Titel:
Heimliches Aufzeichnen nichtöffentlicher Gespräche von Vorgesetzen und Kollegen, hier: Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis
Normenketten:
BayDG Art. 6, Art. 11, Art. 14 Abs. 1, Abs. 2 S. 1
BeamtStG § 33 Abs. 1 S. 3, § 34 Abs. 1 S. 3
StGB § 53, § 201 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, Abs. 3, § 201a, § 205
Leitsatz:
Mit der Erstellung von mindestens 2.129 Audiodateien, Erstellung von Videodateien und Versendung von Bildaufnahmen an Kollegen begeht ein Beamter Straftaten der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes als Amtsträger und verletzt zugleich die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (vgl. § 33 Abs. 1 S. 3 BeamtStG, § 34 BeamtStG iVm § 201 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 3, § 205, § 53 StGB). Dies kann nach der gebotenen Gesamtwürdigung so schwer wiegen, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis die angemessene Disziplinarmaßnahme darstellt. (Rn. 32 – 35) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Disziplinarklage, Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, Polizeibeamter, Innerdienstliche Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes, Innerdienstliche Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen, Dienstpflichtverletzung, Disziplinarverfahren, Entfernung aus dem Dienst, Persönlichkeitsrechte, Vertraulichkeit des Wortes, heimliches Aufnehmen von Videodateien, heimliches Aufnehmen von Audiodateien, persönlicher Lebens- und Geheimbereich, Amtsträger
Fundstelle:
BeckRS 2025, 9429
Tenor
I. Gegen den Beklagten wird auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt im Wege der Disziplinarklage die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.
2
Der 1986 geborene Beklagte trat nach Erwerb der Fachhochschulreife und einer Ausbildung zum Bankkaufmann in den Dienst der Bayerischen Polizei ein. Nach Bestehen der Qualifikationsprüfung zur zweiten Qualifikationsebene wurde er am 1. Februar 2014 zum Polizeiobermeister ernannt und zugleich in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen. Zum 1. Juli 2020 erfolgte die Ernennung des Beklagten zum Polizeihauptmeister (Besoldungsgruppe A 9).
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Seit dem 1. März 2019 war der Beklagte bis zum Ausspruch des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte am 4. August 2021 bei der Polizeiinspektion (PI) …, … … tätig. In seiner letzten periodischen Beurteilung im Jahr 2020 erhielt er ein Gesamtprädikat von sieben Punkten. Seine weitere periodische Beurteilung wurde aufgrund des Disziplinarverfahrens zurückgestellt. Der Beklagte ist ledig und hat keine Kinder. Er war zuvor weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten.
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Nachdem gegen den Beklagten wegen der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes ein Strafverfahren eingeleitet worden war und am 3. August 2021 ein Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts München erging sowie am Folgetag vollzogen wurde, leitete das Polizeipräsidium München als Disziplinarbehörde gegen den Beamten mit Verfügung vom 4. August 2021 ein Disziplinarverfahren ein und setzte es zugleich aus. Außerdem wurde ihm die Führung der Dienstgeschäfte verboten. Der Beklagte wurde hierüber am selben Tag persönlich unterrichtet bzw. hierzu angehört. Mit Schreiben vom 9. August 2021 bestätigte die Disziplinarbehörde das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte.
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Am 18. August 2022 erging ein seit 21. November 2022 rechtskräftiger Strafbefehl des Amtsgerichts München. Gegen den Beklagten wurde wegen der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes in zwei tatmehrheitlichen Fällen gemäß § 201 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 3, § 205, § 53 StGB eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 150 Tagessätzen zu je 90 EUR verhängt. Weitere Ermittlungen wegen der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen stellte die Staatsanwaltschaft München I mit Verfügung vom 12. August 2022 nach § 154 Abs. 1 StPO ein.
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Mit Schreiben vom 26. Januar 2023 wurde das Disziplinarverfahren fortgesetzt, konkretisiert und hinsichtlich der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen ausgedehnt. Außerdem wurde der Beklagte – auch zur vorläufigen Dienstenthebung und dem Einbehalt von Bezügen – angehört, worauf sich der anwaltlich vertretene Beklagte mit Schreiben vom 17. Mai 2023 zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen äußerte.
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Unter dem 15. März 2023 wurde ein Persönlichkeitsbild zum Beklagten erstellt.
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Mit Verfügung vom 7. Juni 2023 wurde der Beklagte unter Einbehalt von Dienstbezügen von 35% sowie jährlichen Sonderzahlungen vorläufig des Dienstes enthoben.
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Mit Schreiben vom 7. Juni 2023 wurde dem Beklagten das Ermittlungsergebnis mitgeteilt und Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme gegeben. Der Beklagte äußerte sich mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 21. September 2023.
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Am 9. Oktober 2023 erhob die Disziplinarbehörde Disziplinarklage. Auf den Inhalt der Klageschrift vom 2. Oktober 2023 wird verwiesen. Die Disziplinarbehörde beantragte für den Kläger,
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den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
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Der Beklagte beantragte,
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auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen.
14
Die Schwere der Dienstverfehlung rechtfertige noch nicht die Höchstmaßnahme.
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Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte mit dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 23. April 2025 und die vom Kläger vorgelegten Verfahrensakten nebst der Personalakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Gegen den Beklagten wird auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG) erkannt.
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1. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine wesentlichen Mängel auf (vgl. Art. 53 BayDG). Der Beklagte hat solche auch nicht geltend gemacht.
18
2. Das Disziplinargericht legt seiner Entscheidung den in der Disziplinarklage dargestellten Sachverhalt zugrunde:
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1.1. Der Beklagte brachte zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt vor dem oder am 31.05.2021 ein verstecktes Aufnahmegerät, namentlich eine sog. Spy Powerbank der Firma …, Modell … …, das sich bei der Überschreitung einer gewissen Lautstärkenschwelle durch Umgebungsgeräusche selbständig aktiviert, unter dem Fensterbrett des Besprechungs-/ Unterrichtsraums der PI … … in der … …, … … an, um damit heimlich nichtöffentliche Gespräche seiner Vorgesetzen und Kollegen aufzuzeichnen.
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Im Zeitraum 31.05.2021 bis 21.08.2021 zeichnete er auf diese Weise unbefugt mindestens 2.129 Audiodateien auf.
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Mindestens 848 der von ihm aufgenommenen Audiodateien (1,45 GB Datenvolumen) übertrug er am 31.05.2021 bzw. am 30.07.2021 auf sein privates Notebook, wobei er das Aufnahmegerät jeweils anschließend wieder unter dem Fensterbrett des Besprechungsraums anbrachte. Die übertragenen Aufnahmen umfassen u.a. 21 Besprechungsmitschnitte zwischen Vorgesetzten und Kollegen im Umfang von 21 Stunden 42 Minuten und 43 Sekunden.
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1.2. Am 02.08.2021 übersandte der Beklagte von seinem privaten Mobiltelefon über den Nachrichtendienst Threema vier Audiodateien mit von ihm am 31.05.2021 und am 21.06.2021 unbefugt und heimlich erstellten Aufnahmen von nichtöffentlichen, dienstlichen Gesprächen an das private Mobiltelefon seiner Kollegin PHMin+ … …, ebenfalls Angehörige der PI … …
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Die erste Audiodatei beinhaltet ein Gespräch zwischen dem damaligen Dienststellenleiter des Beklagten – EPHK … … –, seiner damaligen stellvertretenden Dienststellenleiterin – PHKin+ … … – sowie POR … … und PHK+ …, in dem beispielsweise die Frage thematisiert wird, wer zukünftig eine Art Dienstaufsicht über das …team übernehmen könnte. Es wird über verschiedene Kandidaten diskutiert.
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Auf der zweiten Audiodatei sprechen PHKin+ …, POR … und PHK+ … über die Eignung verschiedener Mitarbeiter, wobei auch negative Aspekte angesprochen werden. Beispielswiese fallen im Rahmen der Diskussion über die Eignung von PHMin+ … … als zukünftige … unter anderem folgende Äußerungen: „Das Problem ist, dass es dann innerhalb der Mannschaft erheblichste Querelen gegeben hat mit ihr“, „Was ist Ios, warum passt die nicht? Was ist mit der faul?“ – Antwort „Das Sozialverhalten“ und „Wenn man weiter zurückgeht, dann hat sie ja mal eine Zeitlang den … unterstellt bekommen und wollte da was bewirken. Es hat es keine zwei Tage gedauert und der ganze … war in absolutem Aufruhr, wie sie mit den Leuten und Menschen umgeht, also das hat sie in zwei Tagen geschafft, dass die alle so einen Hals auf sie hatten. Also das war schon mal die erste Leistung. Die nächste Leistung war ein Gespräch, nachdem sie anlässlich eines BAO-Einsatzes im … … drei andere …, die noch unerfahrener sind wie sie, führen sollte. Es war im Endeffekt ein bisschen ein Einteilungsfehler, da waren sie zu viert unterwegs und da auch derart geführt hat, dass alle anderen gesagt haben, so nicht mit uns! Das wollte ich dann mit ihr bzw. hab es dann mit ihr kommuniziert – da müsste ich mein Buch holen, dann könnte ich dir konkreter was noch dazu sagen – habe aber gesagt: „Du, so und so“, habe die Fakten auf den Tisch gelegt und dann war ihre Antwort: „Wenn du mir so kommst, dann rede ich ohne Personalrat hier überhaupt nicht mehr weiter.“ Das ist so ihre Masche. Im Endeffekt ist sie ist sie vom Typ her […] eigentlich ein sehr verletzlicher Typ, ähm das wird sie nicht nach außen tragen, insofern baut sie eine riesen Mauer um sich herum und wie so ein kleiner Terrier.“ Des Weiteren wird auch über PHMin+ … gesprochen, wobei es u.a. heißt: „Also solange sie auf weitere Personen trifft, die sich widerspruchslos unterordnen, haben die kein Problem miteinander. Wenn sie aber auf weitere dominante Typen trifft…“ – Antwort „Kann man fast Angst haben“.
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Bezogen auf weitere Kollegen wird u.a. das Folgende ausgeführt: „Was ich mitkriege ist halt, dass sich … mit … nicht versteht“, „es ist halt unterschwellig. Aber es ist faktisch so, dass was gemacht werden muss, egal wie man es gestaltet. Es muss die Hierarchie zwischen den beiden geklärt werden. Ein Nebeneinander funktioniert nicht“ und „wie ich jetzt nicht da war, gab es wieder eine Situation, wo sie aneinandergeraten sind, wo sie dann nur noch über Mail miteinander kommuniziert haben und so stelle ich es mir auch einfach nicht vor auf Dauer. Also und es ist auch müßig, das Kleinkindergärtnerspiel. Und selbst wenn es nicht so wäre, muss trotzdem klar sein, wer, wann, was zu sagen hat. Und da hapert es halt.“
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In der dritten Audiodatei thematisieren PHKin+ … und POR … u.a. die psychische Ausnahmesituation, in der sich PHK+ … wegen der Erkrankung seiner Frau befand, sowie ihre Sorge, wie ein naher Kontakt mit PHMin+ … … nach außen wirke. Geäußert wird beispielsweise: „Der Kollege … ist momentan in einer Ausnahmesituation, weil er mit seiner Frau im Stress ist – dann sehe ich, dass der mit der Frau … in einem Lastwagen eingeteilt ist Richtung …“ […] „da hab ich gesagt, das finde ich nicht ok“ [ … ] „Die … – wie du selbst sagst – sitzt da und heult“ [… ] „da muss ja schon nicht mal was passiert sein, aber das kriegt jemand mit“.
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In der vierten Audioaufnahme diskutieren PHK … …, PHKin+ … … und POR … … die Qualifikation von PHMin+ …, da teilweise Unverständnis herrscht, dass sie zur stellvertretende Dienstgruppenleiterin ernannt wurde, obgleich sie … und bei der Vermittlung entsprechender Inhalte teilweise als ungeeignet angesehen werde. Dabei fallen u.a. Aussagen wie: „Die … [..] da heißts seit drei Jahren immer, die ist nicht geeignet für'd … – und jetzt macht's ihr sie aber zur stellvertretenden Dienstgruppenleiterin?“ – Antwort: „Ja weil sie … nicht geeignet ist. [… ] die … einfach schwach.“
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Durch die Übersendung der Aufnahmen wollte der Beklagte PHMin+ … die Möglichkeit zur Kenntnisnahme der Aufnahmen einräumen und sie gegen ihre Kollegen bzw. Vorgesetzten aufbringen…
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2.1. Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt vor dem 10.05.2021 stellte der Beklagte eine verdeckte Kamera im Regal im Sportraum der PI … … in der … …, … … auf, um damit jedenfalls im Zeitraum zwischen dem 10.05.2021 und dem 26.05.2021 heimlich Videoaufnahmen anzufertigen. Auf diese Weise fertigte er jedenfalls am 17.05.2021 und 19.05.2021 Aufnahmen von PHMin … … sowie am 10.05.2021 und 26.05.2021 Aufnahmen von PHK+ … an.
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2.2. Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 26.05.2021 und dem 05.07.2021 versendete der Beklagte an das Polizeipräsidium München, Abschnitt Ergänzungsdienste, ein Kuvert mit verschiedenen Bildaufnahmen in Form von Aufnahmen von Dienstplänen, einem Hinweiszettel betreffend die coronabedingte Sperrung der Sporträume, dem Trainingsbuch von PHMin … sowie Bildaufnahmen von PHK+ … (datiert auf den 10.05.2021 und 26.05.2021) und PHMin … (datiert auf den 17.05.2021 und 19.05.2021) im o. g. Sportraum.“
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Der vorstehende Sachverhalt unter I.1. der Disziplinarklageschrift deckt sich im Wesentlichen mit den tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 18. August 2022. Diese sind zwar nicht bindend. Sie entfalten aber Indizwirkung und können der Entscheidung im Disziplinarverfahren ohne nochmalige Prüfung zugrunde gelegt werden, zumal der Beklagte die Vorwürfe vollumfänglich eingeräumt hat (vgl. Art. 25 Abs. 2, Art. 55 BayDG; BayVGH, U.v. 5.11.2014 – 16a D 13.1568 – juris Rn. 32). Letzteres gilt auch hinsichtlich des Sachverhalts unter I.2. in der Disziplinarklageschrift, bezüglich dem das strafrechtliche Ermittlungsverfahren mit staatsanwaltlicher Verfügung vom 12. August 2022 nach § 154 StPO eingestellt wurde. Die Erkenntnisse hieraus können ebenfalls gemäß Art. 25 Abs. 2 BayDG verwertet werden.
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3. Der Beklagte hat durch die ihm zur Last gelegten Taten innerdienstlich ein einheitliches Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen.
33
Mit den vom Beklagten verübten Straftaten der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes hat er als Amtsträger vorsätzlich und schuldhaft gegen die Pflicht zur Beachtung der Gesetze verstoßen (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG i.V.m. § 201 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 3, § 205, § 53 StGB). Das Disziplinargericht hat keinen Anlass, von der rechtlichen Einschätzung des Amtsgerichts München in dessen Strafbefehl abzuweichen. Darüber hinaus ist ein entsprechender Pflichtverstoß des Beklagten auch bezüglich der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen (§ 201a Abs. 1 Nr. 1 und 4, § 205, § 53 StGB) anzunehmen, in dem er mit einer Kamera heimlich Aufnahmen im Sportraum von zwei Kollegen fertigte und Dritten zugänglich machte. Der Sportraum, der Angehörigen der Dienststelle zur Verfügung steht, ist als gegen Einblicke besonders geschützter Raum anzusehen. Strafanträge wurden jeweils gestellt.
34
Damit einher gehen vorsätzliche und schuldhafte Verstöße gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG bzw. § 34 Satz 3 BeamtStG in der bis 6.7.2021 gültigen Fassung – a.F.) und gegen die Folgepflicht (§ 35 Satz 2 BeamtStG), weil der Beklagte private EDV-Anlagen in Diensträumen sowie im Zusammenhang mit dienstlichen Daten ohne dienstlichen Anlass verwendete (Nr. 2.7 EDV-Rahmenrichtlinie).
35
4. Die festgestellten Dienstpflichtverletzungen wiegen nach der gebotenen Gesamtwürdigung so schwer, dass die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis die angemessene Disziplinarmaßnahme darstellt.
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Nach Art. 14 Abs. 1 BayDG ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 12 m.w.N.). Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer obliegenden Pflicht das für die Ausübung des Amts erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG).
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Da die Schwere des Dienstvergehens nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des Art. 6 Abs. 1 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzungen, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld, Beweggründe für das Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 16).
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Fallen – wie hier – mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, die in ihrer Gesamtheit das einheitliche Dienstvergehen ergeben, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung (BVerwG, U.v. 8.9.2004 – 1 D 18.03 – juris Rn. 47). Diese liegt hier in dem heimlichen Fertigen und Verwenden von Audioaufnahmen von Kollegen und Vorgesetzten.
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Zur konkreten Bestimmung der disziplinaren Maßnahme bei innerwie bei außerdienstlichen Vergehen ist in aller Regel in einer ersten Stufe auf den Strafrahmen zurückzugreifen, weil der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 19 f.; U.v. 24.10.2019 – 2 C 3.18 – juris Rn. 29; BayVGH, B.v. 28.9.2016 – 16a D 14.991 – juris Rn. 54). Diese grundsätzliche Ausrichtung am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarrechtliche Ahndung der Dienstvergehen und verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Gehalts eines Dienstvergehens an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen. Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind (BVerwG, U.v. 16.6.2020 – 2 C 12.19 – juris Rn. 21). Begeht ein Beamter eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme schon bei Straftaten, die keinen besonderen Bezug zu der dienstlichen Stellung des Beamten aufweisen, bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, U.v. 24.10.2019 – 2 C 3.18 – juris Rn. 29; BayVGH, U.v. 18.12.2024 – 16a D 23.525 – juris Rn. 34).
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Allerdings ist bei Verstößen gegen Vorschriften zum Schutz des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs (insbesondere im fünfzehnten Abschnitt des Strafgesetzbuchs, §§ 201 bis 206 StGB) eine generelle deliktsgruppenbezogene Bestimmung der als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen regelmäßig erforderlichen Disziplinarmaßnahme (Regeleinstufung) aufgrund der Variationsbreite der in Frage kommenden Verstöße nicht möglich. Vielmehr ist bei der Ahndung von Dienstpflichtverletzungen in diesem Bereich der gesamte abgestufte und ausdifferenzierte Katalog in den Blick zu nehmen. Sowohl die Schwere des strafrechtlichen Unrechtsgehalts als auch die des Dienstvergehens kann deutlich variieren, je nach der Sensibilität des in Rede stehenden Geheimnisses, und die denkbaren Verletzungshandlungen des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs können von stark unterschiedlichem Gewicht sein. Auch innerhalb der Gruppe der Straftaten schwankt der angedrohte Strafrahmen deutlich. Der unterschiedlich hohe Unrechtsgehalt des Dienstvergehens muss demnach auch maßgeblichen Einfluss auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme haben. Je nach der Schwere der Tat und der Gesamtumstände kann eine Dienstentfernung oder noch eine pflichtenmahnende, für den Beamten weniger einschneidende Disziplinarmaßnahme angemessen sein (BVerwG, U.v. 29.10.2013 – 1 D 1.12 – BVerwGE 148, 192 = juris Rn. 42; BayVGH, U.v. 26.9.2014 – 16a D 13.253 – juris Rn. 151 f.).
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Dies zugrunde gelegt, ist bei der Betrachtung der konkreten Taten des Beklagten im Zusammenhang mit der Fertigung und Verwendung von Audioaufnahmen von der Eröffnung des Orientierungsrahmens bis zur Entfernung aus dem Dienst auszugehen. Nach der sodann anzustellenden Gesamtbetrachtung ist der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er durch sein Dienstvergehen das Vertrauen des Klägers und der Allgemeinheit endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG).
42
a) Das Dienstvergehen des Beklagten ist als äußerst schwerwiegend anzusehen.
43
Der Beklagte hat als Amtsträger gegen die Vertraulichkeit des Wortes verstoßen und damit eine Straftat begangen, für die ein Strafrahmen bis zu einer Freistrafe von fünf Jahren eröffnet ist (vgl. § 201 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 3 StGB). Er hat über einen monatelangen Zeitraum und in einer Vielzahl von Fällen gegen die leicht einsehbare Pflicht, die Vertraulichkeit dienstlicher (Personal-) Gespräche zu wahren, eklatant verstoßen. Erschwerend wirkt sich insoweit aus, dass dem Beklagten als Polizeibeamten, dem die Wahrung von Recht und Gesetz obliegt, in besonderem Maße die Strafbarkeit seines Tuns vor Augen gestanden haben muss. Zudem zeugt seine planvolle Vorgehensweise, heimlich eine automatisierte Aufnahmevorrichtung in einem Besprechungsraum der Polizeiinspektion anzubringen, um auf diese Weise ohne dass Erfordernis seiner Anwesenheit wahllos Aufzeichnungen von Gesprächen zu erlangen, die nicht zu seiner Kenntnis bestimmt waren, von einem hohen Maß an krimineller Energie. Der Beklagte konnte aufgrund der Art seiner Tatbegehung im Übrigen nicht ausschließen, dass Inhalte aufgezeichnet werden, die einer besonderen Geheimhaltung unterliegen. Negativ ist darüber hinaus zu werten, dass der Beklagte die aufgenommenen Audiodateien, zu denen 21 Besprechungsmitschnitte zwischen Vorgesetzten und Kollegen zählten, nicht nur auf sein privates Notebook übertrug und auswertete, sondern vier Audiodateien mit – aus seiner Sicht negativen Gesprächsinhalten – auch gebrauchte, indem er diese an eine Kollegin übermittelte. Der Umstand, dass dies die Kollegin gegen Vorgesetzte und Kollegen hätte aufbringen können, woraus wiederum Unfrieden und Störungen des Dienstbetriebs hätten resultieren können, hielt ihn nicht von seinen Taten ab. Vielmehr spekulierte er darauf, die Kollegin als „Verbündete“ gegen Angehörige der Dienststelle zu gewinnen, von denen er sich ungerecht behandelt fühlte.
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Zulasten des Beklagten ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass er weitere Verstöße gegen Vorschriften mit gleicher Schutzrichtung beging. Soweit der Beklagte heimlich Bildaufnahmen von Kollegen fertigte, die in Zeiten der coronapandemiebedingten Sperrung des Sportraums gegen diese Infektionsschutzmaßnahme verstießen, und die Aufnahmen sowie ergänzende Unterlagen und Informationen an dienstvorgesetzte Stellen übermittelte, ließ er ebenfalls ein hohes Maß an krimineller Energie und zudem seine Absicht erkennen, den von seiner Überwachung betroffenen Angehörigen der PI … zu schaden.
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b) Mildernde Umstände von solchem Gewicht, die trotz der Schwere des Dienstvergehens die Verhängung der Höchstmaßnahme als unangemessen erscheinen lassen, liegen nicht vor.
46
Hat das Dienstvergehen insgesamt ein solches Gewicht, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Disziplinarmaßnahme indiziert ist, kommt es für die Bestimmung der im konkreten Einzelfall zu verhängenden Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beklagten und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG derart ins Gewicht fallen, dass ausnahmsweise eine mildere Maßnahme geboten ist (vgl. BayVGH, U.v. 29.1.2025 – 16a D 23.497 – juris Rn. 74 m.w.N.).
47
aa) Ein von der Rechtsprechung anerkannter (klassischer) Milderungsgrund, der zum Absehen von der Höchstmaßnahme führen könnte, liegt nicht vor. Insbesondere finden sich für eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit keine ausreichend konkreten Anhaltspunkte und hat sich der Beklagte auch erst nach der Aufdeckung der Taten geständig und reuig gezeigt.
48
bb) Die Voraussetzungen für die Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme sind auch unter Einbeziehung des gesamten Persönlichkeitsbildes des Beklagten in die Gesamtschau gegeben.
49
Stehen der Beklagten keine in der Rechtsprechung anerkannten Milderungsgründe zur Seite, bedeutet dies nicht, dass die entlastenden Aspekte ihres Persönlichkeitsbildes bei der Maßnahmebemessung unberücksichtigt bleiben dürften. Sie sind vielmehr auch dann mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen, wobei generell gilt, dass dieses umso größer sein muss, je schwerer das Dienstvergehen im Einzelfall wiegt (BayVGH, U.v. 29.1.2025 – 16a D 23.497 – juris Rn. 78 f.).
50
Das über den Beklagten erstellte Persönlichkeitsbild zeigt keine besonderen positiven Eigenschaften, die auch nur ansatzweise die Schwere seiner Dienstpflichtverletzung verringern könnten. Es ergibt sich vielmehr ein gemischtes Bild eines als … eingesetzten Beamten, der zwar im Bereich der Verkehrsüberwachung überdurchschnittliche Leistungen oder bei der Tierpflege hohes Engagement, darüber hinaus eine hohes Maß an Hilfsbereitschaft zeigte, andererseits aber Defizite im Kommunikationsverhalten mit Bürgern oder Kollegen und Vorgesetzten aufwies, in Bezug auf den Erwerb der …fähigkeiten nur zögerliche Fortschritte machte und innerhalb der PI verfolgte Ausbildungsziele nicht oder nur unzureichend umsetzte. Zudem wurde ihm bescheinigt, Schwierigkeiten damit zu haben, anderslautende Meinungen oder hierauf basierende Entscheidungen zu akzeptieren.
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Die fehlende strafrechtliche und disziplinare Vorbelastung kann vorliegend weder für sich genommen noch in der Gesamtschau ein anderes Abwägungsergebnis zur Folge haben. Die langjährige Beachtung der Dienstpflichten ist nicht geeignet, die schweren Pflichtenverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (vgl. BVerwG, B.v. 23.1.2013 – 2 B 63.12 – juris Rn. 13 m.w.N.).
52
Ebenso wenig kann sich der Beklagte erfolgreich auf eine Entgleisung während einer zwischenzeitlich überwundenen negativen Lebensphase, die ihn zum Zeitpunkt der Tatbegehung aus der Bahn geworfen hatte, berufen (vgl. BVerwG, B.v. 15.6.2015 – 2 B 49.15 – juris Rn. 10 f.; B.v. 15.6.2016 – 2 B 49.15 – juris Rn. 13). Solche früheren Lebensumstände des Beklagten, die sein dienstpflichtwidriges Verhalten weniger gravierend erscheinen lassen würden und im Rahmen der Gesamtwürdigung durchgreifend sein könnten, sind nicht ersichtlich.
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Der Beklagte machte zwar geltend, er sei innerhalb der Dienststelle, insbesondere von …lehrerseite diskriminiert, schikaniert und abgelehnt, also gemobbt worden (vgl. BVerwG, U.v. 11.6.2002 – 2 WD 38/01 – juris Rn. 21, BayVGH, U.v. 23.10.2019 – 16b D 18.1673 – juris Rn. 34 m.w.N.). Es ist dem Beklagten auch zugute zu halten, dass nach Aktenlage bzw. den Ergebnissen der Ermittlungen im strafrechtlichen Verfahren von einem schlechten Betriebsklima und verschiedenen Lagern (* …lehrer einerseits, Mannschaft andererseits) innerhalb der …staffel sowie davon auszugehen ist, dass sich der Beklagte subjektiv gemobbt fühlte und Leidensdruck empfand. Der Beklagte berichtete insbesondere davon, dass seine Probezeit verlängert wurde, ohne zuvor mit ihm darüber zu sprechen, dass er eine schriftliche Hausarbeit habe abfassen müssen und wegen angeblich zu hohen Gewichtes bloßgestellt worden sei. Er sei wegen jeden kleinen Fehlers zurechtgewiesen worden, während andere auf der Dienststelle, die sich nicht korrekt verhielten, keine Konsequenzen erfahren hätten. Von Vorgesetzten habe er keine Unterstützung erfahren, sondern sei als zu empfindlich befunden worden. Andererseits ist dem Persönlichkeitsbild zum Beklagten zu entnehmen, dass seine … Fähigkeiten zu bemängeln gewesen seien und er zum Teil „nicht belehrbar“ gewesen sei. Fachliche Kritik ist von Mobbing zu trennen, auch wenn sie den Betroffenen schmerzt und von ihm nicht nachvollzogen werden kann. Ob es tatsächlich ein systematisches, gegen den Beklagten gerichtetes und ihn schikanierendes oder diskriminierendes Handeln gab, kann letztlich jedoch dahinstehen, da sich der Beklagte als Polizeibeamter in jedem Fall nicht hätte dazu hinreißen lassen dürfen, die hier in Rede stehenden Straftaten zu begehen. Auch eine tatsächliche Mobbingsituation würde das Verhalten des Beklagten nicht in einem besseren Licht erscheinen lassen. Vielmehr ist unabhängig davon das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in Anbetracht der Schwere des Dienstvergehens als zerstört anzusehen, zumal der Beklagte andere, ihm rechtlich offenstehende Möglichkeiten, um seine missliche Situation zu verbessern (z.B. Einschaltung des Personalrats, der übergeordneten Dienststelle, des psychologischen Dienstes, ggf. sogar Anträge auf Umsetzung bzw. Versetzung) auch nach seinem eigenen Vortrag in der mündlichen Verhandlung nicht einmal ernsthaft versucht, erst recht nicht ausgeschöpft hat.
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Schließlich kann sich auch die Verfahrensdauer nicht als mildernder Umstand auswirken. Ergibt – wie im vorliegenden Fall – die für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme erforderliche Gesamtwürdigung aller erschwerenden und mildernden Umstände des Dienstvergehens, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten ist, kann davon nicht abgesehen werden, weil das Disziplinarverfahren unangemessen lange gedauert hat. Ein Verbleib im Beamtenverhältnis ausschließlich aufgrund einer überlangen Verfahrensdauer – die hier im Übrigen u.a. in Anbetracht der abzuwartenden Strafverfahren auch noch nicht anzunehmen wäre – ließe sich nicht mit dem Zweck der Disziplinarbefugnis, nämlich dem Schutz der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und der Integrität des Berufsbeamtentums, vereinbaren (vgl. BVerwG, B.v. 12.7.2018 – 2 B 1.18 – juris Rn. 9).
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5. Angesichts des vom Beklagten begangenen Dienstvergehens und der aufgezeigten Gesamtwürdigung ist die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nicht unverhältnismäßig. Der Beamte hat besonders schweres Fehlverhalten gezeigt und damit die Vertrauensgrundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses endgültig zerstört. Seine Entfernung aus dem Dienst ist die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Eine anderweitige Verwendung der Beklagten – verbunden mit einer Disziplinarmaßnahme unterhalb der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis – kommt nicht als „mildere Maßnahme“ in Betracht, wenn – wie hier – das Vertrauensverhältnis des Dienstherrn aufgrund eines schweren Dienstvergehens endgültig zerstört ist. Die darin liegende Härte – insbesondere hinsichtlich des Verlustes der Dienstbezüge bzw. des künftigen Ruhegehalts – ist nicht unverhältnismäßig oder unvereinbar mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise. Sie beruht auf dem vorangegangenen Fehlverhalten des für sein Handeln verantwortlichen Beklagten, der wissen musste, dass er hiermit seine berufliche Existenz aufs Spiel setzt (vgl. BayVGH, U.v. 20.3.2024 – 16a D 22.2572 – juris Rn. 57).
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Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 BayDG.