Titel:
Marken mit beschreibendem Anklang haben regelmäßig nur geringe originäre Kennzeichnungskraft
Normenketten:
BGB § 823 Abs. 1, § 1004
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2
UMV Art. 9 Abs. 2 lit. b
Leitsätze:
1. Die Frage, ob Verwechslungsgefahr i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bzw. Art. 9 Abs. 2 lit. b UMV gegeben ist, ist unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist grundsätzlich in Ansehung ihres Gesamteindrucks nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Zeichen auf die angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ob der Gesamteindruck eines zusammengesetzten Zeichens von einem diesen prägenden Zeichenbestandteil dominiert wird, ist im jeweiligen Einzelfall konkret festzustellen. Allein auf den dominierenden Bestandteil einer zusammengesetzten Marke kommt es aber nur dann an, wenn alle anderen Markenbestandteile zu vernachlässigen sind. Eine hinreichende Prägung des Gesamteindrucks durch einen Markenbestandteil kann deshalb nicht angenommen werden, wenn sich dieser Bestandteil als lediglich gleichgewichtig mit anderen Markenteilen darstellt, etwa wenn ein Zeichen aus mehreren gleichermaßen kennzeichnungsschwachen Bestandteilen besteht. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Marken, die über einen für die jeweilige Waren oder Dienstleistungen erkennbar beschreibenden Anklang verfügen oder zum großen Teil aus freihaltebedürftigen Zeichen/Formen bestehen, haben regelmäßig nur geringe originäre Kennzeichnungskraft. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zuständigkeit, Parteifähigkeit, Unterlassungsanspruch, Verwechslungsgefahr, Kennzeichnungskraft, Abmahnkosten, Streitwertfestsetzung
Fundstelle:
GRUR-RS 2020, 63210
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollziehen an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten, verboten,
in der Bundesrepublik Deutschland Abnehmer der Klägerin im Wege der Abmahnung aufzufordern, sich gegenüber der Beklagten als Gläubigerin im Wege einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu verpflichten:
1. es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung von der Gläubigerin nach billigem Ermessen festzusetzenden und im Streitfall vom Landgericht D… zu überprüfenden Vertragsstrafe zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Spielmassen und/oder Spielgel ohne Zustimmung der Gläubigerin unter der Bezeichnung „Magic Slimy“ anzubieten und/oder zu bewerben.
2. Der Gläubigerin unter Vorlage geeigneter Unterlagen, nämlich Rechnungen und Lieferscheine, Auskünfte über Art, Umfang und Dauer der nach Ziffer 1 bezeichneten Handlung zu erteilen, insbesondere Angaben zu machen über die Menge der ausgelieferten, erhaltenen und bestellten Waren im Sinne von Ziffer 1 sowie über die Preise, die für die betreffenden Waren gezahlt wurden und die mit dem Vertrieb der genannten Waren erzielten Umsätze einschließlich des Gewinns.
3. Der Gläubigerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
4. Die nach Ziffer 1 widerrechtlich gekennzeichneten Waren zu vernichten und der Gläubigerin hierüber einen entsprechenden Nachweis zu erbringen.
wenn dies geschieht wie in den als Anlage Ast 25 vorgelegten Abmahnungen gegenüber Herrn B… und der A… EUR S…, Niederlassung D….
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 886,45 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 12.06.2019 zu bezahlen.
III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV. Das Urteil ist in Ziff. I vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 € und in Ziff. II. und III. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Der Streitwert wird auf 70.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Klägerin macht einen Unterlassungsanspruch wegen vermeintlich unberechtigter markenrechtlicher Schutzrechtsverwarnung gegenüber Abnehmern bzw. Anbietern ihrer Produkte sowie einen Anspruch auf Zahlung anteiliger Abmahnkosten geltend.
2
Die Parteien bieten als unmittelbare Wettbewerber sog. Trendartikel für Kinder an, darunter auch Spielmassen der streitgegenständlichen Art, wobei zwischen den Parteien auch die Bezeichnung streitig ist, insbesondere ob und unter welchen Voraussetzungen es sich um Spielgel und/oder Spielschleim und/oder Knetmasse handele.
3
Die Beklagte ist Inhaberin der Unionswortmarke „Slimy“ (Nr. EU003826138), eingetragen seit 10.04.2006 für „Knetmasse (Spielwaren), Scherzartikel, ausgenommen solche, die in Gänze oder in Bestandteilen eine schleimige, also zerfließende, nicht formbare Konsistenz aufweisen, verformbare Spielmassen, Spielzeug, ausgenommen solches, das in Gänze oder in Bestandteilen eine schleimige, also zerfließende, nicht formbare Konsistenz aufweist“. Sie ist ferner Inhaberin der deutschen Wortmarke „Slimy“ (Nr. DE30354607), eingetragen seit 8.12.2003 für „Knetmassen (Spielwaren)“ sowie „verformbare Spielmassen“. (Registerauszüge Anlagenkonvolute AST 13 und AST 14). Die Beklagte hat exemplarisch für die von ihr vertriebenen Spielmassen Anlagen KP 19 a bis 19 g vorgelegt.
4
Die Klägerin vertreibt unter den Produktlinien „CRAZE Magic Slimy neon“ und „CRAZE Magic Slimy metallic“ Spielmassen mit Produktverpackung und Logo-Gestaltung, wie auf Seite 5 der Klageschrift (Bl. 5 d.A.) und Seite 3 der Klageerwiderung (Bl. 40 d.A.) eingelichtet sowie in Anlage AST 2 abgebildet. Als Anlagen AST 3 und AST 33 (vgl. Foto nach Bl. 70) hat die Klägerin exemplarisch Originalprodukte vorgelegt.
5
Die Beklagte mahnte auf der Basis ihrer Unionsmarke und unter Bezugnahme auch auf ihre deutsche Marke die Klägerin ab (Anlage AST 13). Die Klägerin ließ die Ansprüche zurückweisen (Anlage AST 19). Die Beklagte erwirkte gegen die Klägerin bezogen auf die von der Klägerin vertriebenen Produktlinien „CRAZE Magic Slimy neon“ und „CRAZE Slimy metallic“ vor dem Landgericht Düsseldorf (Aktenzeichen 2 a O 259/18) eine auf die deutsche Marke gestützte einstweilige Verfügung vom 19.10.2018, die auf Widerspruch nach mündlicher Verhandlung bestätigt wurde und welche der Klägerin den weiteren Vertrieb und die Bewerbung entsprechenden „Spielgels“ untersagte (im Einzelnen Bl. 13/16 d.A. und Anl. AST 20 bis AST 24 a sowie Anlage KP 12) Im Berufungsverfahren nahm die [xxx] nach der Berufungsverhandlung den Antrag auf Erlass der Einstweiligen Verfügung zurück (Anlage AST 34).
6
Im November 2018 nach Erlass der einstweiligen Verfügung durch das Landgericht Düsseldorf mahnte die Beklagte Anbieter von „CRAZE Magic Slimy“ – Produkten ab und forderte sie zur Abgabe von Unterlassungserklärungen auf, darunter eine Abmahnung vom 13.11.2018 gegenüber einem Abnehmer B… und eine Abmahnung gegenüber A…, Niederlassung Deutschland, M… vom 12.11.2018 (vgl. Anlagenkonvolut AST 25; vgl. zu den am 13.11.2018 verfügbaren Online-Angeboten Screenshot Anlage KP 15). In den Abmahnungen wurde auf die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf hingewiesen und diese – teilweise geschwärzt – überreicht. Aus den Abmahnschreiben ergab sich nicht, wer Schuldner der einstweiligen Verfügung war. Es wurden eine Verletzung der Unionsmarke und der deutschen Marke geltend gemacht und hieraus kennzeichenrechtliche Unterlassungs- und Folgeansprüche auf Auskunft, Vernichtung und Schadensersatz abgeleitet und ergänzt: „Diese Rechtsauffassung teilt auch das Landgericht Düsseldorf.“ Mit dem der Abmahnung beigefügten (geschwärzten) Beschluss sei vorläufig der weitere Vertrieb des Produkts Magic Slimy untersagt worden. Zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung wurden die Abgemahnten jeweils aufgefordert, „die diesem Schreiben beigefügte strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung“ rechtsverbindlich unterzeichnet binnen einer in der Abmahnung gesetzten Frist an die Antragsgegnervertreter zurückzusenden. Konkret heißt es insofern: „Zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung haben wir sie namens und in Vollmacht unserer Mandantin aufzufordern, die diesem Schreiben beigefügte strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung spätestens bis Montag den 19.11.2018 rechtsverbindlich unterzeichnet an uns zurückzusenden.“ Die Ziffern I 1-4 der hiesigen Anträge entsprechen den Ziffern 1.-4. der geforderten Unterlassungserklärung.
7
Die Klägerin ließ, nachdem sie von den Abmahnungen erfahren hatte, die Beklagte mit Schreiben vom 19.11.2018 wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung abmahnen (Anlagenkonvolut AST 26). Die Beklagte ließ die Ansprüche zurückweisen und gab keine Unterlassungserklärung ab (vergleiche Anlagenkonvolut AST 30).
8
Die von der Klägerin daraufhin vor dem Landgericht München I beantragte einstweilige Verfügung wurde nach Zurückweisung in 1. Instanz auf sofortige Beschwerde hin vom 29. Senat des OLG München erlassen (Az: 33 O 16531/18 LG München I; Az: 29 W 90/19 OLG München, Anlage AST 31).
9
Nach Zustellung der einstweiligen Verfügung an die Beklagte erklärte diese, keine Abschlusserklärung abzugeben. Es wurde Frist zur Einreichung einer Hauptsacheklage gesetzt (Anlagenkonvolut AST 32), die am 8.4.2029 eingegangene Hauptsacheklage wurde der Beklagten am 11.06.2019 zugestellt.
10
Die Klägerin trägt vor:
11
Bei den von der Beklagten abgemahnten klägerischen Produkten handele sich um sog. „Schleim zum Spielen“. Man könne ihn drücken, ziehen und quetschen. Das Produkt sei zähflüssig, falle aber immer wieder in sich zusammen, so dass die Masse ihre Form nicht eigenständig behalte. Es handele sich nicht um verformbare Spielmasse wie Knete, welche ihre Form selbständig behalte.
12
Bei dem Begriff „Slimy“ handele es sich um ein dem englischen Wortschatz entnommenes Adjektiv, welches unter anderem als „schleimig“ bzw. „glibberig“ übersetzt werde (vgl. Auszug aus dem Online-Wörterbuch Linguee, Anl. AST 11). Das Wort „Slimy“ beschreibe daher klar das Produkt, und es handele sich für das Kernprodukt um eine reine Produkt- bzw. Inhaltsbeschreibung. So verhalte es sich auch im Hinblick auf den Begriff „Slime“, der wörtlichen Übersetzung von Schleim bzw. Schlamm.
13
Die Beklagte habe in den streitgegenständlichen Abmahnungen einen Schutzumfang ihrer deutschen und ihrer Unionsmarke suggeriert, der nach den Registrierungen nicht bestehe: Die Unionsmarkenregistrierung nehme die in Streit stehenden Schleim-Produkte aus. Die Marke umfasse lediglich verformbare Spielmassen/Knetmasse, worunter nicht Produkte mit schleimartiger Konsistenz fielen. Eine Inaugenscheinnahme bzw. Prüfung des als Anlage AST 3 überreichten Originalprodukte werde unmittelbar bestätigen, dass dieses keine verformbare Spielmasse oder Spielgel darstelle. Während ein Gel nach Auftrag jedenfalls zunächst einmal in seiner Form verbleibe, ohne selbst verformbar wie eine Knetmasse zu sein, sei ein Schleim nicht geeignet, seine Konsistenz dauerhaft zu behalten. Ohnehin sei ein Schleimprodukt nicht dazu gedacht, Figuren zu legen. Die Konsistenz des Produkts lege dieses schlichtweg nicht nahe. Dies würden auch die mit Anlagenkonvolut AST 15 von der Klägerin mit dem eigenen Produkt durchgeführten Tests belegen. Bei normaler Verwendung blieben diese Produkte nicht in der behaupteten Form. Trage man das Produkt auf einen festen Untergrund auf, werde die Form nicht dauerhaft eibehalten, sondern verändere sich und dieser Prozess beginne unmittelbar. Dies bestätige sich auch aus der Einordnung des Produktes im Rahmen der für die Grenzwertbestimmung vorgenommenen Kategorisierung in Kategorie 2 (vgl. Anl. AST 16 und AST 17).
14
Zudem sei die deutsche Marke „auf die J… AG und nicht auf die Beklagte eingetragen“. Auch diese Marke beziehe sich in der Klasse 28 nicht abstrakt auf Spielzeug, sondern lediglich auf diverse Einzelprodukte, die dem Oberbegriff Spielwaren zuzuordnen seien, nämlich Knetmassen [Spielzeug] sowie verformbare Spielmassen; diese beträfen jedoch ebenfalls nicht Schleimprodukte. Dies ergebe sich aus Erwägungen in der Entscheidung des BPatG Aktenzeichen 32 W (pat) 17/05, BeckRS 2007, 09734 in einem Löschungsverfahren gegen die deutsche Marke (hierzu Bl. 9/10 d.A.).
15
Da eine Verwendung außerhalb von schleimartigen Scherzartikeln, wofür kein Markenschutz bestehe, nicht ersichtlich gewesen sei, habe die Klägerin davon ausgehen müssen und müsse dies weiterhin, dass insoweit keine rechtserhaltende Benutzung stattgefunden habe.
16
Es komme auch – entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht lediglich auf die Anmutung der tatsächlichen Konsistenz auf der Verpackung bzw. in der Bewerbung an. Entscheidend sei im Markenrecht um welches Produkt es sich faktisch handele. Schließlich entstehe auch durch die äußere Aufmachung kein anderer Eindruck als dass es sich um Schleim – und nicht um Knete – handele.
17
Weder für eine gesteigerte Kennzeichnungskraft aufgrund Benutzung noch für eine gesteigerte Bekanntheit der Marke sei hinreichend vorgetragen zu den konkreten Produktkategorien, Umsatz/Dauer/Ort der Benutzung der konkreten Marken; die vorgelegten Unterlagen würden nicht klar ausweisen, welches Zeichen hier überhaupt auf dem Produkt verwendet wurde bzw. ob die Verwendung markenrechtlich relevant gewesen sei.
18
Das für die vermeintliche Bekanntheit der Marken mit Anlage KP 23 vorgelegte Gutachten der G… sei für einen solchen Nachweis nicht geeignet und leide an diversen Schwächen: Es halte die Standards für demoskopische Gutachten (vgl. Auszug aus der Richtlinie von Markenanmeldungen und für die Registerführung des DPMA, Fassung vom 1.5.2019 Anlage AST 36) nicht ein: Seit 26.3.2019 führe die G… keine face-to-face-Befragungen mehr durch, die aber wegen der Manipulationsmöglichkeiten von Online-Befragungen zwingend sei und sonst von Gerichten nicht akzeptiert werden würden. Bei der Befragung sei zudem unzulässigerweise ein Wortzeichen sowie ein Wort-/Bildzeichen „Slimy“ kombiniert worden. Es hätte die Wort-/Bildmarke als eigenständiges Zeichen einer isolierten (neuen) Befragungsgruppe gestellt werden müssen. Hinzu komme, dass die im Gutachten abgefragte kombinierten Wort-/Bildmarke vorliegend irrelevant sei. Unabhängig davon, dürfe man die ermittelten Werte von Wortzeichen und Wort-/Bildzeichen auch nicht zusammenziehen. Auf einen solchen kombinierten Wert – konkret 38,4 % – berufe sich jedoch die Beklagte. Die streitgegenständlichen Marken erreichten diesen Wert gerade nicht. Ferner seien die Berechnungsansätze/tabellarische Darstellung nicht transparent. Die Antwortmöglichkeiten der Fragen 3 und 8 wichen von der Richtlinie für Markenanmeldungen ab, und die Kennzeichnungskraft sei falsch berechnet. Die Klägerin habe die I… O… GmbH (weltweit die Nummer 3 in der Marktforschungsbranche) mit Durchsicht/Prüfung des Gutachtens und Erstellung einer Stellungnahme beauftragt (vgl. Gutachten I…, Herr Dr. L… Anl. AST 38), welches die Bedenken zur Fragetechnik „Online“ und zur Fragemethodik bestätige. Zudem datiere das G…-Gutachten aus dem Mai 2019 und könne nicht rückwirkend für den Zeitpunkt der ausgesprochenen Abmahnungen eine Bekanntheit belegen, und auch keine rechtserhaltende Benutzung, da eine Zuordnung zu einem konkreten Unternehmen gerade nicht abgefragt worden sei.
19
Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stünde gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Unterlassung und Zahlung der geltend gemachten anteiligen Abmahnkosten zu, weil es sich bei den Abmahnungen, vorgelegt als Anlage AST 25, um unberechtigte Schutzrechtsverwarnungen handele. Die darin erhobenen Ansprüche bestünden nicht bzw. nicht im geltend gemachten Umfang. Gleichwohl berühmte sich die Beklagte gegenüber Dritten, welche keinen Einfluss auf die Sache und keine tiefere Kenntnis der Materie hätten, entsprechender Ansprüche. Dies stelle eine Verletzung von § 4 Nr. 4 UWG sowie § 4 Nr. 1, 2 UWG und § 823 Abs. 1 BGB (Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) dar. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestehe schon dem Grunde nach nicht:
20
Es fehle an der Parteifähigkeit bzw. Aktivlegitimation der Beklagten. Eine Firma, wie von der Beklagten in der Abmahnung angegeben („J… AG…“) existiere nicht. In jedem Fall fielen Klägerin und Markeninhaberin der deutschen Marke „Slime“ (J… AG) auseinander. Es sei nicht Aufgabe der Abgemahnten insoweit Recherchen anzustellen.
21
Die Beklagte verfüge über keine gewerblichen Schutzrechte, die ein aus einer zähflüssigen/schleimartigen Masse bestehendes Produkt (Schleimprodukt) abdeckten. Vielmehr sei die Marke wegen des beschreibenden Gehalts von Slimy für eine solche Erweiterung gesperrt.
22
Die Klägerin erhebt die Einrede fehlender rechtserhaltender Benutzung. Die deutsche Marke sei zudem nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG löschungsreif, da die Registrierung Slimy für nichtschleimige Produkte irreführend sei.
23
Auch bestünde keine Verwechslungsgefahr. Führe man sich das Marktumfeld vor Augen, so seien die Produkte alle sehr ähnlich und hätten eine ganz ähnliche Anmutung, es liege damit auf der Hand, dass dem Verkehr beim Erwerb ohnehin mehr Aufmerksamkeit abverlangt werde, als bei anderen Produkten. In diesem Kontext würden sich die „CRAZE Magic Slimy neon/metallic“-Produkte der Klägerin ausreichend abheben.
24
Hinzu komme, dass der Begriff Slimy für die hier in Rede stehenden Schleimprodukte generisch bzw. rein beschreibend sei, sodass der Markenschutz selbst bei unterstelltem Bestand der Marke denkbar eng wäre. Verformbare Produkte bzw. Knetprodukte setzen sich von Schleim-Produkten ab. Fragen der Produktähnlichkeit stellten sich nicht.
25
Die Drittnutzungen von Slime und Slimy in der EU belegten den beschreibenden Charakter der Bezeichnung und ein hochgradiges Maß an Verwässerung.
26
Schließlich würden markenrechtliche Ansprüche an der mangelnden Zeichenähnlichkeit scheitern. Es stünden sich „CRAZE MAGIC SLIMY neon“ und „CRAZE MAGIC SLIMY metallic“ usw. Auf der einen Seite und „Slimy“ mit weiteren Zusätzen auf der anderen Seite gegenüber. Unter Berücksichtigung der von Haus aus bestehenden Kennzeichenschwäche von Slimy sei eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen. Zudem leuchte nicht ein, warum der vorangestellte und damit besonders ins Auge fallenden Begriff Magic für den Ausschluss der vermeintlichen Verwechslungsgefahr keine Bedeutung haben solle. Nicht nur durch die auf Beklagtenseite verwendeten Zusätze CRAZE, MAGIC sowie neon bzw. metallic, sondern auch durch die Gestaltung der jeweiligen Logos seien Verwechslungen ausgeschlossen. Es fehle deshalb schlicht am materiellrechtlichen Anspruch für die geforderten Verpflichtungserklärungen.
27
Doch sogar wenn man für einen Augenblick unterstelle, dass dieser bestehe, stellten sich die Abmahnungen wegen Abmahnexzesses als rechtsverletzend dar. Denn die Beklagte fordere in ihren Abmahnungen eine ganz spezifische Unterlassungserklärung, berühme sich weitergehender Ansprüche und suggeriere, diese seien ebenfalls bereits vorläufig gerichtlich bestätigt worden: Es sei die Unterlassung der Nutzung einer Bezeichnung „Magic Slimy“ gefordert worden; dieses isolierte Zeichens sei jedoch von den Abgemahnten nicht verwendet worden, vielmehr „CRAZE Magic Slimy neon“ bzw. „CRAZE Magic Slimy unicorn“. Nur insoweit könne überhaupt Wiederholungsgefahr bestehen. Zudem müsse sich die Unterlassung auf eine markenmäßige – und nicht nur beschreibende oder dekorative – Benutzung beziehen. Die Unterlassungserklärung lasse die territoriale Erstreckung offen, so dass sie, nachdem sie auch auf eine Unionsmarke gestützt werde, nur so verstanden werden könne, dass sie sich auf die gesamte EU beziehen solle; für eine Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr außerhalb Deutschlands fehlten aber Anhaltspunkte. Die Erklärung erfasse auch Annexansprüche, zu welchen sich das LG Düsseldorf im eV-Verfahren gar nicht verhalten habe. Weiterhin werde gefordert, dem ausschließlichen Gerichtsstand Düsseldorf zuzustimmen, worauf kein Anspruch bestehe.
28
Die Beklagte sei ferner unter Berücksichtigung der im eV-Verfahren geltend gemachten 1,3 Verfahrensgebühr zur Erstattung der anteiligen 0,65 Geschäftsgebühr für das Abmahnverfahren berechtigt. Dies ergebe sich aus §§ 2, 13, 14 i.V.m. Nr. 2300 VV RVG auf der Basis eines Gegenstandswertes von Euro 70.000. Unter Berücksichtigung der Post und Telekommunikationspauschale gemäß Nummer 7002 VV RVG errechne sich ein Gesamtbetrag von Euro 886,45 zuzüglich Zinsen ab Rechtshängigkeit.
29
Die Klägerin beantragt:
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), diese zu vollziehen an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten,
in der Bundesrepublik Deutschland Abnehmer der Klägerin im Wege der Abmahnung aufzufordern, sich gegenüber der Beklagten als Gläubigerin im Wege einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu verpflichten:
- 1.
-
es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung von der Gläubigerin nach billigem Ermessen festzusetzenden und im Streitfall vom Landgericht Düsseldorf zu überprüfenden Vertragsstrafe zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Spielmassen und/oder Spielgel ohne Zustimmung der Gläubigerin unter der Bezeichnung „Magic Slimy“ anzubieten und/oder zu bewerben.
- 2.
-
Der Gläubigerin unter Vorlage geeigneter Unterlagen, nämlich Rechnungen und Lieferscheine, Auskünfte über Art, Umfang und Dauer der nach Ziffer 1 bezeichneten Handlung zu erteilen, insbesondere Angaben zu machen über die Menge der ausgelieferten, erhaltenen und bestellten Waren im Sinne von Ziffer 1 sowie über die Preise, die für die betreffenden Waren gezahlt wurden und die mit dem Vertrieb der genannten Waren erzielten Umsätze einschließlich des Gewinns.
- 3.
-
Der Gläubigerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
- 4.4.
-
Die nach Ziffer 1 widerrechtlich gekennzeichneten Waren zu vernichten und der Gläubigerin hierüber einen entsprechenden Nachweis zu erbringen.
wenn dies geschieht wie in den als Anlage AST 25 vorgelegten Abmahnungen gegenüber Herrn B… und der A…, Niederlassung Deutschland.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 886,45 neben Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
30
Die Beklagte beantragt
31
Die Beklagte trägt vor, entgegen der Darstellung der Klägerin, handele es sich bei den von ihr vertriebenen Produkten nicht um Flüssigkeiten, sondern seien auch diese in gewissem Maße verformbar. Spielmassen, ob nun schleimig oder nicht müssten auch zu einem gewissen Grad verformbar sein, ansonsten ließe sich nicht mit ihnen spielen. Auch ausweislich der Bewerbung der Klägerin handele es sich bei ihrem Produkt um eine verformbaren Spielmasse. Sie werbe damit, dass sich die Spielmasse „drücken, ziehen, quetschen und kneten lasse“. Die als Anlage KP 8 überreichten Fotos des streitgegenständlichen Produktes zeigten, dass es ohne weiteres möglich sei, aus dem Produkt Magic Slimy verschiedene Formen zu legen, sie behielten ihre Form auch nach dem verbringen in diese Form bei und zerflössen nicht direkt wieder. Zu den von der Beklagten markenrechtlich geschützten Waren bestehe daher Identität oder jedenfalls hochgradige Ähnlichkeit.
32
Die Beklagte habe die Marken auch intensiv und umfangreich genutzt. Im Jahr 2017 habe sie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nur mit „Slimy“-Produkten über 5 Mio. € Umsatz erzielt (bezogen auf das Absatzvolumen) und im Jahr 2018 deutlich über 9 Mio. €. Ein wesentlicher Teil des Vertriebs in Deutschland erfolge über die T… GmH, welche im Jahr 2017 mit Slimy-Produkten einen Umsatz von ca. 2,7 Mio. € und in 2018 von ca. 4,4 Mio. € erzielt habe (vgl. Tabellen Anlage KP 20). Die Beklagte weist zudem hin auf und überreicht Werbematerialien aus den Jahren 2015, 2016 und 2018 (Anlage KP 21) sowie Rechnungen aus den letzten Jahren als Anlage KP 22. Konkreter habe das Umsatzvolumen mit „Slimy Ooops“ und „Mega Slimy“-Produkten, Artikel, die verformbare Spielmassen seien, in 2017 € … und in 2018 € … betragen. Das Umsatzvolumen für die Produkte „Magic Putty“ und „Knete Genius“, bei denen es sich um Knetmassen handele, habe in 2017 € … und in 2018 € … betragen. Sämtliche dieser Umsätze könnten nötigenfalls durch entsprechende Rechnungen nachaewiesen werden.
33
Eine von ihr veranlasste Verkehrsbefragung durch die G… im Mai 2019 habe einen Kennzeichnungsgrad von „Slimy“ von 38,4 % ergeben; dies entspreche einer hohen Bekanntheit (G…-Studie Anlage KP 23).
34
Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass eine Verwässerung eingetreten sei. Die Beklagte gehe konsequent gegen Markenverletzungen vor, eine Verwässerung sei von der Klägerin nicht substanziiert vorgetragen und auch nicht ersichtlich (im Einzelnen Bl. 55/56 d.A.).
35
Die Beklagte ist der Auffassung, die Schutzrechtsverwarnungen seien zu Recht erfolgt, die Klägerin habe mit den beanstandeten Produkten und deren Bewerbung Ausschließlichkeitsrechte der Beklagten gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verletzt.
36
Zu den von der Beklagten markenrechtlich geschützten Waren bestehe Identität oder jedenfalls hochgradige Ähnlichkeit. Die Klägerin müsse sich an ihrer Werbung festhalten lassen, wonach es sich bei ihrem Produkt um verformbare Spielmasse handele, Spielmasse, die sich „drücken, ziehen, quetschen und kneten lasse“. Es könne nicht darauf ankommen, wie die konkreten Produkte tatsächlich beschaffen seien. Die Verbraucher-/Kaufentscheidung werde vorher getroffen. Es könne nicht in jedem Einzelfall, möglicherweise noch im Rahmen der Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher kontrolliert werden müssen, wie die Konsistenz des konkreten Produktes sei und ob eine wo auch immer genau verlaufende Grenze zwischen verformbarer Spielmasse und Spielgel überschritten sei. Entscheidend für die Kaufentscheidung des Verbrauchers sei die Darstellung in der Werbung.
37
Die Kennzeichnungskraft der Slimy-Marken der Beklagten sei durch die intensive Benutzung und die mit dem G…-Gutachten zusätzlich belegte große Bekanntheit gesteigert. Soweit die Klägerin einwende, das G…-Gutachten habe Vorgaben des DPMA nicht eingehalten, sei dies unsubstanziiert und werde bestritten. Bestritten werde auch, dass solche Vorgaben verbindlich seien. Die G… sei führender Anbieter von Meinungsumfragen und das vorgelegte Gutachten entspreche den aktuellen seitens Ämtern und Gerichten angewandten Vorgaben. Abgesehen davon sei der Fragenkatalog in der Richtlinie des DPMA nur beispielhaft; die Fragen im Gutachten folgten diesen Vorgaben im wesentlichen. Die Einwände des Gegengutachtens griffen ebenso wenig durch. Entscheidend für die Repräsentativität sei nicht das Auswahlverfahren bzw. die methodische Vorgehensweise, sondern ob eine Stichprobe die Grundgesamtheit abbilde. Online Interviews seien face-to-face-Befragungen vorzuziehen. Die Tabellen seien nachvollziehbar. In dem Gutachten werde zunächst die Bekanntheit und Kennzeichnungskraft allein der Wortmarke „Slimy“ ermittelt. Die Abfrage der Wort-/Bildmarke in den nachfolgenden Fragen habe hierauf keinen Einfluss. Das Gutachten veranschauliche die durch langjährige intensive Benutzung der Marke „Slimy“ erworbene hohe Kennzeichnungskraft und hohe Bekanntheit, welche auch der Grund dafür sei, dass die Klägerin ihr Nachahmerprodukt als „Magic Slimy“ betitelte.
38
Der Zeichenabstand sei nicht ausreichend, um eine Verwechslungsgefahr auszuräumen. Der Begriff Slimy werde von der Klägerin zwar nicht in Alleinstellung verwendet, sondern unter Hinzufügung von Magic bzw. CRAZE Magic, dies sei aber nicht ausreichend. Magic bedeute lediglich magisch oder zauberhaft und sei ein beschreibender Begriff, der nur eine Eigenschaft des Produktes aufgreife. Slimy sei somit der einzige kennzeichnungskräftige Begriff der Werbung. Die rechtliche Würdigung des OLG München, die Begriffe Magic Slimy und Slimy seien – trotz unterstellter Warenidentität – nicht verwechslungsfähig, sei mit geltender Rechtsprechung nicht in Einklang zu bringen. Der Begriff Magic sei im Spielzeugbereich weit verbreitet und durchweg beschreibend, er besitze keinerlei Kennzeichnungskraft. Dem kennzeichnungskräftigen Bestandteil „Slimy“ für verformbare Spielmassen werde deshalb lediglich ein anpreisender beschreibender Bestandteil hinzugefügt. Nach ständiger Rechtsprechung sei es ein starker Indikator, dass eine Zeichenähnlichkeit bestehe, wenn eine Marke aus der älteren Marke bestehe und lediglich ein weiteres Wort hinzugefügt werde. Vorliegend gehe die ältere vollständig in die neue auf. Magic als zauberhaft oder magisch werde auch aufgrund seiner weitverbreiteten Nutzung im Spielwarenbereich als anpreisendes Merkmal gesehen. Er sei nicht geeignet, die Aufmerksamkeit des Verbrauchers stärker auf sich zu lenken als der Bestandteil Slimy. Angesichts der nachgewiesenen Kennzeichnungskraft und dem eher niedrigen Aufmerksamkeitsgrad des relevanten Publikums sei von Verwechslungsgefahr auszugehen. Dies sogar, wenn man nicht von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Marke ausginge. Insbesondere sei davon auszugehen, dass die Verbraucher denken könnten, dass Magic Slimy eine weitere Version der unter Slimy vertriebenen Waren der Beklagten bezeichnet und dass die Waren und Dienstleistungen von demselben Unternehmen angeboten werden würden, insbesondere weil die Beklagte neben der Marke Slimy noch zahlreiche weitere Begriffe verwende, die zum Teil auch markenrechtlich geschützt seien, wie zum Beispiel „Fluffy Slimy“, „Squeeshy Slimy“, „Slimy Magic Putty“, „Hydro Slimy“ und sich die Zeichenverwendung der Klägerin hierin einreihe.
39
Der Begriff Slimy werde durch die Klägerin auch nicht etwa beschreibend, sondern markenmäßig benutzt. Zur Beschreibung heißt es ansonsten „bunter und sicherer Schleimspaß“. Slimy hingegen werde in der Bewerbung selbst sowie auch auf dem Produkt mit einer besonderen Schrift als Produktname verwendet. Das Herausstellen des bildlich ausgestalteten Begriffs Magic Slimy auf der Verpackung mit Anfangsbuchstaben in Großschreibweise erfolge markentypisch. Zusätzlich spreche für die markenmäßige Verwendung, dass sich die Klägerin auch dem Begriff „Magic Slimy“ als Unionsmarke schützen ließ.
40
Eine unberechtigte Schutzrechtsverletzung liege auch deshalb nicht vor, weil die Beklagte zuerst gegenüber der Klägerin als Herstellerin vorgegangen sei und diese auch nach Erlass der Einstweiligen Verfügung des Landgerichts Düsseldorf auf die weiterhin bestehenden Online-Angebote von Anbietern hingewiesen habe (Schreiben vom 25.10.2018 und vom 29.10.2018, Anlagen KP 13 und KP 14). Dementsprechend fehle das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin, sich gegen die Schutzrechtsverwarnung der Abnehmer zu wenden. Die vorzunehmende Interessenabwägung falle zugunsten der Beklagten aus. Aufgrund der einstweiligen Verfügung habe die Klägerin die Produkte ohnehin nicht weitervertreiben dürfen und wäre verpflichtet gewesen, ihre Abnehmer aufzufordern, die Waren vorläufig nicht weiter zu vertreiben (BGH I ZB 96/16 – Produkte zur Wundversorgung).
41
Die Marken seien auch weder löschungsreif, noch hätte die Beklagte sie nur für Produkte außerhalb des beanspruchten Schutzumfangs benutzt (im einzelnen Bl. 52/53 d.A.).
42
Die Beklagte trägt ferner vor, die Marke Slimy habe – erwiesenermaßen – große Bekanntheit. Diese Bekanntheit versuche sich die Klägerin unlauter zu Nutze zu machen. Sie habe das Zeichen „Magic Slimy“ nur aus dem Grund verwendet, die Bekanntheit von Slimy auszunutzen und eine Verwechslung mit den Marken der Beklagten intendiert.
43
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.
44
Die Kammer hat mit Einverständniserklärung der Klageseite vom 08.05.2020 (Bl. 94 d.A.) und der Beklagtenseite vom 11.05.2020 (Bl. 95 d.A.) gemäß Beschluss vom 11.05.2020 (Bl. 97/99) im schriftlichen Verfahren entschieden, für welchen als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht und bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, der 29.05.2020 bestimmt wurde.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig. Das Landgericht München I ist zuständig international gem. Art. 5 Nr. 3 LugÜ, örtlich gem. § 32 ZPO, weil der Sitz eines der Abgemahnten im Bezirk des Landgerichts München I liegt, örtlich zudem gem. § 39 ZPO und sachlich gem. § 140 MarkenG. An der Parteifähigkeit der Beklagten bestehen keine Zweifel. Die Parteien wissen, dass mit der Bezeichnung der Beklagten als „J…AG/SA“ die J… AG (Aktiengesellschaft) bzw. J… SA (Société Anonyme) gemeint ist, so dass über die Identität der Beklagten zu keinem Zeitpunkt ein Zweifel bestand.
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Die Klage ist begründet.
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Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gem. § 823 Abs. 1, § 1004 BGB zu, da die streitgegenständlichen, als Anlage AST 25 vorgelegten Abmahnungen unberechtigte Schutzrechtsverwarnungen sind. Für die abgemahnte Markenverletzung fehlt es an Verwechslungsgefahr mangels hinreichender Zeichenähnlichkeit.
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Dies hat der 29. Senat des OLG München im vorangehenden Verfahren der einstweiligen Verfügung (Beschluss vom 30.01.2019 – 29 W 90/19) auf die sofortige Beschwerde der hiesigen Klägerin hin entschieden. Die Kammer schließt sich dieser Auffassung mit einer – im Anschluss an die Wiedergabe der Erwägungen des Senats darzulegenden – Abweichung im Bereich der Kennzeichnungskraft ausdrücklich an.
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Der 29. Senat des OLG München hat ausgeführt (Beschluss vom 30.01.2019 – 29 W 90/19, Seiten 43/47):
„1. Mit den streitgegenständlichen Schutzrechtsverwarnungen behauptet die Antragsgegnerin gegenüber den Abgemahnten eine Verletzung ihrer Unions- wie auch ihrer deutschen Marke „Slimy“ durch das Anbieten der Produkte „Craze Magic Slimy Unicorn“ bzw. „Craze Magic Slimy Neon“ und leitet daraus kennzeichenrechtliche Unterlassungs- und Folgeansprüche ab. „Diese Rechtsauffassung“ teile – so die Antragsgegnerin in den streitgegenständlichen Abmahnungen – auch das Landgericht Düsseldorf. Mit dem der Abmahnung beigefügten (geschwärzten) Beschluss sei vorläufig der weitere Vertrieb des Produkts Magic Slimy untersagt worden. Zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung wurden die Abgemahnten jeweils aufgefordert, „die diesem Schreiben beigefügte strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung“ rechtsverbindlich unterzeichnet binnen einer in der Abmahnung gesetzten Frist an die Antragsgegnervertreter zurückzusenden.
2. Die in der Abmahnung behauptete Kennzeichenrechtsverletzung liegt jedoch nicht vor, denn es fehlt an der erforderlichen Zeichenähnlichkeit, so dass keine Verwechslungsgefahr besteht, selbst wenn man zugunsten der Beklagte nur auf die Zeichen „Slimy“ einerseits und „Magic Slimy“ andererseits abstellt und von Warenidentität der sich gegenüberstehenden Produkte ausgeht.
a) Eine markenmäßige Benutzung der Bezeichnung „Magic Slimy“ ist allerdings zu bejahen, da sich die fragliche Bezeichnung in einer Weise auf dem Produkt befindet, in der nach den Erfahrungen des Verkehrs üblicherweise Marken angebracht werden, die auf die Herkunft dieser Waren hinweisen (vgl. BGH GRUR 2017, 520, Rn. 30 – MICRO …02, 809, 811 – FRÜHSTÜCKS-DRINK I), und diese Bezeichnung zwar einen beschreibenden Anklang hat, aber nicht rein beschreibend ist (vgl. BGH GRUR 2017, 520, Rn. 32 – MICRO COTTON)
b) Eine Verwechslungsgefahr zwischen „Slimy“ und „Magic Slimy“ ist jedoch zu verneinen.
aa) Die Frage, ob Verwechslungsgefahr i.S.v. §§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bzw. Art. 9 Abs. 2 lit. b) UMV gegeben ist, ist unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2016, 382, Rn. 19 – BioGourmet).
bb) Die Kennzeichnungskraft der „Slimy“-Marken für die hier in Rede stehenden Waren der Antragsgegnerin kann allenfalls (wenn überhaupt) als durchschnittlich angesehen werden, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass den Marken im hier maßgeblichen Warenbereich (Spielwaren, Knetmasse und verformbare Spielmassen). auf den sich die Antragsgegnerin in ihren Abmahnungen beruft, unverkennbar ein beschreibender Anklang zukommt (vgl. BGH GRUR 2010, 729, Rn. 28 – MIXI). Für eine darüber hinausgehende Steigerung der Kennzeichnungskraft enthalten weder die Ausführungen der Antragsgegnerin in der Schutzschrift noch diejenigen in der als Teil der Anlage AST 21 vorgelegten Antragsschrift im Düsseldorfer Verfahren hinreichende Anhaltspunkte.“
cc) Zugunsten der Beklagte unterstellt der Senat Warenidentität mit Waren, für die die Marken der Antragsgegnerin Schutz beanspruchen.
dd) Gleichwohl kann eine hinreichende Zeichenähnlichkeit zwischen „Slimy“ einerseits und „Magic Slimy“ andererseits nicht angenommen werden.
(i) Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist grundsätzlich in Ansehung ihres Gesamteindrucks nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Zeichen auf die angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2016, 1300, Rn. 59 – Kinderstube). Eine zergliedernde Betrachtungsweise ist jedoch zu vermeiden, vielmehr ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 9 Rn. 248).
(ii) Ob der Gesamteindruck eines zusammengesetzten Zeichens von einem diesen prägenden Zeichenbestandteil dominiert wird, ist im jeweiligen Einzelfall konkret festzustellen (Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 9 Rn. 387). Allein auf den dominierenden Bestandteil einer zusammengesetzten Marke kommt es aber nur dann an, wenn alle anderen Markenbestandteile zu vernachlässigen sind (vgl. BGH, GRUR 2011, 824, Rn. 23 – Kappa). Eine hinreichende Prägung des Gesamteindrucks durch einen Markenbestandteil kann deshalb nicht angenommen werden, wenn sich dieser Bestandteil als lediglich gleichgewichtig mit anderen Markenteilen darstellt, etwa wenn ein Zeichen aus mehreren gleichermaßen kennzeichnungsschwachen Bestandteilen besteht (Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 9 Rn. 392).
(iii) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt dem Bestandteil „Slimy“ in „Magic Slimy“ für die streitgegenständlichen Produkte keine den Gesamteindruck prägende Bedeutung zu. Denn der angesprochene Verkehr wird nicht nur die Bedeutung des Wortbestandteils „Magic“ erkennen, sondern auch diejenige des Bestandteils „Slimy“ richtig erfassen. Dass er in diesem Gesamtzeichen „Magic“ als kennzeichenrechtlich unbedeutend ansieht, „Slimy“ hingegen nicht, kann auch dann nicht angenommen werden wenn man das so gekennzeichnete streitgegenständliche Produkt mit dem Landgericht nicht als „Schleim“ ansieht, sondern seine Konsistenz als wabbelig erfasst. Ein kennzeichenrechtlich relevanter Unterschied für die Verkehrsauffassung dergestalt, dass der angesprochene Verkehr meinen könnte, das so gekennzeichnete Produkt weise nur in dem Bestandteil „Slimy“ auf seine Herkunft hin, ergibt sich daraus nicht, zumal er im Zeitpunkt seiner Kaufentscheidung die tatsächliche Konsistenz des so gekennzeichneten Produkts nicht wahrnehmen kann und angesichts des äußeren Erscheinungsbildes der durch die Verpackung sichtbaren Ware jedenfalls an „Schleim“ erinnert wird. Er wird daher – nicht zuletzt angesichts der konkreten Zeichenverwendung auf dem Produkt – das Gesamtzeichen nicht analysierend betrachten, sondern als Ganzes wahrnehmen.
(iv) Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Zugrundelegung der Grundsätze der Thomson-Life-Rechtsprechung (EuGH, GRUR 2005, 1042), denn es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, aus welchem Grund der angesprochene Verkehr dem Zeichenbestandteil „Slimy“ eine selbständig kennzeichnende Stellung zuschreiben würde.
(v) An dem Grundsatz, dass der Zeichenvergleich die sich gegenüberstehenden Zeichen in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen hat, ändert sich demnach vorliegend nichts; Zeichenähnlichkeit im Rechtssinn, die zu einer kennzeichenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr führen könnte, ist daher zu verneinen, mit der Folge, dass die mit den streitgegenständlichen Abmahnungen geltend gemachten Ansprüche nicht bestehen.
3. Die zugunsten der Antragsgegnerin vom Landgericht Düsseldorf erlassene einstweilige Verfügung steht dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht entgegen.
a) Grundsätzlich könnte zwar eine die mit den streitgegenständlichen Abmahnschreiben verfolgten Ansprüche abdeckende Gerichtsentscheidung als geeignet anzusehen sein, die im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB zu prüfende Rechtswidrigkeit (bzw. eine gem. § 4 Nr. 4 UWG zu verlangende Unlauterkeit) entfallen zu lassen (vgl. Omsels, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 4. Aufl., § 4 Nr. 4 Rn. 196).
b) Vorliegend kann sich die Antragsgegnerin hierauf jedoch nicht berufen, denn die ausdrücklich mit der Abmahnung gegenüber den Abnehmern konkret geltend gemachten Ansprüche hat das Landgericht Düsseldorf in der gegen die hiesige Antragstellerin erlassenen Entscheidung nicht geprüft und mithin auch nicht zugesprochen. So hat das Landgericht Düsseldorf antragsgemäß eine konkrete Benutzungsform untersagt, während die Antragsgegnerin von den Abnehmern eine hiervon unabhängige Unterlassungserklärung hinsichtlich der Verwendung der Bezeichnung „Magic Slimy“ fordert. Auch hat das Landgericht Düsseldorf entgegen den Ausführungen in der Abmahnung – naturgemäß – keinerlei Aussage darüber getroffen, ob und welche Folgeansprüche bestehen. Die in der Abmahnung ebenfalls angeführte Unionsmarke war – ebenfalls entgegen den Ausführungen in der Abmahnung – überhaupt nicht Gegenstand der Prüfung durch das Landgericht Düsseldorf.
c) Die Antragsgegnerin behauptet mithin fälschlich in ihren Abmahnungen gegenüber den Abnehmern der Klägerin, das Landgericht Düsseldorf teile die Rechtsauffassung der Antragsgegnerin, ihr stünden sowohl aus ihrer Unions- als auch aus ihrer deutschen Marke kennzeichenrechtliche Unterlassungs- und Folgeansprüche zu. Jedenfalls angesichts dessen kann sie die zu ihren Gunsten ergangene einstweilige Verfügung nicht als Rechtfertigung für die tatsächlich unberechtigt ausgesprochenen Abmahnungen heranziehen.
d) Da es im Rahmen des hier geltend gemachten Unterlassungsanspruchs nicht auf ein Verschulden ankommt, sondern nur auf eine Interessenabwägung zwischen den Interessen der Antragsgegnerin einerseits und denen der Antragstellerin andererseits, ist der im hiesigen Verfügungsverfahren geltend gemachte Unterlassungsanspruch zuzusprechen. Angesichts der aus Sicht des Senats nicht bestehenden Ansprüche der Antragsgegnerin und der daraus resultierenden fehlenden Berechtigung zur Abmahnung und angesichts dessen, dass die streitgegenständlichen Abmahnungen in Bezug auf die dort enthaltenen Verweise auf eine tatsächlich nicht belegte Rechtsauffassung des Landgerichts Düsseldorf unzutreffend waren, überwiegen die Interessen der Antragstellerin diejenigen der Antragsgegnerin an der Verfolgung ihrer Interessen mit den hier streitgegenständlichen Abmahnungen.“
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Die erkennende Kammer schließt sich diesen Ausführungen ausdrücklich an mit einer Abweichung bei der Bewertung der Kennzeichnungskraft, die die Kammer allerdings im Ergebnis, wie der Senat, für durchschnittlich hält:
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Die erkennende Kammer hält die originäre Kennzeichnungskraft der „Slimy“-Marken für die beanspruchten Waren wegen des starken und unverkennbaren beschreibenden Anklangs nur für unterdurchschnittlich. Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (BGH GRUR 2012, 1040 Rn. 29 – pjur/pure). Marken, die über einen für die jeweilige Waren oder Dienstleistungen erkennbar beschreibenden Anklang verfügen oder zum großen Teil aus freihaltebedürftigen Zeichen/Formen bestehen, haben regelmäßig nur geringe originäre Kennzeichnungskraft (vgl. BGH GRUR 2008, 258 Rn. 24 – INTERCONNECT/T-InterConnect). So verhält es sich hier. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Registrierung der Unionsmarke Waren ausnimmt, „die in Gänze oder in Bestandteilen eine schleimige, also zerfließende, nicht formbare Konsistenz aufweisen“, und dass die deutsche Eintragung nur verformbare Spielmasse und Knetmasse umfasst. Denn gleichwohl hat die Bezeichnung „Slimy“ in Bezug auf die beanspruchten Waren Spielmassen einen starken und unverkennbaren, dem angesprochenen Verkehr – bei dem es sich hier um den Durchschnittsverbraucher handelt – unmittelbar und ohne weitere Überlegungen sich assoziierenden beschreibenden Anklang, ohne dass sich der Verkehr dabei Gedanken über die Grenze zwischen (zer-)fließend und (ver-)formbar machen würde.
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Durch eine etwaige – zugunsten der Beklagten unterstellte – intensive Benutzung ist die Kennzeichnungskraft allenfalls auf eine durchschnittliche gesteigert. Eine Verwässerung der Kennzeichnungskraft ist seitens der Klägerin nicht hinreichend dargetan.
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Im Ergebnis ist daher von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der in den Abmahnungen geltend gemachten „Slimy“-Marken auszugehen.
54
Es verbleibt im Übrigen bei der Bewertung, dass die in den Abmahnungen geltend gemachte Markenverletzung mangels Verwechslungsgefahr nicht bestand.
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Auf die weiter aufgeworfenen Fragen der rechtserhaltenden Benutzung und ob die Produkte der Klägerin nicht bereits ihrer Konsistenz nach aus dem Schutzbereich der Beklagtenmarken fielen, kommt es deshalb nicht an.
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Markenrechtsverletzung aus Bekanntheitsschutz nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG bzw. Art. Art. 9 Abs. 2 lit. c) UMV hat die Beklagte in den angegriffenen Abmahnungen nicht geltend gemacht, so dass der großen Bekanntheit, die die Beklagte für ihre „Slimy“-Marken im vorliegenden Verfahren in Anspruch nimmt, unter diesem Gesichtspunkt nicht weiter nachzugehen ist.
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Der Anspruch auf anteilige Abmahnkosten folgt aus §§ 677, 683 S. 1 i.V.m. § 670 BGB, da die von der Klägerin ausgesprochene Abmahnung begründet, weil ein Unterlassungsanspruch bestand, und berechtigt war, weil erforderlich, um der Beklagten den Weg zu weisen, die Klägerin klaglos zu stellen und sich einen kostenträchtigen Prozess zu erfolgen. Der Gegenstandswert von 70.000 € ist angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache für die Klägerin und angesichts der von der Beklagten vorgetragenen Umsätze mit den betroffenen Produkten nicht überhöht und entspricht auch dem im einstweiligen Verfügungsverfahren – ohne Beanstandung – festgesetzten Verfahrenswert. Der Zinsausspruch folgt aus § 291 BGB.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 S. 1 und 2 ZPO.
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Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 51 Abs. 1 GKG. Sie entspricht dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin und erscheint auch angesichts der beklagtenseits vorgetragenen auf dem betreffenden Markt erzielten Umsätze angemessen. Der Wert entspricht auch dem bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren ohne Beanstandung festgesetzten Verfahrenswert.