Titel:
Unzulässigkeit einer Vergleichswebseite für das Entgelt von Zahlungskonten für Verbraucher
Normenketten:
UWG § 3a
ZKG § 16 Abs. 1, § 18 Nr. 6
VglWebV § 9
Leitsätze:
1. Bei § 18 Nr. 6 ZKG und § 9 VglWebV handelt es sich um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG. (Rn. 40 – 43) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es wird den Vorgaben der § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 VglWebV nicht gerecht, wenn auf einer Vergleichswebseite in mehr als 90 % der Fälle nur ein Zahlungskontoangebot eines Kreditinstituts dargestellt wird, soweit die Mehrzahl der Banken mehr als ein Zahlungskontomodell anbieten. (Rn. 49 – 50) (redaktioneller Leitsatz)
3. Werden auf einer Vergleichswebseite die Preise für Zahlungskonten für Verbraucher von weniger als 50% der Anbieter dargestellt, gewährleistet dies nicht die von § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 VglWebV geforderte regionale Abdeckung der deutschen Banken- und Sparkassenlandschaft. (Rn. 55) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagwort:
Rechtsbruch
Fundstellen:
EWiR 2022, 99
ZIP 2021, 2573
ZBB 2022, 140
MMR 2022, 583
LSK 2021, 33723
GRUR-RS 2021, 33723
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihren gesetzlichen Vertretern, zu unterlassen,
im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern
a) auf einer nach § 16 Abs. 1 des Zahlungskontengesetzes (ZKG) zertifizierten Vergleichswebseite Zahlungskontenangebote von weniger als der Hälfte der in Deutschland existierenden Kreditinstitute zu vergleichen, die Zahlungskonten für Verbraucher anbieten;
b) auf einer nach § 16 Abs. 1 des Zahlungskontengesetzes (ZKG) zertifizierten Vergleichswebseite Zahlungskontenangebote zu vergleichen, von denen mehr als 90 % lediglich ein einziges Zahlungskontoangebot eines auf der Vergleichswebseite vertretenen Kreditinstituts darstellen;
c) auf einer nach § 16 Abs. 1 des Zahlungskontengesetzes (ZKG) zertifizierten Vergleichswebseite Informationen bereitzustellen, die seit mindestens 86 Tagen nicht mehr korrekt und seit mindestens 86 Tagen nicht mehr aktuell sind.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 210,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.12.2020 zu zahlen.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/6 und die Beklagte 5/6.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, in Ziffer I. a) und b) nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,- Euro und in Ziffer II. sowie IV. nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
1
Der Kläger macht gegen die Beklagte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche sowie einen Kostenerstattungsanspruch geltend.
2
Der Kläger ist der Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen und 26 weiterer verbraucher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland. Gemäß § 2 seiner Satzung bezweckt der Kläger, Verbraucherinteressen wahrzunehmen, den Verbraucherschutz zu fördern, die Stellung des Verbrauchers in der sozialen Marktwirtschaft zu stärken und zur Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Er ist in der vom Bundesamt für Justiz in Bonn geführten Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKIaG eingetragen.
3
Die Beklagte gehört zu der 1999 gegründeten … Unternehmensgruppe mit Sitz in München, die seit 2008 im Internet unter www…..de ein Preisvergleichsportal betreibt. Angeboten werden Preisvergleiche für verschiedenste Produktgruppen. Die Beklagte bietet auf www…..de insbesondere Konto- und Kreditkartenvergleiche an (vgl. Impressum, Anlage K 2). Unter https://… betrieb die Beklagte ab dem 07.08.2020 zudem eine zertifizierte Vergleichswebseite nach § 16 Abs. 1 ZKG i.V.m. § 1 Abs. 1 VglWebV (vgl. Screenshot, Anlage B 3). Die Vergleichswebseite der Beklagten wurde im August 2020 von der TÜV Saarland Certification GmbH als zuständiger Zertifizierungsstelle zertifiziert (vgl. Zertifikat, Anlage B 5).
4
Aufgrund der Klage in hiesigem Verfahren hat die Beklagte den Betrieb der Vergleichswebseite am 18.01.2021 eingestellt.
5
Von den auf der Vergleichswebseite aufgeführten Zahlungskontenangeboten wurden von einem Kreditinstitut drei Zahlungskontenangebote, von 14 Kreditinstituten jeweils zwei Zahlungskontenangebote und von 541 Kreditinstituten jeweils nur ein einziges Zahlungskontoangebot angezeigt.
6
Auf der Vergleichswebseite befand sich folgender Hinweis:
„der Vergleich enthält ein breites Spektrum an Direkt-, Filial- und Regionalbanken, bietet jedoch keine vollständige Marktübersicht“.
(vgl. Screenshot, Anlage B 11).
7
Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 06.10.2020 wegen Nichteinhaltung der Vorgaben der § 18 Nr. 5 und 6 ZKG, § 9 VglWebV ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf (vgl. Abmahnschreiben, Anlage K 5). Eine Unterlassungserklärung gab die Beklagte nicht ab.
8
Der Kläger trägt vor, die Vergleichswebseite der Beklagten habe am 28.09.2020 572 Zahlungskontenangebote geführt, wie der als Anlage K 3 beigefügte Screenshot zeige. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass von einigen Kreditinstituten mehrere Zahlungskontenangebote aufgeführt worden seien, seien auf der Vergleichswebseite der Beklagten 556 Anbieter vertreten gewesen.
9
Ausweislich des Bankstellenberichts 2019 der Deutschen Bundesbank (vgl. Ausdruck, Anlage K 4) hätten mit Stand vom 31.12.2019 in der Bundesrepublik Deutschland 1.717 Kreditinstitute existiert. Etwa 1.300 Kreditinstitute hätten nach einer von der BaFin im Oktober 2020 veröffentlichten Untersuchung mit Stichtag dieser Untersuchung (30.06.2020) in Deutschland ein Basiskonto angeboten (vgl. Ausdruck, Anlage K 8). Die Untersuchung zeige, dass die Beklagte mit 572 Zahlungskonten jedenfalls nicht nur weniger als die Hälfte der in Deutschland angebotenen Zahlungskonten vergleiche - und dies unter der Prämisse, dass die etwa 1300 Banken, die Zahlungskonten für Verbraucher anböten, jeweils nur ein Zahlungskonto im Angebot hätten. Die Untersuchung zeige auch, dass die Beklagte im Hinblick auf die Anzahl der Kreditinstitute, die Zahlungskonten anböten, eine Marktabdeckung von weniger als 50 % habe.
10
Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. §§ 3, 3a UWG, § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 VglWebV zu.
11
Bei § 18 Nr. 6 ZKG und § 9 VglWebV handele es sich um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG. Die Anforderungen der § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 Abs. 1 Satz 1 VglWebV würden von der Vergleichswebseite der Beklagten nicht erfüllt, allein schon weil die Beklagte weniger als die Hälfte der Kreditinstitute in ihrem Vergleich präsentiere. Gemäß § 18 Nr. 6 ZKG müsse eine Vergleichswebseite genügend Zahlungskontenangebote enthalten, damit ein wesentlicher Teil des deutschen Marktes abgedeckt werde, und, falls die angebotenen Informationen keine vollständige Marktübersicht darstellten, eine eindeutige diesbezügliche Erklärung geben, bevor sie Ergebnisse anzeige.
12
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 VglWebV müsse der Betreiber einer Vergleichswebseite im Hinblick auf die Vergleichsgröße nach § 18 Nr. 6 ZKG sicherstellen, dass die Marktübersicht seiner Vergleichswebseite eine ausgewogene Anzahl von Angeboten aus jeder Bankengruppe enthalte. Eine Auswahl von nur 556 Kreditinstituten (Stand 28.09.2020) bei insgesamt 1.717 in der Bundesrepublik Deutschland existierenden Kreditinstituten (Stand 31.12.2019) genüge weder den Anforderungen an die Abdeckung eines wesentlichen Teils des deutschen Marktes im Sinne des § 18 Nr. 6 ZKG noch den Anforderungen an eine ausgewogene Anzahl von Angeboten aus jeder Bankengruppe im Sinne von § 9 VglWebV. Beides sei jedoch erforderlich. Entscheidendes Kriterium bei der Beurteilung sowohl der wesentlichen Marktabdeckung im Sinne des § 18 Nr. 6 ZKG als auch im Hinblick auf die ausgewogene Anzahl von Angeboten aus jeder Bankengruppe im Sinne von § 9 VglWebV sei die Anzahl der präsentierten Kreditinstitute im Verhältnis zu den insgesamt existierenden Kreditinstituten. Unter dem Begriff „wesentlich“ werde allgemein „um vieles“ bzw. „in hohem Grad“ oder „den größten Anteil ausmachend“ verstanden. Ein wesentlicher Teil einer Gruppe sei damit jedenfalls mehr als die Hälfte der Gesamtzahl dieser Gruppe.
13
Selbst wenn berücksichtigt werde, dass nach dem Willen des Verordnungsgebers auch die Höhe der Bilanzsumme von Zahlungsanbietem bei der Beurteilung dieses Kriteriums eine Rolle spielen solle, könne die Bilanzsumme der in den Vergleich aufgenommenen Kreditinstitute bei der Aufnahme von nur 556 Kreditinstituten von insgesamt 1.717 in der Bundesrepublik Deutschland existierenden Kreditinstituten weder eine Abdeckung eines wesentlichen Teils des deutschen Marktes noch eine ausgewogene Anzahl von Zahlungskontenangeboten begründen. Dies folge schon daraus, dass es in der Bundesrepublik Deutschland einen vielfältigen Bankenmarkt gebe, der eine bloße Betrachtung von Bilanzsummen nicht rechtfertige. Die Begründung zur Vergleichswebseitenverordnung verweise darauf, dass zur wesentlichen Abdeckung des deutschen Marktes die „Berücksichtigung quantitativer Kriterien“ gehöre und nenne in diesem Zusammenhang „die Höhe der Bilanzsumme eines Zahlungskontenanbieters“ lediglich als Beispiel (vgl. S. 6 der Begründung zur Vergleichswebseitenverordnung, BAnz AT 09.08.2018 B 1, S. 6). Dass es bei „der Berücksichtigung quantitativer Kriterien“ vorrangig auf die Quantität und damit auf die Menge bzw. Anzahl der verglichenen Angebote ankommen könne, ergebe sich dagegen bereits aus dem Wortlaut der Begründung (Quantität = Anzahl und nicht Bilanzsumme).
14
Die Begründung zur Vergleichswebseitenverordnung verweise zudem darauf, dass zur „wesentlichen Abdeckung des deutschen Marktes“ neben der Berücksichtigung quantitativer Kriterien „die regionale Abdeckung der deutschen Banken- und Sparkassenlandschaft“ gehöre (vgl. S. 6 der Begründung zur Vergleichswebseitenverordnung, BAnz AT 09.08.2018 B 1, S. 6). Auch daraus sowie aus der ausdrücklichen Bezugnahme auf das Filialnetz der verglichenen Kreditinstitute im § 17 ZKG ergebe sich, dass für die Abdeckung eines wesentlichen Teils des deutschen Marktes keineswegs nur das Erreichen einer überwiegenden Bilanzsumme maßgeblich sein könne, sondern auch alle lokal wesentlichen und örtlich erreichbaren Institute einbezogen sein müssten.
15
Der Kläger habe gegen die Beklagte ferner im Hinblick darauf, dass bei dem überwiegenden Teil der verglichenen Zahlungskontenangebote kein weiteres Kontomodell derselben Bank verglichen werde, einen Anspruch auf Unterlassung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. §§ 3, 3a UWG, § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 VglWebV. Unter einer ausgewogenen Anzahl von Zahlungskontenangeboten sei eine Auswahl zu verstehen, die die wesentlichen Nutzungstypen berücksichtige, also insbesondere Onlinekontennutzer und Filialnutzer. Dem werde die Webseite der Beklagten nicht gerecht, wenn die Beklagte nur bei 15 von 556 Kreditinstituten mehr als ein Zahlungskontenangebot in den Vergleich mit aufnehme, d.h. umgekehrt bei über 90 % der Angebote lediglich ein einziges Zahlungskontoangebot einer Bank dargestellt sei. Da eine Vergleichswebseite nach § 16 Abs. 1 ZKG einen Mehrwert schaffen und es Verbrauchern ermöglichen solle, eine für ihren Bedarf optimale Kontowahl zu ermöglichen, sei eine Beschränkung auf ein einziges Zahlungskontoangebot weder im Sinne des EU-Gesetzgebers noch des deutschen Gesetzgebers. Ausweislich einer im Auftrag des Klägers durchgeführten forsa-Erhebung aus der 23. Kalenderwoche 2019, in die eine repräsentative Anzahl von 50 Banken und Sparkassen einbezogen worden sei, habe zum Zeitpunkt der Erhebung von diesen 50 Instituten lediglich ein Institut nur ein Kontomodell angeboten, neun Institute zwei Kontomodelle, sechs Institute drei Kontomodelle, 15 Institute vier Kontomodelle, neun Institute fünf Kontomodelle, acht Institute sechs Kontomodelle und zwei Institute sieben Kontomodelle. Es sei daher davon auszugehen, dass die Mehrzahl der Banken, die Zahlungskonten anböten, mehr als ein Zahlungskontomodell im Angebot hätten.
16
Die in § 18 Nr. 6 ZKG enthaltene Regelung, dass, falls die angebotenen Informationen keine vollständige Marktübersicht darstellten, eine eindeutige diesbezügliche Erklärung abzugeben sei, bevor auf der Vergleichswebseite die Ergebnisse angezeigt würden, entbinde den Betreiber der Vergleichswebsite nicht davon, dass der Vergleich „genügend Zahlungskontenangebote enthalten“ müsse, „damit ein wesentlicher Teil des deutschen Marktes abgedeckt wird“.
17
Der von dem Kläger begehrte Zahlungsanspruch auf Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 210,00 EUR sei gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG begründet. Beim Kläger entstünden für eine Abmahnung durchschnittlich Kosten in Höhe von 213,65 EUR, sodass die veranschlagte Kostenpauschale in Höhe von 200 EUR nebst 5 % Mehrwertsteuer, mithin 210 EUR, angemessen sei.
- 1.1.
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Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihren gesetzlichen Vertretern, zu unterlassen,
im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern
- 2.
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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 210,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
19
Die Beklagte beantragt:
Klageabweisung, soweit die Klage nicht anerkannt worden ist.
20
In der mündlichen Verhandlung vom 20.07.2021 hat die Beklagte den mit Klageantrag Ziffer 1. c) geltend gemachten Unterlassungsanspruch anerkannt (Bl. 70 d.A.).
21
Die Beklagte trägt vor, die von ihr betriebene Vergleichswebseite habe eine umfangreiche Anzahl an Girokonten aus jeder Bankengruppe, d.h. Kreditbanken, Landesbanken und Sparkassen sowie Genossenschaftsbanken, enthalten. Insgesamt habe die Vergleichswebseite mindestens Angebote von 566 Banken aufgeführt (vgl. Auflistung, Anlage B 8).
22
Die Beklagte ist der Ansicht, die Vergleichswebseite der Beklagten erfülle alle Anforderungen nach §§ 17, 18 ZKG und den Vorschriften der VglWebV. Dies habe der von der DAkkS mit der Zertifizierung beauftragte TÜV Saarland mit der Erteilung des Zertifikats bestätigt (vgl. Zertifikat, Anlage B 5). Im Rahmen der Zertifizierung habe der TÜV Saarland die von der Beklagten betriebene Vergleichswebseite auf Grundlage des in Zusammenarbeit mit der DAkks ermittelten Kriterienkatalogs dahingehend überprüft, ob die durch die Vergleichswebseitenverordnung und das Zahlungskontengesetz vorgegebenen Anforderungen erfüllt seien. Zuletzt habe der TÜV Saarland bei der quartalsweisen Überprüfung der Vergleichswebseite Ende November 2020 die Einhaltung sämtlicher Anforderungen gegenüber der Beklagten bestätigt. Insbesondere habe der TÜV Saarland die Frage geprüft, ob das Angebot, „eine ausgewogene Anzahl von Angeboten aus jeder Bankengruppe“ (vgl. § 9 Abs. 1 VglWebV) und „genügend Zahlungskontenangebote enthielt, damit ein wesentlicher Teil des deutschen Marktes abgedeckt wird“ (vgl. § 18 Nr. 6 ZKG). Der TÜV Saarland habe dabei die im Gesetz in § 18 Nr. 6 ZKG verwendeten unspezifischen Begriffe „genügend Zahlungskontenangebote“ und „wesentlicher Teil des deutschen Marktes“ einer sachgerechten Auslegung unterzogen. Nachdem vom Gesetz ausdrücklich keine vollständige Abbildung des Marktes gefordert werde, sei der TÜV zu Recht zu dem Schluss gekommen, dass eine teilweise Abbildung zulässig und ausreichend sei. Dabei sei der Begriff „wesentlich“ nicht nur quantitativ zu beurteilen, wie der Kläger dies offenbar meine. Der TÜV habe vielmehr folgende sachgerechte Kriterien zur Beurteilung herangezogen:
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Größe des Zahlungskontenanbieters (quantitative Marktabdeckung): Bilanzsumme
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regionale Verfügbarkeit (geographische Marktabdeckung): Region, Geldautomaten, Filiale
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Bankengruppen (qualitative Marktabdeckung): Privatbanken, Sparkassen Genossenschaftsbanken
23
Es komme also entgegen der Ansicht des Klägers zur Erfüllung dieses Kriteriums keineswegs allein darauf an, ob die Vergleichswebseite zahlenmäßig weniger als 50 % der - laut Kläger - von etwa 1300 Kreditinstituten angebotenen Zahlungskonten für Verbraucher enthalte.
24
Der Kläger verkenne in seiner Argumentation insbesondere, dass nach § 18 Nr. 6 ZKG, der durch § 9 VglWebV konkretisiert werde, nicht ein wesentlicher Teil der Gesamtzahl aller deutschen Banken erforderlich sei, sondern eine ausgewogene Anzahl von Angeboten aus jeder Bankengruppe. Daher sei es falsch, wie in der Klage geschehen, die absolute Zahl aller Banken in Deutschland mit der Zahl der auf der Vergleichswebseite abgebildeten Banken ins Verhältnis zu setzen und daraus den Schluss zu ziehen, es sei keine ausreichende Marktabdeckung gegeben. Entscheidend sei vielmehr, dass alle verschiedenen Bankengruppen durch eine ausgewogene Anzahl von Kontenangeboten angemessen repräsentiert würden. Dies sei auf der Vergleichswebseite der Beklagten gegeben. Sie habe
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alle Großbanken (3),
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27 der 146 Regionalbanken und sonstigen Kreditbanken, wobei zu berücksichtigen sei, dass viele davon kein Girokonto im Angebot hätten;
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4 der 110 Zweigstellen ausländischer Banken, die jedoch ebenfalls regelmäßig kein Girokonto für in Deutschland ansässige Kunden anböten;
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200 der 379 Sparkassen nach Bilanzsumme (> 80 % der Bilanzsumme);
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über 300 der 816 Volks- und Raiffeisenbanken nach Bilanzsumme (> 80 % der Bilanzsumme);
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alle Sparda- (14) und alle Postbanken (10)
25
Die Beklagte decke nicht 80 % der Bilanzsumme aller Banken in dem Vergleich ab, sondern 80 % der Bilanzsumme einer jeden Bankengruppe, mindestens jedoch die TOP 50 einer jeden Gruppe, soweit diese ein Girokonto im Angebot hätten.
26
Schließlich habe die Vergleichswebseite der Beklagten, bevor die Ergebnisse angezeigt worden seien, eine eindeutige Erklärung nach § 18 Nr. 6 ZKG enthalten, dass die angebotenen Informationen keine vollständige Marktübersicht darstellten (vgl. Anlage B 11), so dass der Verbraucher dies unschwer habe erkennen und in seine Überlegungen habe einbeziehen können.
27
Um den Anforderungen im Hinblick auf die Marktabdeckung nach § 8 Nr. 6 ZKG und § 9 VglWebV zu genügen, sei es auch ausreichend gewesen, pro Bank mindestens ein Kontenmodell darzustellen. Wie der Kläger selbst vortrage, sei es Sinn und Zweck, eine möglichst breite Angebotspalette darzustellen, was sich durch die ausdrückliche Erwähnung der Bankengruppen in den gesetzlichen Vorschriften ergebe, d.h. möglichst viele unterschiedliche Anbieter einzubeziehen und nicht wenige Anbieter mit vielen unterschiedlichen Kontomodellen darzustellen.
28
Schließlich sei noch darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber mittlerweile offenbar erkannt habe, dass es nahezu unmöglich sei, sämtliche Angebote der einzelnen Kreditinstitute auf einer Vergleichswebsite vollständig zu erfassen und stets aktuell zu halten. Bislang hätten die Daten vom Websitebetreiber dezentral (manuell) erfasst und regelmäßig überprüft werden müssen. Nun sei offenbar eine Gesetzesänderung geplant, die den Anbietern von Zahlungskonten eine bußgeldbewährte Meldepflicht auferlegen solle, insbesondere auch im Hinblick auf Änderungen.
29
Im Übrigen stellten die relevanten Vorschriften des § 18 ZKG und § 9 VglWebV keine Marktverhaltensregeln dar. Es gehe hier nicht um Verpflichtungen im Verhältnis zwischen Zahlungsdienstleistern und Verbrauchern, sondern um die staatliche Überwachung und Gewährleistung des Betriebs solcher Vergleichswebsites, deren Betreiber in dieser Eigenschaft nicht selbst Anbieter von Zahlungsdiensten bzw. anderen Dienstleistungen in Bezug auf Zahlungskonten seien.
30
Schließlich würde es auch an der Spürbarkeit fehlen. Ein Verbraucher, der aufgrund der Informationen der Vergleichswebseite einen Vertragsschluss mit einer Bank in Erwägung ziehe, erhalte von dieser vor Abschluss des Vertrags genauere Informationen, auf deren Basis die Entscheidung über den Vertragsschluss gefällt werde.
31
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze samt Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 20.07.2021 (Bl. 67/70 d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
32
A. Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
33
I. Soweit der Kläger beantragt hat, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, auf einer nach § 16 Abs. 1 des Zahlungskontengesetzes (ZKG) zertifizierten Vergleichswebseite Informationen bereitzustellen, die seit mindestens 86 Tagen nicht mehr korrekt und seit mindestens 86 Tagen nicht mehr aktuell sind, hat die Beklagte den Klageantrag anerkannt. Sie war daher ihrem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen, § 307 ZPO (Ziffer I. c) des Tenors).
34
II. Dem Kläger steht ferner ein Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 i.V.m. §§ 3, 3a UWG, § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 VglWebV gegen die Beklagte zu. Der Kläger kann von der Beklagten verlangen, es zu unterlassen, auf einer Vergleichswebseite nach § 16 Abs. 1 ZKG Zahlungskontenangebote zu vergleichen, von denen mehr als 90 % lediglich ein einziges Zahlungskontoangebot eines auf der Vergleichswebseite vertretenen Kreditinstituts darstellen (Ziffer I b) des Tenors). Soweit der Kläger beantragt hat, es zu unterlassen, auf einer nach § 16 Abs. 1 ZKG zertifizierten Vergleichswebseite Zahlungskontenangebote von nicht mehr als einem Drittel der in Deutschland existierenden Kreditinstitute zu vergleichen, war die Klage abzuweisen. Die Klage hat insoweit erst mit dem Hilfsantrag Erfolg (Ziffer I a) des Tenors).
35
1. Als in die Liste der qualifizierten Einrichtungen gemäß § 4 UKIaG aufgenommener Verbraucherschutzverein ist der Kläger gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG i.V.m. § 4 UKIaG aktivlegitimiert.
36
2. Das Betreiben der zertifizierten Vergleichswebseite stellt eine geschäftliche Handlung der Beklagten dar.
37
Eine „geschäftliche Handlung“ ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG jedes Verhalten einer Person zu Gunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren und Dienstleistungen objektiv zusammenhängt.
38
Die streitgegenständliche zertifizierte Vergleichswebseite der Beklagten fördert jedenfalls den Abschluss von Verträgen zwischen Verbrauchern und den auf der Vergleichswebseite vertretenen Kreditinstituten. Darüber hinaus erfüllt der Betrieb der zertifizierten Vergleichswebseite auch die Funktion einer Imagewerbung. Er ist geeignet, die Attraktivität des von der Beklagten unter www…..de betriebenen Portals insgesamt zu fördern und hierdurch den Absatz der Beklagten zu steigern. Auch die Imagewerbung stellt deshalb eine geschäftliche Handlung dar (vgl. hierzu Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 39. Auflage, § 2 Rdn. 50)
39
3. Die seitens der Beklagten betriebene Vergleichswebseite verstößt in ihrer konkreten Ausgestaltung gegen §§ 3a UWG, § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 VglWebV.
40
a) Bei § 18 Nr. 6 ZKG und § 9 VglWebV handelt es sich um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG.
41
Eine Norm regelt das Marktverhalten im Interesse der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer, wenn sie einen Wettbewerbsbezug in der Form aufweist, dass sie die wettbewerblichen Belange der als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommenden Personen schützt. Nicht erforderlich ist eine spezifisch wettbewerbsbezogene Schutzfunktion in dem Sinne, dass die Regelung die Marktteilnehmer speziell vor dem Risiko einer unlauteren Beeinflussung ihres Marktverhaltens schützen muss. Die Vorschrift muss jedoch - zumindest auch - den Schutz der wettbewerblichen Interessen der Marktteilnehmer bezwecken; lediglich reflexartige Auswirkungen zu deren Gunsten genügen daher nicht (BGH GRUR 2017, 819, 821 - Aufzeichnungspflicht; BGH GRUR 2016, 513 Tz. 21 - Eizellspende).
42
§ 18 ZKG und der, § 18 ZKG konkretisierende, § 9 VglWebV enthalten - jedenfalls auch - eine verbraucherschützende Komponente (vgl. BeckOK/Böger, Stand: 1.8.2021, ZKG § 1 Rdn. 3). Denn Ziel der §§ 16 ff ZKG ist es, „für den Verbraucher“ (vgl. § 16 Abs. 1 ZKG) eine Vergleichswebseite zu schaffen, welche Transparenz und Vergleichbarkeit von Zahlungskontenentgelten verbessert und den Verbrauchern eine fundiertere Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Zahlungskonto ermöglicht (vgl. BT-Drucks. 18/7204, S. 45).
43
Aus der Regelung des § 2 Abs. 2 Nr. 13 UKIaG, welcher (lediglich) jene Vorschriften des ZKG als Verbraucherschutzgesetze einordnet, die das Verhältnis zwischen einem Zahlungsdienstleister und einem Verbraucher regeln, folgt nichts anderes, da § 2 Abs. 2 UKIaG lediglich eine nicht abschließende („insbesondere“) Aufzählung verbraucherschützender Vorschriften enthält.
44
b) Die Ausgestaltung der Vergleichswebseite der Beklagten, wie sie sich bis zum 18.01.2021 darstellte, erfüllt nicht die Anforderungen der § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 VglWebV.
45
aa) Art. 7 Abs. 1 der Zahlungskontenrichtlinie, deren Umsetzung die §§ 16 ff ZKG dienen, schreibt den Mitgliedstaaten vor, sicherzustellen, dass Verbraucher entgeltfreien Zugang zu mindestens einer Webseite haben, die einen Vergleich der Entgelte ermöglicht, die von Zahlungsdienstleistern auf nationaler Ebene zumindest für die maßgeblichen Zahlungskontendienste berechnet werden. Die Vergleichswebseite soll „eine breite Palette an Zahlungskontoangeboten [enthalten], die einen wesentlichen Teil des Marktes abdeckt“ (Art. 7 Abs. 3 lit. f der Zahlungskontenrichtlinie). Die Zahlungskontenrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten die Befugnis ein, festzulegen, was eine breite Palette an Zahlungskontoangeboten, die einen wesentlichen Teil des Marktes abdeckt, ausmacht (vgl. Erwägungsgrund Nr. 23 der Zahlungskontenrichtlinie).
46
In Umsetzung der Vorgaben der Zahlungskontenrichtlinie verlangt § 18 Nr. 6 ZKG, dass eine Vergleichswebseite genügend Zahlungskontenangebote enthalten muss, damit ein wesentlicher Teil des deutschen Marktes abgedeckt wird. § 9 VglWebV konkretisiert die Anforderung weiter dahingehend, dass die Marktübersicht eine ausgewogene Anzahl von Angeboten aus jeder Bankengruppe enthalten muss.
47
Zur wesentlichen Abdeckung des deutschen Marktes soll nach dem Willen des Verordnungsgebers neben der Berücksichtigung quantitativer Kriterien (z.B. die Höhe der Bilanzsumme eines Zahlungskontenanbieters) auch die regionale Abdeckung der deutschen Banken- und Sparkassenlandschaft (vgl. Begründung zur Vergleichswebseitenverordnung, BGBl. I S. 1182, Zu § 9) gehören. Dies korreliert mit Erwägungsgrund Nr. 22 der Zahlungskontenrichtlinie, wonach Vergleichswebseiten sowohl dem Bedarf an klaren und knappen Informationen als auch dem Bedarf an vollständigen und umfassenden Informationen gerecht werden können.
48
bb) Die Vergleichswebseite, welche von der Beklagten bis zum 18.01.2021 betrieben wurde, wird den Vorgaben der § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 VglWebV nicht gerecht.
49
(1) Nicht ausreichend ist es, wie auf der Vergleichswebseite der Beklagten geschehen, in mehr als 90 % der Fällen lediglich ein einziges Zahlungskontoangebot eines auf der Vergleichswebseite vertretenen Kreditinstituts darzustellen, obgleich die Mehrzahl der Banken, wie der Kläger schlüssig vorgetragen und die Beklagte nicht substantiiert in Abrede hat stellen können, mehr als ein Zahlungskontomodell im Angebot haben (Ziffer I b) des Tenors).
50
§ 18 Nr. 6 ZKG verlangt - in Übereinstimmung mit Art. 7 Abs. 3 lit. f der Zahlungskontenrichtlinie - dass die Vergleichswebseite genügend Zahlungskontenangebote enthalten muss, damit ein wesentlicher Teil des deutschen Marktes abgedeckt wird. Ausreichend ist folglich nicht allein die Darstellung einer ausgewogenen Anzahl von Angeboten aus jeder Bankengruppe. Erforderlich ist vielmehr zusätzlich, dass eine „breite Palette an Zahlungskontenangeboten“ (Art. 7 Abs. 3 lit. f der Zahlungskontenrichtlinie) pro vertretenem Kreditinstitut dargestellt werden. Nur so wird dem Ziel einer möglichst vollständigen und umfassenden Information der Verbraucher Genüge getan.
51
(2) Da §§ 16 ff. ZKG, 9 VglWebV nur Zahlungskonten betreffen, die für Verbraucher bestimmt sind (vgl. § 1 ZKG, Art. 2 Nr. 3 Zahlungskontenrichtlinie), sind Kreditinstitute, die keine Zahlungskonten für Verbraucher anbieten, für die Erfüllung der Anforderungen der § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 VglWebV nicht maßgeblich. Sie stellen keine relevante Bezugsgröße für die Abdeckung eines wesentlichen Teils des Marktes im Sinne von § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 VglWebV dar.
52
Der als Hauptantrag Ziffer 1 a) gestellte Klageantrag, mit welchem der Kläger beantragt hat, es zu unterlassen, Zahlungskontenangebote von nicht mehr als einem Drittel aller in Deutschland existierenden Kreditinstitute zu vergleichen, geht deshalb zu weit und war als unbegründet abzuweisen. Mit dem als Anlage K 8 vorgelegten Bericht der BaFin hat der Kläger unstreitig gestellt, dass nicht alle Kreditinstitute in Deutschland Zahlungskonten für Verbraucher bereitstellen.
53
Der Klageantrag Ziffer 1 a) war daher im Hauptantrag insgesamt abzuweisen. Auch eine einschränkende Verurteilung dahingehend, dass es die Beklagte unterlassen soll, Zahlungskontenangebote von nicht mehr als einem Drittel der in Deutschland existierenden Kreditinstitute zu vergleichen, die Zahlungskonten für Verbraucher anbieten, kam nicht in Betracht. Es fehlt insoweit an der für einen Unterlassungsanspruch erforderlichen Wiederholungsgefahr. Da die Beklagte mindestens Angebote von 556 Banken und damit von mehr als einem Drittel der in Deutschland existierenden Kreditinstitute, die Zahlungskonten für Verbraucher anbieten, auf ihrer Webseite verglichen hat, hat sie eine entsprechende Verletzungshandlung nicht begangen hat. Für die Wiederholungsgefahr streitet mithin keine tatsächliche Vermutung.
54
(3) Der Klageantrag Ziffer 1 a) hat jedoch im Hilfsantrag Erfolg (Ziffer I a) des Tenors).
55
Nach substantiiertem Vortrag des Klägers (vgl. Anlage K 8) hielten zum 31.12.2019 etwa 1.300 Kreditinstitute Zahlungskonten für Verbraucher bereit. Die Vergleichswebseite der Beklagten enthielt demgegenüber - nach dem Vortrag der Beklagten - (lediglich) Angebote von 566 Banken bzw. - nach dem Vortrag des Klägers - von 556 Banken. Sowohl nach dem Vortrag der Beklagten als auch nach dem Vortrag des Klägers wurden auf der Webseite folglich weniger als 50 % der Kreditinstitute, welche Zahlungskonten für Verbraucher anbieten, verglichen. Wie aus dem Vortrag der Beklagten weiter hervorgeht, fanden sich auf der Vergleichswebseite zwar Banken aus jeder Bankengruppe und wurden in den meisten Fällen 80 % der Bilanzsumme der jeweiligen Bankengruppe repräsentiert, jedoch beinhaltete die Vergleichswebseite lediglich 27 der 146 Regionalbanken und sonstigen Kreditbanken, 4 der 110 Zweigstellen ausländischer Banken, 200 der 379 Sparkassen und über 300 der 816 Volks- und Raiffeisenbanken. Die geringe Anzahl der verglichenen Kreditinstitute von weniger als 50 % der in Deutschland existierenden Kreditinstitute, die Zahlungskonten für Verbraucher bereithalten, konnte folglich die von § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 VglWebV geforderte regionale Abdeckung der deutschen Banken- und Sparkassenlandschaft nicht gewährleisten. Sie wird den gesetzlichen Anforderungen mithin nicht gerecht.
56
cc) Die in § 18 Nr. 6 ZKG vorgesehene und von der Beklagten auf ihrer Webseite wiedergegebene Erklärung, dass die angebotenen Informationen keine vollständige Marktübersicht darstellen, befreit nicht von dem Erfordernis, ausreichend Zahlungskontenangebote darzustellen, damit ein wesentlicher Teil des deutschen Marktes abgedeckt wird. Denn die Voraussetzungen gelten, wie sich aus der „und“-Verknüpfung in § 18 Nr. 6 ZKG ergibt, kumulativ und nicht alternativ.
57
c) Ein Verstoß gegen § 18 Nr. 6 ZKG, § 9 VglWebV ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Vergleichswebseite der Beklagten im August 2020 von der TÜV Saarland Certification GmbH zertifiziert worden ist.
58
Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die in § 16 ZKG geregelte Zertifizierung durch die hierfür zuständige Stelle erfolgt ist. Das Zertifikat entbindet indes nicht von der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben. Es setzt nach § 16 Abs. 1 ZKG vielmehr voraus, dass die in §§ 17, 18 ZKG genannten Kriterien erfüllt sind. Konstitutive Wirkung hat der Gesetzgeber der Zertifizierung nicht beigemessen. Gemäß § 16 Abs. 2 ZKG verleiht die Zertifizierung lediglich die Berechtigung zum Führen der Bezeichnung „Vergleichswebsite nach dem Zahlungskontengesetz“ und zur Verwendung des Zertifizierungssymbols.
59
4. Dass das Handeln der Beklagten aufgrund der erfolgten Zertifizierung durch die TÜV Saarland Certification GmbH unzweifelhaft nicht als schuldhaft anzusehen sein dürfte, kann die Beklagte im hiesigen Verfahren nicht entlasten. Denn der seitens des Klägers geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht verschuldensunabhängig.
60
5. Die Zuwiderhandlung der Beklagten gegen die Marktverhaltensregelung der § 18 Nr. 6 ZKG und § 9 VglWebV ist ferner geeignet, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen im Sinne des § 3a UWG.
61
Der Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung indiziert im Regelfall die Eignung zur spürbaren Beeinträchtigung der Marktteilnehmer, an die sich die Handlung richtet (vgl. Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 39. Auflage, § 3a Rdn. 1.112). Umstände, die diese tatsächliche Vermutung erschüttern könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Die beanstandete Ausgestaltung der Vergleichswebseite kann die Verbraucher dazu verleiten, bei der Auswahl eines Zahlungskontos Kreditinstitute oder Kontomodelle außer Acht zu lassen, obwohl diese für sie günstiger bzw. attraktiver wären.
62
6. Durch die erfolgte Verletzungshandlung wird die für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr indiziert; eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hat die Beklagte nicht abgegeben. Auch durch die Einstellung des Betriebs der Vergleichswebseite ist die Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Denn eine nur tatsächliche Veränderung der Verhältnisse lässt die Wiederholungsgefahr unberührt, solange nicht auch jede Wahrscheinlichkeit für eine Wiederaufnahme des unzulässigen Verhaltens durch den Verletzer beseitigt ist (vgl. BGH GRUR 2000, 605, 608 - comtes/ComTel; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, UWG, 39. Auflage, § 8 Rdn. 1.51).
63
III. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ferner ein Anspruch auf Erstattung der Kosten seiner berechtigten und überwiegend begründeten (hierzu Ziffer I.) Abmahnung in Höhe der geltend gemachten Pauschale von 210,- EUR, welche die Beklagte zu Recht nicht beanstandet hat, aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG a.F. zu. Unbeachtlich ist, dass die Abmahnung nicht in vollem Umfang begründet war. Denn die Kostenpauschale ist auch dann in voller Höhe zu zahlen, wenn sich die Abmahnung eines Verbandes als nur teilweise begründet erwiesen hat (vgl. BGH GRUR 2010, 744 Tz. 51 - Sondemewsletter, OLG München GRUR-RR 2018, 381 Tz 51 - NEUSCHWANSTEINER).
64
B. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung einer Schriftsatzfrist auf den Schriftsatz der Gegenseite vom 09.07.2021 war abzulehnen. Über den lediglich hilfsweise gestellten Antrag war zu entscheiden, da der Klage nicht vollumfänglich stattgegeben wurde. Der Antrag war abzulehnen, da der Schriftsatz der Beklagten vom 09.07.2021 innerhalb der Wochenfrist des § 132 Abs. 1 ZPO (vgl. Bl. 59 d.A.) und damit rechtzeitig vor dem Termin eingegangen ist.
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C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 1 Var. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.