Inhalt

LG München I, Endurteil v. 31.08.2021 – 33 O 10339/20
Titel:

Irreführende Werbung für eine Apothekenzeitschrift mit Ergebnissen einer demoskopischen Umfrage

Normenkette:
UWG § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
Leitsatz:
Die Bewerbung einer Apothekenzeitschrift mit der Aussage "Ein regelmäßiger Leser der A. U. bringt Ihrer Apotheke pro Monat 20,60 Euro mehr Umsatz" ist unlauter gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG, wenn damit die Ergebnisse einer Umfrage nicht zutreffend wiedergegeben werden, die lediglich eine Korrelation, nicht aber eine Kausalität zwischen beiden Ereignissen belegt. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Werbung, Unterlassungsanspruch, Rechtsanwaltskosten, Berechnung, Verletzung, Apotheke, Bewerbung, Dienstleistungen, Erstattungsanspruch, Abmahnung, Erstattung, Anlage, Quartal, Anspruch, konkrete Verletzungsform, Androhung eines Ordnungsgeldes, Waren oder Dienstleistungen
Fundstelle:
GRUR-RS 2021, 44669

Tenor

I. Der Beklagten wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann -, die Ordnungshaft zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Komplementärin, untersagt,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Zeitschrift „A… U…“ mit der Aussage
„Ein regelmäßiger Leser der A… U… bringt Ihrer Apotheke pro Monat 20,60 € mehr Umsatz“
zu bewerben oder bewerben zu lassen, wenn dies wie nachfolgend wiedergegeben geschieht:
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 831,20 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.09.2020 zu bezahlen.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 40 % und die Beklagte 60 %.
V. Das Urteil ist in Ziffer I gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000 Euro und im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten nach Teilklagerücknahme der Klägerin noch um einen lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch sowie um einen Erstattungsanspruch für die Kosten einer vorgerichtlichen Abmahnung.
2
Sowohl die Klägerin als auch die Beklagte sind Herausgeber von über den Apothekenhandel vertriebenen Zeitschriften. Die Klägerin vertreibt die Zeitschrift „m…“, die Beklagte verlegt die „A… U…“. Die Besonderheit beim Handel mit Apothekenzeitschriften besteht darin, dass diese nicht vom Endverbraucher, sondern vom Apotheker erworben werden, der diese seinen Kunden kostenlos zur Verfügung stellt.
3
Die Beklagte bewarb die Zeitschrift „A… U…“ über die Internetseite www.a….de, die auch von ihr betrieben wird, wie folgt:
(vgl. Intemetauszug, Anlage K 1).“
4
In dieser Gestaltung verweist die Beklagte zum Beleg für die getroffenen Aussagen auf eine durch das international tätige Marktforschungsunternehmen I… durchgeführte Bevölkerungsumfrage aus dem September 2019.
5
Für diese Befragung wurde von I… eine repräsentative, mehrstufig geschichtete Zufallsstichprobe aus dem aktuellen ADM-Stichprobennetz gezogen. Insgesamt wurden 2.067 Personen aus der deutschsprachigen Wohnbevölkerung in Privathaushalten ab 14 Jahren unabhängig von ihrem Leseverhalten befragt. Auf Grundlage der Stichprobe wurden von den Befragten zunächst diejenigen ermittelt, die mindestens einmal im Vierteljahr eine Apotheke besucht haben. Dies waren 1.032 Personen (Tabelle, Anlage B 8). Bei der weiteren Berechnung wurden lediglich diese Personen berücksichtigt. Im Anschluss wurde die Lesefrequenz der „A… U…“ ermittelt, die im Laufe des Interviews verschiedenen Vergleichsgruppen, nämlich „regelmäßige Leser“ der „A… U…“ und „Nicht-Leser“ der „A… U…“ zugeordnet wurde. Bei der Abfrage der Lesefrequenz wurde zunächst erfragt, ob die „A… U…“ innerhalb des Erscheinungsintervalls der letzten 12 Ausgaben, also innerhalb eines halben Jahres, gelesen oder durchgeblättert wurde. Die Befragung ergab, dass 999 Teilnehmer in den letzten 6 Monaten in der „A… U…“ gelesen oder geblättert hatten. Anschließend wurde bei diesen 999 Befragten vertieft die Regelmäßigkeit des Lesens abgefragt. Die Kategorie des „regelmäßigen Lesens“ wurde mit „jede, fast jede Ausgabe die erscheint“ beschrieben. Die Befragung ergab, dass 219 befragte Personen die „A… U…“ regelmäßig lesen. 38 Personen gaben dagegen an, die „A… U…“ so gut wie nie zu lesen. Diese wurden der Vergleichsgruppe „Nicht-Leser“ der „A… U…“ zugeordnet (Tabelle, Anlage B 9). Sodann wurden die 1.032 Teilnehmer der Befragung, die mindestens einmal pro Quartal eine Apotheke besuchten, gefragt, wo hoch ihre Ausgaben pro Monat in einer Apotheke seien. Dies erfolgte in Einzelabfragen für fünf unterschiedliche Produktkategorien, nämlich „rezeptfreie Medikamente“, „Nahrungsergänzungsmittel“, „Kosmetik und Hauptpflegemittel“, „Produkte zur Zahnhygiene und/Zahnpflege“ sowie „andere Produkte“. Für die konkreten Ausgaben wurden sodann Ausgabenspannen definiert und die Angaben der Befragten zusammenfassend in den einzelnen Ausgabenspannen gruppiert. Die Ausgaben wurden dann der Lesefrequenz der „A… U…“-Leser entsprechend zugeordnet. Daraus entstanden fünf tabellarische Übersichten (vgl. zu den Einzelheiten Klageerwiderung, S. 7/11, Bl. 23/28 d.A. sowie Übersichten, Anlage B 10). Aus den Daten dieser Tabellen wurden die Mittelwerte der Ausgaben in den fünf Produktkategorien gebildet, anschließend wurden die durchschnittlichen monatlichen Ausgaben in der Apotheke aller Kategorien für die beiden Vergleichsgruppen „regelmäßige Leser“ sowie „Nicht-Leser“ der „A… U…“ gegenübergestellt. Die „regelmäßigen Leser“ gaben durchschnittlich im Monat 47,20 Euro für Produkte in einer Apotheke aus, der Betrag der Gruppe der „Nicht-Leser“ der „A… U…“ belief sich auf 26,60 Euro (zu den Einzelheiten der Berechnung vgl. Klageerwiderung S. 12/13, Bl. 28/29 d.A., Tabelle Anlage B 11).
6
Wegen der noch streitgegenständlichen werblichen Äußerung ließ die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 29.07.2020 abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern (Abmahnung, Anlage K 2). Die Beklagte ließ die Ansprüche mit Anwaltsschreiben vom 04.08.2020 zurückweisen (Schreiben, Anlage K 3).
7
Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stünde wegen der streitgegenständlichen Bewerbung ein lauterkeitsrechtlicher Unterlassungsanspruch zu. Die angegriffene Darstellung sei nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 UWG irreführend. Die Irreführung rühre in erster Linie daher, dass die Beklagte mit der Darstellung den Eindruck erwecke, es bestehe ein Kausalzusammenhang zwischen dem regelmäßigen Lesen der „A… U…“ und dem abgefragten Umsatzverhalten. Einen solchen Kausalzusammenhang habe die Beklagte aber nicht nachgewiesen. Ein solcher sei insbesondere der zitierten I…-Umfrage nicht zu entnehmen. Außerdem seien die Ergebnisse der I…-Umfrage für den Betrachter der Werbung nicht direkt zugänglich, sondern es sei erst eine Nachfrage bei der Beklagten erforderlich. Auch aus diesem Grund sei eine Irreführung gegeben. Daneben vertrat die Klägerin ursprünglich die Auffassung, eine Irreführung sei auch deshalb gegeben, weil die I…-Umfrage, auf welche die Beklagte in der streitgegenständlichen Werbung verweise, nicht den gängigen Standards genüge, sondern unter zahlreichen methodischen Mängeln leide. Diesen Angriff verfolgt sie indes nicht weiter (vgl. Sitzungsniederschrift, Bl. 87 d.A.).
8
Die Klägerin ist weiter der Auffassung, die angegriffene Darstellung stelle in unzulässiger Weise Umsätze der „A… U…“ und des von ihr herausgegebenen Konkurrenzproduktes „m…“ gegenüber, weshalb eine unlautere vergleichende Werbung nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG vorliege. Der Anwendungsbereich des § 6 UWG sei vorliegend unter dem Aspekt der mittelbaren Erkennbarkeit von Mitbewerbern eröffnet. Der Kreis der Nichtleser schließe denknotwendig Leser des Konkurrenzproduktes der Beklagten mit ein. Der Werbevergleich sei auch unlauter, weil er sich nicht auf den Preis oder die Eigenschaft des beworbenen Produkts beziehe. Maßgeblich für die Zulässigkeit eines Vergleichs sei, ob der angesprochene Verkehr aus der Angabe eine nützliche Information für die Entscheidung erhalten könne, ob er dem Erwerb nähertreten solle. Hierzu zähle das Umsatzverhalten eines Lesers der „A… U…“ aber nicht.
9
Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, der Beklagten bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, die Zeitschrift „A… U…“ mit der Aussage „Ein regelmäßiger Leser der A… U… bringt Ihrer Apotheke pro Monat 20,60 € mehr Umsatz“ zu bewerben oder bewerben zu lassen, wenn dies geschieht wie in zwei konkreten Verletzungsformen (vgl. Bl. 2/3 d.A.), wobei sie diese Verletzungsformen mit „und/oder“ verknüpft hat. Mit Schriftsatz vom 13.08.2020 (Bl. 10 d.A.) hat die Klägerin ihre Klage um einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten erweitert. Mit Schriftsatz vom 11.12.2021 (Bl. 37/50 d.A.) hat die Klägerin ihre Klageanträge insoweit umgestellt, als sie nunmehr für die beanstandete Aussage „Ein regelmäßiger Leser der A… U… bringt Ihrer Apotheke pro Monat 20,60 € mehr Umsatz“ auf nur noch eine konkrete Verletzungsform Bezug nimmt (Antrag Ziff. 1 a) und zusätzlich einen weiteren Unterlassungsanspruch geltend macht, der auf ein Verbot einer weiteren konkreten Bewerbung gerichtet ist (Antrag Ziff. 1b). Den auf das Verbot der weiteren konkreten Verletzung gerichteten Antrag hat sie in der mündlichen Verhandlung vom 27.07.2018 zurückgenommen (Bl. 87 d.A.).
10
Die Klägerin beantragt zuletzt:
1. Der Beklagten wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann - untersagt,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Zeitschrift „A… U…“ mit der Aussage
„Ein regelmäßiger Leser der A… U… bringt Ihrer Apotheke pro Monat 20,60 € mehr Umsatz“
zu bewerben oder bewerben zu lassen, wenn dies wie nachfolgend wiedergegeben geschieht:
2. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 996,95 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
11
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
12
Die Beklagte trägt vor, auf die Details der in Rede stehenden I…-Studie sei in den angegriffenen Gestaltungen mittels eines Hyperlinks verwiesen worden (Internetauszug, Anlagenkonvolut B 10). Durch Anklicken dieses Links habe ein pdf-Dokument mit dem Titel „Detailinfos zum Studiendesign“ abgerufen werden können, das präzise Informationen zum Befragungszeitraum, Zielpersonen, der Methode, der Befragungstechnik u.a. enthalten habe. Soweit die Klägerin die Methodik der I…-Umfrage infrage stelle, seien diese Angriffe haltlos. Erhebung, Auswertung und Darstellung der Daten seien in keiner Weise zu beanstanden. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang auch, dass das Ergebnis der Studie, die der beanstandeten Werbung zugrunde liege, durch eine neuere Studie nicht nur bestätigt worden, sondern aus den neuen Daten vielmehr ersichtlich sei, dass sich der durchschnittliche Umsatz eines regelmäßigen Lesers der „A… U…“ sogar erhöht habe.
13
Die Beklagte meint, die Klage sei in ihrer ursprünglichen Form bereits unzulässig gewesen, da die Klageanträge - zumal in sich widersprüchlich - nicht dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügen würden. Hieran habe auch die von der Klägerin vorgenommene Umstellung nichts geändert, zumal die Klägerin auf eine Verletzung Bezug nehme, in welcher der fragliche Hyperlink zum Dokument „Detailinfos zum Studiendesign“ nicht abgebildet sei. Jedenfalls liege eine unzulässige Klageänderung vor, der sich die Beklagte widersetze. Selbst wenn man dies anders sehen wolle, liege in der vorgenommenen Umstellung aber eine Teilklagerücknahme, für welche die Klägerin anteilig zur Kostentragung verpflichtet sei.
14
Die Beklagte vertritt weiter die Auffassung, die Klage sei auch unbegründet. Die angegriffene Bewerbung des Produktes „A… U…“ führe nicht zu einer Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise. Dabei sei schon zu berücksichtigen, dass es sich bei den angesprochenen Verkehrskreisen um Fachkreise, nämlich Apotheker, handele, die entsprechenden Aussagen mit einer anderen Vorstellung gegenüberträten als der allgemeine Verkehr. Dem Fachkreisangehörigen sei in diesem Zusammenhang insbesondere bewusst, dass in der Werbung gerade kein Kausalzusammenhang zwischen dem regelmäßigen Umsatz behauptet werde, sondern lediglich eine Korrelation, die eine entsprechende Schlussfolgerung zulasse. Soweit die Klägerin zur Begründung des Irreführungstatbestands die Fallgruppe der „Werbung mit Testergebnissen“ heranziehe, seien die von ihr dargelegten Maßstäbe unzutreffend. Es sei nicht erforderlich, dass die dem jeweiligen Test zugrunde liegende Methode unantastbar sei. Vielmehr genüge es, wenn die der Werbung zugrunde liegende Untersuchung neutral, objektiv und sachkundig durchgeführt worden sei. Erforderlich sei zudem, dass die Art des Vorgehens bei der Prüfung und die gezogenen Schlüsse vertretbar seien. Im Übrigen bestehe aber ein erheblicher Ermessensspielraum der Tester. Gerade unter Berücksichtigung dieses weiten Maßstabs seien die Angaben unter keinem Gesichtspunkt zu beanstanden. Die angegriffene Werbung gebe das Testergebnis auch zutreffend wieder, weshalb auch unter diesem Gesichtspunkt eine Irreführung ausscheide.
15
Die Beklagte meint schließlich, es liege kein unzulässiger Werbevergleich nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG vor. Der Anwendungsbereich der Norm sei schon nicht eröffnet, weil es an der Erkennbarkeit der Klägerin fehle. Ein Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten scheitere daran, dass dieser bereits nicht schlüssig vorgetragen sei. Weder Grund noch Höhe des Anspruches seien dargelegt worden.
16
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze samt Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 27.07.2021 (Bl. 85/88 d.A.) Bezug genommen.
17
Am 20.08.2021 ist ein nicht nachgelassener Schriftsatz der Beklagten vom gleichen Tag bei Gericht eingegangen. Am 23.08.2021 ist ein nicht nachgelassener Schriftsatz der Klägerin vom gleichen Tag bei Gericht eingegangen.

Entscheidungsgründe

18
Die Klage ist in ihrem nach wirksamer Teilklagerücknahme verbleibenden Teil zulässig und begründet.
A.
19
Die mit Schriftsatz vom 11.12.2020 vorgenommene Präzisierung der Klageanträge ist zulässig.
20
In der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 11.12.2020 vorgenommenen Anpassung der Klageanträge liegt keine Klageänderung und somit auch keine Teilklagerücknahme, sondern eine kostenneutrale Präzisierung des ursprünglichen Klageantrags. Denn insoweit ließ sich bereits der Begründung der ursprünglichen Klageanträge in der Klageschrift vom 06.08.2021 entnehmen, was angegriffen werden soll (vgl. Cepl/Voß/Schilling, Praxiskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Aufl. 2018, § 269 Rn. 8).
B.
21
Die Klage ist zulässig.
I.
22
Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts folgt sachlich aus § 14 Abs. 1 UWG und örtlich aus § 14 Abs. 2 S. 1 UWG.
II.
23
Die zuletzt gestellten Anträge wahren auch den Grundsatz hinreichender Bestimmtheit.
24
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf vor allem ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (st. Rspr.; vgl. BGH NJW 2011, 2657 - Double-opt-in-Verfahren).
25
Diesen Anforderungen genügt der von der Klägerin noch zur Entscheidung stehende Unterlassungsantrag. Die Klägerin begehrt damit das Verbot einer ganz konkreten Werbeaussage und nimmt zur Konkretisierung auf eine konkrete Verletzungsform Bezug. Umfang und Entscheidungsbefugnis des Gerichts sind damit erkennbar abgegrenzt.
C.
26
Die Klage ist auch überwiegend begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG zu. Der Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist ebenfalls zum großen Teil gem. § 12 Abs. 1 S. 1 UWG a.F. begründet.
I.
27
Die Klägerin ist als Mitbewerberin der Beklagten gem. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aktivlegitimiert. Die Mitbewerbereigenschaft folgt aus dem Umstand, dass beide Parteien Apothekenzeitschriften vertreiben und damit gleichartige Waren innerhalb desselben Endverbraucherkreises, nämlich Apotheker, abzusetzen suchen. Sie stehen folglich zueinander im Substitutionswettbewerb (vgl. BGH WRP 2014, 1307 - nickelfrer; BGH WRP 2018, 1322 Rn. 17 - Werbeblocker II).
II.
28
Die angegriffene Handlung, nämlich die streitgegenständliche Bewerbung der Zeitschrift „A… U…“ im Internet, ist eine geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG.
III.
29
Die von der Klägerin mit der Klage beanstandete Werbung erfüllt den Tatbestand der irreführenden geschäftlichen Handlung gem. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG.
30
1. Nach § 5 Abs. 1 S. 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung dann irreführend, wenn sie unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben enthält über die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Vorteile, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen. Dabei ist ausreichend, dass die in Frage stehenden Angaben zu Irreführung geeignet sind (§ 5 Abs. 1 S. 2 UWG). Bei der Werbung mit Testergebnissen gilt, dass die Werbung mit aktuellen Testergebnissen für Produkte, die den getesteten entsprechen und die auch nicht technisch überholt sind, grundsätzlich nicht irreführend ist, wenn die von einem Dritten vergebene Auszeichnung in einem seriösen Verfahren vergeben und nicht erschlichen worden ist (vgl. BGH, GRUR 2003, 800, 802 - Schachcomputerkatalog). Eine Werbung, mit der der Werbende das Testergebnis nicht in der wörtlich verliehenen Form nutzt, sondern mit eigenen Worten umschreibt, ist (nur) irreführend, wenn der Werbende die Aussage des Testergebnisses zu seinen Gunsten verändert (BGH GRUR 2019, 631 Rn. 69 - Das beste Netz).
31
Diese Grundsätze können auf die vorliegend zur Entscheidung stehende Konstellation der Werbung mit den Ergebnissen einer demoskopischen Umfrage übertragen werden, weil die Interessenlage vergleichbar ist, mithin die Werbung mit Umfrageergebnissen ein ähnliches Irreführungspotential aufweist wie die Werbung mit bestimmten Testergebnissen. In beiden Fallgestaltungen besteht insbesondere die Gefahr der Verfälschung des Ergebnisses durch eigene Werbeaussagen.
32
Erforderlich ist in allen Fällen, dass durch die jeweils in Streit stehende Äußerung eine Vorstellung erweckt wird, die mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht in Einklang steht (BGH GRUR 2016, 521 Rn. 10 - Durchgestrichener Preis II; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 5 Rn. 1.56). Maßgeblich ist insoweit das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise. Diese bestehen im Streitfall aus Fachkreisen, nämlich Apothekern, da zwischen den Parteien unstreitig ist, dass sich das Angebot der Beklagten ausschließlich an Apotheker richtet. Die Kammer kann dieses Verständnis vorliegend selbst feststellen, weil sie aufgrund ihrer ständigen Befassung mit Wettbewerbssachen hierzu in der Lage ist (BGH GRUR 2019, 196 Rn. 19 - Industrienähmaschinen; OLG München GRUR-RR 2016, 270 - Klosterseer).
33
2. Auf Grundlage der vorstehenden Erwägungen ist eine Irreführung gem. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG zu bejahen, weil die Beklagte in der angegriffenen Gestaltung den Eindruck erweckt, zwischen dem regelmäßigen Lesen der Zeitschrift „A… U…“ und dem Umsatzverhalten dieser Vergleichsgruppe bestehe ein kausaler Zusammenhang. Damit gibt die Beklagte aber die Ergebnisse der in Rede stehenden I…-Umfrage nicht zutreffend wieder, die lediglich eine Korrelation, nicht aber eine Kausalität zwischen beiden Ereignissen belegt. Auf die Frage, ob die Beklagte in der angegriffenen Gestaltung die Fundstelle für die aufgestellte Behauptung zutreffend wiedergegeben hat (vgl. hierzu BGH GRUR 1991, 679 - Fundstellenangabe; BGH GRUR 2010, 248 Rn. 30 f. - Kamerakauf im Internet), kommt es daher nicht an.
34
a. In tatsächlicher Hinsicht folgt aus der Bevölkerungsumfrage lediglich eine Korrelation zwischen regelmäßigem Leseverhalten und Umsatzverhalten von Lesern der von der Beklagten vertriebenen Zeitschrift. Der I…-Umfrage lässt sich indes nicht entnehmen, dass das Umsatzverhalten - nämlich die durchschnittlichen Ausgaben eines regelmäßigen Lesers der „A… U…“ in Höhe von 47,20 Euro - auf gerade dem regelmäßigen Lesen des Magazins beruht. Dies stellt auch die Beklagte im Grundsatz nicht in Abrede.
35
b. Die angesprochenen Verkehrskreise werden die streitgegenständliche Bewerbung der „A… U…“ allerdings dahingehend auffassen, dass die in Rede stehende I…-Umfrage die Kausalität zwischen regelmäßigem Lesen der von der Beklagten verlegten Zeitschrift und dem konkreten Umsatzverhalten dieser Leser belegt. Damit werden aber die Ergebnisse der I…-Befragung nicht zutreffend wiedergegeben. Hierfür spricht, dass die Beklagte sich in der streitgegenständlichen Bewerbung der Formulierung „Die A… U… als Umsatzbringer“ bedient. Damit impliziert sie nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht nur eine Korrelation zweier Ereignisse, sondern einen ursächlichen Zusammenhang. Auch die Formulierung „Ein regelmäßiger Leser der A… bringt Ihrer Apotheke pro Monat 20,60** mehr Umsatz“ erweckt den Eindruck eines entsprechenden Kausalzusammenhangs. Der Eindruck entsteht dabei vor allem durch das Verb „bringen“, zumal bei der Beschreibung lediglich einer Koinzidenz zweier Ereignisse eine defensivere Formulierung nähergelegen hätte. Schließlich sprechen auch die Ausführungen im zweiten Absatz unter der Überschrift „VORTEILE“ für diese Betrachtungsweise. Denn dort wird ausgeführt: „(…) Die regelmäßigen Leser schätzen die Angebote und Leistungen der Apotheke und investieren aus diesem Grund mehr für ihre Gesundheit. (…)“. Aus der zitierten Befragung lässt sich dieses Ergebnis aber nicht entnehmen. Bei Lichte betrachtet handelt es sich daher lediglich um eine ungestützte Schlussfolgerung der Beklagten. Genauso gut könnte der Grund für das höhere Umsatzverhalten der regelmäßigen Leser darin liegen, dass diese im Vergleich zur Gruppe der Nichtleser - gegebenenfalls auch altersbedingt - häufiger erkranken oder den zusätzlichen Weg in einen Drogeriemarkt scheuen und allein aus diesem Grund häufiger eine Apotheke aufsuchen und mehr für die in der Apotheke angebotenen Produkte ausgeben.
36
In der Zusammenschau der vorangestellten Gesichtspunkte steht für die Kammer fest, dass die angesprochenen Fachkreise die Werbung dahingehend verstehen werden, zwischen dem regelmäßigen Lesen der „A… U…“ und den von diesen Lesern getätigten Umsätzen bestehe ein ursächlicher Zusammenhang, was aber durch die in Rede stehende I…-Studie gerade nicht belegt wird.
37
c. Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen liegt auch eine wettbewerblich relevante Irreführung vor, weil nämlich die beanstandete Werbung der Beklagten die angesprochenen Apotheker zu einer geschäftlichen Entscheidung - namentlich den Erwerb der „A… U…“ der Beklagten zur kostenlosen Weitergabe an ihre Kunden - veranlassen könnte, die sie anderenfalls nicht getroffen hätten.
38
d. Die Annahme einer Irreführung ist auch verhältnismäßig (vgl. hierzu Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 5 Rn. 1.200 ff.). Es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, weshalb die Beklagte auf die streitgegenständliche Darstellung angewiesen sein sollte oder weshalb ein genauerer aufklärender Hinweis unzumutbar wäre.
39
e. Auf die Frage, ob die angegriffene Gestaltung gleichzeitig den Tatbestand der unzulässigen vergleichenden Werbung nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG erfüllt, kommt es daher schon nicht an.
IV.
40
Durch die erfolgte Verletzungshandlung ist die für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch notwendige Wiederholungsgefahr indiziert; eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hat die Beklagte nicht abgegeben.
V.
41
Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Abmahnkostenersatz aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG a.F. zu, allerdings nur aus einem Gegenstandswert in Höhe von 60.000 Euro.
42
1. Die mit Anlage K 2 vorgelegte Abmahnung vom 29.07.2020 war berechtigt, denn sie war erforderlich, um dem Schuldner einen Weg zu weisen, den Gläubiger ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen (vgl. BGH GRUR 2010, 354 - Kräutertee).
43
2. Die Abmahnung war überwiegend begründet, zumal sie sich ausschließlich auf die mit Klageantrag Ziff. 1. a) geltend gemachte Verletzungshandlung beschränkte.
44
3. Die von der Klägerin angesetzte 0,65 Geschäftsgebühr ist nicht zu beanstanden. Allerdings ging die Klägerin von einem überhöhten Gegenstandswert in Höhe von 100.000 Euro aus. Die Kammer geht insoweit analog zum festgesetzten Streitwert des inhaltsgleichen und noch rechtshängigen Klageanspruchs Ziff. 1 a) von einem Gegenstandswert von 60.000 Euro aus. Unter Ansatz der von der Klägerin geltend gemachten 0,65 Geschäftsgebühr zzgl. 20,00 Euro Auslagenpauschale (7002 VV RVG) ergibt sich ein Betrag von insgesamt 831,20 Euro.
VI.
45
Der zuerkannte Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen ist gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 Abs. 1 BGB begründet.
VII.
46
Soweit der nachgereichte Schriftsatz der Beklagten vom 20.08.2021 und der Klägerin vom 23.08.2021 anderes als bloße Rechtsausführungen enthalten, waren sie gemäß § 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 32. Auflage, § 132 Rdnr. 4). Eine Wiedereröffnung der Verhandlung nach § 156 ZPO hinsichtlich des neuen Vortrags war nicht geboten (vgl. auch BGH NJW 2000, 142 f. und Zöller/Greger, ZPO, 32. Auflage, § 156 Rdnr. 4 und 5).
D.
47
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 3 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.