Inhalt

LG Nürnberg-Fürth, Beschluss v. 06.10.2021 – 4 HK O 3308/18
Titel:

Ordnungsmittel nach Verstoß gegen eine Unterlassungsverpflichtung

Normenkette:
ZPO § 890
Leitsatz:
Im Ordnungsmittelverfahren nach einem behaupteten Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung, Bibliotheken mit Zeitschriften zu beliefern, die die Unterlassungsschuldnerin zuvor bei Verlagen zu Lesezirkel-Konditionen erworben hat, die lediglich eine Vermietung als Lesezirkel-Exemplare vorsehen, ohne diese Exemplare nach Erscheinen des Folgehefts wieder abzuholen, es sei denn, diese sind im Einzelfall dort aktuell nicht vorhanden oder ein längeres Belassen in den Bibliotheken wurde der Unterlassungsschuldnerin von den Verlagen ausdrücklich gestattet, trägt die Unterlassungsschuldnerin die Darlegungslast, dass ihr ein längeres Belassen von den Verlagen ausdrücklich gestattet worden ist. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Unterlassungsverpflichtung, Kostenentscheidung, Darlegungslast, Vermietung, Kenntnis, Voraussetzungen, Verpflichtung, Unterlassungsgebot, Formulierung, Vortrag, Einhaltung, Erscheinen, schuldhaft, Ordnungsgeldes, von Amts wegen, Frankfurt Main
Vorinstanz:
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 07.08.2019 – 4 HKO 3308/18
Rechtsmittelinstanz:
OLG Nürnberg, Beschluss vom 17.06.2022 – 3 W 4186/21
Fundstelle:
GRUR-RS 2021, 57465

Tenor

1. Gegen die Vollstreckungsschuldnerin … wird wegen Zuwiderhandlung gegen die ihr in dem Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 07.08.2019, neu gefasst durch das Endurteil des OLG Nürnberg vom 11.5.2021, Az. …, auferlegte Verpflichtung, nämlich es zu unterlassen, … mit Zeitschriftenexemplaren zu beliefern, die sie zuvor bei Verlagen zu Konditionen erworben hat, die lediglich eine Vermietung als … vorsehen, ohne diese Exemplare nach Erscheinen des Folgehefts wieder abzuholen, es sei denn, diese sind im Einzelfall dort aktuell nicht vorhanden oder ein längeres Belassen in den … wurde der Beklagten von den Verlagen ausdrücklich gestattet, ein Ordnungsgeld von 10.000,00 € verhängt, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 500,00 € ein Tag Ordnungshaft verhängt.
2. Die Vollstreckungsschuldnerin … hat die Kosten des Vollstreckungsverfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 10.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1
Der zulässige Antrag ist begründet.
2
Vor Erlass des Beschlusses wurde die Vollstreckungsschuldnerin gemäß § 891 S.2 ZPO gehört.
3
Die Voraussetzungen für die Verhängung eines Ordnungsmittels nach § 890 Abs. 1 und 2 ZPO liegen vor.
4
1. Die Vollstreckungsschuldnerin … wurde gemäß vorläufig vollstreckbarem Endurteil des OLG Nürnberg zu einer Unterlassung verpflichtet.
5
Dieses Urteil wurde der Beklagtenpartei am 11.05.2021 von Amts wegen zugestellt.
6
Der Vollstreckungsgläubiger hat eine vollstreckbare Ausfertigung dieses Endurteils des OLG Nürnberg vorgelegt.
7
Die Vollstreckungsschuldnerin hatte sich ab 11.05.2021 an das Unterlassungsgebot zu halten (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 18.02.2003, Az. 11 W 31/02 OLG Schleswig, VUR 2021, 33).
8
Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor. Eine Vollstreckungsklausel wurde erteilt und der Titel wurde dem Vollstreckungsschuldner zugestellt. Die Vollstreckungsklausel musste nicht zugestellt werden (Saenger, Vorbemerkung zu §§ 704 - 945 ZPO, Rn. 153).
9
2. Die Vollstreckungsschuldnerin … hat dieser Unterlassungsverpflichtung zuwidergehandelt. Die Vollstreckungsschuldnerin ist dem Vortrag des Vollstreckungsgläubigers nicht entgegengetreten, dass sie … mit Zeitschriftenexemplaren beliefert hat, diese zuvor bei Verlagen zu Konditionen erworben hat, die lediglich eine Vermietung als … vorsehen, ohne diese Exemplare nach Erscheinen des Folgehefts wieder abzuholen.
10
Auch aus Anlage G 14 ergibt sich, dass die Vollstreckungsschuldnerin monatlich erscheinende Zeitschriften wie … sowie die alle … Wochen erscheinende Zeitschrift … bei mehreren … nicht abgeholt hat. Dort sind die meisten bisherigen Hefte dieses Jahrgangs, wie in Anlage G14 ersichtlich, noch vorhanden, sodass auch die Einschränkung im Urteil des OLG Nürnberg, „es sei denn, diese sind im Einzelfall dort aktuell nicht vorhanden“ insoweit nicht zutrifft.
11
Die Vollstreckungsschuldnerin hat nicht vorgetragen, dass ihr ein längeres Belassen in den … von den Verlagen ausdrücklich gestattet worden wäre. Insoweit liegt die Darlegungslast nicht beim Vollstreckungsgläubiger, sondern, wie schon aus der Formulierung im Urteil ersichtlich (“es sei denn“) bei der Vollstreckungsschuldnerin; diese hat auch als einzige Kenntnis von eventuellen Gestattungen und der Vollstreckungsgläubiger kann naturgemäß hierzu nicht vortragen.
12
Ohne Erfolg beruft sich die Vollstreckungsschuldnerin auf die als Anlage S1 vorgelegte Mail vom 28.04.2016. Diese betrifft eine Anfrage des Vollstreckungsgläubigers vom 20.04.2016 betreffend den … Die Antwort vom 28.04.2016, der Verleihzyklus liege im Ermessen des …, hat keinen Bezug zum vorliegenden Ordnungsmittelantrag. Die Vollstreckungsschuldnerin trägt nicht vor, dass vorliegend das Vorhandensein der Zeitschriften in den … am 10.08.2021 (Anlage G14) etwas mit dem Verleihzyklus der Verlage (welcher?) zu tun hätte, sodass jeder konkrete Bezug zu den vorliegend gegenständlichen Zeitschriften fehlt.
13
Die Vollstreckungsschuldnerin hat daher ihrer Verpflichtung, die sie ab 11.05.2021 zu beachten hatte und die sie bis 10.08.2021 längst hätte umsetzen müssen und können, schuldhaft zuwidergehandelt.
14
3. Das Gericht hat das beantragte Ordnungsgeld auf 10.000,00 € festgesetzt. Es hat hierbei sowohl die Schwere der fortgesetzten Zuwiderhandlung berücksichtigt als auch dem Umstand Rechnung getragen, dass die Vollstreckungsschuldnerin … durch ein empfindliches Übel zur Einhaltung des gerichtlichen Verbots angehalten wird.
15
Zu Lasten der Vollstreckungsschuldnerin ist zu berücksichtigen, dass die Vollstreckungsschuldnerin sich nicht veranlasst sieht, die Zeitschriften bei den … wieder abzuholen. Es bedarf daher eines fühlbaren Ordnungsgeldes, um die Vollstreckungsschuldnerin zur Einhaltung der gerichtlichen Entscheidung anzuhalten.
16
Die Ordnungshaft hat ihre Rechtsgrundlage in § 890 I 1 ZPO.
17
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 891 S. 3, 91 ZPO.
18
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 3 ZPO.