Inhalt

LG München I, Beschluss v. 23.04.2025 – 14 T 4776/25
Titel:

Sofortige Beschwerde, Insolvenzverfahren, Insolvenzgläubiger, Insolvenzantrag, Wirksamwerden des Eröffnungsbeschlusses, Vermögen des Schuldners, Rechtsbeschwerde, Insolvenzgericht, Bevollmächtigter, Rücknahme des Antrags, Kosten des Beschwerdeverfahrens, Beschlüsse des Amtsgerichts, Verfahrenskosten, Elektronisches Dokument, Eröffnungsantrag, Verantwortlichkeit, Beauftragter Rechtsanwalt, Antrag auf Restschuldbefreiung, Übersendung, Beschwerdegericht

Schlagworte:
Insolvenzantrag, Rücknahmebeschränkung, Verfahrenseröffnung, Zahlungsunfähigkeit, Elektronische Antragstellung, Beschwerdeverfahren, Verfahrenskosten
Vorinstanz:
AG München, Beschluss vom 27.02.2025 – 1501 IK 542/25
Fundstelle:
BeckRS 2025, 9950

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 27.02.2025, Az. 1501 IK 542/25, wird zurückgewiesen.
2. Der Schuldner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
1
Der Schuldner wendet sich mit seiner sofortigen Beschwerde vom 17.03.2025 gegen den Beschluss des AG München – Insolvenzgericht vom 27.02.2025 mit welchem das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet wurde.
2
Beim AG München – Insolvenzgericht ging am 14.02.2025 ein eingescannter Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 305 InsO, Stundung der Verfahrenskosten und ein Antrag auf Restschuldbefreiung ein, welcher die Unterschrift des Schuldners und als Datum den 11.02.2025 trägt. Die Übersendung erfolgte durch die von dem Schuldner beauftragten Rechtsanwälte mittels elektronischer Übersendung.
3
Mit Beschluss vom 17.02.2025 wurden das Verfahren über den Eröffnungsantrag eingeleitet und die Verfahrenskosten gestundet.
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Mit Beschluss vom 27.02.2025 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet.
5
Mit Schreiben vom 03.03.2025 und vom 07.03.2025 erklärte der Schuldner die Rücknahme seines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
6
Mit Beschluss vom 07.03.2025 wurde die Rücknahme des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens als unzulässig zurückgewiesen, da eine Rücknahme nach § 13 Abs. 2 InsO nur bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahren möglich sei.
7
Mit Schreiben vom 17.03.2025, eingegangen bereits am 16.03.2025, legte der Schuldner gegen den Eröffnungsbeschluss vom 27.02.2025 sofortige Beschwerde ein.
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Mit Beschluss vom 27.02.2025 half das AG München – Insolvenzgericht der sofortigen Beschwerde nicht ab und legte die Akte dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vor.
II.
9
Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss vom 27.02.2025 ist gem. §§ 4, 6, 34 Abs. 2 InsO i.V.m. 569 ZPO zulässig, jedoch unbegründet.
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1. Die Rücknahme des Insolvenzantrags ist bei Verfahrenseröffnung nur bis zum Wirksamwerden des Eröffnungsbeschlusses zulässig. Wirksam wird der Eröffnungsbeschluss in dem Augenblick, in dem er aufhört, eine innere Angelegenheit des Gerichts zu sein, also wenn der Beschluss vom zuständigen Beamten der Geschäftsstelle zur Mitteilung an den Empfänger in den Ausgang gegeben wird oder der Beschluss dem Schuldner bzw. einem Insolvenzgläubiger bekannt gemacht wird (Uhlenbruck/Wegener, 15. Aufl. 2019, InsO § 13 Rn. 164). Wie bereits im Be3 schluss des AG München – Insolvenzgericht vom 07.03.2025 war eine Rücknahme zum 03.03.2025 bereits nicht mehr zulässig. Mit Beschluss vom 07.03.2025 wurde die Rücknahme des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens folgerichtig als unzulässig zurückgewiesen, da eine Rücknahme nach § 13 Abs. 2 InsO nur bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahren möglich sei.
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2. Ist eine Rücknahme des Insolvenzantrags nicht mehr zulässig, bleibt dem Antragsteller nur noch der Weg der sofortigen Beschwerde über § 34 InsO, um die Wirkungen der Verfahrenseröffnung rückgängig zu machen (Uhlenbruck/Wegener, 15. Aufl. 2019, InsO § 13 Rn. 164).
12
Die sofortige Beschwerde vom 17.03.2025 ist jedoch unbegründet, da der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens formgerecht an das AG München – Insolvenzgericht eingereicht wurde und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss vom 27.02.2025 somit wirksam erfolgte, mithin die Voraussetzungen zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorlagen.
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Mit dem neuen § 130a Abs. 3 S. 3 ZPO hat der Gesetzgeber die Möglichkeit eingeräumt, dass ein schriftlich einzureichender Antrag der Partei oder eines Dritten, der als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht werden soll, mit der Unterschrift in das elektronische Dokument übertragen und durch den Rechtsanwalt übermittelt werden kann (Anders/Gehle/Anders, 83. Aufl. 2025, ZPO § 130d; vgl. zum bisherigen Streitstand vor Einführung der Norm, Anders/Gehle/Anders, 83. Aufl. 2025, ZPO § 130a Rn. 23). Mit der Übermittlung dieser eingescannten Erklärung oder des Antrags als Datei durch den Bevollmächtigen kann die vorgeschriebene prozessuale Form gewahrt werden. Der Einreicher muss hierbei die schriftliche Erklärung bzw. den Antrag auch nicht eigenständig in die elektronische Form überführt haben (MüKoZPO/Fritsche, 7. Aufl. 2025, ZPO § 130a Rn. 8a). Es reicht somit – wie hier – aus, wenn der Schuldner den Antrag im Original unterschreibt, dieses Original einscannt, an den Bevollmächtigten übersendet und dieser es in elektronischer Form an das Gericht über das beA weiterleitet.
14
3. Auf eine durch den Bevollmächtigten erfolgte Veränderung kommt es hinsichtlich einer wirksamen Antragstellung gleichfalls nicht an. Der Schuldner ist für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben im Insolvenzantrag und in den Anlagen selbst verantwortlich, was er an mehreren Stellen der amtlichen Vordrucke mit seiner eigenen Unterschrift bestätigen und hinsichtlich der Angaben zu Abs. 1 Nr. 3 sogar versichern muss. Dies gilt gleichermaßen, wenn ein Bevollmächtigter den Antrag und die Anlagen ausgefüllt oder vorgefertigt hat (BeckOK InsR/Savini, 38. Ed. 1.2.2025, InsO § 305 Rn. 9).
15
Nach alledem ist die sofortige Beschwerde unbegründet und mithin zurückzuweisen.
III.
16
Die Kostenfolge beruht auf § 97 ZPO i.V.m. § 4 InsO.
17
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen.