Titel:
Untersagung der Ausübung eines Gewerbes
Normenketten:
GG Art. 12
VwGO § 86 Abs. 1
Leitsatz:
Für die Erweiterung der Gewerbeuntersagung kommt es nicht darauf an, auf welches Gewerbe der Kläger möglicherweise ausweichen würde, wenn auf die Erweiterung der Gewerbeuntersagung verzichtet würde, sondern es genügt, dass keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende in Zukunft ein anderes Gewerbe ausübt. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Gewerbeuntersagung, Erweiterung, Steuerrückstände, Unzuverlässigkeit, Zahlungsverpflichtung, Finanzamt, Mitwirkungsobliegenheit, Aufklärungsmangel
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 09.02.2024 – M 16 K 23.3149
Fundstelle:
BeckRS 2025, 813
Tenor
I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 9. Februar 2024 – M 16 K 23.3149 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 20.000,00 € festgesetzt.
Gründe
1
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 5. Juni 2023 weiter.
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Mit diesem Bescheid untersagte die Beklagte dem Kläger die Ausübung des von ihm angemeldeten Gewerbes „Durchführung von Werbemaßnahmen; Tätigkeit als Fitnesstrainer; Groß- und Einzelhandel mit Wasserpfeifen; Groß- und Einzelhandel mit Zubehör“ als selbstständigem Gewerbetreibenden im stehenden Gewerbe sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter einer Gewerbetreibenden und die Ausübung jeglicher selbstständigen Tätigkeit im stehenden Gewerbe. Dies wurde mit Steuerrückständen beim Finanzamt (Stand 28.3.2023: 68.864,07 €) begründet. Nach Mitteilung des Finanzamts M. sei die Vollstreckung im Wesentlichen erfolglos verlaufen. Der Kläger sei auch seinen sonstigen Verpflichtungen nicht ordnungsgemäß nachgekommen, so seien Umsatzsteuer-Voranmeldungen bezüglich des 1. – 4. Quartals 2021 sowie bezüglich des 1. – 4. Quartals 2022 im Schätzungsweg ermittelt worden. Die Voranmeldungen hätten bis zum 28. März 2023 nicht vorgelegen. Die Umsatzsteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2020 sei trotz mehrmaliger Aufforderung nicht eingereicht worden.
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Der Kläger erhob Klage gegen den Bescheid, die das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 9. Februar 2024 abwies, den Bevollmächtigten des Klägers am 16. Februar 2024 zugestellt.
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Mit am 12. März 2024 beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz beantragte der Kläger die Zulassung der Berufung und begründete den Antrag mit am 11. April 2024 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz.
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Die Beklagte ist dem Antrag entgegengetreten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, da sich aus den Darlegungen in der Antragsbegründung des Klägers (vgl. zu deren Maßgeblichkeit § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht ergibt, dass einer der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO vorliegt.
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1. Der Kläger macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend, die jedoch nicht vorliegen.
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B.v. 7.10.2020 – 2 BvR 2426/17 – juris Rn. 15; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – juris Rn. 9). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 62 f.).
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1.1 Der Kläger macht zunächst geltend, das Verwaltungsgericht habe es verabsäumt, hinsichtlich seiner Rückstände beim Finanzamt Beweis zu erheben; dazu sei es aufgrund seiner Amtsermittlungspflicht verpflichtet gewesen. Es hätte Beweis darüber erhoben werden müssen, wann das Finanzamt die Vollstreckung eingeleitet habe und über welche Vermögensgegenstände der Kläger tatsächlich verfüge sowie aus welchen Gründen die Vollstreckung gescheitert sei, insbesondere ob die erfolglose Vollstreckung sich lediglich auf ein Konto des Klägers beschränkt habe. Auch hätte das Gericht Beweis darüber erheben müssen, ob die Voraussetzungen der Vollstreckung seitens des Finanzamtes zum Zeitpunkt der Vollstreckung vorgelegen hätten. Auch hätte über die Höhe des Rückstandes und damit dessen Erheblichkeit Beweis erhoben werden müssen.
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Der Kläger rügt insoweit der Sache nach einen Verfahrensmangel nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (s. dazu unten 4.).
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1.2 Der Kläger rügt weiter, das Verwaltungsgericht habe nicht festgestellt, auf welcher Grundlage das Finanzamt Steuern gegen ihn festgesetzt habe. Es habe darauf abgestellt, dass im März 2023 Steuererklärungen nicht abgegeben worden seien, hätte aber auf den Zeitpunkt des Bescheiderlasses abstellen müssen. Hierbei sei nicht festgestellt worden, dass die Rückstände beim Finanzamt auch tatsächlich fällig gewesen seien. Auch habe das Gericht die zwischen dem Kläger und dem Finanzamt getroffenen Absprachen unberücksichtigt gelassen. Es habe zwar das Bestehen einer Ratenzahlungsvereinbarung vom 26. Juli 2022 mit dem Finanzamt festgestellt, aber keine Feststellungen über spätere Vereinbarungen getroffen.
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Das Verwaltungsgericht habe auch den Aspekt der Erheblichkeit der Steuerrückstände unerörtert gelassen. Diese hätten ins Verhältnis zu den geleisteten Zahlungen und den Umsätzen des Klägers gesetzt werden müssen. Die Erheblichkeitsschwelle aus dem StGB sei hier lediglich ein Indiz, entbinde die Beklagte jedoch nicht davon, hierüber weitere Informationen zu erteilen.
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Auch habe das Gericht es verabsäumt, die negative Prognose am Fall zu subsumieren. Es sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger seinen Zahlungsverpflichtungen nur auf staatliche Zwangsmaßnahmen hin nachgekommen sei.
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1.2.1 Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, der Kläger sei im maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens des angefochtenen Bescheides gewerberechtlich unzuverlässig gewesen. Die erheblichen, bis ins Veranlagungsjahr 2018 zurückreichenden Rückstände des Klägers beim Finanzamt belegten seine anhaltende wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit. Es gehöre zur ordnungsgemäßen Gewerbeausübung, öffentlich-rechtlichen Zahlungs- und Erklärungspflichten von sich aus rechtzeitig nachzukommen und es nicht auf Vollstreckungsmaßnahmen ankommen zu lassen; auf die im Pfändungsweg erlangten Zahlungen komme es daher nicht an. Der Kläger habe auch nicht nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept gearbeitet, das eine Ratenzahlungsvereinbarung mit den Gläubigern und die effektive Einhaltung eines Tilgungsplanes voraussetze. Nach Mitteilung des Finanzamtes habe zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses keine Zahlungsvereinbarung bestanden. Eine Ratenzahlungsvereinbarung vom 26. Juli 2022 mit Vollstreckungsaufschub habe der Kläger nicht eingehalten. Auch sei er seinen steuerlichen Erklärungspflichten nicht nachgekommen.
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1.2.2 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Ausführungen des Verwaltungsgerichts ergeben sich aus dem klägerischen Vortrag nicht. Es mangelt insoweit schon an einer hinreichenden Darlegung des Berufungszulassungsgrundes (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), da sich der Kläger mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht substantiiert auseinandersetzt.
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Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten basiert auf einer Mitteilung des Finanzamts M. vom 28. März 2023, die eine detaillierte Aufstellung der Steuerrückstände des Klägers enthält. Für das Verwaltungsgericht bestand kein Anlass, diese Aufstellung zu hinterfragen, insbesondere selbstständig zu prüfen, ob die Steuern fällig waren. Wäre dies aus Sicht des Klägers nicht der Fall gewesen, so hätte es ihm im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungsobliegenheit (vgl. hierzu Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, § 86 Rn. 45) oblegen, diesen Aspekt im erstinstanzlichen Verfahren vorzutragen, wozu es jedoch nicht kam. Die erstinstanzliche Klagebegründung ist äußerst knapp gehalten; an der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nahmen weder der Kläger noch sein Bevollmächtigter teil. Gleiches gilt, soweit der Kläger nunmehr in Frage stellt, dass Zahlungseingänge beim Finanzamt nur aufgrund von Vollstreckungsmaßnahmen zustande gekommen seien.
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Soweit der Vortrag des Klägers bezüglich des maßgeblichen Entscheidungszeitpunktes dahin zu verstehen sein sollte, dass er zwischen der Sachstandsmitteilung des Finanzamtes vom März 2023 und dem Bescheiderlass ausstehende Steuererklärungen abgegeben habe, belegt er dies nicht. Der weitere Vortrag ist ebenfalls vollkommen unsubstantiiert. Ob zwischen dem Kläger und dem Finanzamt nach dem 26. Juli 2022 weitere Zahlungsvereinbarungen getroffen wurden, bleibt letztlich offen; jedenfalls fehlen auch Belege hierfür. Soweit der Kläger meint, seine Steuerschulden hätten ins Verhältnis zu den von ihm geleisteten Zahlungen und seinen Umsätzen gesetzt werden müssen, bleibt auch dies unsubstantiiert, weil es hinsichtlich von ihm geleisteter Zahlungen und seiner Umsätze an konkreten Angaben, erst recht an Belegen, fehlt.
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1.3 Der Kläger meint zudem, das Verwaltungsgericht habe sich hinsichtlich der Erweiterung der Gewerbeuntersagung nicht damit auseinandergesetzt, welches Gewerbe durch ihn ausgeübt werde und auf welches Gewerbe er vermeintlich ausweichen werde. In der Annahme einer ermessensfehlerfreien Entscheidung der Beklagten liege eine Verletzung des Klägers in seinem Recht aus Art. 12 GG, weil das Gericht den Sachverhalt nicht analysiert habe.
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1.3.1 Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, Voraussetzung für die Erweiterung der Gewerbeuntersagung seien Tatsachen, die die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf die Ausweichtätigkeit dartäten (gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit). Diese seien bei steuerlichen Pflichtverletzungen und ungeordneten Vermögensverhältnissen wie hier regelmäßig gegeben. Die erweiterte Gewerbeuntersagung sei erforderlich, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Gewerbetreibenden vorliege. Die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung folge schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten habe. Die erweiterte Gewerbeuntersagung sei unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorlägen, die es ausschlössen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübe, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheide. Besondere Umstände im Einzelfall, die eine andere Bewertung zuließen, lägen nicht vor. Auch seien Ermessensfehler nicht ersichtlich, denn es genüge insoweit – bei Unzuverlässigkeit in Bezug auf andere gewerbliche Betätigungen und Erforderlichkeit der Untersagung auch hinsichtlich dieser Betätigungen –, dass der Verwaltungsentscheidung zumindest konkludent die maßgebliche Erwägung entnommen werden könne, die anderweitige Gewerbeausübung sei so wahrscheinlich, dass sich die Untersagung auch darauf erstrecken solle. Dies sei hier der Fall.
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1.3.2 In seinem knappen Zulassungsvorbringen hat sich der Kläger mit diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts schon nicht ausreichend auseinandergesetzt. Für die Erweiterung der Gewerbeuntersagung kommt es gerade nicht darauf an, auf welches Gewerbe der Kläger möglicherweise ausweichen würde, wenn auf die Erweiterung der Gewerbeuntersagung verzichtet würde, sondern es genügt, dass keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende in Zukunft ein anderes Gewerbe ausübt (BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 17 m.w.N.). Darauf hat das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen; der Kläger hat derartige Umstände auch im Zulassungsverfahren nicht dargelegt. Insoweit ist auch nicht ersichtlich, worin ein Ermessensfehler bestehen soll. Soweit der Kläger meint, das Gericht habe den Sachverhalt nicht ausreichend analysiert, bleibt unklar, worauf sich dies genau beziehen soll.
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2. Der Kläger macht weiter besondere Schwierigkeiten der Rechtssache in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht geltend (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
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Er trägt vor, nach einer Bestätigung des Finanzamts M. vom 10. April 2024 beliefen sich seine Steuerrückstände auf 14.827,21 €. Die Jahressteuererklärungen 2020 und 2021 seien eingereicht worden. Die besonderen Schwierigkeiten des Falles ergäben sich daraus, dass es dem Kläger nicht möglich sei, auf die Bearbeitungszeiten des Finanzamtes Einfluss zu nehmen. Aus dem Schreiben gehe hervor, dass der Kläger seinen weiteren Verpflichtungen hinreichend nachgekommen sei.
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Der Sache nach macht der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils geltend, soweit er mit einer Verringerung seiner Steuerrückstände argumentieren will. Aus dem vorgelegten Schreiben des Finanzamts vom 10. April 2024 ergibt sich die genannte Reduktion allerdings nicht ohne Weiteres, sondern dort wird nur ausgeführt, das Finanzamt stehe einer Ratenzahlung nicht ablehnend gegenüber, sollten von den Steuerrückständen tatsächlich lediglich 14.827,21 € verbleiben. Weiter heißt es dort, für eine abschließende Überprüfung seien Umsatzsteuervoranmeldungen für das Jahr 2023 einzureichen und laufende Umsatzsteuern zu entrichten. Letztlich kann dies aber dahinstehen, da es sich jedenfalls um Umstände handeln würde, die erst nach dem für die Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses eingetreten wären (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 17.79 – juris Rn. 25; U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 15).
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Mit der Behauptung, der Kläger könne auf die Bearbeitungszeiten des Finanzamtes keinen Einfluss nehmen, sind besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache nicht dargelegt. Denn dies würde voraussetzen, dass eine kursorische Prüfung der Erfolgsaussichten einer Berufung keine hinreichend sichere Prognose über den Ausgang des Rechtsstreits erlaubt (Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 27). Vorliegend lassen sich die aufgeworfenen Rechtsfragen jedoch zweifelsfrei anhand der vorhandenen Rechtsprechung zum Gewerberecht beantworten.
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3. Schließlich meint der Kläger, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), da die Rechtsfrage hinsichtlich der Ermessensausübung für eine erweiterte Gewerbeuntersagung über den Einzelfall hinaus Bedeutung habe. Es sei nicht geklärt, inwiefern eine negative Prognose auch für artfremde Gewerbe zu treffen wäre, und welche Voraussetzungen hieran zu knüpfen seien.
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Insoweit erfüllt der klägerische Vortrag nicht die Darlegungserfordernisse des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO und trifft auch in der Sache nicht zu. Um den auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, (2.) ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist, (3.) erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist und (4.) darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 72). Vorliegend fehlt es schon an der Formulierung einer konkreten Rechtsfrage. Darüber hinaus sind die Voraussetzungen für die Erweiterung der Gewerbeuntersagung, auch hinsichtlich der Ermessensausübung, in der Rechtsprechung geklärt; das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung auf dieser Grundlage getroffen. Dem setzt der Kläger nichts Substanzielles entgegen.
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4. Ohne diesen Zulassungsgrund zu benennen, macht der Kläger der Sache nach einen Verfahrensmangel nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend, soweit er meint, das Gericht hätte über diverse der Gewerbeuntersagung zugrunde liegende Umstände Beweis erheben müssen (s. im Einzelnen oben 1.1).
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Ein Verfahrensfehler nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, insbesondere ein Aufklärungsmangel nach § 86 Abs. 1 VwGO, ergibt sich daraus nicht. Denn die gerichtliche Aufklärungspflicht endet dort, wo das Vorbringen der Beteiligten keinen tatsächlichen Anlass zu weiterer Aufklärung bietet (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2021 – 8 ZB 21.23 – juris Rn. 46 m.w.N. und weiter auch BVerwG, B.v. 16.12.2019 – 4 BN 16.19 – juris Rn. 2). Der Kläger hätte insoweit zu den von ihm als aufklärungsbedürftig benannten Tatsachen weiter vortragen müssen (vgl. hierzu Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, § 86 Rn. 32, 45). Die Aufklärungsrüge ist kein Mittel, Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten, vor allem das Unterlassen des Stellens von Beweisanträgen in der mündlichen Verhandlung, zu kompensieren (Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 75). Hat ein anwaltlich vertretener Kläger im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nicht durch Stellung eines Beweisantrags auf die von ihm nunmehr beanstandete unterbliebene Sachaufklärung hingewirkt, kann eine Aufklärungsrüge keinen Erfolg haben (vgl. BVerwG, B.v. 13.1.2009 – 9 B 64.08 – juris Rn. 5), außer es wird dargelegt, aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne einen Beweisantrag hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2021 – 2 B 69.20 – juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 18.8.2022 – 10 ZB 22.1265 – juris Rn. 6).
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Abgesehen davon, dass der auch im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertretene, aber in der mündlichen Verhandlung ebenso wie sein Bevollmächtigter nicht anwesende Kläger dort keinen Beweisantrag gestellt hat (vgl. die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht), ergibt sich aus dem Zulassungsvorbringen auch nicht, dass sich dem Gericht weitere Ermittlungen hätten aufdrängen müssen. Das Gericht war ohne entsprechenden Vortrag des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren insbesondere berechtigt, seiner Entscheidung ohne weitere Nachforschungen die der Beklagten durch das Finanzamt übermittelten Informationen zugrundezulegen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 47, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nrn. 54.2.1 und 54.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).