Inhalt

OLG München, Endurteil v. 16.01.2020 – 6 Sch 11/14 WG
Titel:

Vergütungsansprüchen für TV-Receiver ohne eingebaute Festplatte

Normenketten:
UrhG § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1, § 54 b
BGB §§ 214, § 242
Leitsätze:
1. Zu Vergütungsansprüchen für TV-Receiver ohne eingebaute Festplatte, aber mit Aufzeichnungsfunktion auf eine externe Festplatte für die Jahre 2008 bis 2011, für TV-Receiver mit eingebauter Festplatte für die Jahre 2010 und 2011 und für TV-Geräte mit eingebauter Festplatte für das Jahr 2011. (Rn. 50 – 61) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Anrufung der Schlichtungsstelle führt zum Eintritt der Verjährungshemmung. Ein Rechtsmissbrauch kommt insoweit nicht in Betracht, wenn die Anrufung nicht im Ermessen des Klägers steht, sondern zwingende Voraussetzung des Klageverfahrens ist. (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Auslegung, Gesamtvertrag, Beteiligung, Zustellung, Widerspruch, Unterlassung, Unternehmen, Zwangsvollstreckung, Rechtskraft, Unwirksamkeit, Anlage, Verfahren, Vereinbarung, Einrede, Kosten des Rechtsstreits, Eintritt der Rechtskraft, analoge Anwendung
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 19.11.2020 – I ZR 20/20
Fundstelle:
GRUR-RS 2020, 47023

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 2.279.304,25 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.04.2014 zu zahlen, mit der Maßgabe, dass sich mit Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils der Betrag der Verurteilung in der Hauptsache um 20% auf EUR 1.823.443,40 reduziert.
2. Im Übrigen werden die Klage und Widerklage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 86 Prozent und die Beklagte 14 Prozent zu zahlen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klägerin macht gegen die Beklagte nach den §§ 54 ff. UrhG Vergütungsansprüche für TV-Receiver ohne eingebaute Festplatte, aber mit Aufzeichnungsfunktion auf eine externe Festplatte für die Jahre 2008 bis 2011, für TV-Receiver mit eingebauter Festplatte für die Jahre 2010 und 2011 und für TV-Geräte mit eingebauter Festplatte für das Jahr 2011 geltend.
2
Die Klägerin ist ein Zusammenschluss der deutschen Verwertungsgesellschaften, die urheberrechtliche Vergütungsansprüche wegen nach § 53 Abs. 1 oder Abs. 2 UrhG erlaubter Vervielfältigungen gemäß § 54 UrhG geltend machen können.
3
Die Beklagte ist ein inländisches Unternehmen, das sich mit der Entwicklung, der Herstellung und dem Vertrieb von Unterhaltungselektronik befasst.
4
Die Beklagte hat im Zeitraum
- vom 01.01. bis zum 31.12.2008 13.269 Stück,
- vom 01.01. bis zum 31.12.2009 83.375 Stück,
- vom 01.01. bis zum 31.12.2010 280.310 Stück und
- vom 01.01. bis zum 31.12.2011 257.107 Stück
von ihr importierte TV-Receiver ohne eingebaute Festplatte, aber mit Aufzeichnungsfunktion auf externe Festplatte in Deutschland veräußert bzw. in Verkehr gebracht.
5
Die Beklagte hat weiterhin im Zeitraum
- vom 01.01.2010 bis zum 31.03.2011 72.623 Stück und
- vom 01.04.2011 bis zum 31.12.2011 37.645 Stück
von ihr importierte TV-Receiver mit eingebauter Festplatte in Deutschland veräußert bzw. in Verkehr gebracht.
6
Die Beklagte hat außerdem im Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2011 13.626 Stück von ihr importierte TV-Geräte mit eingebauter Festplatte in Deutschland veräußert bzw. in Verkehr gebracht.
7
Die Klägerin hat im Jahr 2011 zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche für TV-Receiver ohne eingebaute Festplatte, aber mit Aufzeichnungsfunktion für die Jahre 2008 und 2009 gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 b UrhWG die Schiedsstelle angerufen (Az.: Sch-Urh 74/11). Wegen der weiteren streitgegenständlichen Ansprüche für die Jahre 2010 und 2011 hat sie im Jahr 2012 die Schiedsstelle angerufen (Az.: Sch-Urh 59/12). Nach Verbindung dieser beiden Verfahren hat die Schiedsstelle mit Datum vom 12.09.2013 einen Einigungsvorschlag erlassen (Anlage K 1), gegen den beide Parteien Widerspruch eingelegt haben. Die Klägerin hat nach Zustellung des Einigungsvorschlags am 16.09.2013 mit Klageschrift vom 14.03.2014 Klage erhoben, zugestellt an die Beklagte am 01.04.2014, und dabei ursprünglich einen Zahlungsbetrag in Höhe von 13.327.052,23 € zuzüglich Zinsen geltend gemacht, sowie für den Fall einer erforderlichen Differenzierung zwischen der Überlassung der Geräte an private und an nicht-private Endabnehmer verschiedene Hilfsanträge gestellt (vgl. Seiten 3 bis 7 der Klageschrift vom 14.03.2014).
8
Die Klägerin hatte der geltend gemachten Vergütungshöhe zunächst den im Bundesanzeiger vom 28.07.2011 veröffentlichten Tarif für die streitgegenständlichen Produkte zugrunde gelegt, nämlich jeweils 13,00 EUR für TV-Receiver ohne eingebaute Festplatte, aber mit Aufzeichnungsfunktion auf externe Festplatte und jeweils 34,00 EUR auf TV-Receiver und TV-Geräte mit eingebauter Festplatte (vgl. Rechnungen Anlagen K 2, K 4, K 6, K 8 und K 10).
9
Im Mai 2019 haben die Klägerin, die VG Wort und die VG Bild-Kunst mit dem B.k. e.V. und dem ZVEI e. V. jeweils einen inhaltsgleichen „Gesamtvertrag zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht gemäß §§ 54 ff. UrhG für Produkte der Unterhaltungselektronik für die Zeit ab dem 01.01.2008“ geschlossen, der auch die verfahrensgegenständlichen Geräte umfasst. Auf dieser Grundlage haben die Klägerin und die Verwertungsgesellschaften VG Wort und VG Bild-Kunst einen gemeinsamen Tarif vom 03.05.2019 aufgestellt (vgl. Anlage B 9), der im Bundesanzeiger vom 07.05.2019 veröffentlicht wurde. Mit Veröffentlichung dieses Tarifs wurde der Tarif für Produkte der Unterhaltungselektronik vom 28.07.2011 aufgehoben.
10
Die Klägerin macht nunmehr auf der Grundlage dieses Tarifs vom 03.05.2019 Vergütungsansprüche in Höhe von 1,25 EUR für TV-Receiver ohne eingebaute Festplatte, aber mit Aufzeichnungsfunktion auf externe Festplatte und in Höhe von jeweils 12,00 EUR für TV-Receiver und TV-Geräte mit eingebauter Festplatte geltend (vgl. neue Rechnungsstellungen, Anlagen K 46, K 47 vom 19.06.2019). Die Beklagte hat auf die klägerischen Forderungen keinerlei Zahlung geleistet.
11
Mit Schreiben vom 14.05.2019 (Anlage B 18), auf das inhaltlich Bezug genommen wird, unterbreitete der Beklagtenvertreter der Klageseite ein Vergleichsangebot, das einen modifizierten Beitritt zu dem mit dem B.k. e.V. geschlossenen Gesamtvertrag vorsah, welches vom Klägervertreter mit Schreiben vom 20.05.2019 (Anlage B 19) zurückgewiesen wurde.
12
Mit Schreiben vom 27.05.2019 (Anlage B 8) erklärte die Beklagte ihren Beitritt unter wörtlicher Verwendung des gem. § 2 Abs. 3 S. 1 in Anlage 2 zum Gesamtvertrag zwingend vorgegebenen Mustertextes sowie unter Inanspruchnahme der gem. Ziffer I., zweiter Absatz vorgesehenen Möglichkeit, die Einrede der Verjährung gegen Ansprüche aus §§ 54 ff. UrhG für den Vorbehaltszeitraum zu erheben. Mit Anwaltsschreiben vom 04.06.2019 (Anlage B 20) wies die Klägerin den Beitritt der Beklagten als „insgesamt unwirksam“ zurück.
13
Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer zuletzt gestellten Klageanträge Folgendes vor:
14
Die sich nach dem neuen Tarif ergebenden Vergütungssätze seien niedriger, als nach dem bisherigen Tarif, so dass der ursprüngliche Klageantrag an die veränderten tariflichen Gegebenheiten anzupassen und das Verfahren im Übrigen für erledigt zu erklären sei.
15
Soweit (zunächst) keine Gesamtverträge abgeschlossen hätten werden können, hätte die Klägerin aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung zur effektiven Durchsetzung von Ansprüchen (§ 9 VGG) die Vergütungsansprüche auf der Grundlage ihrer auf empirischen Untersuchungen beruhenden Tarife durchsetzen müssen. Anders wäre es nicht möglich gewesen, den Rechteinhabern die ihnen zustehende angemessene Beteiligung an der Nutzung ihrer Werke zu sichern (vgl. § 11 S. 2 UrhG). Das auf den ursprünglichen Tarif gestützte Zahlungsbegehren habe sich nach Einleitung des Verfahrens durch die Aufstellung des neuen Tarifs vom 03.05.2019 teilweise erledigt.
16
Bei der beiderseitigen Erledigungserklärung i.S.v. § 91a ZPO sei grundsätzlich relevant, welcher Partei die Veranlassung eines Verfahrens zuzurechnen sei; die (teilweise) Erledigung eines Antrags solle nicht dazu führen, dass Umstände, die nicht vom Kläger zu vertreten seien, zur (teilweisen) Zurückweisung eines ursprünglich zulässigen und begründeten Begehrens führten. Sofern der Antrag ursprünglich zulässig und begründet gewesen sei, entspreche die Änderung des Antrags dem Rechtsgedanken und Zweck des § 91a ZPO, den Kläger aus Billigkeitsgründen nicht mit einer für ihn ungünstigen Kostenfolge zu belegen, zumal er das erledigende Ereignis nicht zu vertreten habe. Als erledigendes Ereignis sei im vorliegenden Fall die Änderung des maßgeblichen Tarifs zu sehen, die aus der rechtlichen Verpflichtung der Klägerin zur Aufstellung eines neuen Tarifs zur Vergütung für Produkte der Unterhaltungselektronik nach den §§ 54, 54a UrhG resultiere, der auf dem im Mai 2019 abgeschlossenen Gesamtvertrag beruhe.
17
Die Beklagte sei verpflichtet, für die von ihr laut den bereits erteilten Auskünften im verfahrensgegenständlichen Zeitraum in Deutschland veräußerten oder in Verkehr gebrachten Geräte die von der Klägerin als Tarif veröffentlichten Vergütungen zu bezahlen.
18
Die von der Klägerin geltend gemachten Vergütungen gemäß §§ 54 Abs. 1, 54b Abs. 1 UrhG beruhten auf den Gesamtverträgen zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht gemäß §§ 54 ff. UrhG für Produkte der Unterhaltungselektronik für die Zeit ab dem 1. Januar 2008, die die Klägerin, die VG Wort und die VG Bild-Kunst im Mai 2019 mit dem B.k. und dem ZVEI geschlossen hätten und die die Angemessenheit der geforderten Vergütung indizierten.
19
Die Klägerin beantragt - unter teilweiser Erledigterklärung ihrer ursprünglichen Anträge (vgl. Seite 3-7 der Klageschrift vom 14.03.2014), soweit diese hiervon abweichen - zuletzt:
20
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 2.279.304,25 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus
− EUR 120.805,00 seit dem 17.11.2011,
− EUR 871.476,00 seit dem 15.08.2012,
− EUR 965.639,50 seit dem 13.09.2012 und aus
− EUR 321.383,75 seit dem 15.11.2012
zu bezahlen, sowie festzustellen, dass die Klage im darüber hinausgehenden Umfang erledigt ist.
21
Die Beklagte hat der Teilerledigterklärung der Klägerin widersprochen und beantragt,
1. Die Klage wird abgewiesen.
Hilfsweise, für den Fall einer vom erkennenden Senat beabsichtigten (Teil-)verurteilung der Beklagten:
2. a. Das Urteil ergeht mit der Maßgabe, dass sich mit Eintritt der Rechtskraft der Betrag der Verurteilung in der Hauptsache um 20% reduziert und Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz erst ab dem 30.06.2019 und nur auf der Basis des entsprechend reduzierten Betrages geschuldet sind.
b. Es wird festgestellt, dass die Klägerin mit Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils verpflichtet ist,
i. einen über die Bestimmung in Ziffer 2.a.) hinausgehenden Betrag an die Beklagte zurückzuerstatten, wenn und soweit auf dieses Urteil zuvor bereits gezahlt oder aus diesem fruchtvoll vorläufig vollstreckt worden ist und/oder
ii. eine etwaige vorläufige Sicherungsvollstreckung gem. § 720a ZPO insoweit freizugeben.
22
. Die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil wird ab dem Zeitpunkt seiner Rechtskraft endgültig eingestellt, soweit sie über den zu Ziffer 2.a.) bestimmten Betrag hinausgeht.
23
Die Beklagte führt Folgendes aus:
24
Die Beklagte sei mit Erklärung vom 27.05.2019 (Anlage B 8) dem „Gesamtvertrag zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht gem. §§ 54 ff. UrhG für Produkte der Unterhaltungselektronik für die Zeit ab dem 01.01.2008“ zwischen B.k. e.V. und der Klägerin wirksam beigetreten. Der Beitritt sei unter dem gesamtvertraglich ausdrücklich vorgesehenen Vorbehalt der Erhebung der Einrede der Verjährung u.a. für den hier streitgegenständlichen Zeitraum erfolgt. Aufgrund dessen werde der Beitritt für den hier streitgegenständlichen Zeitraum nur im rechtskräftigen Unterliegensfall der Beklagten wirksam und sei im Übrigen suspendiert.
25
Entsprechend der vertraglichen Regelungen zwischen den Parteien gem. Ziffer I., zweiter Absatz der Anlage 2 zum Gesamtvertrag (Anlagen B 8 bis B 10) beschränke die Beklagte ihre Rechtsverteidigung ausdrücklich auf die Erhebung der Einrede der Verjährung gem. § 214 Abs. 1 BGB. Denn wegen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) hätten weder die vorgängigen Schiedsstellenverfahren noch die hiesige Klageerhebung den Ablauf der Verjährung wirksam gehemmt. Vor dem Hintergrund der später gefundenen Einigung mit dem B.k. e.V. auf Vergütungssätze für die hier interessierenden Geräte von EUR 1,25 bzw. EUR 12,- sei bereits die Einleitung der vorgängigen Schiedsstellenverfahren zu den Aktenzeichen Sch-Urh 74/11 und Sch-Urh 59/12 als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren. Denn die Beklagte habe der Klägerin bereits zuvor mit Schreiben vom 06.11.2011 (Anlage B 11) das Angebot der Beklagten auf freiwillige Schlichtung gem. § 17a UrhWahrnG a. F. (Anlage B 12) unterbreitet, in der sie der Klägerin zumindest hilfsweise als Verhandlungsbasis Vergütungssätze von bis zu EUR 4,88 bzw. EUR 12,73 angeboten habe. Hätte die Klägerin dieses Angebot sorgfaltsgemäß geprüft, statt sich erst gar nicht auf aussichtsreiche Verhandlungen einzulassen, hätte sie im wohlverstandenen Interesse der Urheber höhere Vergütungen, als die nunmehr eingeklagten Sätze erzielen können. Stattdessen habe sie die Beklagte in jahrelange, umfangreiche und sehr teure rechtliche Auseinandersetzungen verstrickt, um sich dann - ohne irgendeinen ersichtlichen Grund - auf Vergütungssätze noch unterhalb derer zu einigen, die von den erkennenden Spruchkörpern vorgeschlagen bzw. festgesetzt worden seien. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sei für den umgekehrten Fall der Mitteilung der mangelnden Bereitschaft des Antragstellers, sich auf eine Einigung im Schlichtungsverfahren einzulassen, die Treuwidrigkeit der Berufung auf die formal verjährungshemmende Wirkung der Verfahrenseinleitung anerkannt. Dies müsse erst recht gelten, wenn - wie hier - der Antragsgegner schon vor Durchführung des Schiedsstellenverfahrens freiwillig eine Leistung angeboten habe, die noch über den realistischen und objektiv angemessenen Vorstellungen der Antragstellerseite gelegen habe. Insgesamt zeige eine Zusammenfassung des Verhaltens der Klägerin, dass diese gegenüber der Beklagten ihre formalen Rechtspositionen und Gestaltungsmöglichkeiten treuwidrig ausgenutzt habe.
26
Daneben habe die Klägerin systematisch und wiederholt mit einer Vielzahl von Vergütungspflichtigen Vereinbarungen über den Verzicht der Verjährung geschlossen, wobei es sich jeweils um von der Klägerin vorformulierte Vertragstexte gehandelt habe, die in einer Vielzahl von Fällen Anwendung fänden und nach Maßgabe von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam seien. Infolge der rechtlichen Unwirksamkeit derartiger Vereinbarungen zur Verlängerung der Verjährungsfrist liege eine ungerechtfertigte und gesetzeszweckwidrige Besserstellung der Vergütungspflichtigen, die eine Vereinbarung über die Verlängerung der Verjährung eingegangen seien, im Sinne von § 242 BGB und Art. Art. 102 lit. c. AEUV vor.
27
Der Hilfswiderklageantrag zu 2.a. trage dem Umstand Rechnung, dass der Gesamtvertragsnachlass von 20% nach der vertraglichen Regelung in Anlage 2 erst dann eintreten solle, wenn eine etwaige Entscheidung des Senats auf Stattgabe der Klage inzident die erhobene Einrede der Verjährung rechtskräftig zurückweise.
28
Der Hilfsantrag zu 2.b. sei deswegen sachgerecht, weil ein stattgebendes Urteil aus diesem Prozess bereits während des Laufs der Rechtsmittelfrist vorläufig vollstreckbar wäre bzw. die Beklagte unter dem Druck einer drohenden vorläufigen Vollstreckung zahlte. Angesichts der klaren vertraglichen Situation im Falle der Rechtskraft sei es nicht einsehbar, weshalb die Beklagte dann auf die Geltendmachung eines kondiktionsrechtlichen Anspruchs in einem weiteren Prozess verwiesen sein sollte. Hilfsantrag zu 2.c. stütze die Beklagte auf die analoge Anwendung der §§ 707, 719 ZPO vor dem Hintergrund der Regelungssystematik von Anlage 2 des Gesamtvertrages.
29
Im Termin vor dem Senat hat der Beklagtenvertreter erklärt, dass - im Hinblick auf die vorläufige Rechtsauffassung des Senats, wonach im Falle des wirksamen Beitritts zum Gesamtvertrag der Beklagten nur die Einrede der Verjährung eröffnet bleibe, soweit diese auf die Beziehungen der Parteien zueinander gestützt wird - sich die Beklagte nicht mehr auf den Sachverhalt berufe, wonach mit Dritten unwirksame Vereinbarungen betreffend den Verjährungsverzicht abgeschlossen worden seien (vgl. Sitzungsprotokoll vom 21.11.2019, Seite 3, Bl. 346 d. A.).
30
Die Klägerin beantragt,
die Hilfsanträge der Beklagten abzuweisen.
31
Die Klägerin erwidert auf das Vorbringen der Beklagte wie folgt:
„Die Beklagte sei dem Gesamtvertrag über die urheberrechtliche Vergütungspflicht für Produkte der Unterhaltungselektronik für die Zeit ab dem 01.01.2008 mit dem B.k. e.V. nicht wirksam beigetreten. Ein Beitritt könne nur unter Verwendung des hierfür im Gesamtvertrag vorgesehenen Musters erklärt werden, das die Möglichkeit vorsehe, durch Ankreuzen eines Kästchens die Einrede der Verjährung zu erheben. Die Erhebung der Einrede der Verjährung im Sinne dieser Regelung bedeute, dass ein beitretendes Unternehmen geltend machen könne, die Ansprüche der Klägerin für Teile des vom Beitritt umfassten Zeitraums wegen Zeitablaufs nicht mehr erfüllen zu müssen. Wie ihr gesamter vorgerichtlicher und gerichtlicher Vortrag zeige, mache die Beklagte - die dieses Kästchen in ihrer Beitrittserklärung angekreuzt habe - jedoch nicht geltend, dass sie die Ansprüche der Klägerin wegen Zeitablaufs nicht mehr erfüllen zu müsse, sondern dass die Geltendmachung der verfahrensgegenständlichen Ansprüche rechtsmissbräuchlich sei. Die Beklagte habe also keine Einrede der Verjährung erhoben, sondern mache andere rechtliche Einwendungen geltend. Mit dem Abschluss des Gesamtvertrages mit dem B.k. habe die Klägerin den Mitgliedern des Bitkom ein Angebot auf Abschluss eines Einzelvertrages zu den Bedingungen des Gesamtvertrages gemacht. Dieses Angebot könne nur unverändert angenommen werden. Ein Beitritt, der - wie vorliegend - mit dem Vorbehalt erklärt werde, dass die Geltendmachung der Ansprüche durch die Klägerin rechtsmissbräuchlich sein solle, stelle keine unveränderte Annahme des Angebots der Klägerin dar. Die Klägerin habe daher das damit verbundene neue Angebot der Beklagten zurückweisen dürfen. Damit sei zwischen den Parteien kein Einzelvertrag zu den Bedingungen des Gesamtvertrages zustande gekommen, so dass die Beklagte für die verfahrensgegenständlichen Zeiträume und Geräte die als Tarif veröffentlichten Vergütungen (ohne Abzug eines Gesamtvertragsnachlasses) schulde.“
32
Gem. § 2 Abs. 2 S. 2 und S. 3 des Gesamtvertrages hätte diesem für die Zeit vom 01.01.2008 bis zum 30.06.2019 nur insgesamt beigetreten werden können, nicht aber für einzelne Jahre dieses Zeitraums. Gemäß § 2 Abs. 3 des Gesamtvertrages sei der Beitritt unter Verwendung des als Anlage 2 zum Gesamtvertrag beigefügten Musters schriftlich zu erklären. Der Einzelvertrag regele die Ansprüche der Verwertungsgesellschaften nach den §§ 54 ff. UrhG für die vom Gesamtvertrag erfassten Produkte und für den vom Beitritt umfassten Zeitraum abschließend, wie sich bereits aus der Präambel zum Gesamtvertrag ergebe, die durch den Beitritt zum Gesamtvertrag auch zum Bestandteil der Einzelverträge werde. Dementsprechend sehe der Gesamtvertrag vor, dass etwaige zwischen dem beitretenden Unternehmen und den Verwertungsgesellschaften anhängige Verfahren über die vertragsgegenständlichen Produkte und Zeiträume für erledigt erklärt werden sollen (§ 15 Abs. 1 S. 1 des Gesamtvertrages). Der Zweck eines Beitritts und des Abschlusses eines Einzelvertrags liege somit darin, die Streitfragen, die zwischen den Verwertungsgesellschaften und dem beitretenden Importeur oder Hersteller in Bezug auf den Inhalt der sich aus den §§ 54 ff. UrhG ergebenden Ansprüche bestünden, zu erledigen und diese Ansprüche auf eine neue, vertragliche Grundlage zu stellen. An einer solchen abschließenden Regelung der Ansprüche hätten die Verwertungsgesellschaften - für die beitretenden Unternehmen offensichtlich erkennbar - ein eindeutiges Interesse. Als Gegenleistung für diese abschließende Regelung und die Beilegung der Streitigkeiten sehe der Gesamtvertrag in § 3 Abs. 2 vor, dass die beitretenden Unternehmen einen Nachlass von 20% auf die Vergütungen erhielten. Dem erkennbaren Interesse der Verwertungsgesellschaften an einer abschließenden Regelung der Ansprüche widerspreche es grundsätzlich, einen Beitritt unter Aufrechterhaltung von Einwendungen gegen die sich aus dem Vertrag ergebenden Ansprüche zu ermöglichen. Der Ausnahmeregelung zur Verjährungseinrede hätte zugrunde gelegen, dass nach dem gemeinsamen Willen der Gesamtvertragsparteien ein Beitritt nur für den gesamten Zeitraum vom 01.01.2008 bis 30.06.2019 möglich sein und nicht die Möglichkeit bestehen sollte, dem Gesamtvertrag nur für einzelne Jahre dieses Zeitraums beizutreten. Der Gesamtvertragsnachlass sollte nur denjenigen Unternehmen gewährt werden, die grundsätzlich bereit waren, die Ansprüche für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis 30.06.2019 insgesamt zu erfüllen, da auch nur in diesem Fall die mit einem Beitritt verfolgte Zielsetzung einer abschließenden Regelung aller Streitfragen erreicht werde. Die konsequente Durchsetzung dieses Grundsatzes hätte allerdings zur Folge gehabt, dass Unternehmen, die grundsätzlich zur Erfüllung der Ansprüche bereitgewesen seien, aber für einzelne Jahre des Zeitraums vom 01.01.2008 bis 30.06.2019 die Einrede der Verjährung hätten erheben können, nicht beigetreten wären und für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis 30.06.2019 keinen Gesamtvertragsnachlass erhalten hätten. Dieses Ergebnis sei von den Gesamtvertragsparteien nicht als sachgerecht angesehen. Dabei seien diese davon ausgegangen, dass das Vorliegen der Tatbestände eines Verjährungseintritts, insbesondere das Fehlen einer Vereinbarung über die Verlängerung der Verjährung und die Unterlassung der Einleitung eines zur Hemmung der Verjährung führenden Verfahrens, grundsätzlich einfach und im Regelfall auch ohne weitere gerichtliche Auseinandersetzung zu klären sei.
33
Der anwaltliche Vertreter der Beklagten habe mit dem als Anlage B 18 vorgelegten Schreiben vom 14.05.2019 erkennbar nicht geltend gemacht, dass die Ansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten verjährt seien, sondern vielmehr die Auffassung vertreten, dass die Ansprüche der Klägerin gegenüber Dritten verjährt sein könnten mit der Folge, dass auch die Beklagte auf der Grundlage des kartellrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes die Zahlung verweigern könne. Die Klärung dieser Rechtsfrage sollte nach Auffassung des anwaltlichen Vertreters der Beklagten ungeachtet eines Beitritts der Beklagten zum Gesamtvertrag weiter möglich sein. Dies habe die Klägerin durch ihren anwaltlichen Vertreter mit dem als Anlage B 19 vorgelegten Schreiben vom 20.05.2019 unter Hinweis darauf abgelehnt, dass dem Gesamtvertrag nur so beigetreten werden könne, wie er mit dem Bitkom verhandelt worden sei. In ihrer wenige Tage später abgegebenen Beitrittserklärung vom 27.05.2019 (vorgelegt als Anlage B 8) habe die Beklagte dann das Kästchen angekreuzt, wonach sie unbeschadet ihres Beitritts für den Zeitraum von 2008 bis 2015 die Einrede der Verjährung erhebt. Die Klägerin habe diese Beitrittserklärung mit anwaltlichem Schreiben vom 04.06.2019 (vorgelegt als Anlage B 20) und mit E-Mail vom 04.06.2019 (vorgelegt als Anlage B 21) zurückgewiesen, wobei der Beklagten Gelegenheit gegeben worden sei, dem Gesamtvertrag ohne Vorbehalt beizutreten, was die Beklagte mit Schreiben ihres anwaltlichen Vertreters vom 13.06.2019 (vorgelegt als Anlage B 25) abgelehnt habe.
34
Der Begriff „Einrede der Verjährung“ in dem Formular der Beitrittserklärung sei dahingehend zu verstehen, dass ein Leistungsverweigerungsrecht wegen Zeitablaufs geltend gemacht werde. Die Beklagte sei dagegen der Auffassung, dass dieser Begriff weit auszulegen und dahingehend zu verstehen sei, dass bereits die formale Erklärung, eine solche Einrede zu erheben, ausreichend sei, auch wenn das Leistungsverweigerungsrecht tatsächlich nicht auf Zeitablauf gestützt werde, sondern auf andere Sachverhalte und Rechtsgründe. Die Auslegung des Begriffs „Einrede der Verjährung“, der in der Beitrittsregelung nicht weiter erläutert werde, erfolge nach den für empfangsbedürftige Willenserklärungen geltenden Grundsätze unter Berücksichtigung des Wortsinns, der Begleitumstände, der Verkehrssitte, der bestehenden Interessenlage und des mit dem Rechtsgeschäft verfolgten Zwecks. Die Begriffe „Einrede der Verjährung“ und „Verjährung“ seien Rechtsbegriffe, die den Regelungen des BGB entnommen seien und denen ein anerkanntes Verständnis zugrunde liege. Die gesetzlichen Regelungen der §§ 195 ff. BGB regelten in eindeutiger Weise, unter welchen Voraussetzungen Verjährung eintrete. Für die Ansprüche nach den §§ 54 ff. UrhG gelte die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren nach § 195 BGB. Der die Verjährung auslösende Zeitablauf trete mit Ablauf dieser Verjährungsfrist ein, es sei denn, die Parteien hätten eine wirksame Vereinbarung über die Verlängerung der Verjährung getroffen oder es liege ein Tatbestand vor, der nach den Regelungen der §§ 203 ff. BGB eine Hemmung der Verjährung zur Folge habe. Das der gesetzlichen Regelung der §§ 195 ff. BGB zugrunde liegende Verständnis der Begriffe „Einrede der Verjährung“ und „Verjährung“ liege erkennbar auch der Regelung im Beitrittsformular zum Gesamtvertrag zugrunde. Dies folge bereits aus dem völligen Fehlen von Anhaltspunkten für eine gegenteilige Annahme, im Übrigen aber aus dem Zweck der Regelung, den Unternehmen einen Beitritt für den gesamten Zeitraum vom 01.01.2008 bis zum 30.06.2019 zu ermöglichen, ohne ihnen das Leistungsverweigerungsrecht der Verjährungseinrede zu nehmen.
35
Die streitgegenständlichen Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte für die Jahre 2008 bis 2011 seien nicht verjährt, nachdem die Klägerin mit Antrag vom 19.12.2011 ein Verfahren nach § 14 Abs. 1 Ziffer 1. b) UrhWG bei der Schiedsstelle eingeleitet und nach Abschluss dieses Verfahrens durch Einigungsvorschlag der Schiedsstelle vom 12.09.2013, der Klägerin zugestellt am 16.09.2013, mit Klageschrift vom 14.03.2014 Klage zum OLG München erhoben habe, wodurch die Verjährung der verfahrensgegenständlichen Ansprüche gehemmt worden sei. Die Beklagte mache auch nicht geltend, dass die Ansprüche der Klägerin wegen Zeitablaufs nicht mehr durchsetzbar sein sollen, sondern sie sei vielmehr der Auffassung, es sei zwar eine Hemmung der Verjährung eingetreten, die Klägerin dürfe sich aber auf diese nicht berufen. Die Beklagte wolle also nicht die Rechtsfrage geklärt haben, ob die Ansprüche der Klägerin wegen Zeitablaufs nicht mehr geltend gemacht werden könnten, sondern wolle vielmehr so gestellt werden, wie andere Unternehmen, die mit der Klägerin eine Vereinbarung über die Verlängerung der Verjährung geschlossen hätten, welche (vermeintlich) unwirksam sein sollten. Dies sei keine Geltendmachung von Verjährung. Das Angebot auf Abschluss eines Einzelvertrages zu den Bedingungen des Gesamtvertrages könne nur unverändert angenommen werden. Die Beklagte habe durch das Ankreuzen des im Beitrittsformular vorgesehenen Textes zwar in formaler Hinsicht erklärt, die Einrede der Verjährung erheben zu wollen. Tatsächlich mache die Beklagte jedoch nicht ein Leistungsverweigerungsrecht wegen Zeitablaufs geltend, sondern sie berufe sich auf rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin. Ein Beitritt, der - wie vorliegend - mit dem Vorbehalt erklärt werde, dass die Geltendmachung der Ansprüche durch die Klägerin rechtsmissbräuchlich sein solle, stelle keine unveränderte Annahme des Angebots der Klägerin dar. Die Klägerin habe daher das damit verbundene neue Angebot der Beklagten zurückweisen dürfen. Damit sei zwischen den Parteien kein Einzelvertrag zu den Bedingungen des Gesamtvertrages zustande gekommen.
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Die Beklagte habe im vorliegenden Verfahren auch nicht näher begründet, woraus sich das vermeintlich rechtsmissbräuchliche Verhalten der Klägerin ergeben solle. Soweit den bisherigen Ausführungen der Beklagten die Argumentation zu entnehmen sei, dass die von der Klägerin mit anderen Unternehmen geschlossenen Vereinbarungen über die Verlängerung der Verjährung unwirksam sein sollten, führe die Beklagte bisher nicht aus, woraus sich diese Unwirksamkeit ergeben solle. Soweit die Folge der angeblichen Unwirksamkeit der von der Klägerin mit anderen Unternehmen geschlossenen Vereinbarungen über die Verlängerung der Verjährung nach Auffassung der Beklagten sein solle, dass sich die Klägerin gegenüber der Beklagten nicht darauf berufen könne, dass die verfahrensgegenständlichen Ansprüche gegenüber der Beklagten nicht verjährt seien, sei diese Argumentation vollständig abwegig.
37
Zu den Hilfsanträgen sei folgendes auszuführen: Mit dem Hilfsantrag zu 2.a. wolle die Beklagte erreichen, dass sie im Falle des Bestehens einer Zahlungspflicht nur die für Gesamtvertragsmitglieder geltende, 20% niedrigere Vergütung zu zahlen habe. Hierauf habe die Beklagte keinen Anspruch, da sie keinem Gesamtvertrag beigetreten sei. Hilfsantrag zu 2.b.i. sei unzulässig. Sollte die Beklagte im vorliegenden Verfahren, wie von der Klägerin beantragt, zur Zahlung der vollen (nicht um einen Gesamtvertragsnachlass verminderten) Vergütung verurteilt werden und hierauf vor Rechtskraft des Urteils vorläufig Zahlung leisten, und sollte die Beklagte durch Einlegung der Revision eine Abänderung des Urteils dahingehend erreichen, dass sie nur die um den Gesamtvertragsnachlass verminderte Vergütung zu zahlen hätte, so hätte sie ohnehin gegenüber der Klägerin einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Überzahlung. Der begehrten Feststellung bedürfe es deshalb eindeutig nicht und es fehle am erforderlichen besonderen Feststellungsinteresse. Für den Hilfsantrag zu 2.b.ii. gälten diese Überlegungen entsprechend. Hinsichtlich Hilfsantrag zu 2.c., der darauf gerichtet sei, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil „ab dem Zeitpunkt seiner Rechtskraft“ einzustellen, sei unklar, auf welche Vorschrift dieser Antrag gestützt werde und welches Ziel dieser verfolge. Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung sei denklogisch nur in solchen Fällen möglich, in denen sie bereits stattfinde und komme insbesondere im Fall von § 707 und § 769 ZPO in Betracht, wenn aus einem existierenden Titel vollstreckt werde, dessen Beseitigung aber angestrebt werde. Der vorliegende Antrag sei nicht statthaft, denn der Beklagten fehle insoweit das Rechtsschutzbedürfnis, da eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil mangels Vorliegens eines Urteils derzeit nicht zu erwarten sei. Der Anspruch sei im Übrigen unbegründet. Sollte die Beklagte im vorliegenden Verfahren, wie von der Klägerin beantragt, zur Zahlung der vollen (nicht um einen Gesamtvertragsnachlass verminderten) Vergütung verurteilt werden und sollte die Beklagte durch Einlegung der Revision eine Abänderung des Urteils dahingehend erreichen, dass sie nur die um den Gesamtvertragsnachlass verminderte Vergütung zu zahlen hätte, so könnte die Klägerin nach Eintritt der Rechtskraft aus dem Urteil ohnehin nur noch in dem Umfang vollstrecken, den das Urteil habe, somit nur die um den Gesamtvertragsnachlass verminderte Vergütung.
38
Die Beklagtenpartei hat mit nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 29.11.2019, vom 30.12.2019 und vom 13.01.2020 weitere Ausführungen gemacht und dabei unter anderem unter Ankündigung einer weiteren Widerklage die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragt.
39
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 19.12.2019 auf weiteres Vorbringen der Beklagten erwidert.
40
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die von den Prozessbevollmächtigten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 21.11.2019 (Bl. 344/347 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

41
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet. Den geltend gemachte Zahlungsanspruch kann die Klägerin nur unter Berücksichtigung des wirksam erklärten, aufschiebend bedingten Gesamtvertragsbeitritts der Beklagten verlangen. Die weiteren Hilfswiderklageanträge der Beklagten haben keinen Erfolg. Der zulässige klägerische Feststellungsantrag (einseitige Erledigterklärung) ist unbegründet.
A.)
42
Der Klägerin stehen die geltend gemachten streitigen Vergütungsansprüche in Höhe von insgesamt EUR 2.279.304,25 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.04.2014 zu, allerdings mit der Maßgabe, dass sich infolge des erklärten Gesamtvertragsbeitritts der Beklagten - unter dem (nicht durchgreifenden) Vorbehalt der Einrede der Verjährung - mit Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils der Betrag der Verurteilung in der Hauptsache um 20% auf EUR 1.823.443,40 reduziert.
Im Einzelnen:
43
1. Die Vergütungspflicht für Vervielfältigungsgeräte und Speichermedien ist durch das am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Zweite Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 26. Oktober 2007 (BGBl. I, S. 2513) neu geregelt worden (§§ 54 ff. UrhG). Für den Streitfall, der Gerätevergütungen für die Jahre 2008 bis 2011 betrifft, ist die neue Rechtslage maßgeblich.
44
2. Die Klägerin ist - was von Beklagtenseite nicht in Abrede gestellt wird - als Inkassogesellschaft der gem. §§ 54h Abs. 1 UrhG, 48 VGG wahrnehmungsberechtigten Verwertungsgesellschaften berechtigt, die mit der Klage erhobenen Ansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der Vergütungspflicht gegen die Beklagte geltend zu machen (st. Rspr. vgl. BGH GRUR 2017, 684, Rn. 21 - externe Festplatten; BGH GRUR 2012, 705 Rn. 19 - PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät).
45
3. Die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1, 54 b UrhG auf Zahlung einer angemessenen Vergütung für die von der Beklagten laut deren Auskunft importierten TV-Receiver ohne eingebaute Festplatte, aber mit Aufzeichnungsfunktion auf eine externe Festplatte, TV-Receiver mit eingebauter Festplatte und für TV-Geräte mit eingebauter Festplatte sind - was die Beklagte nicht in Abrede stellt - dem Grunde nach erfüllt.
46
4. Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung (§ 214 BGB) greift nicht durch.
47
Gem. §§ 102 UrhG, 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist für Vergütungsansprüche nach §§ 54 ff. UrhG 3 Jahre, wobei vorliegend durch die Einleitung der Schiedsstellenverfahrens nach § 14 Abs. 1 Ziffer 1 b) UrhWG a. F. im Jahr 2011 (bezüglich der Ansprüche für die Jahre 2008 und 2009) bzw. im Jahr 2012 (bezüglich Ansprüche für die Jahre 2010, 2011 und 2012) die Verjährung gem. §§ 14 Abs. 8 UrhWG, 204 Abs. 2 S. 1 BGB bis 6 Monate nach Zustellung des Einigungsvorschlages am 16.09.2013 und nachfolgend durch Erhebung der hiesigen Klage mit Klageschrift vom 14.03.2014 gehemmt wurde.
48
Entgegen der Einlassung der Beklagten stellt sich die Berufung auf diese Hemmungswirkung seitens der Klägerin auch nicht als rechtsmissbräuchlich im Sinne einer unzulässigen Rechtsausübung dar gem. § 242 BGB (vgl. dazu allgemein Palandt/Grüneberg, 78. Aufl. 2019, § 242 Rn. 38 ff.). Die Hemmung der Verjährung nach § 204 BGB dient dem Schutz des Gläubigers davor, dass sein Anspruch verjährt, nachdem er ein förmliches Verfahren mit dem Ziel der Anspruchsdurchsetzung eingeleitet hat (MüKoBGB/Grothe, 8. Aufl. 2018, BGB, § 204 Rn. 2). Die von Beklagtenseite angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur rechtsmissbräuchlichen Anrufung einer Gütestelle zum Zwecke der Verjährungshemmung (vgl. Urt. vom 28.10.2015, IV ZR 526/14, NJW 2016, 233; BGH, Urt. v. 25.05.2016 - IV ZR 197/15, NJOZ 2016, 1648) ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da die vorherige Anrufung der Schlichtungsstelle hier gem. § 16 Abs. 1 UrhWG a. F. zwingende Voraussetzung eines Klageverfahrens war, also nicht im Ermessen der Klägerin stand. Auch dass die Klage nicht unverzüglich nach Ablauf der Jahresfrist (§§ 16 Abs. 1 Alt. 2, 14a Abs. 2 S. 1 UrhWG) erhoben worden ist, sondern erst nach Ergehen des Einigungsvorschlags der Schiedsstelle, vermag kein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin zu begründen, denn die Regelung des § 16 Abs. 1 Alt. 2 UrhWG eröffnet lediglich die Möglichkeit einer Klageerhebung nach Fristablauf, der Gesetzgeber hat es den Vergütungsberechtigten aber freigestellt, den Schiedsstellenbeschluss abzuwarten. Auch der Umstand, dass die Klägerin aus heutiger rückschauender Betrachtung zunächst weitaus höhere Vergütungssätze geltend gemacht hat, begründet nicht die Annahme eines missbräuchlichen Verhaltens (§ 242 BGB), denn vor dem Hintergrund der insoweit ungeklärten Rechtslage zu den Regelungen der §§ 54 UrhG n. F. war zunächst nicht geklärt, wie und in welcher Höhe die streitigen Forderungen zu berechnen sind.
49
Weiterhin ist festzustellen (wenngleich die Beklagte diesen Einwand im Termin vor dem Senat nicht mehr aufrecht erhalten hat und unabhängig davon, ob dieser Einwand auch gegenüber der gesamtvertraglichen Regelung erhoben werden könnte, vgl. dazu unten), dass die seitens der Klägerin mit anderen Herstellern, Händlern oder Importeuren getroffenen Vereinbarungen über die Verlängerung der Verjährungsfrist - selbst wenn man diskussionshalber unterstellen würde, dass diese aus rechtlichen Gründen unwirksam wären - nicht dazu führen, dass die Durchsetzung der unverjährten Ansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten treuwidrig wäre. Denn der Schutzzweck der verjährungshemmenden Wirkung zugunsten des Gläubigers besteht vorliegend unabhängig davon, ob sich andere Hersteller, Händler oder Importeure auf die Einrede der Verjährung berufen können, weil sich die mit diesen getroffenen Vereinbarungen der Verlängerung der Verjährungsfrist nachträglich als unwirksam herausstellen. Insoweit ist auch keine Diskriminierung seitens der Klägerin gegenüber der Beklagten erkennbar im Sinne von § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB, denn die Geltendmachung der unverjährten Vergütungsansprüche gegenüber der Beklagten stellt sich insoweit nicht als Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund dar. In der Geltendmachung des gesetzlich vorgesehenen Vergütungsanspruchs und des zugehörigen Auskunftsanspruchs durch eine Verwertungsgesellschaft liegt grundsätzlich kein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung (vgl. BGH GRUR 2017, 684 Rn. 49 - externe Festplatten; BGH GRUR 2008, 786 Rn. 41 - Multifunktionsgeräte). Dass die Klägerin im Rahmen dieser Geltendmachung gegenüber der Beklagten willkürlich und mit Absichten handeln würde, die wirtschaftlichem oder unternehmerischem Handeln fernlägen (vgl. BGH GRUR 1996, 808 - Pay-TV-Durchleitung), ist weder seitens der Beklagten schlüssig dargetan, noch sonst erkennbar. Es stellt sich nicht als willkürlich dar, wenn die Klägerin als handelnde Gesellschaft zur Wahrnehmung der Interessen der Rechteinhaber durchsetzbare Ansprüche gegen die Beklagte geltend macht, auch vor dem Hintergrund, dass - unterstellt - sich die Durchsetzbarkeit entsprechender Ansprüche gegen Dritte aus rechtlichen Gründe, die die Klägerin nicht vorhergesehen hat, als unmöglich erweist.
50
5. Die Höhe der nach § 54 Abs. 1, § 54b Abs. 1 UrhG geschuldeten Gerätevergütung entspricht der Höhe des Schadens, den Urheber und Leistungsschutzberechtigte dadurch erleiden, dass das jeweilige Gerät oder Speichermedium ohne ihre Erlaubnis tatsächlich für nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG zulässige Vervielfältigungen genutzt wird. Maßgebend für die Vergütungshöhe ist gem. § 54 a UrhG, in welchem Maß die Geräte und Speichermedien als Typen tatsächlich für Vervielfältigungen nach § 53 Abs. 1 oder 2 UrhG genutzt werden. Die Klägerin macht im Streitfall auf der Grundlage des gemeinsamen Tarifs vom 03.05.2019 (Anlage B 9), ergangen auf der Grundlage der von der Klägerin, der VG Wort und der VG Bild-Kunst mit dem B.k. e. V. und dem ZVEI e.V. jeweils geschlossenen Gesamtverträge zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht gemäß §§ 54 ff. UrhG für Produkte der Unterhaltungselektronik für die Zeit ab dem 01.01.2008, Vergütungsansprüche in Höhe von 1,25 EUR für TV-Receiver ohne eingebaute Festplatte, aber mit Aufzeichnungsfunktion auf externe Festplatte und in Höhe von jeweils 12,00 EUR für TV-Receiver und TV-Geräte mit eingebauter Festplatte geltend. Zur Begründung verweist die Klägerin zutreffend darauf, dass den gesamtvertraglich vereinbarten Vergütungssätzen eine besondere Indizwirkung für deren Angemessenheit zukommt, wie auch vom Senat bereits entschieden wurde (vgl. Senat, Urt. vom 14.03.2019, 6 Sch 10/15 WG Seiten 20 ff. sowie Urt. vom 14.03.2019, 6 Sch 7/10 WG, Seiten 40 ff.).
51
6. Die Beklagte hat die Angemessenheit der geltend gemachten Vergütungshöhe nicht in Abrede gestellt. Sie macht jedoch geltend, dass sie wirksam dem mit dem B.k. geschlossenen Gesamtvertrag beigetreten sei, so dass ihr auf die jeweiligen Tarife der Gesamtvertragsnachlass in Höhe von 20% zu gewähren sei. Soweit die Klägerin hiergegen einwendet, die Beitrittserklärung der Beklagten vom 27.05.2019 (Anlage B 8) sei unter einem unzulässigen Vorbehalt erfolgt, kann dies bei objektiver Auslegung der Beitrittserklärung (§§ 133, 157 BGB) nach Wortlaut, Interessenlage und Begleitumstände nicht festgestellt werden. Die Beklagte hat gemäß Ziff. I., Abs. 2 des Mustertextes der Beitrittserklärung von der Möglichkeit der Erhebung eines Vorbehalts der Verjährungseinrede Gebrauch gemacht, mit folgendem Wortlaut:
„Unbeschadet seines Beitritts erhebt das Gesamtvertragsmitglied für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis 31.12.2015 die Einrede der Verjährung. Der Beitritt wird für diesen Zeitraum erst dann wirksam, wenn das Gesamtvertragsmitglied schriftlich gegenüber der ZPÜ erklärt, die Einrede der Verjährung nicht mehr zu erheben oder wenn rechtskräftig gerichtlich festgestellt ist, dass keine Verjährung eingetreten ist.“
52
Dieser fakultativen Regelung zur Verjährungseinrede hat - wie die Klägerin unwidersprochen vorträgt - zugrunde gelegen, dass nach dem gemeinsamen Willen der Gesamtvertragsparteien ein Beitritt nur für den gesamten Zeitraum vom 01.01.2008 bis 30.06.2019 möglich sein und keine Möglichkeit bestehen sollte, dem Gesamtvertrag nur für einzelne Jahre dieses Zeitraums beizutreten. Dies hätte allerdings zur Folge gehabt, dass Unternehmen, die grundsätzlich zur Erfüllung der Ansprüche bereit gewesen wären, aber für einzelne Jahre die Einrede der Verjährung hätten erheben können, nicht beigetreten wären, so dass die Vorbehaltsregelung in Ziff. I., Abs. 2 der Beitrittserklärung aufgenommen wurde. Zwar hatte der Beklagtenvertreter mit Schreiben vom 14.05.2018 (Anlage B 18) die Auffassung vertreten, dass der Beklagten „ein kartellrechtlicher Gleichbehandlungsanspruch zusteht, sofern sich die mit anderen Parteien geschlossene Vereinbarung über die Verlängerung der Verjährung als unwirksam erweisen würde“ und vor diesem Hintergrund vergleichshalber einen modifizierten Beitritt zum Gesamtvertrag vorgeschlagen, der unter einem Vorbehalt der Rückforderung der für die Jahre 2008 bis 2015 gemäß der Regelungen des Gesamtvertrags bezahlten Vergütungen für den Fall stehen sollte, dass in einem Verfahren vor der Schiedsstelle bzw. den zuständigen Gerichten von einer dritten Partei erfolgreich und rechts- bzw. bestandskräftig die Unwirksamkeit einer eingegangenen Vereinbarung der Verjährung geltend gemacht wird (vgl. Anlage B 18, Seite 2). Dieses Ansinnen hat die Klägerin jedoch mit Schreiben vom 20.05.2019 (Anlage B 19) zurückgewiesen und ausgeführt, dass dem Gesamtvertrag nur in unmodifizierter Form beigetreten werden könne. In der Folge hat die Beklagte am 27.05.2019 ihren Beitritt unter Inanspruchnahme der Möglichkeit gemäß Ziffer I. Abs. 2 des Mustertextes, die Einrede der Verjährung zu erheben, aber ohne die ausdrückliche Geltendmachung weiterer Vorbehalte, erklärt. Diese Erklärung ist nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt unter Berücksichtigung der bereits angesprochenen Entstehungsgeschichte der Vorbehaltsklausel in Ziffer I. Abs. 2 dahingehend auszulegen, dass sich der Vorbehalt - entsprechend dessen Wortlaut - allein auf die Erhebung der Verjährungseinrede im Sinne von § 214 Abs. 1 BGB bezieht. Sonstige Einwendungen, etwa kartellrechtlicher Art, fallen nicht darunter. Denn dem erkennbaren Interesse der Verwertungsgesellschaften an einer abschließenden und streitbelegenden Regelung der sich aus den §§ 54 ff. UrhG ergebenden Ansprüche widerspricht es grundsätzlich, einen Beitritt unter Aufrechterhaltung von Einwendungen gegen die sich aus dem Vertrag ergebenden Ansprüche zu ermöglichen. Dass die Beitrittserklärung der Beklagten bei objektiver Auslegung nach §§ 133, 157 BGB einen über die ausdrücklich erklärte Verjährungseinrede hinausgehenden Vorbehalt beinhaltete, ist nicht festzustellen, insbesondere kann ein solcher nicht aus dem Inhalt des Schreibens der Beklagtenseite vom 14.05.2018 (Anlage B 18) gefolgert werden, nachdem die Klägerin den dortigen Vergleichsvorschlag mit Antwortschreiben vom 20.05.2018 (Anlage B 19) ausdrücklich abgelehnt hatte und die Beklagte den Beitritt sodann wenige Tage danach ohne weitergehenden Vorbehalt unter bloßer Verwendung des Mustertextes erklärt hat.
53
Demzufolge konnte die Klägerin den Beitritt der Beklagten nicht als unwirksam zurückweisen, muss sich die Beklagte aber umgekehrt daran festhalten lassen, dass sie gegenüber den von ihr geschuldeten Ansprüchen lediglich noch die Einrede der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB) erheben kann, sonstige Einwendungen - insbesondere kartellrechtlicher Art - demgegenüber ausgeschlossen sind.
54
Mit dem erfolgten Beitritt ist zwischen den Parteien ein Einzelvertrag auf der Grundlage des Gesamtvertrags zustande gekommen. Dieser steht jedoch gemäß der Regelung in Ziff.
I.
55
Abs. 2 der Beitrittserklärung unter der aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB), dass „das Gesamtvertragsmitglied schriftlich gegenüber der ZPÜ erklärt, die Einrede der Verjährung nicht mehr zu erheben oder wenn rechtskräftig gerichtlich festgestellt ist, dass keine Verjährung eingetreten ist.“ Die Einrede der Verjährung greift, wie oben (Ziff. 4.) bereits ausgeführt, nicht durch. Dabei ist die Bestimmung in Ziff.
I.
56
Abs. 2 der Beitrittserklärung bei interessengerechter Auslegung unter Berücksichtigung des von den Gesamtvertragsparteien zum Ausdruck gebrachten Ziels einer ökonomischen Streiterledigung dahingehend zu verstehen, dass das Nichteingreifen der Verjährungseinrede nicht nur im Wege eines rechtskräftigen Feststellungsurteils, sondern auch im Rahmen einer sonstigen gerichtlichen Entscheidung, wie der hier vorliegenden Leistungsklage, inzident festgestellt werden kann. Demnach stehen der Klägerin die geltend gemachten Zahlungsansprüche nach Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung und damit eingetretenen Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) für das Wirksamwerden des Einzelvertrags auf der Grundlage des Gesamtvertrags nur abzüglich einer Reduzierung des geltend gemachten Betrages (EUR 2.279.304,25) um 20% entsprechend dem Gesamtvertragsnachlass, also in Höhe von EUR 1.823.443,40 zu. Insofern war dem Hilfsantrag der Beklagten in Ziff. 2 a stattzugeben.
57
7. Einen Zinsanspruch kann die Klägerin erst seit Rechtshängigkeit verlangen, §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB, da ein Verzugseintritt zu den im Klageantrag genannten Zeitpunkten nicht dargetan ist. Die klägerischen Mahnungen (Anlage K 3 vom 16.11.2011, Anlage K 5 vom 12.09.2012, Anlage K 7 vom 14.11.2012 und Anlage K 9 vom 14.08.2012) bezogen sich jeweils auf den ursprünglich geforderten, höheren Tarif, wobei der tatsächlich geschuldete Betrag von der Beklagten als Schuldnerin nicht zuverlässig ermittelt werden konnte und der ursprünglich geforderte Betrag sich im Verhältnis zu dem zu Recht angemahnten Teil als weit übersetzt darstellte, so dass die jeweiligen Mahnschreiben nicht verzugsbegründend waren (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl. 2019, § 286 Rn. 20; BGH NJW 2006, 3271 Rn. 16; BGH NJW 1991, 1286, 1288). Auch ein späterer Verzugseintritt vor Rechtshängigkeit ist nicht dargetan.
58
8. Die Hilfswiderklageanträge der Beklagten haben im Übrigen mangels Zulässigkeit keinen Erfolg.
59
a) Hinsichtlich des Antrags 2.b.i., gerichtet auf die Feststellung, dass die Klägerin mit Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils verpflichtet ist, einen über die um 20% reduzierte Klageforderung hinausgehenden Betrag an die Beklagte zurückzuerstatten, wenn und soweit auf dieses Urteil zuvor bereits gezahlt oder aus diesem vorläufig vollstreckt worden ist, findet in der ZPO keine Grundlage. Eine mögliche Analogie zu der Regelung des § 717 Abs. 2 ZPO scheidet mangels vergleichbarer Konstellation aus, da hier noch kein für vorläufig vollstreckbares Urteil zugrunde liegt, dessen Abänderung im Raum stünde und insoweit auch noch keine Vollstreckung erfolgt ist oder droht.
60
b) Auch in Bezug auf den Antrag zu 2.b.ii, gerichtet auf die Feststellung, dass die Klägerin mit Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils verpflichtet ist, eine etwaige vorläufige Sicherungsvollstreckung gem. § 720a ZPO insoweit freizugeben, hat die Beklagte weder dargetan, noch ist ersichtlich, worin das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegen soll, nachdem eine vorläufige Sicherungsvollstreckung bislang weder erfolgt ist, noch konkret bevorsteht.
61
c) Auch hinsichtlich Hilfsantrag zu 2.c., der darauf gerichtet ist, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil „ab dem Zeitpunkt seiner Rechtskraft“ einzustellen, bleibt unklar, auf welche Vorschrift dieser Antrag gestützt wird und welches Ziel dieser verfolgt. Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung (vgl. §§ 707, 769 ZPO) setzt voraus, dass diese bereits stattfinden kann, also ein vollstreckungsfähiger Titel existiert, dessen Beseitigung angestrebt wird. Weiterhin könnte die Klägerin nach Eintritt der Rechtskraft aus dem Urteil ohnehin nur noch in dem Umfang vollstrecken, den das rechtskräftige Urteil hat, so dass auch insoweit kein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag ersichtlich ist.
B)
62
Der Feststellungsantrag bezüglich der teilweise für erledigt erklärten klägerischen Anträge ist zulässig, aber unbegründet.
63
1. Die seitens der Klagepartei mit Schriftsatz vom 08.08.2019 (Bl. 284/302 d. A.) abgegebene Teilerledigterklärung stellt eine gemäß § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klageänderung dar. Denn die Klägerin hält dabei jeweils nicht mehr an ihrem ursprünglichen Rechtsschutzziel fest, sondern beantragt nunmehr festzustellen, dass die Klage im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet gewesen und erst durch dieses unzulässig oder unbegründet geworden ist (vgl. MüKo ZPO/Schulz, 5. Aufl. 2016, § 91 a Rn. 79 m.w.N.). Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist insoweit gegeben, da die Klägerin die mit dem Feststellungsantrag verbundene günstige Kostenfolge - soweit tatsächlich eine Erledigung eingetreten ist - nur durch die Antragsänderung erreichen kann (MüKo ZPO/Schulz, 5. Aufl. 2016, § 91 a Rn. 81).
64
2. Der infolge der Teilerledigterklärungen gestellte Feststellungsantrag ist jedoch unbegründet. Dessen Begründetheit setzt voraus, dass die ursprünglichen Klageanträge jeweils bis zum Zeitpunkt eines Erledigungsereignisses zulässig und begründet waren, durch ein Erledigungsereignis aber unzulässig oder unbegründet geworden sind (MüKo ZPO/Schulz, 5. Aufl. 2016, § 91 a Rn. 81).
65
Vor dem Hintergrund, dass sich die Höhe der angemessenen Vergütung im Sinne von §§ 54, 54 a UrhG auch nach dem eigenen Verständnis der Klagepartei, wie es in ihrer Antragsmodifizierung zum Ausdruck kommt, auf der Grundlage der Indizwirkung der von der Klägerin, der VG Wort und der VG Bild-Kunst mit dem B.k. e. V. und dem ZVEI e.V. jeweils geschlossenen Gesamtverträge nach den dortigen Vergütungssätzen bestimmt (vgl. auch Senat, Urt. vom 14.03.2019, 6 Sch 10/15 WG Seiten 20 ff. sowie Urt. vom 14.03.2019, 6 Sch 7/10 WG, Seiten 40 ff.), stehen der Klägerin Zahlungsansprüche nur in der zuletzt gestellten Höhe zu. Die darüberhinausgehenden ursprünglichen Zahlungsanträge der Klägerin waren daher von Anfang an unbegründet.
C)
66
Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO) war auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Beklagtenpartei im Schriftsatz vom 29.11.2019 nicht veranlasst. Es wurden nach Schluss der mündlichen Verhandlung keine wesentlichen neuen Umstände vorgetragen, die eine Wiedereröffnung der Verhandlung nach pflichtgemäßem Ermessen des Senats (§ 156 Abs. 1 ZPO) rechtfertigen würden. Insbesondere wäre die seitens der Beklagten angeregte Vorgehensweise nicht mit dem Grundsatz der Prozessökonomie vereinbar und findet auch in der ZPO keine Grundlage. Der Anregung, über die angekündigte weitere Widerklage (Feststellungsantrag) im Wege eines Teilurteils (§ 301 ZPO) zu entscheiden, stünde bereits entgegen, dass der Rechtsstreit insgesamt entscheidungsreif ist. Auch eine Abtrennung dieser neuen Widerklage wäre wegen deren rechtlichen Zusammenhangs mit der Klage nicht möglich (vgl. § 145 Abs. 2 ZPO). Auch die Ausführungen der Beklagten mit Schriftsatz vom 13.01.2020 sind nicht geeignet, eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 Abs. 2 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 580 Nr. 7 lit. b) ZPO zu begründen.
D)
67
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Eine Kostenaufhebung nach § 15 Abs. 1 des Gesamtvertrags i.V.m. § 91 a ZPO kommt entgegen dem Dafürhalten der Klägerin nicht in Betracht. Gemäß der Regelung in § 15 Abs. 1 des Gesamtvertrags verpflichten sich die Parteien, etwaige gerichtliche Verfahren innerhalb von vier Wochen nach Beitritt des jeweiligen Gesamtvertragsmitglieds übereinstimmend mit der Folge der Kostenaufhebung für erledigt zu erklären. Da die Parteien entsprechende Erklärungen im Sinne von § 15 Abs. 1 des Gesamtertrags bislang nicht abgegeben haben, kann eine sich daraus ergebende Rechtsfolge (Kostenaufhebung) nicht automatisch mit Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung eintreten.
68
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
69
3. Die Revision ist nicht zuzulassen (zum Erfordernis der Zulassung der Revision nach § 543 ZPO i.V.m. §§ 139 Abs. 3 VGG, 16 Abs. 4 S. 6 UrhWG a. F., vgl. BGH GRUR 2013, 1173 Rn. 5 - Zulassungsrevision bei Festsetzung von Gesamtverträgen; BGH GRUR 2015, 61 Rn. 23 - Gesamtvertrag Tanzschulkurse), weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (vgl. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO), sondern lediglich die Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen auf den vorliegenden Einzelfall erfordert, und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen.