Inhalt

VGH München, Beschluss v. 07.05.2025 – 9 ZB 25.30378
Titel:

Verwaltungsgerichte, Rechtliches Gehör, Kostenentscheidung, Gehörsverstoß, Gerichtskosten, Parteivorbringen, Erkenntnismittelliste, Zulassungsantrag, Auskünfte des Auswärtigen Amtes, Tatsächliches Vorbringen, Entscheidungsgründe, Zulassungsverfahren, Unanfechtbarkeit, Besondere Umstände, Wesentlicher Umstand, VGH München, mündlich Verhandlung, Rechtskräftige, Ausführung, Verfassungsrechtliche

Schlagworte:
Rechtliches Gehör, Gehörsverstoß, Unglaubhaftigkeit des Vortrags, sexuelle Identitätsfindung, Homosexualität, Kostenentscheidung
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 18.03.2025 – M 5 K 24.32564
Fundstelle:
BeckRS 2025, 9211

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 18. März 2025 – M 5 K 24.32564 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) nicht hinreichend dargelegt ist (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG), jedenfalls nicht vorliegt.
2
Das rechtliche Gehör sichert den Beteiligten ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situations-spezifisch gestalten können, insbesondere, dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG, B.v. 30.4.2003 – 1 PBvU 1/02 – BVerfGE 107, 395/409 = NJW 2003, 1924). Das rechtliche Gehör gewährleistet im Sinn der Wahrung eines verfassungsrechtlich gebotenen Mindeststandards, dass ein Kläger die Möglichkeit hat, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Die Gerichte sind nicht verpflichtet, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu bescheiden. Ein Gehörsverstoß liegt deshalb nur vor, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfG, B.v. 29.10.2015 – 2 BvR 1493/11 – NVwZ 2016, 238/241).
3
Der Kläger stützt den geltend gemachten Gehörsverstoß zum einen darauf, das Gericht habe angenommen, homosexuelle Personen in Uganda müssten zwingend eine von Suchbewegungen und inneren Konflikten geprägte Identitätsfindung durchlaufen haben. Mit diesem Vortrag legt er keine Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs dar. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil auf den grundlegenden Ansatz im genannten Aufsatz, dass die Entdeckung der Sexualität nicht geradlinig und konsequent sei, Bezug genommen – und nicht auf die aufgezählten Analyseschritte – und diesen darüber hinaus nicht als zwingend bezeichnet, wie der von ihm verwandte Ausdruck „regelmäßig“ zeigt (UA S. 7). Vielmehr hat es in erster Linie gemäß § 77 Abs. 3 AsylG zur Begründung auf den Bescheid der Beklagten vom 26. Juli 2024 und dessen Ausführungen verwiesen und ergänzend den Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 17. März 2025 umfassend dahingehend gewürdigt, dass dieser nicht hinreichend viele Realkennzeichen aufweise, um davon auszugehen, dass er erlebnisbasiert sei. Sein Vortrag zur Homosexualität sei vielmehr detailarm und nicht plausibel, mithin unglaubhaft. Soweit das Gericht zusätzlich darauf abstellt, dass es keine „Suchbewegungen“ und „inneren Konflikte“ beim Kläger erkennen kann, so hat es dem Kläger die Möglichkeit gegeben, den Weg zur Entdeckung seiner sexuellen Identität auf eine für in Ländern, in denen Homosexualität staatlich oder gesellschaftlich geächtet wird, meist auftretende Weise zu erläutern, indem es den komplexen Prozess der sexuellen Identitätsfindung in einzelne Fragen aufgeteilt und damit für den Kläger leichter erklärbar gemacht hat (UA S. 8). Darüber hinaus hat das Gericht die Unglaubhaftigkeit des Vortrags des Klägers darauf gestützt, dass er wesentliche Umstände seiner Anhörung von dem Bundesamt in seinem Vortrag vor Gericht anders dargestellt hat (UA S. 9).
4
Das Gericht hat sein Urteil auch nicht auf eine fehlerhafte Grundlage gestützt. Sofern der Kläger meint, dass homosexuelle Handlungen noch nicht unter Strafe standen, als er seine entsprechenden sexuellen Neigungen im Jahr 2010 erkannt habe, ist das nicht richtig. Laut Auskunft des Auswärtigen Amtes an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 19. Februar 2019, die das Verwaltungsgericht laut Erkenntnismittelliste seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, sind homosexuelle Handlungen sowohl zwischen Männern als auch zwischen Frauen gemäß Artikel 145 des Strafgesetzbuches von 1950 unter Strafe gestellt.
5
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
6
Mit der gemäß § 80 AsylG unanfechtbaren Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).