Inhalt

VGH München, Beschluss v. 05.05.2025 – 11 CS 24.2017
Titel:

Fahrtenbuchauflage, Erstreckung auf den Fuhrpark, Darlegungsanforderungen teilweise nicht erfüllt, Mehrfachbegründung, Verfahrensrügen im Beschwerdeverfahren, kein Verwertungsverbot für frühere Fahrtenbuchanordnungen, kein Eingriff in den ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb durch Anordnung eines Fahrtenbuchs

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5, § 146 Abs. 4 S. 3
StVZO § 31a
StVG § 29 Abs. 7
Schlagworte:
Fahrtenbuchauflage, Erstreckung auf den Fuhrpark, Darlegungsanforderungen teilweise nicht erfüllt, Mehrfachbegründung, Verfahrensrügen im Beschwerdeverfahren, kein Verwertungsverbot für frühere Fahrtenbuchanordnungen, kein Eingriff in den ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb durch Anordnung eines Fahrtenbuchs
Vorinstanz:
VG Würzburg, Beschluss vom 11.11.2024 – W 6 S 24.1688
Fundstelle:
BeckRS 2025, 9151

Tenor

I. Die Beschwerde wird verworfen, soweit sie unzulässig ist, und im Übrigen zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 81.600,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin, ein als GmbH & Co. KG betriebenes Handwerksunternehmen, wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Fahrtenbuchauflage für ihren Fuhrpark mit 34 Fahrzeugen und die hierzu ergangenen Nebenverfügungen.
2
Bereits in der Vergangenheit hatte das Landratsamt B. K. mit Bescheid vom 23. Oktober 2020 eine Fahrtenbuchauflage für die Dauer von zwölf Monaten und mit Bescheid vom 15. November 2021 eine Fahrtenbuchauflage für die Dauer von neun Monaten gegen die Antragstellerin erlassen, da mit zu ihrem Fuhrpark gehörenden Kraftfahrzeugen Verkehrsordnungswidrigkeiten begangen wurden und der jeweilige Fahrer nicht ermittelt werden konnte.
3
Mit Schreiben vom 10. Mai 2024 bat das Bayerische Polizeiverwaltungsamt das Landratsamt, die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage zu prüfen, da am 5. Februar 2024 um 16:15 Uhr auf der B 286 ein auf die Antragstellerin zugelassenes Kraftfahrzeug von einem Radarmessgerät mit einer bereinigten Geschwindigkeit von 125 km/h erfasst worden war. Die auf der Strecke zugelassene Höchstgeschwindigkeit betrage 100 km/h. Der auf dem Lichtbild festgehaltene Fahrer habe bei einem Bildvergleich weder als Geschäftsführer der Antragstellerin A.E. noch als dessen Bruder S.E. identifiziert werden können. Ein am 8. Februar 2024 an die Antragstellerin versandter Zeugenfragebogen sowie ein am 29. Februar 2024 versandtes Erinnerungsschreiben seien nicht in Rücklauf gekommen. Dem Schreiben waren das Messprotokoll, der Eichschein und ein Schreiben der Polizeiinspektion Bad Brückenau vom 13. März 2024 beigefügt, wonach ein Polizeibeamter am 12. März 2024 den Firmensitz der Antragstellerin aufgesucht und um Auskunft zum verantwortlichen Fahrer gebeten hat. Dort habe eine Person, die sich später auf Frage als A.E. zu erkennen gegeben habe, angegeben, dass man nicht sagen könne, wer das in Rede stehende Fahrzeug gefahren habe, da es von mehreren Personen genutzt werde. Jeder Mitarbeiter habe auch für kurzfristige Fahrten Zugriff auf das Fahrzeug. Auf die Frage nach einem „Fahrtenbuch“ habe der Geschäftsführer nur mit den Achseln gezuckt.
4
Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Anordnung einer Fahrtenbuchauflage forderte das Landratsamt die Antragstellerin mit Schreiben vom 22. Mai 2024 auf, die aktuell auf sie zugelassenen Fahrzeuge und diejenigen Fahrzeuge zu bezeichnen, die einem Fahrer fest zugeordnet seien bzw. einem wechselnden Benutzerkreis zur Verfügung stünden. Es behielt sich eine Ausweitung der Fahrtenbuchanordnung auf den gesamten Fuhrpark vor.
5
Die Bevollmächtigte der Antragstellerin beantragte mit Schreiben vom 7. Juni und 4. Juli 2024 Einsicht in die Behördenakten. Daraufhin wurde die „Behördenakte Teil I“ nur unvollständig an sie übermittelt.
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Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 14. Juni 2024 widersprach die Antragstellerin der Verwertung der Aussage des A.E. „im vorliegenden Ordnungswidrigkeitenverfahren“, da weder eine Beschuldigten- noch eine Zeugenbelehrung „vor Ort“ stattgefunden habe.
7
Das Polizeiverwaltungsamt teilte am 19. Juni 2024 telefonisch mit, dass die Anhörungsbögen bei Verkehrsordnungswidrigkeiten mit einfacher Post „zugestellt“ würden und keine Rückmeldung eingegangen sei, dass die Schriftstücke der Antragstellerin nicht „zugestellt“ worden seien.
8
Der sachbearbeitende Polizeibeamte teilte am 19. Juni 2024 telefonisch mit, er könne nicht mehr sagen, ob er Herrn E. als Zeuge belehrt habe. Dieser habe erst am Ende der ergebnislosen Befragung auf Nachfrage mitgeteilt, dass er Geschäftsführer der Antragstellerin sei.
9
Mit Schreiben vom 27. Juni und 1. Juli 2024 behielt sich das Landratsamt eine Ausweitung der Fahrtenbuchanordnung auf den ganzen Fuhrpark der Antragstellerin vor.
10
Mit Schreiben vom 23. Juli 2024 ließ die Antragstellerin vortragen, dass es sich bei der befragten Person nicht um ihren Geschäftsführer A.E., sondern um dessen als Lagerist beschäftigten Bruder S.E. gehandelt habe. Der Polizeibeamte müsse die beiden Brüder verwechselt haben.
11
Mit Bescheid vom 23. September 2024 verpflichtete das Landratsamt die Antragstellerin gestützt auf § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO und unter Anordnung der sofortigen Vollziehung, für die Zeit vom 1. Oktober 2024 bis zum 30. September 2025 ein Fahrtenbuch für alle aus der dem Bescheid beiliegenden Übersicht ersichtlichen Firmenfahrzeuge und etwaige Ersatzfahrzeuge zu führen und das jeweilige Fahrtenbuch der Straßenverkehrsbehörde oder der Polizeiinspektion jederzeit auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen sowie sechs Monate nach Ablauf des Zeitraums, für den es geführt wurde, aufzubewahren.
12
Am 15. Oktober 2024 ließ die Antragstellerin Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben. Den zugleich gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte das Gericht mit Beschluss vom 11. November 2024 als unbegründet ab. Dem rein formellen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO sei genügt. Ferner liege kein so schwerwiegender Anhörungsmangel vor, dass eine überwiegende Erfolgsaussicht im Hauptsacheverfahren zu bejahen sei. Die unvollständige Gewährung der Einsicht in die Behördenakte verstoße zwar grundsätzlich gegen Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG, sei jedoch entsprechend Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 BayVwVfG geheilt worden. Eine Heilung trete ein, soweit die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht werde. Vorliegend seien der Bevollmächtigten mit E-Mail vom 24. Oktober 2024 die auf das erste Akteneinsichtsgesuch vom 7. Juni 2024 hin nicht übermittelten Seiten der Behördenakte zugänglich gemacht worden. Es habe nur eine Seite mit der Grußformel und Unterschrift des Polizeibeamten sowie die Internetrecherche des Polizeiverwaltungsamts gefehlt. Der Verfahrensfehler sei nicht so gravierend, dass eine andere Entscheidung hätte getroffen werden müssen. Mit Schreiben vom 7. November 2024 habe sich der Antragsgegner auch inhaltlich mit dem ergänzenden Vorbringen der Antragstellerin zu den fehlenden Aktenbestandteilen auseinandergesetzt. Zudem rechtfertige ein heilbarer Formmangel eines Bescheids allein nicht die Annahme, die betreffende Klage werde voraussichtlich erfolgreich sein. Eine Aussetzung der erforderlichen Vollziehung sei angesichts einer erfolgten bzw. noch zu erwartenden Heilung einer möglicherweise zu Unrecht unterbliebenen ausreichenden Anhörung nicht geboten. Soweit die Antragstellerin bemängele, das Landratsamt habe sich nicht mit ihrem Schreiben vom 23. Juli 2024 auseinandergesetzt, liege hierin bereits kein Verstoß gegen Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG. Die Vorschrift sehe keine Pflicht zur Stellungnahme vor Erlass des Bescheids vor, sondern verpflichte die Behörde lediglich, der Antragstellerin Gelegenheit zur Äußerung zu geben, diese zur Kenntnis zu nehmen und in angemessenem Umfang bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Hier habe das Landratsamt mit Schreiben vom 27. August 2024 Kenntnis genommen. Die Voraussetzungen des § 31a Abs. 1 StVZO seien erfüllt. Mit einem auf die Antragstellerin zugelassenen Kraftfahrzeug sei der objektive Tatbestand einer Verkehrsstraftat oder -ordnungswidrigkeit verwirklicht worden. Die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 25 km/h sei eine Ordnungswidrigkeit, die nach der aktuellen Bußgeldkatalog-Verordnung mit einer Geldbuße von 175,- EUR geahndet werde. Zweifel an der Funktionsfähigkeit und der ordnungsgemäßen Handhabung des Messgeräts seien nicht ersichtlich. Die Messung sei mit einem ordnungsgemäß geeichten Messgerät durchgeführt worden. Die Schulungsnachweise des für die Messung verantwortlichen Beamten lägen vor. Die Position der Fotolinien ergebe sich bereits aus dem Messprotokoll. Überdies sei auf dem in der Behördenakte aufgenommenen Lichtbild nicht ersichtlich, dass sich hinter, neben oder vor dem Kraftfahrzeug der Antragstellerin ein weiteres Kraftfahrzeug befunden habe, das die Messung hätte auslösen können. Die Erkennbarkeit des Fahrzeugführers auf dem Messbild sei für die Frage einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften ohne Belang. Unter dem Gesichtspunkt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes werde ein Verkehrsverstoß von einigem Gewicht vorausgesetzt, was am Punktsystem zu bemessen sei. Nach der Rechtsprechung rechtfertige bereits die erstmalige Begehung einer mit einem Punkt bewerteten Verkehrsordnungswidrigkeit die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage. Die Wesentlichkeit des Verstoßes hänge nicht davon ab, ob er zu einer konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer geführt habe. Hier habe die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h nach dem Fahreignungsbewertungssystem gemäß § 40 FeV i.V.m. Nr. 3.2.2 der Anlage 13 zur FeV die Eintragung von einem Punkt zur Folge. Die Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers sei trotz ausreichender Ermittlungen nicht möglich gewesen. Der Antragsgegner habe sich nicht auf die Versendung der Anhörungsbögen beschränkt, sondern darüber hinaus ausreichend weiter ermittelt. So habe das Polizeiverwaltungsamt das Messfoto mit Bildern des Geschäftsführers auf der Homepage der Antragstellerin und dem Facebook-Profilbild seines im Betrieb beschäftigten Bruders abgeglichen und die Polizei gebeten, Nachforschungen im Betrieb der Antragstellerin anzustellen. Nach Angaben des ausführenden Beamten habe der Angesprochene am Ende des Gesprächs angegeben, sein Name sei A.E., und sich als Geschäftsführer ausgegeben. Nach dessen Befragung habe der Antragsgegner davon ausgehen dürfen, dass eine weitere Aufklärung des Sachverhalts keinen Erfolg verspreche. Dies gelte auch, wenn der Geschäftsführer erkläre, die Nutzung der Fahrzeuge werde nicht dokumentiert, die Mitarbeiter hätten unbeschränkt Zugriff auf die Fahrzeuge. Die Behauptung, der Polizeibeamte habe den Geschäftsführer mit dessen Bruder verwechselt, sei eine bloße Schutzbehauptung. Gegen eine Verwechslung spreche, dass sich der Polizeibeamte bei der Befragung nicht nur den Namen, sondern auch die Wohnanschrift notiert und am 19. Juni 2024 telefonisch dem Landratsamt mitgeteilt habe, die von ihm am 12. März 2024 befragte Person habe sich als Geschäftsführer der Antragstellerin ausgegeben. Überdies habe die Bevollmächtigte der Antragstellerin in ihrem ersten an das Landratsamt gerichteten Schreiben der Verwertung der Aussage des namentlich und mit Geburtsdatum identifizierten Geschäftsführers „im vorliegenden Ordnungswidrigkeitenverfahren“, die dieser „vor Ort“ getätigt habe, widersprochen und erst mit Schreiben vom 23. Juli 2024 vortragen, der Polizeibeamte habe nicht den Geschäftsführer A.E., sondern dessen Bruder S.E. befragt. Der Aussage des Geschäftsführers stehe auch kein Verwertungsverbot entgegen. Die strafprozessualen Vorschriften seien auf die Fahrtenbuchauflage nicht anwendbar. Es sei ohne Belang, ob dem Befragten im Ordnungswidrigkeitenverfahren ein Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht zustehe, und folglich auch, ob dieser dahingehend ordnungsgemäß belehrt worden sei. Diesbezüglich habe das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsmäßigkeit des § 31a StVZO bereits bestätigt. Nach der ergebnislosen Befragung des Geschäftsführers habe der Antragsgegner nicht weiter ermitteln, insbesondere nicht die Mitarbeiter der Antragstellerin vernehmen oder weitere Behördenakten beizuziehen müssen. Das Landratsamt sei somit auch nicht verpflichtet gewesen, nochmals den Geschäftsführer der Antragstellerin oder seinen Bruder zu befragen. Folglich könne auch dahinstehen, ob die Anhörungsschreiben des Polizeiverwaltungsamts vom 8. Februar und 29. Februar 2024 tatsächlich an die Antragstellerin versandt worden und ihr zugegangen seien. Die Anordnung eines Fahrtenbuchs sei auch verhältnismäßig. Dessen bloße Androhung im Wiederholungsfall sei – zumal bei wiederholten Fahrtenbuchauflagen in der Vergangenheit – kein gleich erfolgsversprechendes Mittel. In Anbetracht der zwei bestandskräftigen Fahrtenbuchauflagen aus der Vergangenheit und – zusätzlich zu dem Verkehrsverstoß vom 5. Februar 2024 – drei weiteren Verkehrsverstößen mit drei unterschiedlichen Fahrzeugen der Antragstellerin innerhalb von nur vier Jahren, bei denen die Fahrzeugführer nicht hätten ermittelt werden können, sei auch die Erstreckung der Fahrtenbuchauflage auf alle Firmenfahrzeuge rechtmäßig. Hierfür sei maßgeblich, ob nicht aufklärbare Verkehrsverstöße nicht nur mit dem Tatfahrzeug, sondern auch mit anderen Fahrzeugen des Halters zu erwarten seien. Dies könne allerdings auch bei einer erheblichen Verkehrszuwiderhandlung mit nur einem Fahrzeug in Betracht kommen. Die Tilgungsbestimmungen des BZRG ließen sich dabei nicht auf die sicherheitsrechtliche Fahrtenbuchauflage übertragen. Es spiele mit Blick auf die Verhältnismäßigkeit der Erstreckung keine Rolle, dass die letzte Fahrtenbuchanordnung knapp drei Jahre zurückliege. Ungeachtet dessen stelle der Erlass einer Fahrtenbuchauflage gegen ein kaufmännisches Unternehmen ohnehin einen eher geringfügigen Eingriff dar, da jenem keine zeitintensiven zusätzlichen Pflichten auferlegt würden. Denn bei Firmenfahrzeugen entspreche es sachgerechtem kaufmännischen Verhalten, Geschäftsfahrten längerfristig zu dokumentieren. Damit werde der Antragstellerin mit der Fahrtenbuchauflage nichts Unzumutbares abverlangt. Auch hinsichtlich der Dauer der Fahrtenbuchauflage ergäben sich keine Zweifel an deren Rechtsmäßigkeit. Maßgeblich sei insbesondere das Gewicht der festgestellten Verkehrszuwiderhandlungen. Als Richtwert sei eine Dauer von zwölf Monaten pro Punkt anerkannt. Dem entspreche hier die Dauer der Fahrtenbuchanordnung. Auch gegen die Ausdehnung der Fahrtenbuchauflage auf Ersatzfahrzeuge gemäß § 31a Abs. 1 Satz 2 FeV bestünden keine rechtlichen Bedenken. Auch bei Abwägung der gegenseitigen Interessen sei aus den oben genannten Gründen kein überwiegendes Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage festzustellen.
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Mit ihrer Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt, verfolgt die Antragstellerin die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage weiter. Zur Begründung führt sie nochmals aus, was sie in ihrer erstinstanzlichen Klage- und Antragsschrift und in ihrer Stellungnahme vom 31. Oktober 2024 vorgetragen hatte. Sodann bemängelt sie, das Verwaltungsgericht habe ohne Gewährung rechtlichen Gehörs ohne mündliche Verhandlung und ohne Hinweis auf seine Rechtsmeinung entschieden, was gegen Art. 103 GG verstoße. Die Annahme, bei der dargestellten Personenverwechslung handle es sich um eine Schutzbehauptung, sei rechtswidrig, da die Akten keine Anhaltspunkte hierfür enthielten. Man habe substantiiert mit Beweisangeboten vorgetragen, dass im polizeilichen Ermittlungsverfahren eine Verwechslung einer männlichen Person mit dem Geschäftsführer vorliege. Ob alles getan worden sei, um die Ordnungswidrigkeit aufzuklären, sei nach objektiven Maßstäben zu beurteilen. Irrtümer müssten zugunsten des Antragstellers berücksichtigt werden. Es dürften nur rechtsstaatlich gewonnene Erkenntnisse aus dem Ermittlungsverfahren berücksichtigt werden. Hier seien jedoch Erkenntnisse einer männlichen Person ohne Zeugenbelehrung und ohne Belehrung verwendet worden. Die Befragung sei als „Bitte“ „getarnt“ worden. Rechtsstaatliche Mängel bei der Erkenntnisgewinnung zum Tatbestand der Ordnungswidrigkeit schützten über Art. 20 Abs. 3 GG nicht nur den Fahrer als Täter, sondern auch den Halter bei Nichtaufklärbarkeit der Zuwiderhandlung. Der Bescheid greife in den ausgeübten und eingerichteten, grundgesetzlich geschützten Gewerbebetrieb der Antragstellerin ein. Die gerichtlichen Ausführungen, ein Unternehmer müsse sowieso Aufzeichnungen zu Fahrern fertigen, weshalb ein Fahrtenbuch keinen berücksichtigungswürdigen Mehraufwand bedeute, seien fehlerhaft. Die Auflage erfordere eine Unterweisung der Fahrer, wie das Fahrtenbuch auszufüllen sei, sowie Kontrolle und bringe neue Formalien, Bürokratie und eine Doppelerfassung der Fahrer in den Baustellenberichten und im Fahrtenbuch mit sich. Weiterhin sei gar nicht geklärt, ob jeweils der Fahrer im Fahrtenbuch unterschreiben müsse oder die Eintragung eines Dritten, z.B. Polier etc. erfolgen könne. Das Verwaltungsgericht habe durch Verletzung des rechtlichen Gehörs weiteren Vortrag durch die Antragstellerin nicht zugelassen. Gerade im Baustellengewerbe zähle jede Minute Arbeitszeit; es herrsche Personalmangel. Jede weitere Auflage stelle damit einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Ferner sei die Maßnahme unverhältnismäßig, weil eine nicht aufgeklärte Geldbuße von 100,- EUR ohne Fahrverbot zu einem Fahrverbot für einen gesamten Fuhrpark geführt habe. Eine Einwirkung auf den Fahrer selbst werde durch die Geldbuße nicht erreicht, weil die Antragstellerin die Buße übernommen hätte, was branchenüblich sei. Nur in Form der Steuerpflicht treffe sie auch den Fahrer. Das Verwaltungsgericht und das Landratsamt hätten die Branchenüblichkeit und die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht berücksichtigt. Sämtliche Ausführungen zu Leib und Lebensgefahr gingen damit ins Leere, denn die Geldbuße trage letztendlich der Arbeitgeber. In dieses Gefüge einzugreifen, bedeute einen Eingriff in den ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb, der eine ganze Branche betreffe, die für ihre Arbeitnehmer die Geldbußen wegen Verkehrsrechtsordnungswidrigkeiten übernehme. Eine Zustellung der Anhörungsbögen im polizeilichen Ermittlungsverfahren sei nicht erfolgt. Dazu sei substantiiert unter Beweisangeboten vorgetragen worden. Dasselbe gelte für das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Das Landratsamt habe die Verhältnismäßigkeit ermessensfehlerhaft nicht geprüft. Es liege Ermessensreduzierung auf Null vor. Für kein Fahrzeug sei zwingend ein Fahrtenbuch anzuordnen. Die Ordnungswidrigkeit sei im Hinblick auf das Tatfahrzeug und auf die Erstreckung auf einen Fuhrpark mit 34 Fahrzeugen zu bewerten. Die Größe des Fuhrparks sei im Verhältnis zur Anzahl der nicht aufgeklärten Ordnungswidrigkeiten und der Laufleistung des Fuhrparks insgesamt zu bewerten. Auch sei es ermessensfehlerhaft gewesen, ein zweites Mal nicht aufgeklärte Ordnungswidrigkeiten einer bereits absolvierten Fahrtenbuchauflage zu unterwerfen. Da die Fahrtenbuchauflagen aus den Jahren 2020 und 2021 als Argument für die Ausdehnung der Auflage auf den gesamten Fuhrpark herangezogen worden seien, sei der angegriffene Bescheid insgesamt rechtswidrig. Der Aufbewahrung der Verstöße aus den Jahren 2020 und 2021 beim Landratsamt stünden datenschutzrechtliche Vorschriften entgegen. Ein Schutzzweck einer Fahrtenbuchauflage bestehe nach Tilgungsreife der zugrundeliegenden Ordnungswidrigkeit nicht mehr. Die Fahrtenbuchauflagen aus den Jahren 2020 und 2021 dürften bei der Prüfung von Ordnungswidrigkeiten aus dem Jahr 2024 nicht mehr verwendet werden. Hinweise auf Zuwiderhandlungen mit anderen Fahrzeugen als dem Fahrzeug, mit dem der letzte Geschwindigkeitsverstoß begangen worden sei, seien nicht aktenkundig. Der Hinweis auf Aussagen einer nicht identifizierten männlichen Person seien der Antragstellerin nicht zuzurechnen. Ohne Vernehmung dieser männlichen Person und ohne Zeugenbelehrung sei deren Aussage unverwertbar. Es seien nur drei Verkehrsverstöße (2020, 2021 und 2024) in Form von Ordnungswidrigkeiten aktenkundig, die – wenn man immer vom selben Fahrer ausgehe – auch nicht zum Erreichen von 8 Punkten führten, erst recht unter Berücksichtigung der Tilgungsbestimmungen. Bei keinem Verstoß wäre ein Fahrverbot verhängt worden. Der Hinweis auf zukünftige Gefahren für Leib und Leben, der als Begründung für die Fahrtenbuchauflage für den gesamten Fuhrpark gedient habe, sei daher ermessensfehlerhaft. Der Gesetzgeber gehe gerade nicht von Gefahren für Leib und Leben aus. Zudem seien im Verhältnis zur Größe des Fuhrparks zu wenige Fahrzeuge in einem langen Zeitraum betroffen, um die Fahrtenbuchauflage nochmals anzuordnen. Das Landratsamt habe das rechtliche Gehör auch dadurch verletzt, dass nicht umfassend Akteneinsicht gewährt worden sei. Es fehle nicht nur eine Seite mit einer Unterschrift, sondern sämtliche Auskünfte, die das Polizeiverwaltungsamt zur Identitätsfeststellung bei der Gemeinde angefordert habe. Es sei daher wahrscheinlich, dass auch dem sachbearbeitenden Polizeibeamten vor seiner Ermittlungstätigkeit diese Seiten gefehlt hätten und die Vergleichsbilder von A.E. und S.E. erst im Nachgang beigezogen worden seien. In seiner Stellungnahme verweise der Polizeibeamte nicht auf Vergleichsbilder aus dem Akt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
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1. Der Antragsgegner macht zu Recht geltend, dass die Beschwerde schon deshalb keinen Erfolg haben kann, weil die Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung nicht der vom Gericht vorgenommenen reinen Interessenabwägung (BA S. 28, Nr. 3) entgegengetreten ist, die unabhängig von der materiell-rechtlichen Bewertung des Bescheids die Ablehnung des Antrags gemäß § 80 Abs. 5 VwGO trägt. Hierbei geht es nicht, wie die Antragstellerin meint, um die im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit zu prüfende Verhältnismäßigkeit der Fahrtenbuchauflage, sondern um eine erfolgsunabhängige Abwägung zwischen dem schutzwürdigen Suspensivinteresse des Betroffenen und dem öffentlichen Vollzugsinteresse in der Annahme offener Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 93; Schoch in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand August 2024, § 80 Rn. 373 ff.; zur Verfassungsmäßigkeit dieses Stufensystems BVerfG, B.v. 11.6.2008 – 2 BvR 2062/07 – NVwZ-RR 2008, 657 = juris Rn. 14; B.v. 29.5.2007 – 2 BvR 695/07 – NVwZ 2007, 1176 = juris Rn. 31). Ist die Entscheidung – wie hier – auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt, kann die Beschwerde nur Erfolg haben, wenn der Beschwerdeführer im Hinblick auf jeden der für das Verwaltungsgericht entscheidungserheblichen Gründe in der Beschwerde etwas Durchgreifendes vorträgt (stRspr vgl. BayVGH, B.v. 11.7.2024 – 6 CE 24.829 – juris Rn. 5; B.v. 15.1.2024 – 10 CS 23.2320 – juris Rn. 4; B.v. 31.7.2023 – 11 CS 23.1229 – juris Rn. 12; Rudisile in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, § 146 VwGO Rn. 13c; Kaufmann in BeckOK VwGO, Stand 1.1.2020, § 146 Rn. 14; Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 146 Rn. 77 f. jeweils m.w.N.).
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2. Auch die Rüge, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Eilentscheidung gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verstoßen, ist von vornherein nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Das Rechtsmittel der Beschwerde nach § 146 Abs. 4 VwGO kann mit der Behauptung von Verfahrensfehlern des Verwaltungsgerichts grundsätzlich nicht geführt werden. Denn es eröffnet im Rahmen der durch § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO gezogenen Grenzen eine umfassende Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof als zweite Tatsacheninstanz, so dass ein etwaiger erstinstanzlicher Gehörsverstoß durch die nachholende Berücksichtigung des Vorbringens im Beschwerdeverfahren geheilt werden könnte (BayVGH, B.v. 20.6.2023 – 6 CE 23.779 – juris Rn. 9; vgl. auch OVG SH, B.v. 8.8.2024 – 1 MB 8/24 – juris Rn. VGH BW, B.v. 7.11.2024 – 9 S 1004/24 – juris Rn. 3; OVG NW, B.v. 24.5.2022 – 1 B 475/22 – juris Rn. 8 f.).
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Abgesehen davon liegt auch kein Gehörsverstoß vor. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet das Gericht stets durch Beschluss (vgl. § 80 Abs. 7 Satz 1, § 122 Abs. 2 Satz 2 VwGO; Schoch in Schoch/Schneider, a.a.O. § 80 Rn. 528; Buchheister in Wysk, VwGO, 4. Aufl. 2025, § 80 Rn. 58; Gersdorf in BeckOK VwGO, Stand 1.1.2024, § 80 Rn. 192), der mangels anderweitiger Bestimmung nach § 101 Abs. 3 VwGO ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Aus Art. 103 Abs. 1 GG ergibt sich grundsätzlich kein Anspruch auf mündliche Verhandlung oder persönliche Anhörung; es ist vielmehr Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, in welcher Weise das rechtliche Gehör gewährt werden soll (BVerfG, B.v. 8.2.1994 – 1 BvR 765/89 u.a. – BVerfGE 89, 381 = juris Rn. 32; Happ in Eyermann, VwGO, § 122 Rn. 2). Hier hatte die Antragstellerin im erstinstanzlichen Eilverfahren ausreichend Gelegenheit, zur Sache vorzutragen und ihren Rechtsstandpunkt darzulegen, und davon mit ihren Schreiben vom 11. und 31. Oktober 2024 auch Gebrauch gemacht.
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Ferner war das Verwaltungsgericht nicht verpflichtet, die Antragstellerin vor der Entscheidung auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Sachverhalts hinzuweisen. Die Hinweispflicht gemäß § 86 Abs. 3 VwGO besteht in abgeschwächter Form zwar auch gegenüber einem anwaltlich vertretenen Beteiligten, wobei das Gericht allerdings grundsätzlich davon ausgehen darf, dass ein Rechtsanwalt mit der Sach- und Rechtslage hinreichend vertraut ist (vgl. Dawin/Panzer in Schoch/ Schneider, a.a.O. § 86 Rn. 136 m.w.N.). Ein rechtskundig vertretener Beteiligter braucht nicht in alle möglichen oder denkbaren Richtungen beraten zu werden. Auch aktualisiert sich die Hinweispflicht nicht in Prozesssituationen, in denen die Rechtslage für einen Rechtskundigen ohne besondere Schwierigkeiten übersehbar ist und deshalb sich dem Gericht die Notwendigkeit eines Hinweises nicht aufdrängt. Dem Vorsitzenden steht insoweit eine Einschätzungsprärogative zu (vgl. Dawin/Panzer a.a.O. § 86 Rn. 136 m.w.N.; Bamberger in Wysk, VwGO, § 86 Rn. 56). Die Hinweispflicht bezieht sich auf die tragenden („wesentlichen“) Erwägungen des Gerichts. Wie der Antragsgegner zutreffend dargelegt hat, verlangt sie demgegenüber grundsätzlich nicht, dass das Gericht die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinweist, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 26.9.2022 – 6 B 10.22 – NVwZ 2023, 96 Rn. 19; U.v. 3.12.2020 – 4 C 7.18 – juris Rn. 61; Bamberger in Wysk, VwGO, § 86 Rn. 55).
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Ebenso wenig war das Verwaltungsgericht dazu verpflichtet, über die herangezogenen Akten des Landratsamts hinaus, die auch Unterlagen der im Rahmen der Ermittlungen tätig gewordenen Polizeiinspektion enthielten, noch (weitere) Akten der Polizeiinspektion anzufordern. Die Antragstellerin begehrt die Beiziehung dieser Akten zum Beleg dafür, dass in ihnen keine Hinweise vorhanden sind, die gegen die behauptete Personenverwechslung bei der polizeilichen Befragung am 12. März 2024 sprechen. Nachdem das Verwaltungsgericht jedoch bereits in den Akten des Landratsamts (einschließlich der polizeilichen Unterlagen) ausreichende Anhaltspunkte für seine Überzeugung gefunden hatte, dass es sich bei der befragten Person um den Geschäftsführer der Antragstellerin handelte, waren weitere Akten der Polizeiinspektion aus seiner Sicht nicht erforderlich und entscheidungserheblich. Das Gericht ist nicht verpflichtet, Akten beizuziehen, auf deren Inhalt es nach seiner materiell-rechtlichen Auffassung nicht ankommt (vgl. BVerwG, B.v. 11.3.2004 – 6 B 71.03 – juris Rn. 12). Die Antragstellerin hat die im Rahmen der Beweiswürdigung auf Seite 24 des Eilbeschlusses im Einzelnen angeführten Anhaltspunkte mit ihrer Beschwerde nicht angegriffen und auch sonst nicht dargelegt, inwiefern die Einsicht in die Akten der Polizeiinspektion zu einer anderen Entscheidung geführt hätte. Danach liegt in der unterbliebenen Aktenbeiziehung weder ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO noch gegen das rechtliche Gehör.
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3. In Teilen verfehlt die Beschwerdebegründung, wie der Antragsgegner zu Recht geltend macht, die Darlegungsanforderungen, nämlich soweit die Antragstellerin ihr erstinstanzliches Vorbringen (wörtlich) wiederholt, ohne einen Bezug zu den Erwägungen des Verwaltungsgerichts herzustellen. Dasselbe gilt für die Rüge einer Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör im Behördenverfahren durch unvollständige Gewährung von Akteneinsicht und unterbliebene Kenntnisnahme ihres Sachvortrags durch das Landratsamt, die Kritik an der gerichtlichen Beweiswürdigung zur Personenverwechslung, der wiederholten Behauptung „rechtsstaatlicher Mängel bei der Erkenntnisgewinnung zum Tatbestand der Ordnungswidrigkeit“ und der wiederholten Kritik an der Verhältnismäßigkeit der Fahrtenbuchauflage. Insofern hätte sich die Begründung (inhaltlich) mit der rechtlichen Argumentation des Gerichts auf Seiten 17 ff., 24 f., 21 und 25 ff. des angegriffenen Beschlusses und der zum Beleg seiner Rechtsauffassung zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung auseinandersetzen müssen und nicht lediglich die bereits vorgetragenen Standpunkte wiederholen dürfen. Wie ausgeführt wird im Zusammenhang mit der polizeilichen Befragung am 12. März 2024 lediglich behauptet, es fänden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der befragten Person um den Geschäftsführer der Antragstellerin gehandelt habe. Die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts, das zum gegenteiligen Ergebnis kommt, greift die Beschwerdebegründung jedoch nicht auf. Dies gilt auch für die Ausführungen des Gerichts zu den als ausreichend erachteten Ermittlungsmaßnahmen (BA S. 23 ff.). Dem wird mit Schreiben vom 10. Februar 2025 ohne Bezug zu den Gründen des Beschlusses (vgl. BA S. 25) und nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist am 12. Dezember 2024 zum wiederholten Mal lediglich entgegengesetzt, dass noch der Bruder des Geschäftsführers der Antragstellerin als Zeuge hätte befragt werden müssen. Das Verwaltungsgericht hat nach Maßgabe der von ihm zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung und Kommentarliteratur auch zutreffend die Voraussetzungen für die Anordnung eines Fahrtenbuchs gemäß § 31a Abs. 1 Satz 1 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) vom 26. April 2012 (BGBl I S. 679), zuletzt geändert durch Verordnung vom 25. Juni 2021 (BGBl I S. 2204), in Teilen in Kraft getreten zum 1. Oktober 2024, dargelegt (siehe BA S. 19 ff.). Danach ist nicht erforderlich, dass die begangene Verkehrsordnungswidrigkeit ein Fahrverbot nach sich gezogen hat. Mit diesen rechtlichen Ausführungen setzt sich die Beschwerdeführerin nicht ansatzweise auseinander. Damit besteht auch kein Anlass, zur „Sicherheit der Verkehrsteilnehmer … ausführlich Stellung zu beziehen“. Mit dieser Forderung werden rechtliche Voraussetzungen impliziert, die nach den gerichtlichen Ausführungen gerade nicht bestehen.
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Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss eine Beschwerde die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO). Dabei bedeutet „darlegen“ schon nach allgemeinem Sprachgebrauch mehr als lediglich ein allgemeiner Hinweis; „etwas darlegen“ bedeutet vielmehr so viel wie „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“ (vgl. BVerwG, B.v. 9.3.1993 – 3 B 105.92 – NJW 1993, 2825 = juris Rn. 3; Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, § 146 Rn. 73). Der Beschwerdeführer muss daher ausgehend von der Entscheidung konkret aufzeigen, in welchen Punkten und weshalb sie aus seiner Sicht nicht tragfähig und überprüfungsbedürftig ist, was voraussetzt, dass er den Streitstoff prüft, sichtet, rechtlich durchdringt und sich mit den Gründen des angegriffenen Beschlusses befasst (Guckelberger, a.a.O. Rn. 76). An der nötigen inhaltlichen Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung fehlt es, wenn der Beschwerdeführer lediglich sein Vorbringen aus erster Instanz wiederholt, ohne auf die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung einzugehen, oder sich mit pauschalen, formelhaften Rügen begnügt. Ferner reicht es grundsätzlich nicht aus, wenn er lediglich eine eigene Würdigung der Sach- und Rechtslage vorträgt, die im Ergebnis von derjenigen des Verwaltungsgerichts abweicht. Vielmehr müssen die die Entscheidung des Verwaltungsgerichts tragenden Rechtssätze oder die dafür erheblichen Tatsachenfeststellungen mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt werden (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 146 Rn. 22a ff.; Guckelberger, a.a.O. Rn. 75 ff.; BayVGH, B.v. 17.10.2024 – 11 CS 24.1484 – juris Rn. 12; B.v. 19.5.2023 – 10 CS 23.783 – juris Rn. 3 jeweils m.w.N.). Dem wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht.
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4. Im Übrigen ergibt sich aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 1 bis 6 VwGO), auch nicht, dass die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern oder aufzuheben wäre.
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Mit dem Vortrag, die Ermessensausübung durch das Landratsamt berücksichtige nicht, dass die Antragstellerin die den verantwortlichen Fahrern auferlegten Geldbußen übernehme und daher allenfalls mittelbar bzw. steuerlich auf sie eingewirkt werden könne, ist nicht dargelegt, dass die Fahrtenbuchanordnung in ihrem Fall eine ungeeignete, nicht erforderliche oder unverhältnismäßige Maßnahme darstellt. Die Antragstellerin mag mit der Übernahme von Bußgeldern zwar teilweise den Zweck der Fahrtenbuchanordnung vereiteln, durch Ahndung etwaiger künftiger Verkehrsverstöße nach Maßgabe des Ordnungswidrigkeiten- oder Strafrechts auf den verantwortlichen Fahrer einzuwirken (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2010 – 11 CS 10.357 – NJW 2011, 326 Rn. 12). Jedoch ist entscheidend, dass erst das Führen eines Fahrtenbuchs die nachträgliche Feststellung des verantwortlichen Fahrers und die Einleitung eines Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahrens gegen ihn ermöglicht, was ggf. genügt, ihn von der Begehung von Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr abzuhalten. Erforderlichenfalls können auch präventive fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen (z.B. Entziehung der Fahrerlaubnis) gegen ihn ergriffen werden (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2010 a.a.O.). Zudem war für das Landratsamt bei der Ausübung seines Ermessens und der Anordnung des Sofortvollzugs maßgeblich (siehe Bescheid vom 23.9.2024, S. 11 f.), den Geschäftsführer der Antragstellerin mit der Fahrtenbuchanordnung dazu anzuhalten, die Fahrzeugbenutzung nachprüfbar und gewissenhaft zu überwachen und bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Falle eines erneuten Verkehrsverstoßes mitzuwirken, was dem anerkannten Zweck dieser Maßnahme entspricht. Gefährdet der Kraftfahrzeughalter die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs dadurch, dass er unter Vernachlässigung seiner Aufsichtsmöglichkeiten nicht dartun kann oder will, wer im Zusammenhang mit einer Verkehrszuwiderhandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt sein Fahrzeug gefahren hat, darf er durch das Führen eines Fahrtenbuchs zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung angehalten werden (BVerwG, B.v. 23.6.1989 – 7 B 90.89 – NJW 1989, 2704 = juris Rn. 8).
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Das Recht an ihrem ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb entbindet die Antragstellerin nicht von der jeden Kraftfahrzeughalter treffenden Mitwirkungsobliegenheit bei der Aufklärung eines mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes (vgl. BVerfG, B.v. 7.12.1981 – 2 BvR 1172/81 – NJW 1982, 568 Rn. 7 zur Mitwirkungspflicht). Zudem stellt die Anordnung eines Fahrtenbuchs keinen unmittelbar betriebsbezogenen Eingriff dar, der sich gegen den Betrieb als solchen richtet, und fällt damit nicht in den Schutzbereich des Rechts am ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetriebs (vgl. Katzenmeier in Dauner-Lieb/Langen, BGB Schuldrecht, 4. Aufl. 2021, § 823 BGB Rn. 262 ff.; Förster in BeckOK BGB, Stand 1.2.2025, § 823 Rn. 183 ff.). Die Betriebsbezogenheit ist dann gegeben, wenn ein unmittelbarer Eingriff in den betrieblichen Tätigkeitskreis vorliegt, der sich spezifisch gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richtet und nicht lediglich gegen vom Betrieb lösbare Rechte oder Rechtsgüter (vgl. Förster a.a.O. Rn. 184). Diese Unmittelbarkeit wird nicht bereits dadurch hergestellt, dass der Betriebsinhaber oder der von ihm Beauftragte das Fahrtenbuch ggf. während der Betriebszeit auszufüllen hat.
26
Auf den behaupteten Nicht-Zugang der Anhörungsbögen kommt es, wie das Verwaltungsgericht auf Seite 25 des angegriffenen Beschlusses ausgeführt hat, nicht an.
27
Die von der Antragstellerin vertretene Rechtsauffassung, dass die beiden Fahrtenbuchauflagen aus der Vergangenheit bei der streitgegenständlichen Anordnung des Fahrtenbuchs außer Betracht bleiben müssten, weil die zugrundeliegenden Verkehrsordnungswidrigkeiten bereits aus dem Fahreignungsregister getilgt seien, geht fehl. Das Verwertungsverbot aus § 29 Abs. 7 StVG gilt für Zwecke des § 28 Abs. 2 StVG und grundsätzlich nicht für Vorgänge und Daten, die nicht Teil registerfähiger Entscheidungen nach § 28 Abs. 3 StVG sind (vgl. Trautmann in Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 3. Aufl. 2021, § 29 StVG Rn. 28). Um die in § 28 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 StVG aufgezählten Zwecke geht es vorliegend jedoch nicht. Das Landratsamt hatte vielmehr zu beurteilen, ob aufgrund des Verhaltens des Kraftfahrzeughalters und seiner Nutzungsgepflogenheiten auch mit anderen Fahrzeugen einschlägige Zuwiderhandlungen zu erwarten sind (vgl. Derpa in Hentschel/König, Straßenverkehrsrecht, 48. Aufl. 2025, § 31a StVZO Rn. 60) und es in diesem Zusammenhang erneut zu Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Fahrzeugführers kommen könnte. Bei dieser Prognose werden nicht „die Tat und die Entscheidung“ (vgl. § 29 Abs. 7 Satz 1 StVG) zu Lasten der Antragstellerin verwertet, sondern lediglich die Tatsache, dass sie auch in der Vergangenheit nur unzureichend bei der Fahrerfeststellung mitgewirkt hat (vgl. auch BayVGH, B.v. 17.12.2020 – 11 CS 20.2096 – juris Rn. 13 und SächsOVG, B.v. 9.3.2022 – 6 B 5/22 – NJW 2022, 1473 Rn. 6: aus dem Verwertungsverbot des § 29 Abs. 7 Satz 1 StVG folgt nicht, dass auch die wegen der Tat oder Entscheidung bereits rechtmäßig ergriffenen Maßnahmen wie Ermahnung oder Verwarnung rückwirkend zu beseitigen sind oder als unbeachtlich zu gelten haben). Im Übrigen unterfallen Bußgeldentscheidungen in Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht dem umfassenden Vorhalte- und Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG (Bücherl in BeckOK StPO mit RiStBV und MiStra, Stand 1.1.2025, § 51 BZRG Rn. 11). Auch liegen die Fahrtenbuchanordnungen vom 23. Oktober 2020 und 15. November 2021 noch nicht so lange zurück, dass ihnen keine Aussagekraft hinsichtlich einer abstrakten Wiederholungsgefahr (vgl. Siegmund in jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand 21.2.2025, § 31a StVZO Rn. 96) mehr beizumessen wäre.
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Soweit die Antragstellerin sich auf Art. 103 Abs. 3 GG (ne bis in idem) beruft, verkennt sie, dass es sich bei der Anordnung eines Fahrtenbuchs nicht um eine Strafe oder strafähnliche Maßnahme, sondern um eine verwaltungsrechtliche Maßnahme präventiver Gefahrenvorsorge handelt.
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Schließlich trifft auch nicht zu, dass das Landratsamt bei der Anordnung des Fahrtenbuchs ermessensfehlerhaft nicht deren Verhältnismäßigkeit geprüft habe. Die ersten Erwägungen hierzu finden sich auf Seite 5 ff. des Bescheids (Verkehrsverstoß von einigem Gewicht), die Erwägungen zur Ausdehnung der Anordnung auf alle Fahrzeuge des Fuhrparks auf Seite 11 f. des Bescheids. Das Landratsamt hat den von der Antragstellerin zitierten Vorgaben des Verwaltungsgerichts Mainz (B.v. 14.5.2012 – 3 L 298/12.MZ – juris 1. Ls., Rn. 6) genügt, wonach vor Erstreckung einer Fahrtenbuchauflage auf den gesamten Fahrzeugpark des Fahrzeughalters eine Prognose darüber anzustellen ist, ob über das Fahrzeug, mit dem die der Fahrtenbuchauflage zugrundeliegende Verkehrszuwiderhandlung begangen wurde, hinaus Verkehrsverstöße mit anderen Fahrzeugen des Halters ebenfalls nicht aufgeklärt werden können, was mindestens erfordere, dass die Behörde Art und Umfang des Fahrzeugparks sowie etwaiger Verkehrsverstöße mit Fahrzeugen des Halters in der Vergangenheit ermittle. Unabhängig davon, ob und in welchem Umfang derartige Ermittlungen überhaupt geboten sind (vgl. BayVGH, B.v. 11.6.2024 – 11 CS 24.628 – juris Rn. 21), hat das Landratsamt die Antragstellerin zu einer Erstreckung der Fahrtenbuchauflage auf ihren Fuhrpark angehört, erstmals mit Schreiben vom 22. Mai 2024, und dazu auch in dem angefochtenen Bescheid etwas ausgeführt. An dessen Gründe hat das Verwaltungsgericht mit seinen – nicht zu beanstandenden – rechtlichen Erwägungen angeknüpft (BA S. 26 f.).
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5. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, 2 GKG i.V.m. der Empfehlung in Nr. 46.11, 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben worden sind.
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6. Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).