Titel:
Straßenrechtliche Planfeststellung, Beseitigung eines Bahnübergangs auf einer Bundesstraße, Planrechtfertigung, Abwägungsgebot, Trassenwahl, Gebot der Konfliktbewältigung, Ausführungsplanung, unzumutbare Beeinträchtigung eines Gewerbebetriebs durch die Verkehrsführung während der Bauphase (verneint), Reputationsschaden (verneint)
Normenketten:
FStrG § 17, § 17e
BayVwVfG Art. 74
Schlagworte:
Straßenrechtliche Planfeststellung, Beseitigung eines Bahnübergangs auf einer Bundesstraße, Planrechtfertigung, Abwägungsgebot, Trassenwahl, Gebot der Konfliktbewältigung, Ausführungsplanung, unzumutbare Beeinträchtigung eines Gewerbebetriebs durch die Verkehrsführung während der Bauphase (verneint), Reputationsschaden (verneint)
Fundstelle:
BeckRS 2025, 9199
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens im Verhältnis ihrer Anteile am Gesamtstreitwert.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Klägerinnen wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 30. Juni 2022 für die Bundesstraße B 304 München – Wasserburg a. Inn, mit dem der Bahnübergang Reitmehring beseitigt werden soll.
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Die Bundesstraße B 304 verläuft von München über Wasserburg a. Inn und Traunstein bis zur Landesgrenze nach Österreich. Bislang kreuzt die B 304 am Ortseingang von Reitmehring höhengleich den beschrankten Bahnübergang, der sich südlich des Bahnhofs Wasserburg a. Inn/Reitmehring befindet. Im Anschluss verläuft die B 304 durch die Ortslage von Reitmehring und am östlichen Ortsende über die B 15, sodass Fahrzeuge mit Zielrichtung Rosenheim nach der Abfahrt von der B 304 zunächst nach links auf die Münchner Straße abbiegen und dann als Linksabbieger auf die B 15 Richtung Süden auffahren müssen.
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Gegenstand des Vorhabens ist die Errichtung eines Bauwerks südlich des bestehenden Bahnübergangs mit einer Brücke über die Bahngleise und einer daran anschließenden Tieflage der B 304 in einem Tunnel- und Trogbauwerk durch die Ortslage bis ungefähr zur Bürgermeister-Schmid Straße, von wo aus die B 304 im Bestand weitergeführt wird. Die innerörtlichen Straßen (Megglestraße, Bahnhofstraße, Zettlweg und Bürgermeister-Schmid Straße), bei denen die Tieflage der Bundesstraße die bestehenden Einmündungen in die B 304 unterbricht, werden über ein teilplanfreies Rampensystem und einen Kreisverkehrsplatz an die neue B 304 angeschlossen. Zur B 15 in Fahrtrichtung Rosenheim wird am Ortsende eine Direktrampe errichtet. Der bestehende beschrankte Bahnübergang wird rückgebaut.
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Die Klägerin zu 1 ist eine milch- und molkeverarbeitende Unternehmensgruppe, der die Klägerin zu 2 als operative Betriebsgesellschaft angehört. Die Klägerin zu 1 ist Eigentümerin von Grundstücken, die in Teilbereichen dauerhaft, teils nur vorübergehend zur Realisierung der Planung in Anspruch genommen werden sollen. Die Klägerin zu 2 betreibt auf dem Werksgelände die Unternehmenszentrale mit Werk. Die Werkszufahrt erfolgt über die Megglestraße, die von Norden nach Süden östlich am gesamten Werksgelände vorbei verläuft. Im Norden mündet die Megglestraße in die B 304, in deren westlichen Bereich der Bahnübergang der Bahnstrecke München-Wasserburg liegt, im Süden verläuft die B 15.
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Am 23. August 2022 haben die Klägerinnen gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben. Sie befürchten erheblich negative bis existenzbedrohende Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb des Werkes. Die Megglestraße sei nicht geeignet zur Aufnahme zusätzlichen Fahrtaufkommens, welches während der Bauphase durch die geplante Umleitung des Verkehrs der B 304 über die Megglestraße entstehe. Fachkundige Untersuchungen zu den Auswirkungen der Bauphase auf den Geschäftsbetrieb der ansässigen Gewerbebetriebe seien im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens nicht angestellt worden. Faktisch werde der Betrieb der Klägerinnen während der Bauphase und Nutzung der Megglestraße als Behelfsstraße aufgrund der dauerhaften Überlastung vom öffentlichen Verkehrsnetz abgeschnitten. Dies habe Auswirkungen auf die Funktionalität und Wirtschaftlichkeit des Geschäftsbetriebes insgesamt, da im Lebensmittelbereich streng einzuhaltende Transportfenster bestehen. Darüber hinaus sei auf den im Norden an das Werksgelände angrenzenden Grundstücken die Errichtung eines LKW-Wartebereichs und Umschlagplatzes geplant, da in den nächsten Jahren mit einer Erhöhung des betrieblichen An- und Ablieferverkehrs gerechnet werde. Die planfestgestellte dauerhafte Inanspruchnahme dieser Grundstücke verhindere jedoch die Realisierung dieser betriebsnotwendigen Planung, die aufgrund fehlender anderweitiger Erweiterungsflächen an keiner anderen Stelle des Betriebsstandortes umgesetzt werden könne. Die Klägerinnen befürchten des Weiteren erhebliche Reputationsschäden durch Verkehrsmeldungen, die auf Stau vor ihrem Betriebsgelände hinweisen. Schließlich erhöhe sich durch den Umfahrungsverkehr die verkehrliche Gefährdung jüngerer Verkehrsteilnehmer erheblich.
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Die Klägerinnen beantragen,
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I. Der Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 30. Juni 2022 wird aufgehoben.
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II. Es wird festgestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 30. Juni 2022 rechtswidrig ist und daher nicht vollzogen werden darf.
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Der Beklagte beantragt,
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Er tritt den klägerischen Ausführungen entgegen und verteidigt den Planfeststellungsbeschluss.
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Der Senat hat am 27. Februar 2024 mündlich verhandelt. Auf eine weitere mündliche Verhandlung haben alle Beteiligten verzichtet.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Der Senat entscheidet über die Klage der Klägerinnen ohne weitere mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO). Alle Beteiligten haben hierzu in der mündlichen Verhandlung ihr Einverständnis erklärt.
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Die zulässige Klage ist weder im Haupt- noch im Hilfsantrag begründet.
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A. Die Klage ist zulässig.
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I. Die Klägerinnen sind insbesondere klagebefugt (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO).
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Dies folgt für die Klägerin zu 1 schon daraus, dass sie im Zeitpunkt der Klageerhebung Eigentümerin von Grundstücken ist, welche für das Vorhaben teils vorübergehend, teils dauerhaft in Anspruch genommen werden und auf die sich daher gemäß § 19 FStrG die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses erstreckt (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 16). Keinen Einfluss auf die Klagebefugnis hat dabei, dass bei den betroffenen Grundstücken FlNr. 980 und 981 der Gemarkung A. … im Grundbuch anstelle der Klägerin zu 1 die M. Aktiengesellschaft als Eigentümerin aufgeführt wird. Denn bei der Klägerin zu 1, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, und der im Grundbuch eingetragenen Aktiengesellschaft handelt es sich um dieselbe Rechtsträgerin, die unter Wahrung ihrer rechtlichen Identität allein ihre Rechtsform geändert hat (§§ 190, 191 UmwG). Da bei einer rechtsformwechselnden Umwandlung der Rechtsträger identisch bleibt (§ 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG), kommt es weder zu einer Gesamtrechtsnachfolge eines Rechtsträgers in das Vermögen eines anderen Rechtsträgers noch bedarf es der Übertragung einzelner Vermögensgegenstände (vgl. BFH, U.v. 21.2.2022 – I R 13/19 – juris Rn. 20). Dies bedeutet, dass die Eigentumsübertragung auf die Klägerin zu 1 bereits kraft Gesetzes erfolgt ist und der Eintragung im Grundbuch lediglich eine deklaratorische Wirkung zukommt.
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Die Klägerin zu 2 ist als operative Betriebsgesellschaft ebenfalls klagebefugt, da eventuelle Auswirkungen der streitgegenständlichen Planung möglicherweise ihren Geschäftsbetrieb beeinträchtigen. Sie kann daher als Rechtsverletzung geltend machen, dass ihre aus dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb folgenden schutzwürdigen Belange bei der Planfeststellung nicht gesehen oder jedenfalls nicht ihrem Gewicht entsprechend in die fachplanerische Abwägung einbezogen worden sind (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 4 A 11.17 – juris Rn. 15 m.w.N.; VGH BW, U.v. 19.7.2023 – 14 S 504/21 – juris Rn. 63).
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II. Die Klageerhebung am 23. August 2022 erfolgte fristgemäß. Die einmonatige Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO wurde durch die öffentliche Bekanntmachung des Planfeststellungsbeschlusses und das Ende der darin bestimmten Auslegungsfrist – hier der 25. Juli 2022 – ausgelöst (§ 17 Abs. 1 Satz 8 FStrG, Art. 74 Abs. 5 Satz 3 BayVwVfG).
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B. Die Klage hat weder im Haupt- noch im Hilfsantrag Erfolg. Die Klägerinnen haben keinen Rechtsfehler aufgezeigt, der zur vollständigen oder teilweisen Aufhebung oder Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses führt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Klägerin zu 1 ist hinsichtlich der planfestgestellten Straßenbaumaßnahme als Grundstückseigentümerin enteignungsbetroffen, sodass ihr ein Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch) zusteht, soweit der geltend gemachte Fehler für die Inanspruchnahme ihrer Grundstücke kausal ist (vgl. BVerwG, U.v. 12.8.2009 – 9 A 64.07 – BVerwGE 134, 308 Rn. 24; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 26 ff.; U.v. 5.10.2021 – 7 A 13.10 – BVerwGE 173, 296 Rn. 23).
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Demgegenüber steht der Klägerin zu 2 als Gewerbetreibende kein Vollüberprüfungsanspruch zu. Sie vermag ungeachtet ihrer Betroffenheit in ihrem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nur die Verletzung von Verfahrensrechten und von gerade sie schützenden Normen des materiellen Rechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht jedoch eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 25).
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I. Formelle Mängel des Verfahrens zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, die ihren Klagebegehren ganz oder teilweise zum Erfolg verhelfen könnten, haben die Klägerinnen nicht geltend gemacht; solche sind für den Senat auch sonst nicht ersichtlich.
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II. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinen materiellen Rechtsfehlern.
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1. Die Planrechtfertigung für das Vorhaben liegt vor.
28
Die Planung ist gerechtfertigt, wenn für das beabsichtigte Vorhaben nach Maßgabe der vom Gesetz verfolgten Ziele einschließlich sonstiger gesetzlicher Entscheidungen ein Bedürfnis besteht, die geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also erforderlich ist. Das ist nicht erst bei der Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern bereits dann, wenn es vernünftigerweise geboten ist. Ist das Vorhaben – wie vorliegend – nicht bindend in einem Bedarfsplan enthalten, dient die Planrechtfertigung dem Zweck, solche Vorhaben, die nicht mit den Zielen des jeweiligen Fachrechts in Einklang stehen, bereits auf einer der Abwägung vorgelagerten und einer vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegenden Stufe auszuscheiden. Sie stellt eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit dar (vgl. BVerwG, B.v. 4.9.2018 – 9 B 24.17 – juris Rn. 3; B.v. 22.6.2023 – 7 VR 3.23 – BVerwGE 179, 226 Rn. 23).
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Das Vorhaben dient dem Ziel, Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 FStrG). Durch die Beseitigung des Bahnübergangs als relativ kleinräumig wirkendes Vorhaben soll neben der Erhöhung der Verkehrssicherheit die Leistungsfähigkeit der B 304 verbessert sowie die Verkehrsqualität der B 304 gesteigert werden (vgl. Planfeststellungsbeschluss vom 30.6.2022 [im Folgenden PFB] S. 24). Der Vorhabenträger misst dem Aspekt der Erhöhung des Verkehrsflusses besondere Bedeutung zu, nachdem auf beiden Bahnstrecken ein Taktanstieg geplant ist, der pro Tag zu höheren Schrankschließzeiten samt Rückstau auf beiden Seiten führen wird (vgl. PFB S. 24 f.). Die Beseitigung der bestehenden fünf plangleichen Einmündungen in die B 304 soll zu einer weiteren Verstetigung des Verkehrsflusses mit einhergehender Verbesserung der Verkehrssicherheit führen, da auf diese Weise gefahrgeneigte Ein- und Abbiegevorgänge entfallen (vgl. PFB S. 25). Zudem ist die deutliche Entschärfung eines Unfallhäufungspunkts am Knotenpunkt B 304/B 15 durch den Bau einer Direktrampe vorgesehen, indem die Fahrzeuge von der B 304 direkt, d.h. ohne unfallträchtiges Linksabbiegen, auf die B 15 Richtung Rosenheim auffahren und einfädeln können (vgl. PFB S. 25). Zugleich soll die Direktrampe den innerörtlichen Verkehr entlasten und den Durchgangsverkehr von der B 304 zur B 15 Richtung Rosenheim durch die Megglestraße vermindern (vgl. Erläuterungsbericht, Planunterlage 1 T2 S. 18; Verkehrsuntersuchung vom 22.7.2014, Planunterlage 20 S. 7). Die zusätzliche Tieferlegung der B 304 in Trog- und Tunnellage soll dazu dienen, die Anwohner der B 304 von Verkehrslärm zu entlasten und die durch die B 304 hervorgerufene trennende Wirkung der Ortsteile von Reitmehring verringern (vgl. PFB S. 25).
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Diese fachplanerischen Ausführungen, die für das Vorhaben sprechen, haben die Klägerinnen nicht substantiiert angegriffen. Ihr Einwand, der Planrechtfertigung mangele es an einer hinreichend ermittelten Tatsachengrundlage, kann die Planrechtfertigung nicht infrage stellen.
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a) Soweit die Klägerseite dies damit begründet, dass die Auswirkungen der Bauphase und der geplanten Trassenführung auf die vorhandenen Gewerbebetriebe nicht untersucht worden seien, handelt es sich nicht um eine Frage der Planrechtfertigung, sondern um eine eventuell nicht hinreichende Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange. Die Planrechtfertigung ist demgegenüber bereits dann gegeben, wenn das Vorhaben auf die Verwirklichung der mit dem einschlägigen Fachgesetz generell verfolgten öffentlichen Belange ausgerichtet und vernünftigerweise geboten ist. Daran bestehen vorliegend keine Zweifel.
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b) Mit ihrer Kritik, wonach nicht lediglich die konkrete Ausgangssituation der bereits erheblich belasteten Megglestraße, sondern auch die konkret absehbaren Auswirkungen mit einem etwaig zu befürchtenden Verkehrskollaps hätten ermittelt werden müssen, können die Klägerinnen ebenfalls nicht durchdringen. Der Planfeststellungsbehörde kam es erkennbar darauf an, mit dem streitgegenständlichen Vorhaben auf die gegenwärtige Verkehrsbelastung zu reagieren. Sofern sich das klägerische Vorbringen auf die dem Planfeststellungsbeschluss zugrundeliegende Verkehrsuntersuchung und die darin enthaltene Verkehrsprognose (vgl. Planunterlage 20) beziehen sollte, war diese nicht ausschlaggebend für das konkrete Planungsbedürfnis. Darüber hinaus wäre der Klägervortrag diesbezüglich zu unsubstantiiert.
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Unabhängig davon hat die Verkehrsuntersuchung nicht nur festgestellt, dass die Entlastung der Megglestraße von Durchgangsverkehren durch die geplante Verbindungsrampe zur B 15 aktuell sinnvoll ist. Bei Betrachtung der Verkehrsentwicklung und Prognose für das Jahr 2030 kommt die Verkehrsuntersuchung zu dem Ergebnis, dass es bei Beseitigung des Bahnübergangs bei dem an der Stelle der heutigen Einmündung B 304/Megglestraße geplanten Kreisverkehrsplatz keine Leistungsprobleme geben und die Belastung der Megglestraße insgesamt zurückgehen wird (vgl. Planunterlage 20 S. 10). Die von der Klägerseite in Auftrag gegebene und auf aktualisierten Verkehrszahlen beruhende „Begutachtung der verkehrlichen Auswirkungen der Umbaumaßnahmen am Bahnübergang Reitmehring“ vom 12. Januar 2024 bestätigt diese Einschätzung (vgl. Gutachten „Bahnübergang Reitmehring“ S. 16, 19). Es bestehen daher keine Anhaltspunkte dafür, dass das geplante Vorhaben einen Verkehrskollaps auf der Megglestraße hervorrufen könnte. Zudem wird die Anbindung der Megglestraße über den Kreisverkehr und die Rampen gegenüber dem Ist-Zustand deutlich verbessert. Die Klägerseite hat nicht nachvollziehbar dargelegt, woraus sie ihre Vermutung ableitet. Weitere Ermittlungen waren daher nicht erforderlich.
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2. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss genügt dem fachplanerischen Abwägungsgebot.
35
Bei der Planfeststellung einer Bundesfernstraße sind gemäß § 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG in der hier maßgeblichen, bis zum 28. Dezember 2023 geltenden Fassung (BGBl. I S. 2237; entspricht § 17 Abs. 1 Satz 6 FStrG n.F., BGBl. 2023 I Nr. 409) die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Das fachplanerische Abwägungsgebot verlangt, dass – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, – zweitens – in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und – drittens – weder die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 Rn. 200; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 Rn. 152). Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170,33 Rn. 656; U.v. 1.9.2022 – 7 A 7.21 – juris Rn. 15). Diese Maßstäbe wurden vorliegend eingehalten.
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a) Der Planfeststellungsbeschluss weist hinsichtlich der Wahl und Ausgestaltung der Plantrasse als Brückenbauwerk mit sich anschließendem Tunnel- und Trogbauwerk keinen Abwägungsfehler auf.
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Das fachplanerische Abwägungsgebot verlangt, sich ernsthaft anbietende Alternativlösungen bei der Zusammenstellung des abwägungserheblichen Materials zu berücksichtigen und mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange einzustellen.
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Die Auswahl unter verschiedenen Trassenvarianten ist abgesehen von rechtlich zwingenden Vorgaben eine fachplanerische Abwägungsentscheidung. Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials muss die Planfeststellungsbehörde alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigen und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange einstellen. Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit wären nur überschritten, wenn der Planfeststellungsbehörde beim Auswahlverfahren infolge fehlerhafter Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen wäre oder sich eine andere Variante unter Berücksichtigung aller Belange eindeutig als bessere, weil öffentliche und private Belange schonendere hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, U.v. 22.6.2017 – 4 A 18.16 – juris Rn. 25; U.v. 30.11.2020 – 9 A 5.20 – BVerwGE 170, 378 Rn. 39; U.v. 10.4.2024 – 11 A 4.23 – juris Rn. 41).
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Ausgehend davon hat die Planfeststellungsbehörde die ihr zustehende planerische Gestaltungsfreiheit nicht überschritten.
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aa) Die von der Klägerseite favorisierte Beibehaltung der Bundesstraße B 304 und Tieferlegung der Bahnlinien drängt sich schon deshalb nicht als bessere Alternative auf, weil sie rechtlich keine Alternative zur Plantrasse darstellt, sondern auf ein anderes Vorhaben („aliud“) hinausläuft (vgl. dazu BVerwG, U.v. 5.10.2021 – 7 A 13.20 – BVerwGE 173, 296 Rn. 80). Von einer Alternative kann in rechtlicher Hinsicht nicht mehr gesprochen werden, wenn wie hier ein anderer Vorhabenträger für das vorgeschlagene Projekt zuständig ist (vgl. BayVGH, U.v. 14.11.2024 – 8 A 22.40034 – juris Rn. 47). Da es sich bei der Feststellung des Plans zur Tieferlegung der Bahnlinien um ein eisenbahnrechtliches Vorhaben handelt, wäre nicht wie bei Planfeststellungsverfahren nach dem Bundesfernstraßengesetz die Regierung zuständig (vgl. Art. 39 Abs. 2 BayStrWG), sondern das Eisenbahn-Bundesamt (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BEVVG i.V.m. § 18 Abs. 1 AEG).
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bb) Unabhängig davon, hat die Planfeststellungsbehörde selbst die Höhenfreimachung des Bahnübergangs durch Tieferlegung der Bahnlinien aus Kostengründen abgelehnt. Unter Zugrundelegung der Kostenschätzung der staatlichen Bauverwaltung wurde die Planvariante (etwa 22 Millionen Euro) gegenüber der vorgeschlagenen Alternative (etwa 170 Millionen Euro) als deutlich wirtschaftlichere Lösung bevorzugt (vgl. PFB S. 91 f.). Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde sind berechtigt, ihrer Variantenprüfung Kostenschätzungen mit prognostischem Gehalt zu Grunde zu legen (vgl. BVerwG, U.v. 3.3.2011 – 9 A 8.10 – juris Rn. 90; U.v. 24.11.2011 – 9 A 23.10 – juris Rn. 56; U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – juris Rn. 144 f.; HessVGH, U.v. 9.7.2019 – 2 C 720/14.T – juris Rn. 132 ff.). Darüber hinaus gehört das Interesse an einer kostengünstigen Lösung zu den von dem Vorhaben berührten abwägungserheblichen öffentlichen Belangen, begründet im Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 der Bundeshaushaltsordnung. Dieses Kosteninteresse darf bei der Entscheidung für die eine oder andere Planungsvariante auch ausschlaggebend sein (vgl. BVerwG, U.v. 3.3.2011 – 9 A 8.10 – BVerwGE 139, 150 Rn. 99; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 715; HessVGH, U.v. 9.7.2019 – 2 C 720/14.T – juris Rn. 132 ff.).
42
cc) Darüber hinaus hätte sich eine Tieferlegung der Bahnlinien auch deshalb nicht eindeutig als bessere Variante aufdrängen müssen, weil durch diese Alternative die mit dem streitgegenständlichen Vorhaben verfolgten weiteren Ziele – wie die Verstetigung des Verkehrsflusses und die Verbesserung der Verkehrssicherheit durch Beseitigung der fünf plangleichen Einmündungen in die B 304, die Entlastung der Anwohner von Verkehrslärm und die Verringerung der Trennwirkung durch Tieferlegung der B 304 in Trog- und Tunnellage – nicht erreicht werden können.
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dd) Weder im Stadium der Grobanalyse noch bei der Detailprüfung der verbliebenen Varianten sind Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Planfeststellungsbehörde ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen wäre, weil sie Belange der Klägerinnen und die Bedeutung ihrer regionalen Arbeitgeberstellung fehlerhaft ermittelt, bewertet oder gewichtet hätte. Der Variantenuntersuchung und dem Variantenvergleich lässt sich vielmehr entnehmen, dass insbesondere bei der Variante Süd die Zerschneidung von Gewerbeentwicklungsflächen als negativ beurteilt wurde vor dem Hintergrund, dass ein Eingriff auf das Betriebserweiterungsgelände der Klägerinnen erfolgen würde (vgl. Erläuterungsbericht, Planunterlage 1 T2 S. 27).
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ee) Inwiefern die Möglichkeit einer alternativen Zufahrtsschaffung sich im Vergleich zur gewählten Variante unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen, lässt sich mangels konkreterer Angaben der Klägerinnen zu dieser Variante nicht beurteilen. Das klägerische Vorbringen zur erstmals in der Replik vom 19. Februar 2024 vorgeschlagenen Alternativlösung eines einfachen und flächensparenden Kreisverkehrs ist ebenfalls zu pauschal und entspricht damit nicht den Anforderungen, die § 17e Abs. 5 FStrG a.F. (entspricht § 17e Abs. 3 FStrG n.F.) an eine substantiierte Klagebegründung stellt. Danach sind innerhalb der Begründungsfrist fundiert die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen zu benennen und der Prozessstoff dergestalt substantiiert darzulegen, dass für das Gericht und die übrigen Beteiligten klar und unverwechselbar feststeht, unter welchen tatsächlichen Gesichtspunkten eine behördliche Entscheidung angegriffen wird (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 89 zu § 18e Abs. 5 Satz 1 AEG).
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b) Das Vorhaben verletzt keine individuellen Belange der Klägerinnen. Der Planfeststellungsbeschluss ist insbesondere nicht deshalb fehlerhaft, weil darin wirtschaftliche Belange der Klägerinnen unberücksichtigt geblieben wären.
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Es ist grundsätzlich Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, sich in Ausübung der ihr übertragenen planerischen Gestaltungsfreiheit darüber schlüssig zu werden, ob und in welchem Umfang sie zur Verwirklichung eines von ihr für erforderlich gehaltenen planfeststellungsbedürftigen Vorhabens außer in öffentliche Belange auch in Rechte Dritter eingreifen will, und das Gewicht der mit diesen Eingriffen verbundenen Nachteile den mit dem Vorhaben verbundenen Vorteilen selbständig abwägend gegenüberzustellen (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.2010 – 9 A 20.08 – juris Rn. 148; U.v. 23.3.2011 – 9 A 9.10 – juris Rn. 28; U.v. 12.6.2019 – 9 A 2.18 – BVerwGE 166, 1 Rn. 25; U.v. 7.7.2022 – 9 A 5.21 – BVerwGE 176, 130 Rn. 31).
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aa) Die Planfeststellungsbehörde hat sich mit der Inanspruchnahme der an den Betrieb anschließenden Flächen als potenzielle Betriebserweiterungsflächen Richtung Norden befasst. Sie ist im Rahmen der Abwägung zu dem Ergebnis gekommen, dass diesbezüglich noch keine konkreten Planungen bestehen, die berücksichtigt werden könnten oder müssten; insbesondere seien bislang noch keine Schritte ergriffen worden, um die Ideen des Unternehmens bauleitplanerisch umzusetzen (vgl. PFB S. 92 f.).
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Diese Erwägungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die von den Klägerinnen geplante Nutzung der Grundstücke FlNr. 980 und 981 als Hauptzufahrt für den LKW-Verkehr mit einem sich anschließenden LKW-Warte- und Umschlagplatz war von der Planfeststellungsbehörde nicht als eigenständigen Belang abzuwägen. Zukunftsplanungen eines Grundstückseigentümers, die durch die Zulassung des Planvorhabens unmöglich gemacht oder erschwert werden, müssen nur dann in die Abwägung eingestellt werden, wenn sie sich nach Lage und Beschaffenheit des Grundstücks bei vernünftiger und wirtschaftlicher Betrachtungsweise objektiv anbieten und nach dem Willen des Eigentümers in absehbarer Zeit verwirklicht werden sollen (vgl. BVerwG, U.v. 18.3.2009 – 9 A 35.07 – juris Rn. 25; U.v. 14.7.2011 – 9 A 14.10 – juris Rn. 39; B.v. 4.3.2024 – 11 VR 4.23 – juris Rn. 23). Zu berücksichtigen sind dabei nur solche Planungsabsichten, die sich im Wege einer Prognose hinreichend sicher abschätzen lassen, die also ausreichend konkretisiert und rechtlich verfestigt sind (vgl. BVerwG, U.v. 18.3.2009 – 9 A 35.07 – juris Rn. 25; B.v. 4.3.2024 – 11 VR 4.23 – juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 16.10.2017 – 8 ZB 16. 154 – juris Rn. 27). Letzteres war vorliegend nicht der Fall. Der Planfeststellungsbeschluss hat die mittelfristig geplante nördliche Werkszufahrt zu Recht als noch nicht konkret genug bewertet (vgl. PFB S. 93). Denn verlässliche Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerinnen ihre Bauabsicht bereits unmittelbar in Angriff genommen haben, z.B. in Gestalt der Einleitung eines bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahrens, waren nach außen nicht erkennbar. Dem Masterplan, der mit Schreiben vom 3. August 2022 und damit erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses dem Vorhabenträger vorgelegt wurde, kann eine Qualität als konkrete Planung nicht zugemessen werden. Ebenso wenig kann eine eventuelle Kenntnis der zuständigen Baubehörden den Konkretisierungsgrad erhöhen. Unabhängig davon hat sich die Planfeststellungsbehörde mit den vorgetragenen Planungen befasst und – mit Ausnahme der angedachten Direktanbindung an den neuen Kreisverkehr über einen fünften Arm – keinen grundsätzlichen Konflikt der beiden Planungen erkannt. Im Gegenteil wurde nach Umsetzung des planfestgestellten Projekts eine Anbindung über die Megglestraße weiterhin als denkbar angesehen (vgl. PFB S. 93).
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bb) Die Klägerseite kann nicht mit ihrem erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgetragenem Einwand durchdringen, dass die im Bereich der Bundesstraße B 304 erfolgende Entlastung mit einer gesteigerten Belastung der Megglestraße als einziger Zubringermöglichkeit zum klägerischen Geschäftsbetrieb einhergehe, sodass eine Werksnutzung mit dem damit notwendig verbundenen Zu- und Ablieferungsverkehr nicht gewährleistet sei.
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Zwar sind im Rahmen der Abwägung mögliche Beeinträchtigungen eines Gewerbebetriebs zu berücksichtigen, die darauf beruhen, dass die künftige Verkehrsplanung für den Betrieb eine Verschlechterung der bisherigen Verkehrslage herbeiführt. Allerdings setzt dies voraus, dass diese Belange für die Planfeststellungsbehörde bei der Entscheidung über den Plan als abwägungsbeachtlich erkennbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 11.19 – juris Rn. 61 m.w.N.).
51
Ausgehend von der dem Planfeststellungsbeschluss zugrundliegenden Verkehrsuntersuchung vom 22. Juli 2014 sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die von den Klägerinnen beschriebene Verschlechterung der Verkehrslage sich der Planfeststellungsbehörde als offenkundig hätte aufdrängen müssen. Für den Planfall mit Beseitigung des Bahnübergangs geht die Verkehrsuntersuchung davon aus, dass der die heutige Einmündung B 304/Megglestraße ersetzende Kreisverkehrsplatz im Jahr 2030 eine Gesamtbelastung von 5.260 Kfz/Tag erhält, was bei allen Zufahrten einer Verkehrsqualität Stufe A entspricht (vgl. Planunterlage 20 S. 10). Nach dem Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen (HBS – Teil S Stadtstraßen, Ausgabe 2015, S. S5-5) bedeutet die Qualitätsstufe A des Verkehrsablaufs, dass die Mehrzahl der Verkehrsteilnehmer den Knotenpunkt nahezu ungehindert passieren kann und die Wartezeiten gering sind. Hinsichtlich der Belastung der Megglestraße prognostiziert die Verkehrsuntersuchung einen Rückgang der Belastung von 3.590 Kfz/Tag auf 2.990 Kfz/Tag, da ein wesentlicher Teil des Durchgangsverkehrs zur B 15 künftig die geplante Direktrampe zur B 15 benutzen wird. Die Planfeststellungsbehörde konnte daher entsprechend der Verkehrsprognose davon ausgehen, dass am Kreisverkehr nicht mit Leistungsproblemen zu rechnen ist und die Megglestraße entlastet wird. Auch aus den während des Planfeststellungsverfahrens erhobenen Einwendungen der Klägerseite war nicht ersichtlich, dass sie nach Umsetzung der geplanten Baumaßnahme eine Verschlechterung der derzeitigen Verkehrslage befürchtet.
52
Selbst das von der Klägerseite im Laufe des Gerichtsverfahrens vorgelegte Gutachten „Bahnübergang Reitmehring“ vom 12. Januar 2024 kommt auf Basis aktueller Zähldaten vom 19. September 2023 zu der Einschätzung, dass mit der geplanten Baumaßnahme die heute bestehenden Probleme im Hinblick auf die Verkehrsqualität und Verkehrssicherheit speziell am Knotenpunkt B304/Megglestraße und im weiteren Verlauf der Megglestraße bis zur B15 beseitigt werden (vgl. S. 16, 18). Angesichts dessen erscheint die klägerische Befürchtung einer sich verschlechternden Betriebszufahrt als spekulativ.
53
Zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung führt der klägerische Hinweis auf die Rechtsprechung, nach der die Zufahrtsmöglichkeit als „Kontakt nach außen“ geschützt wird. Wie die Klägerseite zu Recht ausführt zählt zum Außenkontakt, dass die Weiterführung der bisher bereits vorhandenen Nutzung gewährleistet wird. Weder aus dem Klägervortrag noch aus den planfestgestellten Unterlagen ist jedoch ersichtlich, inwiefern die Nutzung des Betriebsgeländes konkret eingeschränkt wird oder nicht mehr angemessen möglich sein soll. Durch das Vorhaben werden an den bestehenden direkten Zufahrten zu den Betriebsgrundstücken keine Veränderung vorgenommen. Allein die Einmündung der Megglestraße in die B 304 wird in einen Kreisverkehrsplatz umgestaltet. Weitere Veränderungen sind bei der Megglestraße nicht geplant, sodass der Zu- und Ablieferungsverkehr wie bisher über die Zufahrten im Osten des Betriebsgeländes abgewickelt werden kann. Eine Verlegung der LKW-Hauptzufahrt nach Norden bleibt ebenfalls nach Einschätzung der Planfeststellungsbehörde möglich. Insofern ist nicht nachvollziehbar, inwiefern sich mit der Realisierung des Planfeststellungsbeschlusses sowohl die Zufahrtssituation als auch die Verbindung des Werkes zum Wegenetz deutlich verschlechtern wird. Unabhängig davon besteht weder ein Anspruch auf unveränderten Zugang zu einem Grundstück oder auf die Aufrechterhaltung einer günstigen Verkehrslage (vgl. BVerwG, B.v. 14.1.2019 – 9 B 13.18 – juris Rn. 3; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 821) noch schützt der Anliegergebrauch vor Einschränkungen oder Erschwernissen bei den Zufahrtsverhältnissen, solange die Straße als Verkehrsmittler erhalten bleibt (vgl. BayVGH, B.v. 16.5.2023 – 8 ZB 22.2586 – juris Rn. 20; U.v. 4.11.2024 – 8 A 22.40047 – juris Rn. 56).
54
cc) Ohne Erfolg beanstanden die Klägerinnen, der Planfeststellungsbeschluss habe als weiteren abwägungsrelevanten Belang übersehen, dass ihr Betrieb während der Bauphase aufgrund der Nutzung der Megglestraße als Behelfsstraße und einer damit einhergehenden dauerhaften Überlastung faktisch vom öffentlichen Verkehrsnetz abgeschnitten werde, sodass eine ordnungsgemäße Zu- und Ablieferung im Rahmen der im Lebensmittelbereich streng einzuhaltenden Transportzeitfenster nicht mehr möglich sein werde, was erheblich negative bis existenzbedrohende Auswirkungen habe.
55
Bei grundsätzlich schutzwürdigen planbedingten Betroffenheiten beschränkt sich die Abwägungsbeachtlichkeit auf solche Betroffenheiten, die für die planende Stelle bei der Entscheidung über den Plan als abwägungsbeachtlich erkennbar sind, weil sie – im Rahmen der Amtsermittlung – offenkundig sind oder weil sie von den Betroffenen im Zuge ihrer Beteiligung vorgetragen wurden (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 808; U.v. 25.5.2023 – 7 A 7.22 – BVerwGE 179, 30 Rn. 20).
56
(1) Ausgehend von den Planungsunterlagen ist für die Planfeststellungsbehörde im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses nicht von vornherein absehbar gewesen, dass der Betrieb der Klägerinnen während der Bauphase faktisch vom Verkehrsnetz abgeschnitten wird mit negativen Folgen für die betriebliche Zu- und Ablieferung.
57
Der Erläuterungsbericht beschreibt unter Verweis auf die nachrichtliche Darstellung in der Planunterlage 16.3 T den voraussichtlichen Bauablauf in Bezug auf die Verkehrsführung (vgl. Planunterlage 1 T2 S. 80). Dabei soll in Bauphase 1 die neue B 304 beginnend vom Bauanfang im Westen zusammen mit dem Brückenbauwerk über die Bahngleise bis etwa Baukm 0+700 erstellt werden. Der Verkehr soll in dieser Zeit über eine Behelfsumfahrung nördlich der B 304 (sog. Behelfsumfahrung Seewieser Straße) und weiter auf der alten B 304 über den bestehenden Bahnübergang geführt werden. Dies bedeutet, dass in der Bauphase 1 die östlich der Bahngleise bis zur B 15 verlaufende B 304 ebenso wie die Megglestraße wie bisher befahrbar bleiben. Die Bauphase 2 sieht dagegen eine vollständige Sperrung der B 304 zwischen Baukm 0+700 und der B 15 vor. In diesem Zusammenhang ist geplant, eine weiträumige Umleitungsstrecke über das klassifizierte Straßennetz in Abstimmung mit dem Landratsamt einzurichten (vgl. Planunterlage 1 T2 S. 79 f.). Der restliche Verkehr wird während der Bauphase 2 von dem bereits erstellten neuen Teil der B 304 über ein Provisorium in die Megglestraße geführt und auf diese Weise zur B 15 abgeleitet (vgl. Planunterlage 1 T2 S. 80). Dies bedeutet, dass nicht der gesamte Fernverkehr der B 304 über die Megglestraße zur B 15 und von dort über den nördlich bestehenden höhenfreien Knoten B15/B304 wieder auf die vorhandene B 304 geführt werden soll, sondern nur derjenige Verkehr, für den die weitereichenden Umleitungen nicht in Betracht kommen. Dies geht auch hervor aus einem vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2024 vorgelegten Plan, in dem mögliche Umleitungsstrecken dargestellt sind. Basierend darauf bestätigte eine Mitarbeiterin des Staatlichen Bauamtes in der mündlichen Verhandlung, dass die Megglestraße nicht als Umleitungsstrecke vorgesehen ist. Mit Blick auf die beabsichtigte Verkehrsreduzierung im Bereich der Baumaßnahme musste sich der Planfeststellungsbehörde damit keine dauerhafte Überlastung der Megglestraße mit sperrungsähnlichen Auswirkungen aufdrängen. Zu berücksichtigen ist zudem, dass sich auch nicht der gesamte örtliche Verkehr auf die Megglestraße verlagern wird, da für den lokalen Verkehr mit einem nördlich der B 304 gelegenen Ziel die Behelfsumfahrung Seewieser Straße mit bestehendem Bahnübergang zur Verfügung steht.
58
Insofern war für die Planfeststellungsbehörde zwar als Auswirkung der etwa drei Jahre dauernden Straßenbaumaßnahmen voraussehbar, dass während der Bauzeit für die Anwohner mit Behinderungen und Belästigungen durch den Baustellenverkehr und Umleitungen zu rechnen ist (vgl. Planunterlage 1 T2 S. 80), die von einiger Dauer und einigem Gewicht sind. Darüber hinaus gab es für sie jedoch keine Hinweise auf eine faktische Vollsperrung der Megglestraße oder auf die von der Klägerseite befürchteten erheblichen Beeinträchtigungen des betrieblichen Zu- und Ablieferverkehrs, die als abwägungserheblicher Belang zu berücksichtigen gewesen wären. Auch lagen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die nach dem Amtsermittlungsgrundsatz des Art. 24 BayVwVfG eine intensivere Sachverhaltsaufklärung erfordert hätten. Der Planfeststellungsbehörde kann daher nicht vorgehalten werden, dass der Betriebsablauf des klägerischen Unternehmens nicht weiter erforscht wurde. Unabhängig davon obliegt es der Klägerseite, der Planfeststellungsbehörde die Umstände ihrer speziellen betrieblichen Situation zur Kenntnis zu bringen, die sie im Planfeststellungsverfahren berücksichtigt wissen will (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 810).
59
(2) Die Klägerinnen haben im Zuge der Beteiligung zwar eine Betroffenheit vorgetragen und auf eine hohe Beeinträchtigung für Anwohner und Grundstückseigner sowie eine starke Behinderung des Verkehrs während der langen Bauzeit hingewiesen. Auch wurde in Bezug auf die verkehrstechnische Lösung im Straßenbau darüber informiert, dass grundsätzlich während der gesamten Bauzeit die uneingeschränkte Ver- und Entsorgung des klägerischen Unternehmens im kontinuierlichen Produktionsprozess über 365 Tage nicht gefährdet werden darf (vgl. Schreiben vom 22.6.2016 S. 1). Allerdings haben die Klägerinnen in diesem Einwendungsschreiben nicht deutlich gemacht, dass sie konkret befürchten, dass durch die verbleibende Kapazität der Megglestraße während der Bauzeit die Funktionalität und Wirtschaftlichkeit des Geschäftsbetriebs insgesamt in Frage gestellt wird und die Gefahr besteht, dass der Betrieb zum Erliegen kommt. In Bezug auf die Bauphase 2, in der die Klägerseite eine Umleitung des kompletten Verkehrsaufkommens der B 304 über die Megglestraße unterstellt, werden nur umfangreiche Maßnahmen im Hinblick auf die Fußgänger- und Schulweg-Sicherheit gefordert sowie Regelungen für sichere Werksein- und -ausfahrten. Dabei werden als Maßnahmenbeispiele Tempobeschränkungen auf 30 km/h, zusätzliche Absicherungen der Fußgängerüberwege und temporäre Ampelregelungen an den Werkseinfahrten aufgeführt (vgl. Schreiben vom 22.6.2016 S. 2). Das anwaltliche Schreiben vom 4. August 2021 befasste sich mit anderen Fragen. Erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses haben die Klägerinnen mit Schreiben vom 3. August 2022 die Verkehrsbelastung der Megglestraße während der Bauphase näher thematisiert.
60
Auf Basis dieser Ausführungen bestand für die Planfeststellungsbehörde keine Veranlassung, fachkundige Untersuchungen zu den Auswirkungen der Bauphase auf den Geschäftsbetrieb der ansässigen Gewerbebetriebe einzuholen, um deren Betroffenheitsgrad besser einschätzen zu können. Durch die von der Klägerseite vorgeschlagenen Maßnahmen wie Tempobeschränkungen und temporäre Ampelregelungen ist nachvollziehbar, dass bei der Planfeststellungsbehörde der Eindruck entstand, dass mit solchen für Baustellen nicht ungewöhnliche Verkehrsregelungen die negativen Auswirkungen der Bauphase 2 im Sinne der Klägerinnen reduziert werden können. Der Planfeststellungsbeschluss hat sich mit dem klägerischen Vorschlag auseinandergesetzt und darauf hingewiesen, dass die Details der Verkehrsführung sowie die Frage, ob und welche straßenverkehrsrechtlichen Regelungen während der Bauzeit in der Megglestraße zu treffen sein werden, im Rahmen der Ausführungsplanung zu klären sind (vgl. PFB S. 93). Darüber hinaus ist im Erläuterungsbericht bei der Beschreibung des Bauablaufs eine „Verkehrsregelung mit transportablen Lichtsignalen“ berücksichtigt (vgl. Planunterlage 1 T2 S. 80). Dem klägerischen Anliegen, dass der Betrieb dauerhaft und uneingeschränkt erreichbar ist, wird der in Planunterlage 16.3 T dargestellte Bauablauf gerecht.
61
Insgesamt konnte weder den Planungsunterlagen noch den Einwendungen der Klägerinnen oder anderer Betroffener offenkundig entnommen werden, dass die Megglestraße während der Bauphase 2 einer so hohen Verkehrsbelastung ausgesetzt sein wird, dass eine Gefährdung des Produktionsprozesses zu befürchten ist. Unabhängig davon handelt es sich bei bauzeitlichen Einschränkungen lediglich um vorübergehende Beeinträchtigungen, die grundsätzlich keine nachhaltigen Auswirkungen auf die Existenzfähigkeit eines Betriebs haben, da sie seine langfristige Ertragslage nicht beeinträchtigen (vgl. NdsOVG, U.v. 27.8.2019 – 7 KS 24/17 – juris Rn. 612).
62
(3) Zu keiner anderen rechtlichen Einschätzung führt das von der Klägerseite eingeholte Gutachten „Bahnübergang Reitmehring“ vom 12. Januar 2024, das unter anderem die Auswirkungen der während der Bauphase 2 geplanten Verkehrsführung abschätzt und eine Verkehrssimulation zur Belastungssituation enthält.
63
Die Klägerseite leitet insbesondere aus der beigefügten Verkehrssimulation eine Überlastung aller Werkseinfahrten der Klägerinnen sowie aller sonstigen Ein- und Ausfahrten ab. Dabei weist sie unter Bezugnahme auf das vorgelegte Gutachten lediglich auf ein erheblich erschwertes Ausfahren des Werkverkehrs aus dem Betriebsstandort hin, was sich auch auf die Einfahrtsmöglichkeiten zum Werksgelände und die Ein- und Ausfahrten aus anderen Erschließungsanlagen auswirke und damit einen erheblichen Rückstau verursachen werde. Die in dieser Form vorgetragene Kritik der Klagepartei erfüllt nicht die Anforderungen des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG a.F. an eine substantiierte Klagebegründung. Mit der Begründungspflicht einher geht die Pflicht des Klägerbevollmächtigten aus § 67 Abs. 4 VwGO zur Sichtung und rechtlichen Einordnung der Tatsachen, auf welche die Klage gestützt werden soll. Der einfache Verweis auf ein beigefügtes Gutachten, deren stichwortartige Zusammenfassung oder wörtliche Wiedergabe genügt hierfür nicht (vgl. BVerwG U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 Rn. 12, 15; U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwGE 170, 138 Rn. 17).
64
Darüber hinaus gehen das Gutachten und die darauf basierende Verkehrssimulation von unrichtigen Annahmen aus. So wird in der Bauphase 2 unterstellt, dass alle derzeitigen Verkehre von der B 304 zur B 15 über die Megglestraße geführt werden. Dies führt zu dem laut Gutachter prognostizierten mehr als 4-fachen Anstieg des heutigen Aufkommens (vgl. Gutachten S. 13 f.). Dabei werden jedoch die Ausführungen im Erläuterungsbericht zur Bauphase 2 übersehen, wonach eine weiträumige Umleitungsstrecke über das klassifizierte Straßennetz eingerichtet wird (vgl. Planunterlage 1 T2 S. 79 f.), sodass von einem geringeren Verkehrsaufkommen während der Bauzeit auszugehen ist.
65
(4) Im Hinblick auf die von der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung vorgelegten vier großen Plänen (sog. „Studie zum Bauablauf – Nachrichtlich“, Arbeitsstand 19.1.2024), die ein Konzept zu einem möglichen Bauablauf und zur Verkehrsführung während der Bauphase in vier Abschnitten enthalten, drängen sich ebenfalls keine offenkundigen Probleme hinsichtlich der Beherrschbarkeit des Bauablaufs im Zuge der Ausführungsplanung auf, die Einfluss auf die Erreichbarkeit des Werksgeländes und die Funktionalität des Betriebs haben könnten.
66
Die Klägerseite hat dies nicht substantiiert in Frage gestellt mit ihrer Kritik, dass durch das überarbeitete Konzept zum Bauablauf Konflikte örtlich verlagert werden, oder der geäußerten Befürchtung von massiven unternehmerischen Beeinträchtigungen durch den zu erwartende Mehrverkehr, der potentiell den Lieferverkehr zum Erliegen bringen könne. Auch wenn es in Bauphase 2 und Bauphase 3 zu Verkehrsbeeinträchtigungen kommen wird, bedeutet dies nicht zugleich, dass diese automatisch von einem solchen Ausmaß sein werden, dass die Just-In-Time-Liefersysteme des klägerischen Betriebs faktisch nicht bedient werden können. Die Klägerseite lässt zudem außer Acht, dass in diesen Bauphasen das Brückenbauwerk bereits hergestellt sein wird, sodass der bisher am Bahnübergang entstehende Rückstau entfallen wird. Soweit die Klägerinnen die Erreichbarkeit des Unternehmens anzweifeln, weil die Relation Megglestraße Nord zur B 304 nicht durchgängig befahrbar sein wird bzw. die Behelfsumfahrungen nicht unbedingt von Lastkraftwagen zu bewältigen sein werden, übersieht sie, dass für den LKW-Verkehr die Fahrbeziehung nach Süden zur B 15 während sämtlicher Bauphasen offenbleibt und die Leistungsfähigkeit der Einmündung Megglestraße Süd/B 15 verbessert wird. Auch wenn für den Werksverkehr die Relation Megglestraße Nord – B 304 derzeit die maßgebliche Erschließungsanlage darstellt, besteht kein Anspruch auf Aufrechterhaltung einer günstigen Verkehrslage (vgl. BVerwG, B.v. 14.1.2019 – 9 B 13.18 – juris Rn. 3; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 821).
67
Soweit die Klägerseite auf das von ihr eingeholte Ergänzende Gutachten „Bahnübergang Reitmehring“ vom 12. April 2024 Bezug nimmt, genügt dies nicht den Begründungsanforderungen nach § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG a.F. i.V.m. § 67 Abs. 4 VwGO, da eine thematische und rechtliche Einordnung fehlt. Die Ausführungen können daher inhaltlich nicht berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, U.v. 23.4.2014 – 9 A 25.12 – BVerwGE 149, 289 Rn. 16; U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 Rn. 133; U.v. 3.11.2020 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 Rn. 133). Selbst wenn entsprechend der gutachterlichen Stellungnahme von erheblichen verkehrlichen Beeinträchtigungen während der Bauphase auszugehen ist (vgl. Gutachten S. 17), folgt daraus nicht unvermeidlich eine unlösbare Verkehrsproblematik, die zu einer Gefährdung des Produktionsprozesses führen könnte. Das klägerische Gutachten lässt unberücksichtigt, dass den beschriebenen nachteiligen Auswirkungen auf die Verkehrsabläufe in der Ausführungsplanung begegnet werden kann mit straßenverkehrsrechtlichen Regelungen oder geänderten Umleitungsstrecken.
68
(5) Der Planfeststellungsbeschluss verlagert schließlich die weitere Konkretisierung der Bauphasenplanung einschließlich Verkehrskonzepts nicht in unzulässiger Weise in die Ausführungsplanung.
69
Grundsätzlich müssen zwar alle durch das planfestgestellte Vorhaben verursachten Probleme auch im Planfeststellungsbeschluss gelöst werden (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 326). Das Gebot der Konfliktbewältigung verpflichtet die Planfeststellungsbehörde jedoch nicht zur Gewährleistung einer differenzierten Ausführungsplanung bereits im Planfeststellungsbeschluss (vgl. BVerwG, U.v. 10.11.2016 – 9 A 19.15 – juris Rn. 20; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 221). Denn ein konkreter Bauablaufplan mit einem Verkehrskonzept kann im Detail erst erarbeitet werden, wenn nach Erlass des Planfeststellungsbeschluss Bauleistungen ausgeschrieben und Aufträge vergeben worden sind (vgl. BVerwG, U.v. 8.9.2016 – 3 A 5.15 – juris Rn. 29; U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – juris Rn. 42; U.v. 15.10.2020 – 7 A 9.19 – juris Rn. 97). Insofern können lösbare, der Problembewältigung dienende fachliche Detailuntersuchungen und darauf aufbauende Schutzvorkehrungen der technischen Ausführungsplanung überlassen werden, wenn sie nach dem Stand der Technik beherrschbar sind, die entsprechenden Vorgaben beachtet und keine abwägungsbeachtlichen Belange berührt werden (vgl. BVerwG, U.v. 10.11.2016 – 9 A 19.15 – juris Rn. 20; U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 Rn. 170; U.v. 11.10.2017 – 9 A 14.16 – juris Rn. 114; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 326).
70
Diesem Gebot der Konfliktbewältigung wird der Lageplan zum Bauablauf gerecht (vgl. Planunterlage 16.3 T). Es ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidung über die konkrete Verkehrsführung abwägungsrelevante Fragen wie etwa eines nicht mehr zumutbaren Ausmaßes an Verkehrsimmissionen oder einer unzumutbaren Verkehrsbelastung in der Megglestraße aufwirft. Die während des Gerichtsverfahrens nachrichtlich vorgelegte Studie zum Bauablauf zeigt zwar ein im Vergleich zur Planunterlage 16.3 T detailliertes Verkehrskonzept, stellt aber ebenfalls keine endgültige Planung dar. Sowohl aus der aktualisierten Studie als auch aus dem ursprünglichen Lageplan ergibt sich, dass die klägerischen Betriebsgrundstücke während der gesamten Bauzeit durchgehend an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden werden können. Auch wenn die Zufahrt über Norden durch die Baumaßnahme kurzzeitig gesperrt und zeitweise eingeschränkt sein wird, bleibt die Fahrbeziehung zur B 15 vor allem für den LKW-Verkehr durchgehend bestehen. Der Fußgängerverkehr ist in die Verkehrsplanung während der Bauzeit miteinbezogen worden, ohne dass unzumutbare Beeinträchtigungen für den querenden Fußgängerverkehr erkennbar sind. Eine während der Bauzeit erhöhte Verkehrsbelastung der Megglestraße ist in der Ausführungsplanung lösbar, da mit Umleitungen und straßenverkehrsrechtlichen Regelungen auf die konkrete Verkehrssituation und Verkehrslage reagiert werden kann. In diesem Sinne ist im Planfeststellungsbeschluss geregelt, dass im Rahmen der Ausführungsplanung eine Verkehrsbesprechung abzuhalten ist zu den Details der klein- und großräumigen Verkehrsführung während der Bauzeit (vgl. Nr. 3.7 des PFB S. 15, 93). Anhaltspunkte dafür, dass die Verkehrsbelastung dennoch ein nicht mehr zumutbares Ausmaß übersteigen könnte mit Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb der Klägerinnen, sind nicht ersichtlich.
71
dd) Ein Abwägungsmangel ergibt sich entgegen der klägerischen Kritik auch nicht aufgrund der befürchteten Reputationsschäden, die hervorgerufen werden durch namentliche Nennung des Betriebs in medialen Verkehrsmeldungen. Unabhängig davon, ob in der Bauphase überhaupt vermehrte Staumeldungen zu erwarten sind, handelt es sich bei dem geltend gemachten verkehrsfunkbedingten Reputationsschaden grundsätzlich nicht um einen abwägungsbeachtlichen Belang, da dieser nicht unmittelbar durch das Vorhaben verursacht wird und keine direkte räumliche oder sachliche Betroffenheit vorliegt.
72
ee) Die klägerische Rüge, dass der Planfeststellungsbeschluss das erhöhte Gefahrenpotential für die Schulkinder während der Umleitungsphase über den Bereich der Megglestraße außer Acht gelassen habe, bleibt ebenfalls erfolglos. Die Klägerin zu 1 kann sich auf diesen behaupteten Abwägungsmangel trotz ihres Vollüberprüfungsanspruchs nicht berufen, da es ihr damit um die allgemeine Schulwegsicherheit geht, die keine kausalen Auswirkungen auf ihre Eigentumsbetroffenheit hat. Selbst wenn dieser Vortrag einen Abwägungsfehler beinhalten würde, hätte dieser keine Auswirkungen auf die konkrete Vorhabenplanung im Bereich ihrer Grundstücke. Die Klägerin zu 2 kann sich wegen fehlender eigener Betroffenheit ebenfalls nicht auf einen Abwägungsmangel berufen. Zudem steht beiden Klägerinnen nicht die Befugnis zu, sich zum Sachverwalter von Rechten Dritter zu machen (vgl. BVerwG, U.v. 3.12.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 27).
73
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
74
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 173 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
75
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.