Inhalt

VGH München, Beschluss v. 30.04.2025 – 6 CE 25.687
Titel:

Unwirksame Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten im Vier-Augen-Gespräch

Normenketten:
BGleiG § 22 Abs. 1
VwGO § 123 Abs. 1
Leitsatz:
Für die Bestellung als Gleichstellungsbeauftragte ist eine bloße mündliche Erklärung des Dienststellenleiters im Vier-Augen-Gespräch mit einer Beschäftigten nicht ausreichend und ist in aller Regel nur als Vorbereitungsmaßnahme, nicht als abschließender Bestellungsakt anzusehen. Eine Bekanntgabe innerhalb der Dienststelle dürfte als Wirksamkeitsvoraussetzung unverzichtbar sein. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bundesbeamtenrecht, Gleichstellungsbeauftragte, Bestellung, Einstweilige Anordnung, Bestellung zur Gleichstellungsbeauftragten, Bestellungsakt, Vier-Augen-Gespräch, Bekanntmachung
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 18.03.2025 – M 21b E 25.1009
Fundstelle:
BeckRS 2025, 9186

Tenor

I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 18. März 2025 – M 21b E 25.1009 – wird als unzulässig verworfen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin, die als Regierungsamtfrau im Dienst der Antragsgegnerin steht, begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Feststellung, dass sie zur Gleichstellungsbeauftragten des Karrierecenters der Bundeswehr X. bestellt wurde.
2
Nachdem die frühere Gleichstellungsbeauftragte vor dem Ende der regulären Amtszeit (am 15.9.2025) wegen Versetzung zu einer anderen Dienststelle am 15. Oktober 2024 vorzeitig aus dem Amt geschieden war, musste unverzüglich eine neue Gleichstellungsbeauftragte bestellt werden (§ 22 Abs. 1 BGleiG). Die Antragstellerin ist der Auffassung, sie sei vom damaligen Dienststellenleiter am 17. September 2024 in einem Vier-Augen-Gespräch mündlich zur Gleichstellungsbeauftragten bestellt worden. Die Antragsgegnerin bestreitet das und hält entgegen, die am 24. Oktober 2024 eingesetzte neue Dienststellenleitung habe am 12. November 2024 die Beigeladene zur Gleichstellungsbeauftragten bestellt.
3
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 18. März 2025 mit der Begründung abgelehnt, die Antragstellerin habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
4
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, der die Antragsgegnerin entgegengetreten ist. Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
II.
5
Die Beschwerde der Antragstellerin ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht in der nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO gebotenen Weise begründet worden ist (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO).
6
Nach dieser Vorschrift muss die – innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des angegriffenen Beschlusses vorzulegende – Begründung insbesondere die Gründe darlegen, aus denen die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Ist die Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt, muss der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdebegründung auf jeden die Entscheidung tragenden Grund eingehen (BayVGH, B.v. 12.4.2016 – 6 CS 16.503 – juris Rn. 2; B.v. 22.8.2023 – 6 ZB 22.2513 – juris Rn. 8 zu § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO m.w.N.). Daran fehlt es.
7
Das Verwaltungsgericht hat seinen Beschluss darauf gestützt, dass die Antragstellerin aus zwei jeweils selbstständig tragenden Gründen keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht habe: Sie habe – erstens – nicht glaubhaft machen können, dass sie als Gleichstellungsbeauftragte bestellt worden sei (Rn. 19 bis 25 des Beschlusses). Selbst wenn sie mündlich bestellt worden sein sollte, so sei sie jedenfalls – zweitens – durch die spätere Bestellung der Beigeladenen konkludent abbestellt worden (Rn. 26 des Beschlusses)
8
Die Beschwerdebegründung thematisiert allein den ersten Begründungsstrang. Mit dem zweiten setzt sie sich nicht auseinander und kann schon deshalb dem Darlegungsgebot nicht genügen.
9
Davon abgesehen bringt die Beschwerde auch zur (ersten) Frage nach einer wirksamen Bestellung zur Gleichstellungsbeauftragten gemäß § 22 Abs. 1 BGleiG ohne vorausgehende Wahl für eine restliche Amtszeit von höchstens zwei Jahren nichts Stichhaltiges vor. Zwar verlangt das Gesetz keine besonderen Förmlichkeiten. Wie das Verwaltungsgericht mit Blick auf die E-Mail des damaligen Dienststellenleiters vom 29. November 2024 jedoch überzeugend ausgeführt hat, ist es damals nicht zu einem nach außen erkennbaren Bestellungsakt gekommen (Rn. 23 des Beschlusses). Eine Bekanntgabe innerhalb der Dienststelle dürfte aber als Wirksamkeitsvoraussetzung unverzichtbar sein. Eine bloße mündliche Erklärung des Dienststellenleiters im Vier-Augen-Gespräch mit der ausgewählten Beschäftigten genügt wohl nicht und wird in aller Regel nur als Vorbereitungsmaßnahme, nicht als abschließender Bestellungsakt anzusehen sein.
10
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären, weil sie keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
11
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG sowie § 52 Abs. 1 GKG, wobei mit dem Verwaltungsgericht die Hälfte des Auffangwerts (§ 52 Abs. 2 GKG) angesetzt wird.
12
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).