Inhalt

BayObLG, Beschluss v. 15.05.2025 – 101 AR 51/25 e
Titel:

Bayerisches Oberstes Landesgericht, Antragsgegner, Arglistige Täuschung, Unerlaubte Handlung, Klageantrag, Grundstückskaufverträge, Gerichtsstandsbestimmung, Allgemeiner Gerichtsstand, Auflassungsvormerkung, Rückübertragungsanspruch, Erfüllungsort, Gesamtschuldner, Landgerichte, Örtliche Zuständigkeit, Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung, Dinglicher Gerichtsstand, Ausschließlicher Gerichtsstand, Gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand, Deliktischer Gerichtsstand, Gerichtsstand der unerlaubten Handlung

Schlagworte:
Arglistige Täuschung, Grundstückskaufvertrag, Rückabwicklung, Gerichtsstandsbestimmung, Streitgenossenschaft, Prozesswirtschaftlichkeit, Deliktischer Gerichtsstand
Vorinstanz:
LG Passau vom -- – 3 O 928/24
Fundstelle:
BeckRS 2025, 9946

Tenor

Als örtlich zuständiges Gericht wird das Landgericht Passau bestimmt.

Gründe

I.
1
Mit seiner zum Landgericht Passau erhobenen Klage beantragt der Antragsteller nach Anfechtung eines mit den Antragsgegnern abgeschlossenen Grundstückskaufvertrags wegen arglistiger Täuschung zuletzt (vgl. Schriftsatz vom 7. März 2025 im Verfahren 3 O 928/24 des Landgerichts Passau), die Antragsgegner zu verurteilen, den Grundstückskaufvertrag rückabzuwickeln und sämtliche hierfür erforderlichen Erklärungen abzugeben (Klageantrag Ziffer 1). Zudem begehrt der Antragsteller die Feststellung, dass der Kaufvertrag nichtig und der Kaufpreis nicht zur Zahlung fällig sei (Klageanträge Ziffern 2 und 3). Außerdem sollen die Antragsgegner verurteilt werden, als Gesamtschuldner an den Antragsteller 2.994,89 € (Notarkosten und Kosten für einen Antrag auf Grundbuchberichtigung) sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 3.865,00 € zu bezahlen (Klageanträge Ziffern 4 und 5). Schließlich soll festgestellt werden, dass die Antragsgegner als Gesamtschuldner verpflichtet seien, dem Antragsteller alle zukünftigen über die genannten Positionen hinausgehenden Schäden zu ersetzen, die ihm aufgrund des durch die arglistige Täuschung zustande gekommenen Kaufvertrags und dessen Rückabwicklung entstünden (Klageantrag Ziffer 6).
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Die Antragsgegner zu 1) bis 3) haben ihren allgemeinen Gerichtsstand im Bezirk des Landgerichts Passau, die Antragsgegnerin zu 4) ist in Berlin wohnhaft.
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Zur Begründung bringt der Antragsteller in der Klageschrift vor, er habe am 8. Mai 2024 mit den Antragsgegnern einen notariellen Kaufvertrag über das im Landgerichtsbezirk Passau belegene Grundstück unter Ausschluss der Haftung für Sach- und Rechtsmängel geschlossen. Die Antragsgegner hätten versichert, dass ihnen versteckte Sachmängel nicht bekannt seien. Im Nachgang zu dem Vertragsschluss habe sich herausgestellt, dass die Antragsgegner falsche Angaben bzw. falsche Zusicherungen bezogen auf den Zustand des Objekts gemacht und wesentliche Eigenschaften und/oder Mängel verschwiegen hätten. Die Immobilie stelle schlichtweg ein Abrissobjekt dar, welches im aktuellen Zustand keine ordnungsgemäße Wohnnutzung zulasse. Es bestehe kein Zweifel, dass der Verkäuferseite die Mängel, die nicht sichtbar seien, hätten bekannt sein müssen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 9. August 2024 habe er die Anfechtung des notariellen Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB erklärt. Der Kaufpreis sei noch nicht entrichtet worden. Eintragungen im Grundbuch seien bisher nicht erfolgt. Das Landgericht Passau sei örtlich ausschließlich zuständig, da sich in dessen Bezirk die Liegenschaft befinde, §§ 24, 29a ZPO.
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Erfüllungsort für einen Rückübertragungsanspruch sei im Regelfall der Ort der Belegenheit des Grundstücks (vgl. BayObLG, Beschluss vom 5. März 2024 – 101 AR 246/23 e). Mit Schriftsatz vom 29. Januar 2025 ergänzte der Antragsteller sein Vorbringen dahin, dass im Grundbuch mittlerweile eine Auflassungsvormerkung „für den Beklagten“ (gemeint: für den Kläger) und eine Grundschuld für eine Sparkasse eingetragen worden seien.
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Die Antragsgegner rügten die Unzuständigkeit des Landgerichts Passau. Die Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags und die Geltendmachung von Zahlungsansprüchen seien weder vom dinglichen Gerichtsstand noch vom Gerichtsstand bei Miet- oder Pachträumen umfasst. Auch komme es vorliegend nicht darauf an, dass der Erfüllungsort für einen Rückübertragungsanspruch im Regelfall am Ort der Belegenheit des Grundstücks liege, denn das Eigentum sei noch nicht auf den Antragsteller übergegangen, sodass eine Rückübertragung des Eigentums noch kein Thema sei.
6
Mit Verfügung vom 17. Februar 2025 wies das Landgericht darauf hin, dass es vorläufig von seiner Unzuständigkeit ausgehe. § 24 und § 29a ZPO seien nicht einschlägig. Zwar sei Erfüllungsort für den Rückauflassungsanspruch im Regelfall der Ort der Belegenheit des Grundstücks. Vorliegend seien jedoch lediglich eine Auflassungsvormerkung „für den Beklagten“ (gemeint: für den Kläger) sowie eine Grundschuld für eine Sparkasse im Grundbuch eingetragen; eine Auflassung und damit eine Umschreibung des Eigentums seien nicht vollzogen. Die örtliche Zuständigkeit richte sich somit nach §§ 12, 13 ZPO. Da die Antragsgegnerin zu 4) ihren Wohnsitz in Berlin habe, sei das Landgericht Passau nicht zuständig. Die Parteien erhielten Gelegenheit zur Stellung eines Antrags nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.
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Mit an das Landgericht gerichtetem Schriftsatz vom 7. März 2025 trat der Antragsteller der Auffassung des Landgerichts entgegen und stellte hilfsweise für den Fall, dass das Gericht eine örtliche Zuständigkeit nicht für gegeben erachte, einen Antrag nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO „an das Oberlandesgericht München“; eine konkrete Antragstellung bleibe einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten. Mit Schriftsatz vom 4. April 2025 brachte der Antragsteller vor, es werde davon ausgegangen, dass schon aufgrund des zwingenden Erfordernisses einer einheitlichen Entscheidung in der Sache eine örtliche Zuständigkeit festzustellen sein werde und bat um einen neuerlichen gerichtlichen Hinweis.
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Am 7. April 2025 teilte das Landgericht mit, dass es auch nach nochmaliger Durchsicht der Akten von seiner Unzuständigkeit bezüglich des Antragsgegners zu 4) ausgehe.
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Zwar gelte § 29 ZPO auch bei Klagen auf Rückgewähr des Geleisteten nach Bereicherungsrecht im Fall der Leistungskondiktion. Vorliegend seien jedoch keine Leistungen ausgetauscht worden, welche rückabgewickelt werden könnten. Die Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags sowie etwaige darüberhinausgehende Zahlungsansprüche seien nicht untrennbar mit dem Belegenheitsort der Immobilie verbunden, so dass § 29 ZPO nicht anwendbar sei.
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Mit Schriftsatz vom 11. April 2025 hat der Antragsteller beim Oberlandesgericht München einen Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts gestellt. Das Oberlandesgericht hat das Verfahren zuständigkeitshalber an das Bayerische Oberste Landesgericht abgegeben.
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Im Antrag gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bringt der Antragsteller vor, die Zuständigkeit des Landgerichts Passau ergebe sich aus § 29 ZPO. Es werde angeregt, dieses Gericht als örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen.
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Die Antragsgegner sind im Bestimmungsverfahren angehört worden. Sie bringen vor, der Antragsteller habe sich letztlich eine „Vereinfachung der Angelegenheit“ erschlichen, da er sein Gesuch auf Bestimmung des zuständigen Gerichts erst nach Klageeinreichung gestellt habe. Wäre das Landgericht Passau nicht bereits mit der Sache betraut gewesen, hätte auch das für die Antragsgegnerin zu 4) zuständige Oberlandesgericht in die Entscheidung involviert werden müssen. Im Übrigen trage der Antragsteller zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht ausreichend vor. Insbesondere führe er im Rahmen seines Gesuchs nicht aus, ob Streitgenossenschaft im Sinne der §§ 59, 60 ZPO vorliege.
II.
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Auf den zulässigen Antrag bestimmt der Senat das Landgericht Passau als das für den Rechtsstreit örtlich zuständige Gericht.
14
1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist für die Entscheidung über den Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung zuständig (§ 36 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 9 EGZPO), weil die Antragsgegner ihren jeweiligen allgemeinen Gerichtsstand (§§ 12, 13 ZPO) in verschiedenen Oberlandesgerichtsbezirken (München und Berlin) haben, sodass das für sie gemeinschaftliche im Rechtszug zunächst höhere Gericht der Bundesgerichtshof ist. An dessen Stelle entscheidet das Bayerische Oberste Landesgericht, weil ein bayerisches Gericht zuerst mit der Sache befasst worden ist.
15
Die Antragsgegner gehen fehl, soweit sie insinuieren, der Antragsteller habe bewusst die Zuständigkeit des für die Antragsgegnerin zu 4) zuständigen Kammergerichts umgangen, indem er seinen Antrag gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO erst nach Klageeinreichung beim Landgericht Passau gestellt habe. Die Bestimmung des Gerichtsstands nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kommt über den Wortlaut der Vorschrift („verklagt werden sollen“) hinaus auch noch in Betracht, wenn gegen alle Beklagten bereits eine Klage vor demselben Gericht erhoben worden ist (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2020, X ARZ 156/20, NJW-RR 2020, 1070 Rn. 10; BayObLG, Beschluss vom 12. September 2022, 101 AR 105/22, juris Rn. 17; jeweils m. w. N.). Ist noch kein Rechtsstreit anhängig und gibt es somit kein „mit der Sache befasstes Gericht“, ist für das Bestimmungsverfahren in entsprechender Anwendung des § 36 Abs. 2 ZPO das Oberlandesgericht zuständig, das als erstes mit dem Antrag befasst wird (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2008, X ARZ 105/08, NJW 2008, 3789 Rn. 10; Toussaint in BeckOK ZPO, Stand: 1. März 2025, § 36 Rn. 48). Geht es – wie hier – um ein Bestimmungsverfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, kann das für das Bestimmungsverfahren zuständige Gericht jedenfalls eines derjenigen Oberlandesgerichte bzw. das Bayerische Oberste Landesgericht sein, in dessen Bezirk einer der Antragsgegner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (vgl. BGH NJW 2008, 3789 Rn. 11); unter den als zuständig in Betracht kommenden Oberlandesgerichten bzw. dem Bayerischen Obersten Landesgericht hat der Antragsteller die Wahl. Vorliegend hätte der Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung somit zulässigerweise auch vor Klageeinreichung beim Bayerischen Obersten Landesgericht gestellt werden können. Von einer „Erschleichung“ der Zuständigkeit des Bayerischen Obersten Landesgerichts oder „Umgehung“ einer Zuständigkeit des Kammergerichts aufgrund einer bewussten Vorbefassung des Landgerichts Passau kann nicht die Rede sein. Soweit die Antragsgegner auf die Kommentierung in „Zöller, ZPO, § 36 Rn. 17“ zu § 36 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (vgl. Schultzky in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2025) Bezug nehmen, ist dies nicht nachvollziehbar.
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2. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen vor.
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a) Der Stand des Verfahrens beim Landgericht Passau steht einer Zuständigkeitsbestimmung nicht entgegen. Der Rechtsstreit ist bei dem Landgericht Passau noch nicht so weit fortgeschritten, dass dem bestimmenden Gericht eine echte Auswahl unter den grundsätzlich bestimmbaren Gerichten aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit nicht mehr möglich wäre (vgl. BGH, Beschl. v. 27. Oktober 1983, I ARZ 334/83, BGHZ 88, 331 [juris Rn. 7]; BayObLG, Beschl. v. 20. Februar 2025, 101 AR 156/24 e, juris Rn. 10 ff.; Beschluss vom 23. Juli 2020, 1 AR 56/20, NJW-RR 2020, 1134 Rn. 20; Beschluss vom 4. Mai 2020, 1 AR 26/20, juris Rn. 20). Dem steht nicht entgegen, dass das Landgericht Passau Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 10. Juni 2025 anberaumt und das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet hat.
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b) Die Antragsgegner sind nach dem im Bestimmungsverfahren maßgeblichen (vgl. Schultzky in Zöller, ZPO, § 36 Rn. 28) Vortrag des Antragstellers hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche Streitgenossen im Sinne der §§ 59, 60 ZPO. Dies ergibt sich entgegen der Auffassung der Antragsgegner bereits aus dem Bestimmungsantrag selbst, dem die Klageschrift nebst Anlagen, die klägerischen Schriftsätze vom 7. März und 4. April 2025 sowie die Verfügung des Landgerichts vom 7. April 2025 beigefügt waren. Der Antragsteller hat schlüssig vorgetragen, dass die gegen die Antragsgegner gerichteten Ansprüche in einem inneren Zusammenhang stehen. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt des Vorbringens des Antragstellers ist der von den Antragsgegnern mit dem Antragsteller geschlossene Grundstückskaufvertrag, bei dessen Abschluss der Antragsteller arglistig getäuscht worden sein soll.
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c) Nach dem im Bestimmungsverfahren maßgeblichen Vortrag des Antragstellers ist für die Klageanträge der gemeinschaftliche besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gemäß § 32 ZPO am Ort des notariellen Kaufvertragsabschlusses im Landgerichtsbezirk Passau gegeben.
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aa) Ausschließliche Gerichtsstände bestehen zwar nicht. § 24 und § 29a ZPO greifen ersichtlich nicht ein (zu § 24 ZPO vgl. BayObLG, Beschluss vom 5. März 2024, 101 AR 246/23 e, juris Rn. 25).
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bb) Beim Landgericht Passau ist für die Klage aber jedenfalls ein besonderer deliktischer Gerichtsstand gegeben. Es kann daher dahinstehen, ob an diesem Gericht für die den Klageanträgen zugrunde liegenden Ansprüche auch ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand des Erfüllungsorts gemäß § 29 ZPO wegen der Belegenheit des Grundstücks in Passau eröffnet ist (vgl. BayObLG, Beschluss vom 5. März 2024, 101 AR 246/23 e, juris Rn. 35 zu einem bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Rückauflassung).
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(1) § 32 ZPO erfasst auf Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gestützte Ansprüche, wenn die Anfechtung aufgrund einer unerlaubten Handlung erklärt worden ist (vgl. BayObLG, Beschluss vom 31. Juli 2023, 102 AR 128/23 e, juris Rn. 27; Beschluss vom 12. Juni 2003, 1Z AR 26/03, MDR 2003, 1311 [juris Rn. 5]; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Oktober 2017, 5 Sa 44/17, juris Rn. 19; Jungmann in Münchener Kommentar zur ZPO, 7. Aufl. 2025, § 32 Rn. 38; Heinrich in Musielak/Voit, ZPO, 22. Aufl. 2025, § 32 Rn. 9; Wern in Prütting/Gehrlein, ZPO, 16. Aufl. 2024, § 32 Rn. 5; Schultzky in Zöller, ZPO, § 32 Rn. 15, 18). Gleichgültig ist, welches prozessuale Begehren aus der unerlaubten Handlung hergeleitet wird. Ansprüche auf Rückabwicklung eines wegen Anfechtung aufgrund arglistiger Täuschung nichtigen Vertrags können ebenso im Gerichtsstand der unerlaubten Handlung verfolgt werden wie ein Feststellungsantrag, der die Nichtigkeit des Vertrags nach Anfechtung wegen arglistiger Täuschung zum Gegenstand hat (vgl. BayObLG, Beschluss vom 31. Juli 2023, 102 AR 128/23 e, juris Rn. 27; OLG Düsseldorf a. a. O.).
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Zwar stützt der Antragsteller seine Ansprüche nicht ausdrücklich auch auf § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB oder § 826 BGB. Zur Begründung des besonderen Gerichtsstands des § 32 ZPO ist es aber ausreichend, dass der Kläger schlüssig Tatsachen behauptet, die – ihre Richtigkeit unterstellt – bei zutreffender rechtlicher Würdigung die Tatbestandsmerkmale einer Deliktsnorm erfüllen. Dies ist hier der Fall. Nach dem Vorbringen des Antragstellers ist er durch falsche Angaben bzw. falsche Zusicherungen der Antragsgegner bezogen auf den Zustand des Objekts und aufgrund des Verschweigens wesentlicher Eigenschaften und/oder Mängel arglistig getäuscht und veranlasst worden, den für ihn nachteiligen Kaufvertrag abzuschließen; Handlungen und Erklärungen des Antragsgegners zu 1) sowie dessen Unterlassen einer Aufklärung und Offenbarung gravierender Mängel und Schäden an dem Objekt seien den übrigen Antragsgegnern „zuzurechnen“, welche überdies in der notariellen Kaufvertragsurkunde jeweils ausdrücklich versichert hätten, dass ihnen versteckte Sachmängel nicht bekannt seien. Arglistige Täuschung stellt zugleich einen vorsätzlichen Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne von § 826 BGB dar und verpflichtet daher die täuschende Vertragspartei zum Schadensersatz in demselben Umfang (vgl. BGH, Urt. v. 21. Juni 1974, V ZR 15/73, NJW 1974, 1505 [juris Rn. 10] m. w. N.). Dass der Antragsteller schlüssig Tatsachen behauptet, die den Tatbestand einer Deliktsnorm erfüllen, folgt im Übrigen aus dem Klageantrag Ziffer 6, mit dem die Verpflichtung der Antragsgegner festgestellt werden soll, als Gesamtschuldner dem Antragsteller solche „weiteren“ (zukünftigen) „Schäden“ zu ersetzen, die über die „oben genannten Positionen hinausgehende Schäden“ betreffen; bei letzteren handelt es sich jedenfalls um die vom Antragsteller in der Klageschrift ebenfalls als „Schäden“ bezeichneten Positionen gemäß den Klageanträgen Ziffern 4 und 5.
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(2) Der Ort, an dem im Sinne des § 32 ZPO eine unerlaubte Handlung begangen ist (Begehungsort), ist sowohl dort, wo eine der Verletzungshandlungen begangen wurde (Handlungsort), als auch dort, wo in das geschützte Rechtsgut eingegriffen wurde (Erfolgsort), sowie, wenn – wie vorliegend bei der Anspruchsgrundlage des § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB – der Schadenseintritt selbst zum Tatbestandsmerkmal der Rechtsverletzung gehört, der Ort des Schadenseintritts als weiterer Erfolgsort (vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2018, X ARZ 321/18, NJW-RR 2019, 238 Rn. 18; Beschluss vom 10. Februar 2021, 101 AR 161/20, juris Rn. 25 m. w. N.). Bei mehreren Begehungsorten hat der Kläger grundsätzlich gemäß § 35 ZPO die Möglichkeit der Wahl zwischen den einzelnen Gerichtsständen (Schultzky in Zöller, ZPO, § 32 Rn. 21). Im Streitfall liegt der Begehungsort jedenfalls auch in Passau, denn der notarielle Kaufvertrag ist dort geschlossen worden.
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(3) Das nach § 32 ZPO örtlich zuständige Gericht hat den Rechtsstreit im Übrigen unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten zu entscheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2002, X ARZ 208/02, BGHZ 153, 173 [juris Rn. 8]).
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d) Trotz des gemeinschaftlichen Gerichtsstands gemäß § 32 ZPO hat das angerufene Gericht Zweifel an seiner Zuständigkeit geäußert. Der Umstand, dass für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand begründet ist, steht in einem solchen Fall einer Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht entgegen. Zur Vermeidung einer auf Zuständigkeitszweifeln beruhenden Verfahrensverzögerung, die mit einer Klärung der Zuständigkeitsfrage durch klageabweisendes Prozessurteil und Rechtsmittel verbunden wäre, genügt es vielmehr, dass das angerufene Landgericht seine örtliche Zuständigkeit für die Klage gegen die Antragsgegnerin zu 4) verneinen möchte (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juni 2018, X ARZ 303/18, NJW 2018, 2200 Rn. 15 m. w. N.; Schultzky in Zöller, ZPO, § 36 Rn. 23).
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3. Der Senat bestimmt das Landgericht Passau als das für den Rechtsstreit örtlich zuständige Gericht.
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Die Auswahl erfolgt nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit (Sachdienlichkeit) und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Prozesswirtschaftlichkeit, wobei das bestimmende Gericht ein Auswahlermessen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. November 2008, 1 BvR 2788/08, NJW 2009, 907 [juris Rn. 12] m. w. N.; BayObLG, Beschluss vom 3. August 2023, 102 AR 132/23 e, juris Rn. 23; Beschluss vom 12. September 2022, 101 AR 105/22, juris Rn. 39; Schultzky in Zöller, ZPO, § 36 Rn. 29 m. w. N).
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Ausgehend von diesen Grundsätzen wählt der Senat das Landgericht Passau, in dessen Bezirk die Antragsgegner zu 1), zu 2) und zu 3) ihren allgemeinen Gerichtsstand haben und das streitgegenständliche Grundstück belegen ist. Die Bestimmung des Gerichts an diesem Ort führt zu einer Verfahrenserleichterung. Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsgegnerin zu 4) eine Rechtsverteidigung an diesem Gericht nicht zumutbar wäre.