Inhalt

VG München, Beschluss v. 28.04.2025 – M 30 E 25.278
Titel:

Bayerisches Lobbyregistergesetz, Feststellungsbegehren, Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

Normenketten:
VwGO § 123
BayLobbyRG Art. 3
BayLobbyRG Art. 5
Schlagworte:
Bayerisches Lobbyregistergesetz, Feststellungsbegehren, Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
Fundstellen:
BeckRS 2025, 9434
npoR 2026, 31

Tenor

I. Dem Antragsgegner wird untersagt, bis zur Bestandskraft der Entscheidung über den Befreiungsantrag vom 18. Juni 2024 die Namen, Vornamen und Anschriften von Spendern zu veröffentlichen soweit es sich um natürliche Personen nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 BayLobbyRG handelt. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller zu 4/5, der Antragsgegner zu 1/5.
III. Der Streitwert wird auf 12.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz hinsichtlich der Angabe von Namen, Vornamen und Anschriften von natürlichen Personen in Zusammenhang mit dem Bayerischen Lobbyregistergesetz (BayLobbyRG).
2
Der Antragsteller ist eine zivilgesellschaftliche Organisation, die gemeinnützig im Sinne von § 52 Abs. 2 Nr. 8 der Abgabenordnung (AO) zur Förderung des Natur- und Umweltschutzes tätig ist. Ihre Gemeinnützigkeit ist in ihrer Satzung, dort in § 3, festgeschrieben. Der Antragsteller ist zugleich eine anerkannte, in Bayern landesweit tätige Naturschutzvereinigung mit dem Recht zur Einlegung von Rechtsbehelfen im Sinne von § 3 Abs. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) i. V. m. § 63 Abs. 2 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG). Zudem ist der Antragsteller seit dem 11. Februar 2022 im Bayerischen Lobbyregister registriert.
3
Im Jahr 2023 erklärte der Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner, die Angabe der Daten nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 BayLobbyRG aufgrund seines schutzwürdigen überwiegenden Interesses zu verweigern, soweit Name, Vorname und Anschrift natürlicher Personen betroffen sind. Zwar übermittelte der Antragsteller sämtliche Daten, setzte aber einen „Haken“ in dem Formularfeld, dass die Daten nicht veröffentlicht werden dürfen. Der Antragsgegner geht davon aus, dass der Antragsteller verpflichtet sei, auch den Namen, Vornamen und die Anschrift privater Spender offenzulegen und die Angaben jährlich zu aktualisieren.
4
Der Antragsteller forderte den Antragsgegner mit Anwaltsschreiben vom 18. Juni 2024 auf, schriftlich zu bestätigen, dass der Antragsteller keiner Registerpflicht nach Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayLobbyRG unterliege und nicht verpflichtet sei, Name, Vorname und Anschrift privater Spender im Bayerischen Lobbyregister zu veröffentlichen. Hilfsweise beantragte er, dass die Angabe des Namens, Vornamens und der Anschrift privater Spender der Antragstellerin aufgrund schutzwürdigen überwiegenden Interesses nach Art. 3 Abs. 3 Satz 4 BayLobbyRG unterbleibe.
5
Mit Schreiben vom 12. August 2024 teilte der Antragsgegner mit, dass zugunsten des Antragstellers nicht pauschal entschieden werden könne, dass er stets wegen überwiegender Schutzwürdigkeit gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 4 BayLobbyRG davon befreit sei, die in Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 BayLobbyRG genannten Angaben natürlicher Personen im Bayerischen Lobbyregister einzutragen. Auch könne sich der Antragsteller nicht auf die Ausnahmeregelung des Art. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. c BayLobbyRG berufen.
6
Mit Schreiben vom 15. November 2024 kündigte der Antragsteller durch Anwaltsschreiben gegenüber dem Antragsgegner eine gerichtliche Klärung an und bat – zur Vermeidung eines gerichtlichen Eilverfahrens – um die Zusage, dass der Antragsgegner bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung nicht wegen vermeintlicher Ordnungswidrigkeiten, insbesondere nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayLobbyRG, gegen den Antragsteller vorgehen werde. Eine derartige Zusage lehnte der Antragsgegner mit Schreiben vom 19. November 2024 ab.
7
Der Antragsteller begründet seine Ansichten damit, dass er bereits nach Art. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. c BayLobbyRG aufgrund der Wahrnehmung seines öffentlichen Mandats zur Wahrung des Umwelt- und Naturschutzes aus § 3 Abs. 1 Umweltrechtsbehelfsgesetz keiner Registerpflicht unterliege. Aufgrund fehlender Pflicht zur Registrierung bestehe auch keine gesetzliche Verpflichtung, die in Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 BayLobbyRG genannten Daten im Lobbyregister zu veröffentlichen. Abgesehen davon bestehe jedenfalls keine rechtliche Verpflichtung des Antragstellers, die Angaben nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 BayLobbyRG zu natürlichen Personen im Bayerischen Lobbyregister einzutragen. Das ergebe sich bereits aus dem Wortlaut, zudem aber aus einer teleologischen sowie verfassungs- und unionsrechtskonformen Auslegung. Im Übrigen griffen auch weitere Ausnahmetatbestände, zumindest in der gebotenen analogen Anwendung. Ungeachtet dessen könne sich der Antragsteller jedenfalls auf ein schutzwürdiges überwiegendes Interesse berufen, das ihn von der Pflicht zur Angabe von Namen, Vornamen und Anschrift von Spendern, bei denen es sich um natürliche Personen handelt, gemäß Art. 3 Abs. 3 BayLobbyRG befreie. Hierbei sei insbesondere das schutzwürdige Interesse des Antragstellers wegen drohenden Verlusts der Spendenbereitschaft von Privatpersonen bei einer Veröffentlichung im Lobbyregister einerseits, andererseits auch das schutzwürdige Interesse der Spender hinsichtlich deren Privatsphäre zu benennen.
8
Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2024, eingegangen am selben Tag, hat sich der Antragsteller an das Bayerische Verwaltungsgericht München gewandt und beantragt,
Es wird vorläufig – bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Hauptsache – festgestellt, dass die Antragstellerin – wenn sie Interessenvertretung im Sinne des Art. 1 Bayerisches Lobbyregistergesetz (BayLobbyRG) betreibt – nicht verpflichtet ist, die Daten nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 BayLobbyRG in das Bayerische Lobbyregister einzutragen, soweit es sich bei den Zuwendungs- oder Zuschussgebern oder Spendern um natürliche Personen handelt.
Hilfsweise hierzu: Dem Antragsgegner wird (unter Aufhebung des Bescheids vom 12.08.2024) einstweilen bis zur Entscheidung in der Hauptsache aufgegeben, die mit Schreiben vom 18.06.2024 beantragte Ausnahmegenehmigung gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 1 BayLobbyRG (Eintragung der Tatsache eines schutzwürdigen überwiegenden Interesses in das Bayerische Lobbyregister) hinsichtlich der Daten von Zuwendungs- oder Zuschussgebern oder Spendern, bei denen es sich um natürliche Personen handelt, nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 BayLobbyRG bedingt zu erteilen, höchst hilfsweise die Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Höchst hilfsweise hierzu: Dem Antragsgegner wird einstweilen bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache aufgegeben, für den Zeitraum bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache keine Bußgelder nach Art. 6 BayLobbyRG wegen eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 BayLobbyRG gegen die Antragstellerin zu verhängen.
9
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung inklusive der Hilfsanträge zu diesem abzulehnen.
10
Zur Begründung führt er aus, dass der Antrag sowohl unzulässig als auch unbegründet sei. Es sei weder ein Ordnungswidrigkeitenverfahren in Aussicht gestellt noch anhängig, sodass es bereits an dem notwendigen Rechtsschutzbedürfnis fehle. Selbst aus Sicht des Antragsgegners liege derzeit kein sanktionswürdiges Verhalten des Antragstellers vor. Es könne jedoch mangels Rechtsgrundlage nicht pauschal zugesagt werden, grundsätzlich kein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den Antragsteller einzuleiten. Bei dem gestellten Antrag handle es sich um den Versuch, einen prozessual unzulässigen vorbeugenden Rechtsschutz gegenüber potentiell drohenden behördlichen Maßnahmen zu erlangen. Zudem sei der Antrag auch unbegründet, weil es sowohl an einem Anordnungsanspruch als auch an einem Anordnungsgrund fehle. Der Antragsteller könne sich nicht auf die Ausnahme des Art. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. c des Bayerischen Lobbyregistergesetzes berufen, da er kein öffentliches Amt oder Mandat im Sinne des BayLobbyRG wahrnehme. Der Antragsteller sei grundrechtsgeprägt und nicht grundrechtsgebunden. Die Verpflichtung zur Angabe von Name, Vorname und Anschrift von Spendern aus Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 BayLobbyRG begegne keinen rechtlichen Bedenken. Sie diene vielmehr dem gesetzgeberischen Ziel der Schaffung weitreichender Transparenz. Eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung liege nicht vor, da das BayLobbyRG eine moderate und wenig eingriffsintensive Maßnahme darstelle, welche verfassungskonform sei. Hinsichtlich des Anordnungsgrundes sei eine spezifische Notwendigkeit dafür, dass die Rechtsstellung des Antragstellers bereits vor dem Abschluss eines Hauptsacheverfahrens gesichert oder geregelt sein muss, mangels eines absehbaren Ordnungswidrigkeitenverfahrens nicht gegeben.
11
Das angerufene Gericht hat mit Beschluss vom 20. Dezember 2024 den Erlass einer beantragten Zwischenentscheidung, dem Antragsgegner aufzugeben, bis zum Abschluss des Eilverfahrens kein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den Antragsteller wegen der bislang unterbliebenen Angaben gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 BayLobbyRG zu Spenden von natürlichen Personen einzuleiten („Hängebeschluss“) abgelehnt.
12
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
13
Der Antrag hat nur teilweise Erfolg. Hinsichtlich der Eintragungspflicht von Spenderdaten natürlicher Personen ist der Antragsteller vorrangig auf Rechtsschutz im Hinblick auf die Befreiungsmöglichkeit durch den Antragsgegner nach Art. 3 Abs. 3
BayLobbyRG zu verweisen (1./2.). Allerdings bedarf es bis zur bestandskräftigen Entscheidung über den Antrag auf Befreiung der Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz in Bezug auf die Veröffentlichung der Namen, Vornamen und der Anschriften der Spender (4.). Eines vorläufigen Rechtsschutzes in Bezug auf ein OWi-Verfahren bedarf es hingegen nicht (3.).
14
Herauszustellen ist vorab, dass sich der Antragsteller seiner Begründung nach zwar als nicht eintragungspflichtig in das Bayerische Lobbyregister erachtet, da er sich auf die Wahrnehmung eines öffentlichen Mandats i.S.v. Art. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. c BayLobbyRG berufen könne, eine diesbezügliche Feststellung jedoch gerade nicht Gegenstand der Antragstellung ist.
15
Soweit sich der Antragsteller darauf beruft, schon aus seiner fehlenden Eintragungspflicht ergebe sich die Folge einer fehlenden Pflicht zur Eintragungs- bzw. Veröffentlichungspflicht der Spenderdaten natürlicher Personen, vermag er damit nicht durchzudringen. Dabei kommt es auf die Beantwortung der Frage, ob sich der Antragsteller auf die Ausnahmevorschrift des Art. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. c BayLobbyRG berufen kann, etwa weil er ein öffentliches Mandat für die Belange der Umwelt wahrnehme, nicht an. Nachdem der Antragsteller jedenfalls derzeit in das Lobbyregister eingetragen ist, muss er sich insoweit auch dem vollen Regelungsregime des BayLobbyRG unterwerfen. Nur so kann dem Sinn und Zweck des Transparenzgebots konsequent Rechnung getragen werden. Das Gesetz sieht gerade keine abgestufte Regelung für freiwillige Eintragungen vor.
16
1. Der Antrag auf Erlass einer Feststellungsanordnung in Bezug auf die Eintragungspflicht von Spenderdaten natürlicher Personen ist aufgrund der Subsidiarität des Feststellungsbegehrens entsprechend § 43 Abs. 2 VwGO unzulässig (vgl. OVG Bautzen, B.v. 17.9.2019 – 2 B 89/19 – beck-online, Rn. 6).
17
Grundsätzlich kann eine einstweilige Anordnung auch im Falle einer in der Hauptsache statthaften Feststellungsklage getroffen werden (OVG Saarland, B.v. 23.11.2016 – 1 D 308/16 –, juris, Rn. 13). Voraussetzung hierfür ist die Zulässigkeit der Hauptsache, mithin der Feststellungsklage (VG Aachen B. v. 8.6.2020 – 7 L 366/20 – beck-online, Rn. 13). Eine Feststellungsklage nach § 43 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist vorliegend zwar eine an sich statthafte Klageart, da der Antragsteller die Feststellung des Bestehens eines konkreten Rechtsverhältnisses zum Antragsgegner begehrt, konkret die Reichweite hinsichtlich der Verpflichtung zur Eintragung von Daten nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 BayLobbyRG in das Bayerische Lobbyregister, soweit es sich bei den Zuwendungs- oder Zuschussgebern oder Spendern um natürliche Personen handelt. Jedoch steht der Feststellungsklage in der Hauptsache die Subsidiarität nach § 43 Abs. 2 VwGO entgegen. Eine Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit ein Kläger seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Art. 3 Abs. 3 BayLobbyRG enthält eine Regelung bezüglich der Befreiung von der Verpflichtung zur Angabe der Daten gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 9 bis 12 BayLobbyRG, sofern ein schutzwürdiges überwiegendes Interesse glaubhaft dargelegt wird. Über die Schutzwürdigkeit entscheidet das Landtagsamt. Der Antragsteller kann seine Rechte aufgrund der Befreiungsmöglichkeit des Art. 3 Abs. 3 BayLobbyRG in der Hauptsache mittels einer Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO verfolgen, da es sich bei der Entscheidung des Landtagsamts über einen Befreiungsantrag gem. Art. 3 Abs. 3 BayLobbyRG um einen Verwaltungsakt handelt. Ein diesbezüglicher Antrag auf Befreiung zur Angabe der Daten wurde vom Antragsteller bereits mit Schreiben vom 18. Juni 2024 gestellt.
18
Daher ist der Antragsteller auf die Erhebung einer Verpflichtungsklage, gegebenenfalls in Form einer Untätigkeitsklage gem. § 75 VwGO zu verweisen, da der Antragsgegner über den Antrag vom 18. Juni 2024 noch nicht förmlich entschieden hat. Eine Feststellungsklage hinsichtlich der Feststellung einer Befreiung von der Pflicht zur Angabe von Daten gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 BayLobbyRG tritt demgegenüber als subsidiär zurück. Dem steht nicht entgegen, dass der Antragsteller meint, bereits vom Grundsatz her nicht verpflichtet zu sein, die Daten nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 BayLobbyRG in das Bayerische Lobbyregister einzutragen, soweit es sich bei den Zuwendungs- oder Zuschussgebern oder Spendern um natürliche Personen handelt. Das Bayerische Lobbyregistergesetz sieht in Art. 3 Abs. 3 LobbyRG explizit die Möglichkeit einer Befreiung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls vor, deren Voraussetzungen nicht durch eine Feststellungsklage unterlaufen werden dürfen (vgl. BVerwG, U.v. 08.09.1972 – IV C 17.71 –, BVerwGE 40, 323, 327 f.). Aufgrund der erforderlichen Betrachtung der jeweiligen Einzelfälle kann die zwischen den Beteiligten streitige Frage nicht abschließend mit einer Feststellungsklage geklärt werden (BVerwG, B.v. 8.8.2024 – 9 B 8.24 –, beck-online, Rn. 19).
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2. Da der Hauptantrag erfolglos bleibt, ist über den Hilfsantrag zu entscheiden, dem Antragsgegner einstweilen bis zur Entscheidung in der Hauptsache aufzugeben, die mit Schreiben vom 18. Juni 2024 beantragte Befreiung nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 BayLobbyRG bedingt zu erteilen, höchst hilfsweise unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verbescheiden.
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Der hilfsweise gestellte Antrag hat ebenfalls keinen Erfolg. Die Verpflichtung zur Angabe der Daten aus Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 BayLobbyRG in Verbindung mit der Möglichkeit der Befreiung aus Art. 3 Abs. 3 BayLobbyRG begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (1). Bezüglich des Anordnungsanspruchs fehlt es mangels Substantiierung des Antrags auf Befreiung an einer Glaubhaftmachung (2).
21
(1) Die vom Gesetz verlangte Notwendigkeit hinsichtlich der Befreiung gem. Art. 3 Abs. 3 BayLobbyRG, ein schutzwürdiges Interesse unter Angabe der zugrundeliegenden Tatsachen glaubhaft zu machen, unterliegt nach Ansicht der Kammer keinen durchgreifenden Zweifeln hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit (vgl. zum Bayerischen Lobbyregistergesetz bereits VG München, B.v. 28.10.2022 – M 30 E 22.309 –, beck-online, Rn. 33).
22
Da im Hauptsacheverfahren eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG nur dann erfolgt, wenn das Gericht von der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes überzeugt ist, rechtfertigen im einstweiligen Rechtsschutz nur besonders schwerwiegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Fehlt es hingegen an derartigen besonders schwerwiegenden Zweifeln, so ist bis zur etwaigen allgemeinverbindlichen Feststellung seiner Nichtigkeit jedenfalls im einstweiligen Rechtsschutz von der Gültigkeit des Gesetzes auszugehen (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2020 – 20 NE 20.2482 – juris Rn. 17; B.v. 29.3.2007 – 19 CS 07.397 – juris Rn. 31; B.v. 18.8.1992 – 23 CS 92.430 – NVwZ-RR 1993, 378; SächsOVG, B.v. 20.5.2021 – 3 B 141/21 – juris Rn. 29; ThürOVG, B.v. 14.4.2021 – 3 EN 195/21 – Rn. 61).
23
Die hiernach erforderlichen besonders schwerwiegenden Bedenken hat das Gericht nicht. Die Einführung und die Ausgestaltung der Pflicht zur Benennung privater Spender durch das Bayerische Lobbyregistergesetz ist nicht offensichtlich unvereinbar mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen bzw. kann ihnen mit durch normerhaltende verfassungskonforme Auslegung begegnet werden.
24
Soweit der Antragsteller auf das Recht der privaten Spender auf informationelle Selbstbestimmung verweist, so wird einem diesbezüglichen Grundrechtseingriff an sich durch obig genannte Befreiungsregelung Rechnung getragen (vgl. Manssen, Staatsrecht II, 9. Aufl. 2012, Rn. 188).
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Es finden sich in der Rechtsordnung bereits mehrere einfach-gesetzliche Beispiele, in welchen die Offenlegung von Daten durch das Transparenzgebot gerechtfertigt ist (§ 25 Abs. 3 Parteiengesetz, § 111 OWiG, § 3 Abs. 1 Nr. 8 d) bb) Lobbyregistergesetz des Bundes).
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Speziell in Bezug auf das Lobbyregistergesetz des Bundes (LobbyRG) ist anzumerken, dass dort anders als im Bayerischen Lobbyregistergesetz zwar die Angabe einer Anschrift von Gebern nicht notwendig ist, jedoch die Pflicht zur Angabe in Stufen von bereits jeweils 10.000 Euro unter Angabe von Familienname und Vorname, Firma oder Bezeichnung der Geberin oder des Gebers, der den Gesamtwert von 10.000 € bezogen auf eine Geberin oder einen Geber im jeweiligen Geschäftsjahr und zugleich zehn Prozent bezogen auf die jährliche Gesamtsumme nach Doppelbuchstabe aa übersteigt, enthält. Die Verpflichtung zur Angabe der Daten der Spender im Bayerischen Lobbyregistergesetz beginnt hingegen erst sobald innerhalb eines Kalenderjahres jeweils ein Betrag von 20.000 € überschritten wird. Zudem ist die Möglichkeit einer Befreiung nach § 4 Abs. 6 LobbyRG weitaus restriktiver als Art. 3 Abs. 3 BayLobbyRG. Dem eindeutigen Wortlaut ist zu entnehmen, dass für das Vorliegen „überwiegender schutzwürdiger Interessen“ im LobbyRG von vornherein nur die in § 4 Abs. 6 S. 2 LobbyRG abschließend aufgeführten Konstellationen in Betracht kommen. Anders als im BayLobbyRG enthält § 4 Abs. 6 S. 2 LobbyRG kein Regelbeispielkatalog, sodass sonstige, nicht explizit genannte Interessen außenvorbleiben müssen.
27
In Bezug auf die Veröffentlichung der konkreten Adresse (Straße, Hausnummer und Wohnort) in Kombination mit dem Vornamen und Namen der einzelnen natürlichen Personen als Spender hat das Gericht zwar durchaus verfassungsrechtliche Bedenken. Diese erreichen jedoch nicht den im vorläufigen Rechtsschutz erforderlichen Grad besonders schwerwiegender Bedenken. Insbesondere kann ihnen im Wege verfassungskonformer Auslegung begegnet werden (siehe unter 4.).
28
(2) Ein Anordnungsanspruch im Sinne eines im vorläufigen Rechtsschutzes gerichtlicherseits zu gewährenden Anspruchs auf Befreiung der (fünf) Spenderdatensätze i.S.v. Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 BayLobbyRG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 3 BayLobbyRG besteht nicht. Die Voraussetzungen liegen mangels substantiierter Darlegung eines schutzwürdigen Interesses weder des Antragstellers noch der natürlichen Personen nicht vor.
29
Gem. Art. 3 Abs. 3 BayLobbyRG kann die Angabe der Daten gemäß dessen Abs. 1 Nr. 9 bis 12 verweigert werden, sofern ein schutzwürdiges überwiegendes Interesse glaubhaft dargelegt wird. Schutzwürdige Interessen liegen insbesondere vor, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Veröffentlichung der Daten die betreffenden Personen der Gefahr aussetzen würde, Opfer eines Verbrechens oder eines Vergehens nach den §§ 123, 187, 223, 224, 240 oder 241 des Strafgesetzbuches zu werden. Ausweislich der Gesetzesbegründung kann sich ein Verweigerungsrecht aber auch aus einem schutzwürdigen Interesse des Antragstellers selbst ergeben, wie etwa der Schutz evtl. betroffener Grundrechte auch der Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter (Drucksache 18/15463, S. 10; vgl. BayVerfGH, E.v. 5.4.2022 – Az. Vf. 2-VII-22 – juris Rn. 75).
30
Weder das notwendige schutzwürdige Interesse des Antragstellers noch der natürlichen Personen wurde jedoch substantiiert dargelegt. Notwendig ist insofern die Glaubhaftmachung eines schutzwürdigen überwiegenden Interesses. Hinsichtlich des schutzwürdigen Interesses sind zudem die zugrundeliegenden Tatsachen anzugeben.
31
Hinsichtlich der schutzwürdigen Interessen des Antragstellers selbst hat dieser (lediglich) abstrakt auf den drohenden Verlust der Spendenbereitschaft von Privatpersonen verwiesen. Ein etwaiger Spendenrückgang ginge jedoch lediglich mit dem gesetzgeberischen Willen zur Transparenz in Bezug auf Interessensvertretung einher und ist daher ein reiner Rechtsreflex. Es entspricht gerade dem Sinn und Zweck des Bayerische Lobbyregistergesetzes private Einflussnahme auf die Gesetzgebung und das Regierungshandeln durch ein verpflichtendes Lobbyregister transparenter zu machen. Ausweislich des Gesetzesentwurfs vom 27. April 2021 – LT-Drs. 18/15463 – trägt Transparenz nicht nur zu einer verbesserten Kontrolle staatlichen Handelns bei. Transparenz stärkt darüber hinaus auch das Vertrauen der bayerischen Bürgerinnen und Bürger in politische Entscheidungen und deren Akzeptanz. Eine im Verborgenen stattfindende Einflussnahme kann das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Politik und in die Legitimität parlamentarischer oder regierungsseitiger Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse beeinträchtigen. Nachdem versteckte Einflussnahme nicht zu einem Ungleichgewicht zwischen dem Einfluss von Interessenvertreterinnen und Interessenvertretern und dem Handeln der Politik führen darf, wurden natürliche Personen, welche Interessensvertreter über Spenden und Zuwendungen finanzieren, von einer Veröffentlichungspflicht nicht ausgenommen. Es fehlt daher an der Angabe der Tatsachen hinsichtlich des schutzwürdigen Interesses. Der Vortrag, dass Spender grundsätzlich nicht im Internet veröffentlicht werden möchten, ist bereits deshalb nicht überzeugend, da es durchaus auch Spender geben mag, welche namentlich mit einer Spende genannt werden möchten. Hier fehlt es jedenfalls am konkret-individuellen Vortrag hinsichtlich der Umstände der vorliegend betroffenen Spender. Allein der abstrakte Verweis auf das Bedürfnis der Spender nach Diskretion reicht nicht aus, dass Spender überhaupt nicht mehr genannt werden müssten; dies stünde dem Sinn und Zweck des Lobbyregisters entgegen. Der Antragsteller verweist auf seine Rolle als Umweltschutzverband und unterstellt, dass Spender an Umweltschutzvereinigungen per se zur Zielschreibe von Personen werden, welche sich durch Umweltschutzmaßnahmen benachteiligt sehen oder in ihren Freiheiten eingeschränkt werden. Soweit zur Begründung einer Bedrohungslage auf die hoch emotional und erbittert geführten Auseinandersetzungen hinsichtlich Klimaaktivisten verwiesen wird, so ist dies mit der Angabe von Spendern nicht vergleichbar.
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Auch ein Anordnungsanspruch auf Befreiung von der Angabe der Anschriften als Minus zu dem Antrag auf vollumfängliche Befreiung der Angaben der (fünf) Spenderdatensätze besteht nicht. Zwar werden die Anforderungen an die Glaubhaftmachung des schutzwürdigen Interesses von Spendern, nicht im Internet mit Namen, Vornamen und Anschrift aufzufinden sein, nicht allzu hoch angesetzt werden dürfen bzw. es insoweit einer verfassungskonformen Auslegung bedürfen (vgl. hierzu unter 4.). Jedoch wurde auch diesbezüglich vom Antragsteller nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht, ob und inwieweit die einzelnen Spender mit einer Veröffentlichung ihrer Anschrift nicht einverstanden seien.
33
3. Auch der weitere Hilfsantrag, dem Antragsgegner bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache aufgegeben, keine Bußgelder nach Art. 6 BayLobbyRG wegen eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 BayLobbyRG gegen die Antragstellerin zu verhängen, bleibt ohne Erfolg. Dem Antragsteller fehlt es angesichts der konkreten Umstände des Einzelfalls an einem Rechtsschutzbedürfnis für einen vorbeugenden Rechtsschutz im Wege eines Unterlassungsanspruchs bezüglich eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens.
34
(1) Wegen des in § 123 Abs. 5 VwGO als einfachgesetzlicher Ausprägung des verfassungsrechtlichen Prinzips der Gewaltenteilung angeordneten Vorrangs der Verfahren nach §§ 80, 80 a VwGO kommt die Gewährung vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es dem Rechtsschutzsuchenden nicht zumutbar ist, den Erlass des Verwaltungsakts bzw. das Verwaltungshandeln abzuwarten und sodann die nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegebenen nachträglichen Rechtsbehelfe und Rechtsmittel auszuschöpfen (vgl. BVerwG, B.v. 25.4.2007 – 9 VR 4/07 –, juris Rn. 4; Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren 8. Auflage 2025, § 12, Rn. 14). Eine derartige Unzumutbarkeit kann bestehen, wenn schon die kurzfristige Hinnahme der befürchteten Handlungsweise geeignet ist, den Betroffenen in seinen Rechten in besonders schwerwiegender Weise zu beeinträchtigen. Dies ist anzunehmen, um der Schaffung vollendeter, später nicht mehr rückgängig zu machender Tatsachen zuvorzukommen, und wenn anders dem Antragsteller eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. BVerfG, B.v. 15.8.2002 – 1 BvR 1790/00 –, NJW 2002, 3691, 3692; BVerwG, U.v. 7.5.1987 – 3 C 53.85 –, BVerwGE 77, 207, 212; BayVGH, B.v. 30.11.2010 – 9 CE 10.2468 –, juris). Vorläufiger vorbeugender Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten mit dem Ziel, den Erlass eines Bußgeldbescheides zu verhindern, ist regelmäßig nicht zu erlangen (vgl. Lässig, Zulässigkeit der vorbeugenden Feststellungsklage bei drohendem Bußgeldbescheid, in: NVwZ 1988, 410, 412 m. w. N.). Hierdurch würde die Zuständigkeit der Strafgerichte für die repressive Rechtmäßigkeitskontrolle behördlicher Bußgeldbescheide nach § 68 OWiG umgangen, ohne dass Betroffenen allein durch den Erlass des Bußgeldbescheides wesentliche Nachteile treffen würden. Denn ein Bußgeldbescheid ist gemäß § 89 OWiG erst nach Eintritt der Bestandskraft vollstreckbar; eine sofortige Vollziehbarkeit kraft Gesetzes oder kraft besonderer behördlicher Anordnung kennt das Ordnungswidrigkeitengesetz nicht. Nur dann, wenn die Ahndung im Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren von der Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen abhängt, kann es dem Betroffenen nicht zuzumuten sein, diese Klärung „auf der Anklagebank“ erleben zu müssen (vgl. BVerfG, B.v. 7.4.2003 – 1 BvR 2129/02 –, NVwZ 2003, 856, 857; BVerwG, U. v. 17.1.1972 – I C 33.68 –, BVerwGE 39, 247, 248 f.; Urt. v. 13.1.1969 – I C 86.64 –, juris Rn. 19). Muss ein Betroffener damit rechnen, bereits vor Klärung einer unklaren Rechtslage im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens mit einer Vielzahl von auf dieser Rechtslage fußenden Bußgeldbescheiden überzogen zu werden, kann er neben einer vorbeugenden Feststellungsklage ausnahmsweise einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO stellen (BayVGH, B.v. 30.11.2010 – 9 CE 10.2468 –, juris, Leitsatz).
35
(2) Vorliegend ist der Antragsteller konkret aber von keinem Ordnungswidrigkeitenverfahren bedroht.
36
aa) Der Antragsteller ist seiner Pflicht zur Angabe der nach dem Lobbyregistergesetz erforderlichen Daten – nach dem bisher unbestrittenen Sachvortrag – jedenfalls nachgekommen, ungeachtet seiner Rechtsauffassung zur fehlenden Eintragungspflicht und der vorliegend streitigen Angabepflicht bezüglich Spenderdaten natürlicher Personen. Insbesondere hat er auch Namen, Vornamen und Anschriften der Spender übermittelt.
37
bb) Soweit der Antragsteller bei der Angabe der Daten keinen „Haken“ für eine Veröffentlichung der Daten im Lobbyregister gesetzt hat, sondern vielmehr einen Antrag auf diesbezüglicher Befreiung stellte (s.o.), handelt er nicht ordnungswidrig i.S.v. Art. 6 BayLobbyRG.
38
Zwar ist der Wortlaut des Art. 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayLobbyRG insofern missverständlich, als er daran anknüpft, dass der Verpflichtete (unter anderem) eine Angabe nicht oder nicht vollständig eintragen lässt. Dies ließe sich durchaus so verstehen, dass der vom Antragsteller nicht gesetzte Haken zur Veröffentlichung eine Ordnungswidrigkeit nach sich ziehen könnte. Vor dem Hintergrund der ausdrücklich vom Gesetzgeber vorgesehenen Möglichkeit eines Antrags auf Befreiung (s.o.) und der Tatsache, dass es das Landtagsamt nach der erfolgten Angabe der Daten durch den Antragsteller in der Hand hat, über deren Veröffentlichung zu entscheiden und diese im System freizugeben, ist der Antragsteller seinen Verpflichtungen hinreichend nachgekommen. Der Antragsgegner hat zudem explizit klargestellt, dass der Tatbestand der Ordnungswidrigkeit nach Art. 6 Abs. 3 BayLobbyRG nicht die unzureichende Darlegung des überwiegend schutzwürdigen Interesses aus Art. 3 Abs. 3 BayLobbyRG sanktioniert. Wären (schutzwürdige) Daten solange einzutragen und zu veröffentlichen bis über einen tatsächlich gestellten Befreiungsantrag durch das Landtagsamt entschieden ist bzw. wäre eine entsprechende Verweigerung bußgeldbelastet, liefe der gebotene Rechtsschutz durch die Befreiungsmöglichkeit ins Leere (hierzu näher unter 4.). Sind die Spenderdaten erst einmal veröffentlicht, wäre eine spätere Löschung oder Sperre nicht hinreichend effektiv, dem schutzwürdigen Belang Rechnung zu tragen.
39
cc) Dem Antragsteller gegenüber droht auch kein faktischer Vollzug i.S.d. Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens durch den Antragsgegner, dass es eines vorbeugenden Rechtsschutzes bedürfte.
40
Der Antragsgegner hat bisher weder ein konkretes Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den Antragsteller eingeleitet noch die Durchführung eines solchen angekündigt (vgl. dazu: NdsOVG, B.v. vom 4.4.2012 – 8 ME 49/12 – juris Rn. 28). Vielmehr hat der Antragsgegner schriftlich klargestellt, dass er als zuständige Verwaltungsbehörde (Art. 6 BayLobbyRG i.V.m § 36 Abs. 1 Nr. 1, § 35 OWiG) im konkreten Verfahren für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten gem. Art. 6 Abs. 3 Satz 3 BayLobbyRG keinen Raum sieht (Schreiben des Antragsgegners vom 13.2.2025 auf Seite 5).
41
dd) Im Übrigen droht auch kein faktischer Vollzug durch die Staatsanwaltschaft.
42
Der Vortrag des Antragstellers, dass die Staatsanwaltschaft jederzeit ein Ermittlungsverfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit anstoßen könnte, überzeugt nicht. Die Zuständigkeit für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten bezogen auf das Bayerische Lobbyregistergesetz liegt bei dem Landtagsamt. Die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde für das Ermittlungsverfahren besteht nur dann nicht, soweit die Staatsanwaltschaft gemäß §§ 40, 42 OWiG hierfür zuständig ist (vgl. Inhofer in BeckOK OWiG, Stand 1.10.2024, § 35 Rn. 9). Eine Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft für die Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit besteht damit nur, wenn ein Strafverfahren geführt wird und die Tat auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Ordnungswidrigkeit verfolgt wird (§ 40 OWiG) oder die Staatsanwaltschaft die Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit übernimmt, wenn sie eine Straftat verfolgt, die mit der Ordnungswidrigkeit zusammenhängt (§ 42 Abs. 1 Satz 1 OWiG) und dies sachdienlich erscheint (§ 42 Abs. 2 OWiG). Aus dem Vortrag des Antragstellers ergibt sich nicht, dass eine Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft gemäß §§ 40, 42 OWiG in Betracht kommt.
43
4. Im tenorierten Umfang ist dem Antragsteller jedoch vorläufiger Rechtsschutz in Bezug auf eine Unterlassung der Veröffentlichung der Namen, Vornamen und Anschriften von natürlichen Personen als Spendern, bis über die Befreiungsanträge bestandskräftig entschieden ist, zu gewähren.
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a) Aus der Gesamtschau der Anträge des Antragsstellers ist bei interessengerechter Auslegung gem. §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO das Rechtschutzbegehren (auch) dahingehend zu verstehen, dass dem Antragsgegner untersagt wird, bis zur Bestandskraft hinsichtlich der Entscheidung über den Befreiungsantrag vom 18. Juni 2024 die konkreten Spenderdaten zu veröffentlichen soweit es sich um natürliche Personen nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 BayLobbyRG handelt.
45
Zwar wurde obiger Antrag so nicht explizit gestellt. Jedoch muss der Antrag gem. § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO regelmäßig nicht in der Weise bestimmt sein, wie ihn § 82 Abs. 1 S. 2 VwGO für das Hauptsacheverfahren vorschreibt. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO stellen es in das freie Ermessen des Gerichts, welche Anordnungen es „zur Erreichung des Zweckes“, d.h. zur Sicherung/Regelung des Rechts i.S.v. § 123 Abs. 1 VwGO trifft. Das lockert die Bindung an den Antrag. Es genügt, wenn der Antragsteller das zu sichernde/regelnde Recht in bestimmter Weise bezeichnet (Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO § 123 Rn. 33). Das Gericht kann gegenüber dem Recht ein Minus oder ein Aliud bestimmen (Eyermann, a.a.O. Rn. 64).
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Der Antragsteller hat vorliegend deutlich gemacht, dass es ihm darauf ankommt, die Veröffentlichung von Namen und Vornamen von Privatspendern mit der konkreten Anschrift (Straße und Hausnummer) zu verhindern. Davon mitumfasst ist als Minus eine solche Verhinderung jedenfalls bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Befreiungsantrag vom 18. Juni 2024.
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b) Zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes ist dem Antragsgegner eine Veröffentlichung der Namen, Vornamen und Anschriften von natürlichen Personen als Spendern derzeit zu untersagen.
48
(1) Eine solche Veröffentlichung steht durchaus hinreichend konkret im Raum, dass ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis besteht.
49
Zwar regelt Art. 3 Abs. 3 BayLobbyRG nicht eindeutig, ob der Antragsteller oder der Antragsgegner es in der Hand hat, die Daten im Lobbyregister im Internet zu veröffentlichen. Soweit aus der Behördenakte ersichtlich, übermittelt der Antragsteller sämtliche Daten vorab an den Antragsgegner und letzterer entscheidet dann (gegebenenfalls nach einem Antrag auf Absehen von Veröffentlichung gem. Art. 3 Abs. 3 Satz 3 BayLobbyRG), ob und welche Daten veröffentlicht werden. Das Gericht geht daher nach der aktuellen Aktenlage davon aus, dass der Antragsgegner jederzeit faktisch die Veröffentlichung vornehmen kann.
50
(2) Eine verfassungskonforme und an den schutzwürdigen Belangen der Betroffenen ausgerichtete Auslegung des Bayerischen Lobbyregistergesetzes verlangt zur Überzeugung der Kammer eine – wenngleich nicht gesetzlich ausdrücklich normierte – Sperrwirkung eines Antrags nach Art. 3 Abs. 3 BayLobbyRG auf Befreiung von der Datenveröffentlichung im Lobbyregister bei Berufung auf schutzwürdige Interessen. Der Umfang der Sperrwirkung ist dabei an den jeweils geltend gemachten Interessen abzuwägen.
51
Mit einer Veröffentlichung vor der bestandskräftigen Entscheidung über den Antrag auf Befreiung würden nur schwer reversible Fakten in der Form geschaffen, dass möglicherweise über einen längeren Zeitraum sensible persönliche Informationen über Spender veröffentlicht wurden, obwohl ein berechtigtes Interesse hinsichtlich der Verweigerung der Daten besteht (vgl. OVG Münster, B.v. 23.6.2023 – 4 B 352/22 – GewArch 2023, 431 Rn. 35). Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, als dass das Lobbyregister auf der Internetseite des Landtags maschinenlesbar und durchsuchbar veröffentlicht wird (Art. 1 Abs. 4 BayLobbyRG). Ein erfolgreicher nachgelagerter Rechtsschutz gegen eine ablehnende Entscheidung des Antragsgegners über einen Befreiungsantrag wäre insofern nicht hinreichend effektiv, das dann festgestellte schutzwürdige Interesse tatsächlich zu wahren.
52
(3) Dem liegt zugrunde, dass die Kammer zwar in Bezug auf die Veröffentlichung von Spendernamen und Anschriften natürlicher Personen entgegen der umfangreichen Darstellung in den Schriftsätzen des Antragsstellers noch keine schwerwiegenden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der vom Wortlaut her eindeutig auch auf natürliche Personen abzielenden Regelung zur Angabe und Veröffentlichung in Art. 3 Abs. 1 Nr. 11 BayLobbyRG hat (s.o.). In Bezug auf die vorgesehene Möglichkeit der Veröffentlichung der konkreten Adressdaten zusammen mit Namen und Vornamen sowie der damit verbundenen nicht unwesentlichen Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechte einzelner natürlicher Personen als Spender bedarf es jedoch nach der im Eilverfahren gebotenen Prüfung einer verfassungskonformen weiten Auslegung bezüglich der Befreiungsmöglichkeit der Veröffentlichung und einer frühzeitig bei Stellung des Antrags greifenden zuvor skizzierten Sperre einer Veröffentlichung bis zur bestandskräftigen – also auch den gerichtlichen Rechtsschutz umfassenden – Entscheidung.
53
Hierbei wird darauf hingewiesen, dass in dem Schreiben des Antragsgegners vom 12. August 2024 keine finale ablehnende Entscheidung hinsichtlich der beantragten Befreiung von der Angabe der Daten gem. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 BayLobbyRG gesehen werden kann. Für die Frage, ob es sich bei einem Schreiben um einen Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 BayVwVfG handelt, ist maßgeblich, wie der Empfänger die Erklärung unter Berücksichtigung der ihm erkennbaren Umstände bei objektiver Würdigung verstehen muss. Unklarheiten gehen zu Lasten der Verwaltung (Vgl. OVG NRW, B.v. 14.2.2020 – 4 A 1464/17 –, juris, Rn. 7, mit Verweis auf BVerwG, U.v. 27.6.2012 – 9 C 7.11 –, BVerwGE 143, 222 = juris, Rn. 18, und vom 5.11.2009 – 4 C 3.09 –, BVerwGE 135, 209 = juris, Rn. 21 sowie OVG NRW, B.v. 12.2.2019 – 4 A 1331/16 –, juris, Rn. 4 ff., m. w. N.). Nach diesen Maßstäben ist das Schreiben des Antragsgegners vom 12. August 2024 nicht als Verwaltungsakt anzusehen. Nach Maßgabe eines objektiven Empfängerhorizonts erscheint dieses nicht als eine einseitige verbindliche Regelung, sondern als Schreiben zur Durchführung eines Verwaltungsverfahrens (vgl. Art. 24 BayVwVfG, Art. 25 BayVwVfG, Art. 28 BayVwVfG, Art. 40 BayVwVfG). So trägt der Antragsteller selbst vor, dass der Antragsgegner sich nicht final dazu geäußert hat, ob die Ausnahmeregelung des Art. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. c BayLobbyRG für die Antragstellerin analog gelte oder sie sich auf einen anderen Ausnahmetatbestand nach Art. 2 Satz 1 BayLobbyRG berufen könne. Auch der formale Aufbau des Schreibens legt nahe, dass es sich nicht um eine abschließende Entscheidung handelt. Letztlich ist auch keine Rechtsbehelfsbelehrungbeigefügt. Zwar löst das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrungin einem Bescheid lediglich die Rechtsfolge des § 58 Abs. 2 VwGO aus (Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.4.2011 – 2 B 17.10 –, juris, Rn. 13.), jedoch kann das Fehlen der Rechtsbehelfsbelehrungauch zur Auslegung des Schreibens des Antragsgegners vom 12. August 2024 ergänzend herangezogen werden.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 VwGO. Es ist sachgerecht, den Kostenanteil des Antragstellers mit 4/5 zu bemessen, da er lediglich zu einem geringen Anteil obsiegt.
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Der festgesetzte Streitwert beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG, § 45 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 sowie Nr. 1.1.4 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Hinsichtlich des Hauptantrags und des zweiten Hilfsantrags bezüglich der Ordnungswidrigkeiten wird jeweils der Auffangstreitwert in Höhe von 5000,- Euro festgesetzt, wobei eine Reduzierung nicht in Betracht kommt, da die Entscheidung in der Hauptsache vorweggenommen wird. Bezüglich des Hilfsantrags (Antrag auf Verbescheidung) wird der reduzierte Auffangstreitwert in Höhe von 2500,- Euro festgesetzt.