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LG München I, Endurteil v. 12.03.2020 – 17 HK O 5135/19
Titel:

Unzulässiges Angebot und Bewerbung eines diätetischen Lebensmittels

Normenketten:
UWG § 3, § 3a
VO (EU) Nr. 609/2013 Art. 1 Abs. 1c, Art. 2 Abs. 2g, Art. 9 Abs. 1, Abs. 5
Delegierte Verordnung (EU) Nr. 2016/128 Art. 7
Leitsatz:
Dient die Einnahme eines Produktes in erster Linie der Schmerzlinderung darf es nicht als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke beworben und in den Verkehr gebracht werden, weil diese bei der gebotenen engen Begriffsauslegung nur dem Zweck dienen, eine ausreichende Ernährung von Patienten sicherzustellen, welche an einer entsprechenden diätetischen Mangelsituation leiden.  (Rn. 22 – 26) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Krankheit, Schmerzen, Unterlassungsanspruch, Werbung, Wettbewerbsverband, Lebensmittel, Arthrose, Zustellung, Zahlung, Anspruch, Ordnungshaft, Krankheitsbild, Verordnung, Voraussetzungen, besondere medizinische Zwecke, gesundheitsbezogene Angaben, Zustellung der Klage
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Urteil vom 15.10.2020 – 29 U 2241/20
Fundstelle:
GRUR-RS 2020, 41208

Tenor

I) Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr
1) das Mittel „Alsiroyal Curcumin spezial bei Arthrose“ als „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) zum Diätmanagement bei arthrotischen Gelenkschmerzen“ in den Verkehr zu bringen und/oder zu vertreiben,
2) für das Mittel „Alsiroyal Curcumin spezial bei Arthrose“ wie folgt zu werben:
2.1. „Mit Pflanzenkraft: 78 % weniger* Schmerzen bei Arthrose
*in Einzelfällen“,
2.2. „Studie bestätigt:
So wirksam wie 1.200 mg Ibuprofen/Tag“
und/oder
„82 % weniger Steifigkeit“.
II) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 178,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.05.2019 zu zahlen.
III) Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, in Ziffer I) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,00 € und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

1
Der Kläger, ein Wettbewerbsverband im Sinne von § 8 Abs. 3 Nummer 2 UWG, macht gegen die Beklagte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche sowie einen Anspruch auf Zahlung einer Abmahnkostenpauschale gelten.
2
Die Beklagte ist Hersteller und Vertreiber von Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmittel, unter anderem des Produktes „Alsiroyal Curcumin spezial bei Arthrose“. Dieses Mittel wird beworben und vertrieben als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) zum Diätmanagement bei arthrotischen Gelenkschmerzen. Dieses Produkt bewirbt die Beklagte gegenüber Reformhausbetreibern mit einem Angebotsblatt, beworben wird unter anderem ein Thekenaufsteller, ein dazugehöriges Poster sowie ein Handzettel. Sowohl auf dem Poster als auch auf dem Thekenaufsteller werden die folgenden Auslobungen getätigt:
„Mit Pflanzenkraft: 78 % weniger* Schmerzen bei Arthrose
*in Einzelfällen“,
„Studie bestätigt:
So wirksam wie 1.200 mg Ibuprofen/Tag“
3
Auf dem Poster befindet sich zusätzlich die Angabe
„82 % weniger Steifigkeit“.
4
Insoweit wird auf Anlage K 3 Bezug genommen.
5
Weil der Kläger das Produkt grundsätzlich als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (LbmZ) nicht verkehrsfähig ansieht und die gemachten Auslobungen ebenfalls für wettbewerbsrechtlich unzulässig hält, mahnte er mit Schreiben vom 19.02.2019 (Anlage K4) die Beklagte ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Nachdem eine solche nicht abgegeben wurde, macht der Kläger die Unterlassungsansprüche im Klagewege geltend, darüber hinaus einen Anspruch auf Zahlung einer Abmahnkostenpauschale.
6
Der Kläger trägt vor, das Mittel sei als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke nicht verkehrsfähig, da es die Voraussetzungen des Artikels 2 Absatz 2 g) der Verordnung (EU) 609/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.06.2013 über Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder, Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, nicht erfülle. Hinsichtlich des in dem Produkt enthaltenen Stoffes Curcumin-Extrakt liege ein konkretes Ernährungsbedürfnis der betreffenden Patientengruppe nicht vor. Wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, dass die Einnahme von Curcumin bei unter Arthrose leidenden Patienten sinnvoll wäre, seien nicht existent. Darüber hinaus diene das Produkt nicht dem Diätmanagement von Patienten im Sinne von Art. 2 Absatz 2 g) der VO (EU) 609/2013. Der früher in der Rechtsprechung vertretene weite Ernährungsbegriff könne nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung nicht mehr aufrechterhalten werden. Bei dem hinsichtlich des Produktes genannten Krankheitsbild „zum Diätmanagement bei arthrotischen Beschwerden“ handele es sich erkennbar nicht um ein solches, welches zu einer eingeschränkten, behinderten oder gestörten Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Fettstoffwechsel oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltenen Nährstoffe oder Stoffwechselprodukte führe. Es handle sich auch nicht um eine Krankheit, welche ursächlich für einen sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf sei. Das Produkt diene in erster Linie der Schmerzlinderung, eine solche Wirkung diene aber nicht dem Diätmanagement im Sinne der Verordnung, sie sei vielmehr gerichtet auf die Behandlung einer schmerzenden Krankheit in dem Sinne, dass Schmerzen reduziert werden sollten, ernährt werden solle der Patient aber nicht. Arthrotische Beschwerden seien somit einem Diätmanagement nicht zugänglich und erst recht nicht mittels Einnahme von Curcumin. Damit bewege sich das Produkt nicht innerhalb des Konzeptes für LbmZ nach der VO (EU) 609/2013.
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Darüber hinaus trägt der Kläger vor, dass durch die Auslobungen entsprechend Klageantrag I) 2) die Beklagte auch gegen Kennzeichnungsvorschriften und Werberegeln verstoße, weil Kennzeichnung und Aufmachung von LbmZ weder irreführend sein dürften, noch diesen Erzeugnissen Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zugeschrieben werden dürften oder der Eindruck dieser Eigenschaften erweckt werden dürfte. Darüber hinaus dürften LbmZ, wie auch sämtliche anderen Lebensmittel, nicht mit gesundheitsbezogenen Angaben beworben werden. Insbesondere seien nach Art. 7 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/128 nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über LbmZ nicht zulässig. Hiergegen verstoße die Beklagte mit den angegriffenen Werbeaussagen.
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Damit seien die seitens des Klägers geltend gemachten Unterlassungsansprüche begründet.
9
Aus diesem Grunde sei auch die gegenüber der Beklagten ausgesprochene Abmahnung berechtigt gewesen, sodass der Kläger auch Anspruch auf Erstattung einer Abmahnkostenpauschale habe.
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Die Klagepartei beantragt daher:
I)
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Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern,
zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr
1) das Mittel „Alsiroyal Curcumin spezial bei Arthrose“ als „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) zum Diätmanagement bei arthrotischen Gelenkschmerzen“ in den Verkehr zu bringen und/oder zu vertreiben,
2) für das Mittel „Alsiroyal Curcumin spezial bei Arthrose“ wie folgt zu werben:
2.1.
„Mit Pflanzenkraft: 78 % weniger* Schmerzen bei Arthrose
*in Einzelfällen“,
2.2.
„Studie bestätigt:
So wirksam wie 1.200 mg Ibuprofen/Tag“
und/oder
„82 % weniger Steifigkeit“.
II)
12
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 178,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.
13
Die Beklagte beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
14
Die Beklagte trägt vor, dass das beworbene Mittel sehr wohl als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke verkehrsfähig sei. Auch nach Inkrafttreten der VO (EU) 609/2013 bleibe es bei dem weiten Ernährungsgriff, wonach Lebensmittel auch dann im Sinne des Art. 2 Absatz 2 g) VO (EU) 609/2013 der Ernährung von Patienten mit einem medizinisch bedingten Nährstoffbedarf dienen, wenn durch die Aufnahme der in ihnen enthaltenen Nährstoffe im Hinblick auf eine bestimmte Krankheit oder Störung eine von den Nährstoffen ausgehende Wirkung erzielt werde. Abzustellen sei dabei nicht auf eine Begrifflichkeit „diätetische Behandlung“ bzw. „Diätmanagement“, sondern auf die Zweckbestimmung der Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke. Der Austausch dieser beiden Begriffe habe nicht zu einer inhaltlichen Änderung geführt.
15
Des Weiteren trägt die beklagte Partei vor, dass durch die seitens der Klagepartei angegriffenen Werbeaussagen eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise nicht herbeigeführt werde. Insoweit lägen ausreichende wissenschaftliche Nachweise durch randomisierte, kontrollierte Doppelblindstudien vor, aus denen sich ergebe, dass die Einnahme von Curcumin bei unter Arthrose leidenden Patienten sinnvoll sei. Soweit der Kläger ausführe, dass das Produkt der Schmerzlinderung diene, sei es nach dem Wortlaut der Legaldefinition eines LbmZ entscheidend, ob ein medizinisch bedingter Nährstoffbedarf der betroffenen Patienten positiv beeinflusst werde. Dazu zähle auch der Umstand, dass ein betroffener Patient die Einnahme von Arzneimitteln reduzieren könne.
16
Im Übrigen wird Ergänzung des Tatbestandes auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 05.12.2019 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A)
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Die zulässige Klage erweist sich aus den nachfolgenden Gründen vollumfänglich als begründet:
I)
18
Der mit Klageantrag I) 1) geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist begründet nach §§ 3; 3 a; 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG in Verbindung mit Art. 1 Absatz 1 c; 2 Absatz 2 g); 9 Abs. 1 VO (EU) 609/2013:
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Der insoweit vom Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich daraus, dass das Mittel den gesetzlichen Anforderungen der VO (EU) 609/2013 nicht entspricht und aus diesem Grunde nicht verkehrsfähig ist.
20
Das Mittel wird von der Beklagten unstreitig als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke beworben und in den Verkehr gebracht.
21
Als LbmZ muss sich dieses Mittel an den gesetzlichen Voraussetzungen der Verordnung (EU) 609/2013, welche seit 20.07.2016 gültig ist, messen lassen. Diesen Anforderungen wird es allerdings nicht gerecht:
22
Gemäß Art. 2 Absatz 2 g) der VO (EU) 609/2013 sind Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke unter ärztlicher Aufsicht zu verwendende Lebensmittel zum Diätmanagement von Patienten, einschließlich Säuglingen, die in spezieller Weise verarbeitet oder formuliert werden; sie sind zur ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder Stoffwechselprodukte oder von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Lehrstoffbedarf bestimmt, für deren Diätmanagement die Modifizierung der normalen Erklärung allein nicht ausreicht.
23
LbmZ dienen somit dem Zweck, eine ausreichende Ernährung von Patienten sicherzustellen, welche an einer entsprechenden diätetischen Mangelsituation leiden.
24
Das Mittel soll Patienten mit arthrotischen Beschwerden dienen. Bei diesem Krankheitsbild handelt es sich allerdings nicht um ein solches, welches zu einer eingeschränkten, behinderten oder gestörten Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Fettstoffwechsel oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltenen Nährstoffe oder Stoffwechselprodukte führt. Hierzu ist seitens der Beklagten nichts substantiiert vorgetragen worden. Bei diesem Krankheitsbild handelt es sich aber auch nicht um eine Krankheit, welche ursächlich für einen sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf ist. Nach den Werbeaussagen dient die Einnahme des Produktes der Beklagten in erster Linie der Schmerzlinderung. Eine Wirkung der Schmerzlinderung dient allerdings nicht dem Diätmanagement von Patienten. Sie ist vielmehr gerichtet auf die Behandlung einer schmerzenden Krankheit in dem Sinne, dass Schmerzen reduziert werden sollen, ernährt wird der Patient aber gerade nicht.
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Damit dient das streitgegenständliche Produkt gerade nicht dazu, ein wie auch immer geartetes Nährstoffdefizit auszugleichen.
26
Auch der Sinn und Zweck der Verordnung (EU) 609/2013 stehen einer weiten Definition des Begriffes der LbmZ, wie von der Beklagten vertreten, entgegen. Nach der früheren Rechtsprechung des BGH (GRUR 2009, 413, Ergofol-Kapseln) lag ein LbmZ nicht nur dann vor, wenn ein medizinisch bedingtes Nährstoffdefizit ausgeglichen werden sollte, sondern auch dann, wenn auf andere Weise durch die Nährstoffzufuhr Erkrankungen entgegengewirkt werden sollte. Aus den Erwägungsgründen 9) und 10) der VO (EU) 609/2013 ergibt sich aber, dass diese Auslegung nicht den Vorstellungen des EU-Normgebers entsprach. In diesen Erwägungsgründen ist ausgeführt, dass Anlass für die Änderungen die unterschiedliche Auslegung des bisher verwendeten Begriffes des LbmZ ist, die zu Problemen führe, weshalb es notwendig sei, durch eine Vereinfachung des rechtlichen Rahmens die Auslegungsunterschiede zu beseitigen. Als Ergebnis dieser Bemühungen wurde Art. 2 Absatz 2 g) der VO (EU) 609/2013 normiert. Den weiten Ernährungsbegriff weiterhin zu vertreten, würde somit dem erkennbaren Willen des europäischen Normgebers widersprechen und scheidet somit aus.
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Das streitgegenständliche Mittel entspricht somit nicht den Vorgaben von Art. 2 Absatz 2 g), 9 Abs. 1 VO (EU) 609/2013, es ist somit nicht als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke verkehrsfähig.
28
Die oben genannten Vorschriften sind jedenfalls auch dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, sodass ein Rechtsbruch der Beklagten im Sinne von § 3 a UWG vorliegt.
29
Der Verstoß der Beklagten ist auch geeignet, die Interessen insbesondere von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen, weil bestimmte Patienten dadurch dazu bewegt werden, das Mittel der Beklagten zu erwerben, obwohl dieses den an ein LbmZ zu stellenden Anforderungen nicht entspricht.
II)
30
Die geltend gemachten Unterlassungsansprüche entsprechend Klageantrag I) 2) im Zusammenhang mit einzelnen Werbeaussagen, die der Kläger angreift, ist begründet nach §§ 3; 3 a; 8 Abs. 1, Abs. 3 Nummer 2 UWG in Verbindung mit Art. 9 Abs. 5 VO (EU) 609/2013, Art. 7 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/128 vom 25.09.2015.
31
Bei den seitens des Klägers angegriffenen Werbeaussagen handelt es sich um gesundheitsbezogene Angaben. Nach Art. 2 Abs. 2 Nummer 5 der Verordnung (EG) 1924/2006 des europäischen Parlaments und des Rates vom 20.12.2006 über nährwer - und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel sind „gesundheitsbezogene Angaben“ alle Angaben, mit denen erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht. Dabei ist der Begriff „Zusammenhang“ weit auszulegen. Der Begriff der gesundheitsbezogenen Angabe erfasst jeden Zusammenhang, der eine Verbesserung des Gesundheitszustandes dank des Verzehrs des Lebensmittels impliziert. Unter Zugrundelegung dieses Grundsatzes stellen die hier in Rede stehenden Werbeaussagen der Beklagten gesundheitsbezogene Angaben im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nummer 5 der Verordnung (EG) Nummer 1924/2006 dar. Denn mit diesen Werbeaussagen wird den angesprochenen Verkehrskreisen erklärt, dass Schmerzen aufgrund von Arthrose gelindert werden und die Steifigkeit von Gelenken abnimmt, was zweifelsfrei bei den angesprochenen Verkehrskreisen den Eindruck erweckt, dass gesundheitliche Leiden positiv beeinflusst und gelindert werden.
32
Nach Art. 9 Abs. 5 der Verordnung (EU) 609/2013 dürfen Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke in der Werbung keine Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zugeschrieben oder der Eindruck dieser Eigenschaften erweckt werden. Des Weiteren sind nach Art. 7 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/128 nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke grundsätzlich nicht zulässig.
33
Bei den oben genannten Vorschriften handelt es sich um Marktverhaltensvorschriften im Sinne von § 3 a UWG, sodass insoweit ein Rechtsbruch der Beklagten vorliegt.
34
Damit erweisen sich die insoweit geltend gemachten Unterlassungsansprüche als begründet.
III)
35
Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass die seitens der Klagepartei gegenüber der Beklagten ausgesprochene Abmahnung berechtigt im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG gewesen ist, sodass die Klagepartei Anspruch auf Erstattung einer Abmahnkostenpauschale hat. Diese beläuft sich auf 178,50 €.
36
Die geltend gemachten Verzugszinsen sind begründet nach §§ 288, 291 ZPO.
37
Somit war der Klage vollumfänglich stattzugeben.
B)
38
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
C)
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.
gez.
… Vorsitzender Richter
am Landgericht
… Handelsrichter
… Handelsrichter
Verkündet am 12.03.2020