Titel:
Unterlassungsanspruch aufgrund eines Verstoßes gegen die Rücknahmeverpflichtung für Elektronikgeräte
Normenketten:
UWG § 3a
ElektroG § 17 Abs. 1 u. 2 S. 1 u. 2
Leitsätze:
1. Die Rücknahmepflicht nach § 17 Abs. 1 u. 2 ElektroG wird nicht dadurch erfüllt, wenn ein Online-Händler die Kunden darauf verweist, die Geräte in seinen nicht flächendeckend vorhandenen stationären Märkten zurückzugeben. (Rn. 25 – 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Möglichkeit, Beleuchtungskörper als Retouren-Paket an eine Entsorgungsstelle zu versenden, genügt nicht der in § 17 Abs. 1 u. 2 ElektroG verankerten Rücknahmepflicht, wenn die Produkte gefährliche Stoffe enthalten. (Rn. 28 – 31) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Rücknahmepflichten nach § 17 Abs. 1 u. 2 ElektroG stellen Vorschriften dar, die auch dazu bestimmt sind, das Marktverhalten im Sinne von § 3a UWG zu regeln (Rn. 33 – 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Marke, Unterlassungsanspruch, AGB, Abmahnkosten, Unterlassungsantrag, Verbraucher, Kostenerstattungsanspruch, Zulassung, Internet, Entfernung, Abmahnung, Ordnungshaft, Marktverhaltensregelung, Erstantrag, Co KG, qualifizierte Einrichtung, Rechtsprechung des BGH
Fundstelle:
GRUR-RS 2020, 12849
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen, ihr vom Endverbraucher angebotene alte gebrauchte Beleuchtungskörper, die gefährliche Stoffe, insbesondere Quecksilber, wie zum Beispiel bei Energiesparlampen, enthalten, im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit Nr. 3 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 Elektro- und Elektronikgerätegesetz, die in keiner äußeren Abmessung größer als 25 cm sind, - soweit deren Zahl 5 Beleuchtungskörper pro Rückgabefall nicht übersteigt - nicht durch geeignete Rücknahmemöglichkeiten in zumutbarer Entfernung zum jeweiligen Endverbraucher unentgeltlich zurückzunehmen, wenn dies lediglich durch Zurverfügungstellung eines ...-Retourenlabels mit einfachem Paketversand durch den Dienstleister ... zur Rücksendung zur Entsorgung und/oder lediglich durch Anbieten einer Rücknahmemöglichkeit in 433 bundesweiten stationären Media-Markt- oder Saturn-Märkten geschieht.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 229,34 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.10.2018 zu bezahlen.
3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 25% und die Beklagte 75% zu tragen.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, jedoch für den Kläger nur gegen Sicherheitsleistung, hinsichtlich der Unterlassungsverpflichtung in Höhe von 100.000,00 € und im übrigen in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages. Für die Beklagte ist das Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 50.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch aufgrund behaupteten Verstoßes gegen die Rücknahmeverpflichtung gemäß § 17 Abs. 2, Abs. 1 Elektro- und Elektronikgerätegesetz und Abmahnkosten geltend.
2
Beim Kläger handelt es sich um einen nach dem Wettbewerbsrecht klagefähigen Umwelt- und Verbraucherschutzverband. Er bezweckt satzungsgemäß, die aufklärende Verbraucherberatung sowie den Umweltschutz in der Bundesrepublik Deutschland zu fördern. Er ist in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagegesetzes mit Wirkung zum 11.10.2004 eingetragen.
3
Die Beklagte, die ihren Sitz in Ingolstadt hat, ist eine Tochtergesellschaft der ... GmbH, und betreibt die E-Commerce Aktivitäten des Media-Saturn-Konzernes für die Marke Saturn im Internet. Sie betreibt dabei einen Online-Shop, über den sie Elektronikprodukte, darunter auch neuwertige Leuchten und Lampen wie LED-Beleuchtungskörper und Energiesparlampen an Verbraucher verkauft. Die Beklagte verfügt über Lager- und Versandflächen von mehr als 400 m² für Elektro- und Elektronikgeräte. Hinsichtlich der nach § 17 Abs. 2, Abs. 1 Elektro- und Elektronikgerätegesetz bestehenden Verpflichtung für Vertreiber von Elektro- und Elektronikgeräten unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, die Rücknahme von Altgeräten, die in keiner äußeren Abmessung größer als 25 cm sind und die der Zahl nach auf 5 Altgeräte pro Gerät beschränkt sind, in zumutbarer Entfernung zum jeweiligen Endbenutzer zu gewährleisten, verweist die Beklagte den rückgabewilligen Verbraucher auf ihrer Homepage darauf, solche Elektroaltgeräte entweder in den 433 stationären Media-Markt- und Saturn-Märkten abzugeben oder diese mittels eines vorfrankierten, von dem jeweiligen Verbraucher auszudruckenden, ...-Retourenlabels an die ... GmbH & Co. KG in ... zu versenden.
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Die Beklagte schloss hierzu im Juli 2011 mit der ... Vertriebs GmbH und Co. OHG ein „parcel transportation agreement“, hinsichtlich dessen genauen Wortlautes auf die als Anlage B2 übergebene Kopie verwiesen wird. In das Vertragsverhältnis ist mittlerweile anstelle der ... Vertriebs GmbH & Co. OHG die ... Paket GmbH eingetreten. In das Vertragsverhältnis wurden die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen ...-Paket/Express (national)“ und „Versandbedingungen ... Paket national/international“ aufgenommen, hinsichtlich deren Wortlautes auf die als Anlagen B4 und B5 übergebenen Kopien verwiesen wird. Nach Ziffer 1 Abs. 1 Satz 1 der „Versandbedingungen ... Paket national und international“ gelten diese für die nationale und internationale Beförderung von Paketen (... Paket, ... Retoure und ... Paket international). Nach Ziffer 1 Absatz 1 Satz 2 ergänzen Sie für Pakete die jeweils aktuelle Fassung der „Allgemeinen Geschäftsbedingungen der ...-Paket/Express national (AGB Paket/Express national)“ und der „Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Post Paket international (AGB-Paket international)“. Nach Ziffer 1 Abs. 1 der „Allgemeinen Geschäftsbedingungen ...-Paket/Express (national)“ gelten diese für Verträge mit der ... AG und ihren verbundenen Unternehmen, also auch ..., über die Beförderung von Paketen einerseits und Express-Sendungen andererseits im Inland.
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Der Geltungsbereich schließt besonders vereinbarte Zusatz- und Nebenleistungen ein. Nach Ziffer 1 Abs. 2 der „Allgemeinen Geschäftsbedingungen ...-Paket/Express (national)“ geltend ergänzend zu diesen AGB die „Regelungen für die Beförderung von gefährlichen Stoffen und Gegenständen“. Hinsichtlich des Wortlautes dieser „Regelungen für die Beförderung von gefährlichen Stoffen und Gegenständen“ wird auf die als Anlage K 16 vorgelegte Kopie verwiesen.
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In Ziffer 1 „Allgemeines/Geltungsbereich“ des Teiles 2 der „Regelungen für die Beförderung von gefährlichen Stoffen und Gegenständen“ wird festgelegt, dass dieser Teil 2 für den nationalen Versand von Gefahrgut mit ... Paket gilt. Weiter wird festgelegt, dass, soweit nicht anders angegeben, in der jeweils gültigen Fassung das „Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter (GGBefG)“, die „Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt (GGVSEB)“ und das „Europäische Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR)“ gelten. Die in den „Regelungen für die Beförderung von gefährlichen Stoffen und Gegenständen“ verwendeten Bezeichnungen und Klassifizierungen entsprechen dabei dem ADR.
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Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 16.05.2018 ab und forderte sie auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, sowie die Kosten dieser Abmahnung in Höhe von 229,34 € brutto zu erstatten. Die Beklagtenvertreter teilte mit außergerichtlichen Schreiben vom 30.05.2018 mit, dass die geltend gemachten Forderungen des Klägers zurückgewiesen werden.
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Die Klägerin ist der Ansicht, dass aufgrund der „Regelungen für die Beförderung von gefährlichen Stoffen und Gegenständen“ in Verbindung mit den Bezeichnungen, Klassifizierungen und Freistellungen gemäß ADR Beleuchtungskörper bzw. Leuchtmittel, insbesondere Energiesparlampen, die Quecksilber enthalten, von der Beförderung durch ... als ... Retouren-Paket ausdrücklich ausgeschlossen sind. Eine Freistellung zur Beförderung nach Sondervorschrift (SV) 366, Kap.3.3 ADR für den Eintrag UN-Nr. 3506 „Quecksilber in hergestellten Instrumenten und Gegenständen“ (siehe 1.1.3.4.1 ADR) gelte nicht für Lampen und Leuchtmittel, in denen Quecksilber enthalten sei, da das Quecksilber in alten gebrauchten Energiesparlampen nicht sicher eingeschlossen sei. Vielmehr sei die Beförderung zur Entsorgung sämtlicher gebrauchter, beschädigter oder defekter Leuchtmittel von allen Versendern, auch von Privatpersonen und Haushalten, durch die „Regelungen für die Beförderung von gefährlichen Stoffen und Gegenständen“ ausgeschlossen. Dies ergebe sich insbesondere aus Ziffer 2 Abs. 2 der „Regelungen für die Beförderung von gefährlichen Stoffen und Gegenständen“, Teil 2, die die Beförderung von Leuchtmitteln, die zu einer Sammelstelle oder Recyclingeinrichtung befördert werden sollen (1.1.3.10 a), von Privatpersonen und aus Haushalten, und von gebrauchten, beschädigten oder defekten Leuchtmitteln (1.1.3.10 c) von allen Versendern, wenn sie zu einer Sammelstelle oder Recyclingeinrichtung befördert werden sollen, ausschließe.
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Die Klägerin ist weiter der Ansicht, die Möglichkeit der Rückgabe in den stationären Media-Markt- und Saturn-Märkten stelle keine geeignete Rückgabemöglichkeit in zumutbarer Entfernung zum jeweiligen Endnutzer dar. So gehe der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) davon aus, dass Fernabsatz-Händler zur Erfüllung ihrer Rücknahmeverpflichtungen nach § 17 Abs. 1 Nummer 2, Abs. 2 Elektro- und Elektronikgerätegesetz bundesweit 1600 Sammelstellen zur Verfügung stellen müssten, um für den Verbraucher eine Rückgabemöglichkeit in zumutbarer Entfernung in jedem Einzelfall zu gewährleisten. Bei einer Zahl von 433 Rücknahmestellen sei damit den gesetzlichen Anforderungen nicht Genüge getan. 2 HK O 1582/18 - Seite 5 - Nachdem die Klägerin zunächst unter Ziffer 1. beantragte,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, nicht zu gewährleisten, ihr vom Endverbraucher angebotene alte gebrauchte Beleuchtungskörper, insbesondere LED-Lampen und Energiesparlampen, im Sinne des § 2 Abs. 1 Nummer 5 in Verbindung mit Nummer 5 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 Elektro- und Elektronikgerätegesetz, die in keiner äußeren Abmessung größer als 25 cm sind, - soweit deren Zahl 5 Beleuchtungskörper pro Rückgabefall nicht übersteigt - durch geeignete Rücknahmemöglichkeiten in zumutbarer Entfernung zum jeweiligen Endverbraucher unentgeltlich zurückzunehmen, beantragt sie zuletzt unter Abänderung des Antrages unter Ziffer 1.:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen, nicht zu gewährleisten, ihr vom Endverbraucher angebotene alte gebrauchte Beleuchtungskörper, die gefährliche Stoffe, insbesondere Quecksilber, wie zum Beispiel Energiesparlampen, enthalten, im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit Nr. 3 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 Elektro- und Elektronikgerätegesetz, die in keiner äußeren Abmessung größer als 25 cm sind, - soweit deren Zahl 5 Beleuchtungskörper pro Rückgabefall nicht übersteigt - durch geeignete Rücknahmemöglichkeiten in zumutbarer Entfernung zum jeweiligen Endverbraucher unentgeltlich zurückzunehmen, wenn dies wie vorliegend geschieht durch lediglich Zurverfügungstellung eines ...-Retourenlabels mit einfachem Paketversand durch den Dienstleister ... zur Rücksendung zur Entsorgung und/oder lediglich durch Anbieten einer Rücknahmemöglichkeit in 433 bundesweiten stationären Media-Marktoder Saturn-Märkten.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 229,34 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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Die Beklagte behauptet, die Versendung gebrauchter LED- oder Energiesparlampen zur Entsorgung über die ... Paket GmbH als ...-Paket sei nach Maßgabe der geltenden Geschäfts-/Versendungsbedingungen nicht ausgeschlossen. Jeder Verbraucher könne und dürfe demnach die damit verbundenen Rücknahmemöglichkeiten nutzen. Damit sei bereits gewährleistet, dass die Beklagte in zumutbarer Entfernung zum jeweiligen Endbenutzer eine unentgeltliche Rückgabemöglichkeit für Beleuchtungskörper anbiete. Darüber hinaus ermögliche die Beklagte die Rückgabe in ihren bundesweiten stationären Media-Markt- und Saturn-Märkten. Damit würden ohne weiteres praktikabel sogar 2 Rückgabemöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden.
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Der Versand von Leuchtstofflampen, in denen Quecksilber enthalten sei, sei auf Grund der Freistellung nach Sondervorschrift (SV) 366, Kapitel 3.3 des ADR in Verbindung mit UN-Nr. 3506 auch im Rahmen der geltenden „Regelungen für die Beförderung von gefährlichen Stoffen und Gegenständen“ zugelassen, so finde sich dieser Ausnahmetatbestand auch wiedergegeben in den „Regelungen für die Beförderung von gefährlichen Stoffen und Gegenständen“ der ... unter Ziffer 2 1., dort Klasse 8: Ätzende Stoffe.
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Die Beklagte ist darüber hinaus der Ansicht, der Unterlassungsantrag sei nicht hinreichend konkretisiert, da es an einem konkreten Verletzungstatbestand fehle. Im Übrigen setze das Vorliegen einer unlauteren geschäftlichen Handlung nach §§ 3, 3a UWG einen Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift voraus.
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So müsste nach der Argumentation der Klägerin die Beklagte gegen eine gesetzliche Vorschrift verstoßen, nach der die von der Beklagten eingeräumte Möglichkeit der Rückgabe per Paketversand im Wege von ...-Retoure verboten sei. Ebenso wenig liege eine gesetzliche Bestimmung vor, die festlegen würde, wie viele stationäre Rückgabemöglichkeiten bundesweit zur Verfügung gestellt werden müssten.
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Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
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Die Parteien haben sich mit der Entscheidung durch den Vorsitzenden anstelle der gesamten Kammer im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig.
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1. Das Landgericht Ingolstadt ist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 UWG örtlich zuständig. Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Ingolstadt folgt aus § 13 Absatz ein Satz 1 UWG. Die Kammer für Handelssachen ist gemäß § 13 Absatz ein Satz 2 UWG in Verbindung mit § 95 Abs. 1 Nummer 5 GVG funktionell zuständig.
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2. Der zuletzt gestellte Antrag stellt gegenüber dem ursprünglichen unter 1. gestellten Antrag eine teilweise Klagerücknahme dar. Wenn sich der Erstantrag auf die Bereitstellung von Rücknahmemöglichkeiten hinsichtlich alter gebrauchter Beleuchtungskörper generell bezogen hat, richtet sich der zuletzt gestellte Antrag auf die Rücknahme alter gebrauchter Beleuchtungskörper, die gefährliche Stoffe enthalten. Die von Klägerseite als Grund für das Bestehen eines Unterlassungsanspruches genannte geschäftliche Handlung ist ein entgegen der gesetzlichen Verpflichtung gemäß § 17 Abs. 1, Abs. 2 Elektro- und Elektronikgerätegesetz vorliegendes Unterlassen der Beklagten, ausreichende Rücknahmemöglichkeiten für den Verbraucher zu schaffen. Zunächst beanstandete die Klägerin das Fehlen einer entsprechenden Rücknahmemöglichkeit bezüglich alter gebrauchter Beleuchtungskörper im allgemeinen, mit dem geänderten Antrag beschränkt die Klägerin das beanstandete Versäumnis der Beklagten auf alte gebrauchte Beleuchtungskörper, die gefährliche Stoffe enthalten.
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Die Beklagte hatte dieser teilweisen Klagerücknahme entgegen dem Erfordernis nach § 269 Abs. 1 ZPO nicht zugestimmt, sodass die Klagerücknahme nicht wirksam wurde.
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Der zuletzt unter 1. gestellte Antrag stellt jedoch darüber hinaus eine Konkretisierung des ursprünglichen Antrages dar, als in diesem Antrag nunmehr das Unterlassen der Beklagten durch Bezeichnung der konkret von der Beklagten geschaffenen, von der Klägerin jedoch als unzureichend angesehenen, Rücknahmemöglichkeiten näher konkretisiert wird. In dem zuletzt unter 1. gestellten Antrag ist damit eine unwirksame Teilklagerücknahme zu sehen, gleichzeitig konkretisiert dieser Antrag jedoch auch den ursprünglich gestellten und noch wirksamen Unterlassungsantrag.
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Der gestellte Unterlassungsantrag genügt dem Bestimmtheitserfordernis. Insbesondere besteht nicht die Gefahr, dass nach einer aufgrund des gestellten Antrages ergehenden Verurteilung der Beklagten der Umfang der Rechtskraftwirkung erst im Vollstreckungsverfahren geklärt werden müsste. Das Rechtsschutzbegehren der Klägerin richtet sich auf die Verurteilung der Beklagten eine geschäftliche Handlung, zu der sie nach der gesetzlichen Vorschrift verpflichtet ist, im Sinne des zur Verfügung Stellens einer Rücknahmemöglichkeit in zumutbarer Entfernung, vorzunehmen. Da die bisherige geschäftliche Handlung, die nach Ansicht der Klagepartei den gesetzlichen Erfordernissen nicht entspricht, als pflichtwidriges Unterlassen zu sehen ist, steht der Formulierung des Antrages zu einer Verurteilung zum Unterlassen eines derzeit noch gegebenen Unterlassens einer gesetzlichen Verpflichtung nichts entgegen.
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Der Unterlassungsantrag ist zum Teil begründet. Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch gegenüber der Beklagten gem. §§ 8 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Nummer 3, 3, 3a UWG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 Satz 2, Satz 1, Abs. 1 Elektro- und Elektronikgerätegesetz in Verbindung mit der Nummer 5 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 Elektro- und Elektronikgerätegesetz im tenorierten Umfang zu.
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1. Die Klagepartei ist eine qualifizierte Einrichtung im Sinne des § 8 Abs. 3 Nummer 3 UWG und damit aktiv legitimiert, um den Unterlassungsanspruch und den Kostenerstattungsanspruch geltend machen zu können.
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2. Die Beklagte verstößt gegen die Verpflichtung zur Schaffung von Rücknahmemöglichkeiten hinsichtlich gebrauchter Beleuchtungskörper gem. § 17 Abs. 1, Abs. 2 Elektro- und Elektronikgerätegesetz, indem sie dem Verbraucher derzeit die Rücknahme nur in 433 stationären Märkten auf dem Bundesgebiet oder durch die Versendung als ...-Paket mit einem vorfrankierten, vom Verbraucher auszudruckenden ...-Retourenlabel anbietet.
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a) Die Beklagte bietet Elektro- und Elektronikgeräte unter Verwendung von Fernkommunikationsmittel dem Verbraucher an und verfügt über eine Lager- und Versandfläche von mindestens 400 m². Damit unterliegt sie der Rücknahmepflicht gemäß § 17 Abs. 2 des Elektronik- und Elektronikgerätegesetzes.
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b) Die Rückgabemöglichkeit in den 433 bundesweiten stationären Media-Markt- und Saturn-Märkten genügt nicht den gesetzlichen Erfordernissen. Durch diese Rückgabemöglichkeit ist nicht hinsichtlich des jeweiligen Endnutzers und damit hinsichtlich jedes denkbaren Endnutzers in der Bundesrepublik Deutschland gewährleistet, dass dieser in zumutbarer Entfernung zu seinem Wohnsitz ein Altgerät zurückgeben kann. Es ist gerichtsbekannt, dass die von der Beklagten bzw. ihrer Muttergesellschaft betriebenen stationären Märkte nicht flächendeckend über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt sind. Vielmehr sind diese Märkte überwiegend in mindestens als Mittelzentren zu qualifizierenden Städten angesiedelt. Damit besteht in weiten Teilen des Bundesgebietes für Verbraucher, die Fahrtstrecken von 50 km und mehr auf sich nehmen müssen, um zu einem der genannten Märkte zu gelangen, keine zumutbare Rückgabemöglichkeit.
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c) Auch die von der Beklagten vorgehaltenen Möglichkeit, Beleuchtungskörper als ... Retouren-Paket an eine Entsorgungsstelle zu versenden, genügt nicht der in § 17 Abs. 1, Abs. 2 Elektro- und Elektronikgerätegesetz verankerten Rücknahmepflicht der Beklagten.
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Die Versendung alter gebrauchter Beleuchtungskörper, die gefährliche Stoffe enthalten, ist nach den dem Versand von Paketen über ... zugrunde liegenden vertraglichen Bedingungen nicht zulässig. Maßgeblich sind dabei die „Regelungen für die Beförderung von gefährlichen Stoffen und Gegenständen“ und darin Teil 2, in welchem Regelungen für den nationalen Versand von Gefahrgut mit ... Paket enthalten sind. Unter 2 „Ausgeschlossene und zulässige Stoffe und Gegenstände“ ist ausdrücklich geregelt, dass Stoffe und Gegenstände von der Beförderung ausgeschlossen sind, bei denen in Sondervorschriften (SV) gemäß 3.3 ADR außer Mengenbegrenzungen je Innenverpackung und Konzentrationen noch weitere Bedingungen einzuhalten sind. Soweit sich die Beklagte darauf stützt, der Versand von Beleuchtungskörpern, die gefährliche Stoffe wie Quecksilber enthalten, sei nach der Sondervorschrift (SV) 366, Kapitel 3.3 ADR in Verbindung mit UN-Nr. 3506 zulässig, kann dahinstehen, ob es sich bei Leuchtmitteln mit beinhalteten Quecksilber um „Quecksilber in hergestellten Gegenständen“ handelt, da jedenfalls selbst bei Heranziehung dieser Sondervorschrift nach ADR 3.2 Tabelle A weitere Bedingungen, die über Mengenbegrenzungen je Innenverpackung und Konzentrationen hinausgehen, einzuhalten sind. So sind die Verpackungsanweisung P003, die Sondervorschrift für die Verpackung PP 90 die Vorgabe für die zusammen Packung MP 15 die Sondervorschriften für die Beförderung CV 13 und CV 28 sowie das Anbringen der Gefahrzettel 8 für „ätzend“ und 6.1 mit dem sogenannten „Totenkopfsymbol“ für „giftig“ einzuhalten. Damit ist bereits nach 2 „Ausgeschlossene unzulässige Stoffe und Gegenstände“ 1. am Ende der „Regelungen für die Beförderung von gefährlichen Stoffen und Gegenständen“ der Versand von Leuchtmitteln, die gefährliche Stoffe nach ADR enthalten, durch ein ... Retouren-Paket ausgeschlossen.
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Die Zulassung der Beförderung per ... Paket ergibt sich auch nicht aus 2. unter 2 „Ausgeschlossene und zulässige Stoffe und Gegenstände“ der „Regelungen für die Beförderung von gefährlichen Stoffen und Gegenständen“ in Verbindung mit den Freistellungen gemäß 1.1.3.10 ADR. Zugelassen in ... Paket-Sendungen sind damit nur solche Stoffe und Gegenstände die unter die Regelung 1.1.3.10 b) und 1.1.3.10 d) ADR fallen. Diese Voraussetzungen sind bei gebrauchten Leuchtmitteln nicht gegeben, die vom Verbraucher zurückgegeben werden. Da unter 2. unter 2 „Ausgeschlossene und zulässige Stoffe und Gegenstände“ die Freistellungen unter 1.1.3.10 a) und c) ADR nicht aufgeführt sind, gilt aufgrund der allgemeinen Verweisung auf die Regelungen des ADR die Zulassung des Versandes der dort genannten Leuchtmittel nicht. Insbesondere können damit Leuchtmittel, die direkt von Privatpersonen und Haushalten gesammelt werden, wenn sie zu einer Sammelstelle oder Recyclingeinrichtung befördert werden, nicht versandt werden.
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Diese im ADR vorgenommene Freistellung, die für den Versand per ... Paket nicht gilt, kann sich jedoch gemäß 1.1.3.10 ADR nur auf die Beförderung von Leuchtmitteln, die gefährliche Güter enthalten, beziehen. Nach Überzeugung des Gerichts ist damit die Beförderung von Leuchtmitteln, die keine gefährlichen Güter enthalten, per ... Retouren-Paket nach den Beförderungsbedingungen zulässig. Dies gilt insbesondere auch für gebrauchte, beschädigte oder defekte Leuchtmittel, da sich die entsprechende Freistellungsvorschrift und 1.1.3.10 c) ebenfalls nur auf Leuchtmittel, die gefährliche Stoffe enthalten, bezieht.
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Damit ist dem Unterlassungsantrag nur im tenorierten Umfang stattzugeben, da die Beklagte zumindest mit der Versandmöglichkeit per ... Retouren-Paket eine ausreichende Rücknahmemöglichkeit für Leuchtmittel gewährt, die keine gefährlichen Stoffe enthalten. Dies gilt jedoch nicht für Leuchtmittel, die, wie beispielsweise Energiesparlampen, gefährliche Stoffe, wie beispielsweise Quecksilber, enthalten, da diese nicht befördert werden dürfen.
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3. Mit dem Verstoß gegen die Rücknahmepflicht nach § 17 Abs. 1 Nummer 2, Abs. 2 Elektro- und Elektronikgerätegesetz verstößt die Beklagte im Verkehr gegen Vorschriften, die auch dazu bestimmt sind, das Marktverhalten im Sinne von § 3a UWG zu regeln. Es liegt insoweit eine geschäftliche Handlung der Beklagten in Form des Unterlassens entgegen einer gesetzlichen Verpflichtung zu einem ausreichenden Handeln vor. Insoweit handelt es sich um ein Verhalten der Beklagten gegenüber Verbrauchern unabhängig vom Abschluss eines Vertrages über eine Ware, da die Rückgabemöglichkeit unabhängig vom Erwerb der Ware im Onlinehandel der Beklagten zu gewähren ist. Dies reicht jedoch für die Annahme einer geschäftlichen Handlung, da ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Förderung des Absatzes von Waren oder mit dem 2 HK O 1582/18 - Seite 11 - Abschluss oder Durchführung eines Vertrages über Waren vorliegt, auch wenn die Handlung der Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht dient.
34
§ 17 Abs. 1 Nummer 1, Abs. 2 Elektro- und Elektronikgerätegesetz stellt auch eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG dar, die dem Schutz des Verbrauchers dient und geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen. Nach der Rechtsprechung des BGH kann ein Verstoß gegen nationale Bestimmungen eine Unlauterkeit nach § 3a UWG nur noch begründen, wenn die betreffenden Regelungen eine Grundlage im Unionsrecht haben. Dies ist hier der Fall. Die Regelungen des § 17 Abs. 1, Abs. 2 Elektro- und Elektronikgerätegesetz dienen der Umsetzung der Richtlinie 2012/19/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 04.07.2012 über Elektro- und Elektronikaltgeräte.
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Da es sich vorliegend um einen Verstoß gegen verbraucherschützenden Normen auf Grundlage einer europäischen Richtlinie handelt ist die Spürbarkeit im Sinne von § 3a UWG gegeben.
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4. Es besteht auch die Gefahr, dass die Beklagte zukünftig ihre Rücknahmeverpflichtungen gemäß § 17 Abs. 1, Abs. 2 Elektro- und Elektronikgerätegesetz nicht erfüllt. Dies ergibt sich bereits aus der vorgerichtlichen Weigerung der Beklagten, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.
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Der Klageantrag zu II. ist vollumfänglich begründet. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Abmahnkosten in Höhe der geltend gemachten 229,34 € gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Die vorgerichtliche Abmahnung des Klägers war berechtigt. Die Höhe der geltend gemachten Abmahnkosten wird von Beklagtenseite nicht bestritten.
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Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 291, 288 Absatz 1 Satz 2, 247 BGB.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92 Abs. 1 ZPO. Das Unterliegen des Klägers im Hinblick auf den Zuge weit gefassten Klageantrag 1. bewertet das Gericht mit 25%.
40
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs aus § 709 Satz 1 ZPO, hinsichtlich des Zahlungsanspruchs und der Verfahrenskosten aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO.