Titel:
Vorläufige Außervollzugsetzung eines Bebauungsplans, Abänderungsverfahren, Ergänzendes Verfahren, Sondergebiet Tierklinik, Geruchsimmissionen
Normenkette:
VwGO § 80 Abs. 7 i.V.m. § 47 Abs. 6
Schlagworte:
Vorläufige Außervollzugsetzung eines Bebauungsplans, Abänderungsverfahren, Ergänzendes Verfahren, Sondergebiet Tierklinik, Geruchsimmissionen
Vorinstanz:
VGH München, Beschluss vom 20.02.2024 – 15 NE 23.1455
Fundstelle:
BeckRS 2025, 9157
Tenor
I. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Februar 2024 (Az. 15 NE 23.1455) wird geändert. Der Antrag der Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Änderungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Der Streitwert für das Änderungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe
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Die Antragsteller begehren im Hauptsacheverfahren (Az. 15 N 23.1454), den Bebauungsplan Nr. 51 „Sondergebiet Tierklinik“ mit integriertem Grünordnungsplan der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären. Sie sind Eigentümer des mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks FlNr. … Gemarkung Gessertshausen, das im Westen, Norden und Osten an den Geltungsbereich des Bebauungsplans grenzt. Auf deren Antrag im Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes setzte der Senat mit Beschluss vom 20. Februar 2024 den am 7. Juli 2023 bekannt gemachten Bebauungsplan bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug (Az. 15 NE 23.1455).
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Aus Anlass der Außervollzugsetzung des Bebauungsplans hat die Antragsgegnerin mit Beschluss 18. Juni 2024 ein ergänzendes Verfahren zur Fehlerbehebung eingeleitet. In dessen Verlauf wurden einige Festsetzungen geändert sowie u.a. die schalltechnische Verträglichkeitsuntersuchung sowie die Immissionsprognose für Gerüche überarbeitet. Nach Beteiligung von Behörden und Öffentlichkeit, beschloss die Antragsgegnerin am 9. Dezember 2024 über die eingegangenen Stellungnahmen und Einwendungen sowie den Bebauungsplan als Satzung. Die Ausfertigung erfolgte am 17. Dezember 2024 und die Bekanntmachung am 18. Dezember 2024, wobei verfügt wurde, dass der Bebauungsplan rückwirkend zum 7. Juli 2023 in Kraft tritt. Mit Schriftsatz vom 14. Januar 2025 hat die Antragsgegnerin die Änderung des Beschlusses vom 20. Februar 2024 (15 NE 23.1455) beantragt, der sich die Beigeladenen angeschlossen haben.
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Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, die Voraussetzungen für eine Außervollzugsetzung lägen nach Durchführung des ergänzenden Verfahrens nicht mehr vor. Der Bebauungsplan sei nunmehr formell und materiell fehlerfrei. Die Belange der Antragsteller, insbesondere in Bezug auf Lärm- und Geruchsimmissionen, seien angemessen berücksichtigt und abgewogen worden.
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den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Februar 2024, Az. 15 NE 23.1455, abzuändern und den Antrag auf Außervollzugsetzung des Bebauungsplans Nr. 51 „Sondergebiet Tierklinik“ bis zur Entscheidung in der Hauptsache abzulehnen.
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Die Antragsteller haben beantragt,
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Die veränderten Umstände führten im Ergebnis zu keiner vom früheren Aussetzungsverfahren abweichenden Beurteilung, da der Bebauungsplan weiterhin an formellen und materiellen Mängeln leide. So sei der Zeitraum der Auslegung im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung im ergänzenden Verfahren trotz Verlängerung nicht angemessen, weil nahezu die komplette Auslegungszeit während der bayerischen Schulferien stattgefunden habe. Die rückwirkende Inkraftsetzung sei unzulässig und die textliche Festsetzung einer abweichenden Bauweise mit Gebäudelängen über 50 m unbestimmt. Abwägungsfehler ergäben sich im Hinblick auf die Geruchsimmissionsprognose, da für das Wohnhaus der Antragsteller von einer Außenbereichs- und nicht einer Innenbereichslage ausgegangen worden sei. Die Zugrundelegung einer Immissions-Jahres-Gesamtzusatzbelastung von 0,18 sei unangemessen, zumal schutzwürdige Räume direkt betroffen seien. Die herangezogenen Immissionswerte gälten nur für durch Tierhaltungsanlagen verursachte Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung; bei der Tierklinik zur Behandlung und Regeneration kranker Tiere aller Art handle es sich aber um eine gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit. Auch sei der Gewichtungsfaktor für Pferde fehlerhaft angesetzt worden und der statische Nachweis einer Umsetzbarkeit der der Immissionsprognose zugrundeliegenden Kaminerhöhungen nicht erbracht. Die Erweiterung der Tierklinik führe zu einer Änderung der Tierzahlen, was zu einer Erhöhung der Geruchsbelastung der Antragsteller führe. Die Maßnahmen organisatorischer Art in Bezug auf Lärmimmissionen seien nur als Hinweise aufgeführt und hätten keine verbindliche Wirkung. Handlungsbedarf ergebe sich jedoch bereits auf der Planungsebene. Schließlich berücksichtige die Festsetzung des südlich des Grundstücks der Antragsteller verlaufenden Weges als öffentliche Verkehrsfläche mit der besonderen Zweckbestimmung „Wirtschaftsweg“ nicht, dass es sich hierbei um die einzige Erschließung dieses Grundstücks handle. Da das Landratsamt bereits Baugenehmigungen erteilt habe und die Beigeladenen Bauarbeiten ausführten, sei auch die Dringlichkeit nach wie vor gegeben.
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Die Beigeladenen haben beantragt,
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dem Antrag der Antragsgegnerin stattzugeben.
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Sie tragen – ergänzend und inhaltlich wie die Antragsgegnerin – vor, dass der Bebauungsplan nach Durchführung des ergänzenden Verfahrens formell und materiell rechtmäßig sei. Die Auslegungsfrist sei angemessen und die rückwirkende Inkraftsetzung zulässig. Die Festsetzung der abweichenden Bauweise sei zulässig und bestimmt; eine erdrückende Wirkung sei aufgrund der Bauraumkonzeption, der Abstände, der Höhenmaße und des Geländeniveaus ausgeschlossen. Im Rahmen der Planung sei die Lage des Grundstücks der Antragsteller sowohl im Bebauungszusammenhang als auch im Außenbereich betrachtet worden und beide Situationen parallel und unabhängig zueinander abgewogen worden. Aufgrund der besonderen Lage erachte die Antragsgegnerin zu Recht für beide Situationen einen Übergangswert von 0,18 für angemessen. Die Antragsteller ließen zudem bestandsgeschützte landwirtschaftliche Nutzungen im Osten ihres Grundstücks außer Betracht. Für die Antragsteller komme es zu einer Verbesserung der Immissionssituation und der Gewichtungsfaktor für Pferde sei entsprechend dem Arbeitspapier des Bayerischen Arbeitskreises Immissionsschutz in der Landwirtschaft gewählt worden. Die genaue statische Umsetzung der Kamine sei für den Bebauungsplan nachrangig; eine bautechnische Umsetzung sei jedenfalls unschwer möglich. Die Verbesserung der Immissionslage werde zudem durch eine verbindliche städtebauliche Vereinbarung mit grundbuchrechtlicher Absicherung bereits auf der Planungsebene sichergestellt. Die Festsetzung der öffentlichen Verkehrsfläche entspreche der aktuellen straßenrechtlichen Widmung.
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Die Landesanwaltschaft als Vertreterin des öffentlichen Interesses hat im Abänderungsverfahren keine Stellungnahme abgegeben.
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Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Planaufstellungsakte der Antragsgegnerin verwiesen.
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Der Antrag der Antragsgegnerin auf Abänderung des Beschlusses des Senats vom 20. Februar 2024 (Az. 15 NE 23.1455) hat in der Sache Erfolg.
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Der Senat hält es aus Gründen der Klarheit und Übersichtlichkeit für sachgerecht, die Beteiligten mit der Stellung im Verfahren zu bezeichnen, die sie im Ausgangsverfahren hatten (vgl. BayVGH, B.v. 31.8.2018 – 9 NE 18.6 – juris Rn. 10 m.w.N.).
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Gegenstand des Normenkontrollverfahrens in der Hauptsache und des gegenständlichen Abänderungsverfahrens ist nach Durchführung des ergänzenden Verfahrens der ursprüngliche Bebauungsplan in der Gestalt, die er durch das ergänzende Verfahren gefunden hat (vgl. BVerwG, U.v. 24.3.2010 – 4 CN 3.09 – juris Rn. 15 m.w.N.).
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1. Dem Antrag auf Abänderung des Beschlusses vom 20. Februar 2024 stehen keine verfahrensrechtlichen Hindernisse entgegen.
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Das Abänderungsverfahren nach § 47 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 80 Abs. 7 VwGO analog findet auch dann Anwendung, wenn die Gemeinde, deren Bebauungsplan durch einen Beschluss nach § 47 Abs. 6 VwGO außer Vollzug gesetzt worden ist, ein ergänzendes Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB zur Heilung der festgestellten Mängel durchgeführt hat. Mit der Wiederholung der Abwägung und des Satzungsbeschlusses ist zwar ein neuer Plan entstanden, der auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht in der Gestalt, wie er nach Behebung des Mangels wirksam in Kraft gesetzt worden ist, Gegenstand des Normenkontrollverfahrens wird (vgl. BVerwG, B.v. 10.1.2017 – 4 BN 18.16 – juris Rn. 7 m.w.N.). Gleichwohl liegt kein anderer Verfahrensgegenstand als im Verfahren der einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO (Az. 15 NE 23.1455) vor, weil der angefochtene Bebauungsplan im ergänzenden Verfahren jedenfalls in seinen maßgeblichen Grundzügen nicht geändert wurde (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 31.8.2018 – 9 NE 18.6 – juris Rn. 14 f.).
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Nach § 47 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO analog kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse nach § 47 Abs. 6 VwGO unabhängig von etwaigen Anträgen oder Anregungen der Beteiligten jederzeit ändern oder aufheben (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 – juris Rn. 9 f. m.w.N.). Beantragt ein Beteiligter die Änderung oder Aufhebung eines Beschlusses nach § 47 Abs. 6 i.V.m. § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO – wie hier –, gilt im Ergebnis nichts Anderes (vgl. BVerwG, B.v. 16.9.2015 – 4 VR 2.15 – juris Rn. 3 f.; BVerwG, B.v. 12.7.2016 – 4 VR 13.16 – BauR 2016, 1770 = juris Rn. 5, jeweils m.w.N.).
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Entsprechend § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kann sich die Antragsgegnerin auch auf veränderte Umstände berufen, die ein Abweichen von der ursprünglichen Entscheidung rechtfertigen können (vgl. BayVGH, B.v. 22.8.2017 – 15 NE 17.1221 – juris Rn. 21 f. m.w.N.) Sie hat nach Außervollzugsetzung des Bebauungsplans aufgrund des Beschlusses des Senats vom 20. Februar 2024 ein ergänzendes Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB u.a. zur Behebung des vom Senat festgestellten Ausfertigungsmangels, zur Änderung unwirksamer Festsetzungen sowie zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Abwägung v.a. im Hinblick auf Lärm- und Geruchsimmissionen durchgeführt, die eingegangenen Stellungnahmen und Einwendungen (erneut) abgewogen und den Bebauungsplan am 9. Dezember 2024 (erneut) als Satzung beschlossen.
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2. Der Änderungsantrag ist auch begründet.
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Für den Antrag auf Änderung nach § 47 Abs. 6 i.V.m. § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO gelten die gleichen Maßstäbe wie für die erste Entscheidung über den Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO (vgl. BVerwG, B.v. 16.9.2015 – 4 VR 2.15 – juris Rn. 4).
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Gemäß § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab bei Bebauungsplänen sind zunächst die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache anhängigen Normenkontrollantrags, soweit sich diese im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinn von § 47 Abs. 6 VwGO geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass dessen Vollzug suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn dessen (weiterer) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer einstweiligen Anordnung im Weg einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten in der Hauptsache – dringend geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 16.9.2015 – 4 VR 2.15 – juris Rn. 4; B.v. 30.4.2019 – 4 VR 3.19 – juris Rn. 4 m.w.N.; BayVGH, B.v. 20.2.2024 – 15 NE 23.1455 – juris Rn. 30).
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO hier nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Zwar sind nach gegenwärtigem Erkenntnisstand die Erfolgsaussichten in einigen Punkten offen; es liegen aber nunmehr jedenfalls keine derart schwerwiegenden Umstände (mehr) für den Erlass der einstweiligen Anordnung vor, als dass diese hier dringend geboten wäre.
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a) Die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags der Antragsteller sind im Hinblick auf die Gebietseinstufung und daraus folgende Immissionswerte nach Nr. 3.1 des Anhangs 7 zur TA Luft sowie die Schutzwürdigkeit des Grundstücks der Antragsteller offen. Nach Ansicht der Antragsgegnerin liegt das Grundstück der Antragsteller im bauplanungsrechtlichen Außenbereich, weshalb diesen eine Jahresgeruchsstundenhäufigkeit von 18 v.H. zumutbar ist. Demgegenüber reklamieren die Antragsteller einen Abwägungsfehler und gehen von einer Lage im Innenbereich und einem für Wohngebiete geltenden Immissionswert nach Nr. 3.1 des Anhangs 7 zur TA Luft aus. Zwar führt die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Abwägung aus, dass ein Übergangswert von 18 v.H. Jahresgeruchsstunden sowohl bei einer Innen- als auch bei einer Außenbereichsqualität des Grundstücks als zumutbar angesehen werde und das Wohnhaus der Antragsteller keinen unzumutbaren Geruchsimmissionen durch die (Erweiterung der) Tierklinik ausgesetzt werde (Abwägung v. 9.12.2024, TOP 3.11 [1]). Ob mit den von der Antragsgegnerin herangezogenen Kriterien eine fehlerfreie Abwägung erfolgt ist, lässt sich jedoch bei lediglich summarischer Prüfung nicht abschließend abschätzen (vgl. auch: BayVGH, B.v. 9.12.2018 – 15 CS 18.1285 – juris Rn. 23).
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b) Schließlich sind die Erfolgsaussichten auch in Bezug auf die Zugrundelegung eines Gewichtungsfaktors von 0,4 für Pferde anstelle des nach Nr. 4.6 Tabelle 24 des Anhangs 7 zur TA Luft angegebenen Faktors von 0,5 im Rahmen der Abwägung offen. Die Antragsgegnerin beruft sich hierbei auf Kapitel 3.3.2.2 der Arbeitspapiere des Bayerischen Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“, Stand September 2023. Im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen in der Immissionsprognose vom 11. Juni 2024 unter Nr. 9.2 zur (gewichteten) Immissions-Gesamtzusatzbelastung (S. 43 ff.) und Nr. 9.3 zur (ungewichteten) Immissions-Zusatzbelastung (S. 57 ff.) ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht absehbar, ob die Zugrundelegung eines von der TA Luft abweichenden Gewichtungsfaktors für Pferde zulässig ist und inwieweit eine Gewichtung hier überhaupt relevant ist.
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Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 – juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 20.2.2024 – 15 NE 23.1455 – juris Rn. 57).
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Die gebotene Folgenabwägung ergibt hier, dass auch bei (nachträglicher) Feststellung von erheblichen Abwägungsmängeln, die gegebenenfalls eine Umplanung und/oder weitere immissionsschutzrechtliche Maßnahmen erfordern, keine schweren Nachteile durch den Vollzug des Bebauungsplans zu befürchten sind, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung dringend gebieten. Die Antragsteller tragen vor, dass zwischenzeitlich eine Baugenehmigung für den Anbau eines neuen Empfangsbereichs erteilt wurde und die Beigeladenen bereits Bauarbeiten ausführten. Aus der Begründung der angeführten Baugenehmigung vom 6. Februar 2025 ergibt sich allerdings, dass das genehmigte Bauvorhaben sowohl die Festsetzungen des angefochtenen Bebauungsplans Nr. 51 als auch die des rechtskräftigen (Vorgänger-) Bebauungsplans Nr. 46 einhält. Damit dürfte die Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung vom 6. Februar 2025 auch unabhängig vom Ausgang des noch offenen Normenkontrollverfahrens zu beurteilen sein. Zwar führen die Antragsteller weitere Bauanträge der Beigeladenen an, die derzeit auf der Basis des angefochtenen Bebauungsplans wegen dessen vorläufiger Außervollzugsetzung vom Landratsamt keiner Entscheidung zugeführt werden. Mit Aufhebung des Beschlusses vom 20. Februar 2024 könnten diese Baugenehmigungsverfahren damit fortgeführt werden; der bloße Vollzug eines Bebauungsplans stellt jedoch keinen schweren Nachteil dar (vgl. BayVGH, B.v. 4.2.2025 – 15 NE 24.2048 – juris Rn. 47 m.w.N.).
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Jedenfalls kommt es im Vollzug des angefochtenen Bebauungsplans zu einer Verbesserung des bestehenden Zustands, was im Hinblick auf die Durchführung bestimmter emissionsrelevanter Maßnahmen auch durch den städtebaulichen Vertrag vom 16./17. Juli 2024 und die Bestellung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit durch notarielle Urkunde vom 5. Dezember 2024 abgesichert ist. Denn nach der Immissionsprognose Gerüche vom 11. Juni 2024 Nr. 9.2.2 ergibt sich eine Geruchswahrnehmungshäufigkeit am Wohngebäude der Antragsteller von 0,29 im Bestand und von 0,18 entsprechend der Planung (S. 56). Die Immissions-Zusatzbelastung für die Antragsteller beträgt danach ungewichtet -0,33 bzw. -0,05 und gewichtet -0,15 bzw. -0,04 (vgl. Immissionsprognose Gerüche v. 11.6.2024 Nr. 9.3.2, S. 69). Im Hinblick darauf ist jedenfalls kein schwerwiegender Nachteil zu Lasten der Antragsteller ersichtlich, der den Erlass der einstweiligen Anordnung dringend erfordern würde.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO. Da die Beigeladenen jeweils einen eigenen Antrag gestellt haben und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt haben, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten erstattet erhalten (§ 162 Abs. 3 VwGO).
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und Abs. 8, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).