Inhalt

VGH München, Beschluss v. 16.01.2025 – 22 ZB 24.2136
Titel:

rechtmäßige Gewerbeuntersagung

Normenkette:
GewO § 35 Abs. 1 S. 1
Leitsatz:
Die Gefährdung des Vermögens der öffentlichen Hand durch Steuerrückstände begründet ebenso wie die Verletzung der Erklärungspflichten die Erforderlichkeit der Gewerbeuntersagung. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Gewerbeuntersagung, Steuerrückstände, Verletzung der Erklärungspflicht, Ratenzahlungsvereinbarung
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 29.10.2024 – M 16 K 22.4646
Fundstelle:
BeckRS 2025, 810

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 29. Oktober 2024 – M 16 K 22.4646 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 20.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 18. August 2022 weiter.
2
Mit diesem Bescheid untersagte die Beklagte dem Kläger die Ausübung des Gewerbes „Betrieb einer Tanzschule; Erteilen von Tanzunterricht“ als selbständigem Gewerbetreibenden im stehenden Gewerbe sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter einer Gewerbetreibenden und als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person sowie die Ausübung jeglicher selbstständigen Tätigkeit im stehenden Gewerbe. Zur Begründung verwies die Beklagte auf die Rückstände bei Finanzamt in Höhe von 38.936,21 €, auf das dahingehende Fehlen einer Ratenzahlungsvereinbarung, auf drei Eintragungen des Klägers im Schuldnerverzeichnis jeweils unter dem Eintragungsgrund „Nichtabgabe der Vermögensauskunft“ sowie auf die Verletzung der steuerlichen Erklärungspflichten durch den Kläger (keine Umsatzsteuererklärungen seit 2018, keine Umsatzsteuervoranmeldungen seit Januar 2022).
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Das Bayerische Verwaltungsgericht München wies die gegen diesen Bescheid erhobene Klage mit Urteil vom 29. Oktober 2024 ab, das den Bevollmächtigten des Klägers am 14. November 2024 zugestellt wurde. Mit fristgerecht (Montag) eingegangenem Schriftsatz vom 16. Dezember 2024 beantragte der Kläger die Zulassung der Berufung und begründete den Antrag mit Schriftsatz vom 14. Januar 2025, der am gleichen Tag beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen ist.
4
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
5
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 5 VwGO nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt sind.
6
Das Zulassungsvorbringen enthält nur Ausführungen zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen dessen Richtigkeit gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B.v. 7.10.2020 – 2 BvR 2426.17 – juris Rn. 34; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – juris Rn. 9). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 62 f.). Daran fehlt es vorliegend.
7
Das Verwaltungsgericht hat die Prognose der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO jeweils selbstständig tragend mit den Steuerrückständen des Klägers und der fehlenden Zahlungs- oder Stundungsvereinbarung mit dem Finanzamt, den Eintragungen im Schuldnerverzeichnis wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft sowie der Verletzung steuerlicher Erklärungspflichten begründet. Dabei ist das Verwaltungsgericht unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 52.78 – juris Rn. 17; U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 14; U.v. 2.2.1982 – 1 C 146.80 – juris Rn. 13). und des Senats (BayVGH, B.v. 11.6.2024 – 22 ZB 23.1013 – juris Rn. 13; B.v. 1.6.2023 – 22 ZB 22.2472 – juris Rn. 11; B.v. 11.1.2022 – 22 ZB 21.1937 – juris Rn. 39 m.w.N.; B.v. 8.5.2020 – 22 ZB 20.127 – juris Rn. 35 m.w.N.) zu Recht davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall jeder durch das Verhalten des Klägers erfüllte Unzuverlässigkeitstatbestand die Prognose der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigt.
8
Demgegenüber bringt der Kläger lediglich vor, dass die Voraussetzungen für eine Gewerbeuntersagung nicht vorlägen, die Gewerbeuntersagung aber jedenfalls unverhältnismäßig sei, weil die allgemeine Situation, in der sich der Kläger durch die COVID19-Pandemie befunden habe, nicht berücksichtigt worden sei. Vor den Einschränkungen im Zusammenhang mit den Maßnahmen der Pandemie sei der Kläger unauffällig gewesen. Der Kläger sei gewillt, seine Verbindlichkeiten zu begleichen.
9
Damit zieht der Kläger jedoch die Rechtauffassung des Verwaltungsgerichts nicht ernsthaft in Zweifel. Er verfehlt bereits die Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, weil er auf die einzelnen Unzuverlässigkeitstatbestände, auf die das Verwaltungsgericht seine Entscheidung gestützt hat, nicht eingeht, sondern pauschal die Richtigkeit der Entscheidung bestreitet und deren Unverhältnismäßigkeit behauptet. Zudem ist den Behördenakten zu entnehmen, dass der Kläger bereits seit 2018 keine Umsatzsteuererklärungen und seit 2022 keine Umsatzsteuervoranmeldungen mehr abgegeben hat, so dass ein unmittelbarer Zusammenhang der Verletzung der steuerlichen Erklärungs- und Zahlungsverpflichtungen mit der Pandemie nicht erkennbar ist. Auch hat sich der Kläger nach Ende der Pandemie nicht um eine Ordnung seiner steuerlichen Angelegenheiten bemüht und auch keine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Finanzamt geschlossen.
10
Die Erforderlichkeit der Gewerbeuntersagung hat das Verwaltungsgericht mit der Gefährdung des Vermögens der öffentlichen Hand durch die Steuerrückstände und der Verletzung der Erklärungspflichten begründet. Der Kläger hat auch im Zulassungsverfahren nicht aufgezeigt, dass eine mildere, gleichgeeignete Maßnahme als die Gewerbeuntersagung zur Verfügung stünde, um künftig das Entstehen von Steuerrückständen zu vermeiden. Vielmehr haben sich während des laufenden Gerichtsverfahrens die Steuerrückstände und die Zahl der Eintragungen ins Schuldnerverzeichnis erhöht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 54.2.1 und Nr. 54.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
12
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).