Titel:
Gebührenprivilegierung, Zuschlag Zwangsversteigerung, Auseinandersetzung Erbengemeinschaft, Gesamthandsgemeinschaft, Grundbuchumschreibung
Normenketten:
GNotKG § 70 Abs. 2
KV-GNotKG (= Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 GNotKG) Nr. 14110
Leitsatz:
Der Zuschlag bei einer Zwangsversteigerung führt nicht zu einem Eigentumsübergang vom bisherigen Eigentümer, etwa einer Gesamthandsgemeinschaft, auf den Höchstbietenden, sondern begründet einen originären Eigentumserwerb, weshalb es bei einem Grundstückserwerb für das höchstbietende Mitglied einer solchen Gemeinschaft keine Gebührenprivilegierung nach § 70 Abs. 2 GNotKG gibt.
Schlagworte:
Gebührenprivilegierung, Zuschlag Zwangsversteigerung, Auseinandersetzung Erbengemeinschaft, Gesamthandsgemeinschaft, Grundbuchumschreibung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 9454
Tenor
1. Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bad Neustadt a. d. Saale vom 26.02.2025, Az. …, wird zurückgewiesen.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei, Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
1
Der Beschwerdeführer erwarb im Zwangsversteigerungsverfahren zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft durch Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Schweinfurt vom 20.07.2022 das verfahrensgegenständliche Grundstück, vormals eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Bad Neustadt a. d. Saale für die Gemarkung … in Blatt …, nunmehr in Blatt …, zu Alleineigentum.
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Neben dem Antragsteller im vorgenannten Verfahren war der beschwerdeführende Ersteher bereits seit dem 28.09.2018 im Grundbuch als Mitglied der Erbengemeinschaft als Grundstückseigentümerin eingetragen gewesen.
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Gegen den Kostenansatz des Erstgerichts vom 30.12.2024, dem ein aus dem Verkehrswert abgeleiteter Geschäftswert in Höhe von 226.000,00 € zu Grunde liegt, wandte sich der Beschwerdeführer zunächst mit der Erinnerung zwecks Herabsetzung des „Wertes der Eigentumsumschreibung“ auf lediglich 113.000,00 €, weil er sich als bereits vor dem zur Umschreibung führenden Zuschlag als hälftiger Miteigentümer des Grundstücks sieht.
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Mit Beschluss vom 26.02.2025 wurde die Erinnerung zurückgewiesen.
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Der hiergegen erhobenen Beschwerde half das Erstgericht mit Beschluss vom 15.04.2025 nicht ab. Eine vom Beschwerdeführer angeführte Gebührenermäßigung nach Maßgabe der Privilegierung gem. Nr. 14110 KV-GNotKG komme nicht in Betracht.
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Die statthafte (§ 83 Abs. 1 Satz 1 GNotKG) und fristgerecht (§ 83 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 79 Abs. 2 Satz 2 GNotKG) eingelegte Beschwerde ist unbegründet.
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1. Rechtsfehlerfrei hat das Erstgericht eine Gebührenprivilegierung nach Maßgabe von Nr. 14110 KV-GNotKG verneint.
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Die abschließend aufgezählten Ermäßigungs- und Befreiungstatbestände, dies verkennt der Beschwerdeführer schon im rechtlichen Ansatz, sind weder unmittelbar einschlägig noch analogiefähig. Die vormalige, durch den Zuschlagsbeschluss erst auseinandergesetzte, Erbengemeinschaft war bereits seit 2018 im Grundbuch als Gesamthandseigentümerin des verfahrensgegenständlichen Grundstücks eingetragen. Damit war die Gebührenprivilegierung der Nr. 14110 Abs. 1 Satz 1 KV-GNotKG „verbraucht“.
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Unerheblich ist, ob die Eintragung des Beschwerdeführers als Alleineigentümer nunmehr im Zuge einer zuschlagsbedingten Auseinandersetzung der vormaligen Erbengemeinschaft erfolgt ist, da die Gebührenprivilegierung unbeschadet der Frage, ob die Eigentumseintragung ihrerseits im Zuge dieser Auseinandersetzung überhaupt noch aufgrund der Erbschaft erfolgt ist, nicht mehr in Betracht kam (vgl. Drempetic, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Auflage 2021, KV GNotKG Nr. 14110-14112 Rn. 19).
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Schließlich ist die Zwei-Jahres-Frist nach Nr. 14110 Abs. 1 Satz 1 KV-GNotKG, die auch für die Eintragung nach durchgeführter Erbauseinandersetzung i. S. d. Nr. 14110 Abs. 1 Satz 2 KV-GNotKG beachtlich ist (vgl. BT-Drs. 17/11471 <neu>, S. 206; vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 16.01.2025 – 10 Wx 2/25 e –, juris, Rn. 12), aufgrund des jedenfalls vor dem 05.06.2018 eingetretenen Erbfalls ihrerseits im Zeitpunkt des erst am 20.07.2022 erteilten Zuschlags zu Gunsten des Beschwerdeführers längst verstrichen gewesen.
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2. Die Beschwerde bleibt sodann auch deshalb ohne Erfolg, weil dem Beschwerdeführer die Gebührenprivilegierung des § 70 Abs. 2 Satz 1 GNotKG nicht zu Gute kommt.
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Zwar hat der Beschwerdeführer als vormaliger Mitberechtigter einer Gesamthandsgemeinschaft, hier der Erbengemeinschaft, das alleinige Eigentum an deren Grundstück erworben. Dies allerdings nicht durch rechtsgeschäftliche Übertragung, sondern durch rechtsbegründenden Hoheitsakt, durch Richterspruch (§ 90 Abs. 1 ZVG; vgl. BGH, Urt. v. 15.05.1986 – IX ZR 2/85 –, juris, Rn. 16, m. w. N.). Der Ersteher erwirbt auch nicht derivates vom Schuldner abgeleitetes Eigentum am Zwangsversteigerungsobjekt, sondern ein originäres Eigentumsrecht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.10.2024 – 2 BvR 536/24 –, juris, Rn. 50, m. w. N.), weshalb der Ersteher auch gerade nicht Rechtsnachfolger des ursprünglichen Eigentümers wird (vgl. BGH, Beschluss vom 14.06.2012 – VII ZB 48/10 –, juris, Rn. 10, m. w. N.).
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Dementsprechend kann in Gegenüberstellung zur Regelungsabsicht des Gesetzgebers und der Privilegierung eines Eigentumsübergangs von der Gesamthand auf einen Gesamthänder (vgl. hierzu BT-Drs. 17/11471 <neu>, S. 175; häufig zitiert als BT-Drs. 17/11471, S. 268, etwa bei OLG Nürnberg, Beschluss vom 22.07.2020 – 15 W 2174/20 –, jurs, Rn. 10; Klüsener, in: Korintenberg, Gerichts- und Notarkostengesetz: GNotKG, 22. Aufl. 2022, § 70 GNotKG Rn. 13a; Uhl, in: BeckOK Kostenrecht, Dörndorfer/Wendtland/Diehn/Uhl, 48. Edition, § 70 GNotKG Rn. 6 <Stand: 01.02.2025>) keine Gebührenprivilegierung in Betracht kommen.
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Dies stellt sich nicht anders als zur Vorgängernorm des § 61 Abs. 2 KostO dar (vgl. BayObLG, Bes. v. 08.06.1989 – BReg 3 Z 28/89 –, juris, Rn. 14), von der der Gesetzgeber bei der Novellierung des Kostenrechts durch Einführung des GNotKG und insbesondere des § 70 GNotKG nicht abweichen wollte (vgl. BT-Drs. 17/11471 <neu>, S. 175; OLG Nürnberg, Bes. v. 22.07.2020 – 15 W 2174/20 –, juris, Rn. 10; Gutfried, in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 4. Aufl. 2021, § 70 GNotKG Rn. 7; Klüsener, in: Korintenberg, Gerichts- und Notarkostengesetz: GNotKG, 22. Aufl. 2022, § 70 GNotKG Rn. 13a; Uhl, in: in: BeckOK Kostenrecht, Dörndorfer/Wendtland/Diehn/Uhl, 48. Edition, § 70 GNotKG Rn. 6 <Stand: 01.02.2025>; wohl auch Volpert/Teubel, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl. 2021, § 70 GNotKG Rn. 4: „innerhalb der bestehenden Gesamthandsgemeinschaft“).
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Soweit der Gesetzgeber die Beseitigung „willkürlicher Ergebnisse, wie sie bisher durch die Vorschrift des § 61 Absatz 2 Satz 2 KostO entstanden sind“ (BT-Drs. 17/11471, S. 175) erreichen wollte, bezieht sich dies weder auf den Anlass der Grundbuchumschreibung als solche noch kann dies darüber hinweg verhelfen, dass im Übrigen stets ein rechtsgeschäftlicher Übergang eines Grundstücks oder eines Rechts von der Gesamthand auf einen oder mehrere Gesamthänder vorgesehen ist (vgl. BT-Drs. 17/11471, S. 175).
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Die anderslautende Ansicht (vgl. OLG Karlsruhe, Bes. v. 01.02.2016 – 11 Wx 92/15 –, juris, Rn. 8), die ihrerseits zu schwer auflösbaren Wertungswidersprüche führen würde (vgl. OLG Karlsruhe, Bes. v. 01.02.2016 – 11 Wx 92/15 –, juris, Rn. 10), vermag weder in der Gesetzessystematik noch der Gesetzesbegründung eine hinreichende Stütze finden und lässt sich auch nicht mit der Besonderheit des originären Eigentumserwerbs durch Hoheitsakt, bei dem gerade kein Eigentumsübergang stattfindet, in Einklang bringen (vgl. Wilsch, ZfIR 2016, 245 <247 f.>).
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Das Verfahren ist gebührenfrei; Auslagen werden nicht erstattet (§ 83 Abs. 3 GNotKG)