Titel:
Baurechtliche Nachbarklage - Öffentliche Bekanntmachung einer Baugenehmigung
Normenketten:
VwGO § 42 Abs. 2, § 74 Abs. 1 S. 2, § 144 Abs. 4
BayBO Art. 66 Abs. 2
Leitsätze:
1. Die öffentliche Bekanntmachung einer Baugenehmigung nach Art. 66 Abs. 2 S. 4 BayBO wirkt für und gegen jedermann und ist nicht beschränkt auf die Beteiligten, die ein gemeinsames Interesse im Sinn dieser Norm haben. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2. Benachbart im Sinn des Art. 66 Abs. 1 Satz 1 und 4 BayBO sind nicht nur die unmittelbar an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke, sondern alle Grundstücke, die in nachbarrechtlich relevanter Weise im Einwirkungsbereich des Bauvorhabens liegen. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der Bestimmung des Nachbarn iSd Art. 66 Abs. 2 S. 1 BayBO sind auch die Wohnungseigentümer einzubeziehen. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
4. Bei der Zahl der potenziell betroffenen Nachbarn sind Nachbarn, die dem Bauvorhaben zugestimmt haben, nicht mitzuzählen und Personen, die Eigentümer mehrerer benachbarter Grundstücke oder Wohnungen sind, nur einmal zu berücksichtigen. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nachbarklage, Ergebnisrichtigkeit, Versäumung der Klagefrist, Vorliegen der Voraussetzungen einer öffentlichen Bekanntmachung der Baugenehmigung, Klagebefugnis des Betreibers einer Wasserkraftanlage (offen gelassen), Baugenehmigung, öffentliche Bekanntmachung, Klagefrist
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 22.06.2023 – M 11 K 22.3700
Fundstelle:
BeckRS 2025, 9169
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
I. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die Klägerin wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für den Neubau einer Wohnanlage (38 Wohneinheiten) mit Tiefgarage und Supermarkt mit oberirdischem Parkplatz sowie den Neubau einer Brücke.
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Das Baugrundstück liegt auf einer kleinen Flussinsel (der westliche Kanal verläuft großteils unterirdisch) und ist derzeit mit einem N.markt mit Parkplatz bebaut. Auf dem südlich angrenzenden Grundstück betreibt die Klägerin eine Wasserkraftanlage. Westlich des Baugrundstücks befindet sich ein größeres Wohngebäude (. M. Straße 2a), das nach dem Wohnungseigentumsgesetz aufgeteilt ist. Weitere Wohnbebauung befindet sich entlang der … M. Straße. Die mit Bescheid vom 15. Februar 2022 erteilte Baugenehmigung wurde im Amtsblatt vom 17. Februar 2022 öffentlich bekannt gemacht.
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Die am 27. Juli 2022 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 22. Juni 2023 abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, weil die Klägerin nicht klagebefugt sei (§ 42 Abs. 2 VwGO). Sie habe keine dingliche Rechtsposition an dem Grundstück, auf dem sie die Wasserkraftanlage betreibe; sie sei daher in ihrer Funktion als Wasserkraftanlagenbetreiberin keine Nachbarin im baurechtlichen Sinn. Soweit sie sich auf die Überschreitung maßgeblicher Immissionsrichtwerte berufe, könnten allein obligatorisch Berechtigte die Einhaltung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots verlangen. Als allenfalls schuldrechtlich Berechtigte müsse sich die Klägerin darauf verweisen lassen, ihre Rechte gemäß Art. 66 Abs. 3 Satz 3 BayBO vom Eigentümer des Grundstücks wahrnehmen zu lassen. Soweit die Klägerin geltend gemacht habe, dass sie auch über Sondereigentum in dem Wohnanwesen … M. Straße 2a verfüge, begründe sie ihre etwaige Rechtsverletzung ausschließlich mit befürchteten Einschränkungen für die Wasserkraftanlage.
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Die Miteigentümerin des Grundstücks, auf dem die Wasserkraftanlage betrieben wird, hat ebenfalls Klage gegen die Baugenehmigung vom 15. Februar 2022 erhoben. Die Klage wurde vom Verwaltungsgericht mit Urteil vom 22. Juni 2023 als jedenfalls unbegründet abgewiesen (Az.: M 11 K 22.1797). Auch gegen dieses Urteil wurde Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt (Az.:1 ZB 23.2315).
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Mit dem Zulassungsantrag werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und ein Verfahrensmangel geltend gemacht. Der Klägerin obliege die Unterhaltung und Herstellung der beiderseitigen Ufer des Unterwasserkanals, aufgrund der eingeschränkten Platzverhältnisse seien Spundwände errichtet worden. Das Verwaltungsgericht habe bei der Prüfung der Klagebefugnis eine Verletzung der Klägerin in ihren Rechten bezüglich der sie verpflichtenden Unterhaltslast übersehen. Die Durchführung der Gewässerunterhaltung werde bei Verwirklichung des genehmigten Bauvorhabens faktisch unmöglich gemacht. Der Zugang zur Bestandsspundwand werde durch das auskragende Bauteil der genehmigten Brücke blockiert. Soweit das Verwaltungsgericht auf Art. 66 Abs. 3 Satz 3 BayBO verwiesen habe, könne eine landesrechtliche Rechtsnorm die Erfordernisse der Klagebefugnis nach Bundesrecht nicht abändern. Eine grundsätzliche Bedeutung komme der Frage zu, ob die Verletzung wasserrechtlicher Unterhaltspflichtverpflichtungen durch eine erteilte Baugenehmigung eine Aufhebung der Baugenehmigung zur Folge habe. Ein Verfahrensmangel liege vor, da der schriftsätzliche Beweisantrag der Beiziehung der Verfahrensakten des Wasserwirtschaftsamtes Weilheim nicht berücksichtigt worden sei und das Verwaltungsgericht im Rahmen der eigenen Sachverhaltsaufklärung den Umfang und die Möglichkeit der Sicherstellung der Unterhaltspflicht der Klägerin nicht ermittelt habe.
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Der Beklagte und die Beigeladene treten dem Zulassungsvorbringen entgegen und machen u.a. geltend, dass die Klage bereits unzulässig sei, weil die Klägerin die Klagefrist versäumt habe, und die Klägerin keine Unterhaltsverpflichtung habe, weil die wasserrechtliche Bewilligung durch Zeitablauf am 3. Oktober 2023 geendet habe. Weiter wurde ein Gestattungsvertrag vorgelegt, wonach die Beigeladene berechtigt ist, das Flussgrundstück des Freistaats Bayern für die Bauarbeiten im Zusammenhang mit der Errichtung der Brücke zu nutzen.
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Die Klägerin hat sich zu dem Vorbringen mit Schriftsatz vom 27. März 2025 geäußert und vorgetragen, dass die Voraussetzungen für eine öffentliche Bekanntmachung der Baugenehmigung nicht vorgelegen hätten und die Klägerin ein unbefristetes und unwiderrufliches wasserrechtliches Altrecht habe.
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Ergänzend wird auf die Gerichtsakten (auch die Gerichtsakte im erstinstanzlichen Verfahren M 11 K 22.1797) und die digital vorgelegten Behördenakten verwiesen.
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Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und des Vorliegens eines Verfahrensmangels bestehen nicht bzw. werden nicht dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
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1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 8.5.2019 – 2 BvR 657/19 – juris Rn. 33; B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838). Das ist auch dann nicht der Fall, wenn sich das angefochtene Urteil aus anderen Gründen als offensichtlich richtig darstellt (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243; BVerwG, B.v. 10.3.2004 a.a.O.).
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1.1. Der Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin die Klagefrist versäumt hat und die Klageabweisung bereits aus diesem Grund im Ergebnis richtig ist. Die Frage der Zulässigkeit der Klage hat im erstinstanzlichen Verfahren – auch im Parallelverfahren (Az.: M 11 K 22.1797), auf das die Beteiligten für ihre Ausführungen teilweise Bezug genommen haben – breiten Raum eingenommen und die Beteiligten haben sich im Zulassungsverfahren zu dieser Frage geäußert. Der dafür erforderliche Prüfungsumfang (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 a.a.O.) geht zudem nicht über den Zweck des Zulassungsverfahrens hinaus. Es bedurfte insbesondere zur Feststellung der Unzulässigkeit der Klage weder der Einholung eines Sachverständigengutachtens noch einer Inaugenscheinnahme der näheren Umgebung (vgl. die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge).
12
Das Landratsamt konnte die Baugenehmigung vom 15. Februar 2022 nach Art. 66 Abs. 2 Satz 4 BayBO öffentlich bekannt machen, sodass die einmonatige Klagefrist (§ 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO) nach Bekanntmachung im Amtsblatt vom 17. Februar 2022 mit Ablauf des 17. März 2022 endete. Die am 27. Juli 2022 beim Verwaltungsgericht eingereichte Klage ist daher verfristet. Die Voraussetzungen für eine öffentliche Bekanntmachung der Baugenehmigung lagen entgegen den Einwendungen der Klägerin vor. Mit den Sondereigentümern der Wohnanwesen … M. Straße 2a sowie der Anwesen … M. Straße 3 und 5 war eine hinreichende Zahl von 20 Nachbarn im Sinn des Art. 66 Abs. 2 Satz 4 BayBO und damit von Beteiligten gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG (Art. 66 Abs. 2 Satz 1 BayBO) im gleichen Interesse beteiligt. Die öffentliche Bekanntmachung einer Baugenehmigung nach Art. 66 Abs. 2 Satz 4 BayBO wirkt für und gegen jedermann und ist nicht beschränkt auf die Beteiligten, die ein gemeinsames Interesse im Sinn dieser Norm haben (BayVGH, U.v. 22.11.2021 – 9 B 18.986 – juris Rn. 31).
13
Benachbart im Sinn des Art. 66 Abs. 1 Satz 1 und 4 BayBO sind nicht nur die unmittelbar an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke, sondern alle Grundstücke, die in nachbarrechtlich relevanter Weise im Einwirkungsbereich des Bauvorhabens liegen. Soweit ein Grundstück belastenden Auswirkungen ausgesetzt sein kann, ist eine potentielle Betroffenheit ausreichend (vgl. BayVGH, U.v. 22.11.2021 – 9 B 18.986 – juris Rn. 25). Als potentielle Auswirkungen des Bauvorhabens kommen vorliegend für die benachbarten Wohnanwesen insbesondere Auswirkungen bezüglich des Verkehrsaufkommens in Betracht. Diese sind nicht auf das direkt benachbarte Wohnanwesen … M. Straße 2a begrenzt, sondern auch die Wohnanwesen … M. Straße 3 und 5, die gegenüber der Zufahrt zum Bauvorhaben liegen, kommen jedenfalls als Immissionsorte in Frage. Für die potentielle Betroffenheit der Nachbarn ist auch nicht zu ermitteln, ob an der Nachbarbebauung eine relevante Änderung der Geräuschimmissionen gegenüber dem Istzustand zu erwarten ist; es bedarf hier keiner sachverständigen Einschätzung (vgl. BayVGH, B.v. 22.11.2021 a.a.O.). Der Einwirkungsbereich des Bauvorhabens kann anhand der geplanten Nutzungen und des in BayernAtlas verfügbaren Kartenmaterials festgelegt werden. Soweit die Klägerin auf die im Baugenehmigungsverfahren eingeholte schalltechnische Untersuchung hingewiesen hat, wurde nur untersucht, inwieweit die geplanten Gebäude durch Verkehrs- oder Anlagenlärm beeinträchtigt werden. Für die Frage, welche Grundstücke benachbart sind, kommt es auch weder auf die im Bauantrag genannten Nachbargrundstücke (vgl. BayVGH, B.v. 14.1.2022 – 9 ZB 19.331 – BayVBl 2022, 307) noch auf die subjektiven Vorstellungen eines Sachbearbeiters an; maßgeblich ist die objektive Rechtslage (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2018 – 9 CS 18.1468 – NVwZ-RR 2019, 303; B.v. 16.10.2018 – 9 CS 18.1415 – juris Rn. 26).
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Bei der Bestimmung des Nachbarn im Sinn des Art. 66 Abs. 2 Satz 1 BayBO sind auch die Wohnungseigentümer einzubeziehen. Sondereigentümer sind klagebefugt, wenn eine konkrete Beeinträchtigung ihres Sondereigentums im Raum steht (vgl. BVerwG, B.v. 20.8.1992 – 4 B 92.92 – juris Rn. 8 ff.; OVG NW, B.v. 4.9.2017 – 10 A 73.16 – juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 12.7.2012 – 2 B 12.1211 – BauR 2012, 1925). Vorliegend können Beeinträchtigungen durch die Benutzer des geplanten Vorhabens, insbesondere durch den An- und Abfahrtsverkehr, das benachbarte einzelne Wohnungseigentum betreffen (vgl. BayVGH, B.v. 14.1.2022 – 9 ZB 19.331 – BayVBl 2022, 307). Soweit für die Zustellung mit öffentlicher Bekanntmachung nach Art. 66 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. Satz 3 BayBO auf eine Beteiligung im gleichen Interesse abgestellt wird (vgl. BayVGH, B.v. 22.11.2021 – 9 B 18.986 – juris Rn. 26; B.v. 16.10.2018 – 9 CS 18.1415 – juris Rn. 27), ist nicht erforderlich, dass alle Beteiligten im selben Umfang interessiert oder im selben Ausmaß betroffen sind (vgl. BayVGH, B.v. 22.11.2021 a.a.O.).
15
Bei der Zahl der potentiell betroffenen Nachbarn sind Nachbarn, die dem Bauvorhaben zugestimmt haben, nicht mitzuzählen und Personen, die Eigentümer mehrerer benachbarter Grundstücke oder Wohnungen sind, nur einmal zu berücksichtigen. Weiter sind Grundstücke bzw. Wohnungen, die nicht im Alleineigentum einer Person stehen, mit der entsprechenden Zahl an (Mit-)Eigentümern zu berücksichtigen (vgl. BayVGH, B.v. 22.2.2021 – 15 ZB 20.2126 – juris Rn. 12). Bei einer Erbengemeinschaft steht das Grundstück bzw. die Wohnung im Gesamthandseigentum der Erbengemeinschaft, ein Miterbe ist regelmäßig nicht allein zur Geltendmachung von Nachbarrechten gegen eine Baugenehmigung befugt (vgl. BayVGH, B.v. 30.7.1999 – 15 ZB 99.275 – BayVBl 2000, 182). Maßgeblich für die Eigentümereigenschaft ist der Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachung (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2018 – 9 CS 18.1415 – juris Rn. 25).
16
Nach dem Vortrag der Beteiligten und den Grundbuchauszügen in den Gerichtsakten sind die Anwesen … M. Straße 2a, 3 und 5 nach dem Wohnungseigentumsgesetz aufgeteilt. Eine Zustimmung zu dem Bauvorhaben liegt bei keinem der Eigentümer bzw. Sondereigentümer vor. Dabei sind nach dem unstreitigen Vortrag der Beteiligten bei dem Anwesen … M. Straße 2a jedenfalls 17 Sondereigentümer im gleichen Interesse beteiligt (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 12.6.2023 17 Sondereigentümer zu berücksichtigen, Schriftsatz des Beklagten vom 2.6.2023 im Parallelverfahren 18 Wohnungseigentümer, Schriftsatz der Beigeladenen vom 20.6.2023 20 Sondereigentümer + WEG). Hinzu kommen für das Anwesen … M. Straße 3 jedenfalls 8 Sondereigentümer (Beklagter 9 Wohnungseigentümer, Beigeladene 8 Sondereigentümer + WEG) und für das Anwesen … M. Straße 5 weitere zwei Sondereigentümer (Beigeladene zusätzlich WEG). Da damit jedenfalls mehr als 20 Nachbarn im gleichen Interesse beteiligt sind, kommt es auf mögliche Zählfehler oder Differenzen bei der Berücksichtigung einzelner Wohnungseigentümer nicht maßgeblich an.
17
Sofern die Voraussetzungen einer öffentlichen Bekanntmachung der Baugenehmigung vorliegen, muss diese daneben grundsätzlich nicht – weiteren, in anderen Interessen Beteiligten – individuell zugestellt werden (vgl. BayVGH, B.v. 22.11.2021 – 9 B 18.986 – juris Rn. 32). Fehler bei der öffentlichen Bekanntmachung der Baugenehmigung werden nicht geltend gemacht. Damit gilt die Zustellung der Baugenehmigung mit dem Tag der Bekanntmachung am 17. Februar 2022 gegenüber der Klägerin als bewirkt (vgl. Art. 66 Abs. 2 Satz 6 BayBO).
18
1.2. Da die Klägerin bereits die Klagefrist versäumt hat, kommt es auf die Frage, ob ihr auch die Klagebefugnis fehlt, nicht mehr entscheidungserheblich an. Zwar hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, dass die Klägerin als Pächterin des Nachbargrundstücks (Grundstücke FlNr. 3/1 und 1/1) und auch im Hinblick auf ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nachbarrechtliche Belange gegen die Baugenehmigung nicht geltend machen kann (vgl. BVerwG, B.v. 20.4.1998 – 4 B 22.98 – NVwZ 1998, 956; U.v. 16.9.1993 – 4 C 9.91 – NVwZ 1994, 682; U.v. 11.5.1989 – 4 C 1.88 – BVerwGE 82, 61; BayVGH, B.v. 5.7.2017 – 9 C 17.1023 – juris Rn. 8). Zu der Frage, ob die geltend gemachte Gewässerunterhaltslast, die den Triebwerkskanal betrifft, der im Eigentum des Freistaats Bayern (Grundstück FlNr. 3) steht, der Klägerin eine Klagebefugnis gegen die erteilte Baugenehmigung vermitteln kann, verhalten sich die Entscheidungsgründe des Urteils nicht. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Gewässerunterhaltspflicht der Klägerin noch besteht, auf welcher Rechtsgrundlage die Verpflichtung beruhen kann, in welchem Umfang die Rücksichtnahme auf wasserrechtliche Unterhaltsverpflichtungen Inhalt der Baugenehmigung geworden ist und ob eine bestehende Unterhaltslast der Klägerin einen Drittschutz gegen die Baugenehmigung vermitteln kann. Ob diese Fragen im Rahmen der Zulässigkeit der Klage oder erst im Rahmen ihrer Begründetheit geprüft werden können, kann vorliegend offenbleiben.
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2. Da die Klage unzulässig ist, stellt sich die als grundsätzlich angesehene Rechtsfrage bereits nicht und auch der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht vorliegen.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren.
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Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).