Inhalt

OLG München, Urteil v. 19.06.2020 – 6 Sch 21/15 WG
Titel:

Gerätevergütung für PCs mit eingebauter Festplatte

Normenketten:
WahrnG § 16 Abs. 4 S. 1, § 24 Abs. 1 Nr. 1b
UrhG § 53, § 54 Abs. 1, § 54 d
AEUV Art. 101
Leitsatz:
Zur Gerätevergütung für Computer mit eingebauter Festplatte. (Rn. 23 – 42) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Marke, Auskunft, Widerspruch, Unionsrecht, Anlage, Vergleich, Gesellschaft, Gesellschafter, Feststellung, Auslegung, Gesellschaftsvertrag, Bestimmtheit, Anspruch, Diskriminierung, marktbeherrschende Stellung, nationales Recht, Kosten des Rechtsstreits
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Versäumnisurteil vom 09.09.2021 – I ZR 118/20
Weiterführende Hinweise:
Rechtsmittel zugelassen
Fundstelle:
GRUR-RS 2020, 52009

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 2.154,56 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. Januar 2015 zu zahlen.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 73% zu tragen, die Beklagte hat 27% zu tragen.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.

Tatbestand

I.
1
Die Klägerin nimmt die Beklagte als Hersteller der von ihr in der Zeit vom 01. Januar 2002 bis 31. Dezember 2007 im Inland in Verkehr gebrachten PCs mit eingebauter Festplatte auf Zahlung der urheberrechtlichen Vergütung nach § 54 UrhG a.F. in Höhe von € 18,42 je Exemplar, insgesamt € 7.962,59 (nebst Zinsen) in Anspruch.
2
Die Klägerin ist ein Zusammenschluss deutscher Verwertungsgesellschaften in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die ihrerseits Ansprüche aus § 54 UrhG a.F. herleiten können. Nach dem Gesellschaftsvertrag in der Fassung vom 01. Januar 2011 (Anlage K 2) haben ihre Gesellschafter die von ihnen wahrgenommenen Rechte der Urheber betreffend die Vergütung für privilegierte Vervielfältigungen von Audiowerken und audiovisuellen Werken in die Klägerin eingebracht. Die Klägerin macht diese Rechte und Ansprüche in eigenem Namen geltend. Die Beklagte hat im Rahmen des von der Klägerin angestrengten Schiedsstellenverfahrens Az. Sch-Urh 178/10 (Einigungsvorschlag vom 27.09.2011, wonach für jeden in Verkehr gebrachten PC € 15,00 zzgl. 7% MwSt. anfallen, vgl. Anlage K 69) Auskunft dahingehend erteilt, dass sie im streitgegenständlichen Zeitraum insgesamt 404 PCs mit eingebauter Festplatte hergestellt habe (Anlage K 61, dort aufgeschlüsselt nach Jahren unter Angabe der Geräte im 19“-Gehäuse). Zahlungen auf die von der Klägerin gemäß Nr. I.4 der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG a.F. verlangte Vergütung in Höhe von € 18,42 pro Exemplar hat sie indes nicht geleistet. Gegen den ihr am 15. Januar 2015 zugestellten Mahnbescheid über € 7.962,59 hat sie unter dem 16.01.2015 Widerspruch eingelegt.
3
In ihrer Anspruchsbegründung vom 08. Juli 2015 macht die Klägerin geltend, ihre Aktivlegitimation für Zahlungsansprüche nach §§ 54 Abs. 1, 53 Abs. 1, 2, 54d Abs. 1 i.V.m. Nr. I.4 der Anlage zu § 54d UrhG a.F. ergebe sich aus § 13b Abs. 2 WahrnG i.V.m. dem Gesellschaftsvertrag nach Anlage K 2. Die von der Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum in Verkehr gebrachten PCs seien ihrem Typ nach zur Anfertigung von privilegierten Kopien i.S.d. § 53 UrhG a.F. (z.B. von Filmen, Musikwerken oder Sprachwerken aus vielfältigen allgemein zugänglichen Quellen) angesichts ihrer technischen Ausstattung geeignet und erkennbar bestimmt gewesen, indem sie es erlaubten, etwa digitale oder analoge Hörfunksendungen, Filme aus dem Internet oder aber auch der Inhalt von Datenträgern wie CDs, DVDs o.ä. beispielsweise auf der Festplatte des PCs zu speichern. Dass diese Vervielfältigungen zum privaten Gebrauch stattgefunden hätten und stattfänden, liege bereits angesichts der Verbreitung von PCs nahe - so seien im Jahr 2004 66% der Haushalte mit einem PC ausgestattet gewesen, 57% hätten über einen Internetzugang verfügt. Die erkennbare Zweckbestimmung der Geräte zur Anfertigung von Privatkopien ergebe sich aus den Werbeaussagen der verschiedensten Hersteller, im Übrigen sei anzunehmen, dass die bei den Nutzern allgemein bekannte Verwendungsmöglichkeit von PCs zur Anfertigung privilegierter Kopien regelmäßig auch ausgeschöpft werde. Die Höhe der Vergütung ergebe sich unmittelbar aus Nr. I.4 der Anlage zu § 54d UrhG a.F.. Insbesondere sei ein Abschlag nicht etwa deshalb angezeigt, weil der PC nur Teil einer Gerätekette wäre, deren Zusammenwirken erst die Anfertigung von Vervielfältigungen erlaubte. Vielmehr könnten, wie der Senat bereits in der Entscheidung Az. 6 WG 6/08 vom 04.03.2010 (dort S. 35) befunden haben, allein mittels eines PCs, ohne Einbindung in eine Gerätekette, Kopien auf der Festplatte angefertigt werden. Soweit die Schiedsstelle in ihrem Einigungsvorschlag (Anlage K 69) gleichwohl einen geringeren Satz für angemessen erachte, habe sie damit ihre Kompetenz überschritten: ihre Aufgabe sei es, die Anwendbarkeit des gesetzlichen Vergütungssatzes zu überprüfen, nicht hingegen die Angemessenheit dieses gesetzlich vorgegebenen Betrags. Eine Regelungslücke, die freihändig zu schließen wäre, läge bei PCs (anders als in der vom BGH GRUR 1999, 928, 931 - Telefaxgeräte judizierten Konstellation) nicht vor. Auch die Einigung zwischen dem BITKOM e.V. und der Klägerin zur Vergütung von Festplattenrecordern könne zur Bestimmung der PC-Vergütung nicht herangezogen werden, zumal der PC anders als ein Festplattenrecorder nicht lediglich die Aufnahme von Fernsehsendungen erlaube, sondern faktisch alle herkömmlichen und aktuell verbreiteten Geräte ersetzen könne, mit welchen Tonfolgen oder Bewegtbilder vervielfältigt werden könnten.
4
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 7.962,59 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheids (15. Januar 2015) zu bezahlen.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
6
Im Hinblick auf die zunächst angekündigten Hilfsanträge (gerichtet auf eine nach Abnehmern differenzierende Auskunft) teilt sie zunächst mit, von ihren lt. Auskunft gemäß Anlage K 61 im Jahr 2002 hergestellten und in Verkehr gebrachten 173 Geräten seien neun Exemplare mit 19“-Geäuse ausgestattet gewesen, von den 72 Geräten des Jahres 2003 fünf Exemplare, von den 59 Geräten des Jahres 2004 sowie den 36 Geräten des Jahres 2006 jeweils ein Exemplar mit 19“-Gehäuse in Verkehr gebracht worden. Nach der eigenen Definition der Klägerin in den für die Jahre 2008 bis 2010 und 2011 bis 2013 aufgestellten Tarifen (Nr. 2 (2) Ausnahmen) handele es sich hierbei nicht um PCs, da derlei Produkte angesichts ihrer Größe ausschließlich im gewerblichen Bereich eingesetzt würden. Auch der weit überwiegende Teil der übrigen Geräte sei an gewerbliche Endabnehmer geliefert worden, so dass für die Jahre 2002 25, für 2003 11, für 2004 22, für 2005 19, für 2006 10 und für 2007 0 PCs an private Endabnehmer gegangen seien (vgl. Tabelle Klageerwiderung S. 3 = Bl. 101 d.A.). Zu den klägerseits umfangreich benannten und durch entsprechende Werbeaussagen der Hersteller untermauerte Quellen für die Anfertigung von Privatkopien sei anzumerken, dass der überwiegende Teil dieser Dokumente mangels Datierung nicht dem streitgegenständlichen Zeitraum zugeordnet werden könne. Der Verweis auf Werbeaussagen anderer Hersteller sei ohnehin unbehelflich, zeige sich doch bei genauer Betrachtung, dass dort gerade die Besonderheiten des jeweiligen Modells hervorgehoben werde, woraus im Umkehrschluss folge, dass handelsübliche PCs diese Ausstattung nicht aufwiesen. Die Beklagte selbst habe ohnehin nie eine Multimediatauglichkeit ihrer Geräte behauptet oder gar beworben, da sich ihr Angebot maßgeblich an Gewerbetreibende richte. Mit Nichtwissen seien die Angaben der Klägerin zur Anzahl der Haushalte mit PC und/oder Internetzugang zu bestreiten; allenfalls werde daraus ersichtlich, dass vielfach PCs in Haushalten ohne Internetzugang vorhanden seien, so dass die Geräte für Vervielfältigungen auch nicht auf diese Quelle zugreifen könnten.
7
Zum Rechtlichen sei anzumerken, dass der Klageanspruch bereits daran scheitere, dass die urheberrechtlichen Anspruchsgrundlagen der §§ 54 ff. UrhG ebenso wie die entsprechenden Verfahrensvorschriften nicht mit den europarechtlichen Vorgaben des Art. 5 Abs. 2 lit. a und lit. b, Art. 2 der InfoSoc-RL 2001/29/EG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des EuGH vereinbar seien - Regelungen, an denen auch die §§ 54 ff. UrhG a.F. zu messen seien, da die InfoSoc-RL bereits zum 22.12.2002 hätte umgesetzt werden müssen (EuGH GRUR 2013, 812 - VG Wort). So fehle es an der nach der Entscheidung des EuGH GRUR 2011, 50 Tz. 37, 59 - Padawan erforderlichen Differenzierung zwischen privat und geschäftlich genutzten Geräten (ebenso EuGH GRUR 2013, 1025 Tz. 28 - Amazon), wobei zudem keine (auch keine widerlegliche) Vermutung einer Anfertigung privilegierter Kopien bei Abgabe der Geräte an gewerbliche oder behördliche Endabnehmer bestehe (EuGH a.a.O. Tz. 41 ff. - Amazon; ebenso Ullmann, Anlage B 2). Auch das europäische Parlament habe in einer Entschließung vom 17. 02.2014 (sog.Castex-Report, http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?type=RE PORT& reference =A7-2014-0014& format=XML& language=DE) befunden, dass das europäische Abgabesystem für Geräte, die gewerblich genutzt werden, keine Vergütung vorsehen dürfe (dass die PCs der Beklagten für die Anfertigung privilegierter Kopien verwendet würden, habe die Klägerin nicht ansatzweise dargetan.). Der fehlende Befreiungstatbestand für rein gewerblich genutzte Geräte sowie das unzureichende Rückerstattungssystem seien gleichermaßen unionsrechtswidrig, was insbesondere im Fall der rückwirkenden Erhebung der Vergütung ins Gewicht falle: einerseits seien die Geschäftsvorgänge lange abgeschlossen, andererseits habe die Klägerin die vereinnahmten Gelder bereits ausgeschüttet. Jedenfalls für die Vergangenheit wäre ein (im nationalen Recht ohnehin nicht vorgesehenes) Rückerstattungssystem nicht wirksam, da es entgegen den Anforderungen des EuGH eine „übermäßige Erschwernis“ mit sich bringe. Unionsrechtswidrig sei es überdies, wenn §§ 54 ff. UrhG a.F. auch mittels unrechtmäßiger Quellen erstellte Vervielfältigungen erfasse, habe der EuGH doch wiederholt (GRUR 2014, 546 - ACI/Adam; GRUR 2015, 478 - Copydan) befunden, dass ein Ausgleich nur für legale Privatkopien geschuldet sei. Der Legalisierungsmaßstab des § 53 UrhG a.F. sei indes deutlich weiter, wenn danach auch solche Kopien auszugleichen seien, die auf illegalen Vorlagen beruhten, sofern diese Quellen nicht offensichtlich rechtswidrig seien. Angesichts des eindeutigen Wortlauts scheide eine unionsrechtskonforme Auslegung aus. Schließlich orientiere sich das nationale System nicht an dem den Urhebern entstehenden Nachteil, wenn es unter bestimmten Kautelen eine Verdoppelung der Vergütung vorsehe (§ 54f Abs. 3 a.F.). Für den Fall, dass der Senat die europarechtlichen Bedenken der Beklagten nicht teile, werde die Erholung einer Vorabentscheidung des EuGH angeregt.
8
Zu den Hilfsanträgen sei vorsorglich auszuführen, dass der Auskunftsantrag angesichts fehlenden Feststellungsinteresses bereits unzulässig sei, da der Klägerin die Leistungsklage zur Verfügung stehe. Hinsichtlich des Umfangs der begehrten Auskunft (Marke, Typenbezeichnung) handele es sich um eine rechtswidrige Ausforschung, nach §§ 54 ff. UrhG a.F. habe die Klägerin hierauf keinen Anspruch. Der Antrag leide auch an mangelnder Bestimmtheit, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, da die Klägerin den Begriff „PC“, der zwischen den Parteien im Streit stehe, nicht bzw. abweichend von den ab 2008 geltenden Tarifen nur rudimentär definiere, insbesondere auch keine Mindestausstattung (z.B. CPU 300 MHz, Festplattenkapazität von 10 GB) angebe: Ob die Geräte der Beklagten als „PCs“ im Sinne der letzteren Begriffsbestimmung als „PCs“ anzusehen und daher meldepflichtig seien, könne weder sie selbst noch ein Vollstreckungsorgan feststellen. Nicht nachvollziehbar sei auch die Definition der „nichtprivaten“ Endabnehmer, wenn Lehreinrichtungen aller Art oder Freiberufler nicht darunterfielen. Die Hilfsanträge gingen daher (ebenso wie der Zahlungsantrag) jedenfalls zu weit. Die Klägerin nehme zudem eine unzulässige Gattungsbildung vor, wenn sie lediglich auf PCs mit eingebauter Festplatte abstelle: Wie der BGH in seiner Entscheidung GRUR 2012, 705 ff. - PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät ausgeführt habe, wäre dies nur dann zulässig, wenn alle PCs der Beklagten zur Vornahme von Bild- und Tonaufzeichnungen angesichts ihrer technischen Ausstattung geeignet und erkennbar bestimmt gewesen wären. Hierzu habe die Klägerin nichts vorgetragen, tatsächlich sei dies (unabhängig von einer technischen Mindestausstattung) angesichts der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten, etwa betrieblicher Überwachungs- und Steuerungsaufgaben, offensichtlich nicht der Fall. Die fehlende Differenzierung zwischen privat und geschäftlich genutzten Geräten stehe in klarem Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH, der unterschiedslose Vergütungssatz nach der Anlage zu § 54d UrhG a.F. sei damit nicht vereinbar. Selbst die Klägerin habe dies erkannt, wenn in den neuen Gesamtverträgen ab 2011 sowie dem darauf basierenden Tarif (Anlage B 3) eine entsprechende Unterscheidung vorgenommen werde - und selbst die Hilfsanträge auf diese Differenzierung abstellten. Die begehrte Feststellung betreffend die Vergütungspflicht gewerblich genutzter Geräte in Höhe von € 6,30 entbehre indes jeglicher Begründung. In dem Gesamtvertrag mit dem BITKOM und dem BCH für die Zeit ab 2011 hätten sich die Herstellerverbände denn auch nicht auf eine prozentuale Quote, sondern (aus Gründen der Mischkalkulation) lediglich auf den absoluten Betrag von € 3,20 eingelassen. Die Klägerin habe sich auch nicht etwa in dem Vergleich mit dem BCH (Anlage B 6) verpflichtet, von Dritten den übersetzten Betrag in Höhe von € 6,30 einzufordern, sondern den beigetretenen Mitgliedern des BCH lediglich versprochen, sie nicht schlechter zu stellen als Dritte.
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Die Klägerin sei zudem nicht aktivlegitimiert. Die Vermutung des § 13b Abs. 2 Satz 1 UrhWG sei nicht anwendbar, da nicht alle berechtigten Verwertungsgesellschaften gemeinsam gegen die Beklagte vorgingen: Die VG Wort und die VG Bild-Kunst hätten ihre Ansprüche wegen stehendem Text bzw. stehendem Bild weder an die Klägerin abgetreten noch in diese eingebracht (vgl. BGH GRUR 2014, 984 Tz. 14, 58 ff. - PC III). Dass die Klägerin nicht berechtigt sei, die Ansprüche der VG Wort und der VG Bild-Kunst in eigenem Namen geltend zu machen, gehe auch aus der Abtretungsvereinbarung nach Anlage B 9 hervor, wonach Ansprüche erst ab dem 01.10.2014 an die Klägerin abgetreten worden seien. Für den relevanten Zeitraum 2002 bis 2007 fehle es an einer Abtretung. Zudem existierten weitere Verwertungsgesellschaften wie etwa die AGICOA oder die VG Musikedition, die weder Mitglied der Klägerin seien noch ihr die Wahrnehmung ihrer Rechte eingeräumt hätten. Mache die Klägerin folglich nicht die Ansprüche aller berechtigten Verwertungsgesellschaften geltend, fehle es an deren gemeinsamem Vorgehen, die Vermutung des § 13b Abs. 2 Satz 1 UrhWG greife nicht ein.
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Die Beklagte sei auch nicht passivlegitimiert: Die Klägerin mache sich nicht einmal die Mühe, auch nur einen einzigen der von der Beklagten produzierten PCs unter ihre Definition zu subsumieren. Da die Beklagte nicht erkennen könne, was die Klägerin unter „PC“ verstehe, müsse sie bestreiten, derartige Geräte in den Verkehr gebracht zu haben.
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Ein Anspruch bestehe im Übrigen auch dem Grunde nach nicht, da die nationalen Vorschriften evident gegen Unionsrecht verstießen und daher unbeachtlich seien. Zumindest sei von einer allenfalls geringfügigen Nutzung (weniger als 10% der Gesamtnutzung) zur Anfertigung relevanter Kopien nach § 53 Abs. 1, 2 UrhG a.F. auszugehen (Gegenteiliges habe die Klägerin nicht dargetan), die nach der Rechtsprechung (EuGH GRUR 2011, 50 Tz. 39 - Padawan; EuGH GRUR 2015, 478 Tz. 28 - Copydan) gemäß der deminimis-Regel keine Vergütungspflicht auslöse. Nach der vom BITKOM in Auftrag gegebenen TNS-Infratest-Studie aus dem Jahr 2008 (vgl. B 10) sei der Schwellenwert von 10% nicht annähernd erreicht worden, die im Auftrag der Schiedsstelle erstellte TNS-Infratest-Studie komme für das Jahr 2011 zu einem ähnlichen Ergebnis. Zudem falle eine Vergütung nur an, wenn ein Gerät als „Endgerät“ einer Vervielfältigung eingesetzt werde, nicht hingegen, wenn es als Teil einer Gerätekette nur Steuerungsfunktion habe (BGH GRUR 2014, 984 - PC III; BGH GRUR 2014, 979 - Drucker & Plotter III; EuGH GRUR 2015, 487 - Copydan). Für die Berechnung der angemessenen Vergütung sei auch nicht auf die im deutschen Schadenersatzrecht geläufige Lizenzanalogie abzustellen, da nach EuGH GRUR 2011, 50 - Padawan nicht Ersatz für einen Schaden geschuldet werde, sondern eine angemessener Ausgleich als Kompensation für die den Rechtsinhabern entstandenen Nachteile. Dabei hätten jene Vervielfältigungen außer Betracht zu bleiben, die im Fall einer Vergütungspflicht nicht vorgenommen würden - nach empirischen Erhebungen (Gutachten Prof. Kretschmer, Anlage B 11) blieben lediglich ca. 25% der Privatkopien berücksichtigungsfähig.
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Das Vorgehen der Klägerin, die als Normadressat des § 20 GWB den kartellrechtlichen Beschränkungen der §§ 19, 20 GWB und des Art. 102 AEUV (vormals Art. 82 EGV) unterliege, stelle auch eine rechtswidrige Diskriminierung dar, wenn sie den beigetretenen Mitgliedern des BCH die Vorteile des Vergleichs nach Anlage B 6 (€ 3,15 pro PC für die Jahre 2002/2003, € 6,30 für 2003 bis 2007) gewähre, von Außenseitern hingegen mit € 18,42 nahezu das Sechsfache verlange. Eine sachliche Rechtfertigung hierfür sei nicht ersichtlich. Dabei sei schon fraglich, ob der seinerzeit noch nicht in das Vereinsregister eingetragene BCH überhaupt gesamtvertragsfähig gewesen sei. Denn eine derartige Diskrepanz entbehre jeglicher Rechtfertigung (ebenso BGH GRUR 1970, 200, 201 - Tonbandgeräte-Importeur). Die Klägerin verstoße überdies gegen das kartellrechtliche Willkürverbot (§ 20 GWB), wenn sie ausweislich der IPSOS-Studie (Anlage B 12) selektiv vorgehe, insbesondere 95% der Händler noch nie kontaktiert habe. Schließlich missbrauche sie auch ihre marktbeherrschende Stellung, wenn sie einseitige Tarifforderungen durchzusetzen trachte, die erheblich über denjenigen in den übrigen EUMitgliedsstaaten lägen (vgl. EuGH GRUR 2014, 473 Tz. 80 ff., 86 ff. - OSA), wo für PCs teilweise gar keine oder nur eine erheblich niedrigere Vergütung anfalle. Wenn die Klägerin demgegenüber € 18,42 pro Gerät verlange, stelle dies eine signifikante Ausnutzung ihrer marktbeherrschenden Stellung dar. Damit einher gehe auch ein rechtswidriger Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit, Art. 28 ff. AEUV: Durch die deutlich überhöhte Geräteabgabe würden inländische Importeure und Händler, die in einem europaweiten Wettbewerb stünden, massiv benachteiligt (ausländische Vergütungsschuldner könne die Klägerin gar nicht ermitteln), infolge des geschilderten selektiven Vorgehens, das es Händlern und Importeuren ermögliche, die Abgabe nicht einzupreisen, komme es zudem auch auf dem innerdeutschen Markt zu dramatischen Verzerrungen, welche die Beklagte benachteiligten. Diese Eingriffe seien nicht durch Hinweis auf Art. 36 AEUV (vormals Art. 30 EGV) zu rechtfertigen, da dessen Anwendungsbereich (Handelsbarrieren zum proaktiven Schutz bestimmter Eigentumspositionen) nicht eröffnet sei, insofern die Gerätevergütung nicht dem Schutz der Urheber vor Nachteilen, sondern der Kompensation solcher Nachteile betreffe.
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Ergänzend sei anzumerken, dass PCs im Sinne der klägerischen Definition für sich genommen zur Anfertigung privilegierter Kopien weder geeignet noch erkennbar bestimmt seien; vielmehr bedürfe es zusätzlicher Komponenten wie Internetmodem oder Drucker, die ihrerseits einer eigenen Vergütungspflicht unterlägen. Eine rückwirkende Vergütungserhebung sei ohnehin unzulässig, weil der Betrag nicht mehr, wie vom Gesetzgeber gewollt, an die Endabnehmer weitergegeben werden könne.
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Zur Höhe der Klageforderung sei anzumerken, dass nach Art. 5 Abs. 2 lit. a, lit. b der RL 2001/29/EG lediglich ein gerechter Ausgleich vorzunehmen sei. Eine pauschale Vergütung wie in der Anlage zu § 54d UrhG a.F. sei damit nicht vereinbar. Wenn die Klägerin in dem BCH-Vergleich nach Anlage B 6 deutlich niedrigere Sätze akzeptiert habe, seien diese auch als angemessen anzusehen. Ohnehin wäre die Schlechterstellung der Beklagten gegenüber den BCH-Mitgliedern kartellrechtswidrig, was der Senat indirekt in einem vom ZItCo gegen die Klägerin angestrengten Verfahren sogar bestätigt habe. Demnach habe die Beklagte maximal € 434,70 zu zahlen, da sie in den Jahren 2002/2003 nur 36, von 2004 bis 2007 nur 51 PCs an private Endabnehmer geliefert habe. Für Businessgeräte falle aus den dargelegten Erwägungen keine Vergütung an, hilfsweise wäre ein prozentualer Abschlag zu machen.
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Die Klägerin tritt dem entgegen und meint, nach ihrer Auskunft habe die Beklagte jedenfalls 87 von ihr hergestellte PCs an private Endabnehmer veräußert; diese seien mit jeweils € 18,42 zu vergüten. Mit Nichtwissen sei vorsorglich zu bestreiten, dass 16 Exemplare mit einem 19“-Gehäuse ausgestattet gewesen seien, wie sie nur im gewerblichen Bereich verwendet würden. Dies könne indes dahinstehen, da das Gehäuse nicht von Belang sei. Soweit die Gemeinsamen Tarife der Klägerin mit der VG Wort und der VG Bild-Kunst für die Zeit ab 2008 abweichende Bestimmungen träfen, seien diese für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht einschlägig. Auch die Zahl der angeblich an nicht private Endabnehmer gelieferten PCs (309 Exemplare) sei mit Nichtwissen zu bestreiten. Die Beklagte verkenne in diesem Zusammenhang, dass nur direkte Lieferungen an gewerbliche Endabnehmer von Belang seien. Dies hätte sie aber, insofern sie sich offenbar auf de Ausnahmetatbestand des § 54 Abs. 2 UrhG berufen möchte, darzulegen und zu beweisen.
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Soweit die Beklagte meine, dass handelsübliche PCs für sich genommen zur Anfertigung von Kopien nicht geeignet seien, es vielmehr des Zubehörs bedürfe, lasse sie außer Acht, dass für die streitgegenständlichen Vervielfältigungen auf der Festplatte des PCs lediglich die Hardwarekomponenten Prozessor, Arbeitsspeicher und Festplatte erforderlich seien, über die indes jeder PC, auch die der Beklagten, ausnahmslos verfüge. Die Frage einer Gerätekette stelle sich daher nicht. Die Erforderlichkeit sonstigen Zubehörs hindere die Vergütungspflicht nicht, wie der BGH in der Entscheidung GRUR 2014, 984 Tz. 21 ff. - PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät ausgeführt habe. Dass der Begriff des „PCs“ hinreichend bestimmt sei, habe der BGH wiederholt bestätigt. Selbstverständlich hätten auch die Geräte der Beklagten die für die Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke erforderliche Mindestausstattung (Prozessor 300 MHz, Arbeitsspeicher von 128 MB und Festplattenkapazität von 10 GB) aufgewiesen. Die erkennbare Zweckbestimmung der Geräte sei bereits mit der technischen Eignung indiziert, da dem Publikum diese Nutzungsmöglichkeit angesichts entsprechender Werbeaussagen zahlreicher Hersteller geläufig gewesen sei.
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Entgegen der Ansicht der Beklagten sei die Klägerin für den Zahlungsantrag auch aktivlegitimiert, da die VG Wort und die VG Bild-Kunst ihre Vergütungsansprüche für die Vervielfältigung von Audiowerken und audiovisuellen Werken nach § 54 Abs. 1 UrhG a.F. in die Klägerin eingebracht hätten. Die Ansprüche für die Vervielfältigung von stehendem Text und Bild seien vorliegend nicht streitgegenständlich, so dass die Ausführungen der Beklagten insoweit ins Leere gingen. Der Inkassovertrag aus dem Jahr 1989 (Anlage B 8) sei unerheblich, habe aber ohnehin keine Gültigkeit mehr. Vielmehr habe man mit Gesellschaftervereinbarung vom 03.12.2014 (Anlage K 64) befunden, dass die Klägerin die ihr von den Gesellschaftern übertragenen Ansprüche in eigenem Namen wahrnehme. Die Vermutungswirkung des § 13b Abs. 2 Satz 2 UrhWG entfalle auch nicht im Hinblick auf sonstige Verwertungsgesellschaften: Die C3S sei eine europäische Genossenschaft, die im streitgegenständlichen Zeitraum (und noch heute) nicht als Verwertungsgesellschaft tätig war. Die …, eine Gemeinschaftsgründung der HGEMA und der britischen Verwertungsgesellschaft MCPS/PRS, sei mangels Treuhandcharakters ebenfalls nicht als Verwertungsgesellschaft i.S.d. UrhWG anzusehen, da die britische Gesellschafterin in Gewinnerzielungsabsicht agiere, nicht die Belange der Urheber wahrnehme. Die AGICOA nehme lediglich die Vergütungsansprüche aus der kabelgebundenen oder kabellosen Weiterübertragung von Fernsehsendungen wahr, die hier indes nicht in Rede stünden. Die VG Musikedition schließlich habe die GEMA ermächtigt, die Rechte der von ihr vertretenen Berechtigten wahrzunehmen. Ob der Verteilungsplan der VFF rechtskonform sei, könne in diesem Zusammenhang dahinstehen, da er nur das Innenverhältnis der VFF zu ihren Mitgliedern betreffe.
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Die Passivlegitimation der Beklagten stehe außer Frage, habe sie doch selbst angegeben, PCs hergestellt und in Verkehr gebracht zu haben. Die angebliche Unklarheit des Begriffs „PC“ sei schwer nachvollziehbar, habe sie doch ohne entsprechende Probleme Auskünfte erteilen können.
19
Eine Bagatellgrenze sei weder unionsrechtlich noch nach nationalen Vorschriften geboten, im Übrigen hätten die TNS-Infratest-Studien im Jahr 2011 ergeben, dass ein privat genutzter PC im Laufe seiner durchschnittlichen Lebensdauer 164 Stunden Audioinhalte und 236 Stunden Videoinhalte (entsprechen 8 GB) vervielfältige, bei gewerblich genutzten Geräten immerhin noch siebzehn Stunden Audioinhalte und sechs Stunden Videoinhalte (ca. 2 GB). Von einer Bagatellnutzung könne angesichts dessen keine Rede sein. Dass die relevanten Nutzungen im streitgegenständlichen Zeitraum geringer ausgefallen wären, sei nicht ersichtlich.
20
Die unionsrechtlichen Bedenken der Beklagten seien nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des Bundesgerichtshofes weder in Bezug auf die Vergütungspflicht dem Grunde nach - auch bei (u.a.) gewerblich genutzten Geräten - noch hinsichtlich angeblich fehlender Differenzierungen oder unterschiedlicher Legalisierungsmaßstäbe durchgreifend. Ein Kartellrechtsverstoß liege ebenfalls nicht vor. Der den Mitgliedern des BCH in dem Vergleich nach Anlage B offerierte Gesamtvertragsnachlass sei auch der Höhe nach nicht zu beanstanden (so BGH GRUR 2001, 1139 - Gesamtvertrag privater Rundfunk). Unbeachtlich seien die Mutmaßungen, dem BCH habe seinerzeit die Gesamtvertragsfähigkeit gefehlt.
21
Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, des Weiteren auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13. Februar 2020 (Bl. 378 ff. d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
22
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das angerufene Oberlandesgericht München gemäß § 16 Abs. 4 Satz 1, § 24 Abs. 1 Nr. 1b UrhWG (welche nach der Übergangsvorschrift des § 139 VGG auf den Streitfall anwendbar bleiben, da die Klage bei Inkrafttreten des VGG zum 01. Juni 2016 bereits anhängig war) örtlich sowie als Gericht des ersten Rechtszugs sachlich zur Entscheidung über den die Vergütung von PCs betreffenden Rechtsstreit ausschließlich zuständig. Auch die weitere Prozessvoraussetzung nach § 128 Abs. 1 VGG (entspricht (§ 16 Abs. 1 Var. 1 UrhWG) ist gegeben, insofern der Klageerhebung ein Schiedsstellenverfahren (Az. Sch-Urh 178/10) vorausgegangen ist.
II.
23
Die Zahlungsklage ist indes nur teilweise begründet. Die Klägerin kann zwar dem Grunde nach eine Vergütung für die von der Beklagten im Zeitraum 2002 bis 2007 hergestellten und in Verkehr gebrachten PCs verlangen (§ 54 Abs. 1 UrhG a.F.). Hinsichtlich der Höhe ist indes entgegen klägerischer Ansicht nicht auf die in der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG a.F. genannten Sätze abzustellen. Vielmehr ist der am 23. Dezember 2009 zwischen der Klägerin und dem BCH mit Rückwirkung für die Jahre 2002 bis 2007 geschlossene Vergleich zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht für PCs gemäß § 54 Abs. 1 UrhG a.F. (Anlage B 6) zur Bestimmung der angemessenen Vergütung heranzuziehen.
24
1. Die Vergütungspflicht für Vervielfältigungsgeräte und Speichermedien wurde durch das am 01. Januar 2008 in Kraft getretene Zweite Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 26. Oktober 2007 (BGBl. I §. 2513) neu geregelt (§§ 54 ff. UrhG). Für den Streitfall, der die Gerätevergütung für die Jahre 2002 bis 2007 betrifft, ist jedoch die alte Rechtslage maßgeblich. Nach § 54 Abs. 1 UrhG a.F. hat der Urheber eines Werkes, nach dessen Art zu erwarten ist, dass es durch Aufnahme von Funksendungen auf Bild- oder Tonträger oder durch Übertragung von einem Bild- /Tonträger auf einen anderen nach § 53 Abs. 1 oder Abs. 2 UrhG vervielfältigt werde, (u.a.) gegen den Hersteller (§ 54 Abs. 1 Satz 1 UrhG a.F.) von Geräten, die erkennbar zur Vornahme solcher Vervielfältigungen bestimmt sind, Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung für die durch die Veräußerung oder das sonstige Inverkehrbringen der Geräte geschaffene Möglichkeit, solche Vervielfältigungen vorzunehmen.
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2. Die Klägerin ist für die geltend gemachten Vergütungsansprüche aktivlegitimiert: Nach § 54h UrhG a.F. können die Ansprüche nach §§ 54 ff. UrhG a.F. nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden. Wie sich aus dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin in der Fassung vom November 2011 (Anlage K 2, dort § 5) ergibt, haben die in ihr zusammengeschlossenen Verwertungsgesellschaften die ihnen zur Wahrnehmung übertragenen Ansprüche wegen der Vervielfältigung von Audiowerken und audiovisuellen Werken in die Klägerin eingebracht. Die Klägerin nimmt diese Ansprüche in eigenem Namen wahr. Entgegen der Ansicht der Beklagten wird die Vermutungswirkung des § 13c Abs. 2 UrhWG, wonach nur bei einem gemeinsamen Vorgehen aller berechtigten Verwertungsgesellschaften anzunehmen ist, dass sie die Rechte aller Rechtsinhaber wahrnehmen, auch nicht dadurch widerlegt, dass die VG Wort und die VG Bild-Kunst ihre Ansprüche wegen der Vervielfältigung von stehendem Text und Bild für den hier relevanten Zeitraum weder in die Gesellschaft eingebracht noch an sie abgetreten haben: Die Zahlungsklage betrifft, wie die Klägerin ausdrücklich klarstellt, lediglich die in sie eingebrachten Ansprüche wegen der Vervielfältigung von Audiowerken und audiovisuellen Werken, nicht hingegen diejenigen wegen der Vervielfältigung von stehendem Text und Bild. Die Rüge der Beklagten geht daher insoweit ins Leere. Die Vermutungswirkung des § 13c Abs. 2 UrhG a.F. scheitert auch nicht daran, dass weitere, beklagtenseits lediglich beispielhaft benannte Verwertungsgesellschaften existierten, die weder der Klägerin angehören noch ihre Ansprüche an sie abgetreten haben: Da die AGICOA nicht die Recht der Urheber an der Herstellung von Vervielfältigungsstücken i.S.d. § 54 ff UrhG a.F. wahrnimmt, sondern diejenigen der kabelgebundenen oder kabellosen Weitersendung von Filmwerken (§ 19a UrhG), die im Rahmen der Vergütungspflicht von PCs nicht in Rede steht, ist sie nicht Berechtigte i.S. von § 13c UrhWG. Auch die VG Musikedition scheidet als Berechtigte aus, da die von ihr wahrgenommenen Rechte nach §§ 60a ff. UrhG, soweit sie eine Vergütungspflicht für PCs nach § 54 Abs. 1 UrhG a.F. auslösen können, für den streitgegenständlichen Zeitraum 2002 bis 2007 nicht relevant sind, insofern die Vorschriften der §§ 60a ff. UrhG erst mit Wirkung zum 01.03. 2018 in das UrhG eingefügt wurden. Die „…“ (C3S) war noch im Jahr 2015 nicht als Verwertungsgesellschaft zugelassen, so dass unerfindlich bleibt, wie sie schon im streitgegenständlichen Zeitraum 2002 bis 2007 die Rechte der Urheber treuhänderisch hätte wahrnehmen und an den Vergütungen nach § 54 Abs. 1 UrhG a.F. hätte berechtigt sein können. Auch die … verfügt ausweislich der klägerseits als Anlage K 65 vorgelegte Liste nicht über die nach § 1 UrhWG erforderliche Erlaubnis zur kollektiven Wahrnehmung der Rechte von Urhebern. Dass sonstige beklagtenseits nicht namentlich angeführten Organisationen Berechtigte i.S.d. § 13c Abs. 2 UrhWG wären, hätte sie ebenfalls nicht dargetan. Soweit sie den Verteilungsplan der VFF als unzulänglich moniert, ließe dieser (lediglich das Innenverhältnis zwischen der Verwertungsgesellschaft und den in ihr zusammengeschlossenen Mitgliedern betreffende) Gesichtspunkt ihre anteiligen Berechtigung an den Vergütungen nach § 54 Abs. 1 UrhG unberührt. Hat es folglich sein Bewenden dabei, dass die Klägerin die Ansprüche aller Berechtigten in eigenem Namen geltend macht, greift die Vermutung des § 13c Abs. 2 UrhWG zweifelsfrei ein. Diese Beurteilung steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der die Aktivlegitimation der Klägerin für Verfahren der vorliegenden Art wiederholt bestätigt hat (BGH GRUR 2012, 705 Tz. 19 - PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät; BGH GRUR 2017, 716 Tz 24 - PC mit Festplatte; BGH ZUM 2018, 364 Tz. 14 m.w.N.).
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3. Die Beklagte ist nach § 54 Abs. 1 UrhG als Herstellerin von PCs ohne Weiteres passivlegitimiert, hat sie doch im streitgegenständlichen Zeitraum nach ihren eigenen Angaben (Anlage K 61) PCs hergestellt und in Verkehr gebracht.
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4. Dass diese Geräte über die technische Ausstattung verfügen, privilegierte Kopien i.S.d. § 53 UrhG a.F. anzufertigen (Hauptprozessor, Kapazität der Arbeitsspeicher 128 MB und der Festplatten 20 GB), hat die Beklagte nicht substantiiert in Abrede gestellt, wenn sie lediglich darauf verweist, die Klägerin habe zu keinem einzigen Modell der Beklagten detaillierte Angaben betreffend die technische Ausstattung gemacht. Auch die nach § 54 Abs. 1 UrhG a.F. erforderliche erkennbare Bestimmung zur Anfertigung von Vervielfältigungen i.S.d. § 53 Abs. 1, 2 UrhG a.F. kann nicht verneint werden, zumal den Käufern derartiger Geräte, wie der Senat wiederholt befunden hat (vgl. Teilurteil vom 15. Januar 2015, Az. 6 Sch 08/11 WG), diese Funktionalität handelsüblicher PCs schon seinerzeit aus den Werbeaussagen anderer Hersteller, aber auch aus zahlreichen Berichten in Fachorganen und Publikumszeitschriften geläufig war, und im Übrigen die Nutzer die ihnen bekannten Einsatzmöglichkeiten solcher Geräte regelmäßig auszuschöpfen trachten (vgl. dazu BGH GRUR 2002, 246, 248 -Scanner; BGH GRUR 1999, 928 ff - Telefaxgeräte). Unbehelflich bleibt auch der Einwand, die Art der Geräte, für welche die Klägerin eine urheberrechtliche Vergütung verlange, sei mit „PC“ nicht hinreichend bestimmt. Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass Klägerin ihre Definition wiederholt - jeweils in Anlehnung an die von Gesamtverträgen erfassten Produkte - modifiziert hat. Für den streitgegenständlichen Zeitraum kann indes auf die Bestimmungen des BCH-Vergleichs (Anlage B 6) rekurriert werden, der in Anlagen 1 und 2 gesonderte Definitionen für die Jahre 2002 bis 2006 einerseits und für das Jahr 2007 andererseits (jeweils mit Ausnahmen) enthält. Dass die PCs der Beklagten von diesen Ausnahmetatbeständen erfasst würden oder erst gar nicht unter die Definition fielen, hat sie nicht dargetan. Insbesondere wäre nicht ersichtlich, dass die Geräte mit 19“-Gehäuse einen dieser Ausnahmetatbestände (welchen?) erfüllten. Folglich hat es bei der Vergütungspflicht dem Grunde nach sein Bewenden.
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5. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das gesamte Vergütungssystem der §§ 54 ff. UrhG a.F. in verschiedenerlei Hinsicht gegen vorrangiges Unionsrecht, welches angesichts der Pflicht zur Umsetzung der RL 2001/29 EG in nationales Recht bis 2002 auch zur Auslegung der im streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung des UrhG heranzuziehen sei, verstoße, so dass es bereits an einer gesetzlichen Grundlage für die urheberrechtliche Vergütung fehle.
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Der Bundesgerichtshof hat dieser Rüge in der Vergangenheit wiederholt eine Absage erteilt und von einem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH (Art. 267 AEUV) abgesehen (BGH GRUR 2014, 984 Tz. 73 ff. - PC III; BGH GRUR 2017, 172 Tz. 113 - Musik-Handys; BGH GRUR 2017, 684 Tz. 98 - Externe Festplatten; BGH GRUR 2016, 792 Tz. 32 ff. - Gesamtvertrag Unterhaltungselektronik; BGH GRUR 2017 161 Tz. 39 ff. - Gesamtvertrag Speichermedien). Auch der Senat sieht sich aus den nachfolgenden Erwägungen nicht veranlasst, der Anregung der Beklagten zu entsprechen.
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a. Soweit die Beklagte eine fehlende gesetzliche Differenzierung zwischen privat erworbenen (vergütungspflichtigen) und gewerblich erworbenen PCs moniert, für welche letztere nach Unionsrecht schon dem Grunde nach keine Vergütung anfalle, geht der Ansatz insofern fehl, als nach Art. 5 Abs. 2 lit. b der RL 2001/29 EG nicht die (natürliche oder juristische) Person des Erwerbers eines Geräts oder Speichermediums maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Vergütungspflicht ist, sondern die Anfertigung von Vervielfältigungen geschützter Werke durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch. Dies kann, wie der Bundesgerichtshof (etwa in der Entscheidung „Toughbooks“, BeckRS 2017, 111 499 Tz. 55) betont hat, auch dann der Fall sein, wenn zunächst eine juristische Person einen PC erworben und zu gewerblichen Zwecken genutzt hat, das Gerät aber anschließend im Wege der Zweitverwertung vom Abnehmer für die Anfertigung von Privatkopien genutzt wird. Ebenso unbehelflich ist der Einwand der Beklagten, nach der Rechtsprechung des EuGH greife eine widerlegliche Vermutung dahingehend, dass die Geräte zur Anfertigung privilegierter Kopien genutzt würden, dann nicht, wenn sie an gewerbliche Abnehmer veräußert worden seien. Wie der Bundesgerichtshof bereits in der Entscheidung GRUR 2012, 504 Tz. 39 ff. - PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät ausgeführt hat, lässt sich insbesondere der „Padawan“-Entscheidung des EuGH eine solche Einschränkung nicht entnehmen: der Gerichtshof habe vielmehr ausgeführt, dass eine Privatkopievergütung auf Geräte, die nicht privaten Nutzern überlassen worden sind, mit der RL 2002/29 EG vereinbar sei (sofern die Geräte nicht eindeutig anderen Verwendungen vorbehalten seien). Auch in diesem Fall sei die Vermutung gerechtfertigt, dass sie zur Anfertigung von Privatkopien verwendet würden (Tz. 42), sei es am Arbeitsplatz, sei es nach Weiterverkauf an Privatpersonen (Tz. 45). Der EuGH selbst hat in der Entscheidung GRUR 2013, 1025 Tz. 49 ff. - Amazon hervorgehoben, dass den Mitgliedsstaaten im Rahmen des ihnen eingeräumten weiten Ermessens bei der Festlegung von Einzelheiten des gerechten Ausgleichs die Aufstellung von (widerleglichen) Vermutungen freisteht und angesichts der praktischen Schwierigkeiten, die tatsächliche Nutzung zu eruieren, auch grundsätzlich gerechtfertigt ist. Dass die Vermutung nur im Fall der Veräußerung an private Endabnehmer eingreifen würde, wie die Beklagte meint, lässt sich diesen Ausführungen nicht entnehmen. Unmissverständlich hat denn auch der Bundesgerichtshof in der Entscheidung GRUR 2017, 172 Tz. 62 F. - Musikhandy die Rechtsprechung des EuGH wie folgt zusammengefasst:
Unter Berücksichtigung der praktischen Schwierigkeiten bei der Ermittlung des privaten Zwecks der Nutzung von zur Vervielfältigung geeigneten Geräten und Trägermedien steht es allerdings mit der Richtlinie im Einklang, für den Fall, dass diese Geräte oder Trägermaterialien nicht eindeutig anderen Verwendungen als der Anfertigung von Privatkopien vorbehalten sind, eine widerlegliche Vermutung für eine vergütungspflichtige Nutzung gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 2 UrhG a.F. aufzustellen und zwar nicht nur dann, wenn diese Geräte und Medien natürlichen Personen überlassen werden (vgl. EuGH GRUR 2011, 50 Rn. 54 und 55 - Padawan/SGAE; GRUR 2013, 1025 Rn 41 bis 43 - Amazon/Austro-Mechana I; GRUR 2015, 487 Rn. 24 - Copydan/Nokia …), sondern auch dann, wenn sie einem gewerblichen Abnehmer überlassen werden (BGH GRUR 2012, 705 Rn 39 - PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät; GRUR 201, 984 Rn. 54 - PC III). (Unterstreichung hinzugefügt)
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b. Auch der weitere Einwand der Beklagten, entgegen den Anforderungen des EuGH in der Entscheidung GRUR 2013, 1025 Tz. 31 ff. - Amazon sehe das nationale Recht keinen wirksamen und ohne übermäßige Erschwernis ausgestalteten Rückerstattungsanspruch für rechtsgrundlos entrichtete Vergütungen vor, ist unbehelflich: Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung GRUR 2017, 716 Tz. 68 - PC mit Festplatte II die Auffassung vertreten, ein solches Erstattungssystem stehe mit den allgemeinen Vorschriften zum Recht der ungerechtfertigten Bereicherung zur Verfügung. Ob hieran festzuhalten ist (vgl. die Kritik bei Koch/Krauspenhaar, GRURInt 2013, 1003, 1007; Rosenkranz, GPR 37, 39; Verweyen, GRURInt 2016, 40) bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, da für die von der Beklagten den Jahren 2002 bis 2007 hergestellten und in Verkehr gebrachten Geräte eine Vergütung bislang nicht entrichtet worden ist, sondern mit der Klage erst verfolgt wird. Die dagegen angeführten allgemeinen Erwägungen der Beklagten könnten ohnehin nicht durchgreifen. Insbesondere könnte der Fall einer rückwirkenden Erhebung der Abgabe, in welchem der Vergütungspflichtige seine Belastung nicht mehr auf die Abnehmer abwälzen kann, während sich die Verwertungsgesellschaften im Hinblick auf stattgehabte Ausschüttungen auf Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen, eo ipso nicht eintreten: Wurde eine Vergütung für zurückliegende Zeiträume noch nicht bezahlt, liegt auch kein Fall einer rechtsgrundlosen Leistung vor, welche zurückverlangt werden könnte, mangels vorangegangener Bereicherung der Klägerin kann eine Entreicherung nicht eingetreten sein.
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c. Soweit die Beklagte weiter rügt, die nationale Regelung der urheberrechtlichen Vergütungsansprüche sei auch im Hinblick darauf unvereinbar mit Unionsrecht, dass das Gesetz in § 53 Abs. 1 Satz 1 a.F. UrhG (jedenfalls in der ab dem 13. September 2003 geltenden Fassung) Privatkopien von (zwar rechtswidrig, aber) nicht offensichtlich rechtswidrig hergestellten oder öffentlich zugänglich gemachten Vorlagen erlaubt und durch den Rückbezug in § 54 Abs. 1 UrhG eine Entschädigung der Urheber auch für die Anfertigung derartiger Vervielfältigungen vorsieht, während das Unionsrecht alle von rechtswidrigen Quellen gefertigten Kopien von der der Ausgleichspflicht ausnehme, mithin unterschiedliche Legalisierungsmaßstäbe vorlägen, erachtet der Senat diese Erwägung als nicht stichhaltig: Zwischen Geräten/Speichermedien, die ihrem Typ nach (nur) zur Anfertigung von Vervielfältigungen aus rechtmäßigen Quellen einerseits benutzt werden und solchen, die ihrem Typ nach (nur) zur Herstellung von Kopien aus rechtswidrigen Quellen andererseits verwendet werden, wird sich schwerlich eine objektive Abgrenzung vornehmen lassen. Sedes materiae dürfte vielmehr die Bemessung der angemessenen Vergütungshöhe sein (§ 54 Abs. 1 Satz 1 UrhG a.F.), wobei Vervielfältigungen von (offensichtlich) rechtswidrigen Quellen außer Betracht zu bleiben haben. Auch der EuGH hat sich in den Entscheidungen GRUR 2014, 546 - ACI/Adam und GRUR 2015, 478 - Copydan nicht etwa spezifisch mit der Entschädigungspflicht von Kopien befasst, die auf der Grundlage von zwar rechtswidrigen (nämlich nachgeahmten oder gefälschten), indes nicht offensichtlich rechtswidrigen Vorlagen gefertigt werden, sondern lediglich allgemein befunden, dass nationales Recht, welches für sein Vergütungssystem nicht danach unterscheidet, ob die Kopie auf einer rechtmäßig oder einer unrechtmäßig hergestellten Quelle beruht, mit Art. 5 Abs. 2 lit. b. der RL 2001/29 EG nicht vereinbar sei. Eben dies trifft indes auf das UrhG nicht zu, wenn es die Privilegierung von Privatkopien grundsätzlich auch an die rechtmäßige Herstellung/Zugänglichmachung der Vorlage knüpft. Im Übrigen könnte der Senat auch nicht feststellen, dass eine Entschädigungspflicht für eben jene - marginale und schwerlich zu beziffernde - Teilmenge von privaten Vervielfältigungen, die von einer zwar rechtswidrign, jedoch nicht „offensichtlich“ rechtswidrig hergestellten Quelle gefertigt werden, entgegen Art. 5 Abs. 5 der RL 2001/29 die „normale Verwertung des Werks …<beeinträchtigte oder> die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers ungebührlich <verletze>“, wenn sie (kaum messbar) die Bemessungsgrundlage für die angemessene Vergütung i.S.d. § 54 Abs. 1 Satz 1 UrhG a.F. geringfügig erhöht. Dementsprechend hat auch der Bundesgerichtshof in der Entscheidung GRUR 2015, 1101 Tz. 51 - Elektronische Leseplätze die Vereinbarkeit von § 53 Abs. 1 UrhG mit Unionsrecht bestätigt.
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d. Ohne Erfolg moniert die Beklagte des Weiteren, das Vergütungssystem nach §§ 54 ff. UrhG a.F. orientiere sich nur unzulänglich an dem den Urhebern durch privilegierte Kopien entstehenden Nachteil, wenn es etwa säumige Melde- und Auskunftspflichtige mit einem doppelten Vergütungssatz „bedrohe“ (vgl. §§ 54f Abs. 3, 54g Abs. 3 UrhG a.F.), obwohl das Verhalten des Auskunftspflichtigen keinerlei Einfluss auf den durch eine angemessene Vergütung zu kompensierenden, indes stets gleich bleibenden Nachteil der Urheber habe: Die Beklagte verkennt, dass das zögerliche Verhalten des Auskunftspflichtigen nicht etwa in die Bemessung der angemessenen Vergütung einfließt. Vielmehr hat der Gesetzgeber den Verwertungsgesellschaften mit §§ 54f Abs. 3, 54g Abs. 3 UrhG a.F. die Möglichkeit eingeräumt, den Vergütungspflichtigen, der seiner Melde- oder Auskunftspflicht nicht (genügend) nachkommt, mit einer pauschalierten Schadenersatzforderung zu belegen, wobei die Höhe der Pauschale der - vorab feststehenden - angemessenen Vergütung entspricht.
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6. Schließlich kann sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, dass sich das Agieren der Klägerin als Verstoß gegen §§ 19, 20 GWB, Art. 101 f. AUEV unter dem Gesichtspunkt der Diskriminierung und des Missbrauchs von Marktmacht darstellte, insofern sie ihre Ansprüche selektiv nur gegenüber einigen Vergütungsschuldnern verfolge und die Beklagte durch dieses willkürliche Vorgehen gegenüber den nicht in Anspruch genommenen Wettbewerbern benachteiligt werde, sie überdies einseitige Tarifforderungen durchzusetzen trachte, die erheblich über den in anderen EU-Mitgliedsstaaten geltenden Sätzen lägen. Zwar sind die in der Klägerin zusammengeschlossenen Verwertungsgesellschaften als marktbeherrschende Unternehmen Adressaten der kartellrechtlichen Regelungen (EuGH GRUR 2014, 473 Tz. 80, 86 - OSA). Allerdings bleibt die Beklagte bereits eine substantiierte Darlegung eines Erhebungsdefizits, aus welcher sie eine Ungleichbehandlung herleiten möchte, schuldig, wenn sie darauf verweist, dass ausweislich der sog. IPSOS-Studie 95% der Händler von der Klägerin noch nie kontaktiert oder informiert worden seien: Vor dem Hintergrund, dass das Gesetz selbst - ungeachtet der gesamtschuldnerischen Haftung der Händler mit Herstellern und Importeuren im Außenverhältnis, § 54 Abs. 1 Satz 2 UrhG a.F. - deren (der Händler) Privilegierung vorsieht, wenn es ihnen in § 54b UrhG a.F. die Möglichkeit einräumt, sich ihrer grundsätzlichen Zahlungspflicht zu entziehen, erfolgte eine etwa nachrangige Heranziehung der Händler im Vergleich mit anderen Gruppen von Vergütungsschuldnern jedenfalls nicht ohne sachlichen Grund, könnte daher nicht als Diskriminierung qualifiziert werden. Auch der pauschale Verweis auf mangelnde Kenntnis der Importeurseigenschaft bei 10% der Betroffenen gebietet keine abweichende Beurteilung, ist doch nicht einmal dargetan, dass die Klägerin von diesen Personen überhaupt Kenntnis hat. Im Übrigen wäre dieser Gesichtspunkt im Streitfall ohnehin nicht einschlägig, hat doch die Beklagte nach ihrer Auskunft gemäß Anlage K 61 PCs (von Drittherstellern) weder importiert noch mit ihnen gehandelt, kann folglich gegenüber anderen, angeblich begünstigten Importeure und Händlern auch nicht benachteiligt sein. Der weitere Aspekt eines Missbrauchs von Marktmacht greift ebenfalls nicht durch: Wenn die Klägerin die in der Anlage zu § 54d UrhG a.F. (wenngleich nur subsidiär) als angemessen ausgewiesenen Vergütungssätze gegenüber ihren Schuldnern geltend macht und gerichtlich verfolgt, stellt dies grundsätzlich auch dann kein missbräuchliches Vorgehen dar, wenn andere Mitgliedsstaaten der EU unter der Geltung anders gestalteter Regelungswerke bei der Bezifferung des den Urhebern gebührenden gerechten Ausgleichs (vgl. der den Mitgliedsstaaten durch die RL 2001/29 EG eingeräumte weite Ermessensspielraum bei der Festsetzung der - nicht harmonisierten - Gerätevergütung) zu niedrigeren Ergebnissen kommen. Erst wenn sich im Rahmen eines „auf einer einheitlichen Grundlage vorgenommenen Vergleichs“ herausstellte, dass die von einer Verwertungsgesellschaft erzwungenen Tarife erheblich höher sind als die in übrigen Mitgliedsstaaten, wäre diese Differenz als Anzeichen für einen Missbrauch der beherrschenden Stellung anzusehen (EuGH GRUR 2014, 473 Tz. 87 - OSA). Einen solchen „auf einheitlicher Grundlage vorgenommenen Vergleich“ stellt die Beklagte aber nicht an. Unbehelflich bleibt schließlich auch der Verweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes GRUR 1970, 200 - Tonbandgeräte-Importeur: Der dort judizierte Sachverhalt ist mit dem streitgegenständlichen nicht vergleichbar, betraf er doch die Erhebung unterschiedlich hoher Pauschalvergütungen bei Importeuren gleichartiger Geräte. Derlei steht nicht in Rede, wenn die Klägerin von allen Vergütungsschuldnern für identische Gerätetypen identische Beträge für ein- und denselben Zeitraum verlangt.
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7. Steht demnach die Vergütungspflicht der Beklagten dem Grunde nach fest, konnte dem Begehren der Klägerin, die ihre Forderung nach Nr. 1.4 der Anlage zu § 54d Abs. 1 UrhG a.F. mit € 18,42 für jeden im Inland in Verkehr gebrachten PC beziffert, hinsichtlich der Höhe allerdings nicht entsprochen werden.
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a. Zum einen ist bereits die Zahl der vergütungspflichtigen PCs nicht mit (den in Anlage K 61 angegebenen) 404 Exemplaren anzusetzen, sondern um jene Geräte zu reduzieren, die die Beklagte zwar hergestellt, jedoch nicht in Verkehr gebracht hat. Für diese PCs fällt eine Vergütung nach § 54 Abs. 1 Satz 1 UrhG a.F. nicht an, wie die Formulierung „… für die durch die Veräußerung der Geräte … geschaffene Möglichkeit …“ belegt. Im Einklang mit diesem Verständnis bestimmt auch § 54g Abs. 1 UrhG a.F., dass der nach § 54 Abs. 1 UrhG a.F. Vergütungspflichtige lediglich Auskunft über die Art und Stückzahl „der im Geltungsbereich dieses Gesetzes veräußerten oder in Verkehr gebrachten Geräte“ … zu erteilen hat. Vom Hersteller selbst genutzte PCs unterliegen dieser Verpflichtung nicht.
37
Nach der ergänzenden Auskunft in der Klageerwiderung (dort S. 3 = Bl. 101 d.A.) hat die Beklagte fünf der im Jahr 2005 produzierten Geräte im eigenen Unternehmen eingesetzt, drei weitere Exemplare im Jahr 2006. Für die Berechnung der geschuldeten Vergütung können daher nicht 404, sondern lediglich 396 Geräte berücksichtigt werden.
38
b. Auch für die verbleibende Anzahl vergütungspflichtiger PCs kann der klägerseits unter Rekurs auf die in der Anlage zu § 54d UrhG a.F. genannten Sätze verlangte Betrag von € 18,42 je Exemplar nicht als angemessen i.S.d. § 54 Abs. 1 UrhG a.F. angesehen werden.
39
Zur Höhe der nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UrhG a.F. geschuldeten „angemessenen“ Vergütung regelt § 54d Abs. 1 UrhG a.F., dass die in der Anlage bestimmten Sätze als angemessen gelten, sofern Abweichendes nicht vereinbart ist.
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Eine derartige, von den Sätzen der Anlage zu § 54d UrhG a.F. abweichende Vereinbarung liegt mit dem „Vergleich zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht für PCs gemäß § 54 Abs. 1 UrhG a.F. für die Jahre 2002 bis 2007“ vom 23. Dezember 2009 zwischen der Klägerin und dem BCH (Anlage B 6) vor, nach dessen § 3 i.V.m. Anlage 3 für die in den Jahren 2002/2003 fakturierten Geräte eine Vergütung von € 3,15 je Exemplar, für die in den Jahren 2004 bis 2007 fakturierten Geräte ein Betrag von jeweils € 6,30 anfällt.
41
Zwar kann die Beklagte, die diesem Vergleich (innerhalb der in § 2 bestimmten Frist bis zum 28. Februar 2010) nicht beigetreten ist und ihm, insofern nicht Mitglied des BCH, auch nicht beitreten kann, aus der Vereinbarung nicht unmittelbar eine ihr günstige Rechtsfolge herleiten. Gleichwohl erachtet der Senat dieses Regelungswerk als gewichtiges Indiz dafür, dass das auf der Basis langwieriger Verhandlungen gewonnene Ergebnis einschließlich der Höhe der Vergütung, nämlich € 3,15 für jeden in der Zeit vom 01. Januar 2002 bis 31. Dezember 2003 im Inland fakturierten PC, € 6,30 für jeden in den Jahren 2004 bis 2007 (anstelle des vom Gesetzgeber in Nr. I.4 der Anlage zu § 54d UrhG a.F. subsidiär vorgesehenen Betrags von € 18,42) eine adäquate Gewichtung der in Rede stehenden Sachverhalte einschließlich der (auch zwischen den hiesigen Streitparteien) kontrovers erörterten Gesichtspunkte wie insbesondere die tatsächliche Nutzung der Vervielfältigungsfunktion von PCs zur Anfertigung von Privatkopien i.S.d. § 53 Abs. 1 UrhG a.F. im streitgegenständlichen Zeitraum, auch bei Geräten, die an juristischen Personen des öffentlichen oder privaten Rechts oder an Gewerbetreibende als Endabnehmer veräußert worden sind, sowie in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit kopierfähiger (d.h. nicht mit technischen Schutzmaßnahmen ausgestatteter) und zudem rechtmäßig hergestellter oder öffentlich zugänglich gemachter Vorlagen (vgl. dazu oben Nr. 5.c) widerspiegelt. Stellt man zudem in Rechnung, dass es sich bei den Vertragsparteien beiderseits um branchen- und sachkundige Akteure handelt (die Vorbehalte der Beklagten gegen eine „Gesamtvertragsfähigkeit“ des BCH erachtet der Senat schon deshalb nicht als durchgreifend, weil ihm die Branchenkenntnis angesichts seiner namhaften Gründungsmitglieder, darunter die … GmbH, … GmbH, … Deutschland oder … GmbH (vgl. Replik S. 93 f. = Bl. 261 f. d.A.), die einen Marktanteil von etwa 70% abgedeckt haben, schwerlich abgesprochen werden kann), dürften die von ihnen in dem Vergleich nach Anlage B 6 festgehaltenen Beträge von € 3,15 bzw. € 6,30 grundsätzlich einen adäquaten Ausgleich für den den Urhebern durch die im nationalen Recht vorgesehene Privatkopieausnahme im streitgegenständlichen Zeitraum entstandenen Nachteil darstellen. Dieser Vereinbarung nach Anlage B 6 misst der Senat - vergleichbar einem Gesamtvertrag (vgl. dazu Senatsentscheidungen vom 14. März 2019, Az. 6 Sch 10/15 WG, dort S. 20 ff; Urteil vom 29. Mai 2020, Az. 6 Sch 55/18 WG, dort S. 44 ff.) - Indizcharakter dahingehend bei, dass die von den Vertragsparteien, beiderseits maßgebliche Marktkenner, gemeinsam festgesetzte Vergütung dem Erfordernis der Angemessenheit i.S.d. § 54 Abs. 1 UrhG a.F. grundsätzlich Rechnung trägt und daher auch auf nicht gesamtvertragsgebundene Vergütungsschuldner ausstrahlt - zumal ein sachlicher Grund dafür, dass spezifisch für die von der Beklagten hergestellten Geräte nur eine deutlich höhere Vergütung angemessen wäre, klägerseits nicht dargetan ist. Der Senat sieht sich daher nicht gehindert, die genannten Werte - auch insoweit, als sie keine Differenzierung nach privaten und nichtprivaten Endabnehmern vornehmen - als Ausgangspunkt für die Bezifferung des angemessenen Ausgleichs heranzuziehen.
42
Der in dem Vergleich nach Anlage B 6 vereinbarten Beträge sind allerdings um den den beitretenden Mitgliedern gewährten Gesamtvertragsnachlass von 20% auf € 3,943 bzw. € 7,875 zu erhöhen. Denn die ratio dieses Nachlasses, der Klägerin durch die mit dem Gesamtvertrag einhergehende Reduzierung des Verwaltungsaufwands sowie Vereinfachung des Inkassos und der Kontrolle Aufwendungen zu ersparen, greift im Fall der Beklagten nicht ein. Folglich hat die Beklagte für die 245 in den Jahren 2002/2003 in Verkehr gebrachten PCs eine Vergütung von € 966,035, für die in der Zeit vom 01. Januar 2004 bis 31. Dezember 2007 insgesamt veräußerten Geräte (151 Exemplare) den Betrag von € 1.188, 525, in der Summe mithin € 2.154,56 nebst Rechtshängigkeitszinsen seit Zustellung des Mahnbescheids am 15. Januar 2015 zu entrichten. Im weitergehenden Umfang war die Klage abzuweisen.
III.
43
Nach § 92 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 ZPO waren die Kosten des Rechtsstreits im Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens zu verteilen wie geschehen. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit entspricht § 709 ZPO.
44
Im Hinblick auf die zwischen den Parteien strittige Frage, inwieweit Vereinbarungen von Verwertungsgesellschaften und Herstellerverbänden auch auf nicht vertraglich gebundene Außenseiter ausstrahlen - ein Gesichtspunkt der eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle betrifft und der höchstrichterlich nicht abschließend geklärt ist, war die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zuzulassen, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.