Titel:
Zulässige Äußerungen auf Basis der Kurzfassung einer wissenschaftlichen Studie
Normenketten:
BGB § 823, § 824, § 1004
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5
Leitsätze:
1. Die hier streitgegenständlichen Aussagen (Äußerungen zu Mikroplastikemissionen von Sportbelägen auf Basis der Kurzfassung einer wissenschaftlichen Studie) sind keine Tatsachenbehauptungen, sondern Schlussfolgerungen einer wissenschaftlichen Studie, die als Werturteil zu qualifizieren sind. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. Sachverständigengutachten können sowohl Tatsachenbehauptungen als auch Werturteile enthalten; dennoch ist rechtlich in der Regel der Schluss, den der Sachverständige aus seinem Gutachten zieht, ein Werturteil, da es im Wesen des Gutachtens liegt, dass es auf der Grundlage bestimmter Verfahrensweisen zu einem Urteil kommen will, und - selbst wenn es äußerlich als Tatsachenbehauptung formuliert worden ist - auf Wertungen beruht (Bestätigung von BGH NJW 1999, 2736). (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
3. Mit dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung lässt es sich nicht vereinbaren, den Verfasser eines Gutachtens zum Widerruf seiner subjektiven, auf seinen speziellen Kenntnissen, Erfahrungen und Untersuchungen beruhenden Überzeugung zu zwingen (Bestätigung von BGH NJW 1978, 751). (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Umwelt, Widerruf, Berufung, Unterlassung, Vergleich, Abfallentsorgung, Deutschland, Wissenschaftsfreiheit, Meinungsfreiheit, Emissionen, Form, Streitwertfestsetzung, Bank, Berechnung, Art und Weise, kein Anspruch, bezeichneten Handlungen
Fundstelle:
GRUR-RS 2020, 46096
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerinnen haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 500.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Klägerinnen machen gegen den Beklagten unter anderem Ansprüche auf Unterlassung und Widerruf von Äußerungen zu Mikroplastikemissionen von Sportbelägen im Zusammenhang mit einer von dem Beklagten verantworteten und verbreiteten Kurzfassung einer Studie geltend.
2
Die Klägerin zu 1 entwickelt, produziert und vertreibt Sportbelege und Kunstrasenplätze. Die Klägerin zu 2 ist mit der Klägerin zu 1 über eine gemeinsame Konzernmutter, die … GmbH, verbunden und stellt her und vertreibt insbesondere moderne Einfüllgranulate für Kunstrasenplätze. Der Beklagte ist eine Forschungsorganisation für anwendungsorientierte Forschung in Europa und betreibt verschiedene rechtlich unselbstständige Forschungsinstitute, u.a. das …. Dieses erstellte in den Jahren 2016 bis 2018 eine Studie mit dem Titel „Kunststoffe in der Umwelt: Mlkro- und Makroplastik Ursachen, Mengen, Umweltschicksale, Wirkungen, Lösungsansätze, Empfehlungen“, deren Kurzfassung (Anlage K 4) am 21.06.2018 durch den Beklagten veröffentlicht wurde. Zudem bietet der Beklagte die Kurzfassung der Studie auf seiner Website zum Download an. Nach der Veröffentlichung wurde diese von verschiedenen Medien aufgegriffen.
3
Unter Ziffer „1 Einführung“ (Anlage K 4, Seite 5) heißt es in der Kurzfassung unter anderem wie folgt:
„„Die zunehmend erkannte Verbreitung von Kunststoffabfällen und Mikroplastik in der terrestrischen und aquatischen Umwelt gibt Anlass zur Sorge. Dies gilt trotz des Umstandes, dass in Bezug auf die tatsächlichen Mengen noch große Unsicherheiten bestehen und die berichteten Mengen über mehrere Größenordnungen variieren. (…)
Die konkreten öko- und humantoxikologischen Gefahren, die mit Kunststoffen in der Umwelt zusammenhängen, sind gleichwohl nur wenig bekannt und Gegenstand wissenschaftlicher Arbeiten. (…) Für Unternehmen der Kunststoff- und Konsumgüterindustrie (…), ergibt sich daher im Sinne des vorsorgenden Umweltschutzes bereits heute Handlungsbedarf. Was genau die richtigen Maßnahmen sind und wie sie zu priorisieren sind, ist bislang allerdings noch offen, umstritten oder unbekannt. Die Autoren dieser Studie haben vor diesem Hintergrund den Stand des Wissens zusammengetragen, strukturiert, analysiert und darauf aufbauend Empfehlungen formuliert.“
4
Unter Ziffer „3 Quellen und Mengen“ (Anlage K 4, Seiten 10 ff.) werden in der Kurzfassung der Studie 51 Quellen für Mikroplastik im Hinblick auf ihren jährlichen Anteil an den Mikroplastikmengen in Deutschland quantifiziert und aufgelistet. Dabei heißt es auf Seite 10 der Kurzfassung unter anderem wie folgt:
„Durch Befragungen wurden 74 potenziell relevante Quellen für primäres Mikroplastik ausgewählt, davon wurden von uns bislang 51 quantifiziert (…). Zu den Top 10 gehören nach unserer Analyse: Abrieb von Reifen (1), Emissionen bei der Abfallentsorgung (2), Abrieb von Polymeren und Bitumen in Asphalt (3), Pelletverluste (4), Verwehungen von Sport- und Spielplätzen (5), (…).
Bei den Quantifizierungen konnten wir uns nur auf wenige experimentelle Daten stützen und verfolgten daher, häufig ausgehend von Produktions- oder Verbrauchsdaten, einen Top-down-Ansatz Zum jetzigen Zeitpunkt sollen die ermittelten Werte vor allem aufzeigen, wo wir Bedarf für eine vertiefte Analyse sehen. Wo immer dies möglich war, haben wir unsere Daten mit denen anderer Autoren abgeglichen oder mehrere Ansätze zur Bestimmung verfolgt.
Die bereits berechneten Quellen ergeben aufsummiert Emissionen von 2880 g/(cap a). Wir nehmen an, dass wir mengenmäßig 75 % erfasst haben, so dass wir die Gesamtmenge der Emission prima - ron Mikroplastiks gerundet auf 4000 g/(cap a) bzw. 330000 t/a für Deutschland schätzen.
Damit liegen die von uns ermittelten Werte im Vergleich zu denen anderer Autoren eher im oberen Bereich (Tabelle 3-2). Nicht zuletzt liegt dies aber auch daran, dass von uns mehr Quellen berücksichtigt wurden.“
5
Daran anschließend findet sich eine Auflistung der Quellen für Mikroplastik in tabellarischer Form, in der sich unter anderem folgende Angaben zu Mikroplastikemissionen finden:
„Nr.
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Quelle
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Emissionon [g/(cap a)]
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UMSICHT
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Werte anderer Autoren
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Min.
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Max.
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(…)
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5
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Verwehungen Sport- und Spielplätze
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131,8
|
|
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5.1
|
Kunstrasenplätze Fußball
|
96,6
|
79,0
|
402,1
|
52
|
Kunstrasenplätze Hockey
|
4,9
|
|
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(…)“
|
|
|
|
|
Hinsichtlich der Einzelheiten sowie des weiteren Inhalts der Kurzfassung wird auf die Anlage K 4 Bezug genommen.“
6
Für die Studie wurden keine tatsächlichen Messungen vorgenommen, um Mikroplastikemissionen zu ermitteln, sondern insbesondere auf bestehende Studiendaten aus dem Ausland und sonstige Literaturquellen zurückgegriffen. Die bei der Ermittlung der Emissionswerte von Kunstrasenplätzen durch die Autoren der Studie herangezogene Bezugsgröße (Volumen/Menge des bei Kunstrasenplätzen zum Einsatz kommenden Gummigranulals oder Fläche des Kunstrasenplatzes) ist zwischen den Parteien streitig. Die bei der Ermittlung der Emissionswerte zugrunde gelegte Verlustmenge wurde mit der Nachfüllmenge des Gummigranulats gleichgesetzt.
7
Nach der ersten Veröffentlichung der Kurzfassung der Studie wurden andere Mikroplastikquellen nachträglich niedriger bewertet. Hierdurch stiegen die Mikroplastikemissionen von Sport- und Spielplätzen in der Rangliste auf Platz 3 auf. Der Beklagte wurde durch die Klagepartei zu einer Korrektur bzw. Aufklärung der hier streitgegenständlichen Behauptungen im Zusammenhang mit Mikroplastikemissionen von Sport- und Spielplätzen aufgefordert. Eine solche erfolgte nicht.
8
Die Klägerinnen behaupten, die in der Kurzfassung der Studie (Anlage K 4) für Kunstrasenplätze behaupteten Emissionswerte für Deutschland seien aufgrund einer fehlerhaften Methodik und der Außerachtlassung wissenschaftlicher Sorgfaltspflichten ermittelt worden und damit deutlich zu hoch angesetzt.
9
In der Studie sei als Maßgabe für die Berechnung der Emissionsmengen das Volumen des Gummigranulats (sog. Infill) herangezogen worden. Der Beklagte habe im Rahmen der Erstellung der Studie keine Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse in Deutschland vorgenommen. Der Beklagte habe die tatsächlich in Deutschland vorherrschenden Bauformen und regulatorischen Rahmenbedingungen für Kunstrasenplätze nicht berücksichtigt und dadurch grob falsche, zu hohe Mikroplastikemissionen für Deutschland ermittelt. Die aus den ausländischen Studien entnommenen Mikroplastikemissionsmengen von Kunstrasenplätzen hätten für Deutschland keine Aussagekraft, da in Deutschland eine andere Bauform von Kunstrasenplätze vorherrschend sei. Diese ergebe sich aus der DIN-Norm 18035 für den Bau von Kunstrasenplätze, die in Deutschland ganz überwiegend (zu 95 %) Anwendung finde und das Verbauen einer elastischen Tragschicht vorsehe. Kunstrasenplätze in Deutschland würden daher ganz überwiegend mit ca. 35-40 mm Rasenteppichhöhe und durchschnittlich maximal 5 kg/Quadratmeter Gummigranulatmenge ausgestattet. Für ein Fußballfeld von 7.025,8 m2 sei damit eine Gummigranulatgesamtmenge von ca. 35 t anzusetzen. Wären die DIN-Normen berücksichtigt worden, wäre von einer im Vergleich zur Studie um ca. 56 % niedrigeren Mikroplastikemission auszugehen. In den Studien für skandinavische Länder, die der Beklagte der Studie zugrunde legt, sei dagegen eine Bauweise von Kunstrasenplätzen ohne elastische Tragschicht vorherrschend. Daher könnten die in den skandinavischen Studien enthaltenen Angaben zu Gesamtgranulatmasse und Austragsmengen nicht für Deutschland übernommen werden. Im europäischen Ausland, insbesondere Dänemark, Schweden und Norwegen sei in der Vergangenheit anstelle einer elastischen Tragschicht auf die Konstruktionsvariante mit größeren Mengen Gummigranulat (15-16 kg/Quadratmeter) und langhalmigem Kunstrasenteppich (60 mm) zurückgegriffen worden. Daneben bestünden Unterschiede insbesondere zur Form der Kunstrasenfiliamente, die Auswirkungen auf etwaige Verlustmengen hätten, da sie die Mobilität des Einfüllgranulates verändern würden. Die fehlende Überprüfung der Übertragbarkeit lege der Beklagte in der Kurzfassung der Studie nicht offen. Zudem habe der Beklagte die ausländischen Studienergebnisse im Vergleich zu den weiteren von dem Beklagten genutzten Quellen zu stark gewichtet.
10
Der Beklagte habe bei Ermittlung der Mikroplastikemissionen die Verlustmenge deutlich zu hoch angesetzt. Die Nachfüllmenge könne nicht pauschal mit der tatsächlichen Verlust- bzw. Emissionsmenge gleichgesetzt werden. Zum einen könne es durch Setzungseffekte erforderlich werden, neues Infill hinzuzugeben: ein Verlust sei damit nicht verbunden. Gleiches gelte für in Filtersysteme und Drainagen gesammeltes Infill. Zum anderen werde etwaiger Austrag von Infill zumindest teilweise wie gewöhnlicher Schmutz aufgekehrt und der Verwertung zugeführt. Die nachgefüllten Mengen würden sich deutlich unter den Verlust- bzw. Emissionsmengen, die der Beklagte in der Studie behauptet, bewegen. Zudem werde wiederum auf ausländische Quellen zur Bewertung zurückgegriffen, deren Übertragbarkeit auf Deutschland höchst fraglich sei. In Deutschland seien mittlerweile ca. 40 % der Plätze mit sog. texturiertem Rasen ausgestattet, der im Gegensatz zu dem im Ausland noch überwiegend eingesetzten glatten Kunstrasen das Infill besser halten könne. Aufgrund eigener Absatzzahlen und Kundenbefragungen der Klagepartei ergebe sich eine tatsächliche Nachfüllmenge von ca. 1 % der Gesamtmenge an Gummigranulat pro Jahr. Die pauschale Gleichsetzung von Nachfüllmenge und Verlustmenge stelle einen groben methodischen Fehler dar.
11
Der Beklagte habe verfügbare weitere ausländische Studiendaten, insbesondere eine 2017 veröffentlichte Studie von Weijer/Knol aus den Niederlanden (Anlage K 23) nicht berücksichtigt. Zudem habe dor Beklagte über seine nicht belastbare Methodik, Annahmen und die damit verbundenen Einschränkungen und Unwägbarkeiten der streitgegenständlichen Studie nicht transparent informiert.
12
Insgesamt ergebe sich in der Angabe der Mikroplastikemissionswerte durch den Beklagten eine Fehlergröße in Höhe von ca. 91,25 %. Bei Zugrundelegung der korrigierten Werte (35 t statt 80 t und 1 % statt 5 %) würden Verwehungen von Sport und Spielplätzen lediglich Platz 12 statt Platz 5 der aufgelisteten Mikroplastikemissionsquellen belegen.
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In der Folge der Veröffentlichung seien die Klägerinnen mehrfach von Kunden und potentiellen Kunden mit den in der Studie festgestellten hohen Mikroplastikemissionen konfrontiert worden. Öffentliche Auftraggeber und private Kunden seien durch die Studienergebnisse stark verunsichert worden. Die Klägerinnen seien hierdurch geschädigt und in Misskredit gebracht worden. Bereits jetzt seien Umsatzeinbußen aufgrund der Studie durch den Entfall von Geschäft bei den Klägerinnen absehbar. Öffentliche Auftraggeber und Interessenten hätten mit Verweis auf die Studie eine Beschaffung von Produkten der Klagepartei abgelehnt. Im Zeitraum 2018 bis 2019 seien die Umsätze der Klägerin zu 2) in Deutschland um 3.000.000 € zurückgegangen. In Nordrhein-Westfalen sei zwischenzeitlich durch die NRW Bank entschieden worden, die Fördermittel für Kunstrasen mit Gummigranulat zu streichen.
14
Die Klagepartei trägt vor, es sei zu befürchten, dass die Beklagte die Kurzfassung der Studie unverändert in englischer Sprache veröffentlicht.
15
Bei den wissenschaftlichen Aussagen handele es sich um Tatsachenbehauptungen, da diese objektiv überprüfbar seien. Die Wissenschaftsfreiheit greife nicht, wenn, wie vorliegend, die wissenschaftlichen Aussagen grob leichtfertig getätigt wurden.
16
Die Klagepartei beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, die Kurzfassung der von dem Forschungsinstitut für Umwelt-, Sicherheit- und Energietechnik UMSICHT der Beklagten erstellte Studie mit dem Titel „Kunststoffe in der Umwelt: Mikro- und Makroplastik“ (DOI: 10.24406/UMSICHT-N - 497117; Veröffentlichungsdatum: 21.06.2018) zu verbreiten, sofern nicht im direkten Zusammenhang mit den Behauptungen zu Mikroplastikemissionsmengen von „Verwehungen Sport- und Spielplätzen“ und „Kunstrasenplätzen Fußball“ in dieser Kurzfassung aufgeklärt wird, dass bei der Ermittlung dieser Mikroplastikemissionsmengen die tatsächlichen Bauformen und -arten von Kunstrasenplätzen in Deutschland und in Deutschland maßgeblichen DIN-Normen nicht berücksichtigt wurden und dass sich daraus erhebliche Abweichungen ergeben können.
2. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, in der Öffentlichkeit zu behaupten oder zu verbreiten,
a) dass Fußball Kunstrasenplätze in Deutschland Mikroplastikemissionen in Höhe von 96,6 g pro Einwohner in Deutschland pro Jahr in Deutschland verursachen;
b) Verwehungen von Sport- und Spielplätzen in Deutschland Mikroplastikemissionen in Höhe von 131,8 g pro Einwohner in Deutschland pro Jahr in Deutschland verursachen;
c) Verwehungen von Sport- und Spielplätzen in Deutschland die fünftgrößte Quelle von Mikroplastikemissionen darstellen; oder
d) Verwehungen von Sport- und Spielplätzen in Deutschland die drittgrößte Quelle von Mikroplastikemissionen darstellen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, die Kurzfassung der von dem Forschungsinstitut für Umwelt-, Sicherheit- und Energietechnik UMSICHT der Beklagten erstellte Studie mit dem Titel „Kunststoffe in der Umwelt: Mikro- und Makroplastik“ in englischer Sprache zu verbreiten, sofern nicht im direkten Zusammenhang mit den Behauptungen zu Mikroplastikemissionsmengen von „Verwehungen Sport- und Spielplätzen“ und „Kunstrasenplätzen Fußball“ in dieser Kurzfassung aufgeklärt wird, dass bei der Ermittlung dieser Mikroplastikemissionsmengen die tatsächlichen Bauformen und -arten von Kunstrasenplätzen in Deutschland und in Deutschland maßgeblichen DIN-Normen nicht berücksichtigt wurden und dass sich daraus erhebliche Abweichungen ergeben können.
4. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1 bis Ziffer 3 wird der Beklagten angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten gegen ihren gesetzlichen Vertreter festgesetzt wird.
5. Die Beklagte wird verurteilt, die in Ziffern 1 und 2 dargestellten falschen Tatsachenbehauptungen zu widerrufen und richtigzustellen.
6. Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin zu 1 und Klägerin zu 2 sämtliche Schäden zu ersetzen hat, die der Klägerin zu 1 und der Klägerin zu 2 durch die in Ziffer 1 und Ziffer 2 bezeichneten Handlungen seit dem 21. Juni 2018 entstanden sind und zukünftig noch entstehen werden.
17
Der Beklagte beantragt,
18
Der Beklagte trägt vor, die Studie verfolge nicht den Anspruch, im Ergebnis wissenschaftlich gesicherte und experimentell bestätigte Erkenntnisse über Umweltbelastungen durch Mikroplastikemissionen zu liefern. Vielmehr ginge es darum, bereits bestehende Erkenntnisse hierzu zu sammeln und Kunststoffe hinsichtlich ihrer Herstellung, Verwendung und der Art und Weise, wie sie in die Umwelt gelangen, zu kategorisieren. Ziel sei es gewesen auf Basis dieser Erkenntnisse eine Zuschreibung der Verantwortung für die Emissionen vornehmen zu können. Die Studie habe weiteren Forschungsbedarf und Daten- bzw. Faktenlücken aufzeigen sollen. Die Wissenschaftler des Beklagten hätten ihren Auftrag in der Studie mit der gebotenen Zurückhaltung formuliert und hinreichend verdeutlicht, dass keine eigenen experimentellen Untersuchungen oder vertiefenden Analysen durch den Beklagten geplant waren bzw. durchgeführt wurden. Dass sich der Beklagte bei der Studie auf die Sichtung und Auswertung von Literaturquellen konzentriert und mit Schätzwerten basierend auf Angaben in den Literaturquellen gearbeitet hat, habe dieser in der Zusammenfassung der Studie genauso transparent gemacht wie die Unsicherheit hinsichtlich der Invalidität der zur Verfügung stehenden Daten.
19
Bezugsgröße für die Berechnung der Emissionswerte von Kunstrasen sei nicht die Menge des Infills. sondern die Fläche des Kunstrasenplatzes. Die unterschiedlichen Bauweisen von Kunstrasenplätzen seien dem Beklagten bei Durchführung der Studie bekannt gewesen. Allerdings würden sie für den Austrag als nicht relevant eingestuft. Nach den Schätzungen des Beklagten sowie der skandinavischen Studien sei die emittierte Menge unabhängig von der Menge des Infills. Der all diesen Studien gemeinsame Berechnungsansatz sei, auf die emittierte Menge aus den Nachfüllmengen zu schließen. Die von der Klagepartei angeführten DIN-Normen gäben keine Hinweise auf bestimmte Füllmengen an Granulat; die von der Klagepartei angegebenen Mengen seien nirgendwo belegt. Der Beklagte bestreitet, dass im europäischen Ausland typischerweise keine elastischen Tragschichten verbaut würden. Auch die von dem Beklagten berücksichtigte Magnussen-Studie weise auf eine Bauweise mit elastischen Tragflächen hin. Zudem gehe auch die sog. Eunomia-Studie im Auftrag der FIFA von März 2017 davon aus, dass 39 % der Plätze in 149 Ländern mit Elastikschicht verbaut sind.
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Hinsichtlich der Verlust- bzw. Nachfüllmenge sei der von der Klagepartei angeführte Einfluss von Setzungseffekten. Reinigungsarbeiten und Filter- und Drainagesystemen nicht belegt. Die Klagepartei trage nicht vor, inwiefern aufgekehrtes bzw. durch Filter- und Drainagesystemen aufgefangenes Granulat einer umweltverträglichen Verwertung zugeführt werde. Die im hiesigen Verfahren getätigten Angaben der Klagepartei zur jährlichen Nachfüllmenge widersprächen sich mit den Angaben der Klagepartei in ihren Pflegeanleitungen. Zudem gingen diese Angaben soweit auseinander, dass anzunehmen sei, dass die Klagepartei selbst über keine belastbaren Erkenntnisse in diesem Bereich verfügt. Die Schätzungen der Klägerinnen gingen vor allem von Granulatsverlusten während der Nutzungsphase aus. Auch beim Bau und Rückbau seien jedoch Emissionen im nennenswerten Umfang sehr wahrscheinlich. Auch die Austragungseffekte beim Räumen des Platzes von Schnee könnten ein relevanter Faktor sein.
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Die Studie von Weijer/Knol sei nicht berücksichtigt worden, da sie nur in niederländisch vorlag und damit nicht recherchierbar war. Im Übrigen sei sie nicht repräsentativ, da sie nur anhand von fünf Kunstrasenplätzen erstellt wurde.
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Der Beklagte bestreitet etwaige Schäden der Klagepartei, insbesondere deren Kausalzusammenhang zur streitgegenständlichen Studie. Wenn überhaupt, hätte erst die losgelöst von der Studie des Beklagten im Januar 2019 erfolgte Veröffentlichung eines Beschränkungsvorschlags der Europäischen Chemikalienagentur ECHA bezüglich des Inverkehrbringens von „bewusst zugesetztem“ Mikroplastik zur Zurückhaltung bei Kommunen sowie anderen öffentlichen und privaten Auftraggebern von Kunstrasenplätzen und Infill geführt.
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Bei den streitgegenständlichen Äußerungen handele es sich um Werturteile bzw. bewertende Schlussfolgerungen als Kundgabe einer subjektiven wissenschaftlichen Überzeugung. Der Beklagte habe die Studie entsprechend den Grundsätzen guter wissenschaftlicher Praxis erstellt. Den Wertungen des Beklagten liege eine völlig vertretbare Würdigung ausgewerteter Quellen und Begleitumstände zugrunde.
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Mit Beschluss vom 07.02.2020 (Bl. 131/133 d.A.) wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf sämtliche gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.07.2020 (Bl. 160/163 d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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I. Die zulässige Klage ist unbegründet.
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1. Der Klagepartei stehen insbesondere die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nach §§ 823, 824, 1004 analog BGB nicht zu, da die streitgegenständlichen Äußerungen weder eine Kreditgefährdung im Sinne von § 824 Abs. 1 BGB darstellen noch die Klägerinnen in ihrem (Unternehmens-)Persönlichkeitsrecht nach § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG verletzen.
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a) Ausgangspunkt ist hierbei zunächst die zutreffende Sinndeutung der streitgegenständlichen Äußerung. Denn diese ist unabdingbare Voraussetzung für die richtige rechtliche Würdigung ihres Aussagegehalts. Ziel der Deutung ist stets, den objektiven Sinngehalt zu ermitteln Dabei ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden maßgeblich noch das subjektive Verständnis des Betroffenen, sondern das Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums. Ausgehend vom Wortlaut, der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann, sind bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, soweit diese für die Leser, Hörer oder Zuschauer erkennbar sind. Hingegen wird die isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils den Anforderungen an eine zuverlässige Sinnermittlung regelmäßig nicht gerecht (vgl. BVerfGE 93, 266, 295; BGH VersR 1997, 842, 843 m.w.N.; VersR 2004, 343, 344). (BGH, Urteil vom 22. November 2005 - VI ZR 204/04 -, Rn. 14, juris).
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Dabei sind die hier streitgegenständlichen Äußerungen am Verständnis des gesellschaftspolitisch und naturwissenschaftlich interessierten und verständigen Lesers zu messen, denn er verkörpert den angesprochenen Leserkreis der streitgegenständlichen Kurzfassung der Studie (Anlage K 4). Angesichts der Bedeutung, die dem Thema Umweltschutz im Allgemeinen und Mikroplastik im Besonderen in der öffentlichen Wahrnehmung und Diskussion der letzten Jahre zukommt richtet sich die Kurzfassung der Studie nicht nur an einen engen Kreis an Fachleuten, sondern auch an die interessierte Allgemeinheit. Dies wird bereits aus der Einführung der Kurzfassung (Anlage K 4, Seite 5) deutlich, die auf zivilgesellschaftlich aktive Menschen eingeht und unter anderem Handlungsbedarf für Unternehmen der Kunststoff- und Konsumgüterindustrie etc. ausmacht. Angesichts der Insbesondere naturwissenschaftlichen, mitunter durchaus komplexen Ausführungen der Kurzfassung der Studie setzt diese aber einen naturwissenschaftlich Interessierten und verständigen Leser voraus.
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In Bezug auf Verwehungen von Sport- und Spielplätzen, insbesondere Fußballkunstrasenplätzen enthält die Kurzfassung der Studie nach dem Verständnis des vorgenannten Lesers die Aussage, dass Verwehungen von Sport- und Spielplätzen bzw. Fußballkunstrasenplätzen in Deutschland Mikroplastikemissionen in Höhe von 131,8 g bzw. 96,6 g pro Einwohner in Deutschland pro Jahr verursachen und insoweit im Vergleich zu den übrigen in der Kurzfassung genannten Mikroplastikemissionsquellen die fünftgrößte bzw. drittgrößte Quelle darstellen.
30
b) Entgegen der Ansicht der Klagepartei handelt es sich bei den streitgegenständlichen Aussagen nicht um Tatsachenbehauptungen, sondern um Schlussfolgerungen einer wissenschaftlichen Studie, die als Werturteil zu qualifizieren sind.
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Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, oh die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Das scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr und unwahr erweisen lassen (BGH, Urteil vom 01.03.2016. VI ZR 34/15).
32
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können Sachverständigengutachten sowohl Tatsachenbehauptungen als auch Werturteile enthalten. Gleichwohl ist rechtlich in der Regel der Schluss, den der Sachverständige aus seinem Gutachten zieht, ein Werturteil und nicht die Behauptung einer Tatsache. Denn es liegt im Wesen des Gutachtens, dass es auf der Grundlage bestimmter Verfahrensweisen zu einem Urteil kommen will, dass, selbst wenn es äußerlich als Tatsachenbehauptung formuliert worden ist, auf Wertungen beruht (BGH, Urteil vom 23.02.1999 - VI ZR 140/98; BGH, Urteil vom 18.10.1977 - VI ZR 171/76). Mit dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung lässt es sich aber nicht vereinbaren, den Verfasser eines solchen Gutachtens zum Widerruf dieser seiner subjektiven, auf seinen speziellen Kenntnissen, Erfahrungen und Untersuchungen beruhenden Überzeugung zu zwingen (BGH, Urteil vom 18.10.1977 - VI ZR 171/76).
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Gleiches gilt für wissenschaftliche Stellungnahmen. Ebenso wie ein Sachverständiger die Existenz einer Tatsache, über die er aufgrund seiner Untersuchungen und Überlegungen Gewissheit erlangt zu haben meint, im Ergebnis uneingeschränkt behaupten wird und hiermit in der Regel ein Werturteil äußert, handelt es sich auch bei wissenschaftlichen Stellungnahmen in der Regel um Meinungsäußerungen bzw. Wertungen. Dem steht nicht entgegen, dass eine solche Behauptung im Einzelfall auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden kann, nämlich durch Verwendung besserer Erkenntnismittel oder die Aufdeckung von Irrtümern bei den dem Ergebnis vorangehenden Untersuchungen. Dies folgt unmittelbar aus der prinzipiellen Unabgeschlossenheit jeglicher wissenschaftlichen Erkenntnis (BGH, Urteil vom 02.07.2019 - VI ZR 494/17).
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Gemessen daran, handelt es sich bei den Aussagen der Kurzfassung der Studie, dass Verwehungen von Sport- und Spielplätzen bzw. Fußballkunstrasenplätzen in Deutschland Mikroplastikemissionen in Höhe von 131,8 g bzw. 96,6 g pro Einwohner in Deutschland pro Jahr verursachen und Insoweit im Vergleich zu den übrigen in der Kurzfassung genannten Mikroplastikemissionsquellen die fünftgrößte bzw. drittgrößte Quelle darstellen, um subjektive Meinungen und Bewertungen der Autoren der Studie. Dies ergibt sich für den vorgenannten verständigen Leser unzweifelhaft aus den Ausführungen in der Kurzfassung der Studie (Anlage K 4), in deren Kontext die vorgenannten Aussagen stehen. So heißt es bereits auf Seite 3 der Kurzfassung unter „Erklärung zu Finanzierung, Verantwortlichkeiten und Nutzungsbedingungen“, dass die Ergebnisse der Studie in erster Linie die Sichtweise der Autoren darstellen. Entsprechendes folgt aus den der Auflistung der Emissionsquellen nebst Werten vorangestellten Ausführungen unter „3 Quellen und Mengen“ auf Seite 10 der Kurzfassung mit Formulierungen unter anderem wie „nach unserer Analyse“ und „wir nehmen an“.
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An der Beurteilung, dass es sich vorliegend nicht um Tatsachenbehauptungen, sondern um Wertungen handelt, ändert auch der Einwand der Klagepartei, den streitgegenständlichen Äußerungen sei aufgrund grober methodischer Fehler die Wissenschaftlichkeit abzusprechen, nichts. Denn dies würde im Ergebnis nichts daran ändern, dass der Autor, der eine Untersuchung vorlegt und deren Ergebnisse darstellt, nur seine subjektive Wahrnehmung und das daraus gewonnene Urteil wiedergibt. Dem Wesen nach handelt es sich dann um die Kundgebung seiner subjektiven, gutachterlichen Überzeugung, die zwar angefochten und bestritten werden kann, auch unter dem Vorbehalt des Irrtums steht, aber immer ihrer Zielrichtung nach Wertung ist und von dem Empfänger auch so verstanden wird (BGH, Urteil vom 02.07.2019 - VI ZR 494/17).
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c) Grundsätzlich sind die streitgegenständlichen Aussagen geeignet, das Unternehmenspersönlichkeitsrecht bzw. die geschäftliche Ehre der Klägerinnen zu verletzen und Nachteile für den Erwerb und das Fortkommen der Klägerinnen herbeizuführen. Zwar werden die Klägerinnen in der Kurzfassung der Studie an keiner Stelle namentlich erwähnt. Allerdings sind die in der Kurzfassung der Studie angegebenen Emissionsmengen von Verwehungen von Sport- und Spielplätzen, insbesondere Fußballkunstrasenplätzen in Deutschland sowie deren Benennung als fünft- bzw. drittgrößte Quelle von Mikroplastikemissionen geeignet, die Wahrnehmung derartiger Sport- und Spielplätze sowie Unternehmen wie der Klägerinnen, die derartige Plätze bzw. entsprechendes Einfüllgummigranulat für Kunstrasenplätze entwickeln, produzieren und vertreiben, in der Öffentlichkeit sowie bei potentiellen Kunden negativ zu beeinflussen und hierdurch Nachteile für deren Erwerb und Fortkommen herbeizuführen.
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d) Der Eingriff in die vorgenannten Rechte ist jedoch nicht rechtswidrig.
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Wegen der Eigenart des allgemeinen (Unternehmens-)Persönlichkeitsrechts bzw. der Geschäftsehre als Rahmenrechte liegt ihre Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das (Unternehmens-)Persönlichkeitsrecht bzw. die Geschäftsehre ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurtelle vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 8; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22; vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, 536). In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 21 m.w.N.). Danach fällt bei Tatsachenbehauptungen bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen Ihr Wahrheitsgehalt ins Gewicht. Denn an der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung herabsetzender Tatsachenbehauptungen, die unwahr sind, besteht unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Interesse (BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33; NJW 2013, 217, 218). Wahre Tatsachenbehauptungen müssen dagegen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind (vgl. Senatsurteile vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, AfP 2013, 50 Rn. 12 m.w.N.; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 21; BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33). Bei Werturteilen ist maßgebend, ob sie als Schmähung, Formalbeleidigung oder Verletzung der Menschenwürde anzusehen und deshalb zu unterlassen sind oder, wenn dies zu verneinen ist, ob sie im Rahmen einer Abwägung dem (Unternehmens-)Persönlichkeitsschutz bzw der Geschäftsehre vorgehen (vgl. BVerfGE 90, 241 [248 f.]; BVerfGE 93, 266 [293 f.]).
39
Danach überwiegt hier das Recht auf Meinungsfreiheit, Art. 5 Abs. 1 GG, sowie die Wissenschaftsfreiheit, Art. 5 Abs. 3 GG, des Beklagten das Interesse der Klägerinnen am Schutz ihrer (Unternehmens-)Persönlichkeit bzw. ihrer geschäftlichen Ehre.
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aa) Im Rahmen der gebotenen Abwägung der grundrechtlich geschützten Positionen war insbesondere zu berücksichtigen, dass die Äußerungen sich als Bewertungen im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie darstellen, die auf hinreichender wissenschaftlicher Grundlage erfolgt sind (vgl. hierzu näher nachfolgend). Zudem war in die Abwägung einzustellen, dass an der Erforschung unter anderem von Ursachen. Mengen und Wirkungen von Mikroplastik in der Umwelt ein nachhaltiges öffentliches Interesse besteht und die Aussagen in der Kurzfassung der Studie erkennbar mit dem Zweck erfolgten, einen Beitrag hierzu zu leisten. Ebenfalls war zu berücksichtigen, dass die streitgegenständlichen Äußerungen die Klagepartei lediglich mittelbar beeinträchtigen. Die Klägerinnen werden in der Studie namentlich nicht erwähnt. Vielmehr werden Sport- und Spielplätze, insbesondere Kunstrasenplätze hinsichtlich ihrer potentiellen Auswirkungen auf die Umwelt als eine unter einer Vielzahl von Mikroplastikemissionsquellen kritisch beleuchtet. Dass hiermit mittelbar eine wertende Kritik der Klägerinnen als Produzenten und Vertreiber derartiger Plätze bzw. entsprechenden Einfüllgummigranulats an Ihren gewerblichen Leistungen verbunden ist, müssen die Klägerinnen wie alle Gewerbetreibenden grundsätzlich hinnehmen (BGH, Urteil vom 02.07.2019 - VI ZR 494/17 m.w.N.).
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bb) Der Einwand der Klagepartel, die Wissenschaftsfreiheit greife im vorliegenden Fall nicht, da der Beklagte grob fahrlässig grundlegende methodische Fehler bei seiner Analyse begangen habe und über die methodischen Unzulänglichkeiten der Studie nicht aufgeklärt habe, greift nicht durch.
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Dabei ist zu berücksichtigen, dass jedem wissenschaftlichen Forschungsprozess ein erheblicher Freiraum inhärent ist, in den vor allem die auf wissenschaftlicher Eigengesetzlichkeit beruhenden Abläufe, Verhaltensweisen und Entscheidungen bei dem Auffinden von Erkenntnissen, ihrer Deutung und Weitergabe fallen. Dieser Freiraum erstreckt sich auf jede wissenschaftliche Tätigkeit, d.h. auf alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist. Dies folgt unmittelbar aus der prinzipiellen Unabgeschlossenheit jeglicher wissenschaftlichen Erkenntnis. Der Begriff der Wissenschaft umfasst daher auch Mindermeinungen sowie Forschungsansätze und -ergebnisse, die sich als irrig oder fehlerhaft erweisen. Gleiches gilt für unorthodoxes oder intuitives Vorgehen. Dem Bereich der Wissenschaft ist ein Werk erst dann entzogen, wenn es den Anspruch von Wissenschaftlichkeit nicht nur im Einzelnen oder nach der Definition bestimmter Schulen, sondern systematisch verfehlt. Das Ist insbesondere dann der Fall, wenn es nicht auf Wahrheitserkenntnis gerichtet ist, sondern vorgefasste Meinungen oder Ergebnissen lediglich den Anschein wissenschaftlicher Gewinnung oder Nachweisbarkeit verleiht, wofür die systematische Ausblendung von Fakten, Quellen, Ansichten und Ergebnissen, die die Auffassung des Autors infrage stellen, ein Indiz sein kann. Die Wissenschaftlichkeit kann einem Werk aber nicht schon abgesprochen werden, weil es Einseitigkeiten und Lückon aufweist oder gegenteilige Auffassungen unzureichend berücksichtigt (BGH, Urteil vom 02.07.2019 - VI ZR 494/17).
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Anhaltspunkte dafür, dass die Studie insgesamt bzw. bezüglich der streitgegenständlichen Aussagen in Bezug auf Kunstrasenplätze den Anspruch von Wissenschaftlichkeit systematisch verfehlt habe, sind auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens nicht ersichtlich.
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cc) Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich bei der streitgegenständlichen Studie um eine breit angelegte Studie zu Kunststoffen in der Umwelt allgemein handelt, und nicht um eine speziell zu Kunstrasenplätzen ergangene Studie. Verwehungen von Sport- und Spielplätzen, insbesondere Kunstrasenplätzen stellen lediglich eine von insgesamt 51 Quellen von Mikroplastikemissionen dar. Die Kurzfassung der Studie (Anlage K 4) beschäftigt sich darüber hinaus nicht nur mit Quellen und Mengen der Emissionen, sondern verhält sich auch zu Wirkungen, Lösungsansätzen und Empfehlungen. Ausführungen zu Emissionen und Mengen finden sich nur auf wenigen Seiten in Form einer Tabelle ohne Angabe der genauen Berechnungswege sowie hierbei zugrunde gelegter Bezugs- bzw. Rechnungsgrößen. Die der Ermittlung der Mengen im Einzelnen zugrunde liegenden Annahmen und Schätzungen ergeben sich nicht aus der veröffentlichten Kurzfassung der Studie (Anlage K 4) selbst, sondern aus einem gesonderten Dokument „Schätzungen zu Verwehungen und Abrieb Sport- und Spielplätze“, das dem nicht veröffentlichten Gesamtbericht der Studie als Anhang beigefügt ist (Anlage B 8). Insbesondere enthält die Kurzfassung der Studie keine vertieften Ausführungen zu Mikroplastikemissionsquellen, erst recht nicht zu Kunstrasenplätzen. Die Studie ist vielmehr erkennbar darauf ausgerichtet, einen lediglich kursorischen Überblick über mögliche Gefahrenquellen von Mikroplastikemissionen zu geben.
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Dass es sich bei den behaupteten Emissionsmengen nicht um abschließende, tatsächlich erwiesene Werte handelt bzw. diese nicht auf eigenen experimentellen Forschungen des Beklagten beruhen, wird in der Kurzfassung der Studie (Anlage K 4) mehrfach hervorgehoben und ist für den vorgenannten durchschnittlich naturwissenschaftlich interessierten und verständigen Leser hinreichend erkennbar. So heißt es etwa auf Seite 10 der Kurzfassung, dass sich die Autoren bei den „Quantifizierungen“ der Emissionen „nur auf wenig experimentelle Daten stützen“ konnten und daher, „häufig ausgehend von Produktions- oder Verbrauchsdaten, einen Top-Down-Ansatz“ verfolgten. Weiter heißt es, dass „zum jetzigen Zeitpunkt“ „die ermittelten Werte vor allem aufzeigen“ sollen, wo die Autoren „Bedarf für eine vertiefte Analyse“ sehen. Wo immer dies möglich gewesen sei, sei ein Abgleich der Daten mit denen anderer Autoren erfolgt oder seien mehrere Ansätze zur Bestimmung verfolgt worden. Ebenso wird verdeutlicht, dass es sich bei der Menge der Emissionen für Deutschland um eine Schätzung handelt und dass die von den Autoren ermittelten Werte im Vergleich zu denen anderer Autoren eher im oberen Bereich liegen (vgl. Anlage K 4, S. 10).
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Zudem wird in der Kurzfassung der Studie (Anlage K 4, Seite 10) offengelegt, dass „durch Befragungen“ 74 potentiell relevante Quellen für primäres Mikroplastik ausgewählt und hiervon bislang 51 quantifiziert wurden. Darüber hinaus werden die insbesondere ausländischen Quellen, die die Autoren der Studie ihrer Bewertung zugrunde gelegt haben, in der Kurzfassung der Studie (Anlage K 4, Seite 12 sowie 51 ff.) offengelegt und angegeben.
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Insgesamt ist für den vorgenannten verständigen Leser der Kurzfassung der Studie somit hinreichend erkennbar, dass es sich nicht um Aussagen auf einem wissenschaftlich abschließend erforschten und aufgearbeiteten Gebiet handelt, sondern den Aussagen teils ungesicherte, auf einer eher schwachen Datenbasis und auf Schätzungen beruhende Annahmen zugrunde liegen; diese daher nicht als absolut feststehend zu betrachten, sondern durchaus kritisch zu hinterfragen sind.
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dd) Die Tatsache, dass für die Studie keine tatsächlichen Messungen vorgenommen wurden, um Mikroplastikemissionen zu ermitteln, sondern insbesondere auf bestehende Studiendaten aus dem Ausland und sonstige Literaturquellen zurückgegriffen wurde, ist unschädlich. Denn es ist ureigene Entscheidung des wissenschaftlich Tätigen, wie er bei seinen Untersuchungen vorgeht, ob er eigene Messungen vornimmt oder sich auf bereits bestehende Daten aus anderen Quellen stützt, sowie welche Quellen und Literatur er in welcher Hinsicht auswertet (BGH, Urteil vom 02.07.2019 - VI ZR 494/17).
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ee) Soweit die Klagepartei rügt, dass der Beklagte bei der Ermittlung der Emissionswerte für Kunstrasenplätze die Vergleichswerte aus den internationalen Studien ohne Überprüfung der tatsächlichen Verhältnisse in Deutschland auf die Situation in Deutschland übertragen habe und dabei insbesondere die in Deutschland vorherrschenden Bauformen und maßgeblichen DIN-Normen für Kunstrasenplätze in Deutschland nicht berücksichtigt habe, führt dies nicht dazu, dass den streitgegenständlichen Aussagen die Wissenschaftlichkeit abzusprechen wäre. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die bei der Ermittlung der Emissionswerte von Kunstrasenplätzen durch die Autoren der Studie herangezogene Bezugsgröße die Fläche des Kunstrasenplatzes war oder, wie von der Klagepartei behauptet, das Volumen bzw. die Menge des bei Kunstrasenplätzen zum Einsatz kommenden Gummigranulats.
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Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass aufgrund der vorgenannten Zielrichtung Breite der streitgegenständlichen Studie seitens des Beklagten keine derart vertieften Forschungen und Analysen bei der Ermittlung der Emissionsrnengen der 51 genannten Emissionsquellen erfolgen mussten, wie dies etwa bei einer Einzelstudie betreffend die einzelnen Emissionsquellen zu erwarten wäre. Für den verständigen Leser der Kurzfassung der Studie ist aufgrund der vorstehenden Ausführungen hinreichend deutlich erkennbar, dass derartige vertieften Forschungen aufgrund des Umfangs des Untersuchungsgegenstands der Studie nicht vorgenommen wurden, sondern es sich bei den behaupteten Emissionswerten vornehmlich um Schätzungen unter anderem auf Grundlage der in der Kurzfassung angegebenen Quellen handelt.
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Dabei liegt den streitgegenständlichen Wertungen eine jedenfalls vertretbare Würdigung der ausgewerteten Quellen zu Grunde. Etwas anderes ist auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens nicht ersichtlich. Letztlich handelt es sich bei dem von der Klagepartei erhobenen Einwand der fehlenden Übertragbarkeit der Werte aus den ausländischen Studien nämlich um eine Interpretation und Bewertung dieser Quellen. Dies wird unter anderem daraus deutlich, dass zwischen den Parteien in Streit steht, ob die unterschiedlichen Bauweisen von Kunstrasenplätzen für den Austrag von Mikroplastik als relevant einzustufen sind oder nicht. Der Beklagte hat eine Relevanz unter Berufung darauf verneint, dass der den ausländischen Studien gemeinsame Berechnungsansatz der sei, aus den Nachfüllmengen auf die emittierte Menge zu schließen. So mache etwa die von ihm herangezogene Magnussen-Studie in Bezug auf die Emissionswerte keine Unterscheidung zwischen den sogenannten Infill-Typen. Gleiches gelte für die der streitgegenständlichen Studie zugrunde liegende Lassen-Studie. Auf die Ausführungen im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 26.06.2020, dort Seite 12 ff. wird Bezug genommen. Die Klagepartei ist dem wiederum ebenfalls unter anderem unter Berufung auf die Ausführungen in der Magnussen-Studie entgegengetreten. Insoweit wird auf die Ausführungen im Schriftsatz des Klägervertreters vom 29.01.2020, dort Seite 18 Bezug genommen. Der Beklagte hat zudem darauf abgestellt, dass auch die von ihm berücksichtigte Magnussen-Studie auf eine Bauweise mit elastischen Tragflächen hinweise (s. hierzu die Ausführungen auf Seie 16 des Schriftsatzes der Beklagtenvertreter vom 18.11.2019).
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Die Auswahl, Interpretation und Bewertung von Quellen ist jedoch Inbegriff des wissenschaftlichen Forschungsprozesses, bei dem die grundsätzlich verbürgte Wissenschaftsfreiheit einen erheblichen Freiraum gewährt, der auch Missinterpretationen und Irrtümer deckt, solange der wissenschaftlichen Tätigkeit nach ihrem Inhalt und ihrer Form ein ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit zugrunde liegt. An Letzterem hat das Gericht auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens keinen Zweifel.
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Allein die Tatsache, das die Klagepartei für ihr streitiges, tatsächliches Vorbringen umfänglich Beweis, unter anderem durch Sachverständigengutachten angeboten hat, zeigt dass die Unrichtigkeit der Bewertungen des Beklagten nicht ohne weitere Erforschung offen zutage tritt. Letztlich handelt es sich bei dem klägerischen Vorbringen um eigene Schlussfolgerungen der Klagepartei.
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Diese kann sie den Aussagen des Beklagten in der Kurzfassung der Studie selbstverständlich entgegenhalten. Eine Änderung der subjektiven Wertung des Beklagten kann sie aber nicht erzwingen.
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ff) Auch der Umstand, dass der Beklagte bei der Ermittlung der Emissionswerte die zugrunde gelegte Verlustmenge mit der Nachfüllmenge des Gummigranulats gleichgesetzt hat, führt nicht dazu, dass den streitgegenständlichen Aussagen der Charakter der Wissenschaftlichkeit abzusprechen wäre. Zwar können möglicherweise Setzungseffekte, Filter- und Drainagesysteme sowie Reinigungsarbeiten einen Einfluss auf die tatsächliche Verlustmenge des sog. Infllls haben. Gleiches gilt möglicherweise für die Form der Kunstrasenfiliamente („texturiert“ gegenüber „glatt“). Dies wurde von dem Beklagten jedoch ebenso bestritten wie die von der Klagepartei im hiesigen Rechtsstreit behauptete tatsächliche Nachfüllmenge von ca. einem Prozent der Gesamtmenge an Gummigranulat pro Jahr. Es handelt sich somit letztlich um Thesen, denen nach zu gehen im Rahmen einer vertieften Analyse zu Mikroplastikemissionen speziell von Kunstrasenplätzen möglicherweise lohnenswert erscheint könnte. Angesichts der Zielrichtung der streitgegenständlichen Studie und der Breite des Untersuchungsgegenstands waren derart weitgehende Überlegungen und Untersuchungen durch den Beklagten jedoch nicht zwingend.
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gg) Schließlich dringt die Klagepartei auch nicht mit dem Einwand durch, der Beklagte habe die ausländischen Studienergebnisse im Vergleich zu den weiteren von dem Beklagten genutzten Quellen zu stark gewichtet und verfügbare weitere ausländische Studiendaten, insbesondere eine 2017 veröffentlichte Studie von Weijer/Knol aus den Niederlanden (Anlage K 23) nicht berücksichtigt. Denn die Auswahl und die Gewichtung der Quellen sind Teil des wissenschaftlichen Prozesses und Entscheidung des wissenschaflich Tätigen (BGH, Urteil vom 02.07.2019 - VI ZR 494/17). Der Beklagte hat nachvollziehbar begründet, dass er die Weijer/Knol-Studie nicht berücksichtigt habe, weil sie nur in niederländisch vorlag und damit nicht recherchierbar war. Im Übrigen sei sie nach Ansicht des Beklagten nicht repräsentativ, da sie nur anhand von fünf Kunstrasenplätzen erstellt wurde. Dem Beklagten ging es bei seiner Entscheidung demnach nicht etwa um die systematische Ausblendung von Quellen, die möglicherweise seine Auffassung infrage gestellt hätten. Vielmehr lagen dieser objektiv nachvollziehbare Umstände zugrunde.
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hh) Insgesamt bestehen nach den vorgenannten Ausführungen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte systematisch Fakten, Quellen, Ansichten und Ergebnisse, die die Auffassung der Autoren infrage stellen, ausgeblendet hätte. Der Umstand, dass der Beklagte durch den nach Veröffentlichung der Kurzfassung der Studie erfolgten Austausch mit der Klagepartei weitergehende Erkenntnisse zu Kunstrasenplätze in Deutschland erlangt hat, die möglicherweise heute zu einer anderen Bewertung des Beklagten führen könnten, begründet keinen Anspruch der Klagepartei auf Unterlassung bzw. Richtigstellung der streitgegenständlichen Aussagen in der veröffentlichten Kurzfassung der Studie. Diese stellt die Erkenntnisse, Bewertungen und Schlussfolgerungen der Autoren der Studie zum Zeitpunkt der Erstellung der Studie, die in deren veröffentlichten Kurzfassung für den verständigen Leser erkennbar mit einem Zeitraum von April 2016 bis Juni 2018 (vgl. Anlage K 4, Seite 2 und 3) angegeben ist, dar. Der prinzipiellen Unabgeschlossenheit jeglicher wissenschaftlichen Erkenntnis ist zu eigen, dass Auffassungen, die sich in der wissenschaftlichen Diskussion durchgesetzt haben, der Hinterfragung und dem Wandel unterworfen bleiben (BGH, Urteil vom 02.07.2019 - VI ZR 494/17). Dies gilt erst recht für wissenschaftliche Beiträge auf einem wissenschaftlich bislang noch nicht einer vertieften Analyse unterzogenen Gebiet wie dem streitgegenständlichen. Insofern unterliegt die Studie des Beklagten, wie alle derartigen Untersuchungen, der wissenschaftlichen Kritik, der es möglicherweise bei einer vertieften Analyse und Auseinandersetzung mit dem Untersuchungsgegenstand in Bezug auf die hier streitgegenständliche Thematik insbesondere der Kunstrasenplätze, nicht standzuhalten vermag. Die Frage, ob die streitgegenständliche Bewertung des Beklagten richtig ist oder nicht, kann jedoch nicht Gegenstand von Unterlassungsansprüchen sein. Vielmehr ist die anderweitige subjektive Überzeugung des Beklagten zu respektieren (BGH, Urteil vom 18.10.1977 - VI ZR 171/76).
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2. Aus den vorgenannten Gründen besteht auch kein Anspruch auf Widerruf und Richtigstellung der streitgegenständlichen Äußerungen gemäß Ziffer 5 des Klageantrags. Einem Widerruf bzw. einer Richtigstellung zugänglich, sind im Übrigen nur Tatsachenbehauptungen, nicht jedoch Wertungen wie im vorliegenden Fall (vgl. BGH, Urteil vom 18.10.1977 - VI ZR 171/76; BGH, Urteil vom 23.02.1999 - VI ZR 140/98).
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3. Mangels Rechtsverletzung besteht schließlich auch kein Anspruch auf die gemäß Ziffer 6 des Klageantrags begehrte Feststellung einer Schadensersatzpflicht des Beklagten.
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II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
61
III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO und entspricht dem mitgeteilten wirtschaftlichen Interesse der Klagepartei an den begehrten Unterlassungen, Richtigstellungen und Feststellungen.