Titel:
Duldung mit dem Zusatz „für Personen mit ungeklärter Identität“, Beschwerdeausschluss
Normenketten:
AsylG § 80
AufenthG § 60b
Leitsatz:
Verwaltungsgerichtliche Eilentscheidungen über den in einer Duldung enthaltenen Zusatz „für Personen mit ungeklärter Identität“ unterliegen dem Beschwerdeausschluss gemäß § 80 AsylG.
Schlagworte:
Duldung mit dem Zusatz „für Personen mit ungeklärter Identität“, Beschwerdeausschluss
Vorinstanz:
VG Augsburg, Beschluss vom 11.11.2024 – Au 1 S 24.2454
Fundstelle:
BeckRS 2025, 788
Tenor
I. Die Beschwerde wird verworfen.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 € festgesetzt.
Gründe
1
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Antragsgegner gegen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Zusatz „für Personen mit ungeklärter Identität“ in der dem Antragsteller erteilten Duldung nach § 60b AufenthG.
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Die Beschwerde gemäß § 146 Abs. 1 und 4 VwGO gegen die verwaltungsgerichtliche Entscheidung ist bereits unzulässig.
3
Sie ist nach § 80 AsylG in der Fassung des am 27. Februar 2024 in Kraft getretenen Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung (Rückführungsverbesserungsgesetz) vom 21. Februar 2024 (BGBl. I 2024 Nr. 54) – im Folgenden: § 80 AsylG n.F. – nicht statthaft. Nach dieser Vorschrift ist die Beschwerde ausgeschlossen, wenn sich der betreffende Antragsteller mit seinem Eilrechtsschutzbegehren unter Berufung auf inlandsbezogene Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60a Abs. 2 AufenthG gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen zum Vollzug einer gegen ihn gerichteten Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylG wendet (BayVGH, B.v 15.10.2024 – 10 CE 24.1526, 10 C 24.1527 – juris). Nach ganz überwiegender Ansicht soll dies auch dann gelten, wenn der Antragsteller der Sache nach eine sogenannte Verfahrensduldung begehrt, die der Sicherung seines Verbleibs im Bundesgebiet für die Dauer eines laufenden Titelerteilungsverfahrens dient (BayVGH, B.v. 15.10.2024 – 10 CE 24.1526 – juris Rn. 20 m.w.N; a.A. OVG SH, B.v. 3.12.2024 – 6 MB 28/24 – juris.).
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Die Duldung nach § 60b AufenthG ist ein Unterfall der Duldung nach § 60a AufenthG und wird oft auch als „Duldung light“ bezeichnet (Dollinger in Bergmann/Dienelt, AuslR, 14. Aufl. 2022, § 60b AufenthG Rn. 2, 6). Die „Duldung für Personen mit ungeklärter Identität“ ist eine Duldung nach § 60a Abs. 2 S. 1 bzw. Abs. 2a AufenthG mit Nebenbestimmung (Wittmann in Decker/Bader/Kothe, BeckOK MigR, Stand 1.7.2024, § 60b AufenthG Rn. 6; Kluth in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand 1.7.2024, AufenthG, § 60b Rn. 4). Hinsichtlich des Beschwerdeausschlusses nach § 80 AsylG kann vorliegend nichts Anderes gelten als im Falle einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG (für eine Beschäftigungsduldung nach § 60d AufenthG VGH BW, B.v. 5.7.2024 – 12 S 821/24 – juris Rn. 6, 13).
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Anders als beispielsweise bei einem Streit um die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis, über die selbständig entschieden wird und die ggf. als eigenständige Regelung in die Duldungsbescheinigung aufgenommen wird (BayVGH, U.v. 18.7.2018 – 19 BV 15.467 – juris Rn. 24; VGH BW, B.v. 12.12.2024 – 12 S 1275/24 – juris Rn. 18 ff.), handelt es sich bei der Duldung nach § 60b AufenthG um eine Maßnahme zum Vollzug der Abschiebungsandrohung im Sinne des § 80 AsylG n.F. Dies entspricht auch Sinn und Zweck dieser modifizierten Duldung und den gesetzlichen Mitwirkungspflichten. Mit der Erweiterung des Rechtsmittelausschlusses durch das Rückführungsverbesserungsgesetz sollte die effektivere Gestaltung von Rückführungen ermöglicht werden. Die Regelung des § 60b AufenthG dient als Teil des sogenannten Migrationspakets 2019 ebenfalls unter anderem der besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht (Kluth in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand 1.7.2024, AufenthG, § 60b Rn. 1). Insofern wurden besondere Mitwirkungspflichten geregelt, die nicht mehr im Einzelfall durch Verwaltungsakt festgesetzt werden müssen; vielmehr ergeben sich diese Pflichten nun unmittelbar aus dem Gesetz (§ 60b Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Für die Inhaber der Duldung nach § 60b Abs. 1 AufenthG treten weitere Nachteile (§ 60b Abs. 5 AufenthG) gleichfalls kraft Gesetz ein. Dies soll die betroffenen Personen zur Klärung ihrer Identität und Beschaffung eines Passes anhalten und bezweckt somit insgesamt die Beseitigung von Abschiebungshindernissen. Auch der Zusatz in der Duldung nach § 60b Abs. 1 AufenthG dient somit dem Vollzug der Abschiebungsandrohung und der effektiveren Durchsetzung einer Ausreisepflicht.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).