Titel:
Transport gefälschter Waren
Normenketten:
MarkenG aF § 107, § 143a Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, Abs. 2
StGB § 25 Abs. 2, § 52, § 56
StPO § 154a Abs. 2
EMRK Art. 6 Abs. 1
Leitsätze:
1. Der Transport gefälschter Waren ist eine gewerbsmäßige strafbare Verletzung einer Gemeinschaftsmarke. (Rn. 32 und 33) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Strafzumessung fällt die große Anzahl an gefälschten Waren und die Vielzahl von unterschiedlichen markengefälschten Parfüms ins Gewicht. (Rn. 76) (redaktioneller Leitsatz)
3. Wurde der Angeklagte erst 6 Jahre nach Eröffnung der Ermittlungen gegen ihn verurteilt und hat sich das auf die Dauer der Untersuchungshaft ausgewirkt, ist wegen der besonderen Belastung ein Monat der Gesamtfreiheitsstrafe als vollstreckt anzusehen. (Rn. 83) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Coronavirus, SARS-CoV-2, Wortmarke, Hauptverhandlung, Marke, Gesamtfreiheitsstrafe, Gemeinschaftsmarke, Angeklagte, Patent, Freiheitsstrafe, Haftbefehl, Umsatzsteuer, Umverpackung, Gesamtgeldstrafe, Untersuchungshaft, Bildmarke, Ergebnis der Beweisaufnahme, lange Verfahrensdauer, erlittene Untersuchungshaft
Fundstelle:
GRUR-RS 2021, 56002
Tenor
I. Der Angeklagte ist schuldig der gewerbsmäßigen strafbaren Verletzung der Gemeinschaftsmarke in Tateinheit mit gewerbsmäßiger strafbarer Kennzeichenverletzung.
II. Der Angeklagte wird deswegen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts M. vom 10.09.2020, Az. […], und Auflösung der dort gebildeten Gesamtgeldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 10 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.
III. Ein Monat der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe gilt zur Entschädigung einer rechts-staatswidrigen Verfahrensverzögerung als vollstreckt.
IV. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
§ 143a Abs. 1 Nrn. 1 und 2, Abs. 2 MarkenG a. F., gültig vom 28.12.2010 bis 13.01.2019, § 143 Abs. 2 MarkenG a. F., gültig vom 17.10.2013 bis 30.06.2017, § 143 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, Abs. 2 a. F., gültig vom 17.10.2013 bis 30.06.2017, § 107 MarkenG a. F., gültig vom 01.10.2009 bis 13.01.2019, §§ 25 Abs. 2, 52, 56 StGB
Entscheidungsgründe
1
Vom 08.02.2018 bis 05.12.2018 fand betreffend den Angeklagten bereits eine Hauptverhandlung mit den damals Mitangeklagten C., S. und B. unter dem Az. 7 KLs 506 Js […]/17 statt. Damals geführte Verständigungsgespräche betreffend den Angeklagten U. verliefen erfolglos. In der Hauptverhandlung am 05.12.2018 wurde das Verfahren gegen den Angeklagten U. abgetrennt, unter dem Az. 7 KLs 144945/18 fortgeführt und mit Beschluss vom 27.12.2018 wegen vorübergehender Verhandlungsunfähigkeit eingestellt. Mit Beschluss vom 12.12.2019 wurde das Verfahren wieder aufgenommen. Am 17.03.2020 fand ein Verständigungsgespräch statt, welches im Rahmen der Hauptverhandlung am 09.07.2020 fortgesetzt wurde. Eine Verständigung kam jedoch nicht zustande.
2
Nach Aussetzung des Hauptverfahrens und erneutem Beginn der Hauptverhandlung am 13.07.2021 kam es im Rahmen der Hauptverhandlung am 15.07.2021 erneut zu Gesprächen, die nun zu einer Verständigung führten. Dem Angeklagten wurde bei einer Beschränkung auf Fall 18 der Anklage mit einer weiteren Beschränkung auf den Komplex „Parfum“ und unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts M., Az. […], vom 10.09.2020, im Falle eines substantiellen Geständnisses eine Gesamtfreiheitsstrafe in Aussicht gestellt, die 2 Jahre nicht überschreitet und 1 Jahr 9 Monate nicht unterschreitet, und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.
3
Die übrigen Taten wurden nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt und die Verfolgung gem. § 154a Abs. 2 StPO auf den Vorwurf der gewerbsmäßigen strafbaren Kennzeichenverletzung und/oder der gewerbsmäßigen strafbaren Verletzung der Gemeinschaftsmarke beschränkt, und zwar vom Sachverhalt her insoweit, als die Parfums von Produkt und Anzahl her 2.000 Flakons überschreiten.
4
Von einer Einziehung wurde gemäß § 421 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 StPO abgesehen.
B. Persönliche Verhältnisse
I. Allgemeine berufliche und familiäre Entwicklung …
5
Der Angeklagte wurde am 22.07.2015 auf Grund Haftbefehls des Amtsgerichts A. vom 08.07.2015 vorläufig festgenommen. Mit Beschluss vom 03.09.2015 wurde der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt und der Angeklagte am selben Tag aus der Haft entlassen. Dieser Beschluss wurde mit Beschlüssen vom 27.11.2015, 09.02.2018 und 17.12.2019 abgeändert.
III. Eintragungen im Bundeszentralregister
6
Der Bundeszentralregisterauszug vom 23.04.2021 enthält 8 Eintragungen:
24.03.2020 Amtsgericht M., […] Rechtskräftig seit 18.09.2020 Tatbezeichnung: Steuerhinterziehung in 4 Fällen Datum der letzten Tat: 05.01.2015 Angewandte Vorschriften: §§ 53, 25 Abs. 2 StGB, §§ 370 Abs. 1 Nr. 1, 369 Abs. 1 Nr. 1 AO
280 Tagessätze zu je 20,00 Euro Geldstrafe
Zu Nr. 6 des Bundeszentralregisterauszugs:
7
Das Amtsgericht M. erließ am 24.03.2020 einen Strafbefehl, dem folgender Sachverhalt zu Grunde lag:
8
Das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung in Düsseldorf beschuldigt Sie, in den Jahren 2014 und 2015 durch fünf selbständige Handlungen gemeinschaftlich handelnd mit der gesondert Verfolgten K. B. als faktischer Geschäftsführer der S. den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht zu haben und dadurch Steuern zu Gunsten der S. verkürzt zu haben.
9
Ihnen wird folgendes zur Last gelegt:
Nach Feststellung der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Düsseldorf waren Sie in den Jahren 2014 und 2015 tatsächlich verantwortlich Handelnder der S. (seinerzeit ansässig in […]). Die im Handelsregister beim AG Krefeld (HRB […]) eingetragene Geschäftsführerin - die Zeugin B. - war lediglich als „Strohfrau“ anzusehen, welche keinen Einfluss auf die Geschicke der Firma hatte. Die Unternehmenspolitik der S. wurde von Ihnen bestimmt.
10
In 2014 und 2015 wurden im Rahmen der Voranmeldungen zur Umsatzsteuer keine oder nur geringfügige Umsätze erklärt.
11
Die Lieferungen von Getränkedosen des Coca-Cola-Konzerns an die Firmen […] und […] in Belgien und […] in Polen wurden als umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen behandelt.
12
Jedoch täuschten Sie einen fingierten/unrichtigen Lebenssachverhalt vor.
13
Tatsächlich handelt es sich bei den o. g. Firmen lediglich um vorgeschobene Abnehmer, die Handelsgüter gelangten gegenständlich nie den zu den vermeintlichen Empfängern, vielmehr wurden lediglich inländische Ziele wie Köln-Großmarkt angefahren.
14
Damit war die Voraussetzung für die Steuerfreiheit der Warenlieferungen zu verneinen.
15
Im Einzelnen berechnen sich die Verkürzungsbeträge wie folgt:
Juli 2014
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Voranmeldung
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Lt. Prüfung
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Abgabe
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02.10.2014
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Umsatz 19%
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0,00 €
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76.770,17 €
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Umsatzsteuer
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0,00 €
|
14.586,33 €
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Vorsteuer
|
0,00 €
|
905,51 €
|
Zahllast
|
0,00 €
|
13.680,82 €
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September 2014
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Voranmeldung
|
Lt. Prüfung
|
Abgabe
|
06.11.2014
|
|
Umsatz 19%
|
0,00 €
|
224.722,54 €
|
Umsatzsteuer
|
0,00 €
|
42.697,28 €
|
Vorsteuer
|
0,00 €
|
1.393,05 €
|
Zahllast
|
0,00 €
|
41.304,23 €
|
Oktober 2014
|
Voranmeldung
|
Lt. Prüfung
|
Abgabe
|
06.11.2014
|
|
Umsatz 19%
|
0,00 €
|
225.672,27 €
|
Umsatzsteuer
|
O,00 €
|
42.877,73 €
|
Vorsteuer
|
0,00 €
|
2.730,52 €
|
Zahllast
|
0,00 €
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40.147,21 €
|
Dezember 2014
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Voranmeldung
|
|
Lt. Prüfung
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Abgabe
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05.01.2015
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Umsatz 19%
|
|
0,00 €
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5.262,27 €
|
Umsatzsteuer
|
|
0,00 €
|
999,89 €
|
Umsatzsteuer § 14c UStG
|
|
|
12.287,72 €
|
Vorsteuer
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|
0,00 €
|
323,99 €
|
Zahllast
|
|
0,00 €
|
12.936,62 €
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I. Quartal 2015
|
Voranmeldung
|
|
Lt. Prüfung
|
Abgabe
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12.06.2015
|
|
|
Umsatz 19%
|
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16.428,00 €
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37.239,51 €
|
Umsatzsteuer
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3.121,32 €
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7.75,51 €
|
Umsatzsteuer § 14c UStG
|
|
|
4.451,00 €
|
Innergemeinschaftliche Lieferungen
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|
4.451,00
|
4.451,00 €
|
Vorsteuer
|
|
3.170,89 €
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1.849,66 €
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Zahllast
|
|
- 49,57 €
|
16.765,39 €
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16
Damit ergeben sich folgende Verkürzungen:
Juli
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2014
|
13.680,82 €
|
September
|
2014
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41.304,23 €
|
Oktober
|
2014
|
40.147,21 €
|
Dezember
|
2014
|
12.963,62 €
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I. Quartal
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2015
|
16.814,96 €
|
17
Mit Urteil des Amtsgerichts M. vom 10.09.2020, rechtskräftig seit 18.09.2020, wurde der Angeklagte wie folgt verurteilt:
1. Der Angeklagte ist nach dem Strafbefehl des Amtsgerichts M. in dieser Sache vom 24.03.2020, soweit das Verfahren nicht eingestellt ist, der Steuerhinterziehung in vier Fällen schuldig.
2. Der Angeklagte wird zu einer Gesamtgeldstrafe von 280 Tagessätzen verurteilt.
18
Folgenden Sachverhalt stellte das Amtsgericht M. fest:
19
Der festgestellte Sachverhalt und das angewendete Strafgesetz ergeben sich aus dem Strafbefehl vom 24.03.2020, auf den Bezug genommen wird und in den Feststellungen und den angewandten Rechtsnormen für das Gericht bindend ist, nachdem der Angeklagte seinen Einspruch in der Hauptverhandlung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen beschränkt hat. Angewendet wurden die im Urteilstenor aufgeführten Bestimmungen.
20
Bezüglich des Anklagevorwurfs betreffend die Hinterziehung der Umsatzsteuer für das erste Quartal 2015 ist das Verfahren in der Hauptverhandlung gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden; dies ist insoweit nicht mehr Gegenstand des Verfahren.
21
Zur Strafzumessung führte das Amtsgericht M. Folgendes aus:
22
Straferschwerend wurde demgegenüber berücksichtigt, dass der Angeklagte als Hintermann der Tat anzusehen ist, der die formelle Geschäftsführerin B. vorschob, um seine auf unberechtigten Nichtanfall der Umsatzsteuer gerichteten Betrieb zu verschleiern. Dies zeigt eine nicht unerhebliche kriminelle Energie. Zudem ist der Angeklagten vor der hier verfahrensgegenständlichen Tätigkeit für die S. bereits mehrfach wegen Wirtschaftsstraftaten in Erscheinung getreten.
23
Im Ergebnis kann maßgeblich aufgrund des Geständnisses hier noch auf die Taten tat- und schuldangemessen mit Geldstrafen reagiert werden.
24
Auf folgende Einzelstrafen wurde erkannt:
60 Tagessätze zu je 20,00 EUR für die Tat betreffend die Umsatzsteuervoranmeldung vom 02.10.2014 für Juli 2014
150 Tagessätze zu je 20,00 EUR für die Tat betreffend die Umsatzsteuervoranmeldung vom 06.11.2014 für September 2014
60 Tagessätze zu je 20,00 EUR für die Tat betreffend die Umsatzsteuervoranmeldung vom 06.11.2014 für Oktober 2014
75 Tagessätze zu je 20,00 EUR für die Tat betreffend die Umsatzsteuervoranmeldung vom 05.01.2015 für Dezember 2014
25
Im Ergebnis verhängt das Gericht eine Gesamtgeldstrafe von 280 Tagessätzen zu je 20,- EUR gegen den Angeklagten.
26
Die Höhe des Tagessatzes ergibt sich aus den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten unter Berücksichtigung seiner Unterhaltspflicht.
27
Das Urteil ist noch nicht vollständig vollstreckt.
C. Festgestellter Sachverhalt
28
Der Angeklagte U. transportierte im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit M. C. und S. K. 16 Paletten mit zumindest 38.819 Parfumflakons mit einer Größe von 20 ml samt Umverpackung von Polen nach Deutschland. Der Lkw wurde am 08.05.2015 in Polen beladen und erreichte am 09.05.2015 ein Kundendienstgelände in Krefeld.
29
Bei mindestens 38.819 Parfums handelte es sich um Markenfälschungen. Der Angeklagte nahm zumindest billigend in Kauf, dass es sich bei diesen um gefälschte Parfums handelte, die zum Weiterverkauf bestimmt waren, der geschäftliche Verkehr nicht vom Willen des Markenrechtsinhabers gedeckt war und die Wertschätzung der Marke beim Verkauf ausgenutzt werden sollte. Es kam dem Angeklagten darauf an, sich unter anderem durch Parfum-Transporte eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen.
30
Auftraggeber des Transports war M. C.. Durchgeführt wurde der Transport vom Angeklagten und von S. K.
31
M. C. verkaufte 11 der vorstehend genannten 16 Paletten mit mindestens 71.670 Parfums für 50 Cent pro Parfum an B. D. weiter.
32
Im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit A.A., M. C. und B. D. transportierte der Angeklagte die genannten 11 Paletten am 07.07.2015 Richtung Niederlande, wo er sich in Breda/Niederlande mit B. D. treffen wollte, der - wie der Angeklagte wusste - die Parfums in den Niederlanden verkaufen wollte. Der Angeklagte wurde jedoch als Fahrer eines LKW noch in Deutschland auf der BAB 61 in Fahrtrichtung Venlo, Ausfahrt Nettetal, gegen 03:05 Uhr, einer Kontrolle des Zolls unterzogen. Hierbei wurden sämtliche 11 Paletten mit Parfum sichergestellt, wobei mindestens 38.819 Parfums markengefälscht waren.
33
Der Angeklagte wusste inzwischen, dass es sich bei diesen um Fälschungen handelte, der geschäftliche Verkehr nicht vom Willen des Markenrechtsinhabers gedeckt war und die Wertschätzung der Marke beim Verkauf ausgenutzt werden sollte.
34
Der Angeklagte erhielt von M. C. für den Transport von Polen nach Krefeld 2.500 Euro. Für den Transport in die Niederlande hätte er bei Anlieferung der Parfums von B. D. entlohnt werden sollen. Hierzu kam es jedoch auf Grund des Zugriffs durch den Zoll nicht.
35
Bei den 38.819 Parfums handelt es sich um solche folgender Marken, die wie nachfolgend dargelegt jeweils als Parfümeriewaren Markenschutz genießen:
1) Marke K.: Die Wortmarke „K.“ war als Gemeinschaftsmarke, Nr. #, vom 20.02.2001 bis jedenfalls 12.12.2017 geschützt.
36
Auf der Umverpackung befindet sich sowohl vorne als auch hinten der Aufdruck „K.“ in Fettdruck sowie jeweils die Worte „K.J.“, wobei hierbei „K.“ durch einen dickeren Druck hervorgehoben ist. Auf dem Flakon ist wiederum der Name „K.“ aufgedruckt und darunter in etwas größeren Buchstaben der Name „J.“. Die verwendeten Worte „K.“ entsprechen der geschützten Wortmarke.
2) Marke D.: Die Wortmarke „D.“ war als Gemeinschaftsmarke, Nr. #, vom 16.10.1998 bis jedenfalls 29.07.2016 geschützt.
a) 2.291 Parfums „D. F.“:
37
Auf der Umverpackung befindet sich oben in der Mitte das Wort „F.“. Darunter ist ein Flakon abgebildet, der im oberen Bereich das Wort „F.“ und im unteren Bereich das Wort „D.“ enthält. Auf dem Flakon ist oben zunächst in kleineren Buchstaben der Namen „F.“ enthalten, und darunter in größerem Aufdruck der Name „D.“. Die verwendeten Worte „D.“ entsprechen der geschützten Wortmarke.
b) 2.492 Parfums „D. j´a.“:
38
Auf der Vorderseite der Umverpackung befindet sich im oberen Bereich innerhalb einer ovalen Grafik das Wort „Christian“ und darunter das Wort „D.“. Außerhalb des Ovals ist das Wort „j´a.“ aufgedruckt, wobei die Buchstaben „d“ und „r“ leicht nach oben versetzt sind. Im unteren Bereich ist das Wort „D.“ in deutlich größerem Druck als oben im Oval angebracht. Unten auf der Rückseite der Umverpackung befindet sich der Aufdruck „Parfums C. D.“. Auf dem Flakon befindet sich in derselben Schreibweise wie auf der Umverpackung der Name „j`a.“. Etwas unterhalb davon ist „C. D.“ aufgedruckt. Die verwendeten Worte „D.“ entsprechen der geschützten Wortmarke.
3) Marke I. M.: Die Bildmarke „I. M.“ war als Gemeinschaftsmarke, Nr. #, vom 18.11.1998 bis jedenfalls 01.04.2016 geschützt.
2.112 Parfums „I. M. L´eau d´I.“:
39
Auf der Vorseite der Umverpackung befinden sich im oberen Bereich die Worte „I. M.“. Etwas weiter darunter sind die Worte „L`EAU“ und in darunter „D`I.“ aufgedruckt. Auf dem Flakon befinden sich ebenfalls die Worte „I. M.“. Die Worte „I. M.“ entsprechen im Aussehen der geschützten Bildmarke.
40
Die Wortmarke „G. A.“ war als Gemeinschaftsmarke, Nr. #, vom 08.03.1999 bis jedenfalls 01.04.2017 geschützt.
a) 2.053 Parfums „G. A. A. di G.“:
41
Auf der Umverpackung sind auf der Rückseite unten die Worte „G. A.“ aufgedruckt, und auf der Vorderseite im oberen Bereich zunächst die Worte „A. DI“ und darunter das Wort „G.“ mit größerem Druckbild. Darunter befinden sich in kleinerem Druckbild die Worte „G. A.“. Ein entsprechender Aufdruck befindet sich auch auf dem Flakon. Die Worte „G. A.“ entsprechen der geschützten Wortmarke.
b) 2.629 Parfums „G. A. C.“:
42
Auf der Vorderseite der Umverpackung ist im oberen Bereich das Wort „A.“ und darunter, leicht nach links versetzt, das Wort „code“ aufgedruckt. Im unteren Bereich befinden sich die Worte „G. A.“, die der geschützten Wortmarke entsprechen. Ein entsprechender Aufdruck befindet sich auch auf dem Flakon.
„L.“ ist als Wortmarke unter der Nummer # seit 12.11.1951 bis jedenfalls 12.11.2021 nach dem Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken eine auch in Deutschland geschützte Marke. Weiterhin ist „T.“ als Wortmarke unter der Nummer # seit 05.06.1965 bis jedenfalls 05.06.2025 nach dem Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken eine auch in Deutschland geschützte Marke.
43
Auf der Umverpackung befindet sich im oberen Bereich in einer Schreibschrift das Wort „T.“, im unteren Bereich das Wort „L.“. Auf dem Flakon befindet sich die Aufschrift „L.“ und darunter das Wort „T.“, wiederum in einer Schreibschrift. Die benutzten Worte entsprechen den geschützten Marken.
44
Die Wortmarke „G.“ ist als Gemeinschaftsmarke, Nr. #, vom 08.03.1999 bis jedenfalls 01.04.2026 (inzwischen Unionsmarke) geschützt.
45
Auf der Rückseite der Umverpackung ist im oberen Bereich das Wort „G.“ aufgedruckt. Auf der Vorderseite der Umverpackung befindet sich am Ende des oberen Drittels das Wort „G.“, darunter das Wort „E.“ und wiederum darunter das Wort „m.“. Auf dem Flakon befinden sich entsprechende Aufdrucke. Das Wort „G.“ entspricht jeweils der geschützten Wortmarke.
46
Die Wortmarke „D.“ ist als Gemeinschaftsmarke, Nr. #, vom 15.02.1999 bis jedenfalls 10.09.2026 (inzwischen Unionsmarke) geschützt.
a) 2.454 Parfums D. p. H.:
47
Auf der Umverpackung sind etwas oberhalb der Mitte die Worte „D.“ aufgedruckt. Darunter stehen in kleinerem Druck die Worte „P. H.“. Die Worte „D.“ entsprechen der geschützten Wortmarke. Ein entsprechender Aufdruck befindet sich auch auf dem Flakon.
b) 2.359 Parfums D. l. b.:
48
Neben der bereits erwähnten Wortmarke „D.“ ist der Schriftzug „D.“ mit zentriert darunter befindlicher Aufschrift in Schreibschrift und Kleinbuchstaben „l. b.“ als Bild-Gemeinschaftsmarke (inzwischen Unionsmarke), Nr. 2253243, seit 18.10.2002 bis jedenfalls 07.06.2031 geschützt. Im oberen Bereich der Umverpackung befindet sich genau solch ein Aufdruck, ebenfalls auf dem Flakon.
49
Die Wortmarke „C.“ ist unter der Nummer # seit 11.08.1966 bis jedenfalls 11.08.2026 eine nach dem Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken auch in Deutschland geschützte Marke.
a) 2.175 Parfums C. A. H. S.:
50
Neben der Marke „C.“ ist zudem die Wortmarke „A.“ unter der Nummer # seit 11.12.1987 bis jedenfalls 11.12.2027 eine nach dem Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken auch in Deutschland geschützte Marke.
51
Auf der Vorderseite der Umverpackung ist zunächst im oberen Drittel das Wort „A.“ aufgedruckt, darunter in kleineren Buchstaben das Wort „H.“ und wiederum darunter das Wort „S.“. Im unteren Bereich ist in Fettdruck das Wort „C.“ angebracht. Auf der Rückseite der Umverpackung befinden sich im unteren Bereich zweimal die Worte „C.“ und einmal das Wort „A.“. Der Aufdruck auf dem Flakon entspricht dem auf der Vorderseite der Umverpackung. Die Worte „C.“ und „A.“ entsprechen den geschützten Marken.
52
Auf der Vorderseite der Umverpackung befindet sich im oberen Drittel der Aufdruck „A.“ und darunter in Fettdruck das Wort „C.“. Auf dem Flakon ist „C.“ und darunter in etwas größeren Buchstaben das Wort „A.“ angebracht. Die Worte „C.“ und „A.“ entsprechen den geschützten Marken.
53
Neben der Marke „C.“ ist des Weiteren die Wortmarke „C.“ unter der Nummer # seit 30.10.1958 bis jedenfalls 31.08.2018 als Wortmarke beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen.
54
Auf der Vorderseite der Umverpackung befindet sich im oberen Bereich das Wort „C.“ und darunter das Wort „C.“. In der Mitte des Flakons ist ein runder Parfumflakon abgebildet, den eine junge Frau am Verschluss umklammert. In der Mitte des abgebildeten Flakons sind nochmals die Worte „C.“ und „C.“ in derselben Weise aufgedruckt. Auf dem Flakon sind wiederum die Worte „C.“ und „C.“ in derselben Weise aufgedruckt. Die Worte „C.“ und „C.“ entsprechen den geschützten Marken.
d) 2.029 Parfums C. C. N.:
55
Neben der Marke „C.“ ist zudem die Wort-Bild-Marke „N.“ unter der Nummer seit 30.04.1996 bis jedenfalls 30.06.2025 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen.
56
Auf der Umverpackung ist zunächst im oberen Bereich das Wort „C.“ aufgedruckt, dann in der Mitte eine Dame mit Abendkleid mit einer großen „5“ im Hintergrund und darunter in großem Schriftbild „N.“. Auf dem Flakon ist „N.“ und darunter in etwas kleineren Buchstaben „C.“ angebracht. Das Wort „C.“ und der Aufdruck „N.“ entsprechen den geschützten Marken.
e) 3.247 Parfums C. C. Mademoiselle:
57
Neben der Marke „C.“ ist zudem die Wortmarke „C. M.“ unter der Nummer # seit 08.10.2013 bis jedenfalls 08.10.2023 eine nach dem Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken auch in Deutschland geschützte Marke.
58
Auf der Vorderseite der Umverpackung ist zunächst im oberen Bereich das Wort „C.“ angebracht. Darunter befindet sich ein rechteckiges Bild, das eine junge Frau zeigt. Hier ist links oben nochmals das Wort „C.“ aufgedruckt und links unten ein Parfumflakon, neben dem auf der linken Seite das Wort „C.“ und darunter das Wort „M.“ angebracht ist. Im unteren Bereich, außerhalb des rechteckigen Bildes, ist nochmals in großen Buchstaben das Wort „C.“ und darunter in etwas kleineren Buchstaben das Wort „M.“ zu sehen. In derselben Weise ist auf dem Flakon zunächst das Wort „C.“, dann darunter das Wort „M.“ angebracht, etwas weiter unten noch das Wort „C.“. Die Worte „C.“ und „C. M.“ entsprechen den geschützten Marken.
D. Einlassung und Beweiswürdigung
I. Zu den persönlichen Verhältnissen
59
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen beruhen auf den glaubhaften Angaben des Angeklagten in der Hauptverhandlung, auf dem in der Hauptverhandlung verlesenen Bundeszentralregisterauszug vom 23.04.2021, den der Angeklagte als richtig anerkannte, den verlesenen ärztlichen Attesten vom 05.05. und 18.06.2021, dem auszugsweise verlesenen Strafbefehl des Amtsgerichts M. vom 24.03.2020 und dem auszugsweise verlesenen Urteil des Amtsgerichts M. vom 10.09.2020.
II. Zum festgestellten Sachverhalt
60
Auf Grund des Ergebnisses der Hauptverhandlung ist die Kammer davon überzeugt, dass sich der unter C. festgestellte Sachverhalt tatsächlich so zugetragen hat.
1. Einlassung des Angeklagten
61
Der Angeklagte ließ sich glaubhaft geständig ein. Er gab zunächst eine Erklärung durch seinen Verteidiger ab, die er sich zu eigen gemacht hat, hat aber auch auf Nachfragen des Gerichts geantwortet.
62
Er gab an, dass er sich in wirtschaftlich schwieriger Lage befunden und über S. K. Kontakt zu M. C. bekommen habe, der sich über A.A. verfestigt habe. Von M. C. habe er sich Transportaufträge erhofft. Auf Vorhalt einer Vernehmung durch die Zollfahndung räumte er ein, dass S. K. und er den Transport von Polen zu einem M.-Kundendienstparkplatz in Krefeld durchgeführt hätten. Er habe auch den Verdacht gehabt, dass es sich bei den Parfums um Fälschungen handeln könne, habe sich jedoch darauf eingelassen, um Geld von M. C. zu erhalten. Er hätte ansonsten auch nicht die Rückfahrt von Polen finanzieren können. Für den Transport habe ihm M. C. 2.500 Euro bezahlt. Bei der Fahrt, bei welcher er in Nettetal kontrolliert worden sei, sei S. K. nicht dabei gewesen. Er habe die Fahrt eigentlich nicht durchführen wollen, da er kurze Zeit vorher mit A.A. zusammen Parfums transportiert habe, und bei Braunschweig kontrolliert worden sei. Aber M. C. und B. D. hätten ihn zu dieser Fahrt gedrängt. Er habe gewusst, dass er sich um Fälschungen gehandelt habe. Er habe B. D. auch gesagt, dass er Angst vor dem Transport habe. M. C. habe das Parfum an B. D. verkauft, der es wiederum in den Niederlanden habe verkaufen wollen. M. C. habe gesagt, dass er auf ihn schießen würde, wenn er nicht fahren würde. Denn er habe einmal Ware in Hannover hinterlassen und müsse nun diese Ware abliefern. Er habe in der Nähe von B. an einer Tankstelle halten sollen, wo ihn B. D. hätte empfangen sollen. Dort hätte er von diesem auch Geld für den Transport erhalten sollen. A.A. habe den Schlüssel für den Auflieger gehabt, der in Krefeld abgestellt worden sei. Dieser habe auch für C. Kunden aufgesucht.
63
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer davon überzeugt, dass das Geständnis des Angeklagten der Wahrheit entspricht und er die Tat so wie unter C. festgestellt begangen hat.
64
Durch den in der Hauptverhandlung als Zeuge vernommenen Zollfahnder F. konnte das Geständnis des Angeklagten verifiziert und die Feststellungen - soweit der Angeklagte hierzu keine genauen Angaben machen konnte - ergänzt werden.
65
Er konnte insbesondere die Tatzeiten - wie im Sachverhalt festgestellt - nennen, die man bezüglich der Fahrt von Polen nach K. anhand der Telekommunikationsüberwachung genau feststellen habe können. Hieraus habe sich auch ergeben, dass S. K. bei der Rückfahrt am Steuer gesessen sei. M. C. und A. A. hätten auch von dem Transport der 16 Paletten Parfum in Beschuldigtenvernehmungen berichtet. Aus Beschuldigtenvernehmungen des M. C. und A.A. habe man nachvollziehen können, dass M. C. das Parfum für 50 Cent pro Stück an B. D. weiterverkauft habe, der Abnehmer in den Niederlanden gesucht habe. A.A. sei das „Sprachrohr“ von M. C. gewesen. Er sei nach seinen Angaben auch in eine Probenübergabe an vermeintliche Interessenten vor der Fahrt in die Niederlande eingebunden gewesen. Auch das Datum des Aufgriffs in N. am 07.07.2015 und die Anzahl der transportierten Parfums konnte der Zeuge F. benennen. Die Gesamtzahl der Parfums war auch dem im Selbstleseverfahren eingeführten Sicherstellungsverzeichnis zu entnehmen.
66
Der Zeuge F. berichtete des Weiteren, dass der Angeklagte und A.A. bereits am 24.06.2015 vom Zoll H. bei H. in Fahrtrichtung Westen mit 15 Paletten gefälschtem Parfum kontrolliert worden seien.
67
Bezüglich der in N. sichergestellten Parfums habe er seitens des Gerichts den Auftrag erhalten, sich nochmals bei den Rechteinhabern zu erkundigen, ob es sich um Fälschungen handle bzw. welche Marken jeweils geschützt seien, und zwar nur betreffend der Parfummarken, bei denen mehr als 2.000 Stück sichergestellt worden seien. Er habe die anwaltlichen Vertreter der Rechteinhaber angeschrieben und ihnen Lichtbilder von den Flakons und Umverpackungen zugesandt. Sämtliche hätten geantwortet, dass es sich um Fälschungen handle, insbesondere gäbe es bei den angefragten Marken K., D., G. A., L., I. M. und C. keine 20 ml-Flakons. Sie hätten auch jeweils mitgeteilt, welche Marke in welcher Art geschützt sei.
68
An der Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen F. hatte die Kammer keine Zweifel. Er ist von Berufs wegen mit der Materie befasst und berichtete ruhig, sachlich und ohne jeglichen Belastungseifer.
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In der Hauptverhandlung wurden Lichtbilder in Augenschein genommen, die von jeder Marke jeweils ein Flakon samt Umverpackung darstellten. Zudem wurden die darauf angebrachten Worte auszugsweise verlesen. Ebenso in Augenschein genommen und auszugsweise verlesen wurden die verschiedenen Markeneintragungen, die vom Zeugen F. teilweise erläutert wurden. Hieraus konnten die im Sachverhalt dargelegten Feststellungen zu den einzelnen Parfummarken entnommen werden.
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Der Angeklagte hat sich wie im Tenor bezeichnet schuldig gemacht.
I. Strafzumessung im Einzelnen
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Der Strafrahmen war § 143 Abs. 2 MarkenG a. F., gültig vom 28.12.2010 bis 13.01.2019, zu entnehmen.
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Zugunsten des Angeklagten wertete die Kammer, dass er vollumfänglich geständig war und sich für seine Tat entschuldigt hat.
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Weiterhin wirkte sich die lange Verfahrensdauer strafmildernd aus und die Tatsache, dass die Straftat sehr lange Zeit zurückliegt.
74
Für den Angeklagten sprach des Weiteren, dass er sich in Untersuchungshaft befand, und gesundheitlich deutlich gezeichnet ist.
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Weiterhin konnte strafmildernd berücksichtigt werden, dass er nicht der Hauptprofiteur der Tat war, durch die Verfahrensabsprache eine langwierige Beweisaufnahme vermieden werden konnte und er sich mit der formlosen Einziehung des Parfüms einverstanden erklärt hat.
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Zu seinen Lasten fiel jedoch die große Anzahl an gefälschten Parfüms ins Gewicht und, dass es sich um eine Vielzahl von unterschiedlichen markengefälschten Parfüms handelte.
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Zuungunsten wertete die Kammer zudem, dass der Angeklagte bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und die Tat unmittelbar nach Erlass der Bewährungsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Freiburg begangen hat.
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Nach Gesamtabwägung dieser Umstände hielt die Kammer eine Freiheitsstrafe von
1 Jahr 7 Monaten für tat- und schuldangemessen.
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Die Tat lag vor Erlass des Strafbefehls des Amtsgerichts M. vom 24.03.2020 als letzter Tatsacheninstanz. Mit Urteil des Amtsgerichts M. vom 10.09.2020 wurde lediglich über die Rechtsfolgen entschieden. Die Einzelstrafen dieses Urteils waren daher nach Auflösung der dort gebildeten Gesamtgeldstrafe in eine neu zu bildende Gesamtstrafe einzubeziehen.
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Es war folglich aus der Freiheitsstrafe von 1 Jahr 7 Monaten und den Einzelgeldstrafen von 60, 150, 60 und 75 Tagessätzen zu je 20,00 Euro eine Gesamtstrafe zu bilden.
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Unter Berücksichtigung der bereits dargelegten strafzumessungsrelevanten Umstände und der Tatsache, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang mit den in M. abgeurteilten Taten besteht, hat die Kammer unter weiterer Berücksichtigung der Strafzumessungserwägungen des Amtsgerichts M. unter Erhöhung der Einsatzstrafe von 1 Jahr 7 Monaten eine Gesamtfreiheitsstrafe von
1 Jahr 10 Monaten für tat- und schuldangemessen erachtet.
G. Strafaussetzung zur Bewährung
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Diese Gesamtfreiheitsstrafe konnte zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Straftaten liegen mehr als 6 Jahre zurück. Seitdem hat sich der Angeklagte straffrei geführt. Er hat zudem bereits eine Bewährungszeit durchgestanden und sich geständig und reuig gezeigt. Auch hat ihm die erlittene Untersuchungshaft vor Augen geführt, was der Vollzug einer Freiheitsstrafe bedeutet. Es ist daher davon auszugehen, dass der Angeklagte sich allein durch die Verurteilung von der Begehung weiterer Straftaten abhalten lassen wird. Insbesondere stellen die dargelegten Gründe in einer Gesamtschau auch besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB dar, die es rechtfertigen, auch eine Freiheitsstrafe von über einem Jahr zur Bewährung auszusetzen.
H. Rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung
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Von dem Zeitpunkt an, als der Angeklagte im Juli 2015 erstmals von den Ermittlungen gegen ihn in Kenntnis gesetzt wurde, bis zur Verurteilung sind sechs Jahre vergangen. Zwar enthielt die Anklage noch 20 Mitangeklagte, was Verfahrensabtrennungen zur Folge hatte, die dazu führten, dass zunächst Verfahren gegen andere Angeklagte stattfanden. Dies ist für solch ein umfangreiches Verfahren auch typisch. Andererseits stellt es für den Angeklagten eine besondere Belastung dar, derjenige zu sein, der als Letzter verurteilt wird. Teilweise lag das zwar nicht im Verantwortungsbereich der Strafverfolgungsbehörden, wie die unerwartet eingetretene Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten, das Nichterscheinen beim Sachverständigen oder die Verhinderung des Verteidigers. Die Zeiträume, die die beiden zuletzt genannten Gründe betreffen, waren jedoch nur kurz im Verhältnis zur Gesamtdauer des Verfahrens. Es erfolgten zuletzt auch Verfahrens- 7 KLs 506 Js 144945/18 - Seite 22 - verzögerungen auf Grund starker Belastung der Kammer bzw. der Coronakrise. Dies sowie die Tatsache, dass die Kammer keine Kapazitäten hatte, die abgetrennten Verfahren annähernd zeitgleich zu verhandeln, führt zu dem Schluss, dass gegen das Recht des Angeklagten nach Art. 6 Abs. 1 EMRK auf Behandlung seiner Sache in angemessener Frist, verstoßen wurde. Da sich die Verfahrensverzögerung nicht auf die Dauer der Untersuchungshaft des Angeklagten ausgewirkt hat, und grundsätzlich bei solch einem umfangreichen Gesamtkomplex eine lange Verfahrensdauer immanent ist, erschien es als angemessen, einen Monat der Gesamtfreiheitsstrafe als vollstreckt anzusehen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 464 Abs. 1, 465 Abs. 1 S. 1 StPO.