithin unter dem Druck eines gerichtlichen Verfahrens. Die Kammer wertet diese Verhalten als rein prozesstaktisch und nicht als ernst gemeintes Gegenangebot, denn die von der Beklagten angebotene Pauschallizenzzahlung entspricht wegen der Wahl einer abweichenden Bezugsgröße nur einem Bruchteil des Angebots der Klägerin und dem was die Klägerin von den Wettbewerbern der Beklagten erhält, und betrifft damit einen so deutlich niedrigeren Betrag gegenüber dem von der Klägerin geforderten, dass die Ablehnung dieses Gegenangebots durch die Klägerin - was der Beklagten, aufgrund ihrer Kenntnis von den mit den Wettbewerbern abgeschlossenen Lizenzverträgen, auch bewusst gewesen sein muss - denknotwendig sein musste und auch von der Beklagten nicht als Ausgangspunkt zielgerichteter Verhandlungen angesehen werden konnte.
156
Darüber hinaus hat es die Beklagte nach Ablehnung des Gegenangebots durch die Klägerin unterlassen, die hinterlegte Sicherheit in Höhe von … € an das neue Angebot anzupassen. Auch anhand der von der Beklagten vorgelegten Zahlen ist nicht nachvollziehbar und ersichtlich, dass der hinterlegte Betrag in Höhe von … € für eine Vertragslaufzeit von 11 Jahren angemessen und ausreichend sein könnte.
157
(2) Damit steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Beklagte nicht unbedingt lizenzbereit ist, sondern nur unter dem Druck der gerichtlichen Verfahren aus prozesstaktischen Überlegungen an den Verhandlungen zum Schein mitgewirkt hat, ohne jemals selbst aktiv versucht zu haben, die Verhandlungen voranzutreiben. Mithin kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin der Beklagten den ernsthaft und unbedingt nachgefragten Zugang zu der von dem Klagepatent geschützten Technologie verweigert hat.
158
Die auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung gerichtete Klage ist daher nicht kartellrechtswidrig.
F.
159
Zu einer Aussetzung der Verhandlung im vorliegenden Verletzungsrechtsstreit (§ 148 ZPO) bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die von der Bekl. gegen das Klagepatent erhobene Nichtigkeitsklage besteht keine Veranlassung.
160
I. Gegenstand der Prognoseentscheidung ist der im Verletzungsverfahren geltend gemachte Patentanspruch. Wird im Verletzungsverfahren - wie vorliegend - nicht die eingetragene bzw. ursprüngliche Fassung eines Anspruchs geltend gemacht, sondern eine Kombination von Ansprüchen bzw. eine eingeschränkte Anspruchsfassung, ist mithin nur diese ausschlaggebend für die Prüfung, ob eine Vernichtung wahrscheinlich ist (BGH GRUR 2010, 904 - Maschinensatz; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2021, 69).
161
Für den Patentverletzungsprozess ist anerkannt, dass eine Aussetzung in erster Instanz nur dann gerechtfertigt ist, wenn mit erheblicher Wahrscheinlichkeit von einem Widerruf oder einer Nichtigerklärung des Klagepatents ausgegangen werden kann (BGH GRUR 1987, 284 - Transportfahrzeug; BGH GRUR 2014, 1237 Rn. 4 - Kurznachrichten). Vorliegend gilt ein demgegenüber verschärfter Aussetzungsmaßstab, weil das Bundespatentgericht mit qualifiziertem Hinweis bereits teilweise zu den vorliegend geltend gemachten Entgegenhaltungen Stellung genommen hat und zudem mit einem zusätzlichen rechtlichen Hinweis die Ansprüche 10 und 29 des Klagepatents in der vorliegend als Hauptantrag geltend gemachten Fassung für neu und erfinderisch angesehen hat. Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass ein qualifizierter Hinweis des Bundespatentgerichts gem. § 83 für das Verletzungsgericht nicht bindend ist. Jedoch handelt sich um eine gewichtige fachkundige Stellungnahme desjenigen Spruchkörpers, der unmittelbar mit dem Rechtsbestand des Klagepatents befasst ist und in erster Instanz hierüber zu entscheiden hat. Ist der Hinweis oder Zwischenbescheid nachvollziehbar begründet und enthält er eine „eindeutige“ bzw. „klare“ vorläufige Einschätzung des EPA/BPatG, besteht nur dann Veranlassung davon abzuweichen, wenn das Verletzungsgericht aufgrund eigener (technischer) Sachkunde feststellen kann, dass die vorläufige Einschätzung letztlich keinen Bestand haben wird, weil sie offensichtlich fehlerhaft ist bzw. die Verletzungsbeklagten Fehler aufgezeigt haben, die dem Hinweis/Bescheid den Boden entziehen (OLG Düsseldorf GRUR-RR 2021, 345 - Endoskopievorrichtung; 27.10.2015 - I-2 U 24/25).
162
II. Nach diesen Maßstäben ist das Verfahren nicht auszusetzen.
163
Unter Anlegen dieses Maßstabes ist es der Beklagten nicht gelungen darzulegen, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Gegenstand der Klagepatentansprüche 1 und 10 in der vorliegend geltend gemachten Fassung nicht rechtsbeständig ist. Die von der Beklagten im Rahmen ihres Aussetzungsantrags geltend gemachten Nichtigkeitsargumente greifen nicht durch.
164
1. Durch die Geltendmachung der modifizierten Ansprüche 10 und 29 des Klagepatents wird das Klagepatent weder unzulässig erweitert noch liegt eine Schutzbereichserweiterung vor. Soweit die Beklagte der Ansicht ist, dass in der ursprünglich eingereichten Fassung des Klagepatents Übergangsrahmen nicht offenbart sind, ist dies nicht zutreffend. Denn Anspruch 10 in seiner ursprünglichen Fassung offenbart gerade eine Ersetzung der adaptiven Codebuch-Anregung in einem Übergangsrahmen. Insoweit haben die ursprünglichen Patentansprüche 10 und 29 drei Alternativen umfasst, in denen die adaptive Codebuch-Anregung ersetzt wurde Danach konnte die Ersetzung entweder in dem jeweilige Übergangsrahmen selbst oder mindestens ein auf den Übergang folgender Rahmen oder indem Übergangsrahmen selbst und einem oder mehreren auf den Übergang folgenden Rahmen erfolgen. Durch die Neufassung der Ansprüche 10 und 29 des Klagepatents wurde die Ersetzung auf mindestens einen Rahmen nach einem Übergangsrahmen beschränkt.
165
Soweit die Beklagte nun vorträgt, dass das Klagepatent in seiner ursprünglichen Fassung nur offenbart habe, dass die Ersetzung der adaptiven Codebuch-Anregung in einem Rahmen nach einem Übergang erfolgen solle, nicht hingegen, dass die Ersetzung in einem Rahmen nach einem Übergangsrahmen erfolgen solle, verkennt sie, dass, wie der Fachmann erkennt, die Ersetzung der adaptiven Codebuch-Anregung immer erst nach der Diskretisierung des kontinuierlichen Schallsignals erfolgt. Da, wie sich aus Unteranspruch 2 ergibt, Übergangsrahmen jedenfalls diejenigen Rahmen sind, die einen Übergang in einem Schallsignal aufweisen, wurde durch die Formulierung in dem ursprünglichen Ansprüchen 10 und 29 „in einem Rahmen, der auf einen Übergang in einem Schallsignal folgt“ bereits für den Fachmann offenbart, dass die Ersetzung der adaptiven Code-Buchanregung in einem Rahmen erfolgt, der auf einem Übergangsrahmen folgt. Insoweit liegt weder eine unzulässige Erweiterung vor noch eine Schutzbereichserweiterung.
166
2. Soweit die Beklage sich ursprünglich darauf berufen hat, dass die streitgegenständliche Erfindung nicht neu gegenüber der Entgegenhaltung Da Silva sei, ist sie der Einschätzung des Bundespatentgerichts, diese Entgegenhaltung offenbare nicht eindeutig und unmittelbar eine Übergangsmodus-Codebuch von glottalen Impulsformen, nicht entgegengetreten und hat insbesondere nicht aufgezeigt, dass der qualifizierte Hinweis des Bundespatentgerichts offensichtlich fehlerhaft sei. Die Kammer kann auch nicht aufgrund eigener technischer Sachkunde Prognose treffen, dass die vorläufige Einschätzung des Bundespatentgerichts letztlich keinen Bestand haben wird.
167
3. Gleiches gilt für die Entgegenhaltungen Fujimoto und Bergström. Auch insoweit hat sich die Beklagte zu den Hinweisen des Bundespatentgerichts nicht verhalten und insbesondere nicht aufgezeigt, dass die Einschätzung des Bundespatentgerichts, diese Entgegenhaltungen würden ein Übergangsmodus-Codebuch von glottalen Impulsformen nicht eindeutig und unmittelbar offenbaren, offensichtlich fehlerhaft ist. Die Kammer kann auch nicht aufgrund eigener technischer Sachkunde feststellen, dass die vorläufige Einschätzung des Bundespatentgerichts letztlich keinen Bestand haben wird.
168
4. Soweit die Beklagte der Ansicht ist, Klagepatentansprüche 10 und 29 seien jedenfalls nicht erfinderisch gegenüber der Entgegenhaltung Da Silva, unterlässt es die Beklagte vorzutragen, welchen Hinweis oder Anregung der Fachmann dafür gehabt habe, von dieser Entgegenhaltung zur Lehre des Klagepatents zu gelangen. Eine solche Anregung ist auch nicht zu erkennen. Vielmehr hat der Fachmann - wie das Bundespatentgericht im qualifizierten Hinweis zutreffend ausgeführt hat - keine Veranlassung, vom jeweiligen Gesamtkonzept der verwendeten Codebücher abzuweichen, da diese jeweils eine in sich abgeschlossene Lehre offenbaren, von der ausgehend keine Notwendigkeit zum Modifizieren der entsprechenden Codebücher besteht.
169
Unabhängig davon hat es die Beklagte unterlassen vorzutragen, welche Veranlassung der Fachmann gehabt hätte, gerade die Entgegenhaltung Da Silva als Ausgangspunkt seiner Überlegungen zur Lösung der patentgemäßen Aufgabe auszuwählen.
170
5. Soweit sich die Beklagte im Nichtigkeitsverfahren auf eine gutachterliche Stellungnahme des UK-Patentamts beruft, hat sie sich im vorliegenden Verfahren hierauf weder berufen noch diese vorgelegt.
171
6. Die Kammer übt - unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände des Einzelfalls - ihr eingeräumte Ermessen daher dahingehend aus, das Verfahren nicht auszusetzen.
G.
172
I. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
173
Trotz der Teilabweisung und obwohl die Klägerin die Klage hinsichtlich der begehrten Auskunft, Rechnungslegung und des Schadensersatzfeststellungsantrags für die Zeit zwischen dem 18.09.2019 und 27.09.2019 zurückgenommen hat, waren der Beklagten in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da der Anteil der Klagerücknahme am Gesamtstreitwert nicht sinnvoll bezifferbar ist und von der Kammer jedenfalls als weniger als 10 Prozent betragend geschätzt wird.
174
II. Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und S. 2 ZPO. Die Höhe der Sicherheitsleistung gem. § 709 S. 1 ZPO ergibt sich aus den Angaben der Klägerin, der die Beklagte nicht entgegengetreten ist.