Titel:
Antrag auf Aufhebung eines Schiedsspruchs und Gegenantrag auf Vollstreckbarerklärung
Normenketten:
ZPO § 1059 Abs. 2 Nr. 1 b, Abs. 3, § 1060 Abs. 2
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1, § 308 Nr. 7a, § 314, § 626, § 627, § 628
Leitsätze:
1. Eine schiedsgerichtliche Entscheidung ist nicht schon dann objektiv willkürlich, wenn sie auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung beruht. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Rechtzeitigkeit eines Aufhebungsantrags genügt der fristgerechte Eingang bei einem unzuständigen Gericht und die zeitnahe Weiterleitung an das zuständige Gericht (Abgrenzung von BeckRS 2020, 9813). (Rn. 70) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Aufhebungsantrag entfällt nicht dadurch, dass der Gegner einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung stellt (entgegen OLG Frankfurt a.M. BeckRS 2016, 131986; Abgrenzung von BGH BeckRS 1999, 30067045). (Rn. 73 – 75) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Schiedsspruch, Vollstreckbarerklärung, Aufhebungsantrag, Rechtsschutzbedürfnis, Eingang, Frist, unzuständiges Gericht, Weiterleitung, Willkür, ordre public, fehlerhafte Rechtsanwendung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 8963
Tenor
I. Der in dem Schiedsverfahren DIS-SV-2021-00542 zwischen der Antragsgegnerin als Schiedsklägerin und der Antragstellerin als Schiedsbeklagter durch das Schiedsgericht, bestehend aus dem Einzelschiedsrichter …, am 21. Dezember 2023 in München ergangene Schiedsspruch wird mit folgendem Inhalt für vollstreckbar erklärt:
1. Die Schiedsbeklagte wird verurteilt, an die Schiedsklägerin 67.127,75 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 11.176,77 € vom 24. Juni 2021 bis zum 15. Juli 2021 sowie aus 67.127,75 € ab dem 16. Juli 2021 zu zahlen.
2. Die Schiedsbeklagte trägt die Kosten des Schiedsverfahrens. Die Schiedsbeklagte wird verurteilt, an die Schiedsklägerin 7.977,16 € zu zahlen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des hiesigen gerichtlichen Verfahrens.
III. Dieser Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
1
Die Antragstellerin begehrt die Aufhebung, die Antragsgegnerin die Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs.
2
Nach dem Schiedsspruch liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
3
Die Antragsgegnerin, die vormalige B. GmbH, bezeichnet sich als Fördermittelpartner für Forschungszulagen; die Antragstellerin ist im Formenbau insbesondere für die Herstellung von Automobilkomponenten tätig. Im Jahr 2020 wurde die Antragstellerin von der Antragsgegnerin angefragt, ob sie Interesse an der Mitwirkung an einem Forschungsprojekt, ausgehend von einer Projektidee der C. Universität habe. Ziel war die Entwicklung eines …. Die Parteien unterzeichneten am 26./30. Juni 2020 eine „Vereinbarung zur Technologietransferberatung“ (nachfolgend auch „Beratungsvertrag“).
4
Daraus ergeben sich folgende Leistungspflichten der Antragsgegnerin:
B. vermittelt Partner entsprechend der Kompetenzen für ein innovatives Forschungs- und Entwicklungsprojekt und entwickelt ein sowohl förderfähiges, wirtschaftlich verwertbares, aber auch innovatives Gesamtkonzept zum wirtschaftlichen Nutzen des Kunden. Die Gesamtleistung von B. ist in drei aufeinander aufbauende und voneinander abhängige Phasen unterteilt:
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Phase 1
Technologietransfer
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- Technologiescouting und Entwicklung Innovations-Business Case
- Validierung (wirtschaftlich-technische Eignung) der
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Projektteilnehmer
- Aufbau des Konsortiums und Gewinnung der Partner
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Phase 2
Antragsbetreuung
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- Unterstützung bei Projektskizze und Antrag,
Bereitstellung eines ersten Entwurfs des Kooperationsvertrags
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Phase 3
Abwicklung
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- Bereitstellung Softwaresystem F. inkl. individuellen Zugangsdaten für die Administration des Projektes
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Des Weiteren enthält der Vertrag auf Seite 1 folgende Regelung:
Gesamthonorar für alle Leistungen – nur zahlbar bei Erfolg, d.h. bei Bewilligung des Projektes
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Gesamthonorar von
- 10% der beantragten Zuwendung C. Universität lt. Angaben im Mantelbogen und
- 17% bemessen an der bewilligten Zuwendung des Kunden nach Erhalt des ersten Zuwendungsbescheides zzgl. gesetzl. MwSt.
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Die folgenden Seiten des Vertrags sind überschrieben mit „Vertragsbedingungen zur Technologietransferberatung“ und enthalten unter anderem folgende Regelungen:
„§ 3 Honorarverteilung der Leistungen / Entstehung und Fälligkeit des Honorars für die Projektbegleitung (Erfolgshonorar)
Der Anspruch auf Bezahlung des Gesamthonorars für die Projektbegleitung entsteht in voller Höhe, sobald ein erster Zuwendungsbescheid an den Kunden oder den Forschungspartner bekannt gegeben worden ist. Maßgeblich für die Höhe des Gesamthonorars sind die in diesem Bescheid angegebene Zuwendungssumme sowie die beantragte Zuwendungssumme des Forschungsinstituts lt. Angaben im Mantelbogen.
35% des Gesamthonorars entfallen auf Phase 1 der Leistungen; 50% des Gesamthonorars entfallen auf Phase 2 der Leistungen; 15% des Gesamthonorars entfallen auf Phase 3 der Leistungen. Die Entstehung des Anspruchs auf Bezahlung des Gesamthonorars in voller Höhe, nachdem ein erster Zuwendungsbescheid an den Kunden oder den Forschungspartner bekannt gegeben worden ist, bleibt hiervon unberührt. Dem Kunden wird folgendes Zahlungsziel eingeräumt […]
§ 4 Erfolgsneutrale Honoraransprüche durch B. GmbH
Bei finaler Ablehnung des Antrags, d. h. nach erfolglosem Widerspruch einer Ablehnung, erhält B. GmbH kein Honorar. […]
§ 8 Schiedsgerichtsklausel / Anwendbares Recht / Ausschluss der §§ 305 – 310 BGB
Alle Streitigkeiten, die sich im Zusammenhang mit dieser Vereinbarung oder über ihre Gültigkeit ergeben, werden durch einen Einzelschiedsrichter nach der Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. (DIS) unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges endgültig entschieden […] Schiedsort ist München […] Das in der Sache anwendbare Recht ist das Recht der der [sic] Bundesrepublik Deutschland, wobei die Anwendung der §§ 305 bis einschließlich 310 des Bürgerlichen Gesetzbuches (sogenanntes „AGB-Recht“) auf den vorliegenden Vertrag ausdrücklich ausgeschlossen ist.“
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Mit an die Antragstellerin und die C. Universität gerichteten Zuwendungsbescheiden vom 3. Februar 2021 wurden die Fördermittel bewilligt. Mit Wirksamkeit zum 9. März 2021 schlossen die Antragsgegnerin, die C. Universität und die D. GmbH eine „Kooperationsvereinbarung“.
8
Anfang April 2021 führte die Antragsgegnerin eine neue Internet-Plattform ein, das I. System. Am 6. April 2021 versandte die Antragsgegnerin an Mitarbeiter der Antragstellerin eine E-Mail mit dem Betreff „Einladung zur Nutzung des I.“ mit dem Inhalt:
„[…] wir laden Sie herzlich zu Ihrem persönlichen Account in unserem I. System ein […] Sie können Ihren Account aktivieren, indem Sie auf folgenden Link klicken und ein Passwort setzen […]“.
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Bei erstmaliger Nutzung des I. wurde der Nutzer aufgefordert, Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Nutzung des I. zuzustimmen (im Folgenden „I-Bedingungen“). Diese waren durch Anklicken abrufbar und hatten unter anderem folgenden Inhalt:
„Technologietransfer. Der Nutzer übermittelt dem Betreiber über das I. selbst entwickelte Forschungsideen zum Zwecke der Weiterentwicklung („Veredelung“) und Umsetzung in einem praktischen Forschungs- und Entwicklungsprojekt, für welches der Betreiber interessierte und ihm geeignete Unternehmen aus der Industrie finden und diese mit dem Nutzer vernetzen wird (Technologietransferprojekt) […] Der Nutzer verpflichtet sich, die übermittelten Forschungsideen sowie in Kooperation mit dem Betreiber veredelten Forschungsprojekte nur unter Mitwirkung des Betreibers im Wege des Technologietransfers zu verwerten […] Der Nutzer hat das Recht, die Zusammenarbeit mit dem Betreiber jederzeit zu beenden, indem er seinen Account deaktiviert. Die Rechte an den vom Nutzer übermittelten Forschungsideen, insbesondere das Recht zur Verwertung der übermittelten Forschungsideen in einem Technologietransferprojekt, stehen nach Deaktivierung des Accounts weiterhin dem Betreiber zu.
Ausgleichsansprüche seitens des Betreibers bestehen nicht […].“
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Noch am 6. April 2021 schrieb Herr H. von der Antragstellerin per Mail an Herrn Ho. und Frau E. von der Antragsgegnerin, er bitte um kurze Bestätigung, dass, wie Herr Ho. heute während des Telefonats mitgeteilt habe, B. keine Fördermittelabrufe für die Antragstellerin mache, wenn diese sich nicht auf der neuen I-Plattform anmelde. Eine schriftliche Beantwortung der E-Mail durch die Antragsgegnerin erfolgte nicht. Ob eine entsprechende telefonische Auskunft durch Herrn Ho. tatsächlich erfolgte, ist zwischen den Parteien streitig. Nach den Ausführungen im Schiedsspruch war zudem im Schiedsverfahren nicht klärbar, ob es in den folgenden Tagen zu einem Telefonat zwischen Frau E. und Herrn H. oder anderen Mitarbeitern der Antragstellerin zu diesem Thema kam.
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Am 9. April 2021 versandte die Antragstellerin ein Schreiben an die Kooperationspartner sowie eine Abschrift hiervon an die Antragsgegnerin zur Kenntnis. Die Antragstellerin müsse über einen „ungeheuerlichen“ Vorgang informieren. Die Antragsgegnerin habe erklärt, dass ohne Zustimmung zu den I-Bedingungen eine Nutzung der Plattform nicht möglich sei und ohne Nutzung der I-Plattform keine Abwicklung des Projekts und keine Auszahlung der Förderleistungen erfolgen werde. Anders als die alten Allgemeinen Geschäftsbedingungen sähen die I-Bedingungen eine uneingeschränkte und unentgeltliche Übertragung der Nutzungsrechte an dem Know-How der Antragstellerin an die Antragsgegnerin vor. Dies sei ein äußerst dreister, strafrechtlich relevanter Versuch der Antragsgegnerin, Know-How und Immaterialgüterrechte entschädigungslos abzugreifen. Eine weitere Zusammenarbeit mit der Antragsgegnerin sei daher völlig ausgeschlossen. In einer (ursprünglich als Kick-Off-Meeting geplanten) Besprechung vom 12. April 2021 der Kooperationspartner nahm zunächst Frau E. von der Antragsgegnerin teil, wurde dann aber gebeten, die Besprechung zu verlassen. Mit Schreiben vom 13. April 2021 erklärte die Antragstellerin die fristlose Kündigung des Vertrags mit der Antragsgegnerin aus wichtigem Grund. Die Antragsgegnerin habe versucht, mittels eines verdeckten „Einschleusens“ von neuen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Rechteübertragung des im Rahmen des Projekts offengelegten Know-Hows der Antragstellerin für eine unentgeltliche Nutzung zu erhalten. Die Behauptung von Frau E., es habe sich um ein Versehen gehandelt, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien für ein anderes Projekt vorgesehen gewesen, sei unglaubwürdig. Es fehle die Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.
12
Im Folgenden arbeitete die Antragstellerin mit einem anderen Projektabwickler zusammen, der anstelle der Antragsgegnerin die Fördermittelabrufe durchführte.
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Am 23. Juli 2021 reichte die Antragsgegnerin Schiedsklage ein mit dem Antrag, die Antragstellerin zur Zahlung von 67.127,75 € (Gesamthonorar aus dem Beratungsvertrag) nebst Zinsen zu verurteilten. Die Antragstellerin beantragte die Abweisung der Schiedsklage. Das Schiedsgericht gab der Schiedsklage bis auf eine kleine Abweichung beim Zinsanspruch statt und tenorierte wie folgt:
„1. Die Schiedsbeklagte wird verurteilt, an die Schiedsklägerin 67.127,75 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 11.176,77 € vom 24. Juni 2021 bis zum 15. Juli 2021 sowie aus 67.127,75 € ab dem 16. Juli 2021 zu zahlen.
2. Die Schiedsbeklagte trägt die Kosten des Schiedsverfahrens. Die Schiedsbeklagte wird verurteilt, an die Schiedsklägerin 7.977,16 € zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.“
14
Zur Begründung führte das Schiedsgericht aus, der Anspruch auf das Gesamthonorar sei gemäß § 3 des Beratungsvertrags bereits mit der Bekanntgabe des Zuwendungsbescheids in voller Höhe entstanden. Selbst bei Annahme der für die Schiedsbeklagte günstigsten Rechtslage sei dieser Anspruch nicht durch die erklärte Kündigung erloschen. Bei Anwendung des § 627 BGB sei zwar eine Kündigung ohne die Voraussetzungen des § 626 BGB möglich, aber § 628 BGB anzuwenden. Selbst wenn die Schiedsklägerin die Kündigung der Schiedsbeklagten veranlasst haben sollte, hätte diese immer noch ein Interesse an der bislang erbrachten Leistung der Schiedsklägerin und habe diese auch genutzt. Ein Anspruch auf den den bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung bestehe fort; nach § 3 des Beratungsvertrags sei dies das Gesamthonorar. Zwar sei nach § 628 Abs. 2 BGB die Schiedsklägerin gegebenenfalls zum Ersatz des durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses entstandenen Schadens verpflichtet, wenn sie die Kündigung durch ein vertragswidriges Verhalten veranlasst haben sollte. Allerdings habe die Schiedsbeklagte auf Nachfrage des Schiedsgerichts dargelegt, dass sie ihr entstandene Schäden nicht im Rahmen des laufenden Schiedsverfahrens geltend machen werde. Hilfsweise führte das Schiedsgericht aus, auch bei Anwendung des § 626 Abs. 1 BGB sei § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB anwendbar und die vorherigen Ausführungen hätten daher entsprechend zu gelten. Weiter legte das Schiedsgericht hilfsweise dar, ein wichtiger Grund für eine Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB bestehe nicht und auch ein vertragswidriges Verhalten nach § 628 Abs. 1 BGB liege nicht vor. Der Sachverhalt genüge schon an sich nicht als wichtiger Grund. Die Schiedsklägerin habe keinen Versuch unternommen, sich Exklusivrechte am geistigen Eigentum der Schiedsbeklagten unentgeltlich und verdeckt anzueignen. Zudem müsse eine Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB ultima ratio sein. Eine Abwägung der Interessen der Parteien führe dazu, dass vorliegend eine außerordentliche Kündigung auch nicht wirksam wäre. Die Schiedsbeklagte hätte vor der fristlosen Kündigung das Problem an die jeweilige Rechtsabteilung bzw. Geschäftsführung der Parteien eskalieren und der Schiedsklägerin ausreichend Gelegenheit geben müssen, eine Garantierklärung dahingehend abzugeben, dass die I-Bedingungen keine Anwendung fänden.
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Die Schiedsbeklagte hat mit am 2. April 2024 beim Oberlandesgericht München eingegangenem Schriftsatz die Aufhebung des Schiedsspruchs beantragt. Der Schiedsspruch verstoße aus vier verschiedenen Gründen gegen den ordre public, sei in Teilen willkürlich und geeignet, das Vertrauen in die Rechtssicherheit und Zuverlässigkeit schiedsrichterlicher Verfahren zu erschüttern. Zum einen werde eine Vergütung für nicht erbrachte Beratungsleistungen zugesprochen, da die Kündigung noch vor Phase 3 erfolgt, die Schiedsbeklagte aber zur Zahlung des gesamten Honorars verurteilt worden sei. Zum anderen umgehe das Schiedsgericht die Anwendung des § 628 BGB, der nur einen Anspruch auf die Teilvergütung vorsehe, durch den Rückgriff auf § 3 des Beratungsvertrags. Eine Abbedingung des § 628 BGB durch Allgemeine Geschäftsbedingungen sei aber unzulässig. Schließlich verkenne der Schiedsspruch völlig die Bedeutung ihres Know-Hows für die Schiedsbeklagte; der Wegfall des Vertrauensverhältnisses sei daher ein wichtiger Grund für die Kündigung. Zudem missachte das Schiedsgericht die Grundsätze für die Beurteilung und Beweisführung eines wichtigen Grundes. Das Schiedsgericht verwehre völlig unverständlich der Kündigung die Qualifizierung als ultima ratio.
16
Die Antragstellerin und Schiedsbeklagte beantragt,
den Schiedsspruch im Verfahren DIS-SV-2021-00542 in Tenor Ziffern 1 und 2 aufzuheben.
17
Die Antragsgegnerin und Schiedsklägerin beantragt,
- 1.
-
den Antrag der Schiedsbeklagten auf Aufhebung des Schiedsspruchs abzuweisen.
- 2.
-
den Schiedsspruch vom 21. Dezember 2023 im Verfahren der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V., Az. DIS-SV-00542, gezeichnet von Herrn …, durch den die Schiedsbeklagte
- a)
-
zur Zahlung von 67.127,75 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 11.176,77 € vom 24. Juni 2021 bis zum 15. Juli 2021 sowie aus 67.127,75 € ab dem 16. Juli 2021 sowie
- b)
-
zur Kostentragung des Schiedsverfahrens und zur Zahlung von 7.977,16 €
verurteilt wurde, für vollstreckbar zu erklären.
18
Die Antragstellerin und Schiedsbeklagte beantragt ferner,
den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsgerichtsurteils abzuweisen.
19
Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, ein Verstoß gegen den ordre public sei nicht feststellbar.
20
Das Oberlandesgericht München hat mit Beschluss vom 9. April 2024 das Verfahren an das Bayerische Oberste Landesgericht abgegeben. Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 2. April 2025 Bezug genommen.
21
Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung hat Erfolg.
22
1. Der Antrag ist zulässig.
23
a) Das Bayerische Oberste Landesgericht ist gemäß § 1025 Abs. 1, § 1043 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 Satz 1 ZPO i. V. m. § 7 GZVJu zuständig, weil der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens in Bayern liegt.
24
b) Der Schiedsspruch genügt den formalen Anforderungen insbesondere des § 1054 Abs. 1 ZPO. Ein vom Einzelschiedsrichter unterzeichnetes Exemplar des Schiedsspruchs wurde den Parteien auch übermittelt, § 1054 Abs. 4 ZPO.
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c) Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Vollstreckbarerklärung liegt vor. Der Antrag umfasst nur die der Schiedsklägerin günstigen Ziffern 1 und 2 des Tenors. Zudem ist der Antrag auf Vollstreckbarerklärung der gegenüber dem Aufhebungsantrag (dazu noch unten III.) weitergehende Antrag.
26
d) Die Schiedsklägerin hat den Schiedsspruch im Original vorgelegt. Zudem enthält § 1064 Abs. 1 ZPO ohnehin keine Zulässigkeitsvoraussetzung, sondern eine Beweismittelregelung (BayObLG, Beschluss vom 5. Februar 2025, 101 Sch 3/24 e, juris Rn. 50; Wilske/Markert in BeckOK ZPO, 56. Ed. 1. März 2025, § 1064 Rn. 3), und die Authentizität des Schiedsspruchs ist nicht bestritten.
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2. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung hat auch in der Sache Erfolg.
28
Aufhebungsgründe nach § 1060 Abs. 2, § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO werden von der Schiedsbeklagten nicht geltend gemacht. Soweit die Schiedsbeklagte Verstöße gegen den ordre public nach § 1060 Abs. 2, § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b) ZPO behauptet und rügt, das Schiedsgericht habe in einiger Hinsicht willkürlich entschieden, dringt sie damit nicht durch.
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a) Ein Schiedsspruch kann nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b) ZPO aufgehoben werden, wenn seine Anerkennung oder Vollstreckung zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht. Dies setzt voraus, dass dieses Ergebnis mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Das ist der Fall, wenn der Schiedsspruch eine Norm verletzt, die die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens regelt, oder wenn der Schiedsspruch zu deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen in untragbarem Widerspruch steht. Der Schiedsspruch muss mithin die elementaren Grundlagen der Rechtsordnung verletzen. Danach stellt nicht jeder Widerspruch der Entscheidung eines Schiedsgerichts zu zwingenden Vorschriften des deutschen Rechts einen Verstoß gegen den ordre public dar. Vielmehr muss es sich um eine nicht abdingbare Norm handeln, die Ausdruck einer für die Rechtsordnung grundlegenden Wertentscheidung des Gesetzgebers ist (BGH, Beschluss vom 5. Februar 2025, I ZB 78/24, juris Rn. 28; Beschl. v. 16. Dezember 2021, I ZB 31/21, SchiedsVZ 2022, 237 Rn. 13; Beschluss vom 4. November 2021, I ZB 54/20, SchiedsVZ 2022, 91 Rn. 19; BayObLG, Beschluss vom 8. Juli 2024, 102 Sch 114/22, juris Rn. 60). Eine Überprüfung des Schiedsspruchs auf seine materielle Richtigkeit hingegen kommt nicht in Betracht, da dies mit dem grundsätzlichen Verbot der révision au fond unvereinbar wäre. Eine unrichtige Rechtsanwendung ist für sich allein kein Aufhebungsgrund (BGH, Beschluss vom 5. Februar 2025, I ZB 78/24, juris Rn. 31; Beschluss vom 21. Dezember 2023, I ZB 37/23, SchiedsVZ 2024, 115 Rn. 49; BayObLG, Beschluss vom 26. Juni 2024, 101 Sch 116/23 e, juris Rn. 112; Geimer in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 1060 Rn. 24).
30
Eine schiedsrichterliche Entscheidung kann ferner gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür verstoßen, wenn sie unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher – ohne dass es auf schuldhaftes Handeln ankäme – der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Schiedsgerichtsentscheidung allerdings noch nicht objektiv willkürlich. Schlechterdings unhaltbar ist eine Entscheidung vielmehr erst dann, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird (BGH, Beschluss vom 5. Februar 2025, I ZB 78/24, juris Rn. 22; vgl. auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 26. November 2020, 26 Sch 14/20, juris Rn. 86 ff.: Wegen des Verbots der révision au fond sei die Willkürkontrolle auf Fälle zu beschränken, in denen sich der Schluss auf eine durch sachfremde Erwägungen begründete Rechtsanwendung aufdränge und daher ein Missbrauch der Rechtsprechungsbefugnis offenliege; ferner bejahen eine Willkürkontrolle OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Januar 2016, 4 Sch 4/15, juris Rn. 72; Wilske/Markert in BeckOK ZPO, § 1059 Rn. 63.2; ablehnend dagegen Münch in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2022, § 1059 Rn. 8; offengelassen BayObLG, Beschluss vom 17. Mai 2023, 102 Sch 44/22, juris Rn. 56).
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b) Mit ihrem ersten geltend gemachten Aufhebungsgrund dringt die Schiedsbeklagte nicht durch. Weder lässt sich insoweit eine willkürliche Rechtsanwendung noch ein Widerspruch zu grundlegenden Wertentscheidungen der deutschen Rechtsordnung erkennen.
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aa) Die Schiedsbeklagte rügt, das Schiedsgericht habe der Schiedsklägerin den Honoraranspruch zugesprochen, obwohl diese die Leistungen der Phase 3 vor der Kündigung nicht erbracht habe. § 628 BGB begründe aber nur einen Teilvergütungsanspruch. Der Zuspruch einer leistungslosen Vergütung sei mit grundlegenden Prinzipien der Rechtsordnung nicht zu vereinbaren. Gerade die Einhaltung der Austauschgerechtigkeit sei durch viele Bestimmungen der Privatrechtsordnung sichergestellt, unter anderem eben durch § 628 BGB. Zudem hätte die Phase 3 entgegen der Ansicht des Schiedsgerichts nicht nur die Zurverfügungstellung der Plattform, sondern auch die wissenschaftliche und wirtschaftliche Rapportierung umfasst, also die Zusammenfassung der wissenschaftlichen bzw. wirtschaftlichen Daten und Dokumentationen der Kooperationspartner zu Zwischen- und Abschlussberichten als Voraussetzung für den weiteren Fördermittelabruf.
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bb) Das Schiedsgericht führt insoweit aus, der Anspruch auf das gesamte Honorar sei nach § 3 des Beratungsvertrags mit der Bekanntgabe des Zuwendungsbescheids bereits in voller Höhe entstanden. Es handle sich um ein Erfolgshonorar. Dieser bereits entstandene Anspruch sei auch nicht durch die Kündigung erloschen. Selbst bei Unterstellung der für die Schiedsbeklagten günstigsten Rechtslage, der Möglichkeit einer Kündigung nach § 627 Abs. 1 BGB, sei zwar die Kündigung auch ohne wichtigen Grund zulässig, aber § 628 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BGB anzuwenden. Selbst wenn man zugunsten der Schiedsbeklagten davon ausgehe, dass die Schiedsklägerin durch ihr Verhalten die Kündigung veranlasst habe, habe die Schiedsbeklagte nach wie vor ein Interesse an der erhaltenen Leistung im Sinne des § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB, nämlich an dem bereits erhaltenen Zuwendungsbescheid, und daher das gesamte Honorar zu zahlen. Die Schiedsklägerin übernehme nach dem Beratungsvertrag das Risiko, für einen erheblichen Teil ihrer Leistungen (Phasen 1 und 2) kein Honorar zu erhalten, falls der Fördermittelantrag abgelehnt werde. In Phase 3 sei hingegen nur noch die Bereitstellung des Softwaresystems F. geschuldet gewesen. Insgesamt sei die Honorarregelung daher interessengerecht und ausgewogen.
34
cc) Diese Ausführungen des Schiedsgerichts lassen sich weder als willkürliche, schlechterdings unhaltbare Rechtsanwendung qualifizieren noch ist ein Verstoß gegen elementare Wertentscheidungen der deutschen Rechtsordnung erkennbar. Das Schiedsgericht hat zunächst die Regelung in § 3 des Beratungsvertrags zutreffend gesehen und angewendet. Danach soll, wie das Schiedsgericht ausführt, der Anspruch auf das gesamte Honorar bereits mit Bekanntgabe des Zuwendungsbescheids entstehen. Zwar führt § 3 des Beratungsvertrags weiter aus, dass 35% des Gesamthonorars auf Phase 1, 50% auf Phase 2 und 15% auf Phase 3 entfielen. Aber im Anschluss daran ist ausdrücklich klargestellt, dass die Entstehung des Anspruchs auf Bezahlung des Gesamthonorars in voller Höhe, nachdem ein erster Zuwendungsbescheid an den Kunden bekannt gegeben worden sei, davon unberührt bleibe. Demnach kommt es jedenfalls nach der vertraglichen Regelung nicht darauf an, ob die Schiedsklägerin auch die Leistungen für die Phase 3 noch erbracht hat.
35
Dass der Höhe nach der einklagte Betrag zutreffend berechnet ist und dem Gesamthonoraranspruch nach dem Vertrag entspricht, stellt die Schiedsbeklagte nicht in Frage.
36
Zutreffend nimmt das Schiedsgericht ferner an, dass im Fall einer Kündigung nach § 627 BGB für die Frage der Vergütung § 628 BGB Anwendung findet. Im Rahmen der Subsumtion dieser Norm geht das Schiedsgericht auch nicht generell davon aus, dass die Schiedsbeklagte ein Honorar für nicht erbrachte Leistungen zahlen müsse. Vielmehr wertet das Schiedsgericht zumindest nachvollziehbar die Vergütungsvereinbarung als Erfolgshonorar und sieht den Erfolg bereits in der Übersendung des Zuwendungsbescheids und den Schwerpunkt der Tätigkeit der Schiedsklägerin in den Leistungen der Phasen 1 und 2. Damit ist folgerichtig der im Sinne des § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB auf die bisherigen Leistungen entfallende „Teil“ der Vergütung nach Erlass eines Zuwendungsbescheids bereits das gesamte Honorar. Ob dieser Einschätzung des Schiedsgerichts tatsächlich zu folgen ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Jedenfalls kann darin weder eine schlechterdings unhaltbare, nicht nachvollziehbare Rechtsanwendung gesehen werden noch ist ein Verstoß gegen grundlegende Wertentscheidungen der deutschen Rechtsordnung feststellbar. Erfolgshonorare oder Provisionsregelungen finden sich in der deutschen Rechtsordnung, beispielsweise in § 652 BGB oder § 87 HGB. Dass der Schwerpunkt der Leistungen auf Phasen 1 und 2 liegt, erscheint ausgehend von der vertraglichen Regelung, wonach nur 15% auf die Phase 3 entfallen, jedenfalls nicht fernliegend. Zutreffend führt das Schiedsgericht ferner aus, dass die Schiedsklägerin nach der vertraglichen Regelung auch das Risiko trägt, trotz für die Phasen 1 und 2 erbrachter Leistungen überhaupt keine Vergütung zu erhalten. Selbst wenn man mit der Schiedsbeklagten die vom Schiedsgericht angewandte vertragliche Regelung als Widerspruch zu § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB ansehen würde, ließe sich daraus nicht ableiten, das Schiedsgericht habe grundlegende Wertentscheidungen der deutschen Privatrechtsordnung missachtet. § 628 Abs. 1 BGB ist zumindest durch eine individualvertragliche Regelung abdingbar (BGH, Urt. v. 22. Mai 2014, IX ZR 147/12, NJW 2014, 2715 Rn. 8) und enthält daher offensichtlich gerade keine unabdingbare, grundlegende Wertentscheidung.
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Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Schiedsbeklagten auch nicht aus § 628 Abs. 1 Satz 3 BGB. Danach ist eine Vergütung, die für eine spätere Zeit im Voraus entrichtet wurde, im Falle der wirksamen Kündigung zurückzuerstatten. Das Schiedsgericht geht aber jedenfalls nachvollziehbar davon aus, dass das gesamte Erfolgshonorar schon mit der Bekanntgabe des Zuwendungsbescheids geschuldet war.
38
Dies ist gerade nicht mit einer Vorauszahlung für spätere Zeiträume vergleichbar.
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Im Übrigen vertritt das Schiedsgericht nicht die Ansicht, dass die Nichtleistung in der Phase 3 in jedem Fall folgenlos bleibe. Vielmehr weist es ausdrücklich darauf hin, dass bei einer von der Schiedsklägerin veranlassten Kündigung der Schiedsbeklagten nach § 628 Abs. 2 BGB ein Schadensersatzanspruch zustehen könnte. Mithin bestünde die Möglichkeit für die Schiedsbeklagte, etwaige Honoraransprüche des neuen Projektabwicklers für Phase 3 gegen die Schiedsklägerin im Wege des Schadensersatzanspruchs geltend zu machen. Nach den Feststellungen des Schiedsgerichts hat die Schiedsbeklagte einen derartigen Anspruch im Schiedsverfahren allerdings nicht geltend gemacht. Dass dies unzutreffend wäre, behauptet die Schiedsbeklagte selbst nicht. Ob die Voraussetzungen des § 628 Abs. 2 BGB tatsächlich gegeben wären, hat der Senat nicht zu entscheiden; jedenfalls lässt sich auch insoweit ein Widerspruch zu elementaren Gerechtigkeitsvorstellungen der deutschen Rechtsordnung nicht feststellen.
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Selbst wenn, wie die Schiedsbeklagte behauptet, in Phase 3 nicht nur die Zurverfügungstellung einer Softwareplattform, sondern auch die wirtschaftliche und wissenschaftliche Rapportierung geschuldet gewesen wäre, änderte dies nichts. Eine schlechterdings unhaltbare Rechtsanwendung oder ein Verstoß gegen elementare Grundlagen der deutschen Rechtsordnung wäre selbst dann nicht feststellbar, wenn die Phase 3 (samt Rapportierung) tatsächlich einen höheren Anteil am gesamten Arbeits- und Zeitaufwand der Schiedsklägerin erforderte als die vertraglich festgehaltenen 15%. Denn nach der vertraglichen Regelung kommt es für die Entstehung des Gesamthonoraranspruchs ohnehin nicht auf die Leistungen der Phase 3 an. Im Übrigen rügt die Schiedsbeklagte bezüglich der angeblich ebenfalls geschuldeten Rapportierung auch nicht, dass das Schiedsgericht insoweit Sachvortrag übergangen und damit den Anspruch der Schiedsbeklagten auf das rechtliche Gehör verletzt hätte. Noch weniger trägt die Schiedsbeklagte vor, dass und welchen Vortrag sie diesbezüglich konkret im Schiedsverfahren gehalten hätte (vgl. zu einer ordnungsgemäß ausgeführten Gehörsrüge BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2021, I ZB 21/21, SchiedsVZ 2022, 228 Rn. 53; BayObLG, Beschluss vom 26. Juni 2024, 101 Sch 116/23 e, juris Rn. 78). Im Übrigen ist auch nicht hinreichend ersichtlich, dass das Schiedsgericht, das maßgeblich gerade auf das Entstehen des Gesamthonoraranspruchs unabhängig von den Leistungen der Phase 3 abstellt, selbst bei einem höheren Arbeits- und Zeitaufwand für Phase 3 möglicherweise anders entschieden hätte. Vortrag der Schiedsbeklagten hierzu findet sich ebenfalls nicht.
41
c) Auch mit dem zweiten geltend gemachten Aufhebungsgrund dringt die Schiedsbeklagte nicht durch.
42
aa) Die Schiedsbeklagte rügt, der Schiedsspruch umgehe eine ordnungsgemäße Anwendung des § 628 BGB durch den Rückgriff auf § 3 des Beratungsvertrags. Die Abbedingung des § 628 Abs. 1 BGB durch Allgemeine Geschäftsbedingungen verstoße nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegen § 308 Nr. 7a BGB bzw. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Infolge der Unwirksamkeit des § 3 des Beratungsvertrags sei nur ein anteiliges Honorar für erbrachte und fortwirkende Leistungen nach objektiven Kriterien geschuldet. Dabei sei ein Abzug von lediglich 15% des Gesamthonorars für die nicht erbrachten Leistungen der Phase 3 unangemessen. Der Schiedsspruch sei daher mit elementaren Gerechtigkeitsvorstellungen der Privatrechtsordnung unvereinbar.
43
bb) Wie oben (b] bb]) ausgeführt, geht das Schiedsgericht aufgrund von § 3 des Beratungsvertrags davon aus, dass der Anspruch auf das Gesamthonorar mit der Bekanntgabe des Zuwendungsbescheids in voller Höhe entstanden sei. Die Honorarregelung sei interessengerecht und ausgewogen. Insbesondere habe die Schiedsklägerin das Risiko übernommen, für einen erheblichen Teil ihrer Leistungen (Phasen 1 und 2) keine Vergütung zu erhalten, wenn der Fördermittelantrag abgelehnt werden sollte.
44
cc) Eine schlechterdings unhaltbare, nicht nachvollziehbare Rechtsanwendung oder ein Verstoß gegen grundlegende Wertentscheidungen bzw. elementare Gerechtigkeitsvorstellungen der deutschen Rechtsordnung lässt sich auch insoweit nicht feststellen. Zwar verweist die Schiedsbeklagte zutreffend darauf, dass im Schiedsspruch weder § 308 Nr. 7a BGB noch § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB erwähnt werden. Auch erscheint es durchaus naheliegend, dass es sich zumindest bei den Regelungen ab Seite 2 des Beratungsvertrags („Vertragsbedingungen zur Technologietransferberatung“) um von der Schiedsklägerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Ob der Ausschluss der Anwendbarkeit der §§ 305 bis 310 BGB in § 8 des Beratungsvertrags wirksam ist, kann dahingestellt bleiben. Auch unter Berücksichtigung dieser Normen lässt sich kein Aufhebungsgrund feststellen. Denn das Schiedsgericht hat mit seinen oben zitierten Ausführungen in der Sache § 308 Nr. 7 Buchst. b) BGB geprüft. Das Schiedsgericht kommt zu dem Schluss, die Honorarregelung sei unter Berücksichtigung der von der Schiedsklägerin übernommenen Risiken „interessengerecht“ und „ausgewogen“. Das Schiedsgericht geht daher offensichtlich nicht davon aus, die Schiedsklägerin könne für den Fall der Kündigung einen im Sinne des § 308 Nr. 7 Buchst. b) BGB unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungen verlangen. Ob im Ergebnis die gleiche Vorgabe über § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 310 Abs. 1 BGB auch im unternehmerischen Verkehr gilt, ist daher nicht entscheidend. Die fehlende (explizite) Prüfung von §§ 307, 308 BGB war offensichtlich im Ergebnis für die Entscheidung des Schiedsgerichts nicht kausal. Ob der Einschätzung des Schiedsgerichts in der Sache zu folgen ist, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls eine für das Ergebnis ursächliche, schlechterdings unhaltbare Rechtsanwendung oder ein Verstoß gegen grundlegende Wertentscheidungen der deutschen Privatrechtsordnung sind nicht erkennbar.
45
Entgegen der Ansicht der Schiedsbeklagten ergibt sich nichts anderes aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8. Oktober 2009, III ZR 93/09 (NJW 2010, 150 Rn. 23). Danach verstößt eine Regelung gegen § 308 Nr. 7a BGB bzw. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, nach der bei einem Partnerschaftsvermittlungsvertrag die vertraglich vereinbarte Leistung auch unabhängig von der Erbringung der vertragstypischen Hauptleistung als verdient gelten soll. Damit ist der vorliegende Fall schon nicht vergleichbar. Nach der vom Schiedsgericht vertretenen, jedenfalls nachvollziehbaren Rechtsansicht ist die vertraglich vereinbarte Leistung, das Gesamthonorar, nur und erst dann verdient, wenn der Zuwendungsbescheid übermittelt wurde. Dessen Herbeiführung stellt die maßgebliche, vertragstypische Leistung dar, selbst wenn, wie die Schiedsbeklagte behauptet, danach von der Schiedsklägerin noch die Abwicklung und die Rapportierung zu erbringen waren.
46
Auch das von der Schiedsbeklagten zitierte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 3. Februar 2005, III ZR 268/04 (NJW-RR 2005, 642 [juris Rn. 18]) weist in maßgeblichen Punkten Unterschiede zur vorliegenden Vertragsgestaltung auf. Nach der genannten Entscheidung ist auch gegenüber Unternehmen eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, nach der ein Inkassobüro in jedem Fall der Kündigung des Inkassoauftrags die volle Vergütung als Festbetrag verlangen kann, unabhängig vom Stand der bis dahin erbrachten Leistungen, selbst wenn das Inkassobüro bis dahin noch gar nichts unternommen hat. Im Unterschied dazu wird nach der jedenfalls nachvollziehbaren Ansicht des Schiedsgerichts vorliegend die gesamte Vergütung erst geschuldet, wenn ein großer Teil der Leistungen erfolgreich erbracht und die Fördergelder bewilligt wurden.
47
Im Übrigen sei darauf verwiesen, dass vorliegend aufgrund der Kaufmannseigenschaft beider Parteien nach § 13 Abs. 3 GmbHG, § 3 Abs. 1 AktG, § 6 HGB ohnehin nur Verstöße gegen § 307 Abs. 1 und 2 BGB in Betracht kämen, § 310 Abs. 1 BGB, nach Ansicht des Bundesgerichtshofs die Regelungen in § 307 Abs. 1 und 2 BGB aber nicht zum ordre public gehören (Beschluss vom 30. Oktober 2008, III ZB 17/08, NJW 2009, 1215 [juris Rn. 6]; ebenso Wilske/Markert in BeckOK ZPO, § 1059 Rn. 62; offengelassen BayObLG, Beschluss vom 8. Juli 2024, 102 Sch 114/22, juris Rn. 69).
48
d) Den Ausführungen der Schiedsbeklagten zum dritten Aufhebungsgrund vermag der Senat ebenfalls nicht zu folgen.
49
aa) Die Schiedsbeklagte führt aus, das Schiedsgericht missachte den hohen Stellenwert, der dem Schutz von Know-How und Immaterialgüterrechten in der staatlichen Rechtsordnung zukomme. Daher sei ein Vertrauensverhältnis für den Austausch von Know-How unverzichtbar. Somit begründe die Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses durch das Unterschieben der I-Bedingungen einen ausreichenden Grund für eine außerordentliche Kündigung durch die Schiedsbeklagte. Die Einschätzung des Schiedsgerichts, dass es an einem wichtigen Grund fehle, sei willkürlich und mit grundlegenden Prinzipien der Rechtsordnung nicht vereinbar. Dies gelte insbesondere für die Annahme, die I-Bedingungen hätten für die Projektabwicklung nicht gelten sollen, sondern nur für einen Ideenmarktplatz. Auch wende das Schiedsgericht falsche Maßstäbe bei der Auslegung der I-Bedingungen an. Diese seien Allgemeine Geschäftsbedingungen; maßgeblich sei daher für die Auslegung der objektive Empfängerhorizont, nicht der Wille der Schiedsklägerin.
50
bb) Das Schiedsgericht stützt seine Entscheidung tragend auf die Annahme, selbst wenn man von der für die Schiedsbeklagten günstigsten Rechtslage, einer wirksamen Kündigung nach § 627 BGB, ausgehe, sei § 628 BGB anzuwenden. Selbst wenn man ferner zugunsten der Schiedsbeklagten annehme, die Schiedsklägerin habe durch vertragswidriges Verhalten die Kündigung der Schiedsbeklagten veranlasst, § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB, bleibe der gesamte, bereits entstandene Honoraranspruch bestehen.
51
Denn die Schiedsbeklagte habe nach wie vor ein Interesse an der bereits erbrachten Leistung der Schiedsklägerin, dem Zuwendungsbescheid über die Fördermittel. Lediglich hilfsweise führt das Schiedsgericht weiter aus, das Verhalten der Schiedsklägerin begründe schon „an sich“ keinen wichtigen Grund für eine Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB. Die Schiedsklägerin habe keinen Versuch unternommen, sich durch Unterschieben der I-Bedingungen die Immaterial- und Exklusivrechte an geistigem Eigentum der Schiedsbeklagten unentgeltlich anzueignen. Die E-Mail der Schiedsklägerin vom 6. April 2021 sei als Einladung, nicht als Aufforderung formuliert. Bezüglich des weiteren Sachverhalts stehe nur fest, dass Frau E. zu irgendeinem Zeitpunkt kommuniziert habe, bei den Allgemeinen Geschäftsbedingungen habe es sich um ein Versehen gehandelt, sie seien für ein anderes Projekt, einen Ideenmarktplatz, vorgesehen gewesen. Das Schiedsgericht halte auch den Vortrag, die Bedingungen seien auf die gemeinsame Nutzung von Ideen oder Forschungsergebnissen ausgerichtet, für zutreffend. Dies ergebe sich aus den I-Bedingungen selbst, die durchgehend diese Begriffe verwendeten. Dass die fragliche Klausel auf die Schiedsbeklagte nicht anwendbar sei, zeige sich daran, dass die Schiedsbeklagte die Forschungsidee für das Projekt nicht selbst entwickelt habe und bei der Übersendung der I-Bedingungen schon mit den anderen Kooperationspartnern vernetzt gewesen sei.
52
cc) Eine willkürliche, schlechthin untragbare Rechtsanwendung oder ein Verstoß gegen grundlegende Wertentscheidungen der deutschen Privatrechtsordnung ist insoweit nicht feststellbar.
53
In seinen entscheidungserheblichen, tragenden Ausführungen unterstellt das Schiedsgericht zugunsten der Schiedsbeklagten eine wirksame Kündigung nach § 627 BGB und wendet für den Vergütungsanspruch folgerichtig § 628 Abs. 1 BGB an. Weiter nimmt das Schiedsgericht zugunsten der Schiedsbeklagten an, die Schiedsklägerin habe die Kündigung der Schiedsbeklagten durch ihr Verhalten veranlasst, § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dass die Annahme des Schiedsgerichts, die Schiedsbeklagte habe noch immer ein Interesse an der erbrachten Leistung, dem Zuwendungsbescheid, unzutreffend sei, behauptet die Schiedsbeklagte auch im hiesigen Verfahren nicht. Davon ausgehend kommt das Schiedsgericht nachvollziehbar zu dem Ergebnis, der Gesamthonoraranspruch der Schiedsklägerin bestehe noch, wenn auch unter Umständen ein (nicht geltend gemachter) Schadensersatzanspruch der Schiedsbeklagten nach § 628 Abs. 2 BGB in Betracht komme. Ausgehend hiervon kommt es gerade nicht darauf an, ob die Kündigung der Schiedsbeklagten auch nach § 626 Abs. 1 und 2 BGB wirksam war, ob mithin ein wichtiger Grund für die Kündigung bestand. Denn auch im Fall einer wirksamen Kündigung nach § 626 BGB findet § 628 BGB Anwendung, wovon das Schiedsgericht zutreffend ausgeht (vgl. S. 36 des Schiedsspruchs). Die Frage, ob und in welchem Umfang der Schiedsklägerin ihr Honoraranspruch noch zusteht, bemisst sich mithin vorliegend stets nach den gleichen Vorgaben, unabhängig davon, ob eine wirksame Kündigung nach § 627 BGB oder nach § 626 BGB vorlag. Damit sind die Erwägungen des Schiedsgerichts dazu, ob die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB überhaupt dem Grunde nach vorlagen, nicht entscheidungserheblich und werden folgerichtig vom Schiedsgericht als „hilfsweise“ Ausführungen bezeichnet (siehe S. 36 des Schiedsspruchs). Ein Aufhebungsgrund lässt sich aber aus nicht entscheidungserheblichen Darlegungen im Schiedsspruch nicht ableiten (vgl. BGH, Beschluss vom 21. April 2022, I ZB 36/21, SchiedsVZ 2023, 59 Rn. 20 f.; Beschluss vom 7. Juni 2018, I ZB 70/17, juris Rn. 17).
54
Ob die Ausführungen des Schiedsgerichts dazu, dass das Verhalten der Schiedsklägerin schon an sich keinen wichtigen Grund für eine Kündigung darzustellen vermag, willkürlich sind oder gegen grundlegende Prinzipien der Rechtsordnung verstoßen, kann daher dahingestellt bleiben; dies erscheint aber auch fernliegend. Nur ergänzend sei insoweit auf Folgendes hingewiesen: Das Schiedsgericht stützt sich für seine Ansicht maßgeblich auf den Wortlaut der I-Bedingungen (vgl. S. 40 f. des Schiedsspruchs). Dies ist auch bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht zu beanstanden; Ansatzpunkt für die objektive, nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung ist gerade in erster Linie der Wortlaut (BGH, Urt. v. 10. Juni 2020, VIII ZR 289/19, NJOZ 2021, 375 Rn. 29; Urt. v. 24. September 2019, II ZR 192/18, NJW 2020, 679 Rn. 15). Die darauf gestützte Ansicht des Schiedsgerichts, die Bedingungen seien aufgrund der Wortwahl erkennbar nur auf einen Ideenmarktplatz, nicht aber auf das vorliegende Projekt und die Projektabwicklung anwendbar, erscheint jedenfalls nachvollziehbar. Soweit das Schiedsgericht zudem auf Umstände außerhalb der Allgemeinen Geschäftsbedingungen abstellt, nämlich auf den Urheber der Projektidee (nicht die Schiedsbeklagte, sondern die C. Universität) und den konkreten Stand des Projekts, sind dies auch aus Sicht eines objektiven, verständigen Vertragspartners erkennbare Umstände; sie erschöpfen sich gerade nicht im internen Willen der Schiedsklägerin als Verwenderin. Damit erscheint die Annahme des Schiedsgerichts, die I-Bedingungen hätten erkennbar keine Anwendung finden und daher auch nicht dem unentgeltlichen Abgreifen von Exklusivrechten dienen sollen, zumindest nachvollziehbar und weder willkürlich noch als ein Verstoß gegen grundlegende Prinzipien der Privatrechtsordnung. Ob das vom Schiedsgericht auf dieser Grundlage gefundene Ergebnis, es fehle an einem wichtigen Grund, zutreffend ist, bedarf schon aufgrund des Verbots der révision au fond keiner Entscheidung und ist hier ohnehin, wie ausgeführt, nicht entscheidungserheblich.
55
e) Auch die weiteren von der Schiedsbeklagten als vierter Aufhebungsgrund bezeichneten Rügen führen nicht zur Aufhebung des Schiedsspruchs.
56
aa) Die Schiedsbeklagte führt aus, das Schiedsgericht gehe unverständlicherweise davon aus, die Kündigung sei nicht als ultima ratio zulässig gewesen, da die Schiedsbeklagte der Schiedsklägerin mehr Zeit und Gelegenheit für die Abgabe einer Garantieerklärung hätte geben müssen. Damit führe das Schiedsgericht willkürlich neue Tatbestandsvoraussetzungen für eine fristlose Kündigung ein, verkenne die Grundsätze für die Beurteilung und Beweisführung eines ausreichenden Kündigungsgrunds und nehme eine faktische Umkehr der Beweislast vor. Die Annahme einer Pflicht der Schiedsbeklagten, der Schiedsklägerin mehr Zeit einzuräumen, sei sachlich verfehlt, rechtswidrig und willkürlich, da die Schiedsbeklagte Kündigungsfristen einzuhalten habe. Auch sei eine weitere Eskalation als mit dem Schreiben vom 9. April 2021 nicht mehr möglich gewesen. Ferner habe das Schiedsgericht ohne Begründung § 314 BGB nicht geprüft.
57
bb) Das Schiedsgericht legt dar, dass die außerordentliche Kündigung nach Abwägung der Interessen der Parteien selbst dann nicht wirksam wäre, wenn der Sachverhalt per se als wichtiger Grund für eine Kündigung geeignet wäre. Beide Parteien hätten nicht ausreichend kommuniziert. Eine ausführlichere Kommunikation hätte aber die Geschäftsbeziehung aufrechterhalten können. Es sei richtig gewesen, dass die Schiedsbeklagte eine Erklärung über die Notwendigkeit der Nutzung der I-Bedingungen gefordert habe. Die Erklärung habe Frau E. im Kick-Off-Meeting dahingehend gegeben, dass es sich um ein Versehen gehandelt habe. Die Parteien hätten ihre Meinungsverschiedenheiten eskalieren müssen, die Schiedsklägerin zu ihrer Rechtsabteilung, die Schiedsbeklagte zur Geschäftsführung. Eine detaillierte Erklärung der Schiedsklägerin zu Sinn und Zweck der I-Bedingungen und die Zusicherung, dass die I-Plattform zur Projektabwicklung nicht genutzt werden müsse, hätte die Geschäftsbeziehung aufrechterhalten. Die Schiedsbeklagte hätte der Schiedsklägerin im Gespräch am 12. April 2021 die Möglichkeit geben müssen, sich zum Sachverhalt umfassend zu äußern und die gewünschte Garantierklärung abzugeben.
58
cc) Ein Aufhebungsgrund liegt nicht vor. Die vorgenannten, von der Schiedsbeklagten angegriffenen Ausführungen des Schiedsgerichts sind lediglich Hilfserwägungen. Ob tatsächlich eine wirksame Kündigung nach § 626 BGB vorlag, ist für das Ergebnis des Schiedsspruchs nicht entscheidungserheblich (siehe schon oben d] cc]). Selbst wenn daher die hilfsweisen Erwägungen des Schiedsgerichts willkürlich wären oder gegen grundlegende Prinzipien der Rechtsordnung verstießen, käme eine Aufhebung des Schiedsspruchs mangels Entscheidungserheblichkeit nicht in Betracht (vgl. schon oben d] cc]).
59
Im Übrigen sind derartige Verstöße auch nicht ersichtlich. Dass das Schiedsgericht § 314 BGB nicht prüft, ist schon deswegen konsequent, da es § 626 BGB für anwendbar hält. Dies stellt eine vorrangige Spezialvorschrift dar (Gaier in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2022, § 314 Rn. 6; Lorenz in BeckOK BGB, 73. Ed. 1. Februar 2025, § 314 Rn. 3). Der weitere Ausgangspunkt des Schiedsgerichts, eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB komme nur als ultima ratio in Betracht, ist zutreffend (vgl. etwa Henssler in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2023, § 626 Rn. 96). Fraglich erscheint allerdings, ob der Annahme des Schiedsgerichts zu folgen ist, die Schiedsbeklagte hätte der Schiedsklägerin mehr Zeit und Gelegenheit zur Klarstellung und Kommunikation geben sowie die Meinungsverschiedenheiten zur Rechtsabteilung bzw. Geschäftsführung eskalieren müssen. Dasselbe gilt für die Annahme des Schiedsgerichts, die Schiedsbeklagte hätte der Schiedsklägerin die Möglichkeit einräumen müssen, das Vertrauensverhältnis durch Abgabe einer Garantieerklärung noch zu heilen. Insbesondere blendet das Schiedsgericht insoweit die in § 626 Abs. 2 BGB geregelte kurze Kündigungsfrist aus. Letztlich kann dies aber dahinstehen. Eine willkürliche Rechtsanwendung oder ein Verstoß gegen grundlegende Wertentscheidungen der Privatrechtsordnung ist jedenfalls nicht feststellbar; allein das Übersehen einer Rechtsnorm oder eine zweifelhafte Subsumtion genügen hierfür nicht. Dass das Schiedsgericht neue Tatbestandsbestandsvoraussetzungen „erfunden“ hätte, vermag der Senat schon nicht zu erkennen.
60
f) Entgegen der Ansicht der Schiedsbeklagten lässt sich auch in der Gesamtschau der angeführten Rügen kein Aufhebungsgrund feststellen.
61
aa) Die Schiedsbeklagte trägt vor, jedenfalls die Vielzahl der Mängel in ihrer Gesamtheit stelle einen Aufhebungsgrund dar. Der Schiedsspruch führe zu einem Ergebnis, das nach den anwendbaren Regeln nicht zustandekommen könne. Der Schiedsspruch sei geeignet, das Vertrauen weiter Kreise in die Rechtssicherheit und Zuverlässigkeit schiedsrichterlicher Verfahren zu erschüttern.
62
bb) Der Senat vermag der Ansicht der Schiedsbeklagten nicht zu folgen. Zum einen fehlt es bereits, wie ausgeführt, an Mängeln, aus denen sich überhaupt eine schlechthin unhaltbare Rechtsanwendung, ein Verstoß gegen grundlegende Wertentscheidungen der deutschen Rechtsordnung oder ein untragbarer Widerspruch zu deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen ableiten ließe. Auch wenn das vom Schiedsgericht gefundene Ergebnis materiell-rechtlich unzutreffend wäre, vermöchte dies aufgrund des Verbots der révision au fond keine Aufhebung des Schiedsspruchs zu rechtfertigen. Zum anderen blendet die Schiedsbeklagte Folgendes aus: Selbst unter der von ihr vertretenen Annahme, die Regelung in § 3 des Beratungsvertrags sei unwirksam und auf Phase 3 entfielen mehr als 15% des Gesamthonorars, hätte die Schiedsbeklagte dennoch den auf die Phasen 1 und 2 entfallenden Teil der Vergütung, mithin einen ganz erheblichen Teil des eingeklagten Honorars nach § 628 Abs. 1 BGB zu tragen. Des Weiteren könnte der Schiedsbeklagten ausgehend von ihrer Argumentation gegebenenfalls ein Ausgleich der ihr durch die Nichterbringung der Phase 3 entstanden Schäden nach § 628 Abs. 2 BGB zustehen, den sie bislang aber nicht geltend gemacht hat.
63
g) Ein sonstiger Verstoß des Schiedsspruchs gegen den ordre public gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b) ZPO ist nicht ersichtlich.
64
Der zulässige Aufhebungsantrag der Schiedsbeklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg.
65
1. Der Aufhebungsantrag ist zulässig.
66
a) Zur Zuständigkeit des Bayerischen Obersten Landesgerichts gelten die Ausführungen oben II. 1. a) entsprechend.
67
b) Der Aufhebungsantrag wurde nach § 1059 Abs. 3 ZPO rechtzeitig gestellt; insoweit genügte der fristgerechte Eingang beim unzuständigen Oberlandesgericht München.
68
aa) Die Frist zur Einreichung des Aufhebungsantrags beträgt nach § 1059 Abs. 3 Satz 1 ZPO drei Monate. Eine anderweitige Vereinbarung der Parteien ist nicht ersichtlich.
69
bb) Der Schiedsspruch wurde der Schiedsbeklagten am 2. Januar 2024 übermittelt. Gemäß § 1059 Abs. 3 Satz 2 ZPO beginnt die Frist mit dem Tag, an dem der Antragsteller den Schiedsspruch empfangen hat. Gemäß § 222 ZPO, §§ 186, 188 Abs. 2 BGB endete die Frist somit am 2. April 2024 um 24.00 Uhr. Der Aufhebungsantrag ging am 2. April 2024, mithin vor Fristablauf, beim Oberlandesgericht München, aber erst am 9. April 2024, also nach Fristablauf, beim Bayerischen Obersten Landesgericht ein.
70
cc) Indessen genügte zur Fristwahrung der rechtzeitige Eingang beim (unzuständigen) Oberlandesgericht München, das das Verfahren zeitnah mit Beschluss vom 9. April 2024 an das zuständige Gericht abgegeben hat. Zwar können Rechtsmittelfristen nur dann gewahrt werden, wenn die Rechtsmittelschrift rechtzeitig beim zuständigen Rechtsmittelgericht eingegangen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 2020, IV ZB 18/19, Rn. 12). Indessen ist der Aufhebungsantrag nicht als „Rechtsmittel“ ausgestaltet. Dies folgt schon daraus, dass das Schiedsgericht gerade nicht Teil der staatlichen Gerichtsbarkeit ist, mithin das zur Entscheidung über den Aufhebungsantrag berufene staatliche Gericht nicht ein im Instanzenzug übergeordnetes Gericht darstellt. Die Frist des § 1059 Abs. 3 ZPO ist demnach eine prozessuale Ausschlussfrist, deren Versäumnis zum Verlust des Antragsrechts führt (vgl. auch BGH, Urt. v. 29. April 2020, VIII ZR 355/18, NJW 2020, 1947 Rn. 21 in einem obiter dictum). Betrachtet man den Sinn und Zweck der in § 1059 ZPO enthaltenen Vorgaben, nämlich nach Ablauf einer bestimmten Frist Klarheit über die Bestandskraft des Schiedsspruchs zu erhalten (vgl. BGH SchiedsVZ 2023, 59 Rn. 35; Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts vom 12. Juli 1997, BT-Drucks. 13/5274 S. 60), erfüllt die Einreichung eines Aufhebungsantrags bei einem unzuständigen Gericht innerhalb der dreimonatigen Frist diese Funktion. Zur Wahrung der Frist nach § 1059 Abs. 3 Satz 1 ZPO genügt es mithin, wenn, wie vorliegend, der den Anforderungen des § 1059 ZPO entsprechende anwaltliche Schriftsatz, mit dem die Aufhebung des Schiedsspruchs beantragt wird, fristgerecht beim (unzuständigen) Oberlandesgericht eingeht und dieses das Verfahren zeitnah an das zuständige Gericht abgibt oder verweist (BayObLG, Beschluss vom 5. Februar 2025, 101 Sch 3/24e, juris Rn. 72; Beschluss vom 17. Mai 2023, 102 Sch 44/22, juris Rn. 35 ff. mit ausführlicher Begründung).
71
c) Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis liegt ebenfalls vor.
72
aa) Die Schiedsbeklagte begehrt die Aufhebung nur bezüglich der Ziffern 1 und 2 des Tenors, mithin in dem Umfang, in dem sie durch den Schiedsspruch beschwert ist.
73
bb) Die Tatsache, dass die Schiedsklägerin nach Eingang des Aufhebungsantrags ihrerseits einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung gestellt hat (siehe oben II.), lässt das Rechtsschutzbedürfnis für den Aufhebungsantrag nicht entfallen.
74
Zwar ist nach § 1060 Abs. 2 ZPO ein Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs unter Aufhebung des Schiedsspruchs abzulehnen, wenn einer der in § 1059 Abs. 2 ZPO bezeichneten Aufhebungsgründe vorliegt. Daraus ließe sich der Schluss ziehen, das Rechtsschutzbedürfnis für den Aufhebungsantrag entfalle dann, wenn die andere Partei anschließend einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung stelle (so wohl OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. März 2016, 26 Sch 7/15, juris Rn. 113; Wilske/Markert in BeckOK ZPO, § 1060 Rn. 7; Voit in Musielak/Voit, ZPO, 21. Aufl. 2024, § 1059 Rn. 33; Münch in Münchener Kommentar zur ZPO, § 1060 Rn. 24 Fn. 223 „Erledigung der Aufhebung“). Dagegen spricht allerdings, dass gemäß § 1063 Abs. 2 ZPO im Fall eines Aufhebungsantrags stets mündlich zu verhandeln ist, im Rahmen eines Antrags auf Vollstreckbarerklärung hingegen nur, wenn Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 ZPO in Betracht kommen. Schon dies spricht dafür, dass der Antragsteller des Aufhebungsantrags ein unmittelbares, schutzwürdiges Interesse an seinem eigenen Antrag hat, um die von ihm behaupteten Aufhebungsgründe auch in einer mündlichen Verhandlung erörtern zu können. Zudem muss ein Aufhebungsantrag nach § 1059 Abs. 3 ZPO innerhalb einer Frist von drei Monaten gestellt werden. Gemäß § 1060 Abs. 2 Satz 3 ZPO sind Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO auch im Rahmen eines Antrags auf Vollstreckbarerklärung nur dann noch zu berücksichtigen, wenn der Antragsgegner rechtzeitig einen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs gestellt hat. Wäre der Aufhebungsantrag mit Eingang eines Vollstreckbarerklärungsantrags unzulässig, drohte daher eine Präklusion der Aufhebungsgründe. Denn wenn im Folgenden der Vollstreckbarerklärungsantrag zurückgenommen oder als unzulässig abgewiesen und zu einem späteren Zeitpunkt, nach Ablauf der Frist des § 1059 Abs. 3 ZPO, erneut eingereicht würde, könnte kein neuer Aufhebungsantrag gestellt werden und die Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wären aufgrund der eingetretenen Präklusion auch im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsantrags nicht mehr zu berücksichtigen. Dies spricht dafür, den Aufhebungsantrag auch dann (weiterhin) für zulässig zu erachten, wenn nachfolgend ein Vollstreckbarerklärungsantrag gestellt wird (so BayObLG, Beschluss vom 2. April 2025, 102 Sch 39/24 e, juris Rn. 91 ff.; Beschluss vom 5. Februar 2025, 101 Sch 3/24 e, juris Rn. 120 ff.; Beschl v. 16. Januar 2004, 4Z Sch 22/03, SchiedsVZ 2004, 163 [juris Rn. 10]; Geimer in Zöller, ZPO, § 1059 Rn. 4). Dagegen lässt sich aus Sicht des Senats nicht einwenden, dass jedenfalls nach Beginn der mündlichen Verhandlung die Rücknahme des Antrags auf Vollstreckbarerklärung nach § 269 Abs. 1 ZPO nicht mehr ohne Zustimmung des Gegners möglich ist (darauf verweisen aber OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. März 2016, 26 Sch 7/15, juris Rn. 113; Voit in Musielak/Voit, ZPO, § 1059 Rn. 33). Denn aus dessen Sicht erscheint es nicht fernliegend, der Rücknahme des Vollstreckbarerklärungsantrags (gegebenenfalls im Vertrauen auf den eigenen Aufhebungsantrag) zuzustimmen. Eine etwaige Abweisung des Vollstreckbarerklärungsantrags als unzulässig könnte der Gegner ohnehin nicht verhindern. Wäre aber der Aufhebungsantrag jedenfalls seit Beginn der mündlichen Verhandlung unzulässig, drohte, wie ausgeführt, die Präklusion der Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Weder in jedem Fall ausreichend noch überzeugend erschiene es, im Interesse des Gegners das zunächst vorhandene, mit Beginn der mündlichen Verhandlung aber bereits entfallene Rechtsschutzbedürfnis bei einer Rücknahme des Vollstreckbarerklärungsantrags doch wieder aufleben zu lassen (in diese Richtung aber wohl OLG Frankfurt, Beschluss vom 7. September 2020, 26 Sch 2/20, juris Rn. 45).
75
Gegen die vorstehend vertretene Ansicht spricht auch nicht, dass im umgekehrten Fall, in dem zunächst ein Antrag auf Vollstreckbarerklärung eingeht und der Gegner sodann einen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs stellt, dieser Antrag regelmäßig als bloßer Gegenantrag und nicht als eigenständiger, förmlicher Aufhebungsantrag gewertet wird (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 15. Juli 1999, III ZB 21/98, juris Rn. 7; BayObLG, Beschluss vom 8. Juli 2024, 102 Sch 114/22, juris Rn. 77; OLG Frankfurt, Beschl. v. 7. September 2020, 26 Sch 2/20, juris Rn. 45). Die Fallgestaltungen sind nicht vergleichbar. Wurde zunächst der Aufhebungsantrag gestellt, hat der Antragsteller bereits unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass er einen eigenständigen Antrag stellen möchte und es ihm gerade nicht nur um die Abweisung eines anderen (Vollstreckbarerklärungs-)Antrags geht.
76
2. Der Aufhebungsantrag ist unbegründet. Wie bereits ausgeführt (siehe oben II. 2.) liegen keine Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 ZPO vor.
77
1. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
78
2. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nach § 1064 Abs. 2 ZPO anzuordnen.
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3. Der Streitwert ist gemäß § 48 GKG, § 3 ZPO mit dem Wert der zu vollstreckenden Hauptforderungen festzusetzen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. März 2018, I ZB 12/17, juris Rn. 4). Bezieht sich der Vollstreckbarerklärungsantrag wie vorliegend auf den Schiedsspruch in der Hauptsache und auf den vom Schiedsgericht zugesprochenen Kostenerstattungsanspruch, handelt es sich bei dem Kostenerstattungsanspruch in entsprechender Anwendung des § 43 Abs. 1 GKG um eine Nebenforderung, die den Streitwert nicht erhöht (BGH, Beschluss vom 12. Januar 2023, I ZB 31/22, juris Rn. 9). Der Aufhebungsantrag führt entsprechend § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG zu keinem höheren Streitwert.